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Spekulationsobjekt: Das Rittergut von Kohren-Sahlis | Manuskript
Spekulationsobjekt: Das Rittergut von Kohren-Sahlis
Bericht: Arndt Ginzel
Löchrige Dächer, bröckelnde Fassaden. Das mehr als 60 Hektar große Rittergut KohrenSahlis im Landkreis Leipzig ist heruntergekommen. Auch 130.000 Euro Fördergelder vom
Freistaat konnten den Verfall nicht stoppen. Seit 2004 residiert Karl-Heinz Hoffmann auf
dem Anwesen. Betrieb eine Wollschweinzucht. Der aus Bayern stammende Mann ist in der
rechtsextremen Szene eine Gallionsfigur. Hoffmann war Kopf der gleichnamigen
Wehrsportgruppe, die 1980 verboten wurde. Weil Hoffmann seinen Abwasseranschluss
nicht gezahlt hat, kam sein Anwesen vor zwei Wochen unter den Hammer. Seitdem rätselt
die Öffentlichkeit, wer der neue Eigentümer des Ritterguts ist.
Ina Beyer: Es ist 18.07 Uhr, Sie hören Mephisto 97,6, das Nachrichtenmagazin „direkt“.
Radio-Mephisto-Redakteurin Ina Beyer berichtete an diesem Tag über die Versteigerung.
Ein anonymer Bieter bekam den Zuschlag. Seine Vertreterin sorgte für einen Eklat.
Ina Beyer: Ich habe sie dann gefragt, was sie vor hat oder der Bieter vor hat mit dem
Gebäude, mit dem Rittergut und sie sagte, Konzentrationslager. Ich war in diesem Moment
total perplex und dachte ich habe mich verhört, wobei noch drei Kollegen um mich
herumstanden. Und habe noch einmal wiederholt gefragt, was der Bieter vorhat und sie
sagte trocken: Konzentrationslager. Und wie das zu interpretieren ist, das überlasse ich
Ihnen.
KZ -Drohungen - Ist das Rittergut wieder in der Hand von Rechtsextremisten? Wer ist der
Eigentümer und was hat er tatsächlich vor? Immerhin ein Name macht die Runde.
Ina Beyer: Die Hauptbieterin, die auch den Zuschlag bekommen hat, hat einen Bieter
vertreten, einen Herrn Jarcov. Mehr hat sie auch im Anschluss nicht gesagt. Außer er ist aus
dem Westen.
Wir fahren ins Ruhrgebiet nach Oberhausen. Laut Handelsregister betrieb Jarcov hier eine
Entrümpelungsfirma. Wegen Vermögenslosigkeit wurde sie vor Monaten von Amtswegen
gelöscht. Am Haus selbst finden wir weder den Namen der Firma noch des Mannes. Auch
die Mieter kennen ihn nicht.
Internetrecherche: Jarcov ist Inhaber der Internetadresse „Kripo-Beratungsstelle“, wir
folgen angegebenen Anschriften und Telefonnummern, gleichen sie im Internet ab.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Schließlich stoßen wir auf ein Geflecht von Schlüsseldiensten und Immobilienfirmen, in
deren Mittelpunkt dieser Geschäftsmann steht: Karl Leo Spettmann.
Neben Schlüsseldiensten hat sich Spettmann auf heruntergekommene Immobilien
spezialisiert. Besonders haben es ihm Bahnhöfe angetan. Großsteinberg bei Grimma.
Spettmanns Geschäftsprinzip hier: mit wenig Aufwand eine möglichst hohe Rendite
erwirtschaften. 6.000 Euro hatte der Bahnhof vormals gekostet, für 25.000 stand er schon
bald zum Verkauf.
Der Bahnhof Waldheim. Heute gehört das historische Gebäude der Stadt. Immerhin das
Portal ließ sich noch retten. So sah es noch vor zwei Jahren aus, Spettmann hatte die
ehemalige Bahnimmobilie inklusive der Wohnungen für 4.600 Euro erworben.
Vorort-Termin mit dem mit dem ehemaligen Bürgermeister von Waldheim Steffen Blech.
Steffen Blech, ehemaliger Bürgermeister Waldheim
Herr Spettmann hatte an dem Gebäude natürlich überhaupt nichts gemacht, hat es weiter
vergammeln lassen. Es war also weitgehend alles zerstört, Heizungen rausgerissen, Müll
wurde abgelagert. Es wurde hier drinnen gezündelt, Feuer, Polizei mussten zum Einsatz
kommen. Und das war für die Stadt ein unhaltbarer Zustand.
Das Vorgehen in Waldheim erinnert schon fast an Mafia-Methoden: Drohungen, gepaart
mit einem Kaufangebot. 120.000 Euro sollte die Kommune für den Bahnhof zahlen.
Steffen Blech, ehemaliger Bürgermeister Waldheim
Der Preis wurde hochgetrieben, wir wurden dann konfrontiert mit Dingen, dass hier ein
Hardcore Diskozentrum reingebaut werden sollte und die Krönung war natürlich ein
Islamisches Zentrum. Es wurde gedroht per Telefon ja dann kommt auch die NPD hier her.
Letztlich ließ sich Waldheim nicht unter Druck setzen. Als irgendwann das Gebäude wieder
in eine Versteigerung kam und der Preis moderat ausfiel, kaufte die Stadt ihren Bahnhof.
Druck machen, einschüchtern. Das Muster stimmt: Die Bevollmächtigte hatte angekündigt,
das Rittergut Kohren-Sahlis würde zu einem Konzentrationslager umgewidmet.
Bevollmächtigte Loreen P. arbeitet für eine Spettmann-Firma. Ein Kontakt kommt nicht
zustande. Wir rufen in Spettmanns-Unternehmen an, erreichen seine Tochter, die
Gesellschafterin ist.
Reporter: Sie haben doch dieses Rittergut in Kohren-Sahlis ersteigert und wollte mal wissen,
was Sie eigentlich damit vorhaben perspektivisch?
Tochter Spettmann: Ja, da müssen Sie meinem Vater fragen. Der ist aber im Urlaub.
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Reporter: Diese Äußerungen da, von der Frau P., bezüglich Konzentrationslager, was sollte
das eigentlich?
Tochter Spettmann: Das höre ich zum ersten Mal.
Unsere schriftlichen Anfragen bleiben unbeantwortet. Dafür hat der ehemalige
Waldheimer-Bürgermeister für betroffene Kommunen noch einen Rat:
Steffen Blech
Fallen Sie nicht auf so einen Deal rein, recherchieren sie sehr genau, wenn ihnen
irgendetwas spanisch vorkommt und versuchen sie alle Mittel die sie haben auszunutzen,
Vorkaufsrecht in Anspruch zu nehmen.
Die Zukunft für das Rittergut in Kohren-Sahlis könnte indes wieder offen sein. Am
Nachmittag kam die Meldung, dass sowohl Hoffmann als auch der Abwasserzweckverband
Beschwerde gegen die Versteigerung eingelegt hat.
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