[email protected] | www.zellgemeinde-bremen.de Predigt 20.03.2016 der Psalter von Gebetsinspirationen und einer tiefen Gottesbeziehung Die Psalmen gehören zu den ältesten Gedichten der Welt und sie können es immer noch mit jeder Poesie in jeder alten oder modernen Kultur überall auf der Welt aufnehmen. Sie sind voller Kraft und Leidenschaft, entsetzlichem Elend und unbändigem Jubel, voller zarter Sensibilität und kraftvoller Hoffnung. Wessen Herz offen ist für neue Dimensionen menschlicher Erfahrung, wer gute Literatur liebt, wer ein Fenster zu den hellen Lichtern und dunklen Ecken der menschlichen Erfahrung sucht – wer offen ist für den wunderschönen Ausdruck einer größeren Vision der Wirklichkeit, sollte auf diese Gedichte wie jemand reagieren, der seit ein oder zwei Wochen kein gutes Essen mehr hatte. Es ist alles vorhanden. (Plädoyer für die Psalmen. N.T. Wright 2015) „Herr, lehre uns beten!“ (Luk 11,1) So sprachen die Jünger zu Jesus. Sie bekannten damit, dass sie von sich aus nicht zu beten vermochten. Sie müssen es lernen. Beten-lernen, das klingt uns widerspruchsvoll. Entweder ist das Herz so übervoll, dass es von uns selbst zu beten anfängt, oder es wird nie beten lernen. Das ist aber ein gefährlicher Irrtum (…). Beten heißt ja nicht einfach das Herz ausschütten, sondern es heißt, mit seinem erfüllten oder auch leeren Herzen den Weg zu Gott finden und mit ihm reden. Das kann kein Mensch von sich aus, dazu braucht er Jesus Christus. (Das Gebetbuch der Bibel. Dietrich Bonhoeffer 1940) [email protected] | www.zellgemeinde-bremen.de Im Psalter finden wir 150 Gebete und Lieder. Sie bieten uns die Möglichkeit anzuknüpfen und inspiriert zu werden an der Gottesperspektive und Gottesbeziehung einer lange Kommunikationstradition. Von den 150 Psalmen können 73 König David zugeordnet werden, 12 stammen von Asaph dem von David angestellt Sangmeister, wiederum 12 von der unter David wirkenden Sängerfamilie der Kinder Korah, 2 von König Salomo und je einer von den unter David und Salomo tätigen Musikmeistern Heman und Ethan. 1. Dimensionen der Gottesbeziehung Lesen von Psalm 19 + Psalm 13 In Klage und Leiden wenden sich sich die Beter der Psalmen an Gott. Sie nehmen Gott mit und mit hinein in die Traurigkeit ihrer Situation. Sie nehmen Gott hinein in die überschwängliche und überfließende Euphorie. Gott wird weder in der Anklage und existenziellen Bedrohung ausgeklammert, noch in der Freude. Wie gerne geschieht es dabei zu bleiben Gott verantwortlich zu machen oder sich trotzig von Gott abzuwenden, weil er in der Not durch gefühlte Abwesenheit glänzt. Wie gerne geschieht es auch vor lauter Glück, den Ursprung aller Freude auszuklammern. „Beten lernen“, wie es sich die Jünger wünschen (Lk 11,1), heißt vermutlich gerade dies - in eine reife und erwachsene Gottesbeziehung wachsen, die aus dem Gebet nicht bloß ein Werkzeug zu Lebenserfüllung oder -gestaltung zu sehen, sondern in einer Christusbeziehung zu leben. Irgendwie ja logisch: Ein Beziehungsgeschehen zielt ja nicht bloß darauf auf, den anderen „gefügig“ zu machen, sondern miteinander zu gehen, zu wandern, zu rennen, zu hüpfen, zu trotten, zu schleichen oder vll zu krabbeln. [email protected] | www.zellgemeinde-bremen.de 2. das prophetische Element Lesen von Psalm 22 Jesus selbst betet den Beginn des Ps 22 als er am Kreuz hängt. Jesus selbst lebt mit dem Psalter, damit wird gerade hier in seiner Verwendung deutlich und gleichzeitig weisen die Gebete auf ihn hin. Ps 22,9 & 19 sind unmittelbare Weissagen auf die Kreuzigung Jesu. David hat diesen Psalm in seinem eigenen Leiden gebetet und formuliert, aber er hat es als der von Gott Gesalbte und darum als der von Menschen verfolgte König getan, aus dem der Christus kommen sollte. Jesus bedient sich dieses Gebets und an ihm gilt es im Vollsinn. Lk 24,44 Jesus sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen. Es sind nicht nur Gebete Davids, sondern es geht soweit, dass sie Christus und dem Heiligen Geist als ihre Gebete in den Mund gelegt werden (siehe Hebr. 2,12 & Heb. 3,7). 3. mehr als ein Text Lesen von Psalm 122 Die Gebete sind oft ausgefeilt aufgebaut. In poetischen Alliterationen wird nicht nur ein Inhalt vermittelt, sondern quasi eine künstlerische Präsentation für diesen gewählt. In Psalm 122 spielt der Dichter mit den Worten „beten“ (scha’al), Frieden (schal’m) und Jerusalem (Jeruschalajim) – Scha’alu schal’m Jeruschalamin = „Betet für den Frieden Jerusalem“. Schön zu wissen, aber manchmal gilt es wohl den Text einfach so auf sich wirken zu lassen, ohne verbissen zu versuchen alle Element zu durchdringen. [email protected] | www.zellgemeinde-bremen.de 4. DU 1. Redest du mit Gott, wie es die Beter der Psalmen tun? 2. Wo fällt es dir tendenziell schwer Gott mit hinein zu nehmen? 3. An welchen Stellen in den gelesen Psalmen bist du hängen geblieben? 4. Wie inspirieren dich die gelesenen Gebete für dein Gebetsleben?
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