Themenstudie

Themenstudie
„Beweisen – was ist das?“
Arbeitsauftrag zu
Teil 1
Arbeitsauftrag zu Teil 1
In diesem ersten Teil der Themenstudie sollst du überlegen, was „Beweisen“ für dich
bedeutet.
Du bekommst Informationen zu dem, was Mathematiker einerseits und Juristen andererseits
unter dem Wort „Beweisen“ verstehen. Dazu sollst du Stellung nehmen.
Bilde dir einen Überblick über die beiliegenden Dokumente 1.1 und 1.2. Hier sind die
Untersuchungsfragen, zu denen du dir Antworten überlegen sollst:
1. Wozu ist das Beweisen in der Mathematik da?
2. In welchen Situationen wird bewiesen?
3. Welche Argumentationsmittel darf man zum Führen eines Beweises verwenden?
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Themenstudie
Teil 1
„Beweisen – was ist das?“
Dokument 1.1
Einige Zitate von Mathematikern über das Beweisen:
„Wenn ich an einem Problem interessiert bin, dann versuche ich einfach, es zu verstehen. Ich denke einfach längere Zeit
darüber nach und versuche, tiefer und tiefer zu bohren. Wenn ich glaube, verstanden zu haben, weiß ich, was richtig ist
und was nicht.
Natürlich ist es auch möglich, dass man sich täuscht und dass man glaubt, es verstanden zu haben, und hinterher stellt
sich heraus, dass man im Irrtum war.
Aber normalerweise bekommt man ein Gefühl dafür, was los ist und welche Sachen gelten sollten, sobald man wirklich
fühlt, dass man etwas verstanden hat, und man durch zahlreiche Beispiele und durch Querverbindungen genügend
Erfahrung mit diesem bestimmten Problem hat.
Und dann stellt sich die Frage: Wie beweist man es? Das kann lange dauern... Ich halte Beweise aber für nicht so extrem
wichtig. Ich glaube, es ist wichtiger, etwas zu verstehen.
[…] Aber man ist natürlich verpflichtet, einen Beweis zu geben. Also macht man es.“
„Die höchst genaue und allgemeingültige mathematische Sprache und die besonders strenge Art,
Aussagen zu begründen, unterscheidet die Mathematik von allen anderen Wissenschaften.
Zuerst stellt man Axiome und Regeln auf, und dann baut man alles andere (Sätze, Definitionen,
Folgerungen) darauf auf. Dabei kommt es überhaupt nicht auf die Realität, oder etwa irgendwelche
Experimente an.
Ganz vollständige und genaue, d.h. absolut strenge Beweise werden selten gegeben. Die meisten
Beweise in Büchern oder in Vorträgen von Mathematikern sind nur ungefähre Beweisskizzen. Diese
Beweisskizzen sind aber immerhin so ausführlich, dass man einen absolut strengen Beweis daraus
machen könnte.
Solche Beweisskizzen dienen dazu, andere Mathematiker zu überzeugen, dass der bewiesene Satz
und sein Beweis richtig und der Ausbau der Beweisskizze zu einem absolut strengen Beweis möglich
ist.“
„Überzeuge dich selbst, überzeuge deinen Freund, überzeuge deinen Feind – das letztere
ist das, was man beim Beweisen machen muss!“
„Ein Beweis wird nur dadurch zu einem Beweis, dass er von den Mathematikern gemeinsam als solcher anerkannt wird. Das gilt für
die Mathematik genauso wie für die Physik oder die Biologie.
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Themenstudie
Teil 1
„Beweisen – was ist das?“
Dokument 1.2
Aus der Strafprozessordnung (Gesetzbuch, das alle die Paragraphen enthält, mit denen
gerichtliche Strafprozesse und die dazugehörigen juristischen Beweisaufnahmen geregelt
werden):
Beweis. Das gesamte Ermittlungsverfahren, das tatrichterliche Verfahren und z.T.
auch das Revisionsverfahren bestehen aus dem Suchen nach Beweisen, der Erhebung
der Beweise, ihrer Würdigung und aus dem Ziehen von Konsequenzen aus den
Beweisergebnissen in der Form von Entscheidungen (...).
b) Die Beweismittel des Strafverfahrens sind: Zeugen, Sachverständige und
Augenschein, Urkunden und andere Schriftstücke, ferner die Aussagen der Beschuldigten
und der Mitbeschuldigten (…).
Aus einem Nachschlagewerk zum Strafrecht:
A. Beweis und Glaubhaftmachung
Beweisen heißt, dem Richter die Überzeugung von dem Vorliegen einer
Tatsache verschaffen (...).
l. Die Aufklärungspflicht des Gerichts
Der Tatrichter hat die zentrale Aufgabe, die für die Rechtsanwendung
erforderlichen tatsächlichen Umstände festzustellen.
Das Gericht ist verpflichtet, sich durch umfassende Erkenntnis die
nötige Überzeugung zu verschaffen, soweit nur die entfernte Möglichkeit
besteht, dadurch werde sich das bisherige Ergebnis ändern.
(...)
Die Rechtsprechung sieht in der richterlichen Überzeugung eine
persönliche Gewissheit und grenzt sie damit von objektivierbaren
Wahrscheinlichkeitsurteilen der Naturwissenschaften ab. (...) Gerichtliche
Wahrheit ist die nach den Bestimmungen des Prozessrechts mögliche
Gewissheit, mehr als die bloße Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit,
andererseits nur ein Maß von Sicherheit, das „vernünftige Zweifel"
ausschließt.
(...)
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Themenstudie
„Beweisen – was ist das?“
Arbeitsauftrag zu
Teil 2
Arbeitsauftrag zu Teil 2
Im zweiten Teil der Themenstudie sollst du konkrete Beweisversuche von Schülerinnen und
Schülern bewerten. Dabei sollst du nicht nur herausbekommen, wo möglicherweise Fehler
gemacht wurden, sondern auch überlegen, welche Beweisversuche dir persönlich gut oder
weniger gut gefallen.
Beschreibe, inwiefern die Beweisversuche in den Dokumenten 2.1, 2.2 und 2.3 korrekt sind
oder worin eventuelle Fehler bestehen!
Notiere auch, welche Beweisversuche dir gut oder weniger gut gefallen haben (bitte auch
Begründungen angeben)!
Um diesen Satz geht es:
D
R
S
A
C
Q
P
Satz: Verbindet man die Seitenmitten eines
beliebigen Rechtecks miteinander (siehe
Skizze), so entsteht immer eine Raute.
B
Dokument 2.1 (Chris):
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Dokument 2.2 (Manuel):
Dokument 2.3 (Sandra):
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
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„Beweisen – was ist das?“
Arbeitsauftrag zu
Teil 3
Arbeitsauftrag zu Teil 3
Im dritten Teil dieser Themenstudie geht es darum, wie Beweise entwickelt werden können.
Als Informationen erhältst du einen Auszug aus einem Artikel über Entwicklungsphasen von
Beweisen (Dokument 3.1) und zwei Auszüge aus Interviews mit einem Schüler und einer
Schülerin (Dokument 3.2). Du sollst überlegen, was Schülerinnen und Schüler tun können,
um selbst Beweise leichter entwickeln zu können.
Dies sind die Untersuchungsfragen für die Dokumente 3.1 und 3.2:
•
Mit welchen Arbeitsschritten werden Beweise in der Geometrie entwickelt?
•
Hältst du die Gedanken von Klara und Marie über das Entwickeln von Beweisen eher
für hilfreich oder eher für hinderlich, wenn die beiden es lernen sollen, selbst Beweise
zu führen (bitte jeweils mit kurzer Begründung)?
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Themenstudie
Teil 3
„Beweisen – was ist das?“
Dokument 3.1
Wie entwickeln Mathematikerinnen und Mathematiker Beweise und was könnte das für
die Schule bedeuten?
Wenn man Mathematikerinnen und Mathematiker beim Entwickeln von Beweisen zusieht,
kann man sechs Phasen beobachten. Dabei fällt auf, dass besonders Phasen eine wichtige
Rolle spielen, die mit Erkunden des Problems zusammenhängen. Das korrekte Aufschreiben
des Beweises kommt erst ganz zum Schluss.
Für den Geometrieunterricht werden die Phasen der Beweisentwicklung am Beispiel des
Satzes, dass die Winkelsumme im Dreieck 180° beträgt, demonstriert.
Die erste Phase der Entwicklung von Beweisen besteht nach Boero darin, dass eine
Behauptung entwickelt wird und nach möglichen Argumenten gesucht wird.
Für das Beispiel der Winkelsumme im Dreieck könnte man die Behauptung durch
Nachmessen gefunden haben. Möglich ist auch der Einstieg über das „Abreißexperiment“:
Von einem ausgeschnittenen Papierdreieck
werden die unteren Ecken abgerissen und an
die obere Spitze des Dreiecks gelegt.
Man sieht dann, dass die drei Winkel zusammen
einen 180°-Winkel zu ergeben scheinen.
Das Abreißexperiment könnte helfen, erste Ideen für den Beweis zu finden. Darin steckt
nämlich die Idee des Übertragens der beiden Winkel. Bis zu einem fertigen Beweis ist es
aber noch ein längerer Weg.
Die zweite Phase auf dem Weg zum Beweis ist die Formulierung der Behauptung nach
mathematischen Standards. In unserem Beispiel wäre das beispielsweise ein Satz wie:
„Die Summe der Innenwinkel jedes Dreiecks beträgt 180° “ oder:
„Wenn mit α, β, und γ die drei Innenwinkel eines beliebigen Dreiecks bezeichnet werden,
so gilt immer: α + β + γ =180° “
In der dritten Phase geht es darum, diese Behauptung zu erkunden und mögliche
Argumentverknüpfungen auszumachen. Hier muss überlegt werden, was die Behauptung
bedeutet, was vorausgesetzt wird und mit welchen Methoden man es schaffen könnte, die
Behauptung zu begründen. Im Beispiel könnte man sich überlegen, dass die „Abreißidee“
an Z-Winkel (bzw. Wechselwinkel) erinnert, die gleich groß sind, wenn die obere und die
untere Gerade parallel sind. Mit diesem Wissen könnte man eine Argumentation aufbauen.
In dieser Phase geht es also darum, ein „Brainstorming“ zu machen, welches Wissen man
mit dem Beweisproblem in Verbindung bringen könnte.
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Die vierte Phase dient dazu, Argumente, die man nutzen will, auszusuchen und eine
Argumentationskette aufzubauen.
Für die Winkelsumme im Dreieck könnte man
sich entscheiden, den Weg mit den Z-Winkeln
weiterzuverfolgen:
C
Dazu bräuchte man aber parallele Geraden,
sonst gilt die Gleichheit der Z-Winkel nicht.
Zum Dreieck ABC konstruiere ich also eine
Parallele zur Seite [AB] durch den Punkt C.
α
β
A
B
Dann liegen an C drei Winkel an, die
zusammen 180° ergeben. Diese drei Winkel
entsprechen den drei Winkeln des Dreiecks!
Erst in der fünften Phase werden die Argumente in einem Beweis angeordnet.
Im Beispiel könnte das so aussehen:
Zum Dreieck ABC konstruiere ich eine
Parallele zur Seite [AB] durch den Punkt C.
C
α’
γ
β’
Weil ich nun zwei parallele Geraden habe,
kann ich sagen, dass die folgenden ZWinkel gleich groß sind:
α = α’ und β = β’ .
α
A
β
B
An C liegen also alle drei Winkel α, β, und
γ so an, dass sie sich zu 180° ergänzen!
Wenn man will, kann man sich in einer sechsten Phase noch an einen formalen Beweis
annähern. Für die meisten Beweise wird dies aber sogar von Mathematikerinnen und
Mathematikern nicht für nötig gehalten.
Für den Geometrieunterricht bin ich dafür, dass ähnlich wie im Phasenmodell von Boero
viel stärker erkundende Überlegungen der Schülerinnen und Schüler ermöglicht werden
und der Formalismus, viel weniger betont wird (…)
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Themenstudie
Teil 3
„Beweisen – was ist das?“
Dokument 3.2
Auszug aus einem Schülerinneninterview (Marie):
(…)
Interviewer: Was musst du machen, um selbst einen Beweis zu machen?
Marie:
Also, beim Beweisen kommt es darauf an, dass man erstmal mit
mathematischen Symbolen die Voraussetzung und die Behauptung
hinschreibt. Und dann … hm … dann muss man eben aus der Voraussetzung
die Behauptung mit irgendwelchen Kongruenzsätzen begründen. Dazu
schreibt man zum Beispiel Dreiecke und Winkel auf, und dass die dann
kongruent sind … Wichtig ist es, alles kurz und in mathematischer Sprache
zu schreiben.“
(…)
Auszug aus einem Schülerinneninterview (Klara):
(…)
Interviewer: Was musst du machen, um selbst einen Beweis zu machen?
Klara:
Hm. Das ist schwierig. Unsere Mathelehrerin hat gesagt, dass wir zuerst
immer eine Überlegungsfigur machen sollen. Meistens sieht man daran
schon, dass es so sein muss, wie es in der Behauptung steht. Aber das gilt
leider nicht. Deshalb muss man zuerst überlegen, was man weiß. Und dann
muss man überlegen, was man sonst noch über die Figur sagen kann … zum
Beispiel, wenn die irgendwie symmetrisch ist oder wenn da gleiche Dreiecke
sind. … Und dann würde ich schauen, ob man das dann mit dem Gegebenen
begründen kann. Wenn man Glück hat, findet man bei der Probiererei dann
einen Weg zum Ziel. … Meine Versuche zeichne ich meistens hin aufschreiben würde ich das Ganze erst am Ende, wenn ich mir sicher bin.
(…)
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Arbeitsauftrag zu
Teil 4
Themenstudie
„Beweisen – was ist das?“
Arbeitsauftrag zu Teil 4
Im vierten Teil dieser Themenstudie geht es darum, mit welchen Strategien man in der
Geometrie Beweise entwickeln kann. Als Informationen erhältst du Sie Beispiele unfertiger
Lösungen von Beweisbeispielen von Schülerinnen und Schülern. Die Schülerinnen und
Schüler hatten die Aufgabe, ihr Wissen zu einem Beweisproblem aufzuschreiben.
Du sollst überlegen, was die Schülerinnen und Schüler hätten tun können, um die Beweise
auf der Basis ihres Wissens aufstellen zu können.
Hier sind die Untersuchungsfragen zu den Dokumenten 4.1 und 4.2:
•
•
Mit welchen Überlegungen hätten die Schülerinnen und Schüler auf der Basis ihres in
den Dokumenten aufgeschriebenen Wissens jeweils die gegebenen Behauptungen
beweisen können?
Wie „weit weg“ waren deiner Meinung nach die Schüler(innen) von einem Beweis?
Um dieses Beweisproblem geht es:
Beweisproblem:
Beweise die folgende Behauptung:
Wenn ein Viereck ein Parallelogramm ist
(d.h. wenn jeweils gegenüberA
liegende Seiten parallel sind),
dann sind die jeweils gegenüberliegenden Seiten gleich lang.
D
c
d
E
C
b
a
B
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze
Themenstudie
Teil 4
„Beweisen – was ist das?“
Dokument 4.1
Themenstudie
Teil 4
„Beweisen – was ist das?“
Dokument 4.2
Blatt von Julia:
Blatt von Simone:
© Prof. Dr. Sebastian Kuntze