Der Hybridpfahl -Der gebohrte FrankipfahlDipl.-Ing. Thomas Garbers, Ingenieurservice Grundbau GmbH, Deutschland Dipl.-Ing. Torsten Hauser, Franki Grundbau GmbH & Co. KG, Deutschland 1 Einleitung Aufgrund der gestiegenen Umweltanforderungen wird die Ausführung von gerammten Pfahlsystemen in urbanen Gebieten immer schwieriger (Abb. 1). Aus diesem Grund wurden Überlegungen angestellt wie die Erschütterungen und Lärmemissionen reduziert werden können. Als Ergebnis wurde der Hybridpfahl entwickelt. Anhand der ausgeführten Versuche und Probebelastungen wird das neue Pfahlsystem vorgestellt. Es wird ein Ausblick gegeben welche zusätzlichen Anwendungen sich aus der Kombination der zwei bewährten Pfahlsysteme ergeben. Abbildung 1: Gebiete mit eingeschränkter Herstellbarkeit von Rammpfählen 1.1 Umwelteinflüsse durch Rammpfahlherstellung Bei der Herstellung von Rammpfählen werden zwei Faktoren als störend empfunden, der Lärm ausgehend von der Ramme und die Erschütterungen resultierend aus dem Eindringvorgang des Rammgutes. Die Lärmimmission geht vom Rammbären selbst, ggf. verstärkt durch das Rammgut und dem Motor des Rammgerätes aus (Abb. 2). Bei den Erschütterungen wird zwischen ungedämpften Oberflächenwellen, die direkt zwischen Quelle und Fundament verlaufen und den gedämpften Tiefenwellen, die im Untergrund entstehen und die dann gedämpft durch die anstehenden Bodenschichten auf die Fundamente treffen (Abb. 3), unterschieden. Abbildung 2: Schallimmission bei der Rammpfahlherstellung Abbildung 3: Erschütterungen bei der Rammpfahlherstellung Abbildung 4: Erschütterungen bei der Rammpfahlherstellung 2 Der Hybridpfahl Der Hybridpfahl kann als vollverdrängendes System (Kombination Glattrohr / Franki) oder als teilverdrängendes System (TVB / Franki) je nach Baugrund und Anwendungserfordernis hergestellt werden. Beim Hybridpfahl werden die Vorteile eines gebohrten Pfahlsystems und dem Frankipfahl kombiniert. Das Vortreibrohr wird erschütterungsfrei bis auf die erforderliche Tiefe eingebohrt. Dann wird der Pfahlfuß mit den Bemessungskurven für Frankipfähle dimensioniert und der Fußbeton ausgerammt. Somit wird eine hohe Tragfähigkeit bei geringen Setzungen des Pfahles gewährleistet. Dadurch werden insbesondere die Erschütterungen aber auch die Lärmimmission reduziert. 2.1 Bohrpfahl Bohrpfähle werden in Europa nach DIN EN 1536 hergestellt. Die Herstellung erfolgt im Allgemeinen erschütterungsfrei. Nachteil dieses Pfahlsystems ist aber die Bodenförderung und die Herstellung unter Wasserauflast oder mit Suspensionsstützung sowie die Gefahr von Auflockerungen im Bereich des Pfahlschaftes und des Fußes. Seit Anfang der 1980er Jahre sind deshalb Teilverdrängungsbohrpfähle (TVB) auf dem Markt. Hier wird das Vortreibrohr wasserdicht verschlossen, dass das Betonieren im Trockenen ermöglicht und auch die Bodenförderung stark reduziert. Hierdurch konnten die Wirtschaftlichkeit und auch die möglichen Pfahlwiderstände erheblich gesteigert werden. In Hamburger Sanden sind mit diesem Pfahlsystem z.B. charakteristische Einwirkungen bis Nk = 2400 kN möglich. Um diese Tragfähigkeit zu erzielen, muss der Pfahl mit einer Einbindedlänge von ca. 8 – 10 m hergestellt werden. Aufgrund der großen Einbindelänge und der hohen Pfahllasten, sind die Anforderungen an die Herstellung sehr hoch. 2.2 Frankipfahl NG Das ursprünglich von Edgard Frankignoul zum Patent angemeldete und weltweit ausgeführte Pfahlsystem beinhaltet die Herstellung des kompletten Pfahls mit gestampften, erdfeuchten Beton. Auch die Fußbemessung wie sie in Deutschland seit Anfang der 1990er Jahren üblich ist, ist im übrigen Anwendungsgebiet für den Frankipfahl nicht bekannt. Um im Ausland den Unterschied der beiden Systeme zu verdeutlichen wird hier der Name Frankipfahl NG (New Generation) verwendet. Der Frankipfahl NG wird in Europa nach DIN EN 12699 hergestellt. In Deutschland erfolgt die Bemessung der Pfahlfüße nach den Bildern 5.6 bis 5.11 der EA-Pfähle. Die Herstellung erfolgt erschütterungsarm, da die Einleitung der Rammenergie auf den Betonpfropfen am unteren Rohrende erfolgt. Trotzdem treten beim Durchrammen der Arbeitsebene und der Auffüllungen Erschütterungenauf (Oberflächenwellen) die störend empfunden werden. Auch beim Lösen des Betonpfropfens und der Ausbildung des Pfahlfußes treten Erschütterungen auf, die zwar durch die überlagernden Bodenschichten gedämpft werden, aber trotzdem zu Störungen in der Umgebung führen können. Aufgrund der Fußausrammung besitzt der Pfahl einen sehr großen Fußwiderstand, was hohe Tragfähigkeiten bei geringen Einbindelängen in den tragfähigen Baugrund ermöglicht. Es können charakteristische Einwirkungen bis Nk = 6000 kN abgetragen werden. Tabelle 1: Gegenüberstellung der Systeme 2.3 TVB-Pfahl Frankipfahl NG Keine Erschütterungen Erschütterungen geringere Lärmimmission Größere Lärmimmission Große Einbindelängen im tragf. Boden Geringe Einbindelängen im tragf. Boden Mantelreibungspfahl Spitzendruckpfahl Keine Bodenverbesserung Bodenverbesserung möglich Bodenförderung Keine Bodenförderung Größere Abteufgeschwindigkeit Geringere Abteufgeschwindigkeit Historie Bereits bis Anfang der 1990er Jahre wurden in Norddeutschland Teilverdrängungsbohrpfähle (TVB) mit ausgerammten Fuß hergestellt. Unter anderem wurden bei dem Bau des Pressehauses am Baumwall in Hamburg sowohl Franki- als auch TVB- und TVB-Pfähle mit ausgerammten Fuß hergestellt und statisch belastet (Abb. 5-7). Die damalige Gerätetechnik ermöglichte aber nur die Herstellung eines kleinen Pfahlfußes und somit eine geringe Tragfähigkeitserhöhung gegenüber dem TVB-Pfahl. Aufgrund der am Rohr angeschweißten Wendel konnte das Rohr nur wenig in den ausgerammten Fuß zurück gerammt werden (Abb. 8). Dadurch kam es zu Schwierigkeiten bei der Abdichtung der unteren Rohröffnung gegenüber dem anstehenden Grundwassers während des Einbauvorgangs des Bewehrungskorbes. Dies führte zu wiederholten Wassereinbrüchen in das Bohrrohr und erforderte die nochmalige Herstellung des Pfahles. Da dies unwirtschaftlich war, wurde die Ausführung dieses Pfahlsystems im Folgenden eingestellt. Abbildung 5: Pressehaus am Baumwall, Hamburg (Ausführung 1987) Abbildung 6: Baugrund, Pfahlsysteme und -längen Abbildung 7: Gegenüberstellung der Ergebnisse der statischen Probebelastungen Abbildung 8: Pfahlfußherstellung mit TVB-Rohr 3 Der Neuanfang Seit der letzten Ausführung dieses Pfahlsystems sind somit über 20 Jahre ins Land gegangen. Aufgrund der Weiterentwicklung in der Maschinentechnik und den zunehmenden Einschränkungen bei der Herstellung von Rammpfähle wurde die Idee, gemäß dem Wertmaßstab „Wir von FRANKI verbinden Gutes aus der Vergangenheit und Gegenwart für eine bessere Zukunft“ wieder aufgegriffen. Es wurden erste Versuche auf Baustellen im Süden (Deggendorf) und Westen (Düsseldorf) durchgeführt. Bei den Versuchen wurde nicht nur die sichere Herstellung getestet, sondern auch Erschütterungs- und Lärmpegelmessungen sowie Probebelastungen ausgeführt. Da die Versuche positiv verlaufen sind, wurde das Verfahren zum Patent angemeldet. 3.1 Bohrwerkzeug Wie oben angesprochen, ist die Pfahlfußherstellung bzw. das Wiedereinrammen des Vortreibrohres in den ausgerammten Fußbeton ein besonders kritischer Punkt bei der Pfahlherstellung. Während des Abteufens des Vortreibrohres ist die Unterseite mit einer Fußplatte wasserdicht verschlossen. Diese wird durch das Ausrammen des Fußbetons nach unten verschoben. Nun übernimmt der im Rohr befindliche Fußbeton die Abdichtung. Da das Rohr vor dem Einbau des Bewehrungskorbes aber unten offen sein muss, ist eine Mindesteinbindetiefe der Rohrunterkante in den Fußbeton erforderlich. Nur so kann sichergestellt werden, dass kein Wasser sowie Boden in das Rohr eindringt und somit die Pfahlherstellung abgebrochen und neu begonnen werden muss. Aus diesem Grund war es erforderlich ein neues Bohrrohr zu entwickeln, da sich bei den bisherigen Ausführungen gezeigt hatte, das hier ein Schwachpunkt liegt. Es wurden verschiedene Ansätze und Ideen zur Modifikation des Verfahrens und des Bohrrohres diskutiert. Letztendlich wurde die Variante mit dem Einsatz von zwei getrennten Rohren favorisiert und auf den o.g. Baustellen getestet. Eine spezielle Dichtung (Abb. 9) zwischen dem Bohrrohr und dem Rammrohr dichtet den Zwischenraum der beiden Rohre ab. Damit wird verhindert das Wasser, aber vor allen Boden eindringt und so das unabhängige Bewegen der Rohre sichergestellt. Abbildung 9: Detail Bohrrohr Abbildung 10: Detail Fußherstellung Abbildung 11: Herstellung Hybridpfahl mit Schneckenbohrohr Abbildung 12: Herstellung Hybridpfahl mit glattem Bohrohr 3.2 Herstellungsversuche Die Pfahlherstellung bei den Versuchen in Deggendorf als auch in Düsseldorf erfolgten mit zwei Geräteeinheiten, da in der Testphase kein Gerät zur Verfügung stand mit der die drei unterschiedlichen Pfahlsysteme Frankipfahl, Teilverdrängungsbohrpfahl und Hybridpfahl hergestellt werden konnten. Die Testergebnisse waren sehr positiv, sodass mit dem Bau eines Bohrtisches und eines FRANKI Spezialgerätes begonnen wurde. 3.3 Erschütterungsmessungen In Deggendorf wurden bei der Herstellung die Erschütterungen in verschiedenen Abständen und Höhenlagen gemessen (Abb. 13). Durch das bohrende Einbringen des TVB-Rohres traten die größten Erschütterungen beim Durchrammen der Auffüllungen nicht mehr auf (Abb. 15). Auch die Dauer der Erschütterungen konnte erheblich reduziert werden. Abbildung 13: Lageplan Messaufnehmer, Deggendorf Abbildung 14: Schallpegel- und Erschütterungsmessung, Deggendorf Da auf der Baustelle die Fußherstellung mit einer geringeren Fallhöhe des Freifallbären ausgeführt wurde, ist die Darstellung in der Abb. 15 an dieser Stelle leider nicht vergleichbar. Die großen Erschütterungen beim Lösen des Betonpfropfens entfallen, da der Pfropfen erst eingebaut wird, wenn das Bohrrohr die geplante Tiefe erreicht hat. Im Folgenden treten die gleichen Erschütterungen wir bei der Herstellung eines Frankipfahls auf, da die weiteren Ausführungsschritte identisch sind. Abbildung 15: Erschütterungsmessungen, Deggendorf 3.4 Schallpegelmessungen Auch bei den Schallpegelmessungen konnten erhebliche Reduzierungen registriert werden (Abb. 16). Die kann aber auch an den unterschiedlichen Geräten gelegen haben, da die Geräte aufgrund ihrer unterschiedlichen Konfiguration nicht vollständig vergleichbar sind. Gleichwohl ist zu erwarten, dass bei dem geplanten Geräteneubau die Schallimmission nicht nur durch die geänderte Pfahlherstellung erheblich reduziert werden kann. Abbildung 16: Schallpegelmessung, Deggendorf 3.5 Probebelastungen Da sich die sich die Einsatzfähigkeit des Systems nicht nur nach der Beeinflussung der Umwelt misst, wurden auch die Tragfähigkeiten der unterschiedlichen Pfahlsysteme durch dynamische Probebelastungen überprüft (Abb. 17). Abbildung 17: Ergebnisse Probebelastungen, Deggendorf 4 Ausblick Wie die Versuche gezeigt haben, ist das „neue“ Pfahlsystem Hybridpfahl technisch sicher ausführbar und aufgrund der erzielten Tragfähigkeiten auch wirtschaftlich einsetzbar (Tab 2). Aus diesem Grund wurde bereits ein neuer 400-kNm-Bohrtisch (Abb. 15) entwickelt und gebaut, der es ermöglicht das Rohr in kurzer Zeit und mit möglichst geringer Bodenförderung auf Tiefe zu bringen. Um die Gerätekosten zu reduzieren wird derzeit ein FRANKI Spezialgerät entwickelt, das noch 2015 in Dienst gestellt werden soll. Somit steht ab 2016 ein neues hochtragfähiges Pfahlsystem zur Verfügung, dass dann auch wieder in den Metropolen eingesetzt werden kann. Tabelle 2: Möglichkeiten Hybridpfahl Hybridpfahl Mögliche Chancen geringere Erschütterungen Ausführung in erschütterungsempfindlicher Umgebung geringere Lärmimmission Ausführung in lärmempfindlicher Umgebung kurze Einbindelängen im tragf. Boden Reduzierung der Kosten Steigerung der Pfahllasten Reduzierung der Pfahlanzahl und Fundamentgrößen Sehr gutes Widerstandsetzungsverhalten Geringere Setzungsunterschiede Bodenverbesserung mit Kiesvorverdichtung möglich Einheitliche Absetztiefen, Vergleichmäßigung der Setzungen Keine Bodenförderung Arbeiten an kontaminierten Standorten, Keine Abfuhr des Bohrgutes Schnellere Abteufgeschwindigkeit Erhöhung der Wirtschaftlichkeit Abbildung 15: Neuer 400-kNm-Bohrtisch Literatur Lichte, Beratende Ingenieure; Messbericht Erschütterungsmessungen DMT Gründungstechnik GmbH; Messberichte dynamische Probebelastungen Autoren Dipl.-Ing. Thomas Garbers Ingenieurservice Grundbau GmbH Hittfelder Kirchweg 24, 21220 Seevetal Dipl.-Ing. Torsten Hauser Franki Grundbau GmbH & Co. KG Hittfelder Kirchweg 24-28, 21220 Seevetal [email protected] www.ingenieurservice-grundbau.de Tel.: 04105-58057-0 [email protected] www.franki.de Tel.: 04105-869-0
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