TB - Aktion Saubere Hände

Tuberkulose
und Hygienemaßnahmen im Krankenhaus
Dr. Nikolai Menner
Infektiologische Ambulanz
Klinik m. S. Infektiologie und Pneumologie
Campus Virchow Klinikum
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Epidemiologie der Tuberkulose
• häufigste chronische Infektionskrankheit
• Ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit dem Erreger,
Mycobacterium tuberculosis, infiziert
• 90 % der Neuerkrankungen in Entwicklungsländern,
vor allem junge Erwachsene im erwerbsfähigen Alter
• 9 Mio. Erkrankten und 1,5 Mio. Todesfällen im Jahr 2013
• Tuberkulose, Aids und Malaria sind die 3 am häufigsten zum Tode
führenden Infektionskrankheiten
Epidemiologie der Tuberkulose II

nur 5 – 10% der Infizierten (und nicht gleichzeitig mit HIV
infizierten) werden krank oder infektiös im Laufe ihres Lebens

Jede Person mit offener TB infiziert 10 – 15 Personen pro Jahr

Die Mortalitätsrate ist seit 1990 um 45% gefallen
Die Geschichte der Tuberkulose
Die Geschichte der Tuberkulose II
TB Inzidenz (Neuerkrankungen/Jahr)
TB Inzidenz II
TB Inzidenz in Deutschland
Pathogenese der TB
Pathogenese der TB II


Erreger:
Mycobacterium tuberculosis
säurefestes Stäbchen, von Wachsschicht umgeben,
sehr langsam wachsend, sehr umweltresistent
streng trennen muss man:
die Infektion
und
die Erkrankung (nur ca. 1/10)
Reaktivierung
Pathogenese der TB III
Klinik der TB

Primärinfektion:
Primäraffekt: Ort der Erstinfektion, meist Lunge
Primärkomplex: Primäraffekt + regionaler
LK Granulombildung, Verkalkung
•
Reaktivierung / Postprimäre-TB:
85% Exsudative Lungen-TB
Kavernenbildung, Pleuritis, Hämoptysen
aktivi
Klinik der TB - Lungentuberkulose
Klinik der TB – Lungentuberkulose II
Klinik der TB - Sonderformen

Sonderformen: miliare Tuberkulose (disseminiert)
Ausbreitung über die Blutbahn
Klinik der TB – Sonderformen II

Sonderformen:
Tuberkulöse Meningitis
(Zervikale) Lymphadenitis
Klinik der TB – Sonderformen III

Sonderformen:
Urogenital-TB, Knochen-, Gelenk-TB
(Spondylitis, paravertebrale Abszesse)
Diagnostik
1. Anamnese
 chronischer Husten
 blutiger Auswurf
 Leistungsminderung
 Nachtschweiß
 Gewichtsabnahme
2. Radiologische Befunde
3. Testverfahren
• Quantiferontest (Interferon gamma)
• Tuberkulintest (Allergie Typ IV)
Diagnostik II
4. Nachweis – Mikrobiologische Diagnostik

Mikroskopie (Ziehl-Neelsen oder Auramin Färbung, Folgetag )

Kultur (langsam wachsend, ca. 4 Wochen)

PCR (1-2 Tage)
Therapie der Tuberkulose
• Standard-Medikamente:
Isoniazid (INH)
Reserve-Medikamente:
Protionamid
Amikazin
Rifampicin (RMP)
Capreomycin
Ethambutol (EMB)
Cycloserin
Moxifloxacin (u.a. Chinolone)
Pyrazinamid (PZA)
Clarithromycin
Streptomycin (SM)
Rifabutin
Paraaminosalicylsäure
Standard-Kurzzeit-Therapie (6 Monate):
INH + RMP + EMB + PZA (2 Monate)
gefolgt von INH + RMP (4 Monate)
Therapieprobleme - Multiresistenz
• Epidemiologie der Multiresistenten TB
Multi Drug Resistant (MDR)-TB
5% der weltweiten TB-Neuerkrankungen (ca. 440.000 Fälle), In Deutschland 1,5%
Extensively Drug Resistant (XDR)-TB
5% der MDR-TB-Neuerkrankungen (25.000 Fälle), in einigen Ländern bis 20%
XXDR-TB
Einzelfälle
TDR-TB
Einzelfälle
Sterblichkeit an TB in Berlin im Jahr 1885 -1910
Wäre die TB-Mortalität auf
dem Stand von 1890
gebliebenen, würden
heute allein in Berlin
jährlich mehr als 10.000
Menschen an einer
Lungen-TB versterben
Gründe für den Rückgang der TB in entwickelten
Ländern
Gründe für den Rückgang der TB in entwickelten
Ländern II
Einrichtung von Lungenheilstätten
Isolierung der Patienten
Gründe für den Rückgang der TB in entwickelten
Ländern III
Aufklärung der Bevölkerung
Bewusstsein schaffen
Gründe für den Rückgang der TB in entwickelten
Ländern IV
Reihenuntersuchungen
Frühe Erfassung von Erkrankten
Gründe für den Rückgang der TB in
entwickelten Ländern V
Hebung des sozioökonomischen Standards
bessere Lebensbedingungen
stärkere Resistenz, geringere Verbreitung
Therapie und Hygiene-Maßnahmen bei TB
Schnelle Diagnose – offene TB?
Isolation der Patienten mit offener TB
Effektive Therapie
Entisolierung wenn keine Ansteckungsgefahr mehr
besteht, Entlassung aus dem Krankenhaus
5. Ambulante Therapie
6. Abschluss der Therapie nach 6 - 24 Monaten
7. Nachkontrollen
1.
2.
3.
4.
Wann ist ein TB „offen“?
Definition der „offene TB“:
mikroskopischer Nachweis von Mycobakterien im
Sputum-Prärarat
Wann ist die TB nicht mehr „offen“?
Wenn in 3 Sputumproben mikroskopisch keine
Mycobakterien mehr nachweisbar waren
Bei Verdacht oder bestätigter offener TB
Auf Station:
• Frühzeitige Isolation, Exposition gegenüber Hustenstößen
vermeiden
• Einzelzimmer (RLT-Anlage, oder häufig lüften)
• Schutzkittel, Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz bei Betreten
des Zimmers (FFP2 / FFP3)
• Mund-Nasenschutz für den Patienten außerhalb des
Zimmers
Bei Verdacht oder bestätigter offener TB II
Außerhalb der Station:
•
•
•
•
Räumlich getrennte Intubation, geschlossenen Absaugung
Schlauch- und Filterwechsel nach Narkose
Normale Aufbereitung des Narkosegerätes
Untersuchungen in der Endoskopie eher am Ende des
Tagesprogrammes
• Die Räume müssen nicht Schlussdesinfiziert werden, wenn
der Patient kooperativ ist (Mundschutz, Kittel getragen hat)
• Patientennahe Flächen werden desinfiziert
• Proben in geschlossenen und wasserdichten Behältern
transportieren
Bei Verdacht oder bestätigter offener TB III
Desinfektionsmaßnahmen:
•
•
•
•
Mit den üblichen Mitteln zweimalige Händedesinfektion
Bei Instrumenten werden thermische Verfahren bevorzugt
Kontaminierte Flächen sofort desinfizieren
Tägliche desinfizierende Reinigung des Fußbodens mit
üblichen Mitteln
• Bei Entlassung oder Tod Scheuerwischdesinfektion des
Raumes durch Desinfektor mit DGHM-Konzentration
• Betten im Patientenzimmer abziehen und abgedeckt
transportieren
Bei Verdacht oder bestätigter offener TB IV
Transport von Patienten:
• Mund-Nasenschutz (chirurgisch) für Patient
• Bei multiresistenter (MDR)-TB FFP3-Maske ohne
Ausatemventil für Patient
• Mund-Nasenschutz (chirurgisch) für Transporteur, ggf.
Schutzkittel und Hanadschuhe
• Bei MDR-TB FFP3-Maske mit Ausatemventil für
Transporteur
• Hygienische Händedesinfektion 2 Mal
Besonderer Maßnahmen bei MDR-TB
• Isolierzimmer mit raumlufttechnischer Anlage (RLT) die
Unterdruck im Patientenzimmer erzeugen
• Idealer Weise Zimmer mit Schleuse
• FFP3-Maske für Personal bei Patientenkontakt
• FFP3-Maske ohne Ausatemventil für Patient außerhalb des
Zimmers
• Auf korrekten Maskensitz achten, bei Patient und Personal
• Ansonsten üblich Maßnahmen für offene Lungen-TB
Bei Kontakt mit zunächst unbekannt offenen
TB-Patienten
• Rücksprache mit Betriebsarzt
• Kontaktpatienten und Kontaktpersonal erfassen (für
Gesundheitsamt und Betriebsarzt)
• Der feststellende Arzt ist zur Meldung verpflichtet
Maßnahmen bei TB außerhalb der Atemwege
• In der Regel keine Unterbringung im Einzelzimmer nötig
• Isolation nur bei sezernierenden Läsionen (abszedierende
Lymphknoten, Darm- Urogenital-TB)
• Dann Maßnahmen wie bei offener TB
• Bei kontaminierenden Arbeiten FFP2 oder FFP3 Masken
• Spülen von Wunden vermeiden
• Desinfizierend Reinigung der Räume ausreichend
Besondere Maßnahmen bei nicht-offener TB?
Besondere Maßnahmen bei nicht-offener TB?
• keine
Zusammenfassung
• Tuberkulose ist eine Tröpfcheninfektion
• Nur ca. 5% der Infizierten erkranken
• Besondere Hygienemaßnahmen nur bei offener TB
erforderlich
• Schnelle Diagnostik zum Ausschluss einer offenen
Tb  Mikroskopie des Sputums
• Effektive Therapie nach Antibiogramm
• 3 Mal negatives Sputum erlaubt Entisolierung