Gewalt und das Gewaltmonopol des Staates

Gewalt und das Gewaltmonopol des Staates
Hannes Wimmer
Das Gewaltthema hat in den vergangenen zehn Jahren eine steile Karriere hingelegt, für das Gewaltmonopol des Staates gilt das allerdings nicht. Das vorliegende Buch versucht beide Forschungsstränge zu verknüpfen und so eine
Lücke im einschlägigen Literaturbestand zu schließen.
Die ersten Kapitel sollen die außerordentlich voraussetzungsvolle Geschichte
der Entstehung und Entwicklung des modernen Staates einfangen, beginnend
mit der Frage: Wie lebte man im europäischen Spätmittelalter in einer Gesellschaft ohne Staat? Stellte Gewalt tatsächlich eines der ungelösten Probleme
jener Zeit dar? Wegen der unauflöslichen Zusammenhänge von Gewalt und
Staat muss man sich die Frage stellen, wie es dem entstehenden Staat seit der
Mitte des 17. Jahrhunderts gelungen ist, das Monopol an legitimer physischer
Gewaltsamkeit nicht nur zu beanspruchen, sondern auch erfolgreich durchzusetzen (der vormoderne Staat hatte davon noch keine Ahnung). Diesem Gewaltmonopol ist es zu verdanken, dass das Gewaltniveau der Gesellschaft auf
ein unwahrscheinlich niedriges Niveau gesenkt werden konnte, m. a. W. das
Gewaltmonopol des Staates ist eine zivilisatorische Errungenschaft ersten Ranges!
Die Verpolizeilichung des Gewaltmonopols im 19. Jahrhundert zählt ebenfalls
zu den großen Erfolgen der Geschichte der Modernisierung des Staatsapparates
in Europa. In den westlichen Demokratien steigt allerdings seit den 1960er
Jahren wieder die Gewalt und scheint als Problem erhalten zu bleiben. Das
letzte Kapitel widmet sich der derzeit größten Herausforderung an das Gewaltmonopol, nämlich dem religiös motivierten, transnationalen Terrorismus.
Das vorliegende Buch wendet sich an Lehrende und Studierende der
Politikwissenschaft, der neueren europäischen Geschichte und der politischen
Soziologie. Es könnte als Studienbuch für die Gewaltsoziologie, für die
theoretisch orientierte historische Forschung und für ein zentrales Kapitel der
Allgemeinen Staatslehre verwendet werden – es ist politikwissenschaftlich
gesprochen: ein kleiner Beitrag zur neu entstehenden Staatstheorie.