Die ärztliche Leichenschau Fortbildung-KOSTA 19.02.2016 Todesfeststellung/Leichenschau Dokumentation und Umgang mit Verstorbenen Dr. med. Rüdiger Schöning Facharzt für Rechtsmedizin Ärztlicher Geschäftsführer Ärztekammer Sachsen-Anhalt Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen des Landes Sachsen-Anhalt (Bestattungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt – BestattG LSA (GVBl. LSA Nr. 8/2002, ausgegeben am 11.02.2002) in Kraft seit 01.03.2002 Bestattungsverordnung vom 26. Januar 2005 Definition Leiche (§2; Nr. 1) ...ist der Körper eines Menschen, bei dem sichere Todeszeichen bestehen oder bei dem der Tod auf andere Weise zuverlässig festgestellt wurde und bei dem der Körper noch nicht vollständig verwest ist Todesfeststellung durch den Notarzt bei engem zeitlichem Zusammenhang zwischen Eintreten des Hirntodes und Benachrichtigung Notarzt, häufig noch keine sicheren Todeszeichen unsichere Todeszeichen (klinischer Tod: Pulslosigkeit, tiefes Koma, Fehlen zentraler Reflexe, Apnoe, weite Pupillen) nie Grundlage einer Todesfeststellung Ausnahme: Mit dem Leben nicht vereinbare Verletzungen Maßnahmen des Notarztes Grundregel: Herzstillstand immer Reanimation Wie lange? Gemäß Bundesärztekammer mindestens 30 Minuten. Ableitung eines Null-Linien-EKG über 10 bis 15 Minuten Leichenschaupflicht (§ 3) ÄP, die sich im Rettungsdiensteinsatz befinden, dürfen sich auf die Feststellung des Todes beschränken. Sie haben dann die weitere Durchführung der LS durch eine andere ÄP unverzüglich zu veranlassen. Steht einer ÄP ein Aussageoder Zeugnisverweigerungsrecht hinsichtlich der Verursachung des Todes eines Menschen zu, so ist ihr die Durchführung der LS bei dieser Person verboten. Durchführung der Leichenschau (§5) Die ÄP hat die LS an der entkleideten Leiche durchzuführen, sich dabei Gewissheit über den Eintritt des Todes zu verschaffen sowie Todeszeitpunkt, Todesursache und Todesart möglichst genau festzustellen. Personalausweis oder Pass zur Identitätsprüfung nicht zwingend erforderlich! Todeszeitschätzung Totenflecke ~ als Folge des irreversiblen Herz-Kreislauf-Stillstandes am frühesten auftretende sichere Todeszeichen Beginn: 20 - 30 min Konfluieren: 2-6h Vollständig: 6 - 12 h Umlagerbarkeit: vollständig: 6 h teilweise: 12 h Wegdrückbarkeit: vollständig: 12 - 36 h teilweise: 36 - 48 h weiterhin wichtig: Farbe, Lage Cave: Vibices, Stauungsblutungen, Hämatome Todeszeitschätzung Totenstarre ~ sollte nie in nur einem Gelenk, sondern in mindest je einem großen und kleinen Gelenk (Kiefer, Gliedmaßen) geprüft werden −Ausprägungsgrad Beginn: 20 - 30 min Vollständige Ausprägung: 6 – 12 h Dauer der vollst. Ausprägung: 2 - 4 Tage (temperaturabhängig!) Wiederbildung nach Brechen: bis 6 h Cave: Kontrakturen Kältestarre, Gefrieren Todeszeitschätzung Messung der Körperkerntemperatur ~ Messung tief rektal, mindestens ca. 8 cm innerhalb des M. sphincter ani Initiale Hemmung: bis 2 Stunden p.m. Linearer Abfall bis 12 h/p.m.: ca. 1 ° C pro Stunde terminale Verzögerung bei Angleichung an Milieutemperatur Verzögerung: Übergewicht, Kleidung, Milieu Beschleunigung: Feuchtigkeit, Luftbewegung, Untergewicht, Kinder/Säuglinge Cave: Messbereich des Thermometers!! zum Vergleich immer Umgebungstemperatur neben Leiche Beschreibung Lage (Sonneneinstrahlung usw.) Problemfälle aus der Praxis Verletzungen nicht erkannt für nicht relevant erachtet Kommunikationsschwierigkeiten zu Angehörigen zu Polizei Problemfälle aus der Praxis Spätfolgen Es gibt keine zeitliche Grenze, natürlicher/nichtnatürlicher Tod orientiert. an der sich die Einteilung Wenn die Kausalkette einen Verbindung zwischen äußerem Ereignis und Todeseintritt, d. h. zwischen eigentlicher Todesursache und Grundleiden, zulässt, dann ist die Todesart als nichtnatürlich zu klassifizieren und der Sterbefall der Polizei zu melden. Ein Kausalzusammenhang kann demnach Jahre, sogar Jahrzehnte nach einem schädigenden Ereignis bestehen! Auch solche Fälle sind demnach meldepflichtig. Problemfälle Todesfälle in der Arztpraxis iatrogene Todesfälle in der Klinik Reanimationstraumata Ausfüllen der Todesbescheinigungen hinsichtlich der Todesursache/Todesart Natürlicher Tod – Kausalkette mit unmittelbarer Todesursache unter I a und Grundleiden unter I b/I c Nichtnatürlicher Tod – es reicht häufig, den unmittelbar zum Tode führenden Mechanismus zu dokumentieren z.B. Erhängen oder offenes SHT, oder Polytrauma … Bei nichtnatürlichem Tod - immer die äußere Ursache beschreiben und verschlüsseln! Beispiel: Unmittelbar zum Tode führende Krankheit: I a.: Schädel-Hirn-Trauma (hier traumat. intrazerebrale Blutung, offen) S 06.31 Äußere Ursache: Verkehrsunfall, Fahrer, Pkw V 43.5 Praktische Hinweise Todesbescheinigung lesbar ausfüllen Telefonnummer hinterlassen (Rückfragen Amtsarzt, ggf. 2. Leichenschau) Stempel mit Einrichtung Bei bestimmten Todesfällen, wie z.B. apallisches Syndrom, Rückfrage zur Ursache und Dokumentation dieser, wenn möglich Nicht nur ICD Nummern verwenden, auch verbal beschreiben Möglichst in sich logische Dokumentationen Bescheinigung und Protokoll eines Todesfalls Historisches Nr. der Bescheinigung Name des Verstorbenen Name des Coroners für die Stadt und das Land New York Ort, Datum der Untersuchung: 8. Mai 1893 Todeszeit: 8. Mai 1893, 00.45 Uhr Todesursache: Suizidale Schussverletzung des Kopfes Angaben zum Verstorbenen: William Kannengiesser 28 Jahre Weißer Verheiratet Steward Herkunftsland: Deutscher Honorar für ärztliche Leichenschau incl. Todesbescheinigung (GOÄ) Bei bereits Verstorbenen Nr. 100 GOÄ plus Wegegeld/Reisekostenentschädigung Nr. 100 GOÄ: = 14,57 € In der Regel 2,3facher Satz = 33,51€ Bei besonderen Umständen kann vom üblichen Faktor 2,3 abgewichen werden. Erhöhung bis maximal 3,5, dann aber nur mit schriftlicher Begründung Maximal 51,00 € Honorar LS (2) Zu einem Lebenden gerufen, Todesfeststellung erst im Rahmen der ärztlichen Untersuchung Nr. 100 (Angehörige) + Nr. 50 + Wegegeld/ Reisekostenentschädigung (Kassenleistung) Nr. 50 GOÄ: Besuch, einschließlich Beratung und symptombezogene Untersuchung = 18,65 € In der Regel 2,3facher Satz = 42,90 € dann Zuschläge E – K 2 (zu Unzeiten) möglich Honorar LS (3) Todesfeststellung durch Arzt im Rettungsdienst Nr. 70 kurze Bescheinigung oder kurzes Zeugnis 2,33 € dreifacher Satz = 5,36 € Honorar LS (4) Beispiel – Wegegeld (§ 8 GOÄ) Gestaffelt nach Entfernung (Radius) und Tageszeit zwischen 20.00 und 08.00Uhr z.B. : bis 2 km 3,58 € 2-5 km 6,65 € 5-10 km 10,23 € bis 25 km 15,34 € 7,16 € 10,23 € 15,34 € 25,56 € Reiseentschädigung (über 25 km) Gesamte Strecke 26 c/km + 51,13 € bis 8 Stunden Abwesenheit Zusammenfassung Die Leichenschau muss unverzüglich durch einen approbierten Arzt durchgeführt werden. Sie dient der Feststellung des Todes, der Todesart, Todesursache und Todeszeit. Im Anschluss an die Leichenschau ist die Todesbescheinigung auszufüllen. Im Rettungsdienst tätige Ärzte können sich auf die Feststellung des Todes beschränken. Sie sind dann für die Heranziehung einer 2. ÄP verantwortlich. Im Falle eines nichtnatürlichen Todes, einer nicht aufgeklärten Todesart und einer unbekannten verstorbenen Person ist die Polizei zu informieren. Zusammenfassung (2) Äußere Einflüsse, die auf die Todesursache einwirken, bewirken einen nichtnatürlichen Tod = Meldepflicht. Personen, denen ein Auskunftsverweigerungsrecht im Zusammenhang mit dem eingetretenen Tod zusteht, ist es verboten, die Leichenschau durchzuführen. Die Zeit hebt die Kausalität nicht auf. Abrechnung über GOÄ i. R.100 plus Wegegeld
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