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Ankunft im Alltag – die AfD zieht in den Landtag | Manuskript
Ankunft im Alltag - die AfD zieht in den Landtag
Bericht: Sebastian Pittelkow, Ines Ziglasch
Andre Poggenburg von der AfD. In zwei Jahren vom Autokühlerfachverkäufer zum
Berufspolitiker.
Andre Poggenburg:
„Morgen bin ich nicht in Magdeburg. Morgen bin ich in unseren Gefilden. Da könnte ich
vielleicht auch mal bei Dir vorbeischneien, wenn Du da bist, ja. Donnerstag bin ich wieder in
Magdeburg.“
Magdeburg gestern Vormittag. So sehen Sieger aus. Die AfD zieht zum ersten Mal ins
sachsen-anhaltische Parlament ein.
Andre Poggenburg:
„Nein, nein, nicht aufgeregt, sondern in freudiger Erwartung!“
Noch schnell ein Fototermin in Gewinnerpose.
„Gut“
Schließlich haben 25 AfD-Abgeordnete ein Landtagsmandat in der Tasche.
Auf drei! Volkspartei! Volkspartei!
Sechs Tage zuvor geht es deutlich glamouröser zu. Hinter den Kulissen hat sich die AfD
längst warm gelaufen. Poggenburg kämpft um Büroräume.
Andre Poggenburg:
Neue Information: Wir haben heute einen Schlüssel für ein weiteres kleines Büro
bekommen. Wir müssen ja im Grunde aufpassen, wie wir auch die Räumlichkeiten
bekommen. Und mit den Nasszellen, da gibt es ja auch Zuordnungen dazu. Jetzt war die
Frage, wollen wir im Erdgeschoss bleiben oder wollen wir ins erste Obergeschoss.
Dass es noch keine Einigung über die neue Büroaufteilung gibt, ist nicht ungewöhnlich und
war auch nach früheren Wahlen schon so. Die Protestpartei AfD macht daraus das, was sie
am besten kann:
„Hallo, Hallo.“
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Ankunft im Alltag – die AfD zieht in den Landtag | Manuskript
Protest. Aus Prinzip. Pressetermin auf dem Gang der Linken:
Andre Poggenburg:
Sie sehen ja selber, dass es hier sehr beengt zugeht. Im Grunde wollen wir das auch so ein
bisschen darstellen. Es ist nämlich tatsächlich so. Wir appellieren daran, dass die Parteien
hier im Haus, allen voran SPD und Grüne wirklich endlich Platz schaffen für die AfD und wir
ahnen, dass wirklich hier auch Fristen ausgenutzt werden bis zum letzten Tag!
Deutlich willkommener fühlen sich die Rechtspopulisten unter Gesinnungsgenossen und
strecken nach der Wahl selbstbewusst die Fühler aus. Sieben Tage vor der ersten
Landtagssitzung, politischer Großausflug in ein argentinisches Steakrestaurant. Im
brandenburgischen Nauen trifft die versammelte Ost-AfD-Spitze auf die rechtsnationale
FPÖ aus Österreich. Es geht um die politische Vernetzung der Rechten in ganz Europa.
Schließlich ist man jetzt wer.
Harald Vilimsky, FPÖ-Generalsekretär:
„Ich freue mich, dass ich eingeladen bin.“
Andre Poggenburg:
„Uns ging es ja wirklich darum, wir wollen jetzt schon lange mal mit der FPÖ den
Schulterschluss machen. Im Osten sowieso, das haben Sie mitbekommen.“
Bei 30 Prozent liegt die stramm rechte FPÖ in der Alpenrepublik. Die Abwicklung der EU,
die Flüchtlinge, die Verteidigung des so genannten „Eigenen“ – das sind rechte
Gemeinsamkeiten. Kontaktaufnahme bei Bier und Aperol Spritz.
Harald Vilimsky, FPÖ-Generalsekretär:
„Ich muss sagen, ich bin wirklich zutiefst erfreut, nach vielen Jahren, um nicht zu sagen, nach
Jahrzehnten, auch meines politischen Wirkens, endlich die Situation eingetreten ist, wo man
in Deutschland eine Partei vorfindet, die willens ist in einen Dialog mit uns zu treten.“
Fraktionsvorsitzender Poggenburg werkelt an der Vernetzung der europäischen Rechten,
sein Kollege Jan Wenzel Schmidt ist eine Nummer radikaler auf der Straße unterwegs.
Zehn Tage bevor er seinen Platz im Parlament einnimmt, ist er Gastredner eines Rechtsaußen-Trupps. Auf dem Marktplatz in Wernigerode will die neurechte, sogenannte
„Identitäre Bewegung“ wie jede Woche den vermeintlichen Untergang des deutschen
Volkes verhindern. Presse unerwünscht.
„Wenn Sie Leute ins Gesicht filmen, das ist eine Straftat.“
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Ankunft im Alltag – die AfD zieht in den Landtag | Manuskript
Wer auf eine angemeldete Kundgebung geht, darf gefilmt werden. Der Mann, der die
Kamera verdeckt, ist Christoph Amendt. In der Szene als Fuxmajor der Bielefelder
Burschenschaft Normannia Nibelungen bekannt.
Der Schlag gegen die Parteibonzen und gegen die Mediengutmenschen war ein Erfolg der
Gemeinschaft. Einer gemeinschaftlichen Bewegung. Es geht nicht um diese Partei, es geht
um die ganze Bewegung, die hinter ihr steht und ohne die sie niemals diesen Erfolg gehabt
hätte.
Die AfD und ihre Unterstützer der extremen Rechten. Mal wieder geht es um den
vermeintlichen „Austausch“ der Deutschen durch Flüchtlinge. Neu-Parlamentarier Schmidt
ist ganz auf Linie.
Jan Wenzel Schmidt, AfD Landtagsabgeordneter
„Die Bevölkerung wird ja in dem Sinne ausgetauscht, dass sie durch diese Asylbewerber
ersetzt werden soll und gar nicht mehr angeregt werden soll zu einer eigenen Reproduktion
der eignen Bevölkerung hier in Deutschland.“
Reproduktionssorgen in Wernigerode. Jan Wenzel Schmidt ist nicht das einzige AfDMitglied auf der Veranstaltung. Auch Yvonne Sturm ist auf dem Marktplatz dabei und
steht drei Tage später auf der Gehaltsliste der Fraktion im Landtag.
Andre Poggenburg:
„Und wir haben hier die Frau Yvonne Sturm. Die gestern sich auch bei uns beworben hat und
so wie es aussieht die erste Mitarbeiterin in unserer Fraktion wird. Jawohl!“
Nachfrage bei Yvonne Sturm Tage später.
„Ich hab einfach nur geguckt.“
Reporter: Und welchen Eindruck hatten Sie so?
„Hatte ich keinen. Ich hab einfach nur geguckt.“
Und noch eine neue Kollegin gehört zum Team: Franziska Schreiber. Demnächst wohl
Referentin. Schreiber ist Vorsitzende der Jungen Alternative in Sachsen. Ein Verband,
dessen Mitglieder schon mal rechtsextreme Veranstaltungen besuchen.
Neue Mitarbeiter, Vernetzung, die Bürofrage... Der Countdown Richtung erste
Landtagssitzung läuft.
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Sechs Tage zuvor postiert sich Volker Olenicak wie jeden Mittwoch in seinem Freiluftbüro
„Bitterfelder Marktplatz“.
Ich weiß, dass die Bürger es zwar gewöhnt sind, das keiner mehr von den Parteien sich
blicken lässt nach der Wahl. Aber bei der AfD soll das anders sein. Wir sind angetreten, die
Stimme der Bürger zu sein und das sollte man auch nach der Wahl und nicht nur davor.
Der stärkste Direktkandidat der AfD macht stoisch weiter das, was ihn stark gemacht und
ins Parlament gebracht hat: zuhören.
„Das ist doch Wahnsinn! Die wollen doch nur Steuern, Steuern, Steuern. Sind wir denn eine
Kuh die gemolken wird? Ohne Futter?“
„Brüssel. Wer bezahlt denn das alles? Das bezahlen alles die Steuerzahler und die
Steuerzahler wollen das nicht mehr.“
„Wenn das niemand anspricht, wenn sich niemand daran stört und die Bürgerstimme
niemand vorträgt, dann wird sich nichts ändern.“
„Und hier die Alternative! Das ist wichtig!“
Von Bitterfeld zurück nach Magdeburg. Die AfD scheint im Parlamentsbetrieb
angekommen. Und kann nach den Begegnungen mit Rechten aus Österreich, in
Wernigerode und den Bürgern aus Bitterfeld – auch hier punkten. Ihr Kandidat wird zum
Landtagsvize gewählt. Der AfD-Mann erhält 21 Stimmen aus anderen Fraktionen.
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