Armin Pongs Krokofils Tagebuch 365 ¼ grüngezackte Geschichten zum Lachen und Staunen 30. August: Tag der glücklichen Kühe Wann ist eine Kuh glücklich? Heute trank ich zum Frühstück einen ganzen Liter Milch. „Ob diese Milch von glücklichen Kühen ist?“, fragte ich in die Runde. „Wann ist denn eine Kuh glücklich?“, fragte Aluna. „Natürlich wenn sie auf einer saftigen Almwiese steht“, antwortete Brillen-Bär. „Jede Wiese ist Kühen gut genug“, meinte Biber-Bernd. „Hauptsache, es gibt Wasser in der Nähe!“ „Kühe, die Kakao geben, sind besonders glücklich“, überlegte Frechdachs. „Ich wär’s zumindest!“ „Aber Kühe können doch gar keinen Kakao geben!“, widersprach Brillen-Bär. „Wie? Auch nicht die braunen in den Alpen?“, fragte Frechdachs enttäuscht. „Die haben doch schon die Farbe von Kakao!“ „Du überträgst nur deinen Schokoladentorten-Tick auf die armen Kühe“, beschied Brillen-Bär. „Eine anständige Alpenkuh würde nicht gerade erfreut sein, Kakao geben zu müssen, nur weil du es so willst!“ „Keinen Streit, bitte“, sagte Frau Engel und nahm Frechdachs das halb mit Milch gefüllte Glas aus der Hand, das er eben dem Brillen-Bär über das Fell kippen wollte. „Ich denke, man spricht von glücklichen Kühen, wenn diese auf einer besonders saftigen grünen Wiese stehen und sich die frische Luft um die Nase wehen lassen können“, sagte Herr Engel. „Dieses Glück haben aber die wenigsten Kühe!“, meinte Aluna, die an die Kuhställe in der Nähe dachte. „Wieso denn das?“, fragten nun Brillen-Bär und Frechdachs wie aus einem Mund. Ihr Streit war vergessen. „Vor einigen Wochen habe ich in einen Kuhstall beim Bauer Maier reingeschaut“, erzählte Aluna. „Obwohl draußen die Sonne schien, standen alle seine Kühe im Stall.“ „Das kann ich bestätigen“, sagte ich. „Die Kühe standen auf engstem Raum und waren regelrecht eingesperrt!“ „Wie meinst du das – eingesperrt?“, fragte Biber-Bernd verblüfft. „Nun ja, sie waren angekettet und bekamen Silage zu fressen!“ „Was ist denn das?“, fragte Frechdachs angewidert, denn irgendwie hörte sich das ganz und gar nicht nach einem leckeren Schokoladenkuchen an. „Das ist durch Milchsäuregärung konserviertes Gras vom Vorjahr!“, erklärte Herr Engel. „Du meinst, die Kühe bekommen kein frisches Gras zu fressen?“, fragte ich perplex. „Nein, das Gras wird gemäht und in Silos luftdicht gelagert.“ „Luftdicht nennst du das?“, fragte Frau Engel und rümpfte die Nase. „Ich finde, es stinkt ganz schön aus den Silos.“ „Warum sind die Bauern denn so unfreundlich zu den Kühen und sperren sie ein?“, fragte Biber-Bernd, der immer noch nicht fassen konnte, dass es tatsächlich Kühe gab, die ihr Leben im Stall verbringen mussten. „Kühe liefern doch täglich viel Milch und sind außerdem sehr lieb.“ „Ja, es gibt Milchkühe, die geben bis zu 40 Liter Milch am Tag“, bestätigte Herr Engel. „Und lieb sind sie wirklich“, meinte Aluna. „Aber auch sehr groß!“, sagte Frechdachs respektvoll. „Und manche sehen ein bisschen so aus wie du“, sagte Brillen-Bär. „Wenn du dich zu ihnen geselltest, würde ich dich wahrscheinlich zwischen ihnen gar nicht wiederfinden.“ Schon wieder wäre beinahe ein handgreiflicher Streit zwischen den beiden entbrannt, wenn Frau Engel nicht vorgeschlagen hätte, eine kleine Spritztour zu unternehmen. Als wir kurz darauf in unserem Krokofil-Mobil über Land fuhren, stellte ich fest, dass fast nirgendwo Kühe auf den Wiesen standen. „Es sieht ganz danach aus, als ob es hier nicht viele glückliche Kühe gibt.“ „Das kann aber auch an der Uhrzeit liegen“, meinte Frau Engel und zeigte auf einige Kühe, die die Straße entlangliefen. „Die wollen alle von selbst in den Stall.“ „Wie denn das?“, fragte Biber-Bernd, dem das nicht einleuchtete. „Ihr Euter ist voller Milch und deshalb wollen sie gemolken werden, denn sonst tut ihnen das übervolle Euter weh!“, berichtete Brillen-Bär, der auch auf dem Gebiet der Milchviehhaltung einige Kenntnisse aufzuweisen hatte – der alte Besserwisser! „Aber bedenkt, dass diejenigen Kühe, die von der Weide kommen, die große Ausnahme sind – glückliche Kühe eben!“, korrigierte Herr Engel. „Damit sie gemolken werden können, müssen sie demzufolge im Stall stehen“, sagte Aluna und dachte angestrengt nach. „Aber wenn sie sonst auch da stehen und auch noch angekettet sind, kann von einem glücklichen Leben keine Rede sein.“ Sie nickte und blickte in die Runde. „Wenn es wirklich glückliche Kühe sein sollen, müssen sie morgens nach dem Melken auf die Weide gebracht und abends wieder reingeholt werden“, bestätigte ich mit Nachdruck. „Doch das ist sehr zeitintensiv, und deshalb will das keiner mehr machen.“ „Wer das nicht machen will, der soll sich eben keine Kühe anschaffen“, sagte Brillen-Bär. „Das ist doch ganz einfach!“ „Das finde ich auch!“, rief Frechdachs, und Biber-Bernd nickte heftig. „Ob wir heute noch glückliche Kühe treffen?“, fragte Aluna. „Ich kenne eine Wiese, wo wir jetzt noch einige treffen sollten“, fiel mir plötzlich ein und gab „Sacherang“ als Ziel in den Bordcomputer des Krokofil-Mobils ein. Keine zehn Minuten später kamen wir zu einer großen Wiese, und als das Krokofil-Mobil anhielt, kamen die Kühe zu uns gelaufen und sagten „Muh!“ Eine von ihnen trank nicht etwa aus der bereitgestellten Viehtränke, sondern aus dem Schlauch, der ins Becken führte. Wir mussten alle herzhaft lachen. „Lasst uns die Milch nur noch bei Bauern kaufen, die ihre Kühe auf der Weide stehen haben“, meinte Frau Engel. „Ja – ich bin auch dafür!“, sagte Biber-Bernd. „Wenn wir Milch von glücklichen Kühen trinken, überträgt sich ihr Glück vielleicht auch auf uns“, meinte ich. „Ich fühle mich jetzt auf jeden Fall wieder ein Stückchen glücklicher.“ Euer glückliches Krokofil Diese Geschichte wurde noch nicht lektoriert. Sie erscheint neben 365 weiteren Geschichten erst im Herbst 2014.
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