In Erinnerung an George E. Guther – FliegenfischerFreund und –Kollege Geschrieben von Adrain Bontza Er war einer von uns… Vor Jahren blätterte ich wie so oft in einer Fliegenfischerzeitschrift, um zu sehen, was es noch Neues in der Welt des Fliegenfischens gab. Am Ende der Zeitschrift - wie gewohnt Werbeportale mit verschiedenen Anzeigen von Anglerläden, Kurse, Reisen usw. Da es zur damaligen Zeit im Münchener Raum keine Läden ausschließlich für Fliegenfischer gab, fiel mir die Anzeige über ein neues Fliegenfischer-Geschäft besonders ins Auge. Am nächsten Tag nach Arbeitsende stand ich vor dem Laden. Den ganzen Vormittag schon versuchte ich mir in Gedanken vorzustellen, wie es in einem „echten“ Fliegenfischerladen aussehen könnte, was man da alles zu sehen bekommt. Es war kurz nach 16 Uhr, als ich die Ladentür öffnete. Keine Besucher (wahrscheinlich kamen die Meisten am Wochenende) nur zwei Herren, die mit unterschiedlichen Tätigkeiten beschäftigt waren. Ich wurde von Michi Marriotti, dem Verkaufsberater, der mir seine Hilfe in jeden fachlichen Bereich anbot, herzlich empfangen. Ich drehte eine Runde durch den Laden und war wirklich fasziniert von allem, was ich zu sehen bekam. Ich fühlte mich in „meinem Element“. Am Ende der Verkaufstheke saß ein leicht molliger Herr, der mit Fliegenbinden beschäftigt war. Ich blieb stehen und sah ihm eine Weile zu, ohne was zu sagen, um ihn nicht aus dem Konzept zu bringen. Nachdem er den Bindevorgang mit einem Knoten gesichert hatte, sahen mich zwei freundliche Augen über die Brille, die er auf der Nasenspitze trug, an und ein freundliches „Hallo“ mit amerikanischem Akzent kam über seine Lippen. Ich war überrascht. „Bindest du auch“, fragte er mich. „Ja“, sagte ich und wir kamen ins Gespräch. Sehr kundenfreundlich bot er mir einen Kaffee und Wasser an und ich setzte mich auf einen freien Barhocker vor ihm. George Guther - so hieß der Fliegenbinder - begann zu erzählen, woher er stammte und wie er in Deutschland gelandet ist. Schade, dass man den Akzent nicht wiedergeben kann. Sein Deutsch mit amerikanischem Akzent klang für mich einmalig. Die Fliege, die er noch fertig binden musste, war ein bekannter „Allrounder“, ein Woolly Bugger. Seine pummeligen Finger streichelten sanft den „Schwanz“ der Fliege. „Im Wasser ergeben diese Marabu-Federn eine besondere Bewegung“, erklärte mir George mit einer nachahmenden Handbewegung. Und die Fliege nahm Gestalt an. Es wurde ein wunderschöner Köder und ich stellte fest, dass diese Fliege eine seiner Lieblinge war. Inzwischen wurde es 18 Uhr und ich verließ den Laden mit dem Versprechen, wiederzukommen. 1 Auch ohne Versprechen hätte ich den Weg hierher wiedergefunden. George hatte noch vieles preiszugeben. Und ich kam wieder. Bei meinen folgenden Besuchen traf ich auch einen anderen Bekannten, den ich auf der Salzburger Anglermesse kennengelernt hatte – den Karl. Und ich kam so oft wie möglich hierher. Es war für mich Entspannung und gleichzeitig eine Reise in eine andere Welt nach der stressigen Arbeitszeit. Der Laden war nicht nur ein „Geschäft“, sondern fast ein zweites Zuhause (und das nicht nur für mich). Ich stellte fest, dass George immer da war, mit seinen Freunden Michi und Karl. Die drei waren so etwas wie das „Triumvirat“. Sie gehörten fast zum Inventar des Ladens. Und ich erfuhr von George, wie er sein Fliegenfischerherz sowohl im Karibischen Raum als auch in Österreich verloren hatte. Die Flachau hatte es im besonders angetan. Er war ein Multitalent: Ruten bauen und auch insbesondere Salzwasserfliegen binden waren seine Leidenschaft. Für diese Art zu binden besaß er meiner Meinung nach sehr viel Talent. Und er blieb seinem Hobby immer treu. Als die Firma den Laden schloss und umzog, blieb George dem Wohnviertel treu. HURCH FlyFishing öffnete später einen Verkaufsladen in dieser Gegend und George trug auch seinen Anteil zur Gestaltung bei. Es kannten ihn viele aus der Branche und er wurde immer um Rat gefragt. Die drei Freunde waren auch immer da zu finden. Bei schönem Wetter saßen sie - wenn keine Kundschaft da war – draußen auf der Bank und hatten immer Neuigkeiten aus der Fliegenfischerwelt zu berichten. Eines Tages war ich auch wieder hergekommen und George wedelte vor dem Laden mit einer Fliegenrute der Marke VISION durch die Luft. Es war eine elegante 5er! Er zeigte sie mir voller Stolz und fragte mich: „ Gefällt sie dir?“ „Natürlich“, sagte ich und fügte hinzu: „Ist das deine Wunschrute? Brauchst du sie?“ „Nicht unbedingt“, antwortete er, „aber ich denke, dass jeder Fliegenfischer eine 5er Rute (und auch noch dreiteilig) haben sollte“. Wir sahen uns an und lachten herzlich darüber. Dass George eine Persönlichkeit in der Fliegenfischen Welt war, bewies seine Omnipräsenz auf vielen Veranstaltungen, bei denen es ums Fliegenfischen ging. Als die EWF ihre Pforten zum ersten Mal öffnete, war George neben Werner Steinsdorfer, Peter Wieditz, Franz-Xaver Ortner, Gerhard Laible und vielen anderen einer der „Pioniere“, die da ihr Können unter Beweis gestellt haben. Auf Schloss Pertenstein habe ich mit ihm und vielen anderen unvergessliche Tage und Abende beim Fachsimpeln verbracht. Und er nahm seine Aufgabe immer ernst, obwohl es nur ein Hobby war. Als er einmal für einen Kollegen einspringen sollte, der kurzfristig seine Teilnahme an der EWF abgesagt hatte, machte er sich Gedanken. „Adrian“, sagte er zu mir (natürlich mit seiner unverwechselbaren amerikanischen Aussprache), „ ich habe seit langem nicht mehr gebunden und jetzt 2 bin ich aus der Übung gekommen. Stell dir vor, ich kann da nicht vor so vielen Besuchern unvorbereitet auftreten. Was denken die über mich.“ Es ging alles gut. Aber das war George: leidenschaftlicher und akribischer Fliegenbinder. Selten trifft man Menschen mit so viel Geduld für ihre Leidenschaft. Leider wurden die Begegnungen mit ihm immer seltener. Auch seine Freunde wussten nicht sehr viel von ihm. Vor drei Jahren kam George wieder mal zur EWF. Wir freuten uns riesig, nach so langer Zeit zusammen plaudern zu können. Sein Gesundheitszustand war aber nicht sehr erfreulich. Er fragte mich nach Freunden und Bekannten, die auch anwesend waren. Sein Freund Michi war am Messestand von Peter Oberwimmer/HURCH als Berater anwesend und den wollte er auch treffen. Es fiel ihm aber schwer, die Treppe bis ins Obergeschoss hinauf zu gehen. Er versuchte es zu überspielen, denn die Freude des Wiedersehens war stärker. Alle waren froh, ihn zu treffen. Als ich mit ihm wieder alleine war, stellte ich ihm die Frage: „Wie geht es dir George?“ „Es geht schon“, sagte er und fügte hinzu: „Es war schon mal besser“. Dann wechselte er das Thema und erzählte mir voller Freude: „Ich werde Großvater und habe jetzt eine wichtige Aufgabe.“ Es war leider unser letztes Treffen. Im vergangenen Jahr traf ich auf der EWF Karl, den „Stammgast“ aus den Perlacher Zeiten, und fragte nach George. Er hatte schon lange nichts mehr von ihm gehört. Die drei Freunde hatten sich aus den Augen verloren. Ende Februar diesen Jahres war ich wieder mal auf der Anglermesse in Salzburg. Ich traf wie immer viele Bekannte. Und da habe ich die traurige Nachricht erfahren, dass George verstorben ist. Die Nachricht hat mich sehr betroffen. Ich bin mir sicher, dass er gerne zur Jubiläumsveranstaltung der EWF gekommen wäre. Ich hatte mich schon so darauf gefreut, ihn wiederzusehen. Es wird leider kein Wiedersehen mehr geben, denn er ist nicht mehr unter uns. George wir werden dich nie vergessen… Adrian Bontza 3
© Copyright 2025 ExpyDoc