Was Steinbockhörner über veränderte Umwelt bedingungen verraten

Was Steinbockhörner über veränderte
­Umwelt­bedingungen verraten
Bild: Claudio Signer, St. Gallen
Mit bewährter Technik neue Ob­
jekte untersuchen: Jahrringforscher
ana­lysierten für einmal nicht Bäu­
me, sondern Hörner des Alpenstein­
bocks. Ein internationales Team un­
ter WSL-Leitung konnte dabei auf
­einen weltweit einmaligen Datensatz
zurückgreifen. Das Amt für Jagd und
Fischerei Graubünden misst seit 1978
bei jedem geschossenen Steinbock
nicht nur die Gesamtlänge der Hör­
ner, sondern auch die jährlichen Zu­
wachsraten, also um wie viel die Hör­
ner jedes Jahr gewachsen sind. Ulf
Büntgen, Leiter der WSL-Studie zum
Alpensteinbock: «Für uns ist dieser
Datensatz Gold wert. Er zeigt einmal
mehr, wie wichtig lange Messreihen
in der Umweltforschung sind.»
heute oft früher als vor 30 Jahren.
Dadurch profitieren die Steinböcke
von einem grös­seren Nahrungsan­
gebot und einer besseren Qualität der
Gräser und Kräuter. Die Tiere kön­
nen so in Jahren mit früher Schnee­
schmelze mehr ins Hornwachstum
investieren.
Nun untersuchen die Forschen­
den anhand des Datensatzes, ob noch
weitere Faktoren die Entwicklung der
Hörner und die körperliche Verfas­
sung der Tiere beeinflussen, wie zum
Beispiel die Art der Bejagung. (lbo)
Frühlingstemperaturen bestimmen das Hornwachstum
Die Forschenden ana­
lysierten die Daten von
über 8000 Steinböcken
aus acht räumlich ge­
trennten Populationen.
Dabei zeigte sich, dass die
Hörner in Jahren mit warmen
Frühlingen mehr wuchsen als un­
ter kälteren Bedingungen, und zwar
unabhängig vom Alter der Tiere.
Dies deutet auf einen grossräumigen
Umweltfaktor hin, der das Horn­
wachstum beeinflusst: die europäi­
sche Grosswetterlage. Dank höheren
Frühlingstem­peraturen zwischen
März und Mai schmilzt der Schnee
WSL-MAGAZIN DIAGONAL
Die Hörner des
Alpensteinbocks
sind ein wichtiger
Indikator für die
Umweltbedingungen, unter denen
ein Tier lebt.
N R . 2 2 0 15