Diagnose & Therapie Sehnen, Bänder und Menisken Die „Aufhängung“ des Kniegelenks Unser Hüftgelenk liegt – umgeben von einer starken Oberschenkelmuskulatur – gut geschützt in der Hüftpfanne. Nicht so das Knie: Damit es keinen Schaden nimmt und die Beanspruchungen des Alltags locker wegstecken kann, ist es auf das Zusammenspiel von Bändern, Sehnen und Menisken angewiesen. Funktioniert dies nicht, so können die Folgen gravierend sein. Die Kreuzbänder: Unser Knie ist fest verzurrt Wesentlich für die Stabilität des Kniegelenks sind die beiden Kreuzbänder. Sie sind straff über Kreuz (daher der Name) gespannt und verhindern, dass sich Ober- und Unterschenkel gegeneinander verschieben. Reißt eines dieser für das Knie so wichtigen Bänder (meist ist es das vordere Kreuzband, welches einer unglücklichen Drehbelastung nicht standhält), so werden wir „wackelig“ auf den Beinen. Gefährlich daran ist aber nicht nur die mangelnde Stabilität: Wenn sich die Knorpelflächen des Gelenks unphysiologisch bewegen, droht im schlimmsten Fall eine Arthrose. Ist ein Kreuzband gerissen, versucht man daher heute in der Regel, die Funktion wiederherzustellen. Leider kann ein gerissenes Kreuzband aufgrund der Faserstruktur nicht wieder genäht werden, sodass man auf einen Ersatz angewiesen ist, entweder durch Kreuzbänder ein Spenderimplantat oder aber durch eine Kreuzbandplastik. Bei einer solchen Kreuzbandplastik entnimmt der Arzt ganz oder teilweise eine andere Sehne des Unterschenkels und präpariert diese so, dass sie die Aufgabe des früheren Original-Kreuzbandes weitgehend übernehmen kann. Die Patellasehne hält die Kniescheibe im Zaum Die Kraftübertragung vom Ober- zum Unterschenkel übernimmt die in die Patallasehne eingebettete Kniescheibe. Verschiedene Bänder und Sehnen halten sie an ihrem Platz und bringen genau aufeinander abgestimmte Zugkräfte auf. Funktioniert dieses „Mannschaftsspiel“ der einzelnen Komponenten nicht oder ist die Kniescheibe ungünstig geformt, so kann sie aus ihrem Gleitlager herausspringen, was als „Patellaluxation“ bezeichnet wird. Passiert dies öfter, so kann auch hier Patellasehne die Folge ein hoher Knorpelabrieb (= Arthrose) sein; zudem wächst die Gefahr weiterer Luxationen von Mal zu Mal weiter an. Betroffene können versuchen, durch ein spezielles Training oder das Tragen geeigneter Bandagen die Luxationsneigung zu verringern. Bringt dies nicht den gewünschten Erfolg, so kann über eine operative Patellazügelung nachgedacht werden, bei der die Kniescheibe in ihrem Verlauf stabilisiert wird. Seitenbandverletzungen müssen versorgt werden Als Seitenbänder werden das Innen- und Außenband bezeichnet. Beide Bänder verhindern in gestreckter Stellung ein Verdrehen der Ober- und Unterschenkel ORTHOpress 2 /2010 57 Diagnose & Therapie Meniskusriss gegeneinander. Nach den Kreuzbandrissen gehören kombinierte Verletzungen der Seitenbänder zu den häufigsten Schäden am Kniegelenk. Kommt es dazu, so ist eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Instabilität des Gelenks die Folge, da – je nachdem welches Band betroffen ist – ein seitliches Wegknicken in eine O- oder X-Bein-Position möglich ist. Auch dies birgt wieder die Gefahr einer Arthrose, weshalb eine Behandlung 58 ORTHOpress 2 /2010 unumgänglich ist. Ein isolierter Seitenbandriss muss aber nicht unbedingt operiert werden: Er kann mit einer Bewegungsschiene mit einstellbarer Beugung versorgt werden. Liegen allerdings kombinierte Verletzungen vor oder ist das Seitenband aus dem Knochen ausgerissen, muss eine operative Refixation vorgenommen werden. Auch hier droht eine Arthrose: Meniskusschaden Die Menisken sind die natürlichen Stoßdämpfer unseres Kniegelenks. Wie zwei Halbmonde sitzen sie zwischen den Knochen des Ober- und des Unterschenkels und sorgen für eine optimale Lastverteilung. Früher schätzte man die Funktion der Menisken als gering ein und entfernte sie einfach, wenn sie einmal beschädigt waren. Auch hier hat sich im Laufe der Zeit die Einsicht durchgesetzt, dass insbesondere bei sportlich aktiven Menschen die Entfernung der Menisken in vielen Fällen zur Kniearthrose führt. Gerissene Menisken werden daher wann immer möglich genäht. Dies funktioniert aber nur, wenn der Riss nicht weit vom Ansatz des Meniskus entfernt ist: Nur innerhalb eines kleinen kapselnahen Bereichs, der sogenannten vascularisierten Zone, sind die Menisken so ausreichend durchblutet, dass der Riss nach der Naht wieder zusammenheilt. Ist dies nicht wahrscheinlich, so kann man heute versuchen, den Meniskus durch einen Spendermeniskus oder aber ein Meniskusimplantat zu ersetzen. Diese Verfahren sind jedoch aufwendig und langwierig und stehen noch nicht flächendeckend zur Verfügung. von Arne Wondracek
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