Dax 9563.36 -2.63% E-Stoxx 50 2890.35 -2.43% Dow Jones 17603.80 -0.75% S&P 500 2046.82 -0.93% Euro/Dollar 1.1386$ -0.04% Euro/Yen 125.58¥ -0.97% Brentöl 37.03$ +0.95% Gold 1230.25$ +1.21% Bund 10J. 0.098% -0.033PP US Staat 1.720% -0.042PP Stand: 22h00 G 02531 NR. 66 / PREIS 2,80 € MITTWOCH, 06. APRIL 2016 DEUTSCHLANDS WIRTSCHAFTS- UND FINANZZEITUNG 2 THEMEN DES TAGES Der EU droht Chaos bei der Mehrwertsteuer Legal, illegal . . . Im aktuellen EU-Mehrwertsteuersystem gibt es immerhin ein paar Grundregeln wie etwa den Mindestsatz von 15 Prozent – Ausnahmen bedürfen der Genehmigung. Doch jetzt schlägt Brüssel vor, die Festlegung der Sätze wieder den nationalen Regierungen zu überlassen. Das Bundesfinanzministerium ist entsetzt. Seite 8 Handelsblatt GmbH Abonnentenservice Tel. 0800–0002053 (gebührenfrei innerhalb Deutschland), Fax 0211 887 3605, [email protected] Monatsabonnements: Handelsblatt Print: 60,00 Euro Handelsblatt Print + Digitalpass: 66,99 Euro Holger Alich, Dietmar Neuerer, Donata Riedel Zürich, Berlin M it der schärfsten Forderung preschte SPD-Chef Sigmar Gabriel vor: Der Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler sprach sich gleich für ein weltweites Verbot von Briefkastenfirmen aus. Kurz zuvor hatte das Recherchenetzwerk ICIJ in den sogenannten Panama Papers enthüllt, in welch gigantischem Umfang eine Kanzlei in Panama Diktatoren, Waffenschieber, Drogenhändler, aber auch Politiker und Unternehmer mit dubiosen Firmenkonstrukten versorgt hatte. Insgesamt 214 000 Briefkastenfirmen wurden aufgelistet. Islands Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson zog als erster Politiker Konsequenzen und trat nach Massendemonstrationen zurück. US-Präsident Barack Oba- ma äußerte sich am Dienstag erstmals zu den Veröffentlichungen und nannte Steuerflucht ein „gewaltiges globales Problem“. Weltweit sind Ermittlungen angelaufen. Bankenaufseher schwärmen aus. Die deutsche Bafin hat bei einigen Instituten bereits Informationen über deren Offshoregeschäfte eingefordert. Briefkastenfirmen sind zum Synonym für Steuerhinterziehung und Geldwäsche geworden. Doch dient wirklich jede illegalen Zwecken? Die Kritiker hätten von globalen Finanzgeschäften keine Ahnung, schimpfte 214 000 Briefkastenfirmen wurden in den Panama Papers erfasst. Quelle: Panama Papers „Es ist nicht an der Zeit, Grenzzäune abzureißen“ Henning Schacht Belgien 3,50 € Frankreich 3,90 € Großbritannien 3,40 GBP Luxemburg 3,50 € Niederlande 3,50 € Österreich 3,50 € Polen 21,50 PLN Schweiz 5,50 CHF Tschechien 130,00 CZK Ungarn 1200,00 FT Die Panama Papers enthüllen einmal mehr die Tricks globaler Finanzprofis. Doch welche Briefkastenfirmen sind wirklich böse? Über die Grenzen zur Kriminalität streiten Ökonomen, aber auch SPD und Union. die attackierte Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama. Man rechne nicht damit, dass die Veröffentlichungen auch nur ein rechtliches Verfahren auslösen würde. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet derweil, dass die Kölner Staatsanwaltschaft bereits seit über einem Jahr gegen Jürgen Mossack und Ramon Fonseca, die beiden Betreiber der Kanzlei, ermittele. Allerdings soll es sich um einen deutlich kleineren Fall handeln. Ökonomen und Juristen reagieren zumindest zögerlich auf die Panama Papers. Der neue Ifo-Chef Clemens Fuest warnt: „Offshorefirmen generell zu verbieten halte ich für kontraproduktiv. Es gibt gute wirtschaftliche Gründe, solche Firmen zu nutzen, zum Beispiel die Vermeidung von Doppelbesteuerung“, so Fuest zum Handelsblatt. Selbst staatliche Förderbanken nutzten Offshorefirmen im Rahmen ihrer Investitionsprojekte. „Die wollen keine Steuern hinterziehen.“ Auch Investoren aus rechtlich si- Finanzminister Schäuble: Hoffen auf stärkeren Informationsaustausch. cheren Ländern wie denen Europas können durchaus legale Motive für die Einrichtung von Briefkastenfirmen haben: „Etwa, wenn es um einen ersten kostengünstigen Marktzugang in einem Schwellenland geht“, sagt Björn Demuth von der Kanzlei CMS Hasche Sigle. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mag deshalb Gabriels Verbotsforderung bislang nicht folgen. „Wir wollen ja, dass in schwächeren Ländern investiert werden kann. Aber wir sehen auch immer wieder, dass solche Konstellationen für andere Zwecke genutzt werden.“ Schäuble setzt auf mehr Transparenz: Ab nächstem Jahr soll der automatische Informationsaustausch beginnen. Ungarns umstrittener Premier Viktor Orbán trifft am 19. April Altkanzler Helmut Kohl. Das bestätigte die ungarische Botschaft am Dienstag. Im Handelsblatt-Interview erläutert Außenminister Péter Szijjártó die Haltung in der Flüchtlingskrise und verteidigt die Asylpolitik seines Landes. Seite 9 Warten auf den großen Wurf Eigentlich hatten Union und SPD schon für diese Legislatur eine Reform der betrieblichen Altersvorsorge vereinbart, um die Gefahr der Altersarmut zu verringern. Doch der Prozess ist ins Stocken geraten, die Regierung verschanzt sich hinter Gutachten. Seite 10 Strafanzeigen im Europäischen Patentamt Eine der wichtigsten Anlaufstellen für den Schutz von Erfindungen wird seit Monaten von einem Streit des Präsidenten mit Teilen der Belegschaft erschüttert. Der jüngst propagierte Frieden scheint mehr als brüchig. Denn bei der Staatsanwaltschaft München liegen zahlreiche Strafanzeigen vor, erfuhr das Handelsblatt. Seite 17 Panama Papers Seiten 4 bis 7 Die Blackbox der Versicherer Renitente Verschwiegenheit Deutsche Firmen zahlten über 81 Millionen Euro wegen verletzter Publizitätspflichten. A. Müller, B. Fröndhoff, C. Schlautmann D ie Zahl der Unternehmen, die ihre Bilanzen bewusst nicht im „Bundesanzeiger“ veröffentlichen, bleibt im achten Jahr seit Einführung der Verpflichtung unverändert hoch: Rund 1,1 Millionen Unternehmen sind in Deutschland verpflichtet, nach Paragraf 335 Handelsgesetzbuch (HGB) ihre Zahlen zu publizieren. Doch 190 000 von ihnen musste das zuständige Bundesamt für Justiz im vergangenen Jahr ein Ordnungsgeldverfahren androhen, wie das Handelsblatt exklusiv erfuhr. Selten war die renitente Verschwiegenheit deutscher Mittelständler derart groß. Rund zwei Drittel der Unternehmen haben im vergangenen Jahr die sechswöchige sanktionslose Frist genutzt, ihre Daten am Ende aber doch publiziert. Was bleibt, ist eine Gruppe von Totalverweigerern, gegen die das Amt 2015 in 55 000 Fällen Ordnungsgelder festgesetzt hat. Zu ihnen zählen auch prominente Firmen wie der Portal-Riese Unister und die Unternehmensberatung Roland Berger. Während Unister die Veröffentlichungen auf Anfrage immer wieder ankündigt, will Roland Berger offiziell nicht Stel- lung nehmen. In Unternehmenskreisen heißt es, man komme der Publizitätspflicht derzeit nicht nach, weil man sonst Nachteile gegenüber den US-amerikanischen Wettbewerbern befürchtet – die schon seit Jahren keine Umsatzzahlen mehr für Deutschland ausweisen. Auch der Warenhauskonzern Karstadt hat in der Vergangenheit seine Bilanzen nicht rechtzeitig offengelegt – und wurde bereits zur Kasse gebeten. Ihre Intransparenz ist vielen deutschen Firmen lieb – und teuer: 81,1 Millionen Euro Ordnungsgeld zahlten sie allein 2015, seit 2008 war es über eine halbe Milliarde. © Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an [email protected]. Mit einer obskuren Datenbank, in der Informationen über rund 1,5 Millionen Menschen schlummern, wollen sich Assekuranzen vor Betrügern schützen. Doch dabei halten sie sich nicht immer an den Datenschutz, wie ein aktueller Fall zeigt. Seite 28 Allianz-Tochter wehrt sich gegen Bill Gross Nachdem Ex-Pimco-Chef Bill Gross die Allianz-Tochter nach seinem Abgang auf 200 Millionen Dollar verklagt hat, holt der Anleihehändler nun zum Gegenschlag aus. Dokumente sollen belegen, dass Gross aus freien Stücken ging. Seite 30
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