NÖN-Interview vom 8. März 2016 NÖN: Die Stimmung zwischen EU-Kommission und Österreich ist spätestens seit der Rüge der Kommission für die Einführung der Tagesquoten in Österreich angespannt. Wie stehen Sie zu diesem angespannten Verhältnis? Karas: "Es ist selbstverschuldet. Der Besuch von Vizekanzler Mitterlehner vor einigen Tagen dürfte beruhigend gewirkt haben. Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen lösen wir kein einziges Problem. Sicher ist, dass nationale Alleingänge nicht hilfreich sind und Zäune kein Problem lösen, sondern neue schaffen. Es ist normal, dass die EU-Kommission prüfen muss, wenn einzelne Länder mit nichtabgesprochenen Einzelmaßnahmen vorpreschen. Das macht die Kommission, wenn die Slowakei die solidarische Flüchtlingsaufteilung umgehen will. Das macht sie, wenn Griechenland die Außengrenzen nicht richtig schützt. Deshalb lade ich zur verbalen Abrüstung ein." NÖN: Wie schätzen Sie den Alleingang Österreichs ein, was die Flüchtlingspolitik – Stichwort Obergrenze - betrifft? Ist dieses Vorgehen gerechtfertigt? Karas: "Unsere Hauptprobleme sind die Ursachen der Flucht und die Tatsache, dass nur jene Menschen in der EU ein Asylansuchen stellen kann, die illegal eingereist sind. Mir ist es wichtig, dass Österreich nicht gegen Völkerrecht, nicht gegen europäisches Recht und Beschlüsse sowie nicht gegen unsere gemeinsamen Werte verstößt. Es kann keine Obergrenze für ein Grundrecht geben. Eine der historischen Lehren aus dem 20 Jh. in Europa ist, dass die Menschenrechte eines der höchsten Güter Europas sind. Deshalb dürfen wir mit dem Asylrecht, mit der Genfer Flüchtlingskonvention, mit dem Völkerrecht nicht leichtfertig umgehen. Ein Land, das eines der Sitzländer der UNO ist, darf sich nicht über die grundlegendsten Regeln der UNO hinwegsetzen." NÖN: Welche Maßnahmen setzen die österreichischen EU-Parlamentarier bzw. können die österreichischen EU-Parlamentarier setzen, um die Gesprächsbasis zwischen EUKommission und Österreich wieder zu verbessern? Karas: "Das wichtigste ist, dass wir miteinander reden statt Schuld zuzuweisen und die bereits beschlossenen Maßnahmen endlich ausnahmslos in die Tat umgesetzt werden, wie z.B. die Hotspots, die Flüchtlingsaufteilung und der lückenlose Außengrenzschutz. Die Darstellung der österreichischen Regierung, dass "die EU nicht handelt" und deshalb nationale Alleingänge notwendig sind, ist falsch. Egoismus und Blockaden einzelner EU-Mitgliedstaaten machen die gesamte EU handlungsunfähig. Der Rat hat versagt. Wir im Parlament haben manche der Maßnahmen sogar im beschleunigten Verfahren beschlossen. Erst bei den Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten kam es dann zu Blockaden. Rechtsverletzungen sind nicht mit Rechtsverletzungen anderer zu rechtfertigen. Österreich muss sich wieder zum Motor der europäischen Einigung machen, statt Gipfel ohne die EU-Kommission, Griechenland, Deutschland und Schweden abzuhalten."
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