Nr. 03 – März 2016 – 182. Jahrgang Sicherheit Schweiz CYBER-Herausforderungen WEF-Sperrzone über Davos Herausgeber: Schweizerische Offiziersgesellschaft Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift Wertschätzung junger Offiziere Editorial 3 Wirtschaft/Rüstung Andreas Bölsterli Peter Müller 36 Aktuelles Marcus Matthias Keupp Christian Trottmann 4 24 INTERARMES 38 NOLDI und SIMBA auf Patrouille Michael Arnold Andreas Bölsterli 40 Herausforderungen an die SIK Martin von Orelli 10 Geoff Brown 42 Das Wort des CdA NATO: Cyber Defence als Herausforderung Florian T. Wagner 45 Wolfang Kopp 15 28 Ausbildungsmodell mit Zukunft? Überlegungen zur Lage der Bundeswehr 48 AWACS über der Türkei Friedrich-Wilhelm Schlomann 21 Nord-Korea am Scheideweg 50 52 Geschichte 56 Selektion, Ausbildung und Wertschätzung 59 INTERARMES 60 Dieter Kläy Logistik einsatzbereit Martin Vögeli, Thomas Huber 28 Herzlich willkommen Vermischtes Eugen Thomann 27 Der Weg nach Suez SOG Stefan Lenz 45 Militärische Karriere oder MBA? Pascal Kohler, Henrique Schneider Marcel Serr Daniel Weilenmann 24 Frieden und Militärethik Internationale Nachrichten Einsatz und Ausbildung 22 Einfluss von Resilienz Florian Demont Bericht aus dem Bundeshaus Jürgen Hübschen 18 Militärische Karriere oder MBA? Madlaina Niederhauser, Caroline Huber, Hubert Annen Heinrich L. Wirz 17 100 Kampfflugzeuge der 5. Generation Forschung und Lehre Ulrich Schlie 12 Wahrscheinlichkeit für Armee-Einsätze ist gestiegen Luftwaffe Der neue sicherheitspolitische Bericht André Blattmann 11 Vom Bunker zum Zollfreilager Höhere Kaderausbildung Sicherheitspolitik 8 Cyber Defence: neuer Ansatz Ausbildungsmodell mit Zukunft? Bücher 64 Andrea Grichting-Zelenka Walter Troxler 30 Im Zeichen von «CONEX 15» Irène Thomann-Baur 32 Member of the European Military Press Association (EMPA) – ISSN 0002-5925 Stabwechsel bei der Inf Br 5 Titelbild Hans-Peter Widmer 33 Wie der Aargau die Militärkultur pflegt SOG Vorstand 34 WEF-Einsatz Foto: VBS Denis Froidevaux Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 1 thalesgroup.ch Systemlösungen für die Luftverteidigung in der Schweiz Wann immer es auf Sicherheit ankommt, haben wir die richtige Antwort ERFASSEN VON LUFTBEDROHUNGEN CYBER SECURITY IN DER LUFTVERTEIDIGUNG OBJEKT- UND RAUMSCHUTZ AKTIONSPLANUNG UND- FÜHRUNG ERSTELLEN DER AKTUELLEN LUFTLAGE Thales beschäftigt in Zürich rund 200 Personen und ist bestrebt, den Entscheidungsträgern der Schweizer Armee zeit- und lagegerechte Informationen zu liefern, damit Einsätze erfolgreich durchgeführt werden können. Editorial Vorgesetzten kennen und beurteilen können, man muss die Ausbildungsgefässe und deren Inhalte ken«Mitarbeiter sind die nen und man muss die Ansprüche an die zukünftigen wichtigste Ressource», Chefs beurteilen können. Wir alle, die aktiven und die ehemaligen Komoder «zufriedene Mitarbeiter machen zufriedene mandanten und Chefs, die aktiven und ehemaligen Kunden». Diese Aussagen Vorgesetzten in der Privatwirtschaft können das am sind sicher unbestritten, Besten beurteilen. An uns liegt es also, zukünftige Kaaber die Arbeitslosenquo- der zu überzeugen. An uns liegt es, potenziellen Chefs te im Januar war schon auch aufzeigen zu können, dass beide Karrieren geseit sechs Jahren nicht meinsam parallel geplant und umgesetzt werden könmehr so hoch. Vielerorts nen. Wir als militärische Chefs wissen, dass die Arherrscht Unsicherheit, nachdem Firmen vor der mee die beste praktische Führungsausbildung anÜbernahme durch ausländische Konzerne stehen bietet und Sie als zivile Vorgesetzte mit militärischer oder weil Arbeitsplätze aufgrund der Wirtschaftslage Führungspraxis können dank der gewonnenen Erin Gefahr sind. Müssen sich Arbeitnehmer neu aus- fahrung den zukünftigen Chefs die offensichtlichen richten, neue Stellen suchen? Brauchen sie dazu neue Synergien anschaulich und aus Optik der Praxis aufKompetenzen und Fähigkeiten? Müssen sie sich neu zeigen. orientieren? Die Leser dieser ASMZ sind Kader der Schweizer Keine Angst, Sie lesen immer noch die ASMZ und Armee – aktive und ehemalige. Es liegt also an uns keine Wirtschaftszeitung. Aber auch die Armee hat Kadern, unser Wissen und unsere Erfahrungen in die ihre personellen Sorgen. Die Armee XXI lässt sich Gewinnung von militärischen Chefs einzubringen, nicht mehr alimentieren, junge Kandidaten abzudie Suche, insbesondere holen und zu überzeunach Kadern der Stufe gen. In den Firmen zu «In einem Land ohne Sicherheit Bataillon und Abteilung, helfen und dafür einzuwird nicht investiert – wird immer schwieriger stehen, dass trotz erhöhund schlussendlich sucht Druck am Arbeitsdamit wird die Lage für Arbeitnehmer tem die Armee und die Wirtplatz der Nutzen der mischaft die Gleichen, nämlitärischen Weiterbildung noch schwieriger.» lich die besten Leute als weiter hilft und Optioihre Chefs. Die Ansprünen schafft. Denn vergesche an die Kader ab Beginn der WEA (Weiterent- sen wir eines nicht: In einem Land ohne Sicherheit wicklung der Armee) werden steigen, weil die Ausbil- wird nicht investiert und damit wird die Lage für Ardung besser, aber länger dauern wird, und damit ver- beitnehmer noch schwieriger als sie es schon ist. Wir bunden auch die Abwesenheit am Arbeitsplatz zuneh- müssen also dafür Sorge tragen, dass unser Milizsysmen wird. tem gute Vorgesetzte erhält und weiterbilden kann, Dann sieht man solche Personalnachrichten plötz- damit die Sicherheitsreserve dieses Landes auch weilich aus einer anderen Optik. Man fragt sich dann, ob ter über die besten Chefs verfügt. die potenziellen Kader, die für sich den Besuch einer militärischen Weiterbildung prüfen, nun nicht noch mehr vor der Frage stehen, ob sie weitermachen sollen und sich damit allenfalls Probleme am Arbeitsplatz einhandeln, oder ob sie auf die weitere militäriAndreas Bölsterli, Chefredaktor sche Karriere verzichten sollen. [email protected] Gewinnung von Führungskräften ist eine der schönsten, aber auch der anspruchsvollsten Aufgaben von Vorgesetzten – sei es in der Armee oder in der Privatwirtschaft. Man muss die Ansprüche an die Liebe Leserin, lieber Leser Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 3 Aktuelles NOLDI und SIMBA auf Patrouille Erstmals reichte die Sperrzone LS-R 90 über dem Kongressstandort Davos am diesjährigen World Economic Forum auch im Engadin bis zum Grund. Während für die zivilen Piloten die fliegerischen Prozesse durch diese Anpassung etwas vereinfacht werden konnten, bedeutete es für die Controller der Bewegung und Koordination (BEWEKO) in der Einsatzzentrale Luftverteidigung (EZ LUV) in Dübendorf hingegen tendenziell mehr Arbeit als bisher. SIMBA 9 unterwegs: In wenigen Minuten ist die Crew der PC-7 «on station». Christian Trottmann Die Einschränkungen von LS-R 90 gelten nicht nur für Flächenflugzeuge und Helikopter, sondern auch für die anderen Luftraumbenutzer wie Modellflugzeuge (inklusive Drohnen), Deltasegler oder Gleitschirme. Insgesamt zehn Flugverkehrsleiter der Skyguide koordinieren sämtlichen zivilen und militärischen Luftverkehr innerhalb der temporär eingerichteten Sperrzone während des World Economic Forum (WEF). Bisher benötigte ein Flugzeug im südlichen Teil der Zone, im Raum Bernina, erst ab der Höhe von 11000 Fuss (rund 3300 Meter über Meer) eine Flugfreigabe und meldete sich dann über die Frequenz des militärischen Radars (MIL RADAR). Dies gehört seit dem diesjährigen WEF der Vergangenheit an. Neu muss jedes Luftfahrzeug, welches diese Zone zwischen Grund bis Flight Level FL 195 (rund 6000 Meter) befliegen will, im Voraus gemeldet und gebrieft worden sein. Was bleibt, ist die obligatorische durch die Polizei geprüfte Akkreditierung eines 4 jeden Luftfahrzeugs, das sich in die Sperrzone begibt. Bis auf ein paar wenige Ausnahmefälle müssen alle betroffenen zivilen Flugzeuge einen Flugplan aufgeben und sich spätestens 30 Minuten vor effektivem Start beim PPR-Büro in Düben- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 dorf telefonisch anmelden. Das Kürzel PPR steht für «Prior Permission Required». Hier erhalten sie den zugewieGute Stimmung: Oberst i Gst Alex «Bugs» Miescher ist stolz auf seine «Bambinis». senen Transponder-Code und Authenticate-Missionsnummer. Anhand dieser Identifikationsmerkmale kommunizieren die BEWEKO-Controller mit sämtlichen Luftfahrzeugen während deren Flug. Nur wer vor dem Einflug in die Sperrzone mit einem Radius von 45 Kilometern über Davos auf Aufruf des Controllers die Authenticate-Nummer bestätigen kann, darf in die Zone einfliegen. CAP Samedan NOLDI und SIMBA lauten die taktischen Rufnamen der Flugzeuge des PC-7Detachements. Sie kommunizieren während der Mission laufend mit der taktischen Einsatzleitung in der EZ LUV. Der Hauptstandort dieser PC-7-Einsätze ist Dübendorf, von wo aus die NOLDIS im nördlichen Einsatzgebiet patrouillieren. Die SIMBAS, verantwortlich für den südlichen Teil, hingegen werden jeweils während des WEFs auf den höchstgelegenen Flugplatz von Europa in Samedan, 1700 Meter über Meer, verlegt. Rund 15 000 Flugbewegungen jährlich verzeichnet der Hochgebirgsplatz im Engadin. Hier ist ein achtköpfiges Detachement, bestehend aus Piloten, Bordoperateuren und Mechanikern stationiert. Oberst i Gst Alex «Bugs» Miescher führt seine «Bambinis» mit klaren Vorstellungen – auf und neben dem Platz. Nebst der eigentlichen militärischen Mission legt er grossen Wert auf regelmässigen Austausch mit den benachbarten militärischen Truppen, aber insbesondere auch mit den zivilen Partnern. Die Luftwaffe ist in Samedan Freund und Helfer. Sensorverbund Luftwaffe: Sämtliche Flugbewegungen werden auf dem Flugplatz Samedan beobachtet und in die EZ LUV übermittelt. Beobachten in der Luft Als letzte Flugzeuge am heutigen Tag haben SIMBA 9 und NOLDI 10 Kurs auf ihren jeweilig zugewiesenen Warteraum genommen. Tagsüber starten ab Dübendorf und Samedan verschiedene Patrouillen, um über neuralgischen bzw. besonders gefährdeten Einflugtälern ihre Combat Air Patrol (CAP) auf zirka FL 80 zu fliegen. Von hier aus können potenzielle Eindringlinge oder nicht gemeldete Luftfahrzeuge in mit Radar schwierig zu überwachenden Sektoren rechtzeitig erkannt werden. Eine der grossen Herausforderungen besteht darin, langsam und tief fliegende Flugzeuge im Gelände möglichst rasch zu entdecken. Ebenfalls zur Verdichtung des Luftlagebildes RecogBereit zum CAP: Der Pilot startet zur nächsten Luft-Patrouille. Bilder: VBS nized Air Picture (RAP) tragen die im Rahmen des Sensorverbunds äusserst wertvollen Beobachtungs- und Nachrichtenposten bei. In der Luft sind es der Pilot sowie der hinten sitzende Bordoperateur, die lückenlos und aufmerksam den Luftraum überwachen. Im Bedarfsfall können sie sofort reagieren. Ein zentraler Vorteil solcher Luftpatrouillen: Der Parallelflug mit einem Zielflugzeug erlaubt der PC-7- oder F/A-18-Besatzung direkten Einblick ins vermeintlich verdächtige Flugzeug bzw. ins Cockpit. Unregelmässigkeiten an Bord der Maschine können so rasch registriert werden. Dank klarer Absprachen im Vorfeld und intensiver Trainings sind die Besatzungsmitglieder der PC-7 oder Jets stets in der Lage, geeignete Massnahmen treffen zu können. CAD, NOLDI und SIMBA Falls es zu einer Identifikation im mittleren Luftraum kommt, fliegt die PC-7Maschine auf Befehl des Chief Air Defense (CAD) in der EZ LUV zum entsprechenden Luftfahrzeug und versucht über die Notfrequenz 121,5 MHz, mit dem Piloten Kontakt aufzunehmen. Während bisher ein Handzettel mit dem Frequenz-Hinweis durch den Bordoperateur hochgehalten werden musste, sind diese Zahlen nun neu am Flugzeugrumpf prominent angebracht und ersichtlich. In dieser Phase der Identifikation werden bestimmte Auffälligkeiten am entsprechenden Flieger fotografisch dokumentiert. Gemäss Checkliste werden alle wichtigen Merkmale, wie beispielsweise der Flugzeugtyp, die Immatrikulation oder Farbe festgehalten und dem CAD rapportiert. Situativ werden dann zwei F/A-18 Hornet aus dem High CAP (FL 250) geordert. Falls sich die Lage zuspitzen sollte, ist es ihre Aufgabe, mittels Wing Rocking (Flügelschwenken) und Flare-Warnschüssen zu intervenieren – dies mit dem Ziel, Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 5 WAFFENSAMMLERBÖRSE Deine Füsse werden sich dank bar zeigen … Pluspunkte: p Widerstandsfähig p Plüschpolsterung p Weicher Abschlussrand p Abriebffeestigk eit p Gute Isolation p K omffo or tabel p K eine Fussblasen army/work ing 40.030/2 auf w w w.rohner-socks.com Produkt-Name 18. – 20.03.16 MESSE LUZERN Ar t.-N r. Fr+Sa 10 –18, So 10 –17 www.waffenboerse-luzern.ch Wirtschaftsnotiz Nicht erst aus Schaden klug werden Nach der Rückkehr aus unseren Ferien bemerkten wir, dass in unser Haus eingebrochen worden war. Die Balkontür war aufgebrochen, in der Wohnung herrschte ein grosses Durcheinander. Mein Fahrrad und eine Pendule waren weg. Was zahlt die Versicherung? F. K. aus K. Sehr geehrte Frau K., nicht nur Sie haben sich auf die Ferienzeit gefreut, sondern leider auch die Einbrecher. Diese machen dann aber nicht Pause, sondern sind besonders eifrig auf der Suche nach Häusern, deren Bewohner in den Ferien weilen. International vernetzte Banden melden aus beliebten Feriendestinationen, welche Autohalter auf Urlaub sind. Deren Wohnungen eignen sich besonders gut für einen ungestörten Einbruch. Daher ein kleiner Tipp: Als vorbeugende 6 Massnahme ist es ratsam, bei der Motorfahrzeugkontrolle die Autonummer sperren zu lassen. Hilfreich ist auch, wenn jemand regelmässig nach der Wohnung schaut und zumindest nach einem Einbruch gleich Anzeige erstatten kann. Natürlich sind auch bauliche Massnahmen und Alarmanlagen zu empfehlen, welche Einbrechern das Handwerk möglichst schwer machen und sie von ihrer Tat abhalten. Kommt es dennoch zum Einbruch, wird der Schaden durch die Hausratversicherung gedeckt. Bei der Wahl dieser Versicherung sollten Sie darauf achten, ob neben den gestohlenen Gegenständen auch die Kosten fürs Aufräumen und die Reparaturen bezahlt werden. Ein weiteres Kriterium ist, ob die Versicherung nur den Zeitwert bezahlt oder den Neuwert zur Wiederbeschaffung der gestohlenen oder beschädig- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 ten Gegenstände. Bei Bargeld und Kreditkarten sind bei Helvetia bis 20 Prozent der Versicherungssumme, höchstens aber 5000 Franken versichert. Einige Versicherungen wie etwa Helvetia bezahlen, falls nötig, sogar einen Beitrag an die psychologische Betreuung. Besonders nach grösseren Anschaffungen sollte geprüft werden, ob die Versicherungssumme auch tatsächlich dem Wert des Hausrats entspricht. Dieser wird gerne unterschätzt, was dann bei der Leistung Kürzungen zur Folge haben kann. Schon bei einem Einpersonen-Haushalt in einer Einzimmerwohnung beträgt der durchschnittliche Wert des Hausrats um die 35 000 Franken. 156 000 Franken gelten als Mittelwert in einem Vier-PersonenHaushalt in einer Wohnung mit viereinhalb Zimmern. Bei besonders kostbaren Gegenständen wie Schmuck oder Uhren sollte eine Zusatzversicherung geprüft werden. Nicht versichert ist in der herkömmlichen Hausrat-Versicherung der Diebstahl auswärts. Greifen Langfinger in den Ferien nach der Kameraausrüstung oder lässt jemand das Fahrrad am Bahnhof mitlaufen, kommt die Versicherung nur auf, falls ein Zusatz «Diebstahl auswärts» besteht. Mit einer weiteren Zusatzversicherung, bei Helvetia «all risks» genannt, sind Sie auch versichert, falls Ihr Reisegepäck verloren geht, oder die Tiefkühltruhe zu Hause den Geist aufgibt und der Inhalt verdirbt. Weitere Infos erhalten Sie unter www.helvetia.ch oder bei der Helvetia-Agentur in Ihrer Nähe. Aktuelles Kommandoführung ist das A und O Als Chef des Luftwaffenstabs haben Sie es sich zu Ihrer Aufgabe gemacht, die Kommandoführung bei Einsätzen der Schweizer Luftwaffe zu optimieren. Weshalb war dieser Schritt notwendig? Aus Ressourcengründen haben wir uns in den vergangenen Jahren auf die Optimierung des Einsatzführungsprozesses konzentriert. Die Volltruppenübung STABANTE 15 hat mit der Unterstellung eines artfremden Bataillons des Heeres schliesslich zur Erkenntnis geführt, dass der Kommandoführungsprozess optimiert werden muss. Anders ausgedrückt: Insbesondere in JOINT-Operationen ist eine klare und einheitliche Kommandoführung essentiell. Deshalb wurde während des diesjährigen WEFs diese und damit auch das Battle Wheel im Einsatzverband Luft (EVL) konsequent gemäss der Führungs- und Stabsorganisation (FSO) gelebt. Dadurch wurde der Führungsrhythmus gegenüber früheren Jahren deutlich optimiert und komplettiert. Die Prozesse und insbesondere der Informationsfluss zu den anderen Einsatzverbänden konnten effizienter und durchgängiger gestaltet werden. Kernelement bildete das Lageverfolgungszentrum (LVZ), welches während des Einsatzes aufgebaut und laufend verbessert wurde. Das LVZ leistete dank der Erfahrung der Milizoffiziere schon nach kurzer Zeit einen wertvollen Beitrag zur Beschleunigung des Informationsflusses in alle Richtungen. Es war eingebettet in einen Kernstab mit Funktio- Vielfaches reduziert, was die Komplexität dieser zwei Phasen entsprechend vermindert und alle Beteiligten – auch die Direktunterstellten des Kommandanten EVL – einfacher zu führen waren. Zwecks Planung und Führung dieser Aktionen wurde ein Teil des Luftwaffenstabes als Stab EVL einsatzbezogen gegliedert und eingesetzt. Brigadier Werner Epper, Chef Luftwaffenstab. nären aus allen Führungsgrundgebieten (FGG) des Luftwaffenstabes. Dieser Kernstab auf Stufe Kommando EVL bildete eine wichtige Ergänzung zur Einsatzleitung, welche für das eigentliche Kerngeschäft der Luftwaffe – die Einsätze mit Wirkung in der dritten Dimension – verantwortlich ist. Können Sie ein praxisnahes Beispiel des diesjährigen WEF machen? In den bisherigen WEF-Einsätzen wurden der Aufmarsch und die Rückführung jeweils von den zuständigen Lehrverbänden geführt und nicht durch den EVL. Erstmals nun wurden dieses Jahr auch die Anfangsund Schlussphase des Einsatzes aus einer Hand durch den Kommandanten EVL, Divisionär Bernhard Müller, geführt. Damit wird die Anzahl Schnittstellen um ein spätestens 15 Minuten vor Nachtbeginn gelandet sein. Dann übernehmen die vier Mechaniker des Detachements. Für sie sind selbst die herrschenden Minustemperaturen von knapp 30 Grad unter Null im Engadin kein Problem – routinemässig warten sie die insgesamt vier PC-7 der Luftwaffe. Einflug in LS-R 90: Über die Frequenz MIL RADAR wird der Flugverkehr koordiniert. dass sich der Eindringling schliesslich kooperativ verhält. Bei SIMBA 9 und NOLDI 10 ist und bleibt es an diesem späten Nachmittag ruhig auf dem CAP. Während NOLDI bis nach Einbruch der Nacht auf Patrouille bleibt und dann nach Dübendorf zurückkehrt, muss SIMBA aufgrund nicht vorhandener Pistenbeleuchtung in Samedan Erfahrungen mit LS-R 90 Erste Erkenntnisse zeigen, dass dank der neu gänzlich vom Grund bis FL 195 definierten Zone mit eingeschränktem Luftverkehr während des WEFs die Prozesse insbesondere für den zivilen Luftverkehr vereinfacht werden konnten. Gleichzeitig hatte diese Anpassung des Luftraums jedoch zur Konsequenz, dass mehr Flugzeuge als bisher durch die BEWEKOController über Funk mit TransponderCode und Missionsnummer identifiziert Welche Rolle spielt die WEA in dieser Prozessanpassung? Klar ist, dass die Verringerung von Personal auch die Luftwaffe zu schlankeren und noch effizienteren Strukturen und Prozessen zwingt. Hier bedarf es künftig einer noch genaueren Personalplanung, um für jeden Einsatz der Luftwaffe einen einsatzfähigen und kompetenten Stab zu gewährleisten. Diese Verschlankung bietet einige Vorteile. In den letzten Jahren hat sich die Positionierung der Luftwaffe im Gesamtrahmen verändert. Die Luftlage entwickelt sich weltweit sehr rasch und soll ständig neu beurteilt werden. Subsidiäre Einsätze zu Gunsten der Behörden im Inland, aber auch Spontanhilfe im Ausland müssen rasch und effizient geleistet werden können. Fast alle diese Einsätze haben JOINT-Charakter und brauchen deshalb eine einheitlich verständliche und kompatible Kommandoführung. Man kann abschliessend feststellen, dass die klassischen Stabsführungs-Disziplinen für die Luftwaffe stets wichtiger werden. und für den Zoneneinflug autorisiert werden mussten. Im Rahmen des diesjährigen WEFs kam es insgesamt zu zwei Luftraumverletzungen, wovon eine als «Hot Mission» deklariert war bzw. die Schweizer Luftwaffe intervenieren musste. Auf die militärischen Flugoperationen hatte die angepasste Luftraumstruktur über Davos keine besonderen Auswirkungen. Auch dieses Jahr konnte der Auftrag des Einsatzes «ALPA ECO 16» in Zusammenarbeit mit allen zivilen und militärischen Partnern vollumfänglich erfüllt werden. ■ Oberstlt Christian Trottmann C Komm Stab Kdo Ei LW ARGUS der Presse AG 8180 Bülach Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 7 Sicherheitspolitik Herausforderungen der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats Kommissionen wie die SiK-N haben grundsätzlich die Aufgabe, die ihnen zugewiesenen Geschäfte vorzuberaten und ihrem Rat Antrag zu stellen*. Sie arbeiten dabei intensiv mit dem Bundesrat zusammen. Die Kommissionen des Nationalrates setzen sich aus 25 Mitgliedern zusammen. Als weitere Aufgaben der Kommissionen nennen die Geschäftsreglemente der Räte, die regelmässige Verfolgung der gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen sowie die Ausarbeitung von Anregungen zur Problemlösung in den zugewiesenen Geschäften. Die Kommissionen tagen durchschnittlich 3–4 Tage pro Quartal. Andreas Bölsterli, Chefredaktor Frau Nationalrätin Eichenberger, herzliche Gratulation zum Präsidium der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK-N), das sie mit Beginn dieses Jahres übernommen haben – welches sind die grössten Herausforderungen an die Kommission und den Vorsitz im Jahr 2016? Für das Jahr 2016 stehen sicher die Schlussberatung und die Schlussabstimmung für die WEA im Vordergrund und danach die zeitgerechte Umsetzung, die von der Sicherheitspolitischen Kommission begleitet wird, aber auch die Zurverfügungstellung der entsprechenden Mittel. Dann wird es Verordnungen zum neuen Nachrichtendienstgesetz geben, die die Sicherheitspolitische Kommission begutachten wird. Weiter stehen die Diskussion des Sicherheitspolitischen Berichtes, die Topprojekte und der Masterplan an. Dies bedeutet, mit der Umsetzung der WEA auch die Ausrüstung und die Modernisierung der Waffensysteme voranzutreiben. Die SiK-N befasst sich ja nicht nur mit der Armee alleine – wie verstehen Sie die Rolle Ihrer Kommission in Sicherheitsfragen und Sicherheitsarchitektur auf Stufe Bund? In erster Linie ist die Sicherheitspolitische Kommission zuständig, die Gesetzesänderungen in diesem Bereich zu beraten und natürlich auch deren Umsetzung zu begleiten, aber wir beschäftigen uns regelmässig ja auch mit sehr aktuellen Themen und der volatilen Bedrohungslage. So haben wir uns an der letzten Sitzung sehr stark mit der Migration an unseren Grenzen und dem Grenzschutz befasst. 8 Wir haben Entscheide getroffen, um die Sicherheit an der Grenze zu erhöhen; der Bundesrat soll einen Bericht über Personalbestand, Ausrüstung und Arbeitsbedingungen des Grenzwachtkorps ausfertigen, damit dem schnell wechselnden Druck an den verschiedenen Grenzübergängen besser Rechnung getragen werden kann. Finanzminister Maurer sagte im Januar, dass der Bund noch mehr sparen müsse. Wenn das Armeebudget erhöht werde, dann müsse das Parlament in anderen Bereichen die Ausgaben verringern. Wie beurteilen Sie die Chancen, dass die Finanzierung der Armee ab 2018 mit einem Budget von 5 Mrd. Franken pro Jahr sichergestellt wird? Sollte die Armee aufgrund der WEA-Entscheide nicht konsequenterweise von den nächsten Sparrunden ausgenommen werden? Ich bin zuversichtlich, dass in der Frühlingssession die WEA in die Schlussabstimmung kommt mit dem dazugehörigen Finanzbeschluss, der den vierjährigen Zahlungsrahmen über 20 Milliarden festlegt. Ich bin auch überzeugt, dass der Armee ab 1. Januar 2018 und Inkrafttreten der WEA die Finanzen in der Höhe von 5 Mia. CHF zur Verfügung gestellt werden sollen. Wichtig ist, dass das VBS die entsprechenden Projekte zur Vollausrüstung und Modernisierung der Waffensysteme bereit hat. Mein Wunsch ist es, dass das VBS von den nächsten Sparrunden ausgenommen werden kann, zumal das VBS in den letzten 20 Jahren immer am Meisten zu solchen Sparrunden beitragen musste. Die Diskussion um die Wehrpflicht wird spätestens bei der Präsentation der Resultate der Studiengruppe Dienstpflicht- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 «Entscheidend für die Frage, ob es sich um Verteidigung oder einen subsidiären Einsatz handelt, kann daher nicht nur sein, woher ein Angriff erfolgt, mit welchen Mitteln er durchgeführt und welche Objekte oder Bereiche bedroht sind, sondern insbesondere auch das Ausmass der Bedrohung (Intensität, Ausdehnung). Wenn Intensität und Ausdehnung einer Bedrohung in dem Umfang vorliegen, dass die territoriale Integrität, die gesamte Bevölkerung oder die Ausübung der Staatsgewalt bedroht wären, kann von einem Verteidigungsfall gesprochen werden, wobei der Urheber der Bedrohung nicht notwendigerweise ein Staat sein muss.» Bundesrat, 11.11.15 system wieder aktuell werden. Wie weit kann man bei rückläufigen Zahlen von Stellungspflichtigen und steigenden Zahlen von Zivildienstleistenden an der allgemeinen Wehrpflicht festhalten? Kann sich die Kommission auch andere Modelle vorstellen? Der Bericht über die Dienstpflicht steht noch aus. Meine persönliche Meinung geht dahin, dass die Armee weiter alimentiert werden muss, das heisst wir brauchen genügend Armeeangehörige und deshalb muss auch die Wehrpflicht gegenüber allfälligen anderen Dienstpflichten Priorität haben. Die WEA hat in bürgerlichen Kreisen zu Diskussionen über den Begriff der Verteidigung geführt. Der Bundesrat hat diese Umschreibung am 11.11. 2015 geändert (siehe Kasten) und den Begriff erweitert. Gegner der WEA monieren ja, die Armee sei nicht nur dazu da, die zivilen Behörden zu unterstützen, sondern müsse das Sicherheitspolitik Land verteidigen können.Wie ist die Haltung der Präsidentin SiK-N zu diesem Thema? Ich befürworte die neue Fassung des Verteidigungsbegriffes, wie der Bundesrat sie festgelegt hat. Im Sicherheitspolitischen Bericht wird die Verteidigungsfähigkeit der Armee auch genannt, eben Verteidigungseinsätze ohne fremde Hilfe durchführen zu können. Für mich besteht der Grundauftrag der Armee immer noch im Auftrag, unser Land zu schützen und gegen fremde Angriffe zu verteidigen. Gut ist, dass der Bundesrat nun klarstellt, was Verteidigung genau bedeutet, nämlich dass es nicht unbedingt eine Bedrohung durch einen Staat sein muss, sondern dass eben auch moderne Bedrohungen – ich denke da an den Anschlag in Paris vom 13. November – als Verteidigungsfall angesehen werden, welche zu einer ausserordentlichen Lage in unserem Lande führen können. Der neue Sicherheitspolitische Bericht ist seit letztem November in der Vernehmlassung. Es gibt Stimmen die sagen, dieser Bericht diene nur der Rechtfertigung der WEA. Teilen Sie diese Auffassung? Es ist meines Erachtens eine überspitzte Formulierung. Der Sicherheitspolitische Bericht ist in gewissen zeitlichen Abständen notwendig. Aus meiner Sicht wäre es jetzt – wenige Jahre nach dem letzten Bericht 2010 – angebracht, einen kürzeren, konziseren und pointierten Bericht, gewissermassen ein Update vorzulegen. Gerade im Jahre 2015 ist klar ersichtlich, wie schnell sich die Bedrohungslage verändert! Es braucht deshalb eine schnellere und klarere Aufdatierung eines Sicherheitspolitischen Berichtes. Die Sicherheitspolitische Strategie richtet sich gemäss dem neuen Bericht auf drei Kernbegriffe aus: Selbständigkeit, Kooperation und Engagement. Sind die Begriffe Selbständigkeit und Kooperation nicht ein Widerspruch in sich selbst? Im Entwurf des Sicherheitspolitischen Berichtes heisst es explizit, dass sich die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Konfliktes in Europa und seiner Peripherie erhöht hat, dies hätte auch Konsequenzen für die Schweiz. Ich persönlich teile diese Auffassung und sehe in Selbständigkeit und Kooperation keine Widersprüche. Sollte es eine kriegerische Auseinandersetzung in Europa geben, an der die Schweiz nicht direkt teilhat, so ist die Schweiz im Herzen Europas trotzdem be- troffen und auf Kooperation angewiesen. Dies ist eine Realität. Grundlegend wichtig ist deshalb, dass die Schweiz eine gut ausgerüstete und ausgebildete sowie eigenständige Armee hat, damit sie ihren Partnern auf Augenhöhe begegnen kann. Die Verbindlichkeit der Sicherheitspolitischen Berichte wird immer wieder bezweifelt. Dies vor allem deshalb, weil das Parlament diese Berichte nur zur Kenntnis nimmt. Damit haben diese Aussagen keine Verbindlichkeit für das Sicherheitspolitische Handeln des Parlaments. Warum wird der Bericht nicht genehmigt und damit für Bundesrat und Parlament zwingend für das Handeln? Das hohe Gut Sicherheit und vor allem das Bewusstsein für die Sicherheit hat sich in den letzten Monaten in unserem Land sehr erhöht. Es ist den Bürgerinnen und Bürgern bewusst geworden, in welch sicherem Land wir hier leben, obwohl auch diese Sicherheit relativ ist und die aktuellen Terrorbedrohungen auch unser Land treffen können. Ich bedauere, dass der politische Stellenwert des Sicherheitspolitischen Berichtes immer noch relativ klein ist, weil er nur zur Kenntnis genommen wird und nicht genehmigt werden kann. Dies müsste aus meiner Sicht neu überdacht werden. Es wäre ein Vorgehen zu befürworten, in dem sich auch das Parlament mehr einbringen kann und nicht nur darüber diskutiert, sondern Anträge stellen kann und den Bericht genehmigen müsste. Damit würde der Bericht auch sehr viel verbindlicher. Weiter soll der Bericht der Umsetzung der Erkenntnisse aus der SVU 14 dienen. Hier geht es insbesondere um die sicherheitspolitische Führung auf Stufe Bund und Kantone. Welcher Handlungsbedarf besteht im Bereich der Führung auf Stufe Bund? Muss der Bund bei Grossereignissen (Erdbeben, Evakuationen, usw.) vermehrt eine Führungsrolle übernehmen, wenn ja, welche? Heute gilt, dass jedes Departement je nach Krise selbst in der Lage sein muss, die Führung zu übernehmen. Ich persönlich bin aber der Meinung, dass eine Krise, die zu einer ausserordentlichen Lage führt, zum Beispiel ein Terroranschlag der mehrere Kantone gleichzeitig betrifft, aus einer Hand geführt werden muss. Natürlich stehen die betroffenen Kantone dann an vorderster Front, aber es ist gerade dann wichtig, dass die Koordination gut läuft und auch die Verantwortung in einer Hand ist. Corina Eichenberger Nationalrätin Corina Eichenberger-Walther ist seit 2007 Nationalrätin des Kantons Aargau und gehört der Fraktion «FDP – die Liberalen» an. Sie ist Rechtsanwältin und Mediatorin, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und wohnt in Kölliken. Neben dem Präsidium der SiK-N arbeitet sie in folgenden Kommissionen mit: Mitglied der Geschäftsprüfungskommission NR, Vizepräsidentin der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel-V), Stellvertreterin in der Immunitätskommission NR, Mitglied der Delegation bei der parlamentarischen Versammlung des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses (NATO, NATO-V). Häufig monieren Kritiker der Armee und der Sicherheitspolitik, dass zuerst einmal eine richtige Darstellung der Bedrohung nötig sei, bevor Massnahmen beschlossen werden können. Bildet die aktuelle Version des Berichts die Risiken und Gefahren, denen die Schweiz ausgesetzt ist, richtig ab? Sind die aktuellen Gefahren klar dargestellt? Ich bin der klaren Auffassung, dass die Bedrohungen und damit die Risiken und Gefahren bekannt sind. Es sind ähnliche oder die selben wie in unseren Nachbarländern. Eine richtige Darstellung der Bedrohung ist gar nicht mehr nötig, dies macht der Sicherheitspolitische Bericht vollständig und sehr ausführlich. Sehr geehrte Frau Nationalrätin Eichenberger, ich danke Ihnen herzlich für dieses Interview und wünsche ihnen in ihrer verantwortungsvollen Aufgabe alles Gute. ■ * Armee, Sicherheitsverbund, Polizeiwesen, Nachrichtendienst, Wirtschaftliche Landesversorgung, Abrüstung, Non-Proliferation, Friedensförderung, usw. Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 9 Sicherheitspolitik Der neue sicherheitspolitische Bericht 1 Ende Oktober 2015 ist der Entwurf zum neuen SIPOL B veröffentlicht worden. Bis anhin hat man noch nicht allzu viele Kommentare dazu lesen können. Im nächsten Frühjahr wird das Parlament darüber befinden. 2. Armee Im Kapitel 4.7 (Seite 76) wird der «AnAuf den ersten Blick kommt der neue passungsbedarf bei den Instrumenten der SiBericht in bekannter Art daher. Man cherheitspolitik» angesprochen. Zur Armee könnte annehmen, dass es sich um eine liest man folgendes: Fortschreibung der bisherigen Berichte «Mit dem Projekt Weiterentwicklung der aus den Jahren 2000 und 2010 handelt. Armee wird die Armee umfassend und entInhaltliches Bei näherer Betrachtung jedoch stellt man lang der Aussagen dieses Berichts angepasst. Drei Punkte sollen kurz angesprochen Es befindet sich in der parlamentarischen einige Neuerungen fest, die erwähnenswerden. wert sind. Beratung. Wenn diese mit einer Zustimmung zum Projekt endet, ist keine weitere 1. Sicherheitspolitische Führung Anpassung für die nächsten Jahre vorzuseLektüre des Berichts in der Krise hen. Wenn das Projekt abgelehnt wird, muss Bevor ausgewählte inhaltliche Aspekte Mit dem Entwurf zum neuen SIPOL B die Planung der künftigen Armee mit allenangesprochen werden, ein Wort zur Lek- wird in Sachen Führung in der Krise auf falls veränderten Rahmenbedingungen von türe des Berichts. Den hie und da erho- Stufe Bund Klarheit geschaffen. Je nach Grund auf neu begonnen werden.» benen Vorwurf 2, dass das Papier schwer Krise muss jedes Departement in der Lage Welches der heutige Stand der WEA in lesbar sei und unnötige Wiederholun- sein, die Führung zu übernehmen, even- den parlamentarischen Gremien ist, darf gen enthalte, kann ich nicht teilen. Ein tuell noch verstärkt durch Mittel der an- als bekannt vorausgesetzt werden. AufSIPOL B ist kein Roman. merksam wird man aber Er wird nicht von A –Z die konkreten Schritte seichronologisch gelesen. Es tens der Landesregierung «Je nach Krise muss auf Stufe Bund gibt Kapitel, die effektiv und des Parlaments in den jedes Departement in der Lage sein, von vorn bis zum Schluss kommenden Jahren verfolgelesen werden sollten. Angen müssen und zwar im die Führung zu übernehmen.» dere, z.B. das Kapitel 2.3. Lichte zum Beispiel folgen«Sicherheitspolitisch relevander Aussagen: te Organisationen und Vereinbarungen», deren Departemente. Einen permanenten • «Die Wahrscheinlichkeit eines militärikönnen je nach Interesse und Informati- Krisenstab auf Stufe Bund soll es nicht schen Konflikts in Europa und seiner Peonsbedarf einzeln herausgepickt werden. geben. Die Begründung dazu ist einripherie, der auch Konsequenzen für die Jedes einzelne dieser Kapitel ist in sich leuchtend (u. a. identische Führung auf Schweiz hätte, hat sich … erhöht. Die geschlossen und endet mit Ausführun- Stufe Bund in normalen, besonderen und Verteidigungsfähigkeit ist wieder stärker gen zu den «Möglichkeiten einer verstärk- ausserordentlichen Lagen, Respektierung zu einem sicherheitspolitischen Thema in ten Mitwirkung der Schweiz» 3. Ein weite- des departementalen Regierungssystems). Europa geworden.» (S. 30) res Kapitel, das ebenfalls punktuell kon- Zwingende Voraussetzung, dass dies auch • «Die Schweiz muss sich insbesondere die sultiert werden kann, ist das Kapitel 4 in einer effektiven Krise funktioniert, ist Fähigkeiten bewahren, Verteidigungsein«Die sicherheitspolitischen Instrumente und aber, dass in allen Departementen im Krisätze ohne fremde Hilfe durchführen zu ihr Beitrag zur Bekämpfung der Bedrohun- senmanagement und in der Stabsarbeit können, … (S. 35) gen und Gefahren». Jedes Unterkapitel ist unter erhöhtem Druck gründlich geschul- • «Die Schweiz gehört zu den Staaten, welunterteilt in «Prävention» und «Abwehr te Personen zur Verfügung stehen. Die che die Armee nicht als ein Instrument zur und Bewältigung». Im Gegensatz zu frü- Begeisterung, sich schulen zu lassen, ist Verfolgung machtpolitischer Ziele und Inheren Berichten, in denen diese Kapitel aber nachweislich nicht überall gegeben. teressen jenseits der Landesgrenzen sehen. vornehmlich beschreibenden Charakter Hier besteht grosser Handlungsbedarf, Die Armee muss aber für die Verteidigung, hatten, werden die verschiedenen sicher- geht es doch darum zu erkennen, dass die subsidiäre Unterstützung der zivilen heitspolitischen Instrumente mit ihren eine Schulung nicht zwingend nur von Behörden und die militärische FriedensLeistungen anhand der einzelnen Bedro- aussen kommen muss. Jede Organisatiförderung gut ausgebildet und ausgerüstet hungen und Gefahren dargestellt. Dieser onseinheit kann sich selber schulen, jesein.» (S. 50) Fortschritt ist lobenswert; er erhöht die des Departement muss eine systematische • «Selbständigkeit heisst, so viel wie realisAussagekraft des SIPOL B ganz erheblich. interne Schulungsagenda vorweisen und tisch möglich selbst für die eigene SicherDie konkrete Beschreibung der verschie- diese umsetzen. heit zu sorgen, und sich so viel wie nötig Martin von Orelli 10 denen Beiträge und Verantwortlichkeiten könnte zum Beispiel den sicherheitspolitischen Kommissionen von National- und Ständerat Hinweise für weitergehende sicherheitspolitische Diskussionen liefern. Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Sicherheitspolitik auf andere abstützen, … Selbständigkeit bedeutet aber auch, über eigene Mittel und Fähigkeiten zu verfügen und diese zeitgemäss weiterzuentwickeln, …; dies ist auch Voraussetzung, um mit anderen kooperieren zu können – nur wer auch eigene Mittel und Fähigkeiten besitzt, kann sich als echter Partner in eine Kooperation einbringen.» (S. 52). 3. Zivildienst Im bereits erwähnten Kapitel 4 werden die sicherheitspolitischen Instrumente der Schweiz aufgezählt. Neben der Aussenpolitik, der Armee, dem Bevölkerungsschutz, dem Nachrichtendienst, der Polizei, der Wirtschaftspolitik und der Zollverwaltung wird der Zivildienst aufgelistet. Das war bereits so im SIPOL B 2010 4. Glaubt man Insidern, die selber am Entwurf zum neuen SIPOL B mitgearbeitet haben, dann gab das ganz erhebliche und emotional geführte Diskussionen in der Arbeitsgruppe. Aber um des Friedens willen und um das zuständige Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung nicht zu vergrämen, hat man nachgegeben und den Zivildienst auch weiterhin als sicherheitspolitisches Instrument bezeichnet. Da kann man nur den Kopf schütteln. Seifenkistenrennen organisieren, Waldwege bauen, auf Schulplätzen die Pausenaufsicht sicherstellen, in Spitälern und Altersheimen Dienst leisten u.dgl.m5. hat mit Sicherheitspolitik nichts zu tun. Der in der Bundesverfassung festgeschriebene Grundsatz der Möglichkeit eines Zivildienstes wird seit Jahren immer grosszügiger interpretiert, und von den geforderten Gewissensnöten seitens der Gesuchsteller in Sachen Militärdienst kann in vielen Fällen schon gar nicht mehr die Rede sein. Zahlreiche junge Schweizerbürger optimieren ihr persönliches Curriculum ohne jegliche Gewissensnot 6. Hier besteht Handlungs- bzw. Korrekturbedarf im Parlament! 7 Wie umstritten die Bezeichnung des Zivildienstes als sicherheitspolitisches Instrument bereits im SIPOL B 2010 war, geht aus folgender Textstelle hervor: «Gemäss dem Zielkatalog, der im Zivildienstgesetz festgeschrieben ist, leistet der Zivildienst auch Beiträge im Rahmen der nationalen Sicherheitskooperation sowie Beiträge, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu erhalten. Damit ist der Zivildienst auch ein Instrument der Sicherheitspolitik, wobei über die Frage, welche konkreten sicherheitspolitischen Beiträge er leisten kann und soll, noch Unklarheit herrscht.» Wurde diese Unklarheit jemals beseitigt? 8 Fazit Das Wort des CdA Eine erste Lektüre zeigt, dass sich die Autoren des Berichts nicht einfach an frühere Berichte angelehnt haben, sondern gewillt waren, aussagekräftiger zu argumentieren. Es liegt aber nach wie vor in der Natur der Sache, dass die schweizerischen sicherheitspolitischen Berichte den kleinsten gemeinsamen Nenner auf Stufe Landesregierung widerspiegeln. Wollte man mehr Wirkung erzielen, müsste unabdingbar das Parlament verbindlicher eingebunden werden. Es sei in Erinnerung gerufen, dass das Parlament den Bericht nicht genehmigt, sondern lediglich zur Kenntnis nimmt. Über diesen unbefriedigenden Zustand müsste separat debattiert und zum Beispiel die Anregung des verstorbenen Nationalrates Peter Malama (BS, FDP) wieder hervor genommen werden. Es wäre in jedem Fall an der Zeit, die Grundlagen dafür zu schaffen, dass sich das Parlament verpflichtender zum Basisdokument der schweizerischen Sicherheitspolitik äussern könnte bzw. müsste. ■ 1 Bericht des Bundesrates über die Sicherheitspolitik der Schweiz, Entwurf vom 26. Oktober 2015. 2 Vgl z.B. B.Lezzi, «Verteidigung neu denken», in: NZZ, 30. Dezember 2015. 3 Interessant ist die Tatsache, dass von einer reduzierten Mitwirkung nirgends die Rede ist. Gerade an die Adresse der nationalkonservativen Kreise könnte ein entsprechender Hinweis nützlich sein. 4 Vgl Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz, vom 23. Juni 2010, Ziff. 5.8 «Zivildienst». 5 Der im Kap. 4.6. (Seite 75) erwähnte Einsatz von Zivildienstleistenden mit Spezialkenntnissen ist und bleibt eine Ausnahme und dürfte lediglich ganz wenige betreffen. Dieser Ausnahmeeinsatz rechtfertigt in keiner Art und Weise die Einreihung des Zivildienstes auf die gleiche Stufe wie die anderen, unbestrittenen sicherheitspolitischen Instrumente der Schweiz. 6 Pro Jahr werden zurzeit 5000 – 6000 Gesuche um direkte Einteilung in den Zivildienst bzw. Umteilung in den Zivildienst eingereicht. 7 Dabei soll dem Bericht der Studiengruppe Dienstpflichtsystem, die sich mit eventuellen Anpassungen des Zivildienstes befasst, nicht vorgegriffen werden. 8 Und falls jemand noch Zweifel hegt, möge er im SIPOL B 2010 die Ziff. 5.8.2 «Besonderheiten» nachlesen! Divisionär a D Martin von Orelli Dr. phil. ehem. Stv CdA 7000 Chur Prognosen und Verantwortung Erinnern Sie sich noch an die Jahresprognose 2014 der Neuen Zürcher Zeitung? Selbstbewusst wurden «14 Krisen, welche 2014 wichtig werden», beleuchtet. Nachdenklich mussten wir Ende 2014 zur Kenntnis nehmen, dass weder der Krieg in der Ukraine, noch der entstehende «Islamische Staat» vorhergesehen wurden. Mit Freude habe ich im Dezember 2015 in derselben Zeitung nun den selbstkritischen Artikel «Jahresrückblick 2015 – Wo wir falsch lagen» gelesen. Aus einer Situation gelernt und das Gelernte umgesetzt. Chapeau! Das tun wir noch nicht immer so rasch und so konsequent. Dass man sich in einer Prognose täuschen kann, ist menschlich. Allerdings sind die Konsequenzen je nach Verantwortungsbereich sehr unterschiedlich. In der Armee haben Entscheide oft jahrelange Auswirkungen – oder sind sogar erst dann spürbar. Noch vor einem Jahr wurde auf politischer Stufe entschieden, dass langandauernde subsidiäre Einsätze der Armee reduziert werden sollen. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Und doch waren plötzlich wieder mehr Kräfte am WEF nötig und es wird über Einsätze der Schweizer Armee gesprochen, welche bisher kaum ein Thema waren. Stichwort Sonderoperationskräfte oder Verstärkung des Grenzwachtkorps. Das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir breit aufgestellt bleiben und ein umfassendes Leistungsprofil abdecken können. So, wie es im Armeebericht beschrieben ist. Nur damit haben wir je nach Lageentwicklung auch die notwendige Handlungsfreiheit. Mein Dank gilt dabei vor allem all jenen unter Ihnen, welche täglich ihre Bürgerpflicht erfüllen und sich dabei seriös für die Sicherheit in unserem Land einsetzen. Die Armee ist im Bereich Sicherheit die einzige Reserve und es ist eben wie bei der Versicherung: Wer die Police in der Hand und die Prämie bezahlt hat, kann mit der vereinbarten Leistung rechnen. Bei uns heisst das kämpfen, schützen oder helfen. Korpskommandant André Blattmann Chef der Armee Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 11 Sicherheitspolitik NATO: Cyber Defence als politisch-strategische Herausforderung «We are committed to developing further our national cyber defence capabilities, and we will enhance the cyber security of national networks upon which NATO depends for its core tasks, in order to help make the Alliance resilient and fully protected. Close bilateral and multi-national cooperation plays a key role in enhancing the cyber defence capabilities of the Alliance. We will continue to integrate cyber defence into NATO operations and operational and contingency planning, and enhance information sharing and situational awareness among allies.» Ulrich Schlie Die Ziffer 73 der Erklärung der Staatsund Regierungschefs auf dem NATOGipfel in Wales vom 5. September 2014 steckt voller guter Absichten und weist den Weg nach vorne. Die NATO wird ihre Cyber-Aktivitäten verstärken und nimmt dabei ihre Mitgliedsstaaten in die Pflicht. Cyber defence gilt heute übereinstimmend als eine wesentliche Herausforderung der Sicherheit. Als eine solche Gefährdung der Sicherheit werden die Bedrohungen aus dem Cyber-Raum wiederkehrend in politischen Grundsatzdokumenten und Reden führender Allianzpolitiker identifiziert. Rekapituliert man die Diskussionen über Cyber im Allianzrahmen, so zeigen sich die ganzen Schwierigkeiten, die ein unzweifelhaft aufwachsendes, aber gleichwohl schwer fassbares begriffliches Thema für die sicherheitspolitische Gemeinschaft darstellt. Denn zunächst hängen die richtigen Antworten auf die mit dem Politikfeld «Cyber security» verbundenen Herausforderungen vom Bewusstsein der tatsächlichen Dimension der Gefährdung ab. Anspruchsvolle politische Definition Dies betrifft zuerst und grundlegend die Frage der politischen Definition, dies schliesst sodann die richtige Form der Kommunikation der Bedrohung im politisch-strategischen Diskurs ein und stellt nationale Regierungen vor die organisatorisch-bürokratische Herausforderung, im Verständnis einer gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge und ressortübergreifend die richtigen administrativen Organisationsentscheidungen zu treffen. Wesentlich mit 12 dieser politisch-administrativen Dimension des Themas verbunden ist die Frage nach der angemessenen rechtlichen, insbesondere völkerrechtlichen Einstufung. Dies betrifft sowohl die Fortentwicklung des Völkerrechts als auch die im Allianzrahmen zu diskutierende Frage, ob CyberAttacken den Artikel 5 – Bündnisfall auslösen können. Die in Wales 2014 dazu gefundene Kompromisslösung, dass der NATO-Rat im Zweifelsfall darüber zu befinden habe, ist politisch konsequent und stellt gegenüber der bis dahin geltenden vollkommenen Grauzone zumindest einen Schritt nach vorne dar. Doch was genau stellt eine Cyber-Attacke dar? Die Aktivitäten im Cyber-Raum sind vieldimensional. Cyber-Spionage, Cyber-Verbrechen und Cyber-Krieg können dabei ineinander übergehen und folgen doch jeweils ganz unterschiedlichen Kalkülen. Kriminelle nutzen Sicherheitslücken in den gängigen Programmen und manipulieren die Software auf den als Ziel identifizierten Computern. Die auf diese Weise gekaperten Computer können systematisch ausgebeutet werden, und nicht selten handeln Cyber-Kriminelle für staatliche Auftraggeber. Zu den Schwierigkeiten, die sich beim Politikfeld der Cyber security ergeben, gehört der Umstand, dass hierbei staatliches Handeln tief in Domänen eingreifen muss, die sich zu überwiegenden Teilen in privater Hand befinden. Denn die kritische Infrastruktur eines Landes – Strom, Wasser, Telekommunikation, Transport, Krankenhäuser, Banken – bildet naturgemäss bei Angriffen aus dem Cyber-Raum das bevorzugte Zielgebiet, und gemeinsam ist diesen Bereichen, dass sie sich in fast allen Ländern ausserhalb der unmittelbaren Kontrolle des Staates befinden. Wasser- und Stromversorgung, Ab- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 wasserentsorgung, U-Bahnnetze, Hochgeschwindigkeitsverkehrslinien und Eisenbahnknotenpunkte: immer erfolgt die Steuerung auf elektronischem Wege, der Ausfall eines Zentralcomputers kann ganze Systeme lahmlegen. Gerne von den Cyber-Kriminellen ins Visier genommen sind Bankbetriebssysteme, deren Kollaps in Zeiten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs enorme volkswirtschaftliche Auswirkungen haben kann. NATO Cyber Defence Centre in Tallinn (Estland). Bild: news.err.ee Sicherheitspolitik Paradigmenwechsel Internet Hinzu kommt ein Paradigmenwechsel, der mehr und mehr den Umgang mit dem Internet bestimmt. Einst, vor über zwei Jahrzehnten, ist das Netz auf der Grundlage von gegenseitigem Vertrauen aufgebaut worden. In der Zwischenzeit hat die kommerzielle Nutzungsorientierung, der Geheimnisverrat, die Verletzung der Privatsphäre und die fortlaufende Grenzübertretung beim Schutz intellektuellen Eigentums unser Verhältnis zum Netz grundlegend verändert. Der Ruf nach Schutzwällen und die Bemühungen um eine Ethik des Internets sind ein Gebot der politischen Klugheit. Das Internet ist zur Kampfzone mutiert. Als es im Sommer 2008 nach der Abspaltung Südossetiens und Abchasiens zum russisch-georgischen Krieg kam, war es nicht zufällig, dass zeitgleich die Homepage der georgischen Regierung und die des Staatspräsidenten Saakaschwili lahm gelegt waren. Der Urheber dieser Distributed Denial of Service-Attacke ist allerdings schwer zu lokalisieren. Viele Angriffe werden vor allem aus China verzeichnet, doch oft verläuft sich die Spur; die geographische Herkunft des Computers jedenfalls kann am wenigsten als zuverlässiges Indiz auf den Ausgangspunkt des Angriffs betrach- tet werden. Ähnlich schwierig sind auch Rechtsfragen, die sich auf Aspekte der Cyber defence und der Cyber security beziehen. Gerade die schier unüberschaubaren Cyber-Daten verlangen danach, dass internationale Übereinkünfte die Sammlung und den Datenfluss kanalisieren. Regierungen müssen den Punkt definieren, ab dem ein Eingriff in die Regelungen des Cyber-Raums sinnvoll ist, bis wohin die Industrie in Eigenständigkeit, aber nach klar definierten Standards selbstregulierend tätig werden kann, und wie sich die Staaten am besten gegen die Sicherheitsgefährdungen aus dem Cyber-Raum schützen können. Dies beschreibt auch den politischen Rahmen, in dem die Nordatlantische Allianz das Thema Cyber-Sicherheit diskutiert. Cyber-Attacke auf Estland 2007 Spätestens seitdem im Mai 2007 nach einem Streit über ein sowjetische Kriegsdenkmal eine allmählich aufwachsende massive Cyber-Attacke die estnischen Computer-Netze – allen voran die Website des Premierministers, der Regierung und einer führenden Supermarktkette – lahm legte, ist das Thema Cyber defence auf die Tagesordnung der Allianz aufgerückt. Beweise für eine russische Urheber- schaft indes konnten nie gefunden werden. Es war deshalb folgerichtig, im Mai 2008 ausgerechnet in Tallinn ein Center of Excellence zu begründen. Dort geht heute entsandtes Personal aus derzeit acht Nationen Fragen der Forschung und Ausbildung im Zusammenhang mit Fragen der Cyber defence nach. Den offiziellen Eingang in die NATO-Doktrin fand Cyber durch das im Herbst 2010 auf dem Gipfel in Lissabon verabschiedete Strategische Konzept. Zu Recht wurden darin Cyber-Angriffe als Gefährdung für die transatlantische Sicherheit und Stabilität eingestuft. Seit Juni 2011 verfügt die Allianz mit der Cyber defence policy über ein neues Politikfeld, deren fortlaufende Umsetzung durch den Cyber Defence Action Plan sichergestellt ist. Im Falle einer Cyber-Krise obliegt dem Cyber Defence Management Board die Koordinierung der notwendigen Massnahmen sowie die Steuerung der NATO Computer Incident Response Capability (NCIRC). Mit dem NCIRC sind eine durchgehende zentrale Überwachung aller vorgesehenen Netze sowie die Erfassung auch anspruchsvoller Bedrohungen der NATOEinrichtungen sichergestellt. Der Cyber Defence Action Plan hat indes vor allem Auswirkungen auf die Streitkräftefähigkeiten im Allianzrahmen. In allen Ländern müssen zunächst die innerstaatlichen Voraussetzungen geschaffen und die entsprechenden Massnahmen getroffen werden, um auf dieser Grundlage die nationale Mitwirkung auf politischstrategischer Ebene in den entsprechenden Foren von NATO und EU ermöglichen zu können. Dies betrifft insbesondere auch die Rolle von Streitkräften. Fragen der Cyber defence sind heute schon aufs engste mit Überlegungen der konventionellen Kriegführung verbunden. Mit nationalen Cyber-Führungselementen kann die Koordinierung des Einsatzes der CNO-Fähigkeiten in einem militärischen Einsatz gesteuert und im Bündnisrahmen als Teil einer defensiven oder auch offensiven Gesamt-Operationsführung koordiniert werden. Das Spektrum der Fähigkeiten für ComputernetzwerkOperationen ist heute vorrangig darauf gerichtet, im Rahmen der Bündnisverteidigung als Landesverteidigung einen bewaffneten Angriff abzuwehren. Dies erfordert die Befähigung zum Wirken im Cyber-Raum. Der Aufbau eines CyberFührungselementes als Kernelement mit Aufwuchsfähigkeit durch nationale und internationale Kräfte für Übungen und Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 13 Sicherheitspolitik den Einsatz ist deshalb folgerichtig. Schon die Verteidigungspolitischen Richtlinien vom Mai 2011 haben mit ihren Vorgaben, dass die deutschen Streitkräfte ein möglichst breites Fähigkeitsspektrum abdecken müssen, die Voraussetzungen für die Stärkung der CNO-Kräfte als unverzichtbares Wirkmittel moderner Streitkräfte sowohl mit Blick auf defensive als auch auf offensive Massnahmen geschaffen. Und die von Deutschland als «deliverable» für den NATO-Gipfel in Wales koordinierte Rahmennationen-Initiative (Framework Nations Concept) bildet für die Zusammenarbeit bei Cyber-Fähigkeiten einen wesentlichen Beitrag. Konflikte werden heute, und erst recht morgen, auch im Cyber-Raum ausgetragen Es zählt zu den unausweichlichen Konsequenzen, dass durch die Verschärfung der allgemeinen Bedrohungs- und Gefährdungslage die politische und wirtschaftliche Relevanz von Cyber-Sicherheit zunehmen wird. Bewaffnete Konflikte werden bereits heute, und erst recht morgen, auch im Cyber-Raum ausgetragen werden. Bei einer Cyber-Krise sind erhöhte Anforderungen an die gesamtstaatliche Koordination, aber insbesondere auch an das Wirken im Verbund mit Partnern gestellt. Es ist deshalb konsequent, dass Fragen der Cyber-Sicherheit in den supranationalen Foren an Bedeutung gewinnen werden. In der allgemeinen Wahrnehmung von Cyber-Sicherheit dominierten zunächst die technischen Aspekte. Die Auswirkungen auf Streitkräftefähigkeiten, die zunehmende operative Bedeutung des Cyber-Raums bei militärischen Auseinandersetzungen scheint erst allmählich ins Bewusstsein vorzudringen. Die im Cyber Defence Action Plan festgehaltenen Aufgaben beschreiben den schleichenden Wandel, der insgesamt in den Partnerstaaten der Allianz mit Blick auf die Gefährdungen des Cyber-Raums stattgefunden hat. Denn in fast allen Partnerstaaten der Nordatlantischen Allianz wird das Thema Cyber-Verteidigung heute über die rein technische IT-Sicherheit und den Schutz der eigenen Systeme hinaus begriffen. Mit Blick auf das Bewusstsein und die Umsetzungsmassnahmen finden sich indes auch unter NATOMitgliedstaaten grosse Abweichungen. Es überrascht wenig, dass die Vereinigten Staaten auch beim Thema Cyber defence und Cyber security tonangebend sind. 14 Die amerikanischen Streitkräfte verfügen im Cyber Command, das dem Strategic Command untersteht, über ein Instrument, das Aspekte der IT-Sicherheit mit operationellen Fähigkeiten zusammenbringt. Die Verantwortlichkeiten für Cyber Policy sind im Pentagon zwar noch immer an verschiedenen Stellen zusammengefasst, doch es gibt keinen anderen Ort auf der Welt, in dem Cyber so sehr als politisch-strategische Herausforderung erkannt ist wie in Washington. In Grossbritannien liegt seit November 2011 eine umfassende Cyber Security Strategy vor, die die Bekämpfung der Cyber-Kriminalität versieht, die Widerstandsfähigkeit gegen Cyber-Angriffe zum Schutz der britischen Interessen im Cyber-Raum stärken möchte und die Gewährleistung eines sicher nutzbaren Cyber-Raums als britisches nationales Interesse benennt. Auch in Frankreich ist in mehreren Grundsatzdokumenten der Anspruch auf eine globale Rolle des Landes beim Thema CyberSicherheit erhoben. Mit diesen grundsätzlichen Betrachtungen geht immer auch eine politische Prioritätensetzung einher. So wurde in Deutschland als vorrangiges Thema der Cyber-Sicherheit die Gewährleistung sicherer Informationssysteme und eines sicheren Cyber-Raums sowie die Stärkung der Sicherheit kritischer ITNetze identifiziert. Es war deshalb konsequent, dass in Deutschland im April 2011 ein Cyber-Abwehrzentrum eingerichtet wurde, bei dem die Bundesämter für Sicherheit und Information, Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und das Bundesamt für Verfassungsschutz vertrauensvoll zusammenwirken und Bundeskriminalamt, Bundespolizei, Bundesnachrichtendienst sowie Bundeswehr Verbindungselemente beisteuern. Ebenfalls seit Mai 2011 kommt ein Cyber-Sicherheitsrat mit Vertretern von mehreren Bundesministerien – Auswärtiges Amt, Bundesministerium der Finanzen, des Inneren, für Justiz, für Wirtschaft, für Bildung und Forschung, der Verteidigung, sowie Vertretern der Bundesländer – zu regelmässigen Arbeitstreffen zusammen. Für eine koordinierende Cyber-Aussenpolitik gibt es im Auswärtigen Amt seit August 2013 einen Sonderbeauftragten für Cyber-Aussenpolitik, und Bundesministerin von der Leyen hat 2015 in einer Strategischen Leitlinie zum Thema CyberVerteidigung die wesentlichen Vorgaben für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung zusammengefasst. Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Fazit Zu den politischen Zukunftsaufgaben, die sich aus einer aktiven Cyber security policy für die Mitgliedsstaaten der Nordatlantischen Allianz ergeben, zählt auch der Ausbau der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Die Kooperation mit der Europäischen Union bleibt eine der Zukunftsaufgaben, bei der sich die europäischen Mitglieder der NATO um eine engere sicherheitspolitische Verklammerung, grössere Arbeitsteilung und die Identifizierung von verbindlichen gemeinsamen Standards verdient machen können und zu einem gemeinsamen Verständnis von Sicherheit gelangen können. Zwar hat sich die Europäische Union im zeitlichen Abstand zur NATO im Februar 2013 eine Cyber-Sicherheitsstrategie verpasst. Deren wesentliche Schwerpunkte sind das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit in der Prävention, abgestufte Widerstandsfähigkeit, öffentlich-private Partnerschaften sowie die Zusammenarbeit mit Partnern weltweit. Cyber-Verteidigungspolitik und Cyber-Verteidigungsfähigkeiten im Rahmen der GSVP gelten als prioritär. Doch das im Vergleich mit der Allianz deutlich geringer ausgeprägte sicherheitspolitische Grundverständnis der Europäischen Union zeigt sich beim Thema Cyber security besonders deutlich. Von einem echten Brückenschlag zwischen zivilen und militärischen Ansätzen kann hier noch nicht die Rede sein, denn eine Betrachtung offensiver Cyber-Fähigkeiten ist bislang im Rahmen der Europäischen Union nicht vorgesehen. Die Europäische Union beansprucht in ihrer Cyber-Sicherheitsstrategie für sich allenfalls eine koordinierende, mitwirkende Rolle und überlässt den nationalen Regierungen den Vorrang. Bewusstseinsbildung, politische Kommunikation, Verbreiterung des gesamtstaatlichen Sicherheitsverständnisses und die entsprechenden Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit im Cyber-Raum nehmen unsere Staaten in die Pflicht: Parlamente, Regierungen und deren Apparate, insbesondere Streitkräfte, Nachrichtendienste und Auswärtigen Dienste, sind daher auf besondere Weise gefordert. ■ Ulrich Schlie Dr. phil. M.A. ehemaliger Politischer Direktor im deutschen Verteidigungsministerium Medford M.A., USA Sicherheitspolitik Überlegungen zur gegenwärtigen Lage der Bundeswehr Der Blick auf die gerade zu Ende gegangene Grossübung der NATO verstärkt die Bedenken zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Zugleich werden auch die Vorbehalte deutlicher, was den politischen Willen angeht, besonders wenn es darum geht, die 2013 erhobene Forderung nach der Übernahme von mehr Verantwortung umzusetzen. Wolfgang Kopp Betrachtet man dagegen die deutsche Übungsbeteiligung im Bereich der Kampfverbände und -einheiten, so entsteht ein völlig anderer Eindruck. Hier begrenzte sich der deutsche Beitrag auf drei Schiffe, was einen maritimen Anteil von etwa fünf Prozent ausmacht. Dieses Mehr an Verantwortung kann sowohl ein Mehr an politischer Verantwortung, als auch ein Mehr an militärischem Engagement Deutschlands bedeuten. Dieses Mehr an Verantwortung bedeutet dann grössere Solidarität im Bündnis und einen soliden militärischen Beitrag. Nur so kann erreicht werden, dass der politischen Ab«Die beste Ausrede, sicht im äussersten Fall die Mittel zur Verfügung stehen, die ihre Durchsetzung mit wenn man politisch militärischer Gewalt ermöglichen. Die nicht will, ist die, dass man Übereinstimmung von politischem Willen und militärischen Mitteln zeigte sich militärisch eigentlich im damaligen NATO-Konzept in den Jahgar nicht kann.» ren bis 1990 besonders beispielhaft. Damit wurde letzten Endes auch die politische Wende in Europa möglich. Betrachtet man die Übung «Trident Weder das Heer, noch die Luftwaffe waJuncture», so fällt auf, dass die Bundes- ren aber sichtbar. Könnte man beim wehr umfangreich beteiligt war. Neben Heer noch die Ausrede gelten lassen, dass der Übernahme der Führung durch das die Übung in Spanien, Portugal und ItaMultinationale Hauptquartier in Ulm, lien stattgefunden hat, so gilt dies für das im Kern mit deutschem Personal aus- die fehlende Sichtbarkeit der Luftwaffe gestattet ist, engagierte sich Deutschland nicht. Auch beim Heer bleibt es eine mit Schwerpunkt im logistischen Unter- Ausrede. bau der Übung. Das kennzeichnet in ge- Mit dem Hägglund geht es auch durch schwerstes Gelände. wisser Weise die HalBilder: Facebook-Bundeswehr tung der deutschen Politik und ihr Verständnis von gelebter Solidarität. Logistische und sanitätsdienstliche Kompetenz und die Bereitschaft, Ausbildungshilfe zu leisten, sind offenbar das, was die politische Führungsriege unter dem Mehr an Verantwortung im Feld sicherheitspolitischer Hardware verstehen will. Gewollt oder ungewollt hat Deutschland wieder einmal seinen politischen Willen zu militärischer Zurückhaltung gezeigt, der spätestens seit dem Koalitionsvertrag von 2009 1 Programm ist. Heute gilt die Bundeswehr in den Aufgabenbereichen Logistik und im Sanitätsdienst als besonders kompetent. So stellt die Politik ihre Streitkräfte auch besonders gerne dar. Bis in die 90er Jahre war das völlig anders. Bis dahin setzte die Bundeswehr internationale Massstäbe für die eigentlichen militärischen Kernfähigkeiten – den Kampf, das Gefecht und das Zusammenwirken der Truppen auf dem Gefechtsfeld. Andere Nationen, auch die USA, haben unsere Ausbildung und deren Grundlagen damals kopiert, es zumindest versucht. Auch die Ausrüstung der Bundeswehr setzte internationale Massstäbe, die teilweise bis heute gelten, z.B. der Leopard 2. Die internationale Anerkennung, das Ansehen im Bündnis und die Kompetenz sind mittlerweile verloren gegangen. Das ist das Ergebnis der politischen Willensbildung, deren Ausgangspunkt im Kanzleramt zu suchen ist. Der politische Wille ist es offenbar und das spätestens seit 2005, also seit der Ära Merkel, Deutschland zur Friedensmacht 2 umzugestalten und damit das Konzept militärischer Zurückhaltung zu verbinden. Die beste Ausrede, wenn man politisch nicht will, ist die, dass man militärisch eigentlich gar nicht kann. Dass dies im Kern eine Verhöhnung des Einsatzwillens der Soldaten ist, hat die politische Klasse nicht begriffen, oder – wahrscheinlicher – es ist ihr egal. Die Bundeswehr leidet unter einer Unterfinanzierung Jedenfalls ist zu beobachten, dass die militärischen Fähigkeiten seit 2005 vor allem im Bereich «Kampf» rapide abge- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 15 Sicherheitspolitik Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 233 beim Häuserkampf. baut wurden. Schon seit der Wiedervereinigung litt die Bundeswehr jährlich unter einer erheblichen Unterfinanzierung. Stimmte aber der politische Wille um die Jahrtausendwende noch einigermassen mit den Mitteln überein, so ist dieser Wille heute nicht mehr erkennbar. Alle Sonntagsreden der politischen und – leider auch – der militärischen Verantwortlichen ändern daran nichts. Die militärischen Fähigkeiten wurden mittlerweile so zurückgefahren, dass mangels Personal, Ausrüstung und Ausbildung ein glaubhafter Beitrag zur Bündnisverteidigung zur Zeit nicht möglich ist. Der Umbau, oder besser der Abbau der Bundeswehr durchzieht die Ära Merkel wie ein roter Faden. Diese Linie der Politik wird deutlich am Beispiel der langjährigen Leugnung des Kriegszustandes in Afghanistan, der ersatzlosen Abschaffung der Wehrpflicht, drastischer Mittelkürzungen, verbunden 16 mit der Reduzierung von kampfentscheidenden Grossgeräts um rund ein Drittel unterhalb des Solls. Die Leugnung des kriegsähnlichen Zustands in Afghanistan durch die Politik hatte zur Folge, dass der dort eingesetzten Truppe weder ein angemessenes Mandat erteilt, noch eine adäquate Ausstattung zugeteilt wurde. Die Politik war gefangen in der Eigensuggestion des Brunnenbohrens. Dem Ernst der Lage wurde zunächst nur durch scheibchenweise Nachsteuerung Rechnung getragen. Erst das Karfreitagsgefecht von 2010 und die Gefallenen führten dazu, dass schwere Waffen nach Afghanistan gebracht wurden, Waffen, wie die Panzerhaubitze, die andere Nationen schon lange vor der Bundeswehr dort eingesetzt hatten. Man kann es durchaus als Skandal bewerten, dass die politisch motivierte militärische Zurückhaltung auf dem Rücken der Truppe ausgelebt wurde. Es ist der Verdienst zu Guttenbergs, dass er dafür gesorgt hat, den Konflikt in Afghanistan als Krieg zu begreifen. Abschaffung der Wehrpflicht, Mangel an Grossgeräten Die Abschaffung der Wehrpflicht erfolgte ersatzlos ohne Absicherung durch Möglichkeiten, den personellen Bedarf besonders auf der Ebene der Mannschaftsdienstgrade auf andere Weise angemessen Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Fahrzeugkolonne auf dem Weg zum Camp Nord. decken zu können. Damit wurde der Bundeswehr die personelle Ressource auch für die Gewinnung von Unterführer- und Führernachwuchs entzogen. Die Armee wurde auf der Ebene der Mannschaftsdienstgrade quasi abgeschafft. Die Folgen sind bis heute spürbar. Ist die Gewinnung von Nachwuchs für die Offizier- bzw. Unteroffizierlaufbahn gut bis hinreichend möglich, so ist sie für die Laufbahn der Mannschaftsdienstgrade eher schlecht. Dies gilt vor allem für qualifizierten Nachwuchs. Der mit der wohl klingenden Bezeichnung «Dynamisches Verfügbarkeitsmanagement» verschleierte Abbau des Grossgeräts um 30 Prozent unter Soll war verbunden mit einem Einschnitt auch in den Betrieb der Streitkräfte. Die Auswirkung unter anderem auf Übungen, Schiessvorhaben und Flugstunden reduzierte auch nachhaltig die Professionalität, das heisst die militärische Leistungsfähigkeit der Truppe. So ist die Fähigkeit im Heer zum sogenannten «Gefecht der verbundenen Waffen», das heisst zum engen Zusammenwirken vieler Truppenteile unter Gefechtsbedingungen, weitestgehend verloren gegangen. Die Reduzierung des Grossgeräts und die Einschnitte in den Betrieb haben dazu geführt, dass die Bundeswehr für die Landes- und Bündnisverteidigung nicht ein- Sicherheitspolitik satzbereit ist. Sie ist nicht einsatzbereit, weil sie die auf dem Papier im Organigramm ausgewiesenen Grossverbände und Verbände mangels Ausrüstung und Ausbildung nicht zur gleichen Zeit einsetzen kann. Waren politische Absicht und militärische Fähigkeiten in der Zeit des Kalten Krieges noch im Einklang, weil die politische Absicht mit militärischen Fähigkeiten unterfüttert war, so sind die heutigen politischen Phrasen, gerade auch die nach mehr Verantwortung, hohl, weil die Mittel zur Umsetzung fehlen. Die KrimKrise hat deutlich gezeigt, welcher Stellenwert uns sowohl als Nation, als auch als EU zugemessen wird. Beurteilung des Potenzials der Bundeswehr Die Absenkung der konventionellen Fähigkeiten auf breiter Front führt aber gleichzeitig auch zu einer Absenkung der atomaren Schwelle 3. Dieser Zusammenhang scheint der Politik nicht klar zu sein. Da aber der Einsatz von Atomwaffen wegen der gegenseitigen gesicherten Vernichtungsmöglichkeit nach wie vor als unwahrscheinlich gilt, ist der konventionelle Handlungsspielraum für einen entsprechend gerüsteten Gegner grösser, zumal wenn er das breite Spektrum hybrider Kriegsführung nutzt.4 Deutschland ist aufgrund der dargestellten Defizite weit davon entfernt, als militärisches Gewicht wahrgenommen zu werden. Äussert sich das innerhalb der NATO bestenfalls in Verständnis, oder, für Soldaten weniger erträglich, in verständnisvollem Mitleid, so zeigt das Verhalten Russlands deutlich, wie unser militärisches Potential dort beurteilt wird. Militärische Zurückhaltung steht als politische Linie unserem Land sicher gut an. Daraus aber einen Raubbau an den militärischen Fähigkeiten abzuleiten, führt zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit und Stellenwert im eigenen Bündnis und bei einem möglichen Gegner. Die Eigenblendung in Deutschland bestand und besteht immer noch in der Annahme, das Zusammenstellen von Kontingenten für Einsätze in einem eher bescheidenen Umfang oder Ausbildungshilfe seien das Mass an Einsatzbereitschaft, welches ausreicht. Selbst das Zusammenstellen von Kontingenten ist aber nur unter erheblichen Problemen möglich, wie beispielsweise das Zusammenstellen des Panzergrenadier- bataillons für die Speerspitze der NATO zeigt, das Gerät nahezu aus dem gesamten Rest des Heeres ausleihen musste.5 Deutschland hat sich militärisch selber abgeschafft, oder besser gesagt, die deutsche Politik hat sich ihres ungeliebten militärischen Instruments entledigt. Soll der Stellenwert und die internationale Anerkennung auf dem Feld militärischer Zusammenarbeit wieder gewonnen werden, so ist ein anderer militärischer Beitrag zu politischer Solidität und zur Solidarität im Bündnis erforderlich. Sicher sind auch Logistik und Sanitätsdienst für militärische Operationen unabdingbar wichtig, aber sie bestimmen nicht den Stellenwert. Dieser ergibt sich aus dem politischen Willen, der Bereitschaft und der glaubwürdigen Fähigkeit, im äussersten Fall die westlichen Werte im Kampf zu verteidigen. Fazit Die politischen Absichtserklärungen zu Verbesserungen hat man vernommen, wenn auch nicht aus dem Kanzleramt, wohl auch deshalb, weil der derzeitige Stand der dort vorhandenen Absicht entspricht. Den verbalen Bekundungen politischen Hilfspersonals sollten jetzt sichtbare Taten folgen. Diese Nachhaltigkeit wird man mit Interesse beobachten müssen. Bis dahin bleibt es dabei, dass die Kluft zwischen Schein und Sein zum Nachteil der Bundeswehr und ihrer engagierten und motivierten Soldaten bestehen bleibt. Zu hoffen ist, dass der NATO-Gipfel in Wales auch das Umdenken in Deutschland beschleunigt. ■ 1 Koalitionsvertrag 2009, S. 123 f. 2 Vgl. Prof. Christian Hacke «Zivilmacht ohne Zivilcourage», in BPB, APUZ, 39/2011, 21.09. 2011. 3 Vgl. Rainer Waterkamp, Sicherheitspolitik zwischen Rüstung und Abrüstung, Opladen 1985, S.115 f. 4 Vgl. Helmut Schmidt, Strategie des Gleichgewichts, 4. Auflage, Stuttgart-Degerloch 1969, S. 73. 5 Vgl. T.Wiegold in «Augen geradeaus» vom 10.03. 2015 einschl. der Kommentare. Brigadegeneral a D Wolfgang Kopp D-72488 Sigmaringen Aus dem Bundeshaus Die Sicherheitspolitischen Kommissionen (SiK) tagten im Vorfeld der Frühjahrssession 2016 sowie erstmals in der 50. Legislatur und in ihrer neuen Zusammensetzung. Die SiK Nationalrat (NR) gibt der Standesinitiative des Kantons Basel-Landschaft zur Verstärkung des Grenzwachtkorps Folge (GWK; 15.301) und empfiehlt der vorprüfenden Finanzkommission NR dasselbe für eine fast gleichlautende Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt (15.311). Sie beauftragt den Bundesrat mittels Postulat, «den Auftrag und den zu dessen Erfüllung notwendigen Bestand des GWK» angesichts der sich rasch verändernden Lage an der Grenze zu prüfen und bis Ende Mai Bericht zu erstatten unter Einbezug der Armee zur Unterstützung des GWK im Assistenzdienst (16.3005). Die SiK-NR lehnt die Parlamentarische Initiative «Stärkung der Sicherheit – Wiedereinführung und Verstärkung der Grenzkontrollen» zur Ergänzung der Bundesverfassung ab: «Die Schweiz kontrolliert ihre Grenzen eigenständig und systematisch.» (15.443). Die SiK Ständerat (SR) schliesst sich den Entscheiden des NR in der Wintersession 2015 an. Erstens bei der Änderung des Militärgesetzes (SR 510.10): sechs anstatt fünf Wiederholungskurse der Mannschaft (14.069-1). Zweitens beim «Bundesbeschluss zum Zahlungsrahmen der Armee 2017–2020» (14.069-6), wonach 20 Milliarden Franken bewilligt werden, und das VBS «während der Budgetierung Umschichtungen zwischen den eigenen Krediten vornehmen kann». Drittens die «Zusätzliche Beschaffung von Rüstungsmaterial 2015» von 874 Millionen Franken einschliesslich des Leichten geländegängigen Lastwagens «Duro I» (15.017; «Rüstungsprogramm 2015»). Folgte der Ständerat seiner SiK und damit dem NR, so könnte die sechsteilige Vorlage «Weiterentwicklung der Armee – Änderung der Rechtsgrundlagen» (14.069) am 18. März 2016 mittels Schlussabstimmungen parlamentarisch verabschiedet werden. Oberst a D Heinrich L.Wirz Militärpublizist/Bundeshaus-Journalist 3047 Bremgarten BE Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 17 Sicherheitspolitik AWACS über der Türkei – ein Einsatz ohne Zustimmung des Parlaments? Der Deutsche Bundestag stimmte im Dezember 2015 dem Einsatz von Tornado-Aufklärern der Bundeswehr für Einsätze über Syrien und Nordirak zu. Nun hat die NATO entschieden, die Türkei bei der Kontrolle ihres Luftraums mit AWACS-Flugzeugen zu unterstützen. Müsste der Deutsche Bundestag nicht auch ein Mandat für diesen Einsatz beschliessen? Jürgen Hübschen Am 8. Januar 2016 flogen zwei deutsche Tornado-Aufklärer ihren ersten Einsatz über Syrien und dem Nordirak. Rechtliche Grundlage ist ein Beschluss des Deutschen Bundestages vom 4. Dezember 2015. Am 18. Dezember 2015 entschied die NATO, über der Türkei AWACS-Flugzeuge einzusetzen, «um die Türkei bei der Überwachung ihres Luftraums zu unterstützen». Die Bundesregierung stimmte diesem Einsatz, an dem auch deutsche Soldaten beteiligt sind, am 18. Dezember zu. Auf eine Beteiligung des Deutschen Bundestags hatte die Bundesregierung verzichtet. Ist diese Nicht-Beteiligung des Parlaments juristisch korrekt und politisch geschickt? Der NATO AWACS-Verband in Geilenkirchen Der AWACS-Verband – AWACS steht für «Airborne Early Warning and Control System» – ist ein Einsatzverband der NATO-Frühwarnflotte, der seit Ende 1988 voll einsatzbereit ist. Die 14 bis 16 Flugzeuge vom Typ E-3A – umgebaute Versionen der Boeing 707 – fliegen Überwachungs- und Leiteinsätze von ihrem Hauptstützpunkt in Geilenkirchen oder von sogenannten Forward Operation Bases (FOBs), Aktion (Prevesa Griechenland), Trapani (Italien), Konya (Türkei) und Ørland (Norwegen). Insgesamt gehören 2000 Soldaten und zivile Mitarbeiter aus 15 Nationen zu diesem internationalen Verband. Auch die Türkei stellt Personal. Etwa 30% der Verbandsangehörigen sind Deutsche, auch bei den fliegerischen Einsätzen. Die Flugzeuge fliegen in der Regel in einer Höhe von knapp 9000 m und ha- 18 ben eine Reichweite von über 9000 km, je nach Flughöhe und Wetterbedingungen. Die Maschinen können mit Luftbetankung bis zu 18 Stunden in der Luft bleiben. Mit Hilfe ihres Radargerätes, dessen Antenne wie ein Pilz oben auf der Maschine angebracht ist, können die E-3A bodennahe Ziele bis zu einer Entfernung von 300 km erkennen und verfolgen. AWACS ist damit in der Lage, quasi als fliegender Tower zu fungieren, kann also «Offiziell sollen die NATO-Flugzeuge ‘die Türkei bei der Überwachung ihres ‚ Luftraums unterstützen .» nicht nur Bewegungen im Luftraum überwachen, sondern auch koordinieren und damit praktisch den Luftkampf organisieren. Mit solchen Aufträgen wurden die E-3A bereits 1994 im Jugoslawienkonflikt, 2003 während des amerikanischen Einmarsches in den Irak über der Türkei und 2009 über Afghanistan eingesetzt. An diesen Einsätzen waren auch deutsche Soldaten beteiligt. Der AWACS-Einsatz in der Türkei Für diesen Einsatz sollen die Flugzeuge von Geilenkirchen auf die FOB in Konya, einer Millionenstadt in Zentral-Anatolien, etwa 270 km von Incirlik verlegt werden. In Konya und Umgebung finden zur Zeit heftigste Kämpfe zwischen der tür- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 kischen Armee und den Angehörigen der PKK statt. Offiziell sollen die NATO-Flugzeuge «die Türkei bei der Überwachung ihres Luftraums unterstützen». Inoffiziell gilt als Grund des AWACS-Einsatzes der Abschuss der russischen SU-24 durch die türkische Luftwaffe am 24. November 2015. Solche Zwischenfälle sollen in Zukunft vermieden werden. Die Besatzungen der Kampfflugzeuge sind nämlich in dieser Region in vielen Fällen auf Sichtflug angewiesen, was besonders bei schlechtem Wetter ein Problem ist. Es gibt keine modernen Flugleit- und Kontrollverfahren, wie sie nach westlichem Standard üblich sind, weil für viele Bereiche keine leistungsfähigen Bodenradar zur Verfügung sehen. Diese Lücke soll AWACS künftig aus der Luft schliessen. AWACS ist in der Lage, den Kampf der Allianz gegen den IS zu optimieren. Die Beteiligung Deutschlands am AWACS-Einsatz in der Türkei Am 18. Dezember informierte die Bundesregierung die Ausschüsse des Auswärtigen Amtes und des Verteidigungsministeriums, dass ein Einsatz von AWACS über der Türkei geplant sei und sie diesem Einsatz zugestimmt habe. In dem Schreiben begründete die Bundesregierung auch, warum aus ihrer Sicht eine Beteiligung des Deutschen Bundestages für diese Mission nicht notwendig sei. Es heisst dazu u. a.: «Ein Bundestagsmandat ist nicht erforderlich … vor allem, weil ein Einsatz von Waffengewalt bei den Flügen derzeit nicht zu erwarten ist». Nach Ansicht der Regierung besteht keine Gefahr, dass die Soldaten in eine bewaffnete Auseinandersetzung verwickelt werden. Nur in solchen Fällen sei jedoch ein Bundestagsmandat zwingend erfor- Sicherheitspolitik derlich. «Weder verfügt die Terrormiliz IS über eigene Luftstreitkräfte, noch ist ein politischer Wille des Assad-Regimes absehbar, die eigene Luftwaffe gegen die Türkei einzusetzen.» Die Opposition beurteilte die Lage völlig anders und sieht in der Nichtbeteiligung des Parlaments einen Verfassungsbruch. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Zusammenhang mit dem AWACS-Einsatz über der Türkei während des Irak-Krieges, der ohne Parlamentsbeteiligung stattgefunden hatte, in einem Entscheid aus dem Jahre 2008 festgestellt, dass das Parlament schon dann über einen Auslandseinsatz abstimmen muss, wenn deutsche Soldaten «in bewaffnete Auseinandersetzungen verstrickt» werden könnten. Es komme nicht darauf an, ob die Bundeswehr selbst die Absicht habe, Waffen einzusetzen. Deswegen wäre für den Einsatz ein Bundestagsmandat erforderlich gewesen. Beurteilung Zu den aktuellen Tornado-Einsätzen sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums: «Die Aufklärungsziele sollen dem Kampf gegen den IS dienen. Sie dienen natürlich auch als mögliche Ziele für weitere Operationen.» Andere, nicht genannte Experten sind noch wesentlich deutlicher: «Wir machen da ja keine Landvermessung. Es geht um ‹Targeting›, auch wenn man das nicht gerne hört. Wir liefern Zieldaten für andere, damit die etwas draufwerfen.» Die Bundesverteidigungsministerin spricht sogar von einem Kampfeinsatz, vermeidet allerdings das aus meiner Sicht angemessene und auch ehrlichere Wort «Krieg». Ein besonderer Aspekt dieses Einsatzes ist der Umgang mit den durch die deutschen Tornados ermittelten Bilder und Daten. Ein Bundeswehr-Sprecher erklärte zum Thema Daten-Weitergabe: «Was Aufklärungswert hat, wird an alle Partner weitergegeben … Das, was von Nutzen ist, wird in die Datenbank der Anti-IS-Koalition eingespeist. Es gibt keinen Grund dafür, dass die Türkei bestimmte Bilder nicht sehen darf.» Die Türkei sei schliesslich nicht nur Teil der Koalition, sondern auch NATO-Partner. Der Sprecher betont allerdings: «Nicht die Kurden sind Ziele, sondern der IS.» Vergleichbare klare Aussagen zu den AWACS-Operationen wurden sorgfältig vermieden, obwohl das, was für den Einsatz der Tornado-Aufklärer gilt, grund- E-3 NATO-AWACS mit drei amerikanischen F-16 Fighting Falcon. Bild: Wikipedia sätzlich auch auf die AWACS-Operationen zutrifft. Deshalb sind auch die Probleme, die sich daraus ergeben nicht nur vergleichbar, sondern identisch. Für den Einsatz der Tornados gibt es ein Bundestagsmandat, für die AWACSOperation dagegen nicht. Warum? Was unterscheidet eigentlich den geplanten Einsatz der E3-A grundsätzlich von den Aufklärungsflügen der deutschen Tornados? Ein Unterschied ist sicherlich das geringere Risiko für die Besatzungen, weil AWACS nicht über einem Gebiet fliegt, in dem die westliche Allianz gegen den IS kämpft. Aber auch AWACS wird Luftoperationen durchführen und dabei Erkenntnisse aus und über ein Gebiet gewinnen, das bis zu 300 km nach Syrien und/oder in den Irak hineinreichen kann. Die dabei gewonnenen Daten über den IS werden sicherlich ebenso allen Partnern der AntiIS-Allianz zur Verfügung gestellt, wie das durch die Tornados gewonnene Bildund Datenmaterial, also auch der Türkei. Darüber hinaus ist AWACS in der Lage, Lufteinsätze zu koordinieren und sogar Kampfflugzeuge auf dem sichersten Weg zu ihren Zielen zu leiten. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der Tornados stehen die Leistungen von AWACS nicht nur für bestimmte Einsatzzeiten zur Verfügung, sondern 24 Stunden pro Tag, wenn entsprechend viele E3-A an der Operation beteiligt sind. Man könnte also sagen, dass die Tornados taktische Einsätze fliegen, wäh- rend AWACS eine strategische Mission durchführt, deren Ergebnisse weit umfangreicher sein können, als dies bei den Tornado Operationen der Fall ist. Empfehlungen Wegen der Vergleichbarkeit mit den Operationen der deutschen Tornados und vor dem Hintergrund des Verfassungsgerichtsurteils aus dem Jahr 2008, sollte für die deutsche Beteiligung am AWACSEinsatz umgehend ein Mandat des Deutschen Bundestages eingeholt werden. Selbst wenn es juristisch nicht zwingend sein sollte, politisch klug wäre es allemal. Unabhängig davon, sollte man überlegen, ob Konya in der aktuellen Lage der zweckmässigste Standort für den AWACSEinsatz ist. Konya ist auf Grund der Kämpfe zwischen der türkischen Armee und der PKK unsicher, und ausserdem könnte die Stationierung mitten im sogenannten Kurden-Gebiet von Präsident Erdogan innenpolitisch missbraucht und ebenso wie die gewonnenen AWACS-Daten und Informationen für den Kampf gegen die kurdische PKK genutzt werden. Man könnte die E-3As auf Grund ihrer Reichweite auch von ihren FOBs in Griechenland und Italien einsetzen; gegebenenfalls ständen ja auch Möglichkeiten zur Luftbetankung zur Verfügung. ■ Oberst i Gst aD Jürgen Hübschen Beratung für Friedenssicherung und Sicherheitskonzepte D-48268 Greven Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 19 Die Luftwaffe gehört dem Bereich Verteidigung innerhalb des Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) an. Der Primärauftrag des LVb Flieger 31 ist die Ausbildung sämtlicher Funktionen der Truppe in den Bereichen Bodenpersonal, Piloten und Drohnenoperateure (Piloten und/oder Nutzlastoperateure). Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS Schweizer Armee - Luftwaffe LW Fachlehrer/in Drohnen Pilot Lehrverband Flieger 31 PrimärfliegenSiealsDrohnenpilot/indasFlugzeugdesAufklärungsdrohnensystemsderArmee,respektivebedienendieKameraswährendEinsätzenbeiTagundinderNacht.DanebenunterstützenSiedie AusbildungvonBerufs-undMilizdrohnenoperateurensowieweiterenFunktionenundbewirtschaften Ausbildungs-undTrainingsunterlagen. Sie beschleunigen die Weiterbearbeitung, wenn Sie sich unter www.stelle.admin.ch online bewerben. Ist Ihnen die Online-Bewerbung nicht möglich, senden Sie Ihr Bewerbungsdossier bitte an folgende Adresse: Personal Verteidigung HR Service Center, Personaladministration Bereich LW, Ref: 27187 Papiermühlestrasse 20 3003 Bern UmdieseanspruchsvolleArbeiterfolgreichausführenzukönnen,müssenSieimBesitzeeinerPilotenlizenznachEASA-CPL/IR(A)sein(odermindestensPPLinAusbildungzuCPL)unddieOffiziersausbildung mitderBenotunggutabgeschlossenhaben.WirerwartenvonIhneneineguteAuffassungsgabeund hoheStressresistenz,ausgesprocheneTeamfähigkeitundpädagogischesGeschicksowiedieBereitschaft zuEinsätzenauchanWochenenden,inderSchweizundimAusland.WennSiedarüberhinausüberaktiveKenntnisseeinerzweitenAmtssprachesowieübersehrguteEnglischkenntnisseverfügen,freuenwir unsaufIhreschriftlicheBewerbung. BewerbungenvonPersonenausderitalienischenundfranzösischenSprachgemeinschaftsindbesonders erwünscht. Arbeitsort: Emmen Beschäftigungsgrad: 80% Anmeldefrist: 24.03.2016 Fachliche Auskünfte erteilt Ihnen gerne: Oberst Adrian Fischer Kdt Dro Kdo 84 Telefon: 058 467 29 01 Weitere interessante Stellenangebote der Bundesverwaltung finden Sie unter www.stelle.admin.ch 20 Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Sicherheitspolitik Nord-Korea am Scheideweg Gut informierte Kreise glaubten bereits letzten Herbst, dass die Führung in Pjöngjang im neuen Jahre vor einem grösseren Dilemma stehen würde hinsichtlich seiner gleichzeitigen atomaren Aufrüstung und seiner wirtschaftlichen Situation. Friedrich-Wilhelm Schlomann Der Norden der Halbinsel hatte schon 2015 einen ernsthaften Mangel an Lebensmitteln, hinzu kamen das Ausbleiben internationaler Hilfe sowie die Sanktionen gegen seinen Nuklear-Aufbau. Für das jetzige Jahr deuteten schon mehrere Anzeichen auf einen noch grösseren Mangel, der in seiner Krise zu sozialen Problemen bis zu einem Notstand führen könnte. Die Lage, erwarteten jene Kreise, würde wahrscheinlich sogar noch schlimmer werden als die Hungersnot in der Mitte der 1990er Jahre, bei der rund zwei Millionen Nordkoreaner starben; Ursache war neben internen Misserfolgen die internationale Isolation und auch der Zusammenbruch der Sowjetunion 1991. Äussere Stärke um von inneren Schwächen abzulenken Eine weitere Atom-Aufrüstung und eine zugleich erfolgende Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards erscheinen angesichts der Verhältnisse in der «Demokratischen Volksrepublik Korea» unvereinbar … Ein Weg des Regimes wäre die weitere Entwicklung seiner Nuklearwaffen mit dem Ziel, den Status einer anerkannten Atom-Macht zu erhalten durch direkte Verhandlungen mit den USA und seinen Beziehungen zu China. Washington indes hat bisher stets betont, eine derartige Anerkennung zu verweigern. Grund ist nicht zuletzt die Sorge vor einem dann folgenden Bau von Atombomben auch in Japan, der die Sicherheitslage in Fernost völlig verändern würde. Ob Peking jenen Status bejahen würde, dürfte angesichts seiner Ablehnung der Atom-Politik Pjöngjang’s zu verneinen sein. Ein möglicher Ausweg aus dem Dilemma wäre auf dem bevorstehenden VII. Kongress der Partei der Arbeiter Ende Mai eine Abkehr Kim Jong-uns von der Politik seines Vaters gewesen und stattdessen seine in letzter Zeit häufig dargelegte Vision von der Steigerung des Lebensniveaus seiner Untertanen. Eigentlich müsste ihn die Situation im Lande dazu zwingen: Nord-Korea hat in diesem Jahr mit einem Fehlen an Lebensmitteln von rund einer Million Tonnen zu rechnen, die grösste Knappheit seit Kim Jong-uns Machtantritt. Das Land benötigt als Minimum fünf Millionen Tonnen, schon während der letzten Jahre fehlten bis zu 500 000 Tonnen. Alljährlich ging die Getreideproduktion um zehn Prozent zurück, zudem waren 2015 die Dürren in Nord-Korea die schlimmsten seit 100 Jahren. Von Jahresbeginn bis September letzten Jahres importierte Pjöngjang 38000 Tonnen Getreide von Peking, ein Rückgang fast um ein Drittel der vorangegangenen Zeit – fehlte es an Devisen? Nach einem kürzlich veröffentlichten Bericht der UN: leiden 70 Prozent der 24,6 Millionen Nordkoreaner an Hunger; 1,8 Millionen, besonders Kinder und Schwangere, benötigen besondere Lebensmittel-Zuwendungen, um eine Unterernährung zu vermeiden. Schon zu Jahresende schrieb «The Wall Street Journal» in New York einen längeren Artikel mit der Überschrift «Wie Nord-Korea zur schlechtesten Wirtschaft der Welt wurde». Wird Nord-Korea zur Atommacht? Darsteller beim Arirang-Festival im 1.-Mai-Stadion. Bild: Wikipedia ten Atombomben-Test in Punggye Ri (im Nordosten des Landes) für die militärische Lösung entschieden. Der Propaganda Pjöngjang’s zufolge handelte es sich um eine Wasserstoffbombe, deren Sprengkraft die einer herkömmlichen Atombombe um das Vielfache übersteigt; deren Existenz indes von den USA-Stellen bezweifelt wird, doch steht Nord-Korea «an der Schwelle davor». Peking zeigte bereits seine Missbilligung, seine weitere Haltung wird genau zu beobachten sein! Weiss man dort doch, dass das Pjöngjang-Regime wirtschaftlich zu 90 Prozent von China abhängig ist! Wird Japan jetzt seine eigene Atombombe bauen, Tokio benötigt dazu lediglich 90 Tage. In Süd-Korea wurden dieser Tage erste Stimmen laut, selbst nuklear aufzurüsten, und mit der Provokation durch den Start der Langstreckenraketen vom 7. Februar wird die Lage noch angespannter. ■ Friedrich-Wilhelm Schlomann Dr. iur utriusque D-53639 Königswinter Inzwischen, am 5. Januar, hat sich das nordkoreanische System mit seinem vierAllgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 21 Einsatz und Ausbildung Selektion, Ausbildung und Wertschätzung der Offiziere auf Stufe Einheit in der WEA Das Fundament und Rückgrat der Schweizer Armee bilden die Einheiten. Zu den wichtigsten Funktionen der Schweizer Armee gehören folglich die Offiziere auf Stufe Einheit. Sie gestalten den Dienst, von welchem die Dienstleistenden anschliessend in ihrem Umfeld berichten. Die Zukunft der Armee hängt letztendlich von der Gunst der Bevölkerung und des Parlaments ab. Daniel Weilenmann Qualitativ hochwertige Diensterlebnisse für Soldaten gibt es nur, wenn die Offiziere auf Stufe Einheit eine effiziente sowie effektive Aus- und Weiterbildung durchführen und – vor allem – eine motivierende, kameradschaftliche Atmosphäre schaffen können. Der Soldat ist der grösste Multiplikator für den Ruf der Schweizer Armee in der Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Bei allen Weiterentwicklungen und Veränderungen darf eine Tatsache nicht ausser Acht gelassen werden: Die gesellschaftliche Anerkennung für Offiziere hat sich seit den Neunzigerjahren erheblich verschlechtert. Heutzutage ist es eine entscheidende berufliche und private Frage, ob eine Offizierslaufbahn im Militär angestrebt werden soll. Die Armee muss deshalb alles daran setzen, dass die optimalen Voraussetzungen und Anreize zur Überwindung dieser Hindernisse geschaffen werden. Die Weiterentwicklung der Armee (WEA) verbessert grundsätzlich die Selektion und Ausbildung der Offiziere auf Stufe Einheit – allerdings gibt es weitere, sehr wichtige Punkte wie beispielsweise die Wertschätzung gegenüber diesen Of- 22 fizieren, denen unbedingt Beachtung geschenkt werden muss. Sinnvolle Rückkehr zur bewährten Grundausbildung zum Leutnant Damit ein Angehöriger der Armee (AdA) im Ausbildungsmodell der WEA Leutnant (Offizier 1. Grades) werden kann, muss dieser wieder eine gesamte Rekrutenschule als Unteroffizier und als Offizier abverdienen – ähnlich wie in der Armee 61 und Armee 95. Die Selektion des Offiziers erfolgt während der Kaderschule und während des praktischen Dienstes, womit wieder genügend Zeit für das Kader und die Instruktoren vorhanden ist, um die geeigneten Offiziersanwärter auszuwählen. Diese Neuerung bzw. Rückkehr zum bewährten Ausbildungsmodell für die angehenden Offiziere soll unbedingt exakt so umgesetzt werden. Optimierungspotential bei der Selektion des Einheitskommandanten Der Einheitskommandant (Kadi) hat eine zentrale Rolle auf Stufe Einheit für Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Bild: Pz Bat 29 die Umsetzung qualitativ hochwertiger Militärdienstleistungen und Militärerlebnisse. Neben seinem fachlichen Können ist eine herausragende Persönlichkeit gefragt: Als «Vater der Kompanie» muss er einen soliden Charakter sowie ausgeprägte Führungs- und Sozialkompetenzen aufweisen. Er muss mental äusserst belastbar, durchwegs integer und in jeder Hinsicht Vorbild sein. Um genügend Lebenserfahrung und im privaten Leben geordnete, stabile Verhältnisse zu haben, ist ein vorgeschrittenes Alter, im Vergleich zu seinen Unterstellten, sinnvoll. Im Normalfall sollte ein Kadi, wenn er das erste Mal vollausgebildet seine Funktion antritt, nicht jünger als 27 Jahre* sein. Aufgrund des bisherigen Ausbildungsmodells und eines ungeregelten Vorschlagswesens gab es in jüngster Vergangenheit Kadis im Alter von 21 Jahren. Dies soll es in Zukunft richtigerweise nicht mehr geben. Ein Kadi ist dann ein Vorbild, wenn er auch im privaten Leben bereits etwas erreicht hat. Zusätzlich muss im Rahmen der Selektion zwingend die Persönlichkeit sowie der privat-zivile Hintergrund geprüft werden. Einsatz und Ausbildung Verlängerung der Ausbildungszeit verhindert die besten Kadis Die Ausbildungszeit des Kadis darf im Ausbildungsmodell der WEA auf keinen Fall verlängert werden. Denn im Alter zwischen 25 und 30 Jahren befinden sich die geeigneten und qualifizierten KadiAnwärter im privaten und beruflichen Leben in einer sehr wichtigen und entscheidenden Lebensphase. Im Gegensatz zu einem Zugführer: Im Alter von 20 bis 21Jahren sind die zeitlichen Umstände für die Studien-, Karriere- und Familienplanung noch von eher geringer Bedeutung. Ein 27-jähriger Mann mit Karriereaussichten und privaten Plänen wird sich in der heutigen beruflichen Welt und Gesellschaft zweimal fragen, ob er die Bürde als Kadi wirklich auf sich nehmen will. Hoch qualifizierte Anwärter lassen sich nicht mehr gewinnen, wenn sie statt der aktuell 17-wöchigen Ausbildung neu eine 29-wöchige Ausbildung (und damit zum dritten Mal eine ganze RS) absolvieren müssen. Vor allem auch, weil die Abwesenheit von mehr als einem Monat von vielen Arbeitgebern heutzutage (inoffiziell) nicht mehr toleriert wird. Arbeitszeugnis und Diplom für einen ausgebildeten Offizier mit zivilem Nutzen Die Armeeführung muss in der WEA Massnahmen treffen und neben dem Ausbildungsmodell, Anerkennung und Wertschätzung wieder herbeiführen, analog zu früheren Zeiten. Ein Offizier erhält nach erfolgreichem Abschluss seiner Grundausbildung kein Arbeitszeugnis und kein Diplom. In jeder anderen, zivilen Ausbildung gibt es dies. Aktuell erhält ein ausgebildeter Offizier zwei Dokumente (Brevet des Lehrverbandes und FUM-Führungsausbildungszertifikat), die nicht aussagekräftig und im zivilberuflichen Leben kaum anerkannt sind. Der ausgebildete Offizier soll ein Arbeitszeugnis erhalten, welches präzise beschreibt, was für Führungs-, Sozial- und Fachkompetenzen angeeignet wurden. Dazu soll der Bund ein Diplom mit Titel «Offizier der Schweizer Armee» ausstellen. Mit einem Arbeitszeugnis und dem «diplomierten» Abschluss durch den Bund erhält ein Offizier gesellschaftliche Anerkennung in der Berufswelt, welche einerseits immer mehr zertifikats- und diplomorientiert und andererseits immer weniger über die Ausbildungsinhalte der Armee informiert ist. Würdiges Erscheinungsbild des Offiziers Es ist sinnvoll, dass die Felduniform aus zweckmässigen Gründen keinen Unterschied zwischen Kadern und Unterstellten zeigen sollte. Die Ausgangsuniform hingegen soll den Offizier klar von den Soldaten unterscheiden, insbesondere in der Öffentlichkeit und bei festlichen Anlässen. Womöglich in keiner anderen Armee der Welt hat der Chef der Armee die gleiche Uniform wie der Rekrut in der ersten Woche der Rekrutenschule. Der aktuelle Ausgangsanzug für alle AdA kostet komplett knapp 750 Franken (ohne Schuhe). Mit diesem beachtlichen Betrag sollte auch eine ansehnliche Offiziersuniform beschafft werden können. Eine schöne – und würdige – Offiziersuniform würde die militärische wie auch gesellschaftliche Anerkennung fördern. Nebst einem angemessenen Erscheinungsbild sollen die Offiziere sich beim Mittagessen nicht ein Plätzchen zwischen den Rekruten suchen müssen, sich nicht spät nachts noch selber die Schuhe putzen müssen oder sich im Zeughaus zuhinterst in die Schlange einreihen müssen. Dem Offizier gebührt in allen militärischen Institutionen Respekt. Insbesondere muss Wertschätzung von der Armeeführung kommen, damit Anerkennung von den Soldaten und der Bevölkerung aufgebracht wird. Schlusswort Durch eine sinnvolle Selektion und Ausbildung, unter Berücksichtigung des Charakters und des privaten Hintergrunds der Offiziere, sind auch die richtigen Leute dazu befähigt, motivierende, spannende und gehaltvolle Diensttage schaffen zu können. Die Anerkennung im Zivilleben kann durch die Offiziere selbst gefördert werden, muss aber mit allen Mitteln durch die Armeeführung unterstützt werden. Nur so werden heute die richtigen Offiziere gefunden, welche in einigen Jahren unweigerlich auch die zukünftige Armeespitze bilden. ■ * Gemäss Reglement Qualifikation- und Mutationswesen der Armee (QMA). Oberleutnant Daniel Weilenmann Anwärter Einh Kdt Pz Br 11 8645 Jona Web-Shop – Online-Versandhandel Adventure- & Survival-Equipment w w w. g r e e n - s t o r e . c h Militärstrasse 3 | CH-3600 Thun | [email protected] Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 23 Einsatz und Ausbildung INTERARMES – Kundenservice und Öffentlichkeitsarbeit aus Leidenschaft Das Richtstrahlbataillon 17 ist ein Dienstleister für Kommunikationsservices im Bereich der Sprach-, Daten- und Bild-Übertragung. Der WK 2015 als «militärische Swisscom» war geprägt von Einsätzen zu Gunsten einer Panzerbrigade und einer Flugabwehr-Abteilung. Ein ebenso starkes Augenmerk lag auf der Öffentlichkeitsarbeit. Stefan Lenz Das Richtstrahlbataillon 17 hat mit der Wanderausstellung «DEINE ARMEE» in Appenzell und Umgebung die modernen Technologien zur Bevölkerung gebracht. Unser Engagement als Miliztruppe ging aber noch deutlich weiter. Mit publikumswirksamen Zeremonien bei Standartenübernahme und -rückgabe, einem Besuch der sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates, sowie einem Informationsanlass für KMU-Vertreter wurde der Dialog gesucht und die Öffentlichkeitsarbeit bewusst gefördert. Eindrücklicher Aufmarsch in Herisau Am Dienstag der ersten WK-Woche fand sich das gesamte Bataillon vor dem Sportzentrum Herisau ein, um in Formation zur Standartenübernahme beim Schulhaus Ebnet zu verschieben. Das Defilee setzte sich unter den Blicken zahlreicher Zuschauer vormittags um 10 Uhr in Bewegung. Die drei Kompanien mit rund 700 Soldaten wurden dabei von zwei Kommunikationspanzern begleitet. Ein Spiel der Militärmusik mit Tambouren führte das Defilee an. Der Plan des Bataillonskommandanten ging auf: Er wollte mit dem Aufmarsch die Bevölkerung auf die Anwesenheit des Ristl Bat 17 aufmerksam machen. Auch während der anschliessenden Zeremonie wurde den Gästen etwas geboten. Die Reden von Renzo Andreani, dem Gemeindepräsidenten von Herisau und Andrea Caroni, Nationalrat AR, sowie dem Brigadekommandanten Marco Schmidlin waren kurz, persönlich geprägt und interessant. Die Ansprache von Oberstleutnant Stefan Lenz, als Kommandant des Ristl Bat 17 wurde begleitet von einem ausdrücklichen Dank an seine 24 Familie. Ohne ihre Unterstützung wäre schen Einsätze, stellten wir die notwensein Engagement für die Milizarmee ne- digen technischen Infrastrukturen bereit. ben Beruf und Politik nicht in diesem Die Kommandanten und Stäbe dieser Verbände nutzten unsere Geräte für ihre Masse möglich. Während dem Lunch, den alle Solda- Führungstätigkeiten. So bauten wir für ten und Gäste geniessen durften, liess sich die Pz Br 11 ein Richtstrahl-Netzwerk mit erkennen, dass die Akzeptanz des Mili- mehr als 15 Standorten im Raum Effretärs in Herisau wohl über dem Schweizer tikon bis Amriswil auf und änderten die Durchschnitt liegt. Die Befragten un- Konfiguration entsprechend dem Verlauf terstützten das Milizsystem ausnahmslos. des Kampfeinsatzes der Panzerbrigade. Auch gab es von Beginn weg nur positive Er- Kommunikationspanzer beim Aufmarsch in Herisau. kenntnisse zum Standortbezug – obwohl wir diesen mit Wachtdienst und Kampfmunition sicherten. Dieses stärkere Sicherungsdispositiv fördert die Ordnung und Disziplin bei der Truppe, ohne dass der Kontakt zur Bevölkerung negativ beeinflusst wird. Die Grenzen sind jedoch klar erkennbar. Kundenservice für Panzer und die Flab – aus Leidenschaft Das eigentliche Kerngeschäft einer Richtstrahl-Formation ist die pünktliche und stabile Bereitstellung von Kommunikations-Services für Sprache, Daten und Bilder. Dazu nutzen wir unsere IMFSKomponenten. Das integrierte militärische Fernmeldesystem ermöglicht es, solche Services auch in die entlegensten Winkel der Schweiz oder mehrere Stockwerke unter Boden dem Nutzer an seinem Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. In der zweiten und dritten Woche unseres WK waren die Panzerbrigade 11 (Pz Br 11) sowie die leichte Flab Lenkwaffenabteilung 7 (L Flab Lwf Abt 7) unsere Leistungsbezüger. Abgestimmt auf ihre takti- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Dabei galt es, die Kampfidee (Absicht) des Leistungsbezügers (Kunden) zu kennen und zu verstehen, um unsere Netzwerke und Standorte vorzeitig zu planen und abhängig von möglichen Eventualplanungen auch Alternativen vorzubereiten. Damit dieses Zusammenspiel zwischen Leistungsbezüger und Leistungserbringer funktioniert, braucht es eine abgestimmte Lagebeurteilung, eine koordinierte Konzeption und letztlich den Dialog auf Augenhöhe. Im zweiten Einsatz für die L Flab Lwf Abt 7 setzten wir Erkenntnisse und Lehren aus der Zusammenarbeit mit der Panzerbrigade direkt um und konnten so unsere Leistungsfähigkeit weiter verbessern. Für den Bataillonskommandanten beeindruckend war, wie effizient und fokussiert die Standortbezüge, die Aufbauten der Installationen und die Inbetriebnahme bei beiden Einsätzen funktionierte – die Leidenschaft war spürbar. Hoher politischer Besuch beim Ristl Bat 17 Auch der Dialog mit den politischen Vertretern im Schweizer Milizsystem wurde im Verlauf des WK noch deutlich vertieft. Bereits am nächsten Tag erhielt das Bataillon hochrangigen politischen Besuch durch eine Delegation der SiK-N (Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats). Die zehnköpfige Gruppe erhielt einen Einblick in den WK-Alltag des Bataillons. Nach einem Rundgang mit Standartenübernahme des Ristl Bat 17. kurzen Referaten durch den Standort des Bataillonsstabs besuchte man auch die Kompanien bei der Ausbildung und Einsatzvorbereitung. Gefordert war dabei explizit kein «politisches Sonderprogramm», sondern ein praxisnaher Einblick in das Tagesgeschäft einer Milizformation. In Bernhardzell angekommen, wurden die Nationalräte durch Hptm Christoph Kuert, Kdt der Ristl Kp 17/1, begrüsst. Beim Lunch aus der Gamelle konnten die Politiker ihren Hunger stillen, sich auf den erlebnisreichen Nachmittag vorbereiten und interessante Gespräche mit Angehörigen der Armee führen. Während NR Edith Graf-Litscher (SP, Thurgau) sich mit Brigadier Marco Schmidlin über seine Funktion als Kommandant der Führungsunterstützungsbrigade 41/SKS (FU Br 41/SKS) unterhielt, diskutierten NR Jakob Büchler (CVP-EVP, St. Gallen) und Hptm Christoph Kuert rege das Thema Wehrpflicht. Frisch verpflegt, ging es weiter zur Besichtigung des Ausbildungstandortes der Ristl Kp 17/1, auf welchem die Delegation einen tieferen Einblick in den Ausbildungs- und Einsatzalltag erhielt. Sicherlich ein Highlight für die Politiker war die Besichtigung der RAPund KOMPAK-Panzer. Diese multifunktionalen Kommunikationsgeräte auf Basis von Piranha-Radschützenpanzern sind die Hauptwaffe des Ristl Bat 17. Während sich die meisten mit der Begutachtung des Vermittlerund Funkraumes begnügten, liess es sich NR Hans Fehr (SVP, Zürich) nicht nehmen, auch die Führerkabine von innen zu inspizieren. Abgeschlossen wurde der Besuch mit einer Diskussionsrun- Besucher bestaunen den schnellen Aufbau eines Kommunikationspanzers. de mit Milizangehörigen aller Stufen. Sowohl Soldaten wie auch der Bataillonskommandant stellten sich den Fragen der Nationalräte. Der Dialog war offen und ehrlich, kritische Themen wie die Ausbildungs- und Ausrüstungslücken der Armee wurden praxisnah diskutiert. Synergien zwischen Privatwirtschaft und Milizarmee Ebenfalls noch in derselben Woche durfte Bataillonskommandant Oberstlt Stefan Lenz zusammen mit dem Stabschef der FU Br 41/SKS, Oberst i Gst Reto Brunschweiler, zivile Gäste begrüssen. Bei diesem Anlass waren Vertreter von kleinen und mittleren Unternehmen eingeladen. Pünktlich um 10 Uhr begann das Referat von Brunschweiler. In Anwesenheit von weiteren Kadern des Ristl Bat 17 ging er insbesondere auf vier Themenpunkte ein: die Rolle der Richtstrahlbataillone in der Armee, das konstante Training als Erfolgsfaktor, die Einsätze «INTERARMES», sowie die Zukunft der FU Br 41/ SKS im Kontext der Weiterentwicklung der Armee (WEA). Nachdem auch Lenz das Wort ergriffen hatte, ging es weiter zur Besichtigung des Standorts der Ristl Kp 17/2 im «Mikrodispo». Die Entscheidungsträger aus der Privatwirtschaft erhielten einen Einblick ins Leben auf dem Feld. Sie zeigten sich beeindruckt von der ad-hoc erstellten Infrastruktur, wie etwa dem BiwakDorf, der sanitären Einrichtungen, der Werkstatt, dem grossen KP-Zelt oder dem Materialmagazin. Nach der technischen Einführung zu den Richtstrahlgeräten und Knoten-Vermittlern bei der Besichtigung eines IMFSKnotens wurden verschiedene Aspekte des Zusammenwirkens von Armee und Privatwirtschaft beleuchtet. So sprachen Milizoffiziere über den Mehrwert der militärischen Führungsausbildung in der privatwirtschaftlichen Unternehmensfüh- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 25 Einsatz und Ausbildung rung. Auch die ausgeprägten Synergien zwischen privater und militärischer Berufspraxis wurden den zivilen Gästen praxisnah erläutert. «DEINE ARMEE» – das «Ristl Bat 17 bi de Lüt» Bereits am Dienstag der zweiten WKWoche begann der Aufbau für die Armeeausstellung «DEINE ARMEE» in Appenzell. Der Publikumsanlass fand mitten im beschaulichen Dorf auf dem Landsgemeinde- und dem Brauereiplatz statt. Die imposanten KOMPAK-Panzer sowie verschiedene Marktstände wurden für die Informationsvermittlung genutzt. Dabei konnten technische Geräte für die Kommunikations-Services und Einführungen zu verschiedenen Elementen der militärischen Ausbildung konkret erläutert werden. Die Ausstellung ermöglichte über 1000 Gespräche mit der Zivilbevölkerung in nur drei Tagen. Die Besucher zeigten grosses Interesse an den einzelnen Informationsständen. Speziell die beiden Kommunikations-Panzer waren ein Highlight für die Besucher. Die schweren Geräte wurden in Stellung gefahren und in Betrieb genommen. So waren Mobilfunk-Verbindungen in kurzer Zeit möglich und der praktische Nutzen wurde erkennbar. Auch der Sanitätsposten oder die Ausbildung im ABC-Abwehr konnte bei den jüngeren Besuchern Ausstellung «DEINE ARMEE» beim Ristl Bat 17 nicht entgehen. Am Samstag fand abschliessend ein Besuchstag für die Angehörigen des Ristl Bat 17 statt. Die Familien und Freunde der AdA waren eingeladen, sich aktuelle Eindrücke zu einer modernen Armee aus erster Hand zu verschaffen. Ein Richtstrahl-Standort «bi dä Lüt». Imposanter Schlusspunkt Der WK wurde am Mittwoch der letzten Woche schliesslich noch durch eine Standartenrückgabe abgerundet. Der feierliche Anlass wurde auf dem geschichtsträchtigen St. Galler Klosterplatz durchgeführt. Zahlreiche zivile, politische und militärische Gäste blickten zurück auf die vergangenen drei Wochen und bereicherten ihren Auftritt mit persönlichen Erinnerungen. Die Aufbauarbeiten zur Standartenrückgabe begannen schon am Mittwochvormittag. Das Rednerpult, die Kantonswappen und weitere zur Dekoration verwendete Ausrüstungsgegenstände, beispielsweise einige R-905 Richtstrahlgeräte, wurden platziert. Als es dann zur Mittagsstunde losging, setzte sich auf dem Übungsplatz Breitfeld ein ganzes motorisiertes Defilee in Gang. An der AFG-Arena vorbei, ging es über die Zürcherstrasse in Richtung St. Galler Innenstadt. Dort angelangt, marschierte das ganze Bataillon vom Gallusplatz an der Kathedrale vorbei und auf den Klosterplatz. Als die Kennzahl Werte 2015 Truppe ihre FormatiAnzahl geleistete Diensttage 13 970 on eingenommen hatte, begrüsste Lenz die Anzahl persönliche Urlaubstage 459 Besucher, die Gäste Anzahl gefahrene Kilometer 154 000 und seine Truppe bei Anzahl Liter Treibstoff (inkl. Aggregate) 27 000 festlicher Atmosphäre. Anzahl Flüge mit LW 2 Die Gastredner aus Anzahl Schuss Mun verbraucht 25 307 der Politik waren diesAnzahl Portionen gegessen 12 852 mal Alt-Bundesrat Hans-Rudolf Merz Anzahl Defekte am Material 25 (FDP) und NR Walter Material-Verfügbarkeit per Ende WK 98% Müller (FDP). Auch Wert des Materials im Ristl Bat 17 in CHF 41 883 751.65 Oberstlt i Gst Rico Vergütung an Gemeinden für Stao/Ukft in CHF 138 315.95 Randegger, Kommandant des FU Bat 11, punkten. Im Rahmen des Anlasses fand war als Vertreter des Kunden Pz Br 11 auf auch eine VIP-Veranstaltung für Politiker, Platz.Während Merz die Menge mit einiWirtschaftsvertreter und Verbandsfunk- gen Anekdoten aus seiner eigenen Diensttionäre statt. Sie wurden von Lenz durch zeit bei der Infanterie unterhielt, betonte die Ausstellung geführt und konnten mit Müller die sicherheitspolitische Relevanz einem Apéro den Anlass ausklingen lassen. des Militärdiensts für die Schweizer GeAm Freitag wurde erneut hoher Besuch sellschaft. Randegger schien sehr zufrieden erwartet. Auch Div Melchior Stoller, der mit den Dienstleistungen des Ristl Bat 17 stellvertretende Kdt Heer, liess sich die während der Truppenübung «NEPTUN 26 FU 11». Auch Lenz selbst bedankte sich anschliessend herzlich bei allen Angehörigen seines Bataillons für die gezeigte Disziplin und die besondere Leistungsbereitschaft. Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Kinder und Jugendliche sind begeistert mit dabei. Bild: Ristl Bat 17 Zum Abschluss der Zeremonie nahmen alle anwesenden Angehörigen der Armee die Achtungsstellung ein, während zunächst die Nationalhymne ertönte. Die Standarte verliess anschliessend begleitet vom Fahnenmarsch den Klosterplatz. Die Gäste des Ristl Bat 17 kamen nach der Standartenrückgabe in den Genuss eines Apéros, während sich der Rummel auf dem Klosterplatz langsam wieder legte und die letzten Überbleibsel von Dekoration und Infrastruktur wieder auf die Duros verladen wurden. Genau so ging es schliesslich für das Ristl Bat 17 auch nach der Zeremonie weiter. Die verbleibenden Tage standen ganz im Zeichen der WEMA, wodurch auf allen Standorten gleichzeitig Aufbruchsund Abbaustimmung herrschte. ■ Oberstlt Stefan Lenz Kdt Ristl Bat 17 Executive MBA HSG Parexa AG 8623 Wetzikon Einsatz und Ausbildung Logistik einsatzbereit – Stossen wir sie in eine neue Krise? Kritische Zufriedenheit, auch Freude klang an, als Divisionär Thomas Kaiser seine Logistikbasis der Armee (LBA) am Jahresrapport musterte. Den Blick in den Spiegel, den Divisionär Hans Peter Kellerhals den Logistikern vorhielt, brauchten sie nicht zu scheuen. Indes droht neuer Spardruck. Eugen Thomann, Redaktor ASMZ Ein halbes Jahr nach der Übernahme der «spannendsten und komplexesten Aufgabe» umriss Div Kaiser am 14. Januar in Bern vor 350 Angehörigen des mittleren und höheren Kaders der LBA und 120 Gästen, wo die nun von ihm geführte LBA steht und worauf sie sich vorbereitet. Zu Wort kamen ferner der Berner Grossratspräsident Marc Jost, der Schwyzer Ständerat Alex Kuprecht mit einer gründlichen Analyse der letzten Armeereformen, der bereits erwähnte Kommandant der Territorialregion 4; Div Kellerhals zeigte spannend, scharfsinnig und geistreich auf, wie militärische Partner die LBA erfahren und wie die LBA ihr Handeln noch besser auf die Bedürfnisse der Miliz abstimmen kann. Zuletzt berichtete CEO Peter Galliker über sein ziviles Logistikunternehmen. Offensichtlich stimmt Kaisers von der Armeeleitung und den Partnern geteilter Gesamteindruck: Die LBA ist heute einsatzbereit und für die Zukunft gerüstet, die Weiterentwicklung der Armee anzupacken und den entscheidenden übernächsten Jahreswechsel ohne grosse Friktionen zu überstehen. Dafür spricht ein gewaltiges Arbeitspensum mit jährlich 1200 Fassungen und Rücknahmen von Material, 49 000 Fahrzeugreparaturen, 4000 Revisionen von Truppenbuchhaltungen, – um nur einige Zahlen herauszugreifen. Zehn Urheber von besonders eindrücklichen Einzelleistungen ehrte der Chef LBA, und einer der Ausgezeichneten grüsste aus Yale, wo Hptm Michael Zimmermann als Dozent wirkt. Für die Qualität des Arbeitsklimas sprechen sodann die vielen guten Begegnungen, die Kaiser in den letzten Monaten erlebte. Die schwere Krise, die vor einem Jahrzehnt mit einem unvernünftigen Entzug von Ressourcen ausgerechnet während eines Umbaus der Armee begann, hat die LBA überwunden. Da und dort machen sich Anzeichen von Überlast bemerkbar; nicht weniger als jährlich elf Tage bleiben die Mitarbeiter der LBA im Durchschnitt der Arbeit fern. Zu diesem vergleichsweise hohen Arbeitszeitverlust trägt wahr- Effizienz wachsen soll. Darauf kommt künftig ebenso viel an wie auf die Polyvalenz des Einzelnen. Gelassenheit kann auch helfen, die Fehlerkultur zu verbessern. Wo Fehler einmal unterlaufen, schadet der Versuch, sie für möglichst lange Zeit unter den Teppich zu kehren. Das hindert die Organisation nur daran, zu lernen und künftig den Fehler zu vermeiden. Ganz fehlerlos und bar jeder Verbesserungsmöglichkeit kann menschliches Handeln nun einmal kaum sein. Düstere Aussichten? Div Thomas Kaiser vor dem Motto der LBA: «Machen – verbessern – gewinnen». Bild: VBS scheinlich der grosse Anteil älterer Mitarbeiter bei. Dass 2015 der Tod von elf Angestellten zu beklagen war, erlaubt keine statistische Aussage und gibt trotzdem zu denken. Ermunterungen Die Wahrscheinlichkeit, aus dem Stand einen ungeplanten Einsatz bewältigen zu müssen, dürfte gewachsen sein. Vor allem terroristische Ereignisse riefen in unserer Nachbarschaft bereits nach massiver militärischer Unterstützung. Vor diesem Hintergrund gilt es jederzeit, Silomauern zwischen den einzelnen Bereichen einzureissen, aktiv den Kräfteausgleich anzustreben. Überall ist Innovation unentbehrlich, und den Spürsinn, vielleicht auch die Bereitschaft dafür findet Kaiser noch zu wenig entwickelt. Wer neue Wege sucht, darf das mit Gelassenheit tun. Denn was kann schon passieren? – Günstigere Lösungen tun immer wieder not, wenn die Die Weiterentwicklung bedeutet einen tiefgreifenden Umbau der Armee. Das fordert – die bittere jüngere Erfahrung sollte das endlich lehren – die Logistik ganz besonders. Man denke nur an den Aufbau eines neuen Mobilmachungssystems oder an das gerade in der Umbauphase unvergleichlich aufwändigere Materialwesen. Nur wenig braucht sich die Lage weiter zu ändern, und schon bekommt der Eigenschutz beim Bewirtschaften der vielen abgelegenen Depots einen viel höheren Stellenwert, der erhebliche Ressourcen bindet. Die LBA kann bei alldem auf die Unterstützung der Miliztruppe zählen, doch gleicht diese den Aufgabenzuwachs nicht aus. Würde das vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebene «Stabilisierungsprogramm 2017–2019» unverändert Gesetz, so stünde der LBA der Verlust von 250 ihrer 3200 Vollzeitstellen bevor. Dazu käme der Abstrich von 130 Millionen an jährlichen Betriebskosten. Alles müsste Effizienzsteigerung auffangen, da Leistungsabbau oder Auslagerung ausser Betracht fällt. Sehen so die Rahmenbedingungen zum Erfüllen der verfassungsmässigen Aufgaben aus, welche die Politik doch der Armee schuldet? ■ Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 27 Einsatz und Ausbildung Taktische Kurse als Ausbildungsmodell mit Zukunft? Die Infanteriebrigade 7 führte – als einziger Grosser Verband der Schweizer Armee – vom 14. bis 18. September 2015 auf dem Waffenplatz Auenfeld in Frauenfeld ihren Taktischen Kurs durch und übte die Zusammenarbeit mit zivilen Behörden. Ein Erfahrungsbericht. Martin Vögeli, Thomas Huber Bereits zum dritten Mal nach 2011 und 2013 führte die Infanteriebrigade 7 (Inf Br 7) ihren Taktischen Kurs (TK 2015) in Frauenfeld durch. Mit dem Entwicklungsschritt 08/11 wurde die Inf Br 7 zu einem Reserveverband bzw. zu einer Kaderbrigade. Das bedeutet, dass einzig noch die eingeteilten Offiziere wenige Diensttage pro Jahr leisten. Neues Ausbildungsmodell Mit der Umwandlung zur Kaderbrigade entstand für die Inf Br 7 der Bedarf, neue Ausbildungsmodelle für ihre Kader zu entwickeln. Die TK der früheren Armeeorganisationen (TO 61, A95) wurden als geeignetes und anpassungsfähiges Ausbildungsinstrument erkannt. Ein KernAbsprache zwischen ziviler Behörde, hier GWK, und der Armee im Gelände. stab entwickelte ein Kursmodell, das innert kurzer Zeit und mit überschaubarem materiellem und zeitlichem Aufwand messbare Ausbildungsresultate liefert. 2011 fand der erste TK statt. Kursauftakt Am ersten Kurstag des TK 2015 absolvierten die Kommandanten des Führungsunterstützungsbataillons 7, der drei Aufklärungsbataillone 7, 9 und 12, der beiden Gebirgsinfanteriebataillone 72 und 91 sowie der Artillerieabteilung 47 mit ihren Stäben, insgesamt über 90 Offiziere und höhere Unteroffiziere, einen militärischen Eintrittstest und ein Pistolenschiessen. Im Anschluss daran erfolgte die Befehlsausgabe zur Übung «FRONTERA» durch den Kommandanten der Inf Br 7. Die Stäbe der Truppenkörper wurden während des ganzen TK 2015 durch erfahrene Stabscoaches begleitet. Zusammenarbeit Armee – zivile Behörden Die Übung «FRONTERA» beinhaltet die Zusammenarbeit zwischen der Armee und zivilen Behörden in Sicherungseinsätzen, in diesem Fall unter anderem auch mit dem Grenzwachtkorps. Vorbereitung, Planung und Durchführung der Übung dauerten sechs Jahre, vom Projektauftrag des Kommandanten Heer bis zum TK 2015 gerechnet. Im fünf Tage dauernden TK 2015 wurden die Kommandanten und Stäbe stark gefordert: die Auffrischung der theoretischen Kenntnisse, die Fachdienstausbildung und die Schulung im Stabsarbeitsprozess forderten die Kursteilnehmer stark. Dabei kam der laufenden Auswertung der erzielten Resultate grosse Bedeutung zu. 13 Klassenlehrer und ein Chef Auswertung waren eingesetzt. Ziele des TK 2015 Die Ziele des TK 2015 waren wie folgt umschrieben: Die Truppenkörperkommandanten führen mit ihren Stäben den Aktionsplanungsprozess (APP) bis und mit Revision der Pläne zeit- und lagegerecht gemäss den Führungsprozessen von FSO 17 und BFT unter enger Einbindung der Einheitskommandanten und die Entschlussfassung durch. Sie setzen die Vorgaben der neuen Reglemente Infanterie im Rahmen ihrer Entschlussfassung um und bilden ihre Unterstellten in hoher Intensität und mit klaren Forderungen stufengerecht weiter. Anforderungen an die Truppenkörperstäbe Die Offiziere und höheren Unteroffiziere der Truppenkörperstäbe wenden die Führungstätigkeiten- und -instrumente gemäss den Führungsprozessen von FSO 17 und BFT situativ richtig an. Die Stabs- 28 Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Einsatz und Ausbildung Auswertung Entschlussfassung am Geländemodell. Bilder: Inf Br 7 mitarbeiter der Truppenkörperstäbe generieren im Rahmen der Lagebeurteilung, der Entschlussfassung und der Befehlsgebung aus ihren Fachbereichen Mehrwert für den Kommandanten. Die Einheitskommandanten bringen sich im APP der Truppenkörper ein und verbessern so die Entschlussfassung. Sie wenden die Vorgaben der neuen Reglemente Infanterie im Rahmen ihrer Entschlussfassung an und festigen ihr Wissen in den Fachbereichen. Szenario «FRONTERA» Das Übungsszenario «FRONTERA» geht auf Grund einer Massenimmigration unterschiedlicher Personengruppen von einer Verschärfung der Situation in unserem Land aus. Unter anderem zählen zu den Akteuren bewaffnete Gruppen der hier lebenden Diaspora, welche in Schutzgelderpressungen, Geldwäsche, Waffenhandel oder in die Liquidation von Schlüsselpersonen verwickelt sind. Hinzu kommen Sprengstoffanschläge und Sabotageakte von Ökoterroristen auf wichtige Infrastrukturen in unserem Land. Die Leistungsgrenze der zivilen Sicherheitsorgane der Kantone und des Bundes ist damit seit einiger Zeit erreicht. Die Armee unterstützt die zivilen Sicherheitsorgane in ihrer Aufgabenerfüllung seit langem mit Mitteln der Militärischen Sicherheit (Mil Im TK 2015 wie auch in den TK 2011 und 2013 ging es darum, die Leistungen aller Teilnehmer einheitlich zu erfassen und zu beurteilen. Dadurch erhielten die Teilnehmer ein Feedback, welches einen Vergleich mit den übrigen Teilnehmern und Stäben zuliess. Dem Kdt der Inf Br 7 verschaffte die Auswertung einen objektiven Überblick über den Ausbildungsstand seiner DU-Stäbe sowie über deren Leistungskurve in und über die drei TK gesehen. Präsentationen und Produkte wurden im Rahmen von Zwischenbesprechungen systematisch durch die Coaches, alles erfahrene ehemalige Trp Kö Kdt aus dem Stab der Inf Br 7, beurteilt. Dabei ging es primär um Inhalt, aber auch um Form, Auftritt und Gesamtbeurteilung. Mit dem jeweils erarbeiteten «Nagel» und der Wiederholung von Sequenzen wurde der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) über die drei TK sichergestellt. Sich). Der Bundesrat entschied, Teile der Armee zu mobilisieren und im Aktivdienst einzusetzen. Die Bundesversammlung bewilligte den subsidiären Einsatz. Übungsthemen In der Übung «FRONTERA» ging es darum, mit einem Infanteriebataillon das Grenzwachtkorps Region II entlang der nordöstlichen Landesgrenze subsidiär zu unterstützen und sich bereit zu halten, in einem Eskalationsfall die Raumverantwortung vom GWK zu übernehmen. Im weiteren ging es darum, mit Aufklärungs- und Infanterieverbänden besonders bezeichnete Objekte der kritischen Infrastruktur in den Kantonen Zürich, Thurgau und Schaffhausen zu schützen und die Hauptverkehrsträger zu überwachen. Kursablauf Der TK 2015 gliederte sich in mehrere Phasen: Befehlsausgabe durch den Kommandanten Infanteriebrigade 7 an die Truppenkörperkommandanten, Aktionsplanungsprozess mit Problemerfassung und Auftragsanalyse, Erkundung im Gelände bzw. am Objekt, Abspracherapporte mit den zivilen Beteiligten, Entschlussfassung und schliesslich Befehlsgebungsrapporte der Truppenkörperkommandanten am Geländemodell, Abgabe der Befehlspakete an die Einheitskommandanten und Taktischer Dialog 1. Erkenntnisse Die Übung «FRONTERA» lieferte einerseits wertvolle Erkenntnisse zur Zusammenarbeit der Armee mit dem Grenzwachtkorps und mit anderen zivilen Beteiligten. Mit dem TK 2015 wurden andererseits die Führungsfähigkeit und die Führungsbereitschaft der Stäbe geschult und weiterentwickelt. Insgesamt bewegen wir uns mit unseren Milizstäben auf sehr hohem Niveau. Die Inf Br 7 bietet massgeschneiderte Dienstleistungen für im Berufsleben stark engagierte Offiziere. Wir sind überzeugt, dass die Armee auch in Zukunft einen zusätzlichen, führungsfähigen und führungsbereiten Stab braucht, der nicht nur über ein wertvolles Ausbildungsgefäss wie den TK 2015 verfügt, sondern im Bedarfsfall auch Ablösungen von Stäben Grosser Verbände übernehmen kann. ■ Brigadier Martin Vögeli Kommandant Infanteriebrigade 7 8401 Winterhur Oberstlt i Gst Thomas Huber Gr C FLG II / SLG I Projektleiter TK 2015 HKA/ZS 6000 Luzern 30 Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 29 Einsatz und Ausbildung Jahresrapport im Zeichen von «CONEX 15» Der Rapport der Territorialregion 2 (Ter Reg 2) in Liestal vom 15. Januar 2016 stand trotz des Wechsels im Kommando, seit Anfang Jahr führt Divisionär Hans-Peter Walser diesen Verband, ganz im Zeichen der Übung «CONEX 15». Mit dieser Übung hatte die Ter Reg 2 im vergangenen September positive Schlagzeilen gemacht: Seit langem wieder eine grosse Volltruppenübung und dazu noch mitten in der Bevölkerung! Walter Troxler, Redaktor ASMZ Der neue Kommandant begrüsste viele Gäste aus Politik, Wirtschaft und Armee. Der rote Faden das Rapportes bildete die Lage in Europa und der Welt und die daraus hervorgehende Bedeutung für die Sicherheit der Schweiz. Obwohl die Bedrohung sich verändert und entwickelt, bleiben gewisse Konstanten doch erhalten. Dies betonte der Kommandant in seinen einleitenden Worten ebenso wie der neue Chef Militärischer Nachrichtendienst (MND) Brigadier Alain Vuitel. Oberst i Gst Markus Näf als StellvertreInteressierte Rapportteilnehmer. Bilder: Ter Reg 2 30 ter des Kommandanten liess die Übung «CONEX 15» Revue passieren und der Kommandant Heer, Korpskommandant Andrey, zeigte die Möglichkeiten auf, mit welchen die Armee auf die neuen Herausforderungen reagieren kann. Alle Vorträge bezogen sich auf das Bild der hybriden Bedrohung und leiteten daraus die Konsequenzen für die Sicherheit und deren Schutz ab. Aktuelle Lage Kriege und Konflikte sind ein allgegenwärtiges Zeichen einer Machtpolitik, die vermehrt wieder als solche wahrgenommen wird. Gerade weil die Machtmittel sehr subtil eingesetzt werden – siehe Krim Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 und Ukraine – bedeuten sie eine grosse Bedrohung. Der heraufbeschworene Konflikt wird rasch auch mit robusten Mitteln geführt. Viele «player» versuchen auf diese Art, ihre politischen oder wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Eine grosse Gefahr besteht darin, dass solche Aktionen einen Domino-Effekt auslösen können, wodurch die Lage ausser Kontrolle gerät. Diese Destabilisierung führt zu Krisen und in letzter Konsequenz zu Flüchtlingen. Diese Herausforderung nimmt fast unlösbare Ausmasse an, was sich daran ermessen lässt, dass selbst EU-Mitglieder Grenzzäune errichten. Das Wachstum der Rüstungsindustrie ist ein deutlicher Hinweis auf die zunehmende Unsicherheit, wobei Waffenkäufe Einsatz und Ausbildung – je nachdem wer sie tätigt – sowohl zur Sicherheit als auch zur Unsicherheit beitragen. Ein weiterer Hinweis auf die Unberechenbarkeit bestehender oder neuer Krisensituationen sind die Anstrengungen der NATO, einerseits die Bündnisverteidigung zu stärken, anderseits die Reaktionszeiten massiv zu verkürzen. Im Weiteren drohen auch Gefahren von nichtstaatlichen Akteuren – als Beispiele Paris und Brüssel – denen jedes Mittel recht ist. Solche Attacken stellen bisher unbestrittene Werte und Konventionen in Frage. Da wird Sicherheit wieder ein sehr gefragtes Gut. Leider mussten auch europäische Staaten zur Kenntnis nehmen, dass solche Situationen die Kräfte der zivilen Sicherheitsorgane übersteigen. Dass die Schweiz in Sachen ziviler Sicherheitskräfte schwach ist, wurde schon vor Jahresfrist in der Tagespresse gedruckt. Gemäss UNO sollte eine Demokratie etwa 300 Polizisten pro 100000 Einwohner haben, was für die Schweiz etwa 24 000 Personen ergäbe; zurzeit sind es nur knapp 18 000, also ein Fehlbestand von etwa 6000. Grundsätzen des Armeeauftrages gemäss der Verfassung. Die Lehren aus der Übung müssen in weiteren Übungen, wo wiederum Partner wie Grenzwachtkorps, Polizei und Betreiber kritischer Infrastruktur dabei sind, zum Tragen kommen. Die Ter Reg 2 hat als wenig oder gar unbekannten Partner das Technische Hilfswerk (THW) aus Deutschland einbezogen, was einerseits die Wichtigkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit betont, andererseits eine zusätzliche Herausforderung darstellte. Div Hans-Peter Walser verdankt die Grussbotschaft von Regierungsrat Isaac Reber (BL). Armee Also wird auf die Armee als Reserve zurückgegriffen. Um dieser Rolle bei Bedarf gerecht zu werden, muss die Armee ausgerüstet und ausgebildet sein. Ausbildung meint in diesem Fall nicht nur das Können an sich, sondern eben das Gelernte anzuwenden, je nach Situation im Verbund mit anderen Partnern. Um da Erfolg zu haben, muss regelmässig geübt werden und zwar im Verbund mit möglichst vielen Beteiligten. Genau das hat die Ter Reg 2 mit verschiedenen Truppen und Partnern in der Übung «CONEX 15» erfolgreich gemacht (Vgl. ASMZ 12/2015). Dass dabei nicht alles geklappt hat, erstaunt wenig. Denn es sind schon einige Jahre her, dass man Übungen in dieser Grösse durchgeführt. Wichtig ist es nun, die Lehren zur Kenntnis zu nehmen und erneut zu üben, was auch bereits angekündigt worden ist. Oberst i Gst Markus Näf, Kommandant Stellvertreter Ter Reg 2, spricht über «CONEX 15». Das Umfeld der «CONEX 15» zeigte mit grosse Deutlichkeit, dass dem Schutz der eigenen Mittel – Personen und Sachen – sehr grosse Bedeutung zukommt. Die Leistungsfähigkeit der einzelnen Bataillone ist hoch, aber die Zusammenarbeit zwischen ihnen muss verbessert werden. Die Kader aller Stufen müssen Probleme erkennen und möglichst selbstständig lösen. Wichtig ist der Informationsaustausch, dass sowohl die höhere Stufe, wie auch das Umfeld, ein möglichst zutreffendes, aktuelles Gesamtbild der Lage haben. Führungsinfrastruktur und Verbindungen müssen auch unter erschwerten Bedingungen funktionieren. In Krisenlagen ist es durchaus möglich, dass gewisse zivile Infrastruktur nur noch sehr bedingt funktioniert, also muss die Armee in diesen Bereichen sich auf eigene Mittel abstützen und eine gewisse Autonomie ausweisen können. Kader wie Soldaten sind darauf zu sensibilisieren, dass präzises Arbeiten sowohl in der Führung als auch in der Handhabung des Materials notwendig ist. Der Erfolg hängt zunehmend von Spezialisten ab, die zwingend im Truppendienst anwesend sein müssen. Notfalls muss neben der Erstfunktion eine Zweit- oder gar Drittfunktion ausgebildet werden, um flexibel zu bleiben. Dazu muss das Armeematerial regelmässig erneuert werden, um technisch aktuell zu sein. Schlusspunkte Üben Die angenommene Lage war nicht hypothetisch, sondern stellte eine mögliche Eskalation der aktuellen Situation dar. Mittlerweile ist diese Eskalation leider schon fast zur Alltäglichkeit in Europa geworden! Die darin von der Armee wahrgenommenen Aufgaben entsprachen den Lehren Div Hans-Peter Walser spricht zu den Herausforderungen von 2016. • Die Ter Reg 2 hat das Richtige richtig geübt; • Die Weiterentwicklung der Armee ist notwendig, aber sie braucht gesicherte Finanzen; • Der Wert der Sicherheit muss der Bevölkerung wieder bewusst gemacht werden. ■ Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 31 Einsatz und Ausbildung Stabwechsel bei der Infanteriebrigade 5 Zwei Jahre führte Brigadier Hans Schatzmann die Infanteriebrigade 5, seit anfangs Jahr kommandiert er die Militärische Sicherheit. Mit einem tosenden und lang anhaltenden Applaus feierten die Teilnehmer am Brigaderapport den ehemaligen Kommandanten. Irène Thomann-Baur* Auch Br Alexander Kohli, der vom Bundesrat gerade noch rechtzeitig bestellte neue Kommandant, würdigte zu Beginn des Rapportes seinen Vorgänger. Einen besonderen Höhepunkt bildet jeweils das von der Kommunikationsgruppe gedrehte Video des vergangenen Jahres mit Ausschnitten aus den WK aller acht Den Kadernachwuchs pflegen und die Armee zeigen Neben einer systematischen Arbeitsvorbereitung bildet die Kaderausbildung den Schlüssel zum Erfolg. Die Ausbildung orientiert sich schwergewichtig an der Verbandsschulung und ist auf die Volltruppenübung der dritten WK-Woche ausgerichtet. Die Kader zu fördern, gehöre zu den zentralen Aufgaben der Kommandanten aller Stufen, betonte Kohli. Im Gewinnen von Kadernachwuchs glänzt die Inf Br 5 übrigens schon seit Jahren. Erfreulich ist, dass die Bereitschaft, mehr zu leisten, gestiegen ist und im zivilen wie beruflichen Umfeld auf wachsendes Verständnis stösst. Im vergangenen Jahr hat die Brigade mit Besuchs- und Behördentagen überdurchschnittlich viel Öffentlichkeitsarbeit geleistet. Unter dem Motto «PRÄSENZ 15», zeigte das FU Bat 5 sich und die Armee mitten in Wohlen und bot der Bevölkerung Informationen, Erlebnisse und Emotionen. Einen hervorragenden Eindruck hat die Art Abt 10 beim Empfang der ausländischen Militärattachés auf dem Simplon hinterlassen. Einsätze der Armee werden wahrscheinlicher Br Schatzmann (rechts) mit Nachfolger Br Kohli. Bild: Inf Br 5 Truppenkörper (auf der Website der Inf Br 5 einsehbar). Insgesamt erreichten diese die drei weiterhin geltenden Ziele, «stetig besser werden, konsequent handeln, auf Anhieb erfüllen». 32 Der vom Bundesrat umfassend verstandene Verteidigungsbegriff bildet künftig die Grundlage für den Einsatz der Inf Br 5. Die Vernetzung der Gesellschaft führt gleichzeitig zu mehr Verletzlichkeit. Darum sind zuerst empfindliche zivile und militärische Infrastrukturen zu schützen. Aufgrund der allgemeinen Lage hat die Armeeführung vor dem Jahreswechsel eine erhöhte Bereitschaft beschlossen. Neben den Berufsformationen wie der Militärischen Sicherheit und Bereitschaftsverbänden der Durchdiener sollen WK-Truppen den zivilen Behörden permanent zur Verfügung stehen können. Dies hat zu einer Anpassung des Dienstleistungsplanes auch der Inf Br 5 geführt. Angesichts der stei- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 genden Risiken sind der Eigenschutz und der Schutz von sensitivem Material zu intensivieren. Über den Einsatz von Kampfmunition im Wachtdienst entscheidet die Armee selbst. WEA ist richtig und wichtig Glaubwürdigkeit, Stabilität und Durchhaltefähigkeit haben die Angehörigen der Inf Br 5 im vergangen Jahr bewiesen und damit die Erwartungen erfüllt, wie Div Melchior Stoller, Stv Kdt Heer, lobend bemerkte. Die WEA verbessert Bereitschaft, Kaderausbildung, Ausrüstung und vertieft die regionale Verankerung. Die Inf Br 5 wird mit der neuen Armeeordnung aufgelöst, ihre Inf Bat werden ab 2018 den Ter Div unterstellt. Die Infanterie als grösste Truppengattung muss für das ganze Bedrohungsspektrum einsetzbar bleiben. Schonungslos analysiere der Entwurf zum Sicherheitspolitischen Bericht die aktuelle Lage, stellte Susanne Hochuli, Landammann des Kantons Aargau und Gotte der Inf Br 5, fest. Die Schweiz ist keine Insel, auch sie muss ihre Sicherheit überprüfen. Die WEA gebe dazu richtige Antworten und den Kantonen genügend Mittel für Katastrophen und Notlagen. Der Luzerner Regierungsrat Paul Winiker, Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartements und als Oberstlt ehemals Angehöriger des Brigadestabs, wies darauf hin, dass der Echteinsatz gelegentlich von den Reglementen abzuweichen pflege. Da profitiert die Milizarmee von der zivilen Berufserfahrung und der Phantasie ihrer Angehörigen. Den Kadern legte er ans Herz nicht zu vergessen, dass sie Bürger führen. Mit diesen sei vorbildlich und respektvoll umzugehen. Den perfekt orchestrierten Jahresrapport in der voll besetzten Aarauer Schachenhalle umrahmte das Spiel der Militärmusik-Rekrutenschule unter Leitung von Oblt Gian Walker. ■ * Journalistin, Hptm, zuletzt im Info Rgt1, ehemals Generalsekretärin der SOG, Winterthur. Einsatz und Ausbildung Wie der Aargau die Militärkultur pflegt Im Grossratssaal in Aarau verabschiedete Militärdirektorin Susanne Hochuli 52 Aargauer Offiziere, vom Oberleutnant bis zum Divisionär a D. Anschliessend dokumentierte eine Ausstellung im Parlamentsgebäude, dass für die Aufbewahrung der Feldzeichen von aufgelösten Truppen eine Lösung gefunden wurde. Hans-Peter Widmer Der Aargau liess seine Offiziere, die auf Jahresende aus der Wehrpflicht entlassen wurden, nicht sang- und klanglos ziehen. An einer Feier im Grossratssaal, die Kreiskommandant Oberst Rolf Stäuble zum siebten Mal organisierte, dankte die kantonale Militärdirektorin und gegenwärtige Frau Landammann Susanne Hochuli den 52 erschienenen Offizieren, unter ihnen eine Frau, für die geleisteten Dienste. Die Reihe der Abtretenden führte Divisionär aD Andreas Bölsterli an, der bis Ende 2015 Kommandant der Territorial Region 2 war. Sein Nachfolger, Divisionär Hans-Peter Walser, betonte in einem Grusswort, Offizier sei man nicht nur in Uniform, man bleibe es ein Leben lang. 45766 Diensttage den Tatbeweis, der nun von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefordert werde. Die Weiterentwicklung der Armee sei die Nagelprobe, um in der Ausbildung und Ausrüstung einen notwendigen Schritt vorwärts zu kommen. – Die Entlassungs- Zur Verabschiedung versammelte Offiziere im Grossratssaal. Bild: Autor Die aus den militärischen Pflichten entLegende des Zofinger Fähnrichs Niklaus lassenen Kader leisteten insgesamt 45766 Thut, der in der Schlacht bei Sempach Diensttage, im Durchschnitt 880 Tage 1486 das Stadtbanner verschluckte, daoder ungefähr zweieinhalb mit es nicht in die Hände Jahre, wie Regierungsrätin des Feines fiel. Hochuli mit Respekt vorDen Anstoss zu der klei«Unser Milizsystem ist auf rechnete. Dieser aus Pflichtnen Fahnenschau gaben Begefühl erbrachte Beitrag zur mühungen von alt RegieMenschen angewiesen, Sicherheit und Stabilität des rungs- und Ständerat Thodie Verantwortung übernehmen.» Landes mache sie stolz. Unmas Pfisterer, Aarau, für eine ser Milizsystem sei auf Mengesicherte Aufbewahrung schen angewiesen, die Vervon Feldzeichen aufgelösantwortung übernehmen. Wer befehlen feier endete mit der Nationalhymne, in- ter Einheiten der ehemaligen Grenzbriwolle, so ein Sprichwort, müsse aber erst toniert vom Aarauer Rekrutenspiel 16-3, gade 5 und der Felddivision 5. Die Hisgehorchen lernen. Im Wort «gehorchen» und einem Apéro riche im Grossrats- torische Sammlung des Museums Aargau sei der Ausdruck «horchen» enthalten – keller. nimmt sich dieser Zeugnisse an. Ein Teil gut zuhören. Diese Eigenschaft zeichne davon wird im Grossratsgebäude, in verFührungspersonen nebst Einfühlungsschiedenen Gemeinden sowie im Militär«Fahnenmarsch» und Durchhaltevermögen, Teamfähigkeit musem Full ausgestellt. ■ Dazwischen wurde im Foyer des Grossund Disziplin aus. Deshalb sei die Ausbildung in der Armee eine Lebensschule, ratsgebäudes eine von Thomas Frei vom Wachtmeister von der man nicht nur im militärischen Museum Aargau kuratierte temporäre Hans-Peter Widmer Ausstellung «Fahnenmarsch» eröffnet. Sie Bereich profitieren könne. Redaktor i.R. Divisionär Hans-Peter Walser bat die zeige, wie bedeutend Fahnen und FeldJournalist und Buchautor Abtretenden, Botschafter der Milizarmee zeichen sein können, erklärte Grossrats5212 Hausen zu bleiben. Diese lebe nicht von Lippen- präsident Marco Hardmeier. Ihre Symbekenntnissen, sondern vom umfassen- bolkraft verdeutlicht zum Beispiel die Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 33 SOG Vorstand «Seul on va vite, ensemble on va loin!» Es gehört sich nicht für einen Präsidenten, selbst eine Beurteilung seines Wirkens vorzunehmen. Darüber hinaus verbieten es mir Anstand und gute Umgangsformen, mich hier in Selbstzufriedenheit zu ergehen. Am Ende meiner Amtszeit erlaube ich mir lediglich, auf meine vierjährige Präsidentschaft zurückzublicken, die alles andere als ruhig und gleichförmig verlief. Br Denis Froidevaux, Präsident SOG Noch nie zuvor war die SOG mit so vielen und so komplexen Herausforderungen konfrontiert gewesen. Oder anders gesagt: Nie zuvor wurde die SOG in finanzieller, strategischer und operativer Hinsicht derart gefordert. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, haben wir uns in unserer Tätigkeit auf folgende vier Schwerpunkte konzentriert: 1. Die Homogenität und den Zusammenhalt in der SOG zu bewahren – trotz der stark divergierenden Strömungen, welche die Gesellschaft insbesondere in Zeiten von Reformen oder Abstimmungen bewegen; 2. Die Glaubwürdigkeit der SOG durch eine Modernisierung ihrer permanenten Strukturen und eine dynamische und proaktive Kommunikationspolitik zu stärken; 3. Dort zu handeln, wo Handlungsbedarf besteht, und uns stets vor Augen zu halten, dass die SOG von unten nach oben organisiert ist; 4. Das Lobbying zugunsten unserer Sicherheitspolitik im Allgemeinen und unserer Milizarmee im Besonderen zu stärken. Positive Schlussbilanz nach vier Jahren Dank eines dynamischen und engagierten Vorstands und eines äusserst effizienten Sekretariats konnten wir unter anderem die folgenden wichtigen Projekte angehen: Schaffung eines Generalsekretariats, Modernisierung des Auftritts nach aussen (mit neuem Logo, Auftritt und Website), operative Leitung und Hauptfinanzierung der Kampagne gegen die GSoA- 34 Delegiertenversammlung 2016 der SOG Samstag, 12. März 2016 Grossratssaal, Masanserstrasse 3, 7000 Chur Programm 09.00 Begrüssungskaffee 10.00 Saalöffnung 10.15 Meldung Grussadressen: KKdt André Blattmann, CdA Christian Rathgeb, Regierungsrat Urs Marti, Stadtpräsident Chur Oberstlt Urs Fetz, Präsident Bündner Offiziersgesellschaft 12.20 Referat Bundesrat Guy Parmelin, Chef VBS Apéro und Führung im Neubau des Bündner Kunstmuseums 14.15 Mittagessen im Hotel Stern 16.00 Ende der Tagung Initiative zur Abschaffung der Wehrpflicht, operative Leitung der Gripen-Kampagne, starkes Engagement für das Projekt Weiterentwicklung der Armee (WEA), Erstellung eines internen und externen Kommunikationskonzepts, Organisation der 75-Jahr-Gedenkfeier zum Rütli-Rapport vom 25. Juli 1940, Mitwirkung in der Studiengruppe Dienstpflichtsysteme, Einsatz für die Verteidigung des notwendigen Gleichgewichts zwischen Leistungen und Ressourcen, Gründung der Stiftung der Offiziere der Schweizer Armee und Sicherung der Finanzierung unserer Tätigkeiten. Ausschuss und Vorstand der SOG waren somit über die vergangenen vier Jahre mit viel Hingabe und Durchhaltewille bei der Arbeit. Im Grunde hatten wir angesichts der politischen Realität auch gar keine andere Wahl, zumal das Thema Sicherheit in den Jahren 2010 bis 2015 von Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Traktanden statutarischer Teil 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Wahl der Stimmenzähler Protokoll der DV, 14. März 2015 Jahresbericht 2015 Jahresrechnung 2015, Revisorenbericht Wahlen 5.1. Präsident 5.2. Vorstand 5.3. Revisoren Statutenänderung (Anhang zu den SOG Statuten: 1. Mitgliederbeitrag) Budget 2016 Sicherheitspolitische Themen Verabschiedungen Varia den politischen Parteien weitgehend vernachlässigt wurde. So sah sich die SOG gezwungen, hier in die Bresche zu springen und während der jeweiligen Abstimmungskampagnen eine gewichtige Position einzunehmen. Die SOG hat sich also im Lauf der letzten Jahre von einer Networking-Vereinigung zu einer echten politischen Kraft entwickelt, ist in ihren Grundfesten aber unpolitisch geblieben. Die schwerfälligen SOG-Strukturen anpassen Intern war dies für die SOG keine einfache Entwicklung, zumal die Struktur und Organisation einiger kantonaler Sektionen nicht dazu geeignet ist, Funktionen und Aufgaben auf regionaler Ebene zu unterstützen. Nicht einfach ist auch der Umgang mit entgegengesetzten Kräften innerhalb unserer Gesellschaft: auf SOG Vorstand der einen Seite die Nostalgiker, die einer Welt nachhängen, die es nicht mehr gibt, und auf der anderen Seite die Träumer, die in einer Welt leben, die es noch nicht gibt. Es ist auch nicht einfach, Kameraden davon zu überzeugen, im Rahmen gewisser politischer Kampagnen Risiken einzugehen. Dank unseres unbedingten Willens, eine glaubwürdige und konsequente Haltung einzunehmen, ist es uns aber in den meisten Fällen gelungen, realistische und praktikable Lösungen zu finden. So haben wir zum Beispiel das Projekt WEA (Weiterentwicklung der Armee) unterstützt, dabei aber gegen den Willen des Bundesrats – der vor dem Parlament schliesslich eine Niederlage erlitt – umfangreiche Anpassungen verlangt. Als Beispiel kann in diesem Zusammenhang die Anzahl und die Dauer der Wiederholungskurse (WK) oder die Streichung des Plafonds von fünf Millionen Diensttagen jährlich erwähnt werden. Das Projekt WEA sah insgesamt fünf WK zu je zwei Wochen Dauer vor, und die SOG forderte umgehend sechs WK zu je drei Wochen – eine Forderung, die wir schliesslich im Parlament durchsetzen konnten! Das ist nur ein Beispiel für das subtile Zusammenspiel von Unterstützung und Kritik. Ich habe stets gefordert, dass die SOG bei ihrem Handeln die Institutionen respektiert, ohne aggressiv, beleidigend oder drohend aufzutreten, «Dank unserer glaubwürdigen und konsequenten Haltung, ist es uns gelungen, realistische und praktikable Lösungen zu finden.» sich dabei aber beharrlich zeigt und auch hinnimmt, dass sie ab und zu für einen «Schwächling» gehalten wird. Vielleicht ist es ja typisch für uns Welsche, stets ruhig, respektvoll, gelassen und besonnen zu handeln. Ich möchte hier auch auf die guten Beziehungen hinweisen, die wir zu unseren Partnern und Ansprechpersonen – zum Beispiel dem CdA oder dem VBSChef – aufbauen konnten. Obwohl wir UNUS PRO OMNIBUS, OMNES PRO UNO – EINER FÜR ALLE, ALLE FÜR EINEN. nicht immer einer Meinung waren, konnten wir stets miteinander reden, und das ist das Wichtigste! Ich möchte mich bei allen für ihr Mitwirken herzlich bedanken. Ebenfalls unterstreichen möchte ich die guten Beziehungen zur Presse. Dennoch ist nicht alles perfekt, und die SOG muss sich weiterentwickeln. Aus meiner Sicht sollte sie in den nächsten Jahren • ihre Finanzen sichern (wiederkehrende Kosten und spezifische Massnahmen); • die interne Kommunikation modernisieren; • auf eine dynamischere Rekrutierungspolitik hinarbeiten; • und ihre Publikationsorgane ASMZ, RMS und RMSI näher zusammenbringen. Die Werte der SOG heissen Glaubwürdigkeit, Loyalität, Hingabe und Selbstlosigkeit, und ich bin überzeugt, dass der Vorstand auch unter dem neuen Präsidium diese Werte hochhalten wird, genauso wie es unsere Vorgänger während des 180-jährigen Bestehens der SOG getan haben. Je pars! ■ Stiftung der Offiziere der Schweizer Armee Mit Ihrer Unterstützung stärken Sie das Milizsystem, die Milizarmee und eine glaubwürdige Sicherheitspolitik der Schweiz. Die Stiftung ist steuerbefreit. Jeder Beitrag zählt! Bankverbindung: UBS AG IBAN: CH380026226210411901K Weitere Informationen unter: www.offiziersstiftung.ch Stiftung der Offiziere der Schweizer Armee 117-119 avenue Général Guisan, Case postale 212, CH-1009 Pully [email protected] www.offiziersstiftung.ch Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 35 Wirtschaft / Rüstung Cyber Defence: Ein neuer Ansatz Zivile und militärische Computer-Netzwerke sind ständigen Angriffen ausgesetzt. Die Methodenvielfalt stellt eine grosse Herausforderung dar. Frühzeitiges Erkennen von Anomalien im Datenverkehr liefert einen möglichen Sicherheitsansatz. Florian Schütz, Business Developer Cyber & Intelligence, stellt das neue Instrument von RUAG Defence in einen grösseren Zusammenhang. Peter Müller, Redaktor ASMZ Peter Müller: RUAG Defence hat kürzlich in Bern erste Ausbildungen in Ihrer neuen «Cyber Training Range» durchgeführt. Welche Auslöser stehen hinter diesem Angebot und welches Zielpublikum wird angesprochen? Florian Schütz: Mit unserer Ausbildung richten wir uns an Spezialisten, technische Operatoren, aber auch an Führungskräfte und Supportorganisationen. Unser Training hat zum Ziel, das operationelle Verhalten zu verbessern, um sowohl das Verständnis als auch die spezifischen Fähigkeiten in Zusammenhang mit zukünftigen Sicherheitsanforderungen zu optimieren. Durch die zunehmende Verschmelzung von Technologie mit dem Alltag ist die Trennlinie zwischen Cyber- und anderen Sicherheitsthemen unschärfer geworden. RUAG Traffic Analyzer Der RUAG Traffic Analyzer ist eine hochmoderne Lösung zur Erkennung einer kundenseitigen Infizierung durch Analyse der vorgelagert generierten Daten. Er ermöglicht eine benutzerorientierte Sichtbarkeit, ungeachtet der Endgeräteplattform. Dank nahtloser Integration – da bestehende Protokolle genutzt werden, ist keine Installation von Sensoren notwendig – werden folgende Ereignisse mit hoher Zuverlässigkeit entdeckt: • Infektiöse Malware: Spambots, Zombie Hosts, Viren-/Würmer-Propagierung und verdeckte Kanäle; • Ab- und eingehender (Distributed) Denial of Service; • Session-Hijacking, Phishing-Attacken und andere Hacking-Techniken; • Drive-by-, E-Mail- und CSS-Vektoren; • Ungewöhnliche Nutzung von Applikationen; • Ungewöhnliche Aufforderung zur Ressourcenfreigabe. Quelle: RUAG Defence 36 In unserer Tätigkeit haben wir festgestellt, dass generell das Verständnis, gerade auch der nicht technischen Faktoren, ungenügend und nicht weitreichend genug ist. Genau dieses Verständnis aber ist es, was einen effizienten und effektiven Sicherheitszuwachs erst ermöglicht. Dieses ungenutzte Potential wollen wir unseren Kunden vermitteln. Klickt man im Internet auf «Cyber Security Training», so ergeben sich rund 36 Mio. Treffer. Das sieht nicht nach einem Nischenprodukt aus. Folgt die RUAG somit einem grossen Markttrend oder bieten Sie spezifische Einzigartigkeiten an? Die meisten Konkurrenten bieten rein technische Ausbildungen oder reine Führungstrainings an. Des Weiteren beziehen sich die Angebote in der Regel sehr stark auf theoretische Grundlagen. Das Erlernte kann demnach nicht vertieft werden. Andere Konkurrenten bieten Hackerspiele an, bei denen Teams von echten Angreifern attackiert werden. Dieses Angebot generiert aber einen eher geringen Mehrwert, da die Szenarien nicht reproduzierbar sind und die Performance stark von den einzelnen Kursteilnehmern abhängt. Wir haben eine Trainingsmethodik entwickelt, welche die positiven Elemente der beiden genannten Ausbildungen gesamtheitlich miteinander verknüpft und repetierbar ist. Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit, Führungskräfte, technische Operatoren und Spezialisten im Verbund zu trainieren. Im Zentrum Ihres neuen Angebots steht der sogenannte «RUAG Traffic Analyzer (RTA)». Können Sie uns dessen Funktionsweise sowie die Darstellung der Ergebnisse kurz erläutern? Gibt es leicht erkennbare, typische Formen von Netzwerkanomalien? Der RUAG Traffic Analyzer verwendet Methoden wie beispielsweise statistische Analysen, um Anomalien im Datenver- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Zusammenarbeit? Eine effiziente Cyber Defence bedingt die enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft. Es mutet deshalb etwas eigenartig an, dass die zuständige Stelle im VBS über das neue Produkt der RUAG weder orientiert noch involviert ist. kehr zu erkennen. Dies im Gegensatz zu den meisten Erkennungsmethoden, die bereits bekannte Muster zur Detektion von Angriffen verwenden. Der RUAG Traffic Analyzer ist somit in der Lage, schnell mutierende und noch unbekannte Angriffe zu erkennen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass eine Anomalie immer durch den Kontext definiert wird. Ein Beispiel: In einer Client-Server-Architektur, also wenn Sie Mediendaten über InternetTV von einem Anbieter beziehen, fliessen viele Daten vom Anbieter zu Ihnen. Bei Peer-to-Peer-Netzwerken, wie sie oft für das meist illegale Tauschen von Musik und Filmen verwendet werden, ist hingegen jeder Teilnehmer Anbieter und Konsument gleichzeitig. Der Verkehr fliesst also in etwa gleichmässig in beide Richtungen. Eine allfällige Anomalie ergibt sich demnach aus der Art Ihrer Organisation. Wenn Sie als Unternehmen keine Peer-to-PeerProgramme zulassen, wäre das Vorkommen eines solchen Verkehrs konsequenterweise eine Anomalie. Leider ist dies in der Praxis meistens deutlich komplexer und nicht immer eindeutig zu bestimmen. Unsere Stärke liegt im Anpassen der Technologie an die individuellen Kundenbedürfnisse und im Erkennen global gültiger Anomaliemuster. Gemäss Ihrem Anspruch wollen Sie «zukünftige Bedrohungen mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen». Dem stehen die Innovationsgeschwindigkeit sowie die Methodenvielfalt das heisst die stets neuen und unbekannten Arten von Cyber-An- Wirtschaft / Rüstung griffen gegenüber. Wie begegnet die RUAG diesem Dilemma? Der Fehler, der oft gemacht wird, ist, dass man sich zu sehr auf die Angriffe fokussiert. Es ist korrekt, dass diese immer anders aussehen und der Innovationskraft von Gegnern kaum Grenzen gesetzt sind. Verschiebt man jedoch diesen Fokus auf den Angreifer und dessen Motivation, dann ergeben sich auf einmal Konstanten. Kombiniert man dies mit abstrakten Mustern aus bekannten Angriffen und gibt noch etwas Mathematik, in Form von Statistik oder Machine-Learning hinzu, kann man wesentlich mehr erkennen. Wir kennen dies bereits von konventionellen, physikalischen Angriffen. Ein Beispiel: Eine Nation wird mit einem Flugkörper beschossen. Der Angriff ist also klar erkennbar. Es spielt aber eine sekundäre Rolle, mit welcher Waffe der Angriff erfolgt, zumal die Attacke sowieso Schaden anrichten wird. Die Auffassung scheint weit verbreitet, dass die Umsetzung einer umfassenden CyberSicherheitsstrategie, eine sichere IT-Architektur sowie eine gewissenhafte Schulung des Personals jeden Cyber-Angriff ins Leere laufen lassen.Täuscht dieses Sicherheitsempfinden? Definitiv. Man muss sich von der Idee perfekter Sicherheit verabschieden. Absolut ist im Cyberspace gar nichts. Es gibt keinen totalen Schutz; es gibt nur adäquaten Schutz. Aber alles, was getan wird, erhöht die Überlebensfähigkeit im Cyberspace. Das Spektrum reicht vom Verhin- Cyber Security: Erkennen von Anomalien im Datenverkehr. Bild RUAG Defence dern, dass man sich in Gefahr begibt oder entdeckt wird, bis zum schnellen Wiederherstellen nach einem vernichtenden Angriff. Dies entspricht klassischen militärischen Operationen. Mit der Erkennung von sicherheitsrelevanten Benutzeraktivitäten und der Identifikation von infizierten Endgeräten taucht irgendwie das Bild von «big brother» und «gläsernen Mitarbeitenden» auf. Entstehen daraus keine Konflikte zum Datenund Persönlichkeitsschutz? Konflikte entstehen, wenn man den Einsatzraum nicht differenziert betrachtet. Je nach Einsatzraum, Ort, Art und Gefährdungslage gelten unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen. Diese sind bei der Planung mit zu beachten. Des Weiteren gibt es ethische und moralische Faktoren, die abhängig vom Einsatzort und -zweck zu beachten sind. Wir Schweizer legen beispielsweise grossen Wert auf die Privatsphäre und sie ist ein wichtiger Pfeiler unserer Gesellschaft. Die Briten sind da liberaler. Es ist also wichtig, sensibel zu sein und darauf zu achten, dass die Mitarbeitenden nicht gegen das System arbeiten und so die Sicherheit negativ beeinflussen. Wir bei der RUAG sind uns dieses Balanceaktes bewusst. So schützen wir bei der Datenverkehrsanalyse mit dem Traffic Analyzer die Privatsphäre maximal, indem wir zur Identifikation von Anomalien vor allem auf technische Parameter setzen. Die Diskussionen um eine nationale Cyber-Defence-Strategie machten deutlich: Die einen befürworten die Übernahme von (Mit-)Verantwortung der öffentlichen Behörden; die andern appellieren an die Eigenverantwortung der Unternehmen sowie der Nutzer. Welches Vorgehen befürwortet die RUAG? Der Bund verfolgt mit der nationalen Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyber-Risiken (NCS) drei Hauptziele. Dazu gehören die frühzeitige Erkennung der Bedrohungen und Gefahren im CyberBereich, die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastrukturen sowie die wirksame Reduktion der Risiken. Um diese Aufgabe in einer hoch vernetzten Gesellschaft zu bewältigen, braucht es eine klare Aufgabenteilung und eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft. Der Staat kann vor allem in den Bereichen Risikobeurteilung und Lageeinschätzungen die Wirtschaft, die Betreiber kritischer Infrastrukturen und die Behörden unterstützen. Dazu wird ein intensiver und systematischer Informationsaustausch vorausgesetzt. Die systemrelevanten Unternehmen unterliegen bereits heute spezifischen Regeln und haben einen auferlegten Handlungsbedarf. Viele der grösseren Unternehmen sind sich der Problemstellung bewusst und handeln heute in eigener Verantwortung. In der Schweiz gibt es aber sehr viele kleinere und mittlere Unternehmen mit beschränkten finanziellen Mitteln. Diese sind auf sichere kommerzielle Sicherheitsinfrastrukturen und die Unterstützung durch die branchenspezifischen Verbände angewiesen. Zum Abschluss noch ein kurzer Blick in die Zukunft: RUAG entwickelt zurzeit ein Cyber Security Management Informationssystem. Was wird dieses Instrument beinhalten und wann sollte es voraussichtlich verfügbar sein? Die RUAG wird mittelfristig ein Cyber Security Management Informationssystem auf den Markt bringen, das speziell auf die Bedürfnisse des Top-Managements zugeschnitten ist. Ziel des Systems ist, dass sich nicht nur Cyber-Experten, sondern eben auch das Management, innert kürzester Zeit einen Überblick verschaffen können und dadurch erkennen, in welchem Stadium sich die interne Cyber Security befindet. Dies ist ein weiterer Schritt, um die cyberspezifische Sicherheit innerhalb der Organisationen sukzessive zu optimieren. ■ Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 37 Wirtschaft / Rüstung Konversion von Armee-Immobilien: Vom Bunker zum Zollfreilager Zollfreilager sind auf schweizerischem Staatsgebiet befindliche Warenlager, in denen unverzollte und unversteuerte Waren zeitlich unbeschränkt aufbewahrt werden können. Diese Lager liegen unter amtlichen Zollverschluss, das bedeutet sie werden vom Zoll zugelassen und überwacht. Marcus Matthias Keupp Solche Waren befinden sich abgabenrechtlich nicht im schweizerischen Zollgebiet, sodass solange keine Zölle, Steuern und sonstige Abgaben anfallen, bis die Waren definitiv importiert werden. Beim Reexport in ein ausländisches Zollfreilager fallen ebenfalls keine Abgaben an, weder in der Schweiz noch im Exportland. Diese Organisationsform eignet sich somit hervorragend für höchstwertige oder stark abgabenbelastete Güter, die für eine bestimmte Zeit in der Schweiz sicher gelagert werden sollen, ohne dass sie dafür notwendigerweise ins schweizerische Zollgebiet importiert werden müssen. Vor allem im internationalen Kunsthandel ist dieses Instrument unabdingbar geworden, da sich ein Zollfreilager ideal als showroom nutzen lässt, um Kunstgegenstände internationalen Interessenten zu präsentieren, ohne die hohen Transaktionskosten einer im Zollgebiet befindlichen Galerie oder eines Ladengeschäfts in Spitzenlage sowie die anfallenden Importabgaben bezahlen zu müssen. Zwar können die Waren das Territorium des Zollfreilagers nicht verlassen, aber oftmals ist dies gar nicht erwünscht. Im Gegenteil reisen die wertvollen Waren entweder zwischen den Zollfreilagern abgabenfrei um die Welt, oder sie bleiben physisch auf lange Zeit in einem bestimmten Zollfreilager, während lediglich das Eigentum per Urkundengeschäft übertragen wird. pore Freeport) die global führenden Standorte für Zollfreilager, wobei Luxembourg und Peking seit 2015 verstärkt in dieses Geschäftsmodell investieren – nicht verwunderlich angesichts geschätzter Wachstumsraten von 10% pro Jahr. Gleichzeitig prognostiziert man, dass das verfüg- Genf und Singapur als global führende Standorte für Zollfreilager Der Neuen Zürcher Zeitung vom 31. Januar 2014 lassen sich einige Statistiken zu diesem Geschäftsmodell entnehmen: So sind die Städte Genf (Ports Francs et Entrepôts de Genève) und Singapur (The Singa- 38 Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 bare Vermögen der high net worth individuals – das heisst von Personen mit einem Nettovermögen von mindestens 1 Mio. US$ – weiter wachsen und unter anderem in Sachgüter wie Wein, Kunst, Stollen Festung Reuenthal. Bild: Wikipedia Wirtschaft / Rüstung Antiquitäten, Schmuck, Edelsteine und Uhren investiert werden wird, insbesondere bei hohen Inflations- und niedrigen Renditeerwartungen. In Zukunft werden sowohl der Flächenbedarf für Zollfreilager als auch das Bedürfnis nach physischem Schutz für die in ihnen eingelagerten Wertgegenstände deutlich zunehmen. vestitionsaufwand als Zollfreilager umgenutzt werden könnten. Sie bilden einen schwer replizierbaren, durch die Topografie des Geländes verbürgten Standortvorteil, der physischen Schutz in geradezu idealer Weise bieten kann. Sowohl vertikale als auch horizontale verbunkerte Strukturen in den Bergen bieten nahezu vollständige Abschirmung gegen Alpha-, Beta-, Gamma-, Röntgen- und Neutronenstrahlung. Viele dieser Objekte sind ABC-geschützt, massiv gebaut, getarnt, für Fahrzeuge zugänglich, mit leicht zu kontrollierenden Zufahrtswegen versehen und selbst durch längeres konventionelles Bombardement kaum physisch zu zerstören. Zudem herrscht in diesen Struk- Zollfreilagers vermarktet werden könnten. Natürlich ist bei der Ausschreibung die Kooperation der Gemeinde hinsichtlich Zonenkonformität, Wegerecht und öffentlichem Vorkaufsrecht erforderlich, aber die Gemeinden sollten angesichts der zu erwartenden Investitionen und der Schaffung von Arbeitsplätzen durch den Betreiber eines Zollfreilagers sehr an Kooperation interessiert sein. Auch publicprivate-Partnerships in der Form, dass die Geeignete Standorte Gemeinde das physische Eigentum erfür Zollfreilager gesucht wirbt, den Betrieb aber an einen Investor Nicht jedes Gelände eignet sich jedoch verpachtet, sind vorstellbar. als Standort für ein Zollfreilager: Je hochJedenfalls sollte man sich bei der Auswertiger die Waren, desto mehr rücken schreibung bewusst sein, dass die hier ziphysische und politische Schutzaspekte tierten physischen Standortvorteile nur in den Vordergrund. Angean sehr wenigen Orten der sichts der Tatsache, dass die Welt ausserhalb der Schweiz Stadt Genf von drei Seiten vorhanden sind, von Han«In Zukunft wird sowohl der Flächenbedarf von dem sich im wirtschaftdels- und Verkehrsinfrafür Zollfreilager als auch das Bedürfnis lichen Niedergang befindstruktur und politischer Stalichen französischen Staat bilität ganz zu schweigen. nach deren Schutz zunehmen.» umschlossen ist und ihre Bei der Ausschreibung sollGeschichte fünfzehn Jahre te also darauf geachtet werunfreiwilliger napoleonischer Annexion turen ein ausserordentlich stabiles Mikro- den, nicht von möglichen Investoren mit dokumentiert, könnten sensitive Inves- klima mit einer konstanten, jahreszeiten- dem Argument, die Strukturen seien werttoren die langfristige Standortsicherheit unabhängigen Temperatur und Luftfeuch- los und kaum anderweitig zu vermarkten, bezweifeln. Nicht zuletzt im Erbschafts- tigkeit sowie fast vollständiger Keim- und über den Tisch gezogen zu werden. steuerstreit und im Streit um die Unter- Staubfreiheit. Würde man die EigenschafDas Potenzial ist fraglos vorhanden – nehmensbesteuerung im schweizerischen ten dieser Objekte, die ohnehin zur Ver- die Frage ist vielmehr, ob international ein Teil des Euroairport Basel-Mulhouse hat äusserung bzw. Schliessung vorgesehen Bewusstsein für dieses Potenzial besteht. Frankreich massiven politischen Druck sind, mit dem Geschäftsmodell Zollfrei- Die armasuisse Immobilien ist zwar breit auf die Schweiz ausgeübt und u.a. mit lager in Verbindung bringen, liesse sich und tief in den Regionen der Schweiz der temporären Blockade des regionalen die Disposition nicht nur gewinnbringend verankert, international jedoch wenig beGrenzverkehrs gedroht. Ähnlich liegt der durchführen, sondern es könnten auch die kannt und mit gerade zwei VerbindungsFall bei Singapur, dessen exponierte Lage einzigartigen Standortvorteile, die solche büros in Washington D.C. und Brüssel zur See an einem der Engpässe der glo- Infrastrukturen in den Bergen bieten, in- personell und materiell kaum wahrnehmbalen Handelsschifffahrt – man bedenke ternational vermarktet werden. Dies gilt bar. Andererseits sind den wenigsten high die Eroberung und Annexion Singapurs umso mehr, als solche Strukturen heute net worth individuals die hier beschriebedurch japanische Kräfte im ZweitenWelt- aufgrund umweltschutz- und raumpla- nen physischen Standortvorteile der verkrieg – sowie die dauerhafte Abhängig- nungsrechtlicher Vorgaben gar nicht mehr bunkerten Strukturen in den Schweizer keit von Trinkwasserimporten aus Malay- gebaut werden dürften, die Opportuni- Bergen bewusst. Die internationale Visisia langfristige strategische Verwundbar- tätskosten eines Neubaus also prohibitiv bilität sollte daher deutlich gesteigert werkeiten darstellen. Zudem stellt das tropi- hoch wären. den. Idealerweise könnte in Zusammensche Klima hohe Anforderungen an die arbeit mit dem schweizerischen ZollfreiVerlässlichkeit einer technisch zu erzeulager-Verband ein attraktives StandortNeue Wege sind gesucht genden Reduktion von Feuchtigkeit und marketing aufgebaut werden. Da die StraLeider beschränkt sich die derzeitige tegie der armasuisse Immobilien «langTemperatur – gerade für die langfristige Lagerung von Kunstwerken oder Spitzen- Strategie der armasuisse Immobilien auf fristiges ökonomisches Denken» als Kernweinen stellt dies jedoch einen Risikofak- den Hinweis, dass Spezialbauten wie z.B. element definiert, würde ein solches VorBunker oft nicht den heutigen zivilen An- gehen direkt zur Stärkung dieses Elements tor dar. forderungen entsprächen und mehrheit- beitragen. ■ lich ausserhalb der Bauzone lägen, somit Bunker – geeigneter Standort praktisch auch keiner zivilen Nutzung für Zollfreilager? Marcus M. Keupp zugeführt oder verkauft werden könnten. PD Dr. oec. HSG Im Dispositionsbestand der schweizeri- Dieses Argument mag zwar zutreffen, soDozent Militärökonomie schen Armee-Immobilien finden sich Ob- fern eine Konversion zu WohnimmobiMILAK jekte, die nicht nur von solchen Stand- lien angestrebt wird, es greift jedoch zu 8903 Birmensdorf ortproblemen wenig bis gar nicht betrof- kurz, da die zitierten Nachteile als entfen sind, sondern auch ohne grossen In- scheidende physische Schutzaspekte eines Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 39 Höhere Kaderausbildung Die Wahrscheinlichkeit für Einsätze der Armee ist gestiegen Die Terror-Anschläge im nahen Paris haben auch uns aufgeschreckt. Sicherheit ist ein kostbares Gut, ohne sie gibt es keinen Wohlstand. Sicherheit ist eine Verbundsleistung, und letztlich ohne Armee nicht zu garantieren. Die zivilen Sicherheitsorgane sind in ausserordentlichen Lagen nicht lange durchhaltefähig. Die Ausbildung der militärischen Kader ist somit gleich doppelt gefordert: Es gilt, Führung richtig zu vermitteln und inhaltlich das Richtige mit den Partnern zu üben. Denn der Ernstfall ist näher gerückt. Michael Arnold, Stv. Chefredaktor ASMZ Am 14. Januar 2016 war es wieder soweit: Über 300 Mitarbeitende der HKA und Gäste versammelten sich zum Jahresrapport der HKA. Wie deren Kommandant, Divisionär Philippe Rebord, in der Einladung betonte, konnte auf ein reich befrachtetes Jahr 2015 zurück geblickt werden: Das gemeinsam Erreichte gelte es zu würdigen, da es Voraussetzung dazu sei, die kommenden Herausforderungen mit Erfolg zu bewältigen. «Als stolzer Finalist des ESPRIX Swiss Award for Excellence liegt die Spannung bezüglich der definitiven Platzierung in der Luft. Dies bestärkt uns, weiterhin Leistungen auf hohem Niveau zu erbringen.» Regierungsrätliche Freude am «Marschbefehl» der HKA Regierungsrat Paul Winiker. Zum Dank gab’s den Marsch VIVAT LUCERNA. Fotos: HKA deshalb die Sicherheit nicht angetastet werden. Wie vom Chef der Armee am vorangegangenen Gesamtrapport Verteidigung eindringlich aufgezeigt, sei die Wahrscheinlichkeit für Einsätze der Armee, in- mit rund 800 Angehörigen auf: Müssten gleichzeitig mehrere grössere Ereignisse bewältig werden, betrage die Durchhaltefähigkeit ganze zwei Tage. Dieser nüchterne Befund erstaunte einige Rapportteilnehmer. Doch der Vorsteher des Luzerner Justiz- und Sicherheitsdepartementes lieferte gleich mehrere bedenkenswerte Ansätze, wie die Sicherheit angepasst bzw. gestärkt werden könne: • Optimierte Zusammenarbeit der Sicherheitsinstrumente von Bund und Kantonen; • Ausbau der interkantonalen Kooperationen; • Fokussierung auf Kernkompetenzen, auch bei der Armee; • Intensivieren von Übungen auf allen Stufen und mit allen nötigen Partnern; • Beibehaltung des hohen Niveaus der Kaderausbildung an der HKA. Gerne folge er deshalb dem «MarschbeRegierungsrat Paul Winiker überbrachfehl» für die Simulationsübung der Geb Inf te nicht nur die Grüsse der Luzerner ReBr 12 im März an der Generalstabsschule gierung, sondern er brach in in Kriens. Schon als Krienseiner viel beachteten Anser Gemeindepräsident hasprache eine Lanze für die be er bei Simulationen den «Die Gene sind maximal Bleistift und Papier, gemeinsame Aufgabe und Regierungsrat gespielt, nun Arbeit beim Thema Sichersei es auch für ihn «Ernstaber die Geschichte schreiben wir selber.» heit. Die Gründung des fall» geworden mit der poProf. Dr. Markus Hengstschläger, Gastreferent zum Thema Bundesstaates 1848 sei welitischen Einsatzverantwor«Ist Exzellenz in den Genen oder brauchen wir Peaks und Freaks?» tung gegenüber der Armee. sentlich aus Sicherheitsbedürfnissen zustande gekomDer grosse Applaus für men. Sicherheit sei VorausRegierungsrat Winiker zeigsetzung für Wirtschaft und Wohlstand, klusive Mobilmachung von Truppenver- te zweierlei auf: Erstens fühlten sich die betreffe alle, habe aber entsprechend ih- bänden, deutlich gestiegen. Ohne grosse Mitarbeitenden der HKA in ihrer Aufren Preis. Die Kosten für einen bankrot- Vorwarnzeit könne eine konkrete Bedro- gabe politisch getragen und ausdrücklich ten «failed state» seien allerdings unver- hung auch auf unser Land überschwap- der Wertschätzung versichert. Zweitens gleichbar höher, da das ganze Volksver- pen. Wie schnell dann ein grösseres Po- wurde zum Ausdruck gebracht, dass der mögen vernichtet werde. Trotz Sparmass- lizeikorps an die Leistungsgrenze kom- Standortkanton nicht nur zum Armeenahmen bei Bund und Kantonen, dürfe me, zeigte er anhand der Luzerner Polizei Ausbildungszentrum auf der Luzerner All- 40 Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Höhere Kaderausbildung mend steht, sondern diese Infrastruktur auch tatsächlich in Schuss halten will – und einen echten Dialog anbietet. und in politisch vorgegebenen Zuständen der Verantwortung die Sicherheit aufrecht zu erhalten. Dies schlägt auf unsere Doktrin durch, klärt die inhaltliche Grundlage der Ausbildung – und wurde Die HKA unterwegs mit der WEA wesentlich an der HKA vorgedacht. EntDer eindrucksvolle Rückblick des Komsprechende taktische Rahmenwerke und mandanten HKA zeigte eine Institution Lehrübungen sind an der HKA in Arbeit. auf, die sich nicht nur als AusbildungsUnd mit den positiven Nachrichten stätte mit rund 100 Lehrgängen, Kursen geht es weiter: Die Zentralschule als grössund Simulationen versteht, sondern auch te Organistionseinheit der HKA geht mit als Denk- und Impulsstätte. Der Stab einem Angebot von 77 Lehrgängen und und die fünf unterstellten Kursen ins Jahr 2016. DieSchulen leisten viel, immer se grosse Zahl drückt aus, öfter aber unter erschwerwie sehr eine fundierte Ka«Es gibt eigentlich keine Atheisten, und Dinge ten Bedingungen. Zu Letzderausbildung nachgefragt teren zählen nicht nur das wie Glaube und Familie werden wirklich wichtig.» wird. An der Generalstabsäusserst knapp gehaltene schule werden aktuell 31 Oberst i G Axel Schneider, Gastreferent zum Thema Generalstabsoffiziersanwär(Lehr-) Personal, sondern «Teamführung in Extremsituationen (Geiselhaft)» ter ausgebildet, davon zwei auch die zunehmenden Drittel Milizoffiziere. Es Transformationsleistungen werden auch wieder mehr im Hinblick auf die WEA. Die HKA ist in aufwändigen Projek- teidigung» und was wir darunter verste- dringend benötigte Berufsmilitärs an der Militärakademie (an der ETH) und an ten gefordert. Sie verliert überdies Quer- hen wollen. Der Bundesrat hat im November 2015 der Berufsunteroffiziersschule (in Herisschnittsbereiche, weil sie nicht mehr dem CdA direkt unterstellt sein wird, sondern in einem Aussprachepapier geklärt, was au) ausgebildet. Nicht zuletzt sorgt eine dem neuen Ausbildungskommando, das die Verfassung unter «Verteidigung» in neue Schulungsagenda auf operativer Stunoch nicht operationell ist. Die Überfüh- der aktuellen sicherheitspolitischen Lage fe für ein regelmässiges, inhaltlich funrung ist einmal mehr eine komplexe An- versteht. Der «Verteidigungsfall» kann in diertes Training höherer Stäbe und die gelegenheit, welche die Betroffenen be- hybriden Konfliktszenarien, wie sie auf entsprechende Weiterausbildung Höheder ganzen Welt zu sehen sind, viel früher rer Stabsoffiziere. lastet. Die Ausbildungszeiten werden zudem eintreten als wir meinen. Einleitende Anteilweise verkürzt (ZS). Es gilt, neue Lehr- griffe im Cyber- und Informationsraum Botschaften des Kommandanten gangskonzepte mit höheren «Eintritts- sind die Regel. Zivile und militärische MitHKA für 2016 hürden» (vordienstliche Vorbereitung) zu tel haben je nach Eskalation gemeinsam Divisionär Rebord forderte Führungskräfte und Lehrkörper auf, auftragsorienFünf Sterne für die Höhere Kaderausbildung der Armee tiert und konsequent auf sinnvolle und qualitativ hoch stehende Produkte hinzuMit der Auszeichnung «Recognised for steuern. Zur vorbildlichen Führung geExcellence 5 Sterne» erreichte die Höhehöre auch, Veränderungsprozesse zu gere Kaderausbildung der Armee (HKA) die stalten und die Kultur der ständigen Verhöchste Anerkennungsstufe nach dem besserung zu pflegen. Zweitens solle das europäisch anerkannten Standard der Kerngeschäft der militärische Ausbildung EFQM. Zeitgleich mit der Rezertifizierung weiter optimiert werden. Dabei sei nicht bewarb sich die HKA für die Auszeichnung «ESPRIX Swiss Award for Excellennur der Schulterschluss zum entstehenden ce» und wurde offiziell nominiert. Die ZerAusbildungskommando ein kritischer Ertifizierung erfolgte nach dem internatiofolgsfaktor, sondern auch die inhaltlichnalen Modell «European Foundation for doktrinale Ausrichtung der Lehrgänge und Der Kommandant HKA ehrt den Projektleiter Quality Management» (EFQM). Das AsSimulationen auf die neuen, von der HKA sessment 2015 wurde durch die unabZertifizierung, Armin Steudler. mit verfassten Doktrinvorschriften der hängige Stiftung ESPRIX Excellence Suisse Armee (Reglemente OF, TF) und insbesowohl mit herausragenden Bildungsorvorgenommen. sondere auf das neue taktische Rahmenganisationen in der Schweiz als auch verDie HKA festigt durch diese Bewertung werk der HKA mit Namen LUCERNA. gleichbaren internationalen Organisatiound die Nominierung ihre Position unter Drittens gehe es darum, die Miliz wo imnen messen. den führenden Schweizer Bildungsinstimer möglich zu stärken, beispielsweise An der öffentlichen Verleihung des «ESPRIX tutionen und zeigt, dass es ihr gelungen durch die Anerkennung der militärischen Swiss Award for Excellence» am 10. März ist, sich als Kompetenzzentrum für FühFührungsausbildung in Studiengängen 2016 im Kultur- und Kongresszentrum rungsausbildung zu etablieren und konan Hochschulen. Viertens solle dem BeLuzern wird die definitive Rangierung betinuierlich weiter zu entwickeln. Die HKA rufspersonal der HKA ein motivierendes kanntgegeben. erbringt Spitzenleistungen und kann sich Arbeitsumfeld geboten werden. ■ schaffen. Zu alledem müssen Konsequenzen aus einem armeeweiten negativen Trend gezogen werden: Den Lehrgangsteilnehmern mangelt es immer mehr am Verständnis für das Gefecht der verbundenen Waffen, an taktischem Wissen und an der Vorstellung einer moderenen Bedrohung. Dies hat vielfältige Gründe: Sie reichen von einer gewissen «sicherheitspolitischen Verwöhnung» seit 1989 über den ständigen Abbau der Armee bis hin zur Orientierungslosigkeit in Sachen «Ver- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 41 Luftwaffe 100 Kampfflugzeuge der 5. Generation – fundamental für die Sicherheit Australiens Seit seiner Einführung als militärisches Instrument vor beinahe hundert Jahren hat Luftmacht in jedem Konflikt, in welchem Australien involviert war, eine entscheidende Rolle gespielt. Für Australiens nationale Sicherheit ist Luftmacht wichtiger als je zuvor. Geoff Brown stürme oder Naturkatastrophen, die Royal Australian Air Force (RAAF) verfügt über eine lange Geschichte der Krisenreaktion, welche einen raschen Transport von Mensch und Material über lange Distanzen erforderte. Mit den Transportflugzeu- Als Regionalmacht muss Australien in der Lage sein, sein sicherheitspolitisches Umfeld formen zu können. Eine Luftwaffe muss fähig sein, auf aktuelle Ereignisse antworten zu können und so aufgestellt sein, dass sie auch künftige Herausforderungen meistern kann. Die Hauptaufgaben des Kommandanten der Luftwaffe sind dabei, Struktur und Aufstellung seiner Truppe so auszubalancieren, dass sie sowohl für die gegenwärtigen als auch die zukünftiBild: RAAF gen Aufgaben ihrer Regie- F/A-18 F Superhornet der RAAF. rung fit ist. Natürlich kann die Zukunft nicht vorhergesehen werden, gen C-17 Globemaster, C-130J Hercules, Australien hat jedoch immer versucht, C-27J Spartan und dem Multirole Tanseine Unabhängigkeit in der Entscheidfin- ker-Transporter MRTT verfügt die RAAF dung zu wahren und seine strategischen über das ganze Spektrum der LufttransPrioritäten umzusetzen. portfähigkeiten, um die Bedürfnisse der australischen Regierung abzudecken. Vier Kernaufgaben Eine Luftwaffe hat vier Kernaufgaben. Erstens bewegt sie Dinge durch die Luft (Lufttransport, international: Air Mobility), zweitens beobachtet sie Dinge in der Luft und am Boden (Nachrichtenbeschaffung, Luftaufklärung und -überwachung, international: Intelligence, Surveillance and Reconnaissance (ISR)) und drittens bringt sie Effekte auf den Boden und auf das Wasser (Luftangriff, international: Attack oder Counter-surface force operations). Am wichtigsten jedoch, was eine Luftwaffe in einen Konflikt einbringt, ist die Fähigkeit, die Operationssphäre Luft zu kontrollieren und zu beherrschen (Kontrolle der Operationssphäre Luft, international: Control of the Air). Lufttransport ist Eckpfeiler in jeder Militärstrategie. Von der Berliner Luftbrücke über Wirbel- 42 Nachrichtenbeschaffung, Luftaufklärung und -überwachung Eine durch die ISR-Mittel der RAAF gelieferte, umfassende Übersicht über die Situation auf allen Stufen unterstützt nicht nur die Aktivitäten in der Luft, sie ist fundamental für alle militärischen Operationen, ob zu Land, zur See oder in der Luft sowie auch für manch andere Regierungsaktivitäten. Die RAAF verfügt über eine Anzahl Schlüsselsysteme, um das Gefechtsfeld zu bewältigen. Mit dem Vigilaire-Luftverteidigungssystem werden 45 land-, luft- und weltraumbasierte Systeme mit insgesamt 245 verschiedenen Inputs fusioniert. Dabei bedeutet das Frühwarnflugzeug Boeing E-7A Wedgetail einen bedeutenden Schritt vorwärts im Bereich der luftgestützten Überwachungstechnologie und ist gleichzeitig ein Quantensprung im Bereich der Gefechtsfeldüberwachung. Für die Sicherung Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 und Überwachung der Seewege spielt die AP-3C Orion eine wichtige Rolle. Ihr Ersatz, die P-8 Poseidon wird zusammen mit der bewaffneten Triton-Drohne die Möglichkeiten zum Schutz des maritimen Vorgeländes Australiens noch einmal erweitern. Luftangriff Die Fähigkeit, bezeichnete Ziele mit Präzision, Effektivität und Letalität angreifen zu können, ist eines der kritischsten Elemente, welche die Luftwaffe in den teilstreitkräfteübergreifenden Kampf einbringt. Dabei ist der Luftangriff normalerweise die am besten sichtbare Aktivität in jedwelchem Konflikt, er hat den grössten Effekt auf die gegnerischen Kampffähigkeiten. Abstandswaffen, wie die AGM 158 Joint air-to-Surface Missile (JASSM) reduzieren das Risiko für die Trägerplattform und ermöglichen es, eine Reihe von Zielen in der strategischen Umgebung von Australien aus der Distanz zu bekämpfen. Zusammen mit der AGM 154 Joint Standoff Weapon (JSOW) ermöglichen sie eine bedeutende Fähigkeitssteigerung für die australischen Kampfflugzeuge und vermögen die Kräfteverhältnisse in der Region zu Gunsten Australiens zu beeinflussen. Kontrolle der Operationssphäre Luft Zu guter Letzt bleibt jedoch der wichtigste Auftrag für eine Luftwaffe, die Kontrolle der Operationssphäre Luft. Ohne diese Kontrolle werden alle Operationen zu Land, zu Wasser und in der Luft einem substantiellen Risiko ausgesetzt. Die Kontrolle der Operationssphäre Luft war schon immer die primäre Rolle von Luftmacht. Nur der Schutz des Luftraumes sichert die Manövrierfreiheit und die Angriffsmöglichkeiten der Land- und Seestreitkräfte. Ich wurde oft gefragt, wieso ein Kampfflugzeug der fünften Generation so wichtig für Australiens Sicherheit sei. Den letzten Krieg zu planen, war schon immer ein Luftwaffe Interview mit Air Marshal Geoff Brown, Chief of Air Force Royal Australian Air Force 2011–2015 ASMZ: Air Marshal, was sind die Gemeinsamkeiten zwischen der RAAF und der Schweizer Luftwaffe? Air Marshal G. Brown: Die Kernfunktionen und Anforderungen sind die gleichen und beide Luftwaffen sind beauftragt, die Luftüberlegenheit über dem Luftraum ihres Landes zu gewährleisten. Die Schweiz verfügt über sehr leistungsfähige F/A -18 C/D Hornet und ältere, weniger fähige F-5 E/F Tiger. In beiden Ländern wurden die F/A -18 kampfwertgesteigert, um ihre Kampfkraft trotz ihres Alters auf höchstem Niveau zu erhalten. In beiden Ländern sind die Kampfflugzeugflotten schon etwas in die Jahre gekommen und müssen mit neuster Technologie ersetzt werden. Wie beurteilen Sie die Herausforderungen an die Luftwaffen Europas, wie beispielsweise die Schweizer Luftwaffe? Die meisten Länder Europas haben ihre Verteidigungsbudgets nach dem Ende des Kalten Krieges drastisch gekürzt und damit auch Grösse und Fähigkeiten ihrer Luftwaffen abgebaut. In meinen Augen sind sie deswegen momentan schlecht aufgestellt, um mit einer unsicheren Zukunft fertig zu werden. Wir konnten in den letzten Jahren ein Ausmass an russischem Expansionismus feststellen, welcher manch einen westlichen Beobachter erstaunt hat. Russland hat weitreichende Reformen in die Wege geleitet, um in Zukunft mit gut ausgerüsteten, schlagkräftigen und hoch professionellen Einheiten rasch in robusten Einsätzen im Ausland operieren zu können. zu stoppen. Die Schweizer Luftwaffe benötigt dringend ein modernes MehrzweckKampfflugzeug in genügender Anzahl. Air Marshal Geoff Brown trat 1980 in die RAAF ein und wurde 1981 zum Piloten brevetiert. Er flog CH-47 Helikopter, PC-9 und F-111 und kommandierte eine F/A-18-Staffel, bevor er alle australischen Hornet-Operationen in Iraqi Freedom kommandierte. Nach Einsätzen im Centre for Defence and Strategic Studies, kommandierte er die Air Combat Group und wurde schliesslich 2011 Chief of Air Force. Air Marshal Geoff Brown war Ende Oktober 2015 Gast in der Schweiz, wo er Gelegenheit hatte, mit dem Rüstungschef und dem Kdt LW zu sprechen und die Firmen RUAG Aviation und PILATUS zu besichtigen. Wie beurteilen Sie die aktuellen Fähigkeiten der Schweizer Luftwaffe und ihre Herausforderungen für die Zukunft? Die Schweizer Armee kann auf eine lange und stolze Geschichte der bewaffneten Neutralität zurückschauen. Der Abbau der Fähigkeiten ihrer Luftwaffe nach dem Ende des Kalten Krieges machen es für sie jedoch schwierig, ihre wichtigste Aufgabe, die Kontrolle der Operationssphäre Luft, jederzeit und in allen Lagen wahrzunehmen. Obwohl nach dem Upgrade 25 die F/A-18 sehr leistungsfähig sind, ist es für die kleine Flugzeugflotte schwierig, Ausbildung, Training und die geforderten Luftpolizeieinsätze rund um die Uhr abzudecken, da immer ein Teil der Flugzeuge durch Maintenance, Reparaturen und Modernisierung blockiert sein wird. Die heute verfügbaren, weitreichenden Lenkwaffen und Präzisionswaffen bedeuten, dass es mit Flugzeugen wie dem F-5 Tiger nicht möglich ist, einen herannahenden Gegner fataler Fehler für jedes Land. Die RAAF benötigt ein Kampfsystem, welches fähig ist, die Kontrolle und Sicherung des Luftraumes als seine Hauptaufgabe wahrzunehmen. Dies wird durch ein modernes Mehrzweckkampfflugzeug über das ganze Spektrum der Konflikte ermöglicht. Kampfflugzeuge der fünften Generation, wie beispielsweise der F-35 Joint Strike Fighter (JSF) ermöglichen es, gleichzeitig drei der vier Hauptaufgaben einer Luftwaffe, bemannte Aufklärung im nicht-permissiven Umfeld, Luftangriff und Luftverteidigung, zumindest teilweise abzudecken. Dabei kommt der Stealth Technologie zwar eine gewisse Bedeutung zu, noch wichtiger aber ist eine möglichst umfassende Situationsanalyse, welche durch so ein modernes System ermöglicht wird. Wie erklärt sich die RAAF ihrer Bevölkerung? Muss sie dies überhaupt tun? Die RAAF hat eine lange, stolze Geschichte und war in jedem Konflikt immer zuvorderst involviert. Die Luftmacht-Fähigkeiten wurden immer als wichtigster Pfeiler in der Verteidigung Australiens anerkannt. Seit 1990 haben dies alle australischen Verteidigungs-Weissbücher prominent hervorgehoben. Die australische Bevölkerung ist aber auch stolz darauf, dass die RAAF mit ihren Transportflugzeugen eine bedeutende Rolle in vielen Hilfsoperationen nach Naturkatastrophen in der pazifischen Region spielt. Die RAAF präsentiert sich an fast allen wichtigen öffentlichen Veranstaltungen entweder mit ihrem Vorführteam oder mit operationellen Flugzeugen. Zudem betreut die RAAF in ganz Australien auch rund 7000 13- bis 17-jährige Kadetten in 160 Einheiten. Welcher Prozentsatz der australischen Verteidigungsausgaben wird für die RAAF eingesetzt? Die Luftwaffe erhält in der Regel etwa einen Drittel des australischen Verteidigungsbudgets. Auf Grund des grossen Erneuerungsbedarfes hat die RAAF in den letzten zehn Jahren jeweils mehr als die Hälfte des Budgets erhalten. Damit konnten insgesamt 24 Super Hornets, 12 E/A-18 Growlers, und 72 F-35 JSF Kampfflugzeuge mit 7 KC-30 Tankflugzeugen, 8 C-17 Globemaster und 10 C-27 Spartan Transportflugzeuge, nebst 6 Wedgetail Frühwarnflugzeuge und 8 P-8 Poseidon Seeüberwachungsflugzeuge, sowie 7 Triton Drohnen und 49 PC-21 Trainingsflugzeuge beschafft werden. Daneben wurde auch das mehrschichtige Vigilaire-Luftverteidigungssystem aufgebaut, welches durch JORNRadars, mit der Fähigkeit über den Horizont zu sehen, ergänzt wurde. Frappante Überlegenheit Mein bestes Beispiel dazu, was umfassende Situationsanalyse bedeutet, erlebte ich, als ich das Privileg hatte, an einer RED FLAG-Übung in Nellis teilzunehmen. RED FLAG ist eine grossangelegte Luftwaffenübung, um den teilnehmenden Besatzungen eine möglichst realitätsnahe Erfahrung für die ersten fünf Kampfmis- Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 43 Luftwaffe sionen mitzugeben. Ich hatte die Möglich- nötige Quantität ist ebenso wichtig. Im keit, auf der Agressorseite in einer F-15D Einsatz zählt die aus der Quantität und mit hochentwickelten elektronischen Stör- Qualität resultierende Kapazität, wie man möglichkeiten mitzufliegen. Nachdem ich aus der Operation Iraqi Freedom 2003 abfrüher bereits einige Jahre auf der «be- leiten konnte. Das Schlüsselelement Konübten» Seite mitgemacht hatte, erwarte- trolle des Luftraumes war notwendig, um te ich, der üblichen Abnützungsschlacht ISR-Mittel und Maribeizuwohnen. Stattdessen erlebte ich eine neeinheiten zu schütDemonstration der Überlegenheit eines zen, sowie den BodenKampfflugzeuges der fünften Generation. truppen zu ermöglichen, Die Agressoren wurden durch die acht ihre Ziele zu erreichen. Eskortflugzeuge des Typs F-22 geradezu Ich war in der Operadezimiert und mussten von der Möglich- tionsplanung involviert keit des Wiedereinstieges in den Kampf und wir waren übernach einem Abschuss profitieren. zeugt, dass es jederzeit Was war passiert? Bei der ersten Bereit- – Tag und Nacht – stellung wurden wir bereits 75 km nach mindestens drei comdem Einflug in das Übungsgebiet abge- bat air patrols (CAP) schossen und hatten keine Ahnung, was unser Ableben verursacht hatte. Wir durften wieder in den Kampf einsteigen und stiessen bloss etwa 35 km vor, bevor wir wieder abgeschossen wurden. Insgesamt stiegen wir fünfmal erneut in den Kampf ein und jedes Mal konnten wir maximal 35 km vorstossen und wurden abgeschossen, ohne je ernsthaft in den Kampf eingreifen zu kön- Erstflug eines australischen Piloten mit dem F-35 JSF. Bild: USAF, Senior Airman Devante William nen. Nach dem Flug hatte ich die Gelegenheit, im Debriefing dem Kampf aus der Sicht der überlegenen F-22 beizuwohnen. Die Piloten der F-22 hatten jederzeit eine komplette Übersicht über das Kampfgeschehen und der Unterschied zwischen einem Kampfflugzeug der fünften und einem der vierten Generation war frappant. Ich stimme der alten Weisheit völlig zu, dass es auch mit der Kontrolle über die Opera- F-35 Joint Strike Fighter der RAAF. Bild: USAF, Staff Sgt Timothy Boyer tionssphäre Luft sein kann, dass man nicht gewinnt, aber ohne diese Kontrolle wird man mit grosser Wahr- mit je vier Flugzeugen brauchte. Austrascheinlichkeit verlieren. General George liens Beitrag zu dieser Operation waren Kenny, der Kommandant des Einsatzver- 14 F/A-18 Hornet und unsere Aufgabe bandes Luft von General Douglas Mac war es, den östlichen CAP während acht Arthur sagte einmal, «Luftwaffen sind Stunden pro Tag abzudecken. Dies benöwie Pokerkarten. Die zweitbesten Karten tigte täglich zwölf einsatzbereite Flugzeusind wie keine Karten – sie kosten dich ge und zwei Reserveflugzeuge. Man bedenke, dass es sich hier nur um einen der drei viel, aber du gewinnst nichts damit.» CAPs während eines Drittels der gesamten Zeit handelte. Um die Kontrolle des Ressourcenintensive Luftraumes 24/7 abdecken zu können, Luftraumsicherung benötigte die Koalition insgesamt 155 Das qualitativ beste Flugzeug ist jedoch Kampfflugzeuge! Kontrolle des Luftraunicht das einzige Mittel zum Erfolg, die mes ist wahrlich eine hungrige Aufgabe. 44 Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Man bedenke nun, wie viele Kampfflugzeuge es benötigen würde, die vitale nationale Infrastruktur Australiens abzudecken und zusätzlich Flugzeuge für die direkte und indirekte Unterstützung der Bodentruppen zur Verfügung zu haben. F-35 Joint Strike Fighter der RAAF. Bild: USAF, Senior Airman James Hensley Wenn man die Bedürfnisse für Unterhalt, Reparaturen, Modernisierungsprogramme und Training mit einbezieht, sieht man, dass es noch zusätzliche Flugzeuge benötigt, als nur jene für die eigentliche Operation. Investition in die Zukunft bereits heute Was Australien betrifft, so würden weniger als 100 Joint Strike Fighter die Optionen der Regierung und der Armee drastisch einschränken. Wir würden höchstens über eine limitierte Fähigkeit zur Sicherung des Luftraumes und Unterstützung der Bodentruppen verfügen. Das australische Volk ist stolz auf unser Land und schätzt unsere Lebensart, welche durch Handel ermöglicht und in letzter Konsequenz durch die australische Armee gesichert wird. Entscheide in der Sicherheitspolitik werden für die nächsten 30 Jahre gefällt. Deshalb müssen wir die Investitionen in die Verteidigung von morgen bereits heute tätigen. Die australischen Regierungen waren stets bereit, diese Investitionen, welche wir unseren Kindern schulden, zu bezahlen und konsequenterweise verfügt Australien östlich von Indien und südlich von China heute über die fähigste Luftwaffe und ist auf absehbare Zukunft für die sicherheitspolitischen Herausforderungen bereit. ■ Forschung und Lehre Militärische Karriere oder MBA? In der Karriere heutiger Führungskräfte spielt ein MBA oft eine zentrale Rolle. Doch auch die Schweizer Armee vermittelt nach wie vor Führungskompetenzen, welche gerade im aktuellen volatilen Business-Umfeld wieder an Bedeutung gewinnen. Heute erforderliche Kompetenzen und drei Führungsgrundsätze auf dem Prüfstand. Florian T. Wagner Junge Nachwuchskräfte aus der Generation der «Digital Natives» zieht es heute nicht mehr primär zur Armee, wenn sie sich für eine Karriere fit machen möchten. Ganz im Gegenteil zu den Generationen vor ihnen, die viel auf die Ausbildung und erworbenen militärischen Grade gaben. Die militärische Ausbildung war einer der Schlüssel zu Führungsetagen und beruflichen Netzwerken. Ein Blick in die heutigen Managementetagen von Schweizer und in der Schweiz ansässigen internationalen Firmen genügt, um festzustellen: Die Träger eines MBA-Titels oder anderer ziviler Führungszertifikate sind quantitativ betrachtet denen mit einer militärischen Führungsausbildung überlegen. Dennoch lohnt sich gerade in der heutigen Zeit wieder ein Blick auf die militärische Ausbildung. Megatrends und VUCA-Welt Die einzige Konstante war schon immer die Veränderung. Die Megatrends der heutigen Zeit, zum Beispiel die Globalisierung, demographische Veränderungen und die Digitale Revolution, führen zu neuen Anforderungen an die Arbeitskräfte der modernen Wirtschaft (EY, 2015; PWC, 2014). Vieles, was auch in Bezug auf notwendige Führungs- und Managementkompetenzen bis in die späten 1990er Jahre Gültigkeit hatte, wird auf den Kopf gestellt. Dazu kommen die Charakteristika der heutigen VUCA-Welt. VUCA ist eine englische Abkürzung, stammt aus dem militärischen Kontext und bedeutet: volatile (volatil), uncertain (unsicher), complex (komplex), ambiguous (zweideutig). VUCA beschreibt verworrene Gegebenheiten, wie sie in feindlichen Auseinandersetzungen auf dem modernen Ge- fechtsfeld wie auch in hoch komplexen Business-Situationen der heutigen Zeit auftreten (Cashman, 2012). Heutige, relevante Schlüsselkompetenzen Die erwähnten Megatrends wie auch die heutige VUCA-Welt, insbesondere die durch die Digitalisierung erhöhte Geschwindigkeit, erfordern spezifische Kompetenzen, um den aktuellen Herausforderungen im Geschäftsalltag erfolgreich zu begegnen. Die angewandte Forschung zeigt diesbezüglich Kompetenzen auf wie (Barnfield, Dal, Jouve, Orr, Sneltjes, Storfer, 2014): • Technologiegewandtheit: Innovationen auf dem Gebiet der digitalen Unternehmensanwendungen antizipieren und einführen. Die Auswirkungen neuer Technologien frühzeitig erkennen und entsprechende Anpassungen vornehmen; • Globale Perspektive: Probleme aus einem weltumspannenden Blickwinkel betrachten und die Auswirkungen globaler Trends auf das Unternehmen antizipieren; • Business Englisch: die Fertigkeit, sich versiert in der Geschäftssprache Nr. 1 der westlichen Welt auszudrücken; • Innovationsmanagement: Neue Möglichkeiten erschliessen und Erfolgsfaktoren miteinander verknüpfen, um einer Unternehmung kompetitive Vorteile zu verschaffen (der «Blick in die nächste Geländekammer»). Einzigartige Ideen vorstellen, kreative Ideen in die Praxis umsetzen und unterschiedliche Denkansätze fördern; • Lernagilität: «Learning Agility» ist ein Konstrukt aus der angewandten Wissenschaft und beschreibt die Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen und diese «lessons learned» in neuartigen Situationen erfolgreich anzuwenden. Lernagilität ist zudem einer der besten Prädiktoren für Führungspotential (Dai, Tang, Fell, 2014; Dai, Swisher, 2014). Aber auch «gängigere» Kompetenzen nehmen an Bedeutung zu: • Strategie- und gleichzeitiges Finanzverständnis: Zukünftige Möglichkeiten vorhersehen und diesbezügliche bahnbrechende Strategien entwickeln. Dabei wichtige Finanzkennzahlen richtig Führungspersönlichkeit im Einsatz. Bild: Autor Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 45 ausbildung der Schweizer Armee nach wie vor eines der besten Gefässe, um die zuvor beschriebenen Inhalte «im Feld» anzuwenden. Wenige andere Länder können auf diesen kompetitiven Vorteil der praktischen Schulung von Führungsgrundsätzen, die später der Wirtschaft zugänglich gemacht werden, zurückgreifen. Deshalb kann es sich auch für die Digital Natives lohnen, sich den Wert einer militärischen Kaderlaufbahn in der Schweiz nochmals vor Augen zu führen. On top ist diese Bild: Geb Inf Br 12, (VBS) Ausbildung im Gegensatz zu den meisten Megatrends erfordern Kompetenzen, erlernt internationalen Elite-Universitäten auch noch vom Staat finanziert. interpretieren, um in der durch Kosten- in der Führungsausbildung. druck geprägten Zeit einer Firma einen «Tempora mutantur, nos et mutamur kompetitiven Vorteil zu verschaffen. in illis»: Die Zeiten ändern sich und wir things, tell them what to do and they uns in ihnen. Die Kenntnis und das Anwill surprise you with their ingenuity», wenden von einzelnen bewährten FühDie erwähnten Kompetenzen sind erklärt dies treffend (Province, 1995). rungsgrundsätzen reichen wohl nicht durchaus teilweise, einzelne sogar vollDas Ziel soll vorgegeben werden, nicht mehr aus, um in der heutigen VUCAumfänglich, in militärischen Führungsjedoch jeder einzelne Schritt auf dem Welt erfolgreich zu sein. Es braucht zuausbildungen zu erlernen. Doch führenWeg dorthin. Dem Unterstellen sollte sätzliche Kompetenzen, für deren Schude internationale Masters-Programme in ein Maximum an Handlungsfreiheit lung und Entwicklung das Schweizer MiBusiness Administration oder Manageim Rahmen der Absicht des Vorgeset- litär jedoch nicht verantwortlich ist. Diement sind zielgerichteter auf das Aneignen dieser Kompetenzen im Businesskontext zen gewährt werden, um einen Auftrag se Fertigkeiten können in anderen Instiausgerichtet. zu erfüllen (FSO XXII). Mehr Frei- tutionen erlernt werden. Gleichzeitig entheitsgrade in der Umsetzung ermögli- wickelt sich die militärische Führungschen zudem die Entfaltung der Talente ausbildung stetig weiter und integriert Bewährte militärische der Mitarbeiter; neue Konzepte in ihre Lehrpläne. Auch Führungsgrundsätze • Führungstätigkeiten gegliedert in Pro- die US-Streitkräfte haben zum Beispiel Die militärische Führungsausbildung, blemerfassung, Beurteilung der Lage, die Relevanz von Lernagilität erkannt welche sich im Kern nicht von der zivilen Entschlussfassung, Planentwicklung (De Meuse, Dai, Hallenbeck, 2010). Sie unterscheidet und durch den Schweizeriund Auftragserteilung. Es ist dies ein sys- zeigen grosses Interesse an der frühen schen Verband für Führungsausbildung tematischer Prozess, welcher es erlaubt, Identifikation und auch Weiterentwickzertifiziert ist, bildet jedoch ein äusserst unter hohem Zeitdruck, in VUCA-Si- lung von lernagilen Führungskräften. solides Fundament für das Lernagilität ist heute fesErlernen von bewährten ter Bestandteil von Talent Führungsgrundsätzen. VieManagement-Programmen «Rare militärische Führungsausbildung führender Personalberale davon lassen sich 1:1 in in den Teppichetagen.» tungsunternehmen. So bedie Privatwirtschaft übertragen und können nirgendfruchten sich beide Seiwo sonst so schon in junten (Armee und Privatgen Jahren praktisch erfahren werden. tuationen eine Entscheidungsfindung wirtschaft) und es findet ein enger KnowDie Armee hat früh erkannt, dass «transsowie die Umsetzung von getroffenen how-Austausch statt. formationale Führung»* und nicht «MaMassnahmen umfassend und insbesonAuch die Schweizer Armee positioniert nagement» im Zentrum der Ausbildung dere überlegt sicherzustellen (TF XXI). sich bezüglich modernsten Instrumenten von Menschen stehen muss (Steiger, 2013, Beiden Elementen, der Planung und für Führungsausbildung und -unterstütGoleman, 1995, 2011): der Führung (einer Aktion) wird dabei zung an vorderster Front. So stellt der • «MMMM». «Man Muss Menschen Rechnung getragen. Dies wirkt einem Psychologisch-Pädagogische Dienst der Mögen» prägt bis heute den Schweizu langen Verharren im Status quo Armee angehenden Kompaniekommanzerischen Militärischen Führungsalltag («analysis-paralysis») auf der einen so- danten neben vielen anderen Massnah(Steiger, 2013). Die Freude am Umwie einem zu schnellen Handeln (blin- men hoch kompetente und erfahrene gang mit Menschen, das Interesse an der Aktionismus) auf der anderen Seite Coaches zur Verfügung. Diese begleiten den verschiedenartigen Motivatoren, und beraten die abverdienenden Komentgegen. Erfahrungen, Verhaltensweisen und mandanten bei Führungsfragestellungen Persönlichkeitseigenschaften sollen im Die Kombination von militärischer und fördern gezielte Selbstreflektion, daZentrum für effektive Führungsarbeit mit sich die Kommandanten persönlich und ziviler Führungsausbildung stehen; und als Führungskräfte weiterentwickeln Über sämtliche Ausbildungsinstitutio- können. Coaching als wertvoller, inte• Auftragstaktik. General Pattons Aussage: «Never tell people how to do nen hinweg betrachtet, bildet die Kader- grierter Bestandteil der Führungsentwick- 46 Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Forschung und Lehre lung: ein Idealzustand, der das Schweizer Militär seit geraumer Zeit erfolgreich lebt und den viele führende Unternehmen in der Privatwirtschaft nach wie vor anstreben. Viele Firmen können diesbezüglich von der bestehenden «People Development Kultur» der Schweizer Armee lernen. Einzigartiges «Schweizer Modell» Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich internationale Managementausbildungen an Top-Adressen und das Erlernen von immer noch gültigen militärischen Führungsprinzipien wunderbar ergänzen und den Schweizer Nachwuchskräften ein einzigartiges Ausbildungsmodell zur Verfügung steht. Dies bietet dem Platz Schweiz einen unschlagbaren Mehrwert im globalen Businesskontext. Es kann also durchaus sein, dass berufliche Netzwerke in Zukunft zumindest qualitativ betrachtet wieder vermehrt durch Zugehörigkeit zu Alumni-Organisationen von Kaderschulen der Schweizer Armee geprägt sein könnten. ■ * Transformationale Führung beschreibt einen Führungsstil, bei dem durch das Transformieren von Werten und Einstellungen der Geführten – hinweg von egoistischen, individuellen Zielen, in Richtung langfristiger, übergeordneter Ziele – eine Leistungssteigerung stattfindet. Transformationale Führungskräfte motivieren ihre Mitarbeiter intrinsisch, indem sie attraktive Visionen vermitteln, den gemeinsamen Weg zur Zielerreichung kommunizieren, als Vorbild auftreten und die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter unterstützen. Die Geführten empfinden Vertrauen, Respekt, Loyalität und Bewunderung gegenüber der Führungskraft. Dadurch erbringen sie überdurchschnittliche Leistungen und sind motiviert, eine gemeinsame Vision für den Erfolg einer Organisation zu verwirklichen. Literaturverzeichnis Barnfield, H., Dal G., Jouve, M., Orr. J.E., Sneltjes, C., Storfer, P. Define. 2014. «Distill. Deploy. Adopting 21st-century competencies for high-impact talent». The Korn Ferry Institute: Los Angeles. www.kornferryinstitute.com Cashman, K. 2012. The Pause Principle: Step back to Lead Forward. San Francisco: Berrett-Koehler Publishers, Inc. Dai, G., Swisher, V. «The agile enterprise. Taking stock of learning agility to gauge the fit of the talent pool to the strategy.» The Korn Ferry Institute: Los Angeles. www.kornferryinstitute.com Dai, G., Tang, K., Fell, J. «Fast rising talent. Highly learning agile people get promoted at double speed». The Korn Ferry Institute: Los Angeles. www.kornferryinstitute.com De Meuse, K., Dai G., Hallenbeck, G. 2010. Learning Agility: a construct whose time has come. Consulting Psychology Journal: Practice and Research, Vo. 62, No. 2, 119-130. EY: Megatrends 2015. Available: http://www.ey. com/Publication/vwLUAssets/ey-megatrends-report-2015/$FILE/ey-megatrends-report-2015.pdf FSO XXI: Führungs- und Stabsorganisation der Armee. 2004. Reglement 52.054. Goleman, D. 2005: Emotional Intelligence: Why It Can Matter More Than IQ. New York: Bantam Dell. Goleman, D., Boytzis, R., McKee A. 2013: Leadership. Unleashing the Power of Emotional Intelligence. Boston: Harvard Business School Publishing. Province, C. 1995. Tactical Leadership Skills for Business Managers. Patton’s One-Minute Messages. New York: Presidio Press. PWC: Global Annual Review 2014. Available: http://www.pwc.com/gx/en/issues/megatrends/index.jhtml Steiger, R. 2013. Menschenorientierte Führung. 22 Thesen für den Führungsalltag. Frauenfeld: Huber Verlag. 16. ergänzte Auflage. TF XXI: Taktische Führung XXI. 2004. Reglement 51.020 d. Major Florian T. Wagner lic. phil. I, MBA Senior Consultant 8044 Zürich Begeisterung? «Optimaler Schutz für Hab und Gut.» Helvetia Privatkundenversicherungen. Was immer Sie vorhaben. Wir sind für Sie da. Helvetia Versicherungen bietet für Ihren Hausrat, für Gebäude, Auto und Ihre persönliche Vorsorge optimal abgestimmte Versicherungslösungen. T 058 280 1000 (24 h) Ihre Schweizer Versicherung. Forschung und Lehre Der Einfluss von Resilienz auf die militärische Leistung In der verhältnismässig kurzen Zeit, die für die militärische Grundausbildung zur Verfügung steht, sollte ein möglichst grosser Ausbildungserfolg erzielt werden. Entsprechend hilfreich ist es zu wissen, welche Persönlichkeitsfaktoren seitens Rekruten einen bedeutsamen Einfluss auf deren Leistung haben. Dieser Frage wurde im Rahmen eines umfassenden Forschungsprojekts nachgegangen. Madlaina Niederhauser, Caroline Huber, Hubert Annen Anlässlich des Gesamtrapports Verteidigung vom 11. Januar 2016 hat der Chef der Armee, Korpskommandant André Blattmann, darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, dass möglichst alle Rekruten die Rekrutenschule beenden. Denn wie die Armeeauszählung 2015 zu Tage führt, liegt die personelle Alimentierung der Armee bei unbefriedigenden 93%, was unter anderem auf Abgänge während der Grundausbildung zurückzuführen ist. Hinzu kommt, dass Austritte nebst dem personellen Verlust mit beträchtlichem administrativem Aufwand und entsprechenden Kosten verbunden sind. Davon ausgehend war es das Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit 1 zu untersuchen, inwiefern bestimmte Persönlichkeitsfaktoren der Rekruten einen Einfluss auf armeerelevante Leistungsindikatoren haben. tungsmotivation basiert auf dem regelmässig auftauchenden Wunsch, sich mit Leistungsstandards auseinanderzusetzen und diese ab und an auch zu übertreffen sowie auf der Bereitschaft, sich dafür anzustrengen. Stressreaktivität beschreibt die Veranlagung des Einzelnen, auf Belastungen mit starken und länger andauernden Stressreaktionen zu antworten. Resilienz umschreibt schliesslich die psychische Widerstandsfähigkeit und bezieht sich auf einen erfolgreichen Umgang mit belastenden Situationen durch Nutzung internaler und externaler Ressourcen. Für alle drei Faktoren gibt es bereits Hinweise auf einen Zusammenhang zur Leistung, wobei sich die betreffende Forschung vor allem auf den zivilen Bereich bezieht. Ergebnisse Die militärische Leistung konnte lediglich durch die Leistungsmotivation vorhergesagt werden, bei der Resilienz liess sich immerhin ein tendenziell positiver Einfluss auf die militärischen Qualifikationen feststellen. Das Weitermachen kann auf alle drei untersuchten Persönlichkeitsvariablen zurückgeführt werden, wobei sich die Resilienz als stärkster Prädiktor erweist. Im Hinblick auf das Ausscheiden aus der Rekrutenschule besitzt einzig die Resilienz eine bedeutsame Vorhersagekraft, womit die Bedeutung dieses Faktors deutlich unterstrichen wird. Es lässt sich also festhalten, dass bei hoch resilienten Rekruten die Wahrscheinlichkeit, aus der militärischen Grundausbildung auszuscheiden, deutlich geringer ist. Zudem schlagen diese eher eine Kaderlaufbahn ein und haben in der Tendenz eine bessere militärische Qualifikation als weniger resiliente Rekruten. Weder die Dienst- oder Wehrmotivation, noch systematische Unterschiede in der Vorgesetztenbeurteilung konnten diese Zusammenhänge schmälern. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die erwähnten Ef- Methode Die Studie beruht auf dem Datensatz des Kooperationsprojekts PROGRESS (siehe Kasten). Nach der für wissenschaftliche Arbeiten unabdingbaren Qualitätskontrolle konnten je nach Berechnung Daten von 359 bis 523 männlichen, deutschsprachigen Rekruten ausgewertet werden. Als Messgrössen für militärische Leistung wurden die militärische Qualifikation, das heisst die individuelle Beurteilung durch den Zugführer, der Abbruch der Rekrutenschule sowie das Weitermachen, das heisst das Einschlagen einer Laufbahn als Milizkader, berücksichtigt. Die untersuchten Persönlichkeitsfaktoren waren die Leistungsmotivation2, die Stressreaktivität 3 sowie die Resilienz 4. Leis- 48 Forschungsprojekt PROGRESS 6,7 Das Forschungsprojekt PROGRESS ist eine in den Jahren 2011 und 2012 beim Infanterie Durchdiener Kommando (Inf DD Kdo 14) in Aarau durchgeführte längsschnittliche Interventionsstudie, das heisst es wurden Datenerhebungen zu vier verschiedenen Zeitpunkten an über 600 Rekruten vorgenommen. Die in Kooperation von Sportwissenschaftlern der Eidgenössischen Hochschule für Sport (EHSM) sowie Psychologen der Militärakademie an der ETH Zürich (MILAK/ETHZ) und der Universität Zürich angelegte Untersuchung hatte zum Ziel, den Einfluss progressiv gesteigerter physischer Belastungen auf diverse Leistungsindikatoren zu messen. Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Daneben wurden aus psychologischer Sicht neben biologischen Stressparametern wie Alpha-Amylase, EKG-Daten und Haarcortisol auch Selbsteinschätzungen der Rekruten erhoben. Als eine der Haupterkenntnisse stellte sich heraus, dass erlebter Stress eine angemessene Reaktion auf eine akute Belastungssituation behindert und mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einen RSAbbruch führt. Ausserdem zeigte sich einmal mehr der grosse Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen auf die Stresswahrnehmung und deren Folgen in der Rekrutenschule. Allerdings wurde auch deutlich, dass solchen Effekten mit einem guten Führungsstil entgegen gewirkt werden kann. Forschung und Lehre den können. Konkret geht es darum, ausgewählte Module des CSF2-Programms an die Zielsetzungen und Rahmenbedingungen einer Offiziersschule anzupassen. Durch die praxisnahe Förderung der Resilienz der Offiziersanwärter soll ihr Umgang mit Stress und Belastungen sowie ihre mentale Stabilität verbessert werden. Auf dieser Basis dürften sie zudem als Führungspersonen gelassener auftreten und dank persönlicher Stärke weniger zu unangemessenen Handlungen neigen. Da sich Resilienz auch im Rahmen einer zivilen (Führungs-)Laufbahn positiv auswirkt, wird damit ein weiterer Beitrag zur Attraktivität der militärischen Kaderausbildung geleistet. ■ fekte eher unterschätzt werden, da durch die Selektion in der Rekrutierung und durch frühe Dropouts wenig resiliente und hoch stressreaktive Stellungspflichtige schon vor der Datenerhebung ausgeschieden sind. Die Bedeutung von Resilienz Der oben berichtete bedeutsame Einfluss von Resilienz steht im Einklang mit der bisherigen Resilienzforschung im militärischen Kontext. Solche Studien fanden beispielsweise, dass resiliente Soldaten mit grösserer Wahrscheinlichkeit das Basistraining beenden, einen geringeren Drogenkonsum aufweisen und weniger Verbrechen begehen. Eine stark ausgeprägte Resilienz korrelierte ausserdem mit dem erreichten militärischen Rang und der Beförderung zum Brigadier. Ausserdem hängt Resilienz mit Faktoren zusammen, die sich generell positiv auf die militärische Auftragserfüllung auswirken. So sind resiliente im Vergleich zu weniger resilienten Personen in der Lage, flexibler auf Bedrohungen zu reagieren, sie zeigen erfolgversprechendere Problemlösestrategien, verfügen über bessere soziale Beziehungen und eine stabilere physische und psychische Gesundheit. Resiliente Personen zeigen sich überdies engagierter bei der Arbeit und weisen ein höheres organisationales Vertrauen auf. Angesichts der Relevanz dieses Persönlichkeitsmerkmals ergibt es Sinn, sich nicht nur mit dessen Erfassung und dessen Auswirkungen zu befassen, zumal – wie oben beschrieben – letztere bereits mehrfach haben nachgewiesen werden können. So gibt es beispielsweise im Rahmen des Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen auf relevante Indikatoren der militärischen Leistung. betrieblichen Gesundheitsmanagements konkrete Ansätze zum Training von Resilienz. Die konsequenteste Umsetzung findet sich jedoch im militärischen Kontext. Das Comprehensive Soldier and Family Fitness Programm (CSF2) der U.S. Army zielt darauf ab, mittels eines umfassenden Online-Tests bei den Armeeangehörigen die wesentlichen Merkmale von Resilienz zu messen und schon dort individuelle Hinweise zu deren Optimierung anzubieten. Als weiterer zentraler Bestandteil von CSF2 werden ausgewählte Offiziere und Unteroffiziere zu so genannten Master Resilience Trainern ausgebildet, um dann in ihren Einheiten gezielt Ausbildungsmodule durchführen und ihren Kameraden als Coaches zur Verfügung stehen zu können 5. Man möchte dadurch die Armeeangehörigen grundsätzlich resilienter machen, sodass sie mit den diversen typischen Belastungen des Soldatenlebens erfolgreich umgehen können. Gleichzeitig wird mit diesem Programm vermittelt, dass man psychische Stärke ähnlich wie physische Stärke trainieren kann, um so auch einen sachlicheren Umgang mit psychologischen Aspekten zu bewirken. 1 Huber, C. (2015). Wie beeinflussen Resilienz, Leistungsmotivation und emotionale Stress-Reaktivität verschiedene Parameter der militärischen Leistung. Zürich: Unveröffentlichte Masterarbeit an der Universität Zürich. 2 Schuler, H. & Prochaska, M. (2000). Leistungsmotivationsinventar (LMI). Göttingen: Hogrefe. 3 Schulz, P., Jansen, L.J., & Schlotz, W. (2005). Stressreaktivität: Theoretisches Konzept und Messung. Diagnostica, 51(3), 124 -133. 4 Schumacher, J., Leppert, K., Gunzelmann, T., Strauss, B., & Brähler, E. (2005). Die Resilienzskala – Ein Fragebogen zur Erfassung der psychischen Widerstandsfähigkeit als Persönlichkeitsmerkmal. Zeitschrift für Klinische Psychologie, Psychiatrie und Psychotherapie, 53(1), 16 -39. 5 Reivich, K.J., Seligman, M.E.P., & McBride, S. (2011). Master Resilience Training in the U.S. Army. American Psychologist, 66(1), 25-34. 6 Wyss, Th. & Annen, H. (2013). Studie PROGRESS. Magglingen/Birmensdorf: Interner Forschungsbericht. 7 Müller, M. (2013). Der Zusammenhang zwischen chronischem Stress und Depressivität: Die Suche nach Moderatoren. Zürich: Unveröffentlichte Masterarbeit an der Universität Zürich. Madlaina Niederhauser M. Sc. Projektmitarbeiterin MILAK an der ETH Zürich 8108 Dällikon Caroline Huber M. Sc. 8052 Zürich Ausblick Ein aktuelles Forschungsprojekt an der Militärakademie (MILAK/ETHZ) nimmt sich der Frage an, inwiefern bewährte Elemente des Resilienztrainings für die Ausbildung in der Schweizer Armee übernommen und gewinnbringend umgesetzt wer- Oberst Hubert Annen Dr. phil., Dozent Militärpsychologie und Militärpädagogik, MILAK/ETHZ 6300 Zug Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 49 Forschung und Lehre Frieden und Militärethik Die internationale militärethische Forschung hat in den letzten Jahren viel Raum eingenommen. Dabei ging es nicht nur darum, die bestehenden Prinzipien legitimer militärischer Gewaltanwendung auf gegenwärtige Probleme anzuwenden. Es wurden auch grundsätzliche Fragen gestellt und zentrale Punkte der traditionellen Theorien des Gerechten Krieges verworfen. Dabei ist aber auch eine Lücke entstanden: Was ist das eigentliche Ziel militärischer Gewaltanwendung? Florian Demont Mit seinem Buch Killing in War hat der Ethiker Jeff McMahan die Revision einiger zentraler Punkte der traditionellen Theorien des Gerechten Krieges kritisiert.1 Das wesentliche Grundelement von McMahans Vorschlag besteht in einer Analyse der Notwehr, laut der Gewaltanwendung mit moralischer Verantwortung verknüpft wird: wer für eine tödliche Bedrohung verantwortlich ist, kann mit tödlicher Gewalt bekämpft werden, falls diese zweite Gewaltanwendung notwendig und proportional ist.2 Wichtig ist hierbei, dass es McMahan um moralische Verantwortung geht. Nicht nur wer eine tödliche Bedrohung verursacht, kann mit tödlicher Gewalt bekämpft werden, wenn diese notwendig und proportional ist. Aus McMahans Theorie ergibt sich auch, dass jemand unter Umständen mit Gewalt bekämpft werden darf, der eine tödliche Bedrohung nicht direkt verursacht hat, aber dennoch moralisch dafür verantwortlich ist. Wichtige Konsequenzen aus McMahans Vorschlag sind, dass die Gründe für einen Kriegseintritt sehr viel wichtiger werden, dass den Drahtziehern hinter einer tödlichen Bedrohung schwerwiegendere Konsequenzen drohen und dass Fragen der Proportionalität (insbesondere bei einer Gefährdung von zivilem Leben und Einrichtungen) präziser bewertet werden können. Diese Errungenschaften helfen Experten auch bei der Beantwortung von Ermessensfragen und beim Durchleuchten von Grauzonen im Bereich des völkerrechtlichen Rahmens militärischer Gewaltanwendungen. Vor dem Hintergrund der Leistung von McMahan und seinen Mitstreitern ist es nicht verwunderlich, dass international führende Militärethiker sich in ihrer For- 50 schung auf die Analyse der Notwehr und auf die Anwendung solcher Analysen auf die konkreten militärethischen Probleme unserer Zeit konzentrieren. Die (hauptsächlich) durch McMahan eingeleiteten Revisionen der Theorien des Gerechten Krieges haben aber auch eine eher unglückliche Entwicklung zur Folge. Weshalb sollte es ein Staat denn überhaupt Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 seinen Bürgerinnen und Bürgern erlauben, Notwehr und Notwehrhilfe zu betreiben? Weshalb sollte es in einer Gemeinschaft von Staaten möglich sein, dass sich einzelne Staaten selbst verteidigen? Man könnAurelius Augustinus, Mitbegründer der Tradition des Gerechten Krieges, gemalt von Botticelli. Bild: Autor Forschung und Lehre te vielleicht der Meinung sein, dass es innerstaatliche oder internationale Gewaltmonopole geben sollte, die absolut sind und keine Ausnahmen dulden. Diese Art «Wer für eine tödliche Bedrohung verantwortlich ist, kann mit tödlicher Gewalt bekämpft werden.» von Frage wird in den gegenwärtigen Debatten nicht behandelt. Trotzdem sind sie wichtig, weil nur Antworten auf diese Fragen wirklich erklären können, ob es sinnvolle Gewaltanwendung überhaupt gibt. Eine wichtige Idee aus der klassischen Theorie des Gerechten Krieges besteht darin, einen Wert zu bestimmen, der als Messlatte für sinnvolle Gewaltanwendung dienen kann. Laut Platon und Augustinus ist der Friede als Ziel militärischer Aktionen, der einzige Wert, der diese Anforderung erfüllen kann.3 Für beide ist der Friede in einem Staat (und auch gegen aussen) dadurch bestimmt, dass er das Ende des Krieges darstellt und der Begriff des Krieges denjenigen der friedlichen Gesellschaftsordnung voraussetzt. Für Augustinus besteht «der Friede aller Dinge in der Ruhe der Ordnung. Ordnung aber ist die Verteilung gleicher und ungleicher Dinge, die jedem den gebührenden Platz anweist.»4 Dieser Ansatz kann auch eine säkulare Bedarfsgerechtigkeit aufnehmen und Bedingungen für eine friedliche Ordnung definieren, welche durch militärische Massnahmen entweder nicht gefährdet werden darf oder sogar herbeigeführt werden soll.5 Es ist an der militärischen Forschung, diesen Ansatz auszuarbeiten. Dabei müssen insbesondere die Rolle der Notwehr und der Notwehrhilfe für die Ordnung innerhalb eines Staates und die Rolle ihrer Gegenstücke im zwischenstaatlichen Bereich genau analysiert werden. Erst wenn die entsprechenden Analysen der Experten auf dem Tisch liegen, können wir präzise sagen, inwiefern sinnvolle und ethisch vertretbare Anwendungen möglich sind. Solche Ergebnisse liegen nicht in weiter Zukunft und viele Meilensteine fliessen schon heute in die militärische Praxis verschiedener Streitkräfte ein. ■ 1 Jeff McMahan 2009. Killing in War (Oxford: Oxford University Press). 2 Konsequenzen für die Notwehrhilfe lassen sich direkt von der Notwehr ableiten. 3 Siehe Kapitel 11–14, Buch XIX in: Aurelius Augustinus 1997. Vom Gottesstaat (München: Deutscher Taschenbuch Verlag) und Die Gesetze, 628d und 829a in: Platon 1982. Sämtliche Werke (Heidelberg: Lambert Schneider). 4 Augustinus 1997: Buch XIX, S. 552. 5 Die Idee der Nicht-Gefährdung findet sich beispielsweise im Lieber Code von 1863 (Art. 16); http://avalon.law.yale.edu/19th_century/lieber.asp; 11-01-2016. Der zweite Ansatz ist natürlich schon bei Platon und Augustinus vorhanden. Florian Demont Dr. phil. Wissenschaftlicher Assistent MILAK an der ETH 8903 Birmensdorf 2'7åå&AMILYå 2ECOILLESSå'RENADEå7EAPONååMMå (%!4å(%3(åså!NTIå3TRUCTUREåså!REAå$ENIAL 2'7åå(( ion s s i m r o f d Designe 2'7åå!3 WWWDNDEFENCECOM INFO DNDEFENCECOM Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 51 Internationale Nachrichten Deutschland Nachwuchsprobleme, 41-Stunden-Woche, Terrorismusbekämpfung, Mannschaftstransporter Im Jahr 2015 liessen sich 12 % weniger Deutsche für den freiwilligen Wehrdienst rekrutieren, total etwa 9000. Zählt man davon die ca. 2100 während der Probezeit (auf eigenen Wunsch) oder mangels Fähigkeit entlassenen Soldaten ab, ist fast jede(r) Vierte nicht mehr dabei. Gemäss dem Wehrbeauftragten der Bundesregierung, Hans-Peter Bartels, geben diese Zahlen jedoch keinen Anlass zur Beunruhigung, sie entsprechen dem branchenübergreifenden Bild im Land. Viel wichtiger sei es, die Bundeswehr als Arbeitgeber attraktiver zu machen. Derzeit erhielten nur knapp die Hälfte aller Rekruten eine Zusage auf einen festen Dienstposten, der Rest hat also keine fest zugeteilte Aufgabe. Dies entspricht dann eher einem längeren Praktikum, schliesst Bartels. Noch interessanter dürfte aber die per 2016 neu eingeführte Arbeitszeitverordnung für Soldaten sein. Dazu der stellvertretende Inspekteur der deutschen Marine, Konteradmiral Brinkmann: «die 41-Stunden-Woche dreht das Grundverständnis des soldatischen Dienens auf links». Damit nach den jüngsten Ereignissen in Europa auch die deutsche Terrorabwehr verstärkt wird, stellte Mitte Dezember 2015 Innenminister de Maizière eine nach militärischen Standards mit Langwaffen und gepanzerten Fahrzeugen ausgerüstete «Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus» (BFE+) genannte Bundespolizeieinheit auf. Dafür sind 250 Stellen vorgesehen, wovon 50 Polizisten (als ein Team) unmittelbar eingesetzt und 4 weitere Teams im Verlauf des Jahres aufgebaut GTK BOXER im Afghanistan-Einsatz. werden. Nahe zur Antiterroreinheit GSG 9, soll die BFE+ vor allem aber im «Tagesgeschäft», das heisst länger anhaltenden Fahndungen eingesetzt werden können. Gleichzeitig wurde im Bundestag die Beschaffung von zusätzlichen 131 gepanzerten Transport-Kraftfahrzeugen (GTK) BOXER für ca. 650 Millionen beschlossen. Geplant ist, damit Italien 52 ab 2017 den Transportpanzer FUCHS abzulösen. Von den derzeit 200 verfügbaren Radschützenpanzern des Typs BOXER sind gemäss dem «Bericht zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr» derzeit lediglich 70 einsatzbereit, was aber laut diesem Dokument den Ausbildungs- und Einsatzbedürfnissen absolut genüge. Polen Eine halbe Milliarde Euro mehr für die Armee und erster F-35 ausgeliefert Nach den Anschlägen in Paris möchte auch Italien sein Sicherheitsetat anpassen. Von der durch Premier Matteo Renzi versprochenen Aufstockung sollen 500 Mio. an die Armee gehen, 150 Mio. im Bereich Cyber aufgewendet werden und zusätzlich 350 Mio. der konsequent unterfinanzierten Polizei zukommen. Diese «Sicherheitsmilliarde» wird mit einer zusätzlichen «Kulturmilliarde» ergänzt, welche beispielsweise Theatergutscheine für Jugendliche vorsieht. Soweit Renzis Plan. Bisher wurden aber insbesondere bei der Armee noch keine Zahlungen bemerkt, denn das Geld war bis Ende 2015 noch nicht freigegeben. Derzeit erwarten di- Bild: Krauss-Maffei Wegmann SpionageabwehrZentrum «übernommen» Chef der Luftwaffe, Generalleutnant Preziosa bei der Übergabe des ersten F-35. Bild: Lockheed Martin verse Truppenkörper dringend eine Aufstockung ihres Budgets. Die Luftwaffe beispielsweise muss diverses Fluggerät kannibalisieren, um dessen Einsatzfähigkeit aufrecht zu erhalten. Beinahe paradox wirkt es deshalb, wenn fast gleichzeitig der erste gänzlich Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 in Italien fertiggestellte F-35 offiziell an die Aeronautica Militare ausgeliefert wird. Das als AL-1 immatrikulierte Tarnkappen-Mehrzweckflugzeug wird per Februar zu Ausbildungszwecken auf die Luke Air Force Base in Arizona, USA transferiert. Kaum im Amt, bestellte der neue polnische Verteidigungsminister Macierewicz in einer Nacht- und Nebelaktion einen neuen Chef für das neu gegründete NATO-Spionageabwehr-Kompetenzzentrum. Das Zentrum wurde offiziell im September 2015 mit der Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding zwischen der NATO, Polen und der Slowakei, unter Beisein von acht weiteren NATO-Ländern ins Leben gerufen. Am 18. Dezember 2015 wurde dann der noch vom ehemaligen Verteidigungsminister Siemoniak ernannte Chef des Zentrums, Oberst Dusza während einer nächtlichen Aktion um 01 Uhr 30 durch die Militärpolizei seines Internationale Nachrichten Amtes enthoben. Das polnische Verteidigungsministerium erklärte darauf, dass sich der nunmehr ehemalige Chef weigerte, seinen Posten zu verlassen. Deswegen sei es nötig gewesen, den als designierten Nachfolger bestimmten Obersten Robert Bala mit Hilfe der Militärpolizei (und der Ver- wendung von nachgemachten Schlüsseln) nächtens in dessen Amt einzusetzen. Seitens der NATO gibt es keine Weisungen, wie die personelle Besetzung der unterstützten Kompetenzzentren zu erfolgen hat, stehen diese doch lediglich unter der Schirmherrschaft der Nordatlantik- allianz. Die Verwaltung erfolgt insofern autonom und in Absprache zwischen den verschiedenen Partnernationen. Das aggressive Verhalten in dieser Sache zeigt die Entschlossenheit der seit November 2015 amtierenden neuen polnischen Regierung auf, ihre Interessen durchzusetzen. In die- sem Kontext fasste der ehemalige polnische Verteidigungsminister Siemoniak dann auch die Vorgänge zusammen: «Wahrscheinlich zum ersten Mal in der Geschichte der NATO wurde eine Einrichtung der Allianz durch eines seiner Mitglieder angegriffen.» Israel Lebensende des Merkava Mark II Nach 33 Jahren Dienst in der IDF (Israel Defense Force) wird der Kampfpanzer MERKAVA Mark II bei den aktiven Kampfverbänden per Ende Jahr ausser Dienst gestellt. Bis 1989 produzierte Israel etwa 580 Stück dieses Panzers. Grosse Teile der Flotte sollen nun zu gepanzerten Mannschafttransportern umgerüstet werden. Jetzt schon wurde, so Oberstleutnant Dvir Edri, die Ausbildung auf dem Mark II beendet. Neue Rekruten werden nur noch auf Panzern des Typs Mark III und höher ausgebildet. Die Ausbildungsinfrastruktur im Negev und die Simulatoren wurden dafür bereits erneuert. Alles in allem wird nun die Qualität der Ausbildung und damit auch der Erfolg von Kampfeinsätzen gesteigert, so Edri weiter. Denn für ihn, als Kommandant der IDF-Panzerschulen steht fest, dass die Panzerschlachten von einst der Vergangenheit angehören. Heutzutage geht es darum, der asymmetrischen Kriegsführung entgegenzutreten. Und da diese beinahe ausschliesslich im überbauten Gelände stattfindet, ist dem Eigenschutz der Kampfpanzer ein grosser Stellenwert beizumessen. Der MERKAVA Mark IV verfügt beispielsweise über das abstandsaktive TROPHY Schutzsystem, welches ankommende Geschosse und (Panzerabwehr-)Raketen vor dem Einschlagen erkennt und zerstört. Gemäss Oberstleutnant Ausgemusterte Merkava Mark II. Bild: imgur.com Edri wird aber auch die Zusammenarbeit mit der Infanterie immer wichtiger. Aber letztendlich, so der israelische Offizier, hängt der Erfolg einer Operation immer auch von einer funktionierenden Vernetzung innerhalb des digitalen Führungssystems ab. Und genau das kann nun bereits mit allen Rekruten während der Ausbildung in enger Zusammenarbeit mit der Luftwaffe und Infanterie sowie den Nachrichten- und Aufklärungsformationen trainiert werden. Russland Neue Drohnensysteme Um auf internationalem Niveau Schritt halten zu können, beabsichtigt Russland bis ins Jahr 2020, für geschätzte 9 Mia. US Dollar seine Drohnenflotte aufzurüsten. Um den zukünftigen Anforderungen des Gefechtsfeldes, insbesondere den ISR-Bedürfnissen gerecht zu werden, sollen die derzeit zumeist aus israelischer Produktion stammenden 500 unbemannten Flugzeuge durch neue, in russischer Eigenfertigung gebaute Systeme ergänzt werden. Das Bedürfnis entspringt nicht alleine den keit, kritische Infrastruktur wie beispielsweise Öl- und Gaspipelines oder auch Versorgungswege zur See kosteneffizient überwachen zu können. Tatsache ist, dass Russland in den vergangenen Monaten mehrere Projekt STATUS-6, absichtlich den Medien militärische Stützpräsentiert? Bild: youtube.com punkte weit innerhalb des Polarkreisicherheitspolitischen Verstri- ses mit moderner Luftabwehr ckungen der letzten Monate, (PANTSIR-1, S-300, S-400) sondern gründet vielmehr in aufgerüstet hat oder neue Opeder gesteigerten Notwendig- rationsbasen fertigstellte und unter anderem darauf zählt, wie Präsident Putin Ende Dezember 2015 erklärte, die (trotz dem internationalen Seerechtsabkommen von 1982 territorial umstrittenen) arktischen Ölvorkommnisse via die Nord-Ost-Passage zu bewirtschaften. In diesem Kontext kann die möglicherweise unbeabsichtigte Veröffentlichung von geheimen Plänen zu einem STATUS-6 genannten Unterwasserdrohnenprojekt der russischen Marine gesehen werden, welche im November 2015 den Weg an die Öffentlichkeit fanden. Das System hat offenbar eine Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 53 Internationale Nachrichten Reichweite von mehr als 10 000 km, soll ferngesteuert in bis zu einem Kilometer Tiefe die NATO-Warnsysteme umschiffen und würde mit einem Einsatz nachhaltige nukleare Zerstörung mit sich bringen, so Dmitry Peskov, Pressesprecher des russischen Präsidenten. Ob sich diese Plä- ne jedoch verwirklichen werden oder ob die Veröffentlichung ein medienwirksamer Coup war, bleibt ungeklärt. Die Thematik wäre indes nicht neu, unbemannte Unterwasserfahrzeuge werden von verschiedenen Nationen, auch zivil, bereits heute rege eingesetzt. Transpazifik Transpazifische Partnerschaft Ein Dutzend Pazifik-Anrainer haben sich auf ein jahrelang angestrebtes Handelsabkommen geeinigt. Die neuen Partner repräsentieren 40 Prozent der Weltwirtschaft. Erforderlich ist nun, dass die Parla- mente der Mitgliedsstaaten zustimmen. Das Transpazifische Partnerschaftsabkommen TTP der USA mit 11 anderen Staaten der Region wird grosse Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben. Die Verhandlungen dazu begannen im Jahr 2008. Im Oktober 2015 un- TTP-Staaten, Interessenten und potenzielle Partner. terzeichneten die USA, Kanada, Mexiko, Peru, Chile, Australien, Brunei, Neuseeland, Japan, Vietnam, Malaysia und Singapur. Weitere Interessenten sind Südkorea, Philippinen und Indonesien unter anderem. Heute sind dies die wahrscheinlich wichtigsten Verhandlungen über den internationalen Handel, seitdem die Welthandelsorganisation 1995 ihre Arbeit aufgenommen hat. Beim TPP geht es vorrangig um ökonomische Interessen. Aber politische Schwerpunkte und geostrategische Überlegungen spielen auch eine Rolle. China soll beispielsweise Bild: Wikimedia der Organisation China Neues Antiterrorgesetz Peking hat ein neues AntiTerror-Gesetz verabschiedet. Milde fällt es nicht aus. Das Militär darf im In- und Ausland Terroristen jagen. Behörden dürfen sich im Inland Zugang zu verschlüsselter Software auch von Auslandsfirmen verschaffen. Die Unternehmen müssen dabei sogar helfen. Nachdem der Nationale Volkskongress vier Jahre lang über ein Antiterrorgesetz debattiert hatte, wurde es nun verabschiedet – wenige Tage, bevor es am 1. Januar in Kraft treten wird. Und der bricht mit einem wichtigen Tabu: 54 Die Armee des Landes darf künftig auch im Ausland eingesetzt werden. Reguläre Truppen, Einheiten der bewaffneten Polizei und Sonderkommandos können auch ausserhalb der Grenzen der Volksrepublik und ohne Mandat der Vereinten Nationen Terroristen bekämpfen. Bisher hatten sich chinesische Soldaten und Polizisten nur unter dem Kommando der Vereinten Nationen an Auslandseinsätzen wie Blauhelmmissionen oder an der internationalen Bekämpfung der Piraterie vor der somalischen Küste beteiligt. Nun dürfen sie mit Einverständnis des betroffenen Landes und nach Genehmigung des Pekinger Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 zu einem späteren Zeitpunkt beitreten (können). Freilich geht es primär um den chinesischen Markt. Sekundär geht es aber auch um die Einbindung des lokalen Hegemons, um ihn wenn nicht friedlicher, dann zumindest dialogwilliger zu machen. So lauten mindestens die Absichten der USA, Japans, Bruneis und Vietnams. Die Debatte um TTP wird in der EU mit grossem Interesse verfolgt. Denn mit Europa verhandeln die USA derzeit über das Freihandelsabkommen TTIP. Es ist in der EU stark umstritten. Heftige Kritik gibt es vor allem am geplanten Investitionsschutz für Unternehmen. Pikant: Sollte auch die Schweiz einen Weg ins TTIP finden, würde auch China – durch das Freihandelsabkommen – davon profitieren. USA / Asien Staatsrats und im Fall der Armee auch der Zentralen Militärkommission selbst bewaffnete Auslandsaktionen durchführen. Das Gesetz ist auch innerhalb Chinas umstritten, weil es die Bekämpfung des Terrorismus zu einer Querschnittsaufgabe macht und sie einer neu geschaffenen mächtigen Zentralgruppe unterstellt, der alle Ministerien zuarbeiten müssen. Die neue Stelle kann zahlreiche Bürgerrechte, darunter auch die Freiheit der Medien, empfindlich einschränken – solange es dem Antiterrorkampf dient. Und nun kommt der Haken: was genau als Terrorismus gilt, definiert China nur vage. Manöver USA – Asien Das grösste alljährliche Militärmanöver der USA und der Länder Asiens «Cobra Gold – 2016» findet vom 9. bis 20. Februar zum 35. Mal in Thailand statt, teilt der Sender des Hauptstabs der Landstreitkräfte des Landes unter Berufung auf die ständige Vertretung des US-Militärkommandos in Bangkok für militärische Zusammenarbeit (JUSMAG) mit. Ursprünglich in den Jahren des Kalten Krieges als gemeinsames Manöver der amerikanischen und thailändischen Streitkräfte ins Leben gerufen, entwickelte sich «Cobra Gold» mit den Jahren zum Internationale Nachrichten bedeutenden internationalen Ereignis in der Region. In diesem Jahr nehmen Vertreter von mehr als 20 Ländern an diesem Militärmanöver teil. «Cobra Gold – 2016» ist dem Training des Zusammenwirkens des Militärs der USA und der Länder Asiens bei gemeinsamen Kampfeinsätzen gegen Piraten, bei der Erweisung von humanitärer Hilfe für die Zivilbevölkerung gewidmet, heisst es in der Meldung. Es wird nicht genannt, wie viele Militärangehörige an diesem Militärmanöver teilnehmen werden. In früheren Cobra Gold. Bild: JUSMAG Jahren erreichte allein die Zahl sowie bei der Beseitigung der der an «Cobra Gold» teilnehFolgen von Naturkatastrophen menden amerikanischen Sol- USA Militär und Rule of Law Das US-amerikanische Oberkommando, die Joint Chiefs of Staff, machen sich Gedanken über die Einsatzdoktrin für Auslandseinsätze. Während es immer noch Vertreter der Idee «Militärs kämpfen – Zivile bauen auf» gibt, will das JCF eine Doktrin auch für jene Fälle, in denen die Rollenaufteilung nicht so klar ist. Als sich die Operation «Enduring Freedom» in Afghanistan von einer kämpferischen zu einer militärischen Unterstützungsoperation änderte, glaubten viele, die militärischen Einsätze der USA in Übersee würden zurückgehen. Doch wegen der Komplexität und Flüchtigkeit von Beziehungen zwischen den Staaten sowie des Anstei- US Marines im zivilen Umfeld? daten, Matrosen und Offiziere 7000 bis 8000 Mann. Doch im Mai 2014 hatten die USA im Zusammenhang mit dem Militärputsch in Thailand die Einstellung ihrer Militärhilfe für dieses Land und die Reduzierung des US-Militärkontingents bei den alljährlichen Manövern erklärt. Im Jahr 2014 nahmen 5000 US-Militärangehörige an dem Manöver teil, 2015 waren es 4000. Mexiko gens von feindlichen transnationalen Gruppen scheint es, als ob die USA weiterhin auf der internationalen Bühne mit ihren Soldaten vertreten bleiben. Als Teil ihrer Strategie für zukünftige internationale Einsätze müssen sich die USStreitkräfte deshalb eine Doktrin bezüglich der Interaktion von Militäreinsatz und Rule of Law geben. Es wird dabei differenziert zwischen labilen Staaten, untergegangenen Staaten, und de-facto aufgelöster Staatsgewalt. Darüber hinaus sind die Interaktionen mit internationalen Organisationen, multinationalen Einsatzkräften und nichtstaatlichen Akteuren zu berücksichtigen. Das entsprechende Arbeitspapier des JCS wird im Frühjahr 2016 erwartet. Bild: Wikimedia Luftwaffe von Mexiko aufkeimenden Drogenindustrie. In Anbetracht der Grösse Damals war die Luftwaffe des Landes nehmen die mexi- eher eine Heeresfliegerkraft. kanischen Luftstreitkräfte eher Mittlerweile haben sich die Prioritäten verschoben. Die einstigen Aufgaben bleiben, doch die Luftwaffe fliegt zusätzlich auch Katastrophenhilfeeinsätze und in humanitären Hilfsoperationen. Auf der Basis einer Entscheidung Ja es gibt sie, die mexikanische Luftwaffe. der mexikanischen Bild: Fueza Aerea Mexicana Regierung kam die Armee 2006 für bescheiden aus. Es ist nicht nur die Bekämpfung ausufernder so, dass nur wenig über sie be- Kriminalität zum Einsatz. Worichtet wird. Es gibt nämlich für wiederholt Unterstützung nicht viel zu berichten. durch die Luftwaffe angeforErst in den 1980er Jah- dert wurde. Dann wurden die ren erfolgten Modernisierungs- Mängel ihrer Ausrüstung auf schritte, die unter anderem in einmal bewusst und bekannt. der Beschaffung von 12 Jagd- Seit den 1990ern fanden nämbombern des Typs F-5 E/F, liche keine neueren Beschaf88 Pilatus Trainern PC-7, 30 fungen statt. Bell AB-212 Helikoptern und Mexiko reagierte und beeinem Transportflugzeug C- schaffte leichte Transporter 130A Hercules ihren Nieder- Casa C-295 und Alenia C-27J schlag fanden.Viele dieser Flug- Spartan sowie vier Boeing 737. zeuge stehen bis heute im Ein- Die jüngsten Beschaffungen satz. Zum Zeitpunkt vor der sind zwölf Cougar EC-725 von Modernisierung lag der Fokus Boeing. Auch bezüglich dem der Einsätze der Luftwaffe auf Kauf eines Transportflugzeugs Terrorbekämpfung – ja: in A 400M stehen Mexiko und der 1970ern und 1980ern ein Boeing in Verbindung. weltweites Problem – auf dem Pascal Kohler, Schutz der Erdölförderung soHenrique Schneider wie auf die Bekämpfung der Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 55 Geschichte Der Weg nach Suez – Israels Sinai-Feldzug 1956 Im israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948/49 hatte der jüdische Staat den arabischen Nachbarstaaten eine schwere Niederlage beigebracht. Würden die arabischen Staaten eine solche Demütigung auf sich sitzen lassen? Israels Führung war skeptisch. Tatsächlich deutete sich schon Mitte der 1950er Jahre eine «zweite Runde» im arabisch-israelischen Konflikt an. Marcel Serr Dieses Jahres jährt sich der Ausbruch des Sinai-Feldzugs im Oktober 1956 zum 60. Mal. Dies gibt Anlass, die Geschehnisse, die zum Ausbruch des Krieges geführt haben, Revue passieren zu lassen. Der Weg zum Sinai-Feldzug Israels sicherheitspolitische Lage war in den Jahren nach 1949 prekär geblieben. Ägypten blockierte die Nutzung des Suezkanals sowie der Strasse von Tiran für israelische Schiffe. Darüber hinaus erwies sich die Infiltration durch Araber, die im Krieg 1948/49 geflohen waren und nun in den arabischen Anrainerstaaten lebten, als bestimmendes Sicherheitsproblem. Israel reagierte darauf mit militärischen Vergeltungsschlägen gegen die Nachbarstaaten. Am 28. Februar 1955 löste ein solcher Überfall Israels auf den Gazastreifen eine Eskalationsspirale aus, die letztlich zum Sinai-Feldzug führen sollte. Die Leichtigkeit, mit der es den Israel Defense Forces (IDF) gelungen war, das ägyptische Militär in diesem nächtlichen Angriff zu überrumpeln, war eine schwere Demütigung für das Militärregime unter Gamal Abdel Nasser. Als Reaktion darauf baute der ägyptische Geheimdienst eine Guerillatruppe aus palästinensischen Flüchtlingen auf (sog. Fedajin), die ab Sommer 1955 Operationen im israelischen Grenzgebiet durchführte. Darüber hinaus rüstete Kairo durch Waffenlieferungen aus der Tschechoslowakei in bisher ungekanntem Masse auf. Israel sah sich genötigt, Gegenmassnahmen zu ergreifen. Zum einen bemühte sich Jerusalem um neue Waffen. Dabei wurde man in Paris fündig. Zum anderen wurden konkrete Pläne für einen Angriff 56 in Algerien. Mit der Verstaatlichung des Suezkanals war das Mass voll. Immerhin stellte der Kanal den schnellsten Seeweg für Öltransporte vom Persischen Golf nach Europa dar. Daher begannen Paris und London mit der Planung einer Militäroperation. In dieser Situation sah Jerusalem die Chance, Ägypten gemeinsam mit europäischen Mächten anzugreifen. Eine Kooperation bot erhebliche Vorteile: Die Konzentration französischer und britischer Truppen im Mittelmeer zog ägyptische Kräfte aus dem Sinai ab. Auf der diplomatischen Ebene versprach sich Israel den als notwendig erachteten internationalen Rückhalt bei einer Militäroperation. Israel intensivierte zunächst die Beziehungen zu Frankreich, das die Schlüsselrolle in der trilateralen Anti-Nasser-Allianz spielen sollte. Zunächst musste Grossbritannien überzeugt werden. Aufgrund der kolonialen Vergangenheit und den Bündnisverpflichtungen in der arabischen Welt stand London den arabischen Staaten grundsätzlich näher als Israel und wollte daher nicht offen mit dem jüdischen Staat kooperieren. Deshalb bestand London auf eine geheime Übereinkunft. Letztlich überzeugte der stellvertretende französische Stabschef MauBild: Wikipedia; Department of History, U.S. Military Academy. rice Challe Grossbriauf Ägypten geschmiedet. Doch letztlich entschied sich Israels Führung im Januar 1956 vorerst gegen einen Angriff. Zu schwer wog die Befürchtung, dass eine solche Aktion die westlichen Mächte (und damit Israels Waffenlieferanten) gegen den jüdischen Staat aufbringen würden. Nassers Verstaatlichung des Suezkanals am 26. Juli 1956 rief jedoch Grossbritannien und Frankreich auf den Plan – die mehrheitlichen Anteilseigner der Betreibergesellschaft. Nasser war Paris und London ohnehin ein Dorn im Auge. Für Grossbritannien war dessen Panarabismus eine Gefahr der eigenen Interessen im Nahen Osten. Frankreich missbilligte Kairos Waffenlieferungen an die Aufständischen Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 tanniens Premierminister Anthony Eden, dass ein Einfall Israels im Sinai den idealen Vorwand für eine britisch-französische Besetzung des Suezkanals liefern würde. Doch Israels Regierungschef David Ben-Gurion blieb bezüglich einer Zusammenarbeit mit Grossbritannien äusserst skeptisch. Seinem Misstrauen gegenüber London war es geschuldet, dass die geheimen Bündnisabsprachen im französischen Sèvres zwischen dem 22. und 24. Oktober 1956 in einem Vertrag schriftlich fixiert und unterzeichnet wurden. Es wurde beschlossen, dass Israel in den Sinai einfällt. Die britische und französische Regierung würde Ägypten und Israel in Form eines Ultimatums dazu auffordern, die Kriegshandlungen einzustellen und eine temporäre Besetzung des Kanals durch britisch-französische Truppen zu akzeptieren, um die fortwährende Passage des Kanals zu gewährleisten. Israel würde die Forderungen annehmen, während Nasser sie sehr wahrscheinlich ablehnen würde. Dies würden britische und französische Truppen als Vorwand nutzen, um den Suezkanal einzunehmen. Während London und Paris das Ziel verfolgten, Nassers Regime zu stürzen und den Suez-Kanal wieder unter Kontrolle zu bekommen, konzentrierte sich Israels Interesse auf den Sinai. Aufgrund der mangelnden strategischen Tiefe Israels bot die Halbinsel, die dreimal grösser ist als Israels Staatsgebiet, eine hervorragende Pufferzone. Zudem würde der Suezkanal den Grenzschutz vereinfachen, da der Kanal eine natürliche Barriere darstellt und die Länge der Grenze von rund 270 auf 160 Kilometer verkürzt. Ferner würde eine Eroberung des Sinai die Kontrolle der Strasse von Tiran ermöglichen. Gleiches gilt für den Gazastreifen – eine der Hauptquellen palästinensischer Infiltration und Ausgangsbasis für die ägyptischen Guerillas. Die militärischen Fähigkeiten Israels und Ägyptens In den Jahren nach dem Unabhängigkeitskrieg 1948/49 waren die israelischen Streitkräfte zu einer professionellen Armee ausgebaut worden. Den Kern bildete eine zahlenmässig kleine Gruppe von Berufssoldaten (1956 ca. 11000 Mann), die die Leitung, Planung, Organisation und Ausbildung der Streitkräfte übernahmen sowie die Mehrheit in den technisch anspruchsvolleren Waffengattungen Luftwaffe und Marine stellten. Die Wehrpflichtigen machten etwa 30 Prozent der verfügbaren Mannstärke aus. Den Grossteil der IDF stellten die Reservisten. 1956 war die IDF in der Lage, innerhalb von 12 Stunden 60 000 Männer und Frauen zu mobilisieren und innerhalb von 48 Stunden 250 000. Die gesellschaftliche Verankerung der IDF und das hohe Prestige der Streitkräfte trugen zur aussergewöhnlichen Moral der israelischen Soldaten bei. Dies gepaart mit hohen Ausbildungsstandards machte die israelischen Streitkräfte zu einer ausserordentlich schlagkräftigen Streitmacht. Die Performance der ägyptischen Streitkräfte im vorangegangenen Waffengang mit Israel 1948/49 war unbefriedigend gewesen. Der Putsch der Freien Offiziere um Nasser und die Errichtung des Militärregimes 1952 hatte weitreichende Folgen für Ägyptens Streitkräfte. Die oberste Riege des Militärs wurde ausgetauscht. Die frei gewordenen Posten wurden mit loyalen Anhängern besetzt. Militärische Kompetenz spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Darüber hinaus waren der Ausbildungstand, die Motivation und die Moral der Soldaten unterdurchschnittlich. Insgesamt waren die ägyptischen Streitkräfte den IDF daher qualitativ deutlich unterlegen. Hinsichtlich des militärischen Materials verfügte Ägypten durch die Ankunft der sowjetischen Waffensysteme 1955/56 für eine kurze Zeit über deutliche Vorteile. Allerdings mussten die neuen Waffensysteme zunächst von den Streitkräften absorbiert werden. So mussten beispielsweise Piloten und Techniker an den MiG-15 ausgebildet werden, bevor sie einsetzbar waren. Angesichts des niedrigen Ausbildungsstandards der ägyptischen Streitkräfte stellte dies ein langwieriges Unterfangen dar. Im Herbst 1956 waren die neu er- Israelisch-ägyptische Grenze bei Nizzana/ Israel. Bild: Autor worbenen Kampfmittel daher zum Grossteil noch nicht einsatzbereit. Gleichzeitig verdoppelte Israel seine Verteidigungsausgaben und rüstete mit französischer Hilfe massiv auf. Nach Ankunft der französischen Waffen waren die IDF den Streitkräften Ägyptens materiell wieder ebenbürtig. Für den Sinai-Feldzug sollte Israel rund 50000 Mann und 200 –250 Panzer zum Einsatz bringen. Ägypten hatte gewöhnlich den Grossteil seiner Streitkräfte auf der Sinaihalbinsel stationiert (60000 Mann). In der Folge der Verstaatlichung des Suezkanals und der Konzentration britischer und französischer Truppen in Malta und Zypern zog Nasser jedoch die Hälfte der Truppen ab und brachte sie im Nildelta in Stellung. Im Oktober 1956 waren daher lediglich rund 30000 ägyptische Soldaten und 150 –200 Panzer im Sinai stationiert. Kriegsverlauf Am 29. Oktober startete Israel den Angriff auf Ägypten (Operation Kadesh). Die Offensive begann mit dem Absprung von Fallschirmjägern über dem Mitla Pass, rund 50 km östlich des Suezkanals. Eine weitere IDF-Kampfgruppe griff derweil die schwer gesicherten ägyptischen Positionen bei Umm Katef-Abu Ageilah im Zentrum der Sinai-Front an. Am 30. Oktober stellten Grossbritannien und Frankreich das abgesprochene Ultimatum an Israel und Ägypten. Erwartungsgemäss lehnte es Ägypten ab, woraufhin die Alliierten am Abend des 31. Oktober mit dem Bombardement der Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 57 Geschichte ägyptischen Luftwaffenstützpunkte begannen. Nasser verstand, dass den Luftschlägen ein amphibischer Angriff folgen würde und ordnete am 1. November den Rückzug der Truppen vom Sinai an, um seine Streitkräfte in Kairo und am Suezkanal zu konzentrieren. Der Befehl löste Chaos aus, sodass die Israelis den ungeordnet fliehenden Ägyptern schwere Verluste beibringen konnten. Währenddessen griffen die IDF den Gazastreifen und die Gegend um El-Arisch an, um dann an der Mittelmeerküste gen Suezkanal vorzudringen. Am östlichen Ufer des Sinai setzten sich die IDF Richtung Sharm El-Sheikh in Bewegung. Mit der Einnahme dieser Südspitze des Sinai am 5. November endete Israels Feldzug. Innerhalb von 100 Stunden hatten die IDF die gesamte Halbinsel und den Gazastreifen besetzt und den Ägyptern schwere Verluste zugefügt: 1000 Gefallene, 4000 Verwundete, 6000 Gefangene. Die Israelis hatten dagegen 189 Gefallene sowie 900 Verwundete zu beklagen. Am Morgen des 5. November landeten die britischen und französischen Truppen in Port Said und Port Fuad am nördlichen Ende des Suezkanals und rückten gen Sü- den entlang des Kanals vor. Da die Ägypter den Weg entlang des Suezkanals nicht wesentlich blockiert hatten, konnten britische Panzerverbände bis al-Kap nach Süden vordringen. Erst politischer Druck aus den USA führt zum Stopp des Vormarsches und zu einem Waffenstillstand am 7. November. Die Folgen Aufgrund massiven Drucks der USA und unverhohlenen Drohungen der Sowjetunion mussten sich die IDF wieder aus dem Sinai zurückziehen. In Jerusalem war man von der Reaktion Washingtons überrascht. Doch im Weissen Haus befürchtete man, dass die Besetzung des Suezkanals die arabische Welt in die Arme der Sowjetunion treiben würde. Schliesslich wurde im März 1957 eine UN-Peacekeeping-Truppe im Sinai stationiert. Ägypten bewilligte deren Einsatz, behielt sich aber das Recht vor, jederzeit den Abzug zu verlangen. Israels Bilanz des Sinai-Feldzugs fällt gemischt aus. Der IDF war ein beeindruckender militärischer Erfolg gelungen. Obgleich die ägyptische Armee aufgrund ihres Rückzuges nicht vernichtend geschlagen worden war, konsolidierten die IDF ihren Ruf als schlagkräftigste Streitkraft der Region. Zudem war die Strasse von Tiran für israelische Schiffe geöffnet worden. Mit dem Einsatz der UN wurde die Halbinsel de facto demilitarisiert. Dadurch genoss Israel eine Dekade relativer Ruhe an der Front zu Ägypten. Doch der politische Mehrwert der Kampagne hielt sich in Grenzen. Weder führte der Feldzug zur Absetzung Nassers noch zur langfristigen territorialen Expansion. Im Gegenteil: Nasser nutzte die Gunst der Stunde, um sich als heroischen Widerstandskämpfer gegen den westlich-israelischen «Imperialismus» zu inszenieren, was sein Prestige in der arabischen Welt erheblich vergrösserte. Insofern ging Israels gefährlichster Gegner sogar gestärkt aus dem Konflikt hervor. ■ Marcel Serr Magister Artium IL-Jerusalem/Israel Mit Ihrer Werbung treffen Sie bei uns immer ins Schwarze! Telefon: 044 908 45 61 58 Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Verlag Equi-Media AG Brunnenstrasse 7 8604 Volketswil Sicherheit Schweiz www.asmz.ch SOG Herzlich willkommen! Zwischen September 2015 und Februar 2016 wurden die untenstehenden Angehörigen der Armee zu Leutnants brevetiert. Präsident und Vorstand der Schweizerischen Offiziersgesellschaft sowie Redaktion und Verlag der ASMZ gratulieren ganz herzlich und wünschen diesen Offizieren viel Erfolg und Befriedigung in ihrer Offizierslaufbahn. Wir freuen uns natürlich ganz besonders darauf, dass viele von ihnen Mitglied einer Offiziersgesellschaft und sehr bald zu regelmässigen Lesern der ASMZ werden. BOA Aargau: Bühler Noel, Hauri Simon, Hug Raphael, Hunziker Patrick, Lehmann Kevin, Mayer Kai, Meier Stefan, Németh Daniel, Rey Livio, Roggwiller Cedric, Ruef Francis, Schaller Nicolas, Schatzmann Thiery, Suter Lukas, Urben Andreas, Weber Luca, Wolff Leonard, Wunderlin Dennis, Hutter Tobias, Sacchet Maximilian, Schoch Kenneth, van Haaften Joel / Bern: Affolter Silvio, Auer Nicolas, Bär Oliver Lukas, Bergmann Matthias, Bieri Christof, Blindenbacher Olivier Eric, Bürki Eric Markus, Burri Julien, Cosi Fabio, Dänzer Manuel, Demeny Peter, Duppenthaler Florian, Duss Mirko, Feller Michael, Frautschi Sebastian, Froidevaux Michel Ulysse, Fund Daniel Fabian, Gagnebin Régis, Hadorn Thomas, Hagmann Mirco, Hostettler Fabian, Isler Michel, Jung Denis, Kinsbergen Maurits Joseph, Krebs Pascal Dominique, Küchler Stefanie, Marti Christian, Masshardt Patric, Müller Jakob, Nardella Vincent, Ott Thomas Herbert, Pauli Raphael, Pfister Nathan, Probst Louis Leonard, Reber Erik, Reber Luzia, Rösli Marie-Louise, Rufener Michael, Salas Ramos Mario Carlos, Schober Benjamin Björn, Schweizer Richard Peter, Steiner Benjamin Micha, Strate Marco Andreas, Strebel Andreas Peter, Stucki Stefan Friedrich, Verdon Aurélien, von Grünigen Sebastian, Wettstein Yannick Thomas, Wieck Lukas Mathis / BaselLand: Bolliger Lukas, Doppmann Pascal, Düblin Nathanael, Glatz Jonas, Gsell Raphael, Hürlimann Kilian, Jauslin Lukas / Basel-Stadt: Balmer Bruno, Imhoff Dominik, Mongiat Michel, Nold Caspar, Ott Michael, Özhan Erdal, Sarasin Benjamin, Schaller Cyrill / Freiburg: Barbey Arnaud, Brügger Mischa, Cerruela Nicolas, Dousse Chloé, Genoud Gaëtan, Handschin Jean-Louis Joseph, Herren Daniel, Ryser Yannis, Schwaller Lukas Emanuel, Wiederkehr Philipp / Genf: Akaaboune Mohamed, Baechler Santiago, Bürki Fédéric, Cheneval Robin, Gaud Jean-Louis, Golay Kevin, Hagemann Gabriel, Perdikis Konstantinos, Renaud Julien, Tanner Mathias / Graubünden: Brechbühler Luca, Graf Pascal, Lauener Francis, Schmid Sandro, Schwarz Sascha, Stecher Gian-Luca, Thevalakattu Sibin / Jura: Girardin Stéphanie / Luzern: Bajor David, Berger Sebastian, Bitterli Silvan, Cerri Sandro, Fuchs Lea, Glaus Marcel, Graber Sven, Grüter Alain, Günter Joel, Huber Fabian, Marti Noah, Müller Lino, Odermatt Sebastian, Schwestermann Steven / Neuenburg: Houriet Jean-Félix, Kühni Fabian, Tardy Arnaud / Nidwalden: Allgäuer Julius, Steiner Sandro, Zumbühl Adrian / Obwalden: Wolf Kevin / Sankt Gallen: Bernhardsgrütter Joël, Bruggmann Yves, Eisenring Silvan, Enderlin Andreas, Fornasier Sandro, Gaura Haris, Hafner Moritz, Hanselmann Joel, Hollenstein Samuel, John Yannik, Melzer Philip, Nadig Silvan, Rutishauser Dave, Schneider Josua, Schreyer Jean François, Sutter Lewin, Thalparpan Nino, Tschallener Manuel, Wegmann Kai, Zimmermann Luca / Schaffhausen: Biedermann Patrick, Kiarostami Pascal, Müller Cyrill Aramis, Pfister Mathias Sebastian, Storrer Luca / Solothurn: Adler Dominik, Baumgartner David, Bühlmann Cédric, Ernst Benjamin, Ernst Janine, Imperiali Luc, Kaufmann Géraldine, Njezic Bojan, Nünlist Stefan, Nussbaumer Kilian, Palermo Alessio, Panzeri Dario, Schuler Stephan, Stanossek Yves, Witzig Willy, Ziegler Rick / Schwyz: Bolli Colin, Gössi Flavio, Hüppin Matthias Alois, Pollock Bruce, Rada Mario Dino / Thurgau: Bosshard Marc, Hotz Felix, Huber Domenik, Müller Andreas, Neuenschwander Marcel, Raimann Christian, Ueltschi Joel / Tessin: Antognoli Luca, Broggi Carlo, Caglioti Marco, Dick Fabio, Filippini Enea, Giovanelli Davide, Hak Pascal, Heller Ian, Luppi Alessandro, Moor Marco, Romanelli Alessandro, Sauer Christian, Schär Nicola, Tengattini Cesare, Zaccheo Axel / Uri: Schuler David / Waadt: Aeby Logan, Beck Thibaud, Bergaz Sébastien, Bongard Julien, Demal Sacha, Dizerens Guillaume, Falk Grégory, Gheller Franco, Gilliand Loris, Guillemin Xavier, Gysler Fabio, Heiniger Jérémie, Hugonnet Jeremy, Lämmler Bartimée, Lüdi Urs, Luppi Matteo, Monnin Alexandre, Moreillon Léonhard, Novello Valentin, Regazzoni Dario, Ribeiro Daniel, Ribotel Mike, Sauvain Raphaël, Sebastiani Alexandre, Strambaci Alessandro, Vonnez Lucie, Waldmeyer Damien, Widmer Matthieu / Wallis: Botana Juan José, Dubuis Jean-Baptiste, Monnet Jean-Marc, Moulin Juan, Pepaj Berat, Pereira Felix, Prüter Caroline, Rochat Vincent, Santos Reginaldo, Schmid Simon, Siegfried Boris / Zug: Buzzi Raphael, Gertsch Roman, Jung Benedict, Koch Adrian, Meier Michele / Zürich: Afuzi Arben, Badertscher Dominik, Benz Jonathan, Bilkei Martin, Buovac Rafael, Delay Cyrill, Dondras Karlo, Dürig Alexander, Ehrensperger Gian, Forster Alexander, Freudiger Raphael, Gerber Patrick, Heckendorn Florian, Huber Lukas, Huldi Thomas, Kistler Daniel, Kläy Simon, Klöti Simon, Lisibach Felix, Lüthi Cédric, Maag Corsin, Meier Benjamin, Meier Simon, Merseburger Lukas, Müller Patrick, Mürner Lorenz, Raiser Sandro, Rösti Dominik, Ruf Fabienne, Sandtner Cedric, Schoch Alexander, Schwegler Niklaus, Senn Michael, Strehler Yannik, Theurillat Tim Ruwen, Vetsch Olivier, Vogler Michael, Vontobel Jan, Watkins Dylan, Weber David, Winkler Manuel, Wolf Nikolas, Ziereisen Michael, Zufferey Roch ■ Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 59 Vermischtes Änderung der Verordnung über die Fahrzeuge des Bundes Für bestimmte Personenkategorien wie Staatspersonen des Auslands sowie gewisse Personen innerhalb und ausserhalb der Bundesverwaltung (z.B. Bundesrat, PräsidentInnen der Bundesgerichte, PräsidentInnen des National- und Ständerates) und ausschliesslich zu Repräsentationszwecken, können heute gepanzerte Fahrzeuge (sogenannte Sonderschutzfahrzeuge) mit speziell ausge- bildeten und mit der Dienstwaffe ausgerüsteten Militärpolizisten eingesetzt werden. In der Regel verfügen die dafür zuständigen Kantone selbst weder über eigene Sonderschutzfahrzeuge noch über entsprechend ausgebildete Fahrzeugführende. Durch die Verordnungsrevision werden die berechtigten Personenkategorien sowie der Verwendungszweck ausgebaut. Ausnahmsweise und nur bei aussergewöhnlichen Gefahrenlagen kann der Bundessicherheitsdienst neu für alle besonders gefährdeten Personen im Verantwortungsbereich des Bundes und auch ohne Repräsentationszweck Sonderschutzfahrzeuge einsetzen. Dies allerdings ausschliesslich dann, wenn es die Lage unbedingt erfordert und die primär dafür zuständigen kantonalen Behörden solche Trans- porte nicht selbst wahrnehmen können. Die Transporte erhöhen die objektive Sicherheit und gleichzeitig auch das subjektive Sicherheitsgefühl der betroffenen Schutzperson. Es liegt im Interesse des Bundes, dass bei allen gefährdeten Schutzpersonen in seinem Verantwortungsbereich sichere Transporte durchgeführt werden können. dk Kkdt Dominique Andrey militärischer Berater des Chefs VBS Per 1. April wird Korpskommandant Dominique Andrey militärischer Berater Chef VBS. Andrey hat an der EPFL Lausanne technische Wissenschaften studiert und promovierte zum diplomierten Bauingenieur EPFL und anschliessend zum Doktor ès sciences techniques. 1987 trat er in das Instruktionskorps der Festungstruppen ein und kommandierte ab 1996 die Festungsartillerie-Rekrutenschulen in Sitten. Von 1998 bis 1999 besuchte Andrey das Collège interarmées de Défense in Paris, um anschliessend von 1999–2000 im Planungsteam der Armee XXI in der Untergruppe Planung des Generalstabes eingesetzt zu werden. Im Jahre Kkdt Dominique Andrey. Bild VBS-DDPS 2000 war er Kommandant der Festungsoffiziersschule in St. Maurice. Von 2001 bis 2003 wurde er als Referent für das Heer beim Chef VBS eingesetzt. Andrey war von 2004 bis 2005 Chef des Heeresstabes. Auf den 1. Januar 2006 wurde er zum Chef des Personellen der Armee (J1) im Führungsstab der Armee ernannt unter gleichzeitiger Beförderung zum Brigadier. Per 1. Januar 2008 erfolgte die Ernennung zum Kommandant Heer unter gleichzeitiger Beförderung zum Korpskommandanten. Auf den 1. Januar 2012 wurde ihm zusätzlich zur Funktion Kommandant Heer die Stellvertretung des Chefs der Armee übertragen. Als Militärischer Berater des Chef VBS wird Korpskommandant Andrey den Departementsvorsteher VBS in den wichtigsten Geschäften der Armee, den laufenden Grossprojekten sowie sicherheitspolitischen Fragestellungen persönlich beraten. Die mit seiner Ernennung vakant werdende Funktion des Kommandanten Heer und die Stellvertretung des Chefs der Armee werden vom Bundesrat zu einem späteren Zeitpunkt und unter der Berücksichtigung sämtlicher Aspekte der Weiterentwicklung der Armee (WEA) geregelt. dk Positive Bilanz zum Sicherungseinsatz am WEF 2016 Der Einsatz der Armee im Rahmen der Sicherheitsmassnahmen rund um das WEF 2016 verlief reibungslos und ohne gravierende Zwischenfälle oder Unfälle. Der Einsatz verlief zur vollen Zufriedenheit der zivilen Behörden. Die Luftwaffe verzeichnete zwei Regelwidrigkeiten im eingeschränkten Luftraum in der Schweiz. Sämtliche Aufträge in der Luft und am Boden konnten jederzeit erfüllt werden. Erneut konnten Businessjets direkt den Militärflugplatz Dübendorf anfliegen. Dabei wurden 23 Jets 60 mit rund 70 Passagieren abgefertigt. Seit dem 15. Januar 2016 standen durchschnittlich 4124 Milizangehörige der Armee zu Gunsten des Kantons Graubünden im Assistenzdienst. «Die Armee hat einen unverzichtbaren Beitrag zum Gelingen des WEF-Jahrestreffens geleistet», dankt Christian Rathgeb, Regierungspräsident des Kantons Graubünden. Die Truppen hätten ihren Einsatz zur vollen Zufriedenheit der zivilen Behörden geleistet. Oberst Walter Schlegel, Kommandant der Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 Kantonspolizei Graubünden und Gesamteinsatzleiter, hebt die auf allen Stufen reibungslose Zusammenarbeit hervor: «Der gemeinsame Einsatz von Polizeikräften aus der ganzen Schweiz und der Armee ist ein ausgezeichnetes Beispiel des gelebten Sicherheitsverbundes.» Auch Divisionär JeanMarc Halter, Kommandant des subsidiären Sicherungseinsatzes der Armee, zieht eine positive Bilanz: «Unsere Soldaten haben ausgezeichnet gearbeitet. Sie waren konzentriert bei der Sache und haben mit Kopf und Herz die Leis- tungsfähigkeit unserer Milizarmee bewiesen. Dieses positive Gesamtbild wird auch durch den bedauerlichen Drogenmissbrauch einiger weniger Armeeangehöriger nicht getrübt.» Die Luftwaffe führte nebst dem Luftpolizeidienst auch Überwachungsflüge und Lufttransporte durch. Die Bodentruppen erbrachten insbesondere Leistungen im Aufbau und Betrieb der Sicherheitsinfrastruktur, im Personenschutz, für die Zutrittskontrollen, in der Logistik und in der Führungsunterstützung. dk Vermischtes Echo aus der Leserschaft Die WEA – kein faules Ei! In der letzten ASMZ (Vermischtes) hat Willi Vollenweider eine Brandrede gegen die WEA gehalten, die allerdings so viele Verdrehungen enthält, dass sie nicht einfach im Raum stehen gelassen werden darf. 1. Bei der WEA handelt es sich nicht um eine Armee-Halbierung. Halbiert wird der Sollbestand der Armee. Dieser ist eine Planungsgrösse, der alle Funktionen der Armee umfasst (z.B. Kdt Inf Kp x/y). Zu berücksichtigen ist aber auch der Effektivbestand: die in der Armee tatsächlich eingeteilten und Dienst leistenden AdA (z.B. Hptm Muster). Der Effektivbestand wird künftig rund 140 000 AdA umfassen. So wird sichergestellt, dass 100 000 Sollbestandesplätze im WK und in Einsätzen alimentiert werden und die Armee ihre Leistungen erbringen kann; 2. Die heutige Armee ist massiv unteralimentiert. Gemäss Armeeauszählung umfasste der Effektivbestand 2015 rund 170 000 AdA; derjenige der aktiven Komponente der Armee (exkl. Reserve) lag mit rund 129 000 AdA noch tiefer. Damit lassen sich die heutigen Verbände nicht ausreichend alimentieren; Unterbestände in den WK sind die Folge. Wird diese Entwicklung nicht korrigiert, so wird sich die Situation in Zukunft weiter verschärfen; 3. Die Behauptung, es sei vorgesehen, die LW dem HE zu unterstellen, entbehrt jeglicher Grundlage. Die LW wird – gleich wie die anderen Gs Vb – dem Komman- Bericht zur Zukunft der Artillerie In Erfüllung eines Postulates der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerates vom 4. Juli 2011 hat der Bundesrat einen Bericht zur Zukunft der Artillerie vorgelegt. Dieser Bericht stellt in allgemeiner Form Wirkung und Bedeutung des indirekten Feuers auf dem modernen Gefechtsfeld dar. Zudem beschreibt er das Gesamtsystem Artillerie, welches diese Wirkungen erbringt, und für die Schweiz bedeutende Entwicklungstendenzen ausländischer Streitkräfte. Vor diesem Hintergrund wird die Weiterentwicklung der Artillerie der Schweizer Armee dargelegt: zuerst die zu berücksichtigenden Rahmenbedingungen, anschliessend die möglichen einzuschlagenden Richtungen. Der Auftrag der Sicherheitspolitischen Kommission des Stän- derats stand im Zusammenhang mit der Ratifikation des Übereinkommens über Streumunition, und die Kommission wünschte Auskunft über die Perspektiven zur Entwicklung der Artillerie. Der Bundesrat erachtete es als notwendig, das für die Armee bedeutende Thema der indirekten Feuerunterstützung eingehender darzustellen, als dies in der Botschaft zur Weiterentwicklung der Armee möglich gewesen wäre, und hat deshalb einen separaten Bericht verfasst. Dieser hat einen zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang mit dem Rüstungsprogramm 2016 als Teil der Armeebotschaft 2016, in dem die Beschaffung eines Mörser-Systems beantragt wird. dk www.vtg.admin.ch do Operationen unterstellt. Dieses stellt die operative Führung sicher; die unterstellten Verbände führen taktisch; 4. Auch in der Armee 61 war es nicht möglich, «das Gros der Armee innert einem bis zwei Tagen» zu mobilisieren. Der eigentlichen Mobilmachung gingen längere vorsorgliche Massnahmen (CAPO) voraus. Die WEA dagegen sieht vor, bei überraschend eintretenden Ereignissen bis 35 000 AdA innert zehn Tagen aufzubieten und einzusetzen: aus dem Stand! Zudem dauert es nicht zehn Tage, bis die ersten AdA einrücken, sondern Aufgebot und Einrücken der Truppen erfolgen schrittweise. Ein bewaffneter Konflikt wäre sicherlich nicht ein völlig überra- schend eintretendes Ereignis, bei dem mit der Mob erst begonnen würde, wenn der Gegner schon an der Grenze steht. Die Weiterentwicklung der Armee hat sich mit Realitäten auseinanderzusetzen. Diese Realitäten schlagen sich in der Lagebeurteilung nieder. Relevante Faktoren sind u. a. das verfügbare Personal und nicht zuletzt die Finanzmittel, mit denen realistischerweise gerechnet werden darf. Als Offiziere sind wir, wie bei jeder Problemstellung, angehalten, die relevanten Faktoren seriös zu beurteilen und daraus die nötigen Konsequenzen abzuleiten. Polemiken helfen nicht weiter! Oberstlt Peter Braun 3007 Bern Alarmierung bei Katastrophe sichergestellt Anfang Februar ist in der gesamten Schweiz der jährliche Sirenentest durchgeführt worden. Mehr als 98 Prozent der Sirenen funktionieren einwandfrei. Bei den fehlerhaften Sirenen werden die Mängel behoben. Die Alarmierung der Bevölkerung bei einer Katastrophe bleibt sichergestellt. In der Schweiz gibt es zum Schutz der Bevölkerung rund 7800 Sirenen für den Allgemeinen Alarm; davon sind ca. 5000 Sirenen stationär und ca. 2800 Sirenen mobil eingesetzt. Von den stationären Sirenen werden ca. 570 als «Kombisirenen» gleichzeitig für den Allgemeinen Alarm und den Wasseralarm eingesetzt. Dank dem neuen Steuerungssystem POLYALERT können die Ergebnisse des Sirenentests erst- mals vollständig, einheitlich und zentral erhoben werden. Die erste Auswertung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz BABS zeigt, dass 98,3% der getesteten stationären Sirenen einwandfrei funktioniert haben. Bei insgesamt 81 Sirenen sind Fehler festgestellt worden. Dieses Ergebnis liegt im Bereich der Vorjahresergebnisse. Damit steht fest, dass die Migration auf das neue Steuerungssystem POLYALERT erfolgreich umgesetzt worden ist. Kantone und Gemeinden reparieren bzw. ersetzen die defekten Anlagen umgehend. Da die Sirenen jedes Jahr getestet und festgestellte Mängel im Anschluss behoben werden, kann die Funktionssicherheit auf sehr hohem Niveau gehalten werden. dk Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 61 Vermischtes Nathalie Falcone neue Generalsekretärin VBS GV KOG Zürich im Zeichen der Sicherheitslage Der Bundesrat hat Nathalie Falcone per 1. Februar 2016 zur neuen Generalsekretärin des Eidgenössischen Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) ernannt. Sie folgt auf Brigitte Rindlisbacher, welche in den vorzeitigen Ruhestand tritt. Falcone hat an der Philosophischen Fakultät der Universität Fribourg Altphilologie, Geschichte und Archäologie studiert und 1990 mit dem Lizenziat abgeschlossen. 1992 trat sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin ins damalige Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement ein, wo sie Ende 1994 die Funktion der Stellvertretenden Generalsekretärin übernahm. Nach einem Übertritt per 1996 ins Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement wurde ihr 1998 die Funktion als Stellvertretende Generalsekretärin im Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und For- An der Generalversammlung der kantonalen Offiziersgesellschaft Zürich überbrachten gleich vier Rednerinnen und Redner die Grussworte von Behörden und Organisationen. Die amtierende Zürcher Kantonsratspräsidentin Theres Weber dankte allen anwesenden Offizieren und der KOG für ihren Einsatz. Seit den Ereignissen in Paris vergangenes Jahr sei Sicherheit kein leeres Wort mehr. Als grosszügiger Gastgeber zeigte sich einmal mehr die Credit-Suisse, in deren Räumlichkeiten die Generalversammlung mit weit über hundert Teilnehmenden stattfand. Roger Zubler machte einen Tour d’horizon über das Vorsorgegeschäft. Für die Schweizerische Offiziersgesellschaft SOG überbrachte das Vorstandsmitglied Oberstlt i Gst Markus Ernst die Grüsse und stellte die Ziele der SOG für 2016 vor. In erster Linie geht es darum, der Weiterentwicklung der Armee WEA, die einige Verbesserungen erzielt hat, zum Durchbruch zu verhelfen. Das zweite Thema, dem sich die SOG verstärkt widmen will, ist der Zivildienst. Ein Bestand von rund zwei Bataillonen geht der Armee jährlich an den Zivildienst verloren. Kkdt Aldo Schellenberg, Kommandant der Luftwaffe, überbrach- Bild: VBS schung übertragen. In den Jahren 2008 bis 2012 war sie zudem Delegierte des Bundesrates für die Einführung eines einheitlichen elektronischen Geschäftsverwaltungssystems (GEVER Programm) in der Bundesverwaltung. Falcone verfügt neben der fundierten Ausbildung über eine erfolgreiche Berufs- und Führungserfahrung in der Bundesverwaltung und über sehr gute Kenntnisse der politischen Prozesse. Sie spricht neben ihrer französischen Muttersprache deutsch, italienisch und englisch. dk Änderung der Schiessverordnung Per 1. Januar 2016 hat die Verordnung vom 5. Dezember 2003 über das Schiesswesen ausser Dienst (Schiessverordnung) geändert. Die Schiessverordnung regelt die ausserdienstliche Schiesspflicht sowie die Durchführung von ausserdienstlichen Ausbildungskursen und freiwilligen Schiessübungen mit Ordonnanzwaffen und Ordonnanzmunition. Mit dieser Änderung wird das Jungschützenalter auf das 15. Altersjahr gesenkt und die Durchführung und Unterstützung der historischen Schiessen geregelt. Damit erfolgt eine Anpassung an die Zulassungskriterien für die ausserdienstlichen Tätigkeiten. Bisher konnten Schweizerinnen und Schweizer ab dem Jahr, 62 in dem sie das 17. Altersjahr vollenden, zu Jungschützenkursen zugelassen werden. Die unter 17-jährigen Jungschützinnen und Jungschützen dürfen die Leihwaffe nicht mit nach Hause nehmen. Die Schiessvereine sind für die sichere Aufbewahrung der Waffe verantwortlich. Zudem wird dem VBS die Kompetenz erteilt, die Voraussetzungen für die Durchführung und die Unterstützung von historischen Schiessen (z.B. Morgartenschiessen) zu regeln. Diese beliebten Schiessanlässe erinnern an ein wichtiges Ereignis aus der Geschichte der Schweizerischen Eidgenossenschaft und werden von Vereinen organisiert und durchgeführt. dk Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 te die besten Grüsse der Armeeführung und erinnerte, dass die Armee sämtliche Aufträge erfülle, aktuell während des WEF in Davos. KOG-Präsident Oberst i Gst Joel Gieringer führte zügig durch die Traktandenliste und orientierte unter anderem über das Strategiepapier zum Verhalten der KOG und ihrer Sektionen bei Abstimmungen und Wahlen. Alle Vorstandsmitglieder und die beiden Revisoren stellen sich für eine weitere Amtsdauer zur Verfügung. Lediglich beim Stiftungsrat der Zürcherischen Winkelriedstiftung steht eine Ablösung bevor. Nach 34 Jahren grossen Engagements hat Adj Uof Lorenz Strickler seinen Rücktritt angekündigt. In seinem Hauptreferat erläuterte der Zürcher Sicherheitsdirektor Regierungsrat Mario Fehr die aktuelle Sicherheitslage im Kanton. Sicherheit sei das wichtigste Gut für eine Gesellschaft. Das Thema werde zu einem der wichtigsten in den kommenden Jahren. Sein Referat endete er mit einem Aufruf, die WEA und das Nachrichtendienstgesetz zu unterstützen. Auf beides seien die Kantone angewiesen. dk www.kogzh.ch Vorführteams der Schweizer Luftwaffe auch 2016 präsent Auch im Jahr 2016 werden die vier Display Teams der Schweizer Luftwaffe – Patrouille Suisse, PC-7 TEAM, Super Puma Display Team und Swiss Hornet Solo Display – im In- und Ausland Präsenz markieren. Die Patrouille Suisse und das PC-7 TEAM werden von neuen Kommandanten geführt. Nach der Pensionierung von Oberstleutnant Daniel Hösli übernahm Oberstleutnant Nils Hämmerli per 1. Januar 2016 das Kommando über das JetTeam der Patrouille Suisse. Sowohl die Piloten als auch die Speaker bleiben der Patrouille Suisse erhalten. Neu dazu stösst Oberleutnant Lukas Nannini, der als Reservepilot auf Vermischtes die Northrop F-5 Tiger umgeschult wird. Die Patrouille Suisse fliegt Ende April nach ihrem zweiwöchigen Trainingskurs die erste Vorführung an der Patrouille des Glaciers. Insgesamt fliegt die Patrouille Suisse dieses Jahr 15 Auftritte, vier davon im Ausland. Das PC-7 TEAM fliegt anlässlich zweier Skirennen in alter Besetzung, bevor das Kommando zu Beginn des Trainingskurses am 18. April von Oberst Werner Hoffmann zu Oberstleutnant Daniel Stämpfli übergeht. Gleichzeitig tritt der erste Solist, Hauptmann Christoph Schneider, zurück. Neu zum Team stösst auf der Position «Turbo 3» Hauptmann Matthew Leavy. Hauptmann Marius Krüsi fliegt künftig als erster Solist, Hauptmann Mario Thöni wird zweiter Solist. Für das PC-7 TEAM stehen zwölf Vorführungen in allen Sprachregionen der Schweiz auf dem Programm. Dazu kommen drei Auslandeinsätze. Nach zwei Neueintritten im letzten Jahr bestreitet das Super Puma Display Team die Saison 2016 in unveränderter Besetzung. Das Team um Leader Oberstleutnant Lukas Rechsteiner absolviert seinen Trainingskurs vom 28. März bis am 1. April in Alpnach und zeigt am 23. April am HeliWeekend in Grenchen zum ersten Mal sein Können. Die drei Pilotenduos des Super Puma Display Teams fliegen dieses Jahr über ein Dutzend Shows in der Schweiz sowie drei im Ausland. Wann immer möglich, landet das Team vor Ort und steht dem Publikum für Fragen zur Verfügung. Auch beim vierten Vorführteam der Schweizer Luftwaffe gibt es keine Veränderung. Hauptmann Julien Meister fliegt 2016 bereits seine dritte Saison als Pilot des Swiss Hornet Solo Display. Der Waadtländer, welcher bei der Fliegerstaffel 17 in Payerne eingeteilt ist, ist in der kommenden Saison mit seiner F/A-18 in der Romandie zu sehen: so unter anderem in Bex und Murten. Dazu kommen zwei Auftritte in der Deutschschweiz und fünf im Ausland. dk www.lw.admin.ch Echo aus der Leserschaft ASMZ 01/02/2016: Welche Strategie für die EU? Der Artikel zur globalen Strategie der EU wirft drei Fragen auf: Zentralismusgefahr, Hegemonialstreben und sicherheitspolitischer Kompetenz der EU. Einige Passagen deuten auf eine Verstärkung zentralistisch-autoritativer Züge der EU hin. Mit mehr Zentralisierung «von oben», bei gleichzeitig beobachtbarer Zunahme der zentrifugalen Kräfte «von unten» könnte die EU aber plötzlich zum sicherheits- politischen Risiko für Europa werden. Wenn zweitens die GSVP der EU explizit die reine Sicherheitspolitik verlassen will, um sich auf eine erweiterte Aussenpolitik wie die Weltordnungspolitik zu konzentrieren, klingt da Hegemonialität an. – Was heisst das für die Unabhängigkeit der Schweiz? Und sind die ungewollten Konsequenzen erweiterter Aussenpolitik der EU gegenüber der Ukraine vergessen? Drittens stellt sich generell die Frage der sicherheitspolitischen Kompetenz der EU für die Region Europa. Eurokrise und ungeschicktes Agieren der EU in Migrationsfragen lassen gegenwärtig gefährliche Gelüste auf Wohlstand und Lebensraum anderer Staaten aufkommen: Verteilkämpfe um Steuersubstrat, Sozialleistungen, Hoheit über Grenzregulierung und die Forderung von Rechtssetzungs- und Gerichtskompetenz bei EU-Nichtmitgliedern sind die konfliktuösen Folgen. Die EU spielt dabei eine sicherheitspolitisch problematische Rolle. Zweifellos ist es sinnvoll, wenn Europa eine Strategie zur Abwehr sicherheitspolitischer Bedrohungen hat. Eine ganz andere Frage ist jedoch, ob es sinnvoll ist, damit die EU zu beauftragen. Hermann Dür, Oberleutnant a.D., Burgdorf Abo-Bestellcoupon ASMZ Zum Monatsanfang in Ihrem Briefkasten Sicherheit Schweiz Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift Herausgeber: Schweizerische Offiziersgesellschaft o o Jahresabo Fr. 78.– / Ausland Fr. 98.– Probeabo (nur Schweiz) 3 Ausgaben Fr. 20.– Preise inkl. MwSt. Name: Vorname: Strasse: Verlag Equi-Media AG, Brunnenstrasse 7, 8604 Volketswil Telefon 044 908 45 65, Fax 044 908 45 40 [email protected], www.asmz.ch PLZ/Ort: Datum/Unterschrift: Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 63 Bücher Rüdiger Wenzke Georg Pichler «Damit hatten wir die Initiative verloren» Gegenwart der Vergangenheit Berlin: Ch. Links-Verlag, 2014, ISBN 978-3-86153-809-7 Zürich: Rotpunktverlag, 2013, ISBN 978-3-85869-476-8 Die wohl grösste Frage des DDR-Zusammenbruchs ist, warum die SED-Führung vor dem Einsatz militärischer Gewalt zurückschreckte, obwohl ihre bewaffneten Organe noch durchaus funktionsfähig waren. Tiefere Ursache war, dass diese vor dem Hintergrund des zerbrechenden Ostblocks sich bereits in einer starken Sinnkrise befanden; ihre Stimmung war durch Ernüchterung und zunehmende Desillusionierung gekennzeichnet. Offiziere handelten nicht ohne Befehl, selbst deren Führung zauderte, Verantwortung über Einsätze gegen die Demonstranten zu übernehmen. Das Ende begann bereits im Oktober 1989 in Leipzig, wo eine bisher Lange Zeit galt der gesellschaftliche und von allen wichtigen politischen Kräften getragene Pakt, der nach Francos Tod 1975 die friedliche Transformation des Systems garantierte, als vorbildhaft. Erst im Zug einer verstärkten Auseinandersetzung mit dem Erbe der Vergangenheit verlor auch die transición ihren Nimbus des Tadellosen. Die im Jahr 2000 initiierten Öffnungen von Massengräbern des Bürgerkriegs und der unmittelbaren Nachkriegszeit sind wohl die bekannteste Seite der spanischen Auseinandersetzungen um das kollektive Gedächtnis. Erinnerungsorte und identitätsstiftende Symbole wie der Nationalkatholizismus oder das nie gekannte Menschenmenge von 70 000 Demonstranten in absoluter Friedfertigkeit die Armee und Polizei zurückdrängte und zugleich ein Blutbad verhinderte. Die nach dem Fall der Mauer vom ZK der KPdSU durchgeführten Umfragen unter der Sowjetarmee in der DDR kamen zu der Einschätzung, diese sei «unter moralisch-psychologischen Gesichtspunkten nicht zum bewaffneten Einsatz gegen die Zivilbevölkerung der DDR bereit». Man mag dies bezweifeln. Tatsache aber bleibt: ohne ihr Eingreifen brach die DDR wie ein Kartenhaus zusammen. Friedrich-Wilhelm Schlomann Die Kontroverse um Bürgerkrieg und Diktatur in Spanien von republikanischen Gefangenen für Franco errichtete Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen) auf der einen, die lange unterdrückte Erinnerung an das Exil oder der Widerstand innerhalb Spaniens auf der anderen Seite sind weitere Aspekte, auf die sich das gesellschaftliche Gedächtnis stützt. Georg Pichler trägt in seinem Buch die Debatten der letzten Jahrzehnte zusammen. Aus methodischer Sicht sind zwei Dinge bemerkenswert: der überdurchschnittlich häufige Gebrauch von Pressematerial und die Verwendung von Interviews zur Darstellung ganz unterschiedlicher Haltungen zur Vergangenheit. Philippe Müller Mihran Dabag/Kristin Platt Verlust und Vermächtnis Überlebende des Genozids an den Armeniern erinnern sich Paderborn: Ferdinand Schöningh, 2015, ISBN: 978-3-506-78148-2 Der Hauptteil des Buches ist den Berichten von Überlebenden des Genozids an den Armeniern während des 1. Weltkrieges gewidmet. Sie berichten von Deportationen, Todesmärschen, Hunger, unvorstellbarer Gewalt und bitteren Verlusten. Es sind erschütternde Schilderungen, welche die Grausamkeit aufzeigen, die an den Armeniern im Osmanischen Reich in den Jahren 1915/1916 verübt wurden. Ein Genozid umfasst Handlungen, die darauf zielen, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder zum Teil zu vernichten. Der Völkermord an den Armeniern war einer der ersten systematischen Genozide des 20. Jahrhunderts. Die 64 Armenier wurden zunächst in ihren Hauptsiedlungen entweder gleich dort von türkischen Polizisten oder kurdischen Hilfstruppen ermordet oder auf Todesmärsche über unwegsames Gebirge Richtung Aleppo geschickt. Die Jungtürken, eine politische Bewegung des Osmanischen Reiches, betrieben die systematische Vernichtung von Armeniern, welche als das älteste christliche Volk der Welt im Gebiet zwischen dem Hochland Ostanatolien und dem Südkaukasus heimisch waren. Zugleich sind die Armenier heute die Titularnation der heutigen Republik Armenien. Der Untertitel des Buches kennzeichnet die Schilderungen der Überlebenden, die aus Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift 03/2016 ihren Erinnerungen ein lebendiges Zeugnis des Völkermordes ermöglichen. Der Anhang zum Buch ist für das Verständnis des Geschehens von grosser Bedeutung. Zu den autobiographischen Erinnerungsberichten werden die befragten Personen kurz porträtiert. Der historische Rahmen schildert zuerst die Geschichte der Armenier vor 1915 sowie die Geschichte des Völkermordes von 1915/1916. In einem ausführlichen Glossar werden Erläuterungen zu allen verwendeten Begriffen gegeben, gefolgt von einem Verzeichnis aller Abbildungen, die das Buch illustrativ bereichern. Schliesslich können auf einer Karte des Osmanischen Rei- ches die Todesmärsche der Befragten mit Kilometerangaben verfolgt werden. Als persönliche Wertung möchte ich die Bedeutung des Buches für die historisch getreue Nachbetrachtung des Völkermordes an den Armeniern hervorheben. Die Ergebnisse der Befragungen von betroffenen Männern und Frauen zeichnen ein Bild, das uns den Genozid mit seinen grausamsten Methoden vor hundert Jahren aufzeigt und uns unweigerlich an den Völkermord an den Juden in der Zeit des Nationalsozialismus während des 2.Weltkrieges erinnert. Wer aus der Geschichte nichts lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen. Gregor Anton Roos Bücher Willi Birri Vom Himmel vergessen Lenzburg: Merker im Effingerhof, 2012, ISBN 978-3-85648-143-8 «Herr wo schaust DU hin wenn unsere Lungen bersten im Gas, DIR unser Todesschrei entgegenhallt?» Vor einem Vierteljahrhundert massakrierte der irakische Diktator Saddam Hussein Kurden mit Giftgas in Halabja. In diesem Jahr 2013 starben Syrer durch Giftgas in Zamalka. Und in anderen Ortschaften. Willi Birris eindringliche lyrische Auseinandersetzung mit dem Krieg und mit seinen Schrecken könnte nicht zeitgemässer sein. Wer denkt, humanitäres Engage- Nr. 03 – März 2016 ment sei sinnlos, wer glaubt, wir hätten in unserer Schweiz nichts zu verteidigen, weil wir ja von Freunden umzingelt seien, greife zu diesem eindringlichen Alterswerk des Aargauer Dichters und gehe in sich. Jürg Stüssi-Lauterburg 182. Jahrgang Impressum Präsident Kommission ASMZ Christoph Grossmann, Oberst i Gst a D, Dr. oec. HSG Chefredaktor Divisionär Andreas Bölsterli (BOA) Redaktionssekretariat ASMZ c/o Verlag Equi-Media AG Brunnenstrasse 7, CH-8604 Volketswil Telefon +41 44 908 45 60 Fax +41 44 908 45 40 E-Mail: [email protected] Stellvertreter des Chefredaktors Oberst i Gst Michael Arnold, lic. phil. II (AM) Anne Applebaum Der Eiserne Vorhang München: Sieder, 2013, ISBN 978-3-8275-0030-4 Anhand vieler erstmals zugänglicher Quellen und unzähliger Gespräche mit Zeitzeugen beschreibt die mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Autorin überaus detailliert, mit welchen Methoden der Kreml in den osteuropäischen Ländern nach der Besetzung bei Kriegsende die Sowjetisierung durchführte. Sieht man von den Verfolgten der NSZeit ab, war für die allgemeine Bevölkerung diese Zeit «nur der Beginn einer neuen Besetzung». Die allzu laue Haltung der West-Alliierten bei der Eingliederung annektierter Gebiete in die Sowjetunion verschweigt das Buch keineswegs. 1948 mussten die Kommunisten einsehen, dass ihr Versuch, durch Wahlen die Macht friedlich zu erreichen, gescheitert war. Staatsstreiche, Verhaftungen Andersdenken- der und Terror führten zum angestrebten Ziel. Stalin glaubte, durch kommunistische Propaganda und Erziehung könnte die Schaffung eines Homo Sowieticus möglich sein. Stattdessen wurde die Kluft zwischen Ideologie und rauer Wahrheit nur grösser und führte schliesslich zum Zusammenbruch der UdSSR. Friedrich-Wilhelm Schlomann Redaktion Oberst i Gst Andreas Cantoni (ac) Andrea Grichting Zelenka, lic. phil. (ga) Oberst Dieter Kläy, Dr. phil. I (dk) Major Pascal Kohler (pk) Hptm Christoph Meier (cm) Major Peter Müller, Dr. rer. pol. (pm) Hptm Daniel Ritschard, lic.oec.HSG (DR) Henrique Schneider, Prof. Dr. (Sc) Major Markus Schuler (M.S.) Oberstlt Jürg Studer (St) Oberstlt Eugen Thomann, lic. iur. (ET) Major Walter Troxler, Dr. phil. (Tr) Herausgeber Schweizerische Offiziersgesellschaft Verlag Verlag Equi-Media AG Brunnenstrasse 7, CH-8604 Volketswil Verleger: Christian Jaques Geschäftsführung Regula Ferrari, Telefon +41 44 908 45 60 E-Mail: [email protected] Anzeigen/Beilagen Silvio Seiler, Telefon +41 44 908 45 61 E-Mail: [email protected] Abonnemente Silvia Riccio, Telefon +41 44 908 45 65 E-Mail: [email protected] Adressänderungen bitte mit Abonummer (s. Adressetikette) angeben. Franziska Rogger «Gebt den Schweizerinnen ihre Geschichte!» Marthe Gosteli, ihr Archiv und der übersehene Kampf ums Frauenstimmrecht Layout: Stefan Sonderegger Zürich: NZZ-Libro, 2015, ISBN 978-3-03810-006-5 Franziska Rogger legt die Geschichte der Schweizer Frauen anhand von Archivalien und Primärquellen gut fundiert und dank stimmigem Bildmaterial überaus anschaulich dar. Die Geschehnisse werden ohne ideologischen Unterton dargelegt, denn es kommen bewusst sowohl Frauen wie Männer zu Wort. Der Inhalt ist in drei grössere Teile gegliedert: Der erste Teil befasst sich mit dem politischen Kampf der Frauen für ihr Wahl- und Stimmrecht. Der zweite Teil widmet sich dem Leben der Pionierin Marthe Gosteli. Das Buch schliesst mit der Entwicklung der Frauen vom eng eingebundenen Mitglied des Familienverbands zur individuellen Persönlichkeit. Die drei Teile stehen nicht isoliert voneinander, sondern werden durch die Person Marthe Gosteli, die sich wie ein roter Faden durch das Buch hindurch zieht, zusammengehalten. Rogger will nicht faktisches Wissen vermitteln. Vielmehr bemüht sie sich darum, ihrer Leserschaft die Geschehnisse rund um die Entwicklung dieses Unabhängigkeitskampfes und der Forderung nach Selbstbestimmung durch die vielen Zitate sowie Beispiele konkreter Personen näherzubringen. Die teilweise eingestreuten Exkurse beleuchten jeweils spezifische Aspekte der Frauengeschichte, wie zum Beispiel den Bund Schweizerischer Frauenorganisation BSF. Florence Schacher Bezugspreis inkl. 2,5 % MwSt Kollektivabonnement SOG ermässigt Jahresabo Inland Fr. 78.– / Ausland Fr. 98.– Probeabo Schweiz (3 Ausgaben) Fr. 20.– Auflage: Druckauflage 19500 Druck: galledia ag, 9230 Flawil © Copyright Nachdruck nur mit Bewilligung der Redaktion und Quellenangabe www.asmz.ch Nächste Ausgabe: 4. April 2016 Schwergewicht: • Neue Rubrik WEA • Neue Generalstabsoffiziere • Lehren aus Einsatz ISAF • Aufklärer der Zukunft Gemeinsam grosse Ziele anvisieren. In verschiedensten Disziplinen erfolgreich. Wir wünschen allen Teilnehmenden viel Erfolg bei den Winterwettkämpfen WIWA 2016 in Andermatt. www.ruag.com
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