Vom Schuhmacher zum Sozialreformer

SIXPACK - Das Pfarrmagazin
Ausgabe 1/2016
Vom Schuhmacher zum Sozialreformer
St. Johannes Seulingen
Die Biografie Adolph Kolpings, des
Wegbereiters der katholischen Sozial­
bewegung, ist bis heute ein Vorbild für
viele Menschen. Sein Name wurde zum
Programm für zahlreiche Gruppierun­
gen und Kreise in der Kirche.
Familie als Modell und Vorbild
Aufgewachsen ist der „Gesellenvater“
der katholischen Kirche in ärmlichen
Verhältnissen. Er wurde 1813 in Kerpen
geboren. Die Familie war sehr religiös,
was ihr auch in den armen Zeiten Halt
und Trost gab. Zudem war seine Familie
für Kolping stets Modell und Vorbild:
Hier hat seine an der Familie orientierte
Organisation seines Sozialwerks ihre
Wurzel. Nach der Volksschule machte
Adolph Kolping zunächst eine Schuh­
macherlehre und arbeitete als Geselle.
In seinen Gesellenwanderjahren beein­
druckte ihn die große Not, die er an vie­
len Orten unter den Handwerksbur­
schen sah. Ihn motivierte dies auch,
sich weiterzubilden, und er eignete sich
viele Kenntnisse im Selbststudium an.
Immer mehr reifte in ihm der Ent­
schluss, Priester zu werden. Mit 24 Jah­
ren erreichte er schließlich die Aufnah­
meprüfung in das Kölner MarzellenGymnasium, wo er 1841 das Abitur ab­
legte. Anschließend studierte er in
München, Bonn und Köln Theologie. Am
Tag vor seiner Priesterweihe, am 13.
April 1845, starb sein Vater, was Adolph
Kolping sehr belastete.
Soziale Not lindern
Als Kaplan war Kolping in Elberfeld
tätig. Die Stadt war einerseits durch die
wachsende Textilindustrie geprägt, was
auf der anderen Seite die soziale Not
der Industriearbeiter vergrößerte. Kol­
ping engagierte sich in einem Gesellen­
verein und wurde 1847 dessen zweiter
Vorsitzender. Nach diesem Modell woll­
te er weitere Gesellenvereine in ande­
ren Städten gründen. In seiner Pro­
grammschrift „Der Gesellenverein“
(1848/49) machte er seine Ideen be­
kannt. In der Zwischenzeit war er als
Domvikar nach Köln berufen worden.
Kolping organisierte die Arbeit ver­
schiedener Gesellenvereine und
betätigte sich als Volksschriftsteller. Er
war Redakteur des „Rheinischen Kir­
chenblattes“ sowie der „Rheinischen
Volksblätter für Haus, Familie und
Handwerk“, außerdem besorgte er 17
Jahrgänge des „Katholischen Volkska­
lenders“. Kolping reiste viel, um seine
Idee der Gesellenvereine breiter be­
kannt zu machen und beim Aufbau der
Arbeit zu helfen. 1853 eröffnete neben
der Minoritenkirche in Köln das erste
Gesellenhaus, wo wandernden Arbei­
tern eine Unterkunft geboten wurde,
außerdem wurden verschiedene Wei­
terbildungsangebote gemacht. Nach­
dem die Gesellenvereine vom Papst an­
erkannt wurden, wurde Kolping 1862
zum Rektor der Minoritenkirche in Köln
und noch im selben Jahr zum „päpstli­
chen Geheimkämmerer“ ernannt.
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Trotz seines großen Engagements blieb
Kolpings Einfluss auf die Sozialpolitik
seiner Zeit gering. Aber Kolping hinter­
ließ nach seinem Tod am 4. Dezember
1865 ein gut organisiertes Werk. Es be­
standen rund 200 „Gesellenvereine“
mit etwa 25 000 Mitgliedern in Europa
und sogar den USA. Schon im Jahr 1879
zählten diese Vereine bereits 70 000
Mitglieder. 1933 wurde der Name der
„Gesellenvereine“ in „Kolpingfamilie“
geändert. Während des Nationalsozia­
lismus wurde der Verband schwer un­
terdrückt und verboten. So war der
Wiederaufbau des deutschen Zweiges,
der sich nun „Kolpingwerk“ nannte,
schwierig. Doch letztlich blühte die
Idee Adolph Kolpings wieder auf.
Zusammenschluss von sozial engagier­
ten Christen
In den vergangenen Jahren konnte der
Sozialverband, der in den Bereichen Ge­
sellschafts-, Sozial- und Familienpolitik
seine Schwerpunkte setzt, wieder stei­
gende Mitgliedszahlen verzeichnen.
Das Werk ist heute weltweit in 60 Län­
dern vertreten und hat über 350 000
Mitglieder. Der Verband versteht sich
als Zusammenschluss von engagierten
Christen, ist aber offen für alle Men­
schen, die auf der Grundlage des Evan­
geliums und der Katholischen Sozial­
lehre Verantwortung übernehmen wol­
len. Dazu gehört es, Bewusstsein für
verantwortliches Leben und solidari­
sches Handeln zu fördern.
Quelle: Marc Witzenbacher aus: Magnifi­
cat. Das Stundenbuch, 12/2015, www.­
magnificat.de, In: Pfarrbriefservice.de