Augustin-Wibbelt-Gymnasium Städtisches Aufbaugymnasium Warendorf Schulinterner Essaywettbewerb im Fach Philosophie Jahrgangsstufe: EF Verfasser: Jonas Hokamp Essay zum Zitat: „Der Kluge lernt aus allem und jedem, der Normale aus seinen Erfahrungen und der Dumme weiß schon alles“ Ist der Dumme klug, weil er schon alles weiß, oder ist er dumm, weil er schon alles weiß? Was weiß er wirklich und was genau ist mit „alles“ gemeint? Diese Fragen entstehen beim längeren Nachdenken über Sokrates' Zitat: „Der Kluge lernt aus allem und jedem, der Normale aus seinen Erfahrungen und der Dumme weiß schon alles“. Die genannten Fragen sind jedoch nicht die einzigen, die bei der Beschäftigung mit diesem Zitat entstehen. Ich möchte in meinem folgenden Essay zunächst auf die Problematiken und Fragen eingehen, die dieser letzte Teil hervorbringt. Diesbezüglich ist es sinnvoll, zunächst den Begriff der Dummheit zu definieren. Dummheit bezeichnet nicht nur, wie allgemein angenommen, den Mangel an Intelligenz oder Weisheit, sondern auch die Einstellung, etwas nicht wahrnehmen zu können oder es nicht wahrnehmen zu wollen. Wenn man nur auf die allgemeine Annahme, Dumme würden über einen geringen Wissensschatz verfügen, blickt, steht diese zunächst im Gegensatz zu Sokrates' Aussage, Dumme würden alles wissen. Bevor man sich nun den Kopf über diese scheinbare Unstimmigkeit zerbricht, sollte man zunächst versuchen, diese Aussage vollends zu verstehen. Dafür muss man sich die Frage stellen, auf welche Weise das Wort „alles“ in diesem Zusammenhang zu interpretieren ist. Ist damit gemeint, dass der Dumme nur alles weiß, was ihn interessiert oder dass er nur denkt, alles zu wissen, er sich aber nicht über das Wissen hinter den Grenzen seiner scheinbaren Allwissenheit bewusst ist? Beide Varianten wären möglich und würden sowohl die allgemeine Annahme, als auch Sokrates' Zitat miteinander in Einklang bringen. Dennoch halte ich die folgende Interpretationsweise für die mit größter Wahrscheinlichkeit zutreffende: Der Dumme denkt, er wisse alles besser, sein Wissen ist unfehlbar und er ist dementsprechend besserwisserisch, unbelehrbar und in gewisser Weise ignorant. Der Grund dafür, dass ich mich für diese Interpretationsweise entschieden habe, ist einerseits eine andere Version des Zitats, in der es heißt „[...] und der Dumme weiß alles besser“, andererseits der zweite Teil der oben genannten Definition von Dummheit, also die Einstellung, etwas nicht wahrnehmen zu können, oder es nicht wahrnehmen zu wollen. Jetzt, da klar ist, wie der zweite Teil von Sokrates‘ Aussage zu verstehen ist, sollten wir uns mit dem Rest beschäftigen. Es heißt der Normale lerne aus seinen Erfahrungen und der Kluge aus allem und jedem. Im Gegensatz zu dem Dummen scheinen der Normale und der Kluge also durchaus belehrbar, sie durchlaufen einen stetigen Lernprozess, jeder auf seine Weise. Sie können lernen, während der Dumme unbelehrbar ist. Dabei lernt der Normale jedoch nur aus seinen eigenen Erfahrungen und macht sich anscheinend nicht die Anderer zu Nutze. Ein Kluger hingegen bedarf nicht zwangsläufig eigener Erfahrungen, er lernt auch aus denen anderer Personen und aus / von Dingen („aus allem und jedem“). Ein geeignetes Beispiel, um den von Sokrates beschriebenen Unterschied zwischen klug und normal zu verdeutlichen, wäre folgende Situation: Eine normale Person berührt aus Neugier einen heißen Ofen und verbrennt sich, lernt daraus und tut es nie wieder. Eine kluge Person hingegen kommt gar nicht erst auf die Idee, diesen Ofen zu berühren, sie kennt die Gefahren bereits im Vorfeld, da sie möglicherweise schon gesehen hat, wie sich eine andere Person verbrannt hat. Nach der vollständigen Ausmerzung aller Verständnisprobleme können wir uns nun der Frage widmen, ob Sokrates‘ Aussage fehlerhaft ist, ob sie auf die heutige Zeit anwendbar ist oder ob es, vielleicht auch nur teilweise, nötig ist, sie zu verändern, um sie an die moderne Gesellschaft anzupassen. Beginnend mit dem, was passend an dem Zitat ist, ist die Aussage des zweiten Teils, also dass der Dumme unbelehrbar ist, richtig. Dabei ist nochmal erwähnenswert, dass sich diese Unbelehrbarkeit in zwei Gruppen unterteilen lässt: Diejenigen, die nicht belehrt werden können und Diejenigen, die nicht belehrt werden wollen. Ich halte die Letzteren für weitaus dümmer, da sie sich im Gegensatz zu denen, die nicht belehrt werden können, frei dafür entscheiden „dumm“ zu sein. Trotz der Tatsache, dass sich die Gruppe der Dummen in dumm und dümmer unterteilen lässt, ist es richtig, dass Dumme unbelehrbar sind und somit ist dieser Teil der Aussage von Sokrates gut, ich präferiere jedoch die Formulierung: „der Dumme weiß alles besser“. Der mittlere Teil, Normale würden aus ihren eigenen Erfahrungen lernen, ist zwar einerseits richtig, andererseits denke ich, dass eine normale Person nicht nur aus ihren Erfahrungen lernt, sondern auch von ihren Eltern, Freunden, Bekannten, ja vielleicht sogar von ihren Lehrern oder aus Büchern. Man könnte sagen, der Normale ist wie der Kluge, nur in seiner Reichweite beschränkt. Man könnte es so sagen: Der Normale lernt aus allem in seinem Umfeld. Bevor wir nun auf den Klugen zu sprechen kommen, ist es wichtig zu erwähnen, dass es einen Aspekt gibt, den Sokrates nicht berücksichtigt hat. Der Unterschied zwischen klug und normal ist nicht nur der Wissensumfang und der „Grad der Belehrbarkeit“, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der gelernt und verstanden wird. Genauso wie Sokrates finde ich, dass der Kluge aus allem und jedem lernt, er hat sogar eine unbeschränkte Reichweite. Eine aus diesen Überlegungen resultierende Formulierung des gesamten Zitats könnte somit lauten: „Der Kluge lernt schnell aus allem und jedem, der Normale lernt aus seinem Umfeld und der Dumme weiß alles besser“. Insgesamt halte ich diese verbesserte Aussage für jede Zeit anwendbar und passend. Dumme werden immer unbelehrbar oder ignorant bleiben, da Ignoranz sowie Unbelehrbarkeit mit Dummheit gleichzusetzen sind und Kluge werden sich immer von Normalen in ihrer Reichweite und der Schnelligkeit ihrer Auffassungsgabe unterscheiden. Somit kann man stehen lassen: „Der Kluge lernt schnell aus allem und jedem, der Normale lernt aus seinem Umfeld und der Dumme weiß alles besser“.
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