Knie kaputt – Was tun?

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I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l
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Knie kaputt – Was tun?
Um das größte Gelenk im Körper gesund zu erhalten, muss es bewegt werden. Das
verbessert die Versorgung der Knorpelschicht. Einseitige Bewegungen, Stöße, Verletzungen oder starke Belastung, zum Beispiel durch Übergewicht, schädigen den Knorpel. Eine Überbeanspruchung oder Verletzungen können zu Schäden am Meniskus oder
den Kreuzbändern führen. Unbehandelt begünstigt das wiederum eine Arthrose.
Die Kreuzbänder und die Menisken gehören
neben dem Innen- und Außenband zu den
wichtigsten Elementen, die das Kniegelenk
stabilisieren und ohne die es nicht reibungslos funktionieren kann. Es handelt sich dabei um circa zwei Zentimeter lange und
etwa kleinfingerdicke Faserbündel. Besonders das vordere Kreuzband sorgt für Standfestigkeit. Leider betreffen 90 Prozent der
Kreuzbandverletzungen
dieses
vordere
Band. Die Betroffenen haben das Gefühl,
dass das Knie irgendwie wegrutscht beim
normalen Gehen. Dieses Gleiten und Reiben
im Gelenk kann auf Dauer fatale Folgeschäden haben. Zuerst leiden die Menisken.
Wenn sie daraufhin nicht mehr als Stoßdämpfer des Knies wirken, reibt der Gelenkknorpel ab und Arthrose entsteht. Wie es
um die Kreuzbänder steht, zeigt neben der
Untersuchung durch den Arzt vor allem eine
Kernspintomographie. Nach gesicherter
Diagnose gilt es genau abzuwägen, ob ein
Kreuzbandersatz im Rahmen einer Knie-OP
wirklich sinnvoll ist.
Kleine Bewegung – schmerzhafter Riss
Bei abrupten Drehungen, beim Ausrutschen
oder sogenannten „Stop and Go“-
Sportarten wie Handball, Badminton oder
Abfahrtslauf passiert es immer wieder: Das
Kreuzband wird zu stark belastet und reißt.
Für viele Sportler das Karriere-Ende. So wie
für die Handballerin Constanze B. Im Mai
2015 passiert es allerdings bei einer ganz
banalen Alltagsbewegung: „Ich hab meinen
Sohn gedrückt. Dabei bin ich umgeknickt
und habe den stechenden Schmerz verspürt,
woraufhin ich auch nicht mehr laufen konnte.“ Die Untersuchung zeigt: „Das Knie ist
eindeutig instabil. Ich kann den Schienbeinkopf nach vorn schieben. Das ist ein sicheres
Indiz dafür, dass das vordere Kreuzband
nicht mehr funktioniert“, stellt Orthopäde
Dr. Gotthard Knoll vom Elisabeth Krankenhaus Leipzig fest. Eine Untersuchung im
MRT bestätigt die Diagnose. Weil nicht nur
das Kreuzband, sondern auch der Meniskus
gerissen und zudem schmerzhaft eingeklemmt ist, fällt die Entscheidung für eine
OP.
Kreuzband-OP
Im ersten Schritt wird der gerissene Meniskus genäht. Danach wird das Kreuzband
ersetzt. Als Transplantat wird eine Sehne
aus dem Bein verwendet, die normalerweise
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den Unterschenkel mit dem Oberschenkel
verbindet. Es sind dort mehrere Sehnen mit
derselben oder ähnlichen Funktion vorhanden, so dass die Entnahme für den Patienten keine merklichen Defizite hinterlässt.
Diese entnommene Sehne wird mehrfach
zusammengefaltet, damit sie die Stärke eines normalen Kreuzbandes bekommt. 8,5
Millimeter ist sie letzten Endes dick. Das
Transplantat muss dann auf den Millimeter
genau an den Stellen fixiert werden, an de-
nen normalerweise das Kreuzband sitzt.
Dafür werden Schrauben verwendet, die
sich von allein auflösen, wenn das neue
Kreuzband angewachsen ist. Die Operation
dauert etwa eine Stunde. Ganz so wie vorher wird es jedoch nie, weiß der Operateur
Dr. Koll. Aber er geht von einer sehr guten
Wiederherstellung und Funktion des Gelenkes aus, so dass die Patientin, wenn alles
gut funktioniert, später wieder Sport treiben
kann.
Typische Symptome für einen Kreuzbandriss
•
Zerreißungsgefühl
•
Geräusch, dass etwas reißt
•
Verschiebegefühl Oberschenkel gegen Unterschenkel
•
Gangunsicherheit
•
Gelenkerguss (sofort oder verzögert)
•
Schmerz in der Kniekehle
•
Streck- und Beugehemmung
Wann wird operiert?
Klare Antwort: nicht bei jedem Patienten!
Doch worauf kommt es an? Handelt es sich
um einen sehr aktiven Patienten, der viel
Sport treibt und sich wünscht, sich weiter
mit hoher Intensität zu bewegen, spricht das
eher für einen Eingriff. Auch wer beruflich
viel Laufen muss, dem rät man zu einem
neuen Kreuzband. Die Operationsnotwendigkeit richtet sich auch danach, ob noch
ein stabiler Gang vorhanden ist und danach,
ob Begleitverletzungen zum Beispiel an den
Menisken, vorliegen. Ein weiterer Aspekt ist
das Lebensalter, in dem die Verletzung auftritt. Kinder und Jugendliche profitieren gut
von einem Kreuzbandersatz. Wer jedoch
kaum ein instabiles Gefühl im Knie hat, beruflich und privat wenig auf den Beinen ist
und zudem schon starke Verschleißerscheinungen im Knie hat, kann sich die Prozedur
ersparen und mit konservativen Methoden
behandelt werden. Hierzu zählen vor allem
Krankengymnastik, Physiotherapie, Orthesen und Schmerzmittel.
Wunderwerk Knie
Damit das Kniegelenk Spiel hat und trotzdem nichts wackelt, braucht es wichtige „Bauteile“.
Das vordere und hintere Kreuzband sowie den Innen- und Außenmeniskus. Sie dienen als
Stoßdämpfer. Die Kniescheibe schützt das Gelenk von vorne und lenkt die Kräfte vom Oberschenkel auf den Unterschenkel um. Dazu kommen das Außenband und das Innenband. Das
Ganze ist in eine Gelenkkapsel eingepackt.
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Volksleiden Kniearthrose – Konservativ gegen den Schmerz
Typisch für Arthrose im frühen Stadium ist der Anlaufschmerz. Es tut also weh, etwas
zu beginnen, während mit der Bewegung dann der Schmerz wieder nachlässt. Später
allerdings treten Beschwerden auch im Ruhezustand auf. Eine Röntgenuntersuchung
schafft beim Verdacht auf Arthrose Klarheit.
Der erste Schritt der Behandlung ist die Entlastung des betroffenen Gelenks. Das kann
durch die Behandlung von Fehlstellungen
geschehen, durch Gewichtsreduktion, aber
auch durch den Gebrauch eines Gehstocks.
Wärme, Kälte oder Massagen können die
Beschwerden lindern. Medikamente können
Arthrose nicht heilen, sie können aber die
Beschwerden mildern. Bevor man sich als
letztes Mittel der Wahl einer Operation unterzieht, sollte man das ganze Spektrum der
nichtinvasiven Methoden ausnutzen. Denn
gerade Eingriffe am Knie bergen ein hohes
Risiko für mögliche Infektionen mit fatalen
Folgen.
Physikalische Behandlungen: Reizstrom,
Ultraschall und gezielte Heilgymnastik können die Muskelanspannung um das Knie
herum senken und so zu einer Schmerzlinderung beitragen. Kälteanwendungen tun
bei akuten Knieschmerzen mit Entzündung
gut. Warme Auflagen und Bäder helfen im
chronischen Stadium einer Arthrose.
Orthopädische Hilfsmittel: Bandagen und
Orthesen stützen zum einen das Gelenk.
Zum anderen stimulieren sie die Knie stabilisierende Muskulatur. Oft fühlen die Patienten durch die Orthesen eine erhöhte Sicherheit im Knie. Zudem können Pufferabsätze
und Fersenkissen für die Schuhe Stöße reduzieren.
Medikamente: Gängige Präparate sind
Schmerzmittel wie Paracetamol. Die sogenannten NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) wie Ibuprofen oder Diclofenac lindern
nicht nur Schmerzen, sondern wirken auch
entzündungshemmend.
Kortisonspritzen: Sie werden direkt ins
Gelenk gespritzt und helfen vorübergehend
gegen Schmerzen. Die Anwendung sollte
auf wenige Spritzen im Jahr beschränkt
bleiben, denn es besteht immer ein Risiko
für Infektionen.
Hyaluronsäure: Die Wirksamkeit von Injektionen mit Hyaluronsäure ist nach wie vor in
der wissenschaftlichen Diskussion. Bei beginnender Arthrose kann die Therapie unter
Umständen einige Monate helfen. Langfristige Auswirkungen auf die Knorpelmasse
konnten bislang jedoch nicht nachgewiesen
werden.
Akupunktur
Als alternative Heilmethoden kommen die
Akupunktur und die Blutegeltherapie in
Betracht. Laut einer britischen Studie profitierten Patienten, deren letzte Möglichkeit
ein künstliches Kniegelenk gewesen wäre,
von der Akupunktur. Durch regelmäßige
Sitzungen hatten die über 70-Jährigen weniger Schmerzen sowie ein beweglicheres
und besser funktionierendes Kniegelenk.
Die gesetzlichen Kassen erstatten in der
Regel die Kosten.
Blutegel
Begleitentzündungen und Schwellungen bei
Arthrose können durch eine Blutegeltherapie gelindert oder beseitigt werden. Die
Behandlung mit den Tieren ist ein ausleitendes Therapieverfahren, wobei lokale Schwellungen beseitigt werden. Weitere Naturheilmittel sind Teufelskralle, Brennnessel
und Weidenrinde. Als bewährtes Hausmittel
gilt auch ein Quarkwickel.
Ernährung gegen Entzündungen
Die Probleme bei Arthrose entstehen nicht
direkt aus der Abnutzung der Gelenke. Die
Abnutzung zieht Entzündungen nach sich,
und erst diese sind die eigentliche Quelle
der Beschwerden. Deshalb zieht die Dämpfung der Entzündungen einen Gewinn an
Lebensqualität nach sich. Eine mögliche
Strategie liegt in einer bewussten Ernährung. Es gibt Bestandteile in Lebensmitteln,
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die Entzündungen förmlich anfachen und
andere, die eine hemmende Wirkung haben.
Meiden sollte man vor allem Arachidonsäure. Dieser Stoff steckt in tierischen Fetten,
vor allem in Schweinefleischprodukten, aber
auch Eigelb sollte darum seltener auf den
Tisch. Hilfreich sind hingegen Antioxdydanzien, die vor allem in Obst und Gemüse enthalten sind, aber auch Omega-3-Fettsäuren,
für die Fisch eine gute Quelle ist. Es gibt
Patienten, die von einer massiven Besserung
ihrer Beschwerden durch einen Umstieg auf
weitgehend vegetarische Ernährungsweise
berichten. Wem das zu radikal ist, der ist
gut beraten, öfter Fisch statt Fleischgerichte
zu genießen.
Risiko Arthroskopie – Mehr Schaden als
Nutzen?
Die Kniespiegelung, von Medizinern „Arthroskopie“ genannt, gehört zu den häufigsten Eingriffen in Deutschland. Doch schon
lange gibt es Zweifel daran. Denn, so zeigen
Studien, Patienten mit einer Arthrose im
Knie haben oft nichts von einer Gelenkspiegelung. Sie kann die Beschwerden sogar
verschlimmern.
Bei einer Arthroskopie können sich die Ärzte
das Knie von innen anschauen, einen möglichen kaputten Knorpel glatt schleifen. Doch
der Nutzen, sagen Kritiker, ist in vielen Fällen gleich Null.
Prof. Dr. Karl-Heinz Frosch, Orthopäde und
Unfallchirurg von der Asklepios Klinik St.
Georg, Hamburg meint: „Die Kniespiegelung, also die Arthroskopie des Kniegelenkes bei einer fortgeschrittenen Arthrose,
wird sehr häufig gemacht, bringt aber in der
Regel wenig oder gar nichts. Wenn sie
durch eine Arthroskopie da noch Knorpel
weiter abschleifen, dann kann es passieren,
dass der Patient noch mehr Beschwerden
bekommt, als er vorher schon hatte“, erläutert Frosch die Hintergründe.
Hinzu kommen weitere Gefahren. Die OP
gilt zwar als minimalinvasiv. Dennoch kann
es, wenn auch selten, zu Infektionen,
Thrombosen, Embolien kommen. 2013 fasst
das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Medizinwesen den Kenntnisstand
zur Arthroskopie zusammen. Fazit: Kaum
Vorteile! Dr. Stefan Sauerland vom IQWiG,
Köln macht deutlich: „Das heißt, aus unserer Sicht erschiene es sinnvoll, wenn diese
Intervention in Zukunft nicht mehr durchgeführt würde.“ Klar ist: Zwischen Nutzen und
möglichen Folgeschäden muss bei jeder OP
sorgfältig abgewogen werden.
Knietraining aus dem Weltraum
Das Anti-Schwerkraft-Laufband, das für die
Raumfahrt entwickelt wurde, macht Patienten scheinbar schwerelos. In der Maschine
wird der Körper an den Hüften durch Luftpolster gehalten. Dadurch lastet nicht mehr
das gesamte Körpergewicht auf den Knien.
So kann sich zwischen den abgenutzten
Knorpelscheiben wieder schützende Gelenkflüssigkeit bilden. Das kommt Patienten mit
Arthrose zugute. Das Training stärkt auch
die stützende Muskulatur in den Knien. Das
Laufband ist bisher nur in wenigen deutschen Städten verfügbar. Ein Training im
Wasser wie zum Beispiel Aquajogging oder
Wasseraerobic haben aber einen ganz ähnlich entlastenden Effekt.
Buchtipps
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Gast im Studio
Dr. med. Gotthard Knoll, Mannschaftsarzt des HC Leipzig und Icefighters Leipzig,
Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Spezielle Unfallchirurgie, Sportmedizin,
Manuelle Medizin, Notfallmedizin, D-Arzt,
Chefarzt St. Elisabeth-Krankenhaus, Leipzig
Constanze Blechschmidt, Patientin
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Anschrift/ Thema der nächsten Sendung
MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“
Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund;
E-Mail: [email protected]
Sendung vom 28.05.2015: “Schlaf gut – aber wie?“
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