«Wir erhalten oft Post vom Anwalt»

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Fakten zum thema
20 000 300
Schweizer Firmen wurden auf dem Portal
Kununu von ihren Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern bewertet.
neue Bewertungen kommen pro Tag auf
den bekannten Bewertungsportalen hinzu.
In Spitzenzeiten 1000 Bewertungen täglich.
2006
war das Entstehungsjahr der ersten Arbeit­geberBewertungsplattformen in Deutschland. Seitdem
entstanden jährlich neue Portale.
«Wir erhalten oft Post
vom Anwalt»
Florian Mann Der Chef der Firmen-Bewertungsseite
Kununu über die Kritik an seinem Geschäft.
Interview: Jan vollmer
Eines der ersten Suchergebnisse zu
Kununu auf Google heisst: «Negative
­Bewertungen entfernen.» Anwälte
­werben damit. Wie oft müssen Sie denn
nun Ergebnisse entfernen?
Florian Mann: Da muss ich zynisch
­sagen: Ich freu mich, dass wir da einen
ganzen neuen Berufszweig unterhalten
können. In den allermeisten Fällen
kann man sich aber das Geld für einen
Anwalt sparen. Wenn die Firma uns
selbst schreibt, prüfen wir die Bewertung. Wenn es wirklich unzulässig ist,
nehmen wir sie raus – wir kennen die
rechtliche Lage sehr gut. Für Anwälte ist
das Geschäft natürlich attraktiv, sie
­werden ja schon für das Schreiben von
Briefen bezahlt, egal was dabei herauskommt.
Auf der Seite werben Sie mit einer Toolbox für 500 Franken und dem Spruch
«Steigern Sie die Anzahl positiver
­Bewertungen». Kann man sich die
­Bewertungen bei Ihnen also kaufen?
In der Toolbox sind verschiedene Hilfsmittel, mit der Sie die Anzahl der Bewertungen steigern können. Statistisch
gesehen haben Bewertungen, wenn es
nur wenige Bewertungen zu der Firma
gibt, oft einen negativeren Bias. Aber
wenn Sie die Anzahl der Bewertungen
steigern, werden die auch positiver. Wir
können da eine sehr deutliche Korrelation zwischen Anzahl der Bewertungen
und positiver Bewertung feststellen.
Als Unternehmen kann mal also Ihren
Service kaufen und bekommt ein
­repräsentatives Profil oder man hat im
Kununu-Netzwerk verloren, richtig?
Ich sehe das nicht so schwarz und
weiss. Auf Kununu gibt es verschiedene
Arten, sich zu engagieren. Das eine
­Ex­trem ist: Ich tu nichts und mich bewertet auch niemand. Dann bin ich auf
dem Netzwerk schlicht nicht präsent.
Sobald die ersten Bewertungen abge­
geben werden, entsteht automatisch
ein kostenloses Profil der Firma ohne
Bild. Dann ist sie immerhin vertreten.
Die zweite Stufe wäre dann für Sie als
Unternehmung, die Bewertungen, die
dort abgegeben werden, zu lesen, sich
zu überlegen, was Sie aus der Kritik
­ableiten können, und möglicherweise
durch eine Stellungnahme zu rea­
gieren. Damit sind Sie zumindest im
­Dialog. Dadurch bekommen auch die
zukünftigen Bewertungen eine andere
Qualität, denn die Verfasser der Bewertungen merken: Ich bekomme eine
­Reaktion. Sie können sich für die Bewertung bedanken oder etwas richtigstellen. Sie bauen sich dadurch eine
Identität auf. Der nächste Schritt wäre
dann, ein repräsentatives Selbstbild zu
erstellen, dort Texte, Videos und Stellenanzeigen zu veröffentlichen.
Aber letztlich bleibt dem Arbeitgeber
keine Wahl, er muss reagieren, oder?
Wenn er reagiert, steigt der Wert der
Plattform für ihn erheblich. Natürlich
kann es auch einen Arbeitgeber geben
mit Top-Bewertungen, der trotzdem
nicht darauf reagiert, dass da 20 bis 30
Leute für ihn Werbung machen. Aber es
ist besser für die Kommunikation der
Unternehmung, wenn man Ohren und
Augen nicht verschliesst. Kommuni­
kation und Feedback sind immer ein
­Geschenk.
«Rufschädigung ist nicht
erlaubt. Es gilt aber das
Recht auf freie
Meinungsäusserung.»
Florian Mann CEO Kununu
Wie oft erhalten Sie Post von Anwälten?
Das passiert häufig. Das folgt in den allermeisten Fällen einem vorgegebenen
Schema, das wir gut kennen, so wie alle
Bewertungsportale im Internet. Post
vom Anwalt ist gewissermassen der
Standardprozess, wenn Unternehmen
die Chance des Feedbacks nicht erkannt haben. Die denken dann: «O je,
ich wurde bewertet und vielleicht stehen da sogar kritische Punkte drin!» Wir
sagen dazu: Lies die Bewertung, denk
darüber nach und gib eine kostenlose
Stellungnahme ab. Es gibt aber immer
noch Unternehmen, die versuchen, das
rechtlich zu lösen.
Wann verstösst eine Bewertung gegen
geltendes Recht?
Es gibt ja ein Recht auf freie Meinungsäusserung. Die Grenzen dessen sind
nur Tatsachenbehauptung, Schmäh­
kritik und bewusste Rufschädigung.
Schreibe ich «Ich fühle mich schlecht
behandelt» oder schreibe ich «Ich
­werde schlecht behandelt». Oder sogar:
«Der Arbeitgeber bezahlt mein Gehalt
nicht regelmässig». In letzter Konsequenz müsste der Autor dann beweisen, dass es so ist. Wenn es primär
­darum geht, zu schaden, lässt sich das
klar herauslesen, meist schon am
Schreibstil. Wir haben dazu umfas­
sende Mechanismen, die filtern, und
ein Team, welches Bewertungen im
Verdachtsfall überprüft.
Wie streng Firmen bewertet werden dürfen
erlaubt
Gehaltsangaben Nach Meinung von
Rechtsexperten ist die Angabe des
Gehalts auf Bewertungsplattformen
grundsätzlich zulässig. Das Portal
Glassdoor wirbt sogar explizit damit.
Werturteile Aussagen wie «demo­
tivierende Stimmung» oder «fehlende
Strategie» sind von der freien
­Meinungsäusserung gedeckt.
Fotos vom Arbeitsplatz Bilder aus der
Firma dürfen online gestellt werden,
sofern der Arbeitgeber die Aufnahme
der Fotos nicht explizit verboten hat.
verboten
Schmähkritik Den Vorgesetzten auf
Arbeitgeber-Bewertungsseiten mit
­Beleidigungen zuzudecken, ist nicht
erlaubt. «Herr Müller ist ein Idiot»,
«Die Firma ist ein Sauladen» geht zu
weit. Aussagen wie «Das Gehalt wird
nicht gezahlt» müssen belegbar sein.
Betriebsgeheimnisse Plaudert ein
­Arbeitnehmer auf einer Bewertungsplattform Betriebsgeheimnisse
aus und verstösst damit gegen die
­arbeitsvertragliche Treuepflicht, so
kann ein solcher Kommentar eine
­Kün­digung nach sich ziehen.
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ist die höchste Punktezahl, die Firmen auf
dem Bewertungsportal Kununu von ihren
Mitarbeitern erhalten können.
Digitales leben
Smartphone-Verbot im Meeting
tim Höfinghoff
M
eetings sind meistens öde und
dauern viel zu lange. Trotzdem
ist es bisher noch niemandem
gelungen, solche Treffen abzuschaffen.
Also wird es sie noch sehr lange geben.
Zum Glück haben wir Smartphones und
Tablets erfunden. Und wenn es keinen
Obermanager gibt, der in Meetings ein
knallhartes Gadget-Verbot verhängt, können wir uns schön ablenken lassen. Wir
ziehen einfach das Gerät aus der Tasche
und können während des Meetings EMails lesen. Oder E-Mails beantworten.
Oder beides. Vielleicht gucken wir auch
nur Facebook-Einträge an. Die ganz Hartgesottenen bestellen beim Online-Shop
mal eben ein Paar neue Schuhe. Früher
geschah das alles noch etwas verschämt
mit dem Gerät unter dem Tisch. Diese
Zeiten sind längst vorbei. Mittlerweile
halten wir die Dinger –
sichtbar für alle – lässig
vors Gesicht. Knigge­
mässig ist solch ein Einsatz digitaler Technik in
Meetings natürlich ganz
schlecht. Es zeigt
schliesslich den anderen Teilnehmern:
Was ihr da redet, interessiert mich überhaupt nicht. Und wenn dazu noch das
­Telefon klingelt oder auch nur ständig
­vibriert, heisst das: Der Nutzer ist superwichtig und muss ständig erreichbar sein,
auch wenn die Besprechung nur zehn
Minuten dauert. Bringe ich mein Smartphone also noch ins Meeting? Natürlich!
Spiele ich daran herum, während ich im
Meeting sitze? Na klar! Weiss ich, dass das
eine ganz schlimme Marotte ist? Logo!
Will ich mich bessern? Bestimmt.
[email protected]
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