............................................................................................................................ VON Adi Gross Klubobmann und Sicherheitssprecher der Vorarlberger Grünen Christoph Metzler Landtagsabgeordneter der Vorarlberger Grünen ............................................................................................................................ Wie sollte eine menschenrechtskonforme und politisch gerechte Flüchtlingspolitik in Vorarlberg aussehen? ............................................................................................................................ Grüne Vorschläge anlässlich des Welt-Flüchtlingstags am 20.Juni ............................................................................................................................ Do 18. Juni 2015, 10.00 Uhr, Grüner Landtagsklub Die Ausgangslage Flüchtenden und schutzsuchenden Menschen Asyl zu gewähren ist nicht nur eine humanitäre sondern auch eine rechtliche Verpflichtung. Zahlreiche gelungene Initiativen der Gegenwart und der Vergangenheit zeigen wie gut das Zusammenleben mit Flüchtlingen gelingen kann, und, dass alle davon profitieren können. Die derzeitige Situation, Hundertausende flüchtende Menschen aus den Krisen- und Kriegsgebieten zwischen Nigeria und Pakistan unterbringen und betreuen zu müssen, ist eine riesige Herausforderung für Europa – aber gemeinsam schaffen wird das. Insbesondere die Kriege in Syrien und dem Irak haben eine globale humanitäre Krise ausgelöst. Weltweit gibt es aktuell 51 Millionen Flüchtlinge. Was tut Europa? In der EU gilt das Dublin-Abkommen, das jeweils das Land, das ein Flüchtling als erstes betritt, zur Abwicklung eines Asylverfahrens verpflichtet. Das benachteiligt die Länder an den EU-Außengrenzen und führt zu einer äußerst ungleichen Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsstaaten. Die EU-Kommission und einige Mitgliedstaaten, darunter Österreich, haben angesichts der rasch anwachsenden Flüchtlingsbewegungen eine verpflichtende Flüchtlingsquote für jedes Mitgliedsland vorgeschlagen, die sich nach der Bevölkerungszahl, der Wirtschaftskraft und der Arbeitslosenzahl richtet. Doch die Innenminister der Mitgliedsstaaten haben diesen Vorschlag auf Grund es Widerstandes einiger Länder – darunter Großbritannien vorgestern (Dienstag, 16. Juni) abgelehnt. Es ist dies kein Versagen der EU, sondern ein Versagen der Vertreter der Nationalstaaten – ein unerträgliches Armutszeugnis für die Unfähigkeit nationalstaatlicher Politik, globale Probleme zu lösen und ein peinlicher Verrat der viel gepriesenen europäischen Werte. Was tut Österreich? In Österreich wurden im Mai über 6.000 Asylanträge gestellt, derzeit etwa 300 pro Tag. Das lässt eine Anzahl von 70.000 bis Jahresende erwarten. Das sind mehr als doppelt so viele wie 2014. Im europäischen Maßstab ist Österreich damit überproportional betroffen. Die Bundesländer, die per Quote zur Unterbringung und Betreuung eines Anteils nach dem Bevölkerungsschlüssel verpflichtet sind, stehen vor großen Herausforderungen. Die Innenministerin macht Druck auf die Länder, indem sie Zelte aufstellen lässt. Wir Grüne, auch die Sozialdemokraten und die Neos, unterstützen eine humane, menschenrechtskonforme Flüchtlingspolitik. Die FPÖ mobilisiert und hetzt in mehreren Bundesländern unverdrossen gegen AsylwerberInnen, zuletzt im steirischen Landtagswahlkampf oder in Wien-Erdberg. Die konservative Seite wird seit dem freiheitlichen Wahlerfolg in der Steiermark von Panikattacken geritten. Die Innenministerin kündigt an, dass keine neuen Asylanträge mehr bearbeitet würden. Der oberösterreichische Landeshauptmann fordert die Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Die Frauen und die Kinder syrischer Flüchtlinge sollen in den überfüllten Lagern im Libanon oder in der Türkei bleiben. Und die Vorarlberger ÖVP will einen provisorischen Aufenthaltsstatus. Die Bundesregierung agiert ihre Angst vor der FPÖ auf dem Rücken der Asylsuchenden aus. 2 Was tut Vorarlberg? Wir haben es zu Beginn des Jahres mit großer Anstrengung geschafft, unseren Anteil zu erfüllen. Durch die steigende Flüchtlingszahl haben wir uns zumindest phasenweise wieder von der Erfüllung der Quote entfernt und halten derzeit bei rund 95%. Es musste im Messegelände ein provisorisches Großquartier geöffnet werden. Eine große Anzahl von Gemeinden nimmt an den Anstrengungen teil, ein nennenswerter Teil nimmt jedoch seine Verantwortung nicht oder nicht hinreichend wahr. Etwa 40 Gemeinden haben bisher keine Flüchtlinge aufgenommen, eine Reihe lediglich ein oder zwei. Im übrigen ist die Unterbringung nur ein Teil des Problems. Ein anderer ist die entsprechende Betreuung der Asylsuchenden, um ihnen das Leben in der fremden Umgebung zu erleichtern und ihnen Perspektiven zu geben. Viele Menschen in unserem Land engagieren sich in bewundernswerter Weise. Erwähnt sei insbesondere Alberschwende, wo die Zivilgesellschaft und die Politik sich schützend vor Flüchtlinge stellen, die nach Ungarn rückgeschoben werden sollen – in ein Land, das keine humane Betreuung garantiert, in dem die Regierung gegen Flüchtlinge hetzt und die Übernahme seines Anteils verweigert. Mehrere Urteile deutscher Höchstgerichte bestätigen im übrigen, dass Asylsuchende, die über Ungarn eingereist sind, nicht in dieses Land rückgeschoben werden dürfen. Ein Bürgerrat hat sich kürzlich mit Fragen der Flüchtlingsbetreuung auseinandergesetzt und eine Reihe von Vorschlägen erarbeitet, unter anderem für eine gerechte Aufteilung auf die Gemeinden. Was tun die Grünen? Wir haben uns aktiv an der Quartierssuche beteiligt und tun das weiterhin. Landesrätin Katharina Wiesflecker stellt über das Sozialressort die Mittel zur Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zur Verfügung. Und im Europäischen Parlament haben wir uns für eine verpflichtende europaweite Quote stark gemacht. Vor wenigen Tagen haben die Grünen im Europaparlament einen Resolutionsantrag eingebracht, der die ungarische Regierung wegen der von ihr propagierten Einführung der Todesstrafe und in einem Volksbefragungstext an alle StaatsbürgerInnen betriebenen Hetze gegen Flüchtlinge und MigrantInnen verurteilt. Der Antrag wurde mit den Stimmen von Grünen, Sozialdemokraten, Liberaldemokraten und Linken angenommen – gegen die Stimmen der Abgeordneten von FPÖ und ÖVP. Wir Grüne bemühen uns um eine konsistente Politik auf allen Ebenen – Gemeinde, Land, Bund und Europa. Eben das verlangen wir auch von den anderen Parteien. Wir haben kein Verständnis dafür, dass die ÖVP auf Bundes- und EU-Ebene sich schützend vor ihren Parteifreund Viktor Orban und seine absurden TodesstrafeAmbitionen und seine menschenverachtende Verweigerung einer humanen und gerechten Flüchtlingspolitik stellt. 3 Wie könnte eine zukunftsfähige, menschrechtskonforme und politisch gerechte Asylpolitik aussehen? Grundsätzlich stehen wir zu einer unbedingten und sofortigen humanitären Hilfe und Aufnahme von Menschen auf der Flucht. Das ist humanitäre Pflicht und ein verankertes Menschenrecht. Europa 1. Eine faire und verpflichtende Aufteilung von Flüchtlingen auf die Europäischen Mitgliedstaaten abhängig von Faktoren wie Bevölkerungszahl und Wirtschaftsleistung. 2. Eine langfristige und aktive Friedens- und Entwicklungspolitik der EU bzw. der Mitgliedstaaten für Afrika und den mittleren Osten. 3. Die internationale Gemeinschaft, die EU-Kommission und alle Parteien – insbesondere auch die Europäische Volkspartei – müssen ihren Einfluss geltend machen, um Ungarn zu einer menschenrechtskonformen Asylpolitik zurückzubringen. Österreich 1. Rückkehr zu einer unaufgeregten und sachlich fundierten Flüchtlingspolitik ohne Panik und Hetze. Alles andere spielt nur den Freiheitlichen in die Hände. 2. Aktive Kommunikation und Werbung um Verständnis. Österreich kann den Flüchtlingszustrom bewältigen. 3. Menschenwürdige und menschenrechtskonforme Unterkünfte sicherstellen – keine Unterbringung in Zelten! 4. Faire Verfahren sicherstellen – wir Grüne stellen uns entschieden gegen den von Innenministerin Mikl-Leitner angekündigten Asylverfahrensstopp. 5. Nationaler Schulterschluss – mit gemeinsamen Anstrengungen schaffen wir es! 6. Keine Abschiebungen nach Ungarn! Vorarlberg 1. Solidaritätspakt der Gemeinden. Die Gemeinden verpflichten sich, ihrem Bevölkerungsanteil gemäß Asylsuchende aufzunehmen, unterzubringen und zu betreuen. Mindestziel sollte ein Flüchtling pro 200 EW sein. Kleine Gemeinden können und sollen mit Nachbarn kooperieren. Es gibt dazu eine transparente Kommunikation. 2. Mobilisierung der Zivilgesellschaft. Aufruf an die BürgerInnen, Wohnungen für Konventionsflüchtlinge zur Verfügung zu stellen, zu melden, wenn irgendwo geeignete Gebäude leerstehen. 3. Aktive Politik. Die Gemeinden sollten einen Prozess starten, um die Mitarbeitsund Hilfsbereitschaft der BürgerInnen zu nutzen. Der Bürgerrat zeigt, dass sie bereit sind mitzuarbeiten und Ideen einbringen. Die ermutigenden Ergebnisse des Bürgerrates sollten ernst genommen werden. 4 Ø Ja, wir stehen vor einer relevanten Herausforderung. Gleichzeitig sind wir aber überzeugt, dass wir das gemeinsam bewältigen können. Dazu ist es erforderlich, dass wir alle – Land, Gemeinden, Institutionen und BürgerInnen – zusammenstehen. Vorarlberg kann das. Last but not least Wir rufen dazu auf, sich morgen Freitag am „umbrella march“ des Vereins Vindex für eine humane Flüchtlingspolitik zu beteiligen. Treffpunkt 15.00, Bregenz Hafen. 5
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