Benjamin Hechler These: Online-Kampagnen bekommt nur dann eine Relevanz für eine breite Gesellschaft, wenn klassische Medien (Print, Hörfunk usw.) sie ebenfalls aufgreifen. Klassische Medien übernehmen eine Filterfunktion gegenüber ihren Konsumenten/innen. Sie filtern aus der Vielzahl an möglichen Nachrichten heraus, was Relevanz hat. Deshalb ist zum Beispiel der Aufruhr um den Bildungsplan eine ganze Weile ignoriert worden, obwohl die laufende Petition dagegen bekannt war. Der Druck in den Medienhäusern ist allerdings gestiegen, was zum Beispiel die möglichst schnelle Berichterstattung angeht. Auch das hat Auswirkungen. Journalisten ordnen in Kommentaren ein, was in Online-Kampagnen passiert (auch das gab es beim Bildungsplan entsprechend deutlich). Das ist hilfreich, weil für den flüchtigen Leser meist nicht der ganze Vorgang erfasst werden kann. In der „Filter bubble“ im Netz übernehmen die Filterfunktion nicht mehr Menschen, sondern Algorithmen. Doch was passiert, wenn auch klassische Medien beginnen, einen Teil des Filterns Algorithmen zu überlassen? Wegen der Online-Portale der Medienhäuser ist für die Relevanz eines Themas schon vor einer Weile ein neuer Aspekt dazu gekommen: die Klickzahlen. In mancher Redaktionskonferenz wurde von hohen Klickzahlen berichtet und mancher Nachdreh daran ausgerichtet (‚das interessiert die Leute‘). Die Stuttgarter Zeitung hat in einer App jetzt eine Sortierung der Themen nach Interesse schon automatisiert. Daraus ergeben sich viele Fragen: Zählt irgendwann nur noch, was das Interesse der Mehrheit findet? Findet sich jetzt an erster Stelle nur noch die klassische Räuberpistole, weil das jede/r liest (während es in Print zwar auf der ersten Seite zu finden war, aber nur klein gefahren wurde)? Werde ich noch überrascht? Erweitere ich künftig hin und wieder noch meinen Horizont, weil ich über etwas stolpere, was mich interessiert, aber kein Algorithmus vorhersehen kann?
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