Barbara Duden Vom Schwangergehen in 'guter Hoffnung' zur Schwangerschaft als RisikoManagement. Thesen zur Geschichte und symbolischen Wirkmacht des Verwaltungsdenkens. Kurzfassung des Vortrags Der Titel benennt eine zeitgeschichtliche Umstülpung. Schwangerschaft hieß einstens die 'gute Hoffnung' und es war der Zustand der Frauen, der wie keiner sonst in der Geschichte des Westens und des Christentums eine Haltung zur Zukunft verkörperte und symbolisierte, die mit Hoffnung, Vertrauen, mutigem Wartenkönnen verbunden war. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde diese Haltung dem Kommenden gegenüber, die das Schwangergehen einzigartig verkörperte, durch den Mutterpass, dann den Ultraschall und schließlich die Risiko-Berechnungen und die genetische Wahrsagerei untergraben und fast unmöglich gemacht. Im neuen Regime der "SchwangerenVorsorge" hat sich die Schwangerschaft in einen Prozess verwandelt, in dem die Frau über neun Monate lang das normgerechte Wachstum ihres Konzeptionsproduktes überprüfen soll und dazu mit den entsprechenden "Informationen" beliefert wird. Die "pränatale Diagnostik" ist nur die Spitze eines Eisbergs, an der sich der Verlust der Hoffnung und deren Ersatz durch Risiko-Kalkulationen, die Denkbarkeit des "Du" als verwaltbare Sache und die neue Daseinsform der selbst gesteuerten Klientin besonders scharf herauskristallisieren. Die ehemaligen Forderungen von Frauen – reproduktive "Selbstbestimmung" – verkehren sich mit den neuen Technologien in Forderungen an Frauen: im Namen ihrer Verantwortung sollen Sie sich nun selbst für das entscheiden, was sie sich antun lassen. Um diese "ver-rückte" Umstülpung zu begreifen, untersuchte Barbara Duden die Routinen der "pränatalen Diagnostik" als Mythen schaffende Rituale, die eine neue Glaubensform hervorbringen, die Angst vor dem "Risiko" jeder einzelnen Schwangeren. Kurzbiografie Barbara Duden, geb. 1942, ist Historikerin an der Universität Hannover und arbeitet seit langem zur Geschichte der körperlichen (Selbst-)Wahrnehmung, vor allem von Frauen. Duden war Dekanin am Projektbereich "Körper" der Internationalen Frauenuniversität Hannover und Verfasserin eines Gutachtens für die Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin" beim Deutschen Bundestag. Zuletzt veröffentlichte sie: Die Gene im Kopf – der Fötus im Bauch. Historisches zum Frauenkörper. Hannover 2002 und (zusammen mit Jürgen Schlumbohm und Patrice Veit (Hg.), Geschichte des Ungeborenen. Zur Erfahrungs- und Wissenschaftsgeschichte der Schwangerschaft, 17.-20. Jahrhundert. Göttingen 2002.
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