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Wahlbeobachtung von rechts | Manuskript
Wahlbeobachtung von rechts - wie AfD und Neue Rechte zusammenarbeiten
Bericht: Christian Bergmann, Sebastian Pittelkow, Ines Ziglasch
Lukas Richter ist ein beunruhigt. Und deswegen Beobachter der Landtagswahl. Dafür ist der
Leipziger extra nach Magdeburg gekommen.
„Ich hab auch jüngst erst wieder Aufnahmen auf youtube gesehen, wo das tatsächlich so
dargestellt war, dass das glaubwürdig erschien, das es schon zu Unregelmäßigkeiten kam.
Systematik insofern, das habe ich vorhin auch schon gesagt, als die Bevölkerung, das
deutsche Volk einer ungeheuren Propaganda und Medienmanipulation im Vorfeld
ausgesetzt war, das man das schon in Kohärenz sehen muss.“
Gefolgt ist Wahlbeobachter Richter einem Aufruf der sogenannten Neuen Rechten. Eine
rechtsnationale Bewegung mit auffälliger Nähe zur AfD. Und diesem Video im Netz:
Götz Kubitschek:
„Die etablierten Parteien werden sich die Macht nicht einfach so nehmen lassen. Es könnte
zu Wahlbetrug, Wahlfälschungen kommen. Wir haben Beispiele aus der Vergangenheit.“
Schreckgespenst Wahlbetrug. Entstanden ist dieses Video hier, mitten in Sachsen-Anhalt, in
Schnellroda. Wohnort von Götz Kubitschek. Stramm-rechtsnationaler Kleinverleger,
intellektueller Strippenzieher der sogenannten Neuen Rechten und Schatten-Souffleur der
AfD.
Wer sind diese Neuen Rechten und was soll diese Kampagne? Nachfrage bei
Rechtsextremismus-Forscher, Alexander Häusler von der Hochschule Düsseldorf.
„Diese Neue Rechte bewegt sich an der Schnittstelle zwischen der nationalkonservativen
und der radikalen Rechten. Das geht um das Schüren von Ressentiments, Ängsten. Indem
unterstellt worden ist, dass die sämtlichen, meist ehrenamtlichen Wahlhelfer, allesamt
gesteuert sein.“
Martin Sellner ist samt Kamera aus Österreich zur Wahlbeobachtung angereist. Die Neue
Rechte ist europaweit vernetzt.
„Sie können mich ruhig filmen, es ist ja okay. Wir wollen unsere coole Kamera herzeigen.“
Sellner ist Chef der sogenannten Identitären Bewegung Wien. Der Verfassungsschutz
Österreich bescheinigt der Gruppe: „ein rassistisch, nationalistisches Weltbild.“
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verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Darunter seien „amtsbekannte Neonazis.“ Schon seit Wochen bereitet der freundliche Herr
Sellner die Kampagne in Sachsen-Anhalt mit vor.
Reporter: Gab es denn schon Vorfälle?
„Ja, es gab eine Meldung von unversiegelten und schlecht verschlossenen Wahlurnen. Wir
haben das dann nachgeprüft, wir haben die Wahlordnung offen vorliegen. Der Vorfall hat
sich dann als, ja, nicht bedenklich herausgestellt. Aber es ist schön auch zu wissen, dass
die Leute so genau schauen, beobachten. Die Wahl ist, glaube ich, die sicherste und
bestbeobachteste die es seit langem in Deutschland gegeben hat.“
Auch er beobachtet die Wahl, Everhard Holtmann, Direktor am Zentrum für Sozialforschung
in Halle. Wir treffen ihn im Landtag, wo er als Experte die Hochrechnungen einschätzt.
„Es kann immer wieder mal vorkommen, menschliches Versagen, dass der ein oder andere
Stimmzettel vielleicht nicht richtig gezählt wird, aber diese vergleichsweise verschwindend
wenigen Fehlersituationen dann zum Anlass zu nehmen um gewissermaßen das gesamte
Wahlverfahren mit dem Generalverdacht der Manipulation zu überziehen, das ist völlig
abwegig.“
Trotzdem versucht die Neue Rechte bewusst genau diesen Eindruck zu erwecken. Jeder
Bürger kann die Wahl beobachten, ein Grundrecht. Egal ob in Magdeburg, Halle oder
Naumburg - den selbsternannten Wahl-Sheriffs geht es aber vor allem um die Stimmen der
AfD. Die seien besonders gefährdet. Und so verwundert es auch nicht, dass die Initiative von
der AfD unterstützt wird. Eine Zusammenarbeit, die es so noch nicht gab.
In Bitterfeld-Wolfen beobachtet Thomas Krüger die Wahl. Er ist KFZ-Meister und AfDMitglied. Der 52-Jährige ist im Auftrag seiner Partei unterwegs. Auch er ist misstrauisch. Nur
kommt das hier bei der Wahlvorsteherin weniger gut an. Sie fühlt sich angegriffen.
Anett Kubisch: „Ich will bloß ob Sie verstehen, dass man das persönlich vielleicht dann
auch ein bisschen kränkend findet. So sag ich einfach mal. Das ist einfach. ich kann das
nicht nachvollziehen.
Reporter: Wenn Sie jetzt sagen, Sie unterstellen den Mitarbeitern nichts. Tun Sie ja, wenn
Sie sagen es gibt Unregelmäßigkeiten. Also wem unterstellen Sie denn dann was? Wo
sehen Sie denn sonst Gefahr?
Krüger: Ganz einfach, ich hatte ja gesagt, dass Wahlpannen bei der letzten Wahl passiert
sind, das ist ja bekannt.
Kubisch: Hier nicht
Krüger: Nee, nee, ich red nicht von der Stadt! Das hat mit der Stadt gar nichts zu tun.
Kubisch: Nicht in Bitterfeld-Wolfen!
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Krüger: Ja. Und aus dieser Überlegung heraus, haben wir gesagt, machen wir. Wir
unterstellen den Mitarbeitern gar nichts.
Reporter: Sondern? Wem denn dann?
Krüger: Das ist eine gute Frage.
Am Ende wird Thomas Krüger keinen Betrug feststellen, ist aber froh dagewesen zu sein.
Krüger: „Man hat ja gesehen, dass das gar nicht so einfach ist. Ja, und wenn man dann
selber als Außenstehender die Sache betrachtet, wie ernsthaft herangegangen wird an
diese Auszählung. Das ist schon in Ordnung. Da hat man auch persönlich ein gutes Gefühl
und kann dieses gute Gefühl vermitteln.“
Ortswechsel. Magdeburg. Wahlparty einer euphorisierten AfD. Erster Gratulant vor Ort Götz
Kubitschek. Der Kopf der Neuen Rechten und Initiator der seltsamen WahlbeobachterKampagne.
Kubitschek: Der Backhaus hat das Direktmandat.
Poggenburg: Geh mal hoch und sag, wir haben noch eine gute Nachricht. Wir haben sogar
mehrere Direktmandate geholt. Sag das einfach mal.
Und spätestens hier zeigt sich, wie eng AfD und Neue Rechte mittlerweile zusammenstehen.
Götz Kubitschek macht sich bereit für neue Aufgaben.
Kubitschek: „Ich kann ihnen versichern, dass diese Praktiker, die jetzt mit 27 Mann hier im
Landtag in Sachsen-Anhalt vertreten sind, und mit großen Fraktionen auch in RheinlandPfalz und Württemberg, sehr, sehr gerne, den ein oder anderen Begriff, das ein oder
andere Thema, die ein oder andere aufbereitete Expertise aus unsere Projekten
übernehmen und politisch umsetzen werden.“
Die Neuen Rechte also Vordenker der AfD.
Chef-„Praktiker“ der neuen AfD-Fraktion ist Andre Poggenburg. Das erste Interview mit dem
Wahlgewinner bekommt an diesem Abend übrigens das rechte Magazin Compact,
Unterstützer der Wahlbeobachter-Kampagne. Wer Poggenburg sprechen will, muss warten
um dann eine bemerkenswerte Antwort zu bekommen:
Wie groß ist denn jetzt der Einfluss der Neuen Rechten wenn Sie jetzt im Landtag sitzen?
„Der Einfluss der Neuen Rechten auf unsere Arbeit im Landtag ist mir nicht bekannt.“
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