Novelle Tuberkulosegesetz

Begutachtungsstart der Novellen zum Tuberkulosegesetz und zum
Epidemiegesetz
Begutachtungsfrist: 4 Wochen, bis 3.5.2016
In-Kraft-Treten: mit Kundmachung der Gesetzesnovellen
1. Novelle des Tuberkulosegesetzes
Das Tuberkulosegesetz wurde einer grundlegenden Überarbeitung unterzogen, da es aus
1968 stammt und seitdem nicht mehr wesentlich modernisiert wurde. Die Novelle steht
nicht im Zusammenhang mit der aktuellen Flüchtlingsbewegung. Die Tuberkulose ist
weltweit verbreitet und gehört neben HIV/AIDS und Malaria zu den weltweit häufigsten
Infektionskrankheiten. Österreich ist ein Land mit niedriger Tuberkulose-Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen). Dies hat sich auch durch die aktuellen
Flüchtlingsbewegungen nicht geändert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt klar
fest, dass es entgegen der weit verbreiteten Auffassung keinen systematischen
Zusammenhang zwischen Migration und der Einschleppung von Infektionskrankheiten
gibt. Dies wird durch die Daten des vergangenen Jahres untermauert, die gezeigt haben,
dass durch die Flüchtlingsbewegung bisher kein relevantes Risiko hinsichtlich Tuberkulose zu
beobachten ist. Die Anzahl der Tuberkulosefälle 2015 mit 110,8 Fällen pro 100.000
AsylwerberInnen ist sogar signifikant geringer als im Vergleichszeitraum 2014 mit 214,1
Fällen pro 100.000.
Um die Tuberkulose-Inzidenz in Österreich aber noch weiter zu senken, kommt den
Maßnahmen der Gesundheitsbehörde zur Tuberkulosebekämpfung besonderes Gewicht zu.
Eine rasche Diagnostik, konsequente Umgebungsuntersuchungen und eine effektive
Therapie der Erkrankten sind von besonderer Bedeutung.
Die Novelle enthält folgende wesentliche Punkte:

Erweiterung des Anwendungsbereiches des Gesetzes auf alle Tuberkulose-Erreger,
die eine Erkrankung beim Menschen hervorrufen können. Bisher galt das Gesetz nur für den
eigentlichen Tuberkuloseerreger (Mykobakterium tuberkulosis), der einer von mehreren
Bakterienstämmen des Mykobakterium-tuberkulosis-Komplexes ist. Zu dem Komplex gehört
bspw. auch das Mykobakterium bovis, das die Rindertuberkulose auslöst und auch beim
Menschen zu einer Erkrankung führen kann. Diese Erweiterung entspricht den europäischen
Vorgaben.

Ausweitung der Behandlungspflicht auf Personen, bei denen eine nicht ansteckende
Tuberkulose vorliegt, bis zur endgültigen Ausheilung. Bisher galt die Behandlungspflicht nur
bei ansteckender Tuberkulose. Eine nicht ansteckende Tuberkulose liegt vor, wenn eine
Infektion mit einem Tuberkuloseerreger beim Menschen und eine aktive Erkrankung
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vorliegen, aber keine Tuberkuloseerreger ausgeschieden werden. Die Ausweitung der
Behandlungspflicht auf nicht ansteckende Tuberkulose ist deshalb wichtig, da ein
frühzeitiges Absetzen der Medikamente eine potentielle Gefahr für die Gesundheit anderer
Menschen darstellt. Kann es doch insgesamt zu einer Reaktivierung der ansteckenden,
offenen Tuberkulose führen. Behandlungspflicht bedeutet, dass die betroffenen Personen
verpflichtet sind, sich einer Behandlung zu unterziehen und bei Nichtbeachtung wegen der
von ihnen ausgehenden Gefährdung eine Anhaltung in einer geeigneten Krankenanstalt
verfügt werden kann. In der Novelle wurde der Abschnitt über die gerichtliche Anhaltung
uneinsichtiger Tuberkuloseerkrankter überarbeitet, um den aktuellen menschenrechtlichen
Standards zu entsprechen (Anlehnung an die Standards des Unterbringungsgesetzes:
besondere Achtung der Persönlichkeitsrechte von angehaltenen TBC-Erkrankten, kein
übermäßiger Eingriff in die Grundrechte, kurze Fristen bei Verfahren, etc.). Die
Verlaufskontrolle bis zur endgültigen Ausheilung – sowohl der ansteckenden als auch der
nichtansteckenden Tuberkulose – obliegt wie bisher auch künftig den
Bezirksverwaltungsbehörden. Mit der Novelle wird die Pflicht der
Bezirksverwaltungsbehörden zur Verlaufskontrolle explizit festgehalten.

Einführung einer Labormeldepflicht für den Erregernachweis (Meldung erfolgt
elektronisch). Die Labormeldepflicht dient dazu, die klinischen Daten vom behandelnden
Arzt/von der behandelnden Ärztin oder der Krankenanstalt mit den relevanten Labordaten
bei der Behörde (BH) zusammenzuführen. Das Vorbild für diesen Prozess ist das
Epidemiegesetz. Anzumerken gilt, dass dies bereits jetzt gelebte Praxis war. Durch die
Gesetzesnovelle wird die Verpflichtung dazu nun explizit festgeschrieben.

Aufklärungspflicht im Hinblick auf neue medizinische Möglichkeiten gegenüber
Ansteckungsgefährdeten mit engem Kontakt zu einem/einer Erkrankten. Aufgeklärt werden
soll über die Möglichkeit einer Infektionsprophylaxe oder präventiven Therapie und über
deren potentielle Nebenwirkungen versus dem Risiko einer späteren Erkrankung.

Klare Definition der Aufgaben der bei der AGES eingerichteten nationalen
Referenzzentrale im Gesetzestext. Die Referenzzentrale hat einen Jahresbericht über das
Auftreten von Tuberkulose in Österreich zu erstellen. Dieser hat die Neuinfektionen und die
Trends zu enthalten. Darüber hinaus werden diagnostizierende Labors dazu verpflichtet,
Isolate an die Referenzzentrale zur Resistenzbestimmung und Feintypisierung zu
übermitteln. Diese Bestimmung ist wichtig für die Therapie und Trendbeobachtung sowie für
die epidemiologische Aufklärung von Ausbrüchen.

Übertragung der Zuständigkeit zur Erlassung einer Verordnung über TuberkuloseReihenuntersuchungen von den Ländern (Landeshauptleute) auf den Bund. Grund dafür ist
eine bisher uneinheitliche Vollzugspraxis in Österreich, die – wie auch die Volksanwaltschaft
bestätigt – durch keine sachlichen Gründe zu rechtfertigen ist. Tuberkulose-
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Reihenuntersuchungen sind routinemäßige Screening-Untersuchungen für Risikogruppen
und dienen der Erfassung unbekannter Tuberkulosefälle.
2. Novelle des Epidemiegesetzes
Durch die Novelle des Epidemiegesetzes wird die Meldepflicht für Chikungunya-Fieber,
Dengue-Fieber, Hanta-Virus-Infektionen und Zika-Virus Erkrankungen eingeführt.
Chikungunya-Fieber, Dengue-Fieber und Zika-Virus-Erkrankungen werden durch
Stechmücken übertragen. Bisher gibt es nur importierte Fälle, keine Ansteckung in
Österreich, weil die entsprechenden Wirte (Mücken) nicht oder praktisch nicht vorkommen.
Allerdings kann es aufgrund klimatischer Veränderungen dazu kommen, dass Stechmücken,
die als Wirte in Betracht kommen, auch in Österreich heimisch werden bzw. vorkommen. Die
Meldepflicht dient daher einer Trendbeobachtung.
Es ist bekannt, dass Hanta-Virus-Infektionen in Österreich vorkommen. Überträgerin ist die
Rötelmaus. Die Meldepflicht wird eingeführt, um einerseits die Datenlage zu verbessern und
andererseits der Gesundheitsbehörde die Möglichkeit zu geben, unmittelbar auf
epidemische Situationen mit entsprechenden Maßnahmen zu reagieren.
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