Ausgabe Mai 2015, gewerblich

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Ausgabe: gewerbliche Mandanten / Mai 2015
Wirtschaftsrecht
Verschärfte Produkthaftung für (medizinische)
Hochrisikoprodukte
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Haftungsrisiken für Hersteller von sogenannten Hochrisikoprodukten verschärft. Danach soll es genügen,
wenn ein potenzieller Fehler bei anderen Produkten
derselben Produktgruppe oder Produktionsserie festgestellt wurde. Ein konkreter Fehler an einem einzelnen Gerät muss dann nicht nachgewiesen werden.
Die Entscheidung betraf die von einem amerikanischen Hersteller produzierten Herzschrittmacher,
die wegen Problemen bei einzelnen Geräten ausgetauscht werden mussten. Eine Krankenkasse klagte
erfolgreich auf Übernahme der Behandlungskosten
für den Austausch der Geräte. Welche anderen Produkte außer medizinischen Geräten noch unter den
Begriff der Hochrisikoprodukte fallen, ließen die Europarichter offen.
der eingeholten Informationen als Entscheidungsgrundlage für nicht mehr vertretbar erscheint. Dies
war hier nicht feststellbar.
das hier einschlägige Hessische Brand- und Katastrophenschutzgesetz die Erhebung von Gebühren
und Auslagen aus.
Urteil des OLG Koblenz vom 23.12.2014
3 U 1544/13
ZInsO 2015, 262
WM 2015, 340
Hinweis: Die entsprechenden Landesgesetze in den
anderen Bundesländern enthalten ähnliche Regeln.
Rechtsmissbräuchliche Amtsniederlegung des
alleinigen Geschäftsführers
Das Registergericht kann die Eintragung der Amtsniederlegung des alleinigen Geschäftsführers und
Gesellschafters einer GmbH wegen Rechtsmissbräuchlichkeit ablehnen, wenn das Unternehmen
ansonsten in einer wirtschaftlichen Krise führungslos werden würde. Dies gilt auch bei einer Amtsniederlegung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über das Vermögen der Gesellschaft.
Urteil des EuGH vom 05.03.2015
C-503/13
BB 2015, 661
Hinweis: Mit einem derartigen Verhalten kann sich
der Geschäftsführer auch persönlich Schadensersatzansprüchen der GmbH aussetzen, die vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden können.
Eingeschränkte gerichtliche Überprüfung
­unternehmerischer Entscheidungen
Beschluss des OLG Frankfurt vom 11.11.2014
20 W 317/11
ZIP 2015, 478
Eine GmbH geriet in die Insolvenz, weil ihr Geschäftsführer eine Vereinbarung über Anzahlungen
für Warenlieferungen abgeschlossen hatte, ohne
diese abzusichern. Nachdem die Anzahlungen in
erheblicher Höhe geleistet waren, wurde der Lieferant zahlungsunfähig. Die geleisteten Anzahlungen
waren dadurch weitestgehend verloren, was das
Unternehmen finanziell nicht verkraften konnte.
Der Insolvenzverwalter nahm den Geschäftsführer wegen des riskanten Geschäfts persönlich
auf Schadensersatz in Anspruch. Das Oberlandesgericht Koblenz gab jedoch dem verklagten
Geschäftsführer mit der Begründung Recht, bei
unternehmerischen Entscheidungen stehe einem
Geschäftsführer grundsätzlich ein haftungsfreier
Handlungsspielraum, also ein unternehmerisches
Ermessen zu, das nur eingeschränkt gerichtlich
überprüfbar ist. Das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken, das eine unternehmerische Tätigkeit
wesentlich prägt, umfasst grundsätzlich auch Fehleinschätzungen. Die Grenze zog das Gericht dort,
wo das Handeln des Geschäftsführers hinsichtlich
Heim muss Kosten für Sucheinsatz von Feuerwehr
nicht tragen
Eine 90 Jahre alte, demenzkranke, orientierungslose
und verwirrte Heimbewohnerin entfernte sich unbeobachtet aus einem Seniorenheim. Nachdem die Suche
im Umfeld des Heims erfolglos verlief, schaltete das
Personal die Polizei ein, die ihrerseits die örtliche Feuerwehr mobilisierte. Für die Heimbewohnerin bestand
akute Lebensgefahr, da sie nur mit einem Nachthemd
bekleidet bei Minusgraden hilflos umherirrte. Nachdem die Suchaktion erfolgreich beendet wurde, erließ
die zuständige Behörde gegenüber dem Heim einen
Gebührenbescheid über circa 2.600 Euro für den Feuerwehreinsatz. Dieses verweigerte die Zahlung.
Das mit dem Fall befasste Verwaltungsgericht Gießen sah keine Rechtsgrundlage für die Haftung
des Heimbetreibers. Das wurde damit begründet,
dass der Einsatz der Feuerwehr in vollem Umfang
der Rettung einer Person aus akuter Lebensgefahr
gedient hatte. Für eine derartige Situation schließt
Urteil des VG Gießen vom 04.02.2015
4 K 409/14.GI
Pressemitteilung des VG Gießen
Rückforderung überhöhter Abschleppkosten
Ein Unfallgeschädigter hatte gutgläubig den gesamten Betrag einer - für ihn nicht erkennbar - überhöhten Abschlepprechnung ausgeglichen und von
der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners die
kompletten von der Versicherung übernommenen
Abschleppkosten ersetzt erhalten.
In einem solchen Fall ist der Versicherer - so das
Amtsgericht Viersen - berechtigt, den zu viel gezahlten Betrag direkt von dem Abschleppunternehmer zurückzufordern.
Urteil des AG Viersen vom 24.10.2014
32 C 245/14
jurisPR-VerkR 5/2015 Anm. 4
Keine weitere Verfahrensgebühr des Anwalts bei
längerem Ruhen des Verfahrens
Für die Vertretung in einem gerichtlichen Verfahren
erhält der Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) eine Verfahrensgebühr. Der
Verwaltungsgerichtshof München hat entschieden,
dass dem Anwalt auch dann keine weitere Verfahrensgebühr zusteht, wenn das Gericht das Verfahren unterbricht und der Fall erst nach zwei Jahren
wieder verhandelt und dann entschieden wird.
Beschluss des VGH München vom 08.12.2014
15 M 2529/14
Justiz Bayern online
Ladenschlusszeiten: Keine Erweiterung vor ­
Sonn- und Feiertagen
Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Entscheidung
des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg
bestätigt, wonach Ladenöffnungszeiten von Super-
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Ausgabe: gewerbliche Mandanten / Mai 2015
märkten an Samstagen und vor Feiertagen so zu gestalten sind, dass Kundenbedienung und notwendige
Tagesabschlussarbeiten bis 24 Uhr erledigt sind. Eine
Verlängerung, um bei Ladenschluss noch anwesende
Kunden zu bedienen oder Aufräum- und Abschlussarbeiten vorzunehmen, ist danach nicht möglich.
Beschluss des BVerwG vom 04.12.2014
8 B 66/14
AuA 2015, 113
Wettbewerbsrecht und gewerblicher
­Rechtsschutz
Kostenloser Patientenfahrdienst kann unzulässig sein
Im Rahmen einer Heilmittelwerbung gemäß § 7
Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist es unzulässig,
Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren
oder Dienstleistungen) anzubieten, anzukündigen
bzw. zu gewähren oder als Branchenangehöriger
anzunehmen. Ausnahmen von diesem Verbot sieht
das Gesetz unter anderem dann vor, wenn die Zuwendung lediglich in der Erteilung von Auskünften
oder Ratschlägen besteht oder es sich bei den Zuwendungen bzw. Werbegaben um geringwertige
Kleinigkeiten oder eine zulässige handelsübliche
Nebenleistung handelt.
Für den Bundesgerichtshof stellt ein kostenloser
Fahrdienst einer Augenklinik für Patienten keine
zulässige geringwertige Kleinigkeit dar, weil die Abholung und der Rücktransport des Patienten über
eine längere Wegstrecke für diesen eine nicht unerhebliche vermögenswerte Leistung darstellen.
Demnach kann ein solcher Patientenservice gegen
das heilmittelrechtliche Verbot von Werbegaben
verstoßen. Die Vorinstanz, an die der Rechtsstreit
zurückverwiesen wurde, hat nun noch zu prüfen,
ob der beanstandete Fahrdienst eine zulässige handelsübliche Nebenleistung darstellt.
Urteil des BGH vom 12.02.2015
I ZR 213/13
Pressemitteilung des BGH
Ernst August Prinz von Hannover und Dieter Bohlen
unterliegen vor EGMR
Die Prominenten Ernst August Prinz von Hannover
und der Musikproduzent Dieter Bohlen sahen in
einer von einem amerikanischen Zigarettenhersteller durchgeführten Werbekampagne mit ihrer
Abbildung in Verbindung mit satirischen Texten eine
von ihnen nicht gewollte Kommerzialisierung ihrer
Person zu Werbezwecken. Der Bundesgerichtshof
(BGH) sah in beiden Fällen die Werbekampagnen
noch vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, das auch im Bereich der Wirtschaftswerbung besteht. Die Bezugnahme auf Ereignisse von
historisch-politischer Bedeutung sind daher so lange erlaubt, soweit die Verwendung der Namen nicht
den Eindruck erweckt, die Genannten würden die
beworbene Zigarettenmarke empfehlen (Urteile des
BGH vom 05.06.2008, I ZR 223/05 und I ZR 96/07).
Die betroffenen Promis wollten diese Entscheidungen nicht hinnehmen und riefen schließlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
an. Ohne Erfolg: Die Europarichter befanden, der
BGH habe mit großer Sorgfalt ein „verbindliches
Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und der
Achtung des Privatlebens“ gefunden. Sie lobten die
Entscheidungen hinsichtlich der Abwägungskriterien als geradezu vorbildlich. Prominente könnten
in Zukunft schlechtere Karten haben, wenn ihre
Namen oder Bilder ungefragt zu Werbezwecken genutzt werden.
Urteile des EGMR vom 19.02.2015
53495/09 u. 53649/09
NLMR 2015, 53
Unzureichender „Sternchenhinweis“
Eine sogenannte Blickfangwerbung, die meist durch
Herausstellung eines vermeintlich besonders günstigen Preises erfolgt, ist wettbewerbsrechtlich nicht
zu beanstanden, wenn der Blickfang für sich genommen zwar eine Fehlvorstellung auslöst, jedoch
mit einem sogenannten Sternchenhinweis über die
besondere Bedingung für die Gewährung des Preises hingewiesen wird.
Zur Erläuterung dieser Angaben ist jedoch die bloße
Verweisung auf eine Internetseite („Nähere Bedingungen und ausgewählte Lieferanten finden Sie im
Internet unter www...de“) nicht ausreichend. Eine
derartige Werbung ist daher wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot wettbewerbswidrig.
Urteil des OLG Bamberg vom 18.02.2015
3 U 210/14
WRP 2015, 459
Klosterbezeichnung genießt Markenschutz
Sogenannte Institutionsbezeichnungen können als
betrieblicher Herkunftshinweis und damit als Marke anzusehen sein, wenn die Verbraucher an eine
solche Bezeichnung gewöhnt sind. Dies ist u.a. für
die zahlreichen wirtschaftlich tätigen Klöster von
Bedeutung.
So genießt nach einer Entscheidung des Bundespatentgerichts München die Bezeichnung „Kloster
Wettenhausen - Raum für Menschlichkeit“ Markenschutz. Die Bezeichnung steht insbesondere für
die Herstellung und den Vertrieb von Bioprodukten
und wird nicht nur als touristische Attraktion, wie
beispielsweise das Schloss Neuschwanstein, wahrgenommen.
Beschluss des BPatG München vom 13.01.2015
27 W (pat) 548/14
jurisPR-WettbR 3/2015 Anm. 3
Irreführende Werbung einer bundesweit tätigen
Rechtsanwaltskanzlei
In Deutschland zugelassene Rechtsanwälte dürfen,
von wenigen Ausnahmen abgesehen (z.B. Bundesgerichtshof), bundesweit vor allen Gerichten tätig
werden. Eine insbesondere im Bereich des Anlegerschutzes tätige Rechtsanwaltskanzlei handelt jedoch
irreführend und wettbewerbswidrig, wenn sie auf ihrer Homepage unter der Rubriküberschrift „Hamburg,
Berlin, München, Karlsruhe, Leipzig ... Rechtsanwälte
vertreten ihren Fall“ wirbt, ohne an den jeweiligen Orten durch Niederlassungen oder zumindest verbundene Büros physisch vertreten zu sein. Dies wird von
den angesprochenen Verbrauchern bei einer derartigen Formulierung jedoch erwartet.
Urteil des LG Hamburg vom 07.08.2014
327 O 118/14
GRUR-RR 2015, 27
Kein Wettbewerbsverstoß bei fehlender Erlaubnis
zur Arbeitnehmerüberlassung
Die Vorschrift des § 1 AÜG (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz), wonach die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung der behördlichen Erlaubnis bedarf,
dient dem Schutz der überlassenen Arbeitnehmer
und stellt daher keine Marktverhaltensregelung im
Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar.
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Ausgabe: gewerbliche Mandanten / Mai 2015
Die Werbung in einem Internetauftritt eines Unternehmens, das nicht über die für die Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis verfügt, mit der
„Vermittlung von Personal mit deutscher Muttersprache und guten Englischkenntnissen“ stellt folglich keinen Wettbewerbsverstoß dar, wegen dem ein
Mitbewerber einen Unterlassungsanspruch geltend
machen könnte. Der Verstoß kann nur nach den Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
durch die zuständige Behörde geahndet werden.
Urteil des OLG Frankfurt vom 29.01.2015
6 U 63/14
WRP 2015, 524
Irreführung durch besondere Herausstellung der Langlebigkeit eines Bauteils des beworbenen Produkts
Stellt ein Unternehmen in der Werbung die Langlebigkeit eines Bauteils des beworbenen Produkts
(hier für die Optik eines Scanners) besonders heraus (hier: „Langlebigkeit, 300 Mio. Aufnahmezyklen“), obwohl die gewöhnliche Lebensdauer des
gesamten Produkts erheblich geringer ist, kann dies
die Gefahr einer Irreführung begründen, sofern das
Missverhältnis für den angesprochenen Kundenkreis nicht ohne Weiteres erkennbar ist.
Urteil des OLG Celle vom 22.01.2015
13 U 25/14
WRP 2015, 472
Arbeitsrecht
Ausstrahlung eines Werbefilms nach Ausscheiden
eines mitwirkenden Arbeitnehmers
Hat ein Arbeitnehmer schriftlich seine Einwilligung
dazu erteilt, dass der Arbeitgeber von ihm als Teil
der Belegschaft Filmaufnahmen macht und diese für
Marketing- und PR-Maßnahmen verwendet und ausstrahlt, erlischt die ohne Einschränkung erteilte Einwilligung des Arbeitnehmers nicht automatisch mit
dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Er kann daher
eine weitere Veröffentlichung des Werbefilms unter
Berufung auf sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht gerichtlich untersagen lassen.
Urteil des BAG vom 19.02.2015
8 AZR 1011/13
BAG online
Unzulässige Umgehung des Mindestlohngesetzes
Nach Einführung des Mindestlohngesetzes zum 1.
Januar 2015 versuchen Unternehmen bisweilen,
die Zahlung der Mindeststundenvergütung von
8,50 Euro zu umgehen. Dass dies rechtlich nicht so
einfach ist, zeigt ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Berlin.
Es erklärte eine Änderungskündigung eines Arbeitgebers, mit der ein vertraglich zugesichertes
zusätzliches Urlaubsgeld und eine jährliche Sonderzahlung auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden sollten, für unwirksam. Auf das
zugleich mit der Änderungskündigung unterbreitete
Angebot, das Arbeitsverhältnis mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro bei gleichzeitigem Wegfall der
Leistungszulage, des zusätzlichen Urlaubsgeldes
und der Jahressonderzahlung fortzusetzen, musste
sich der betroffene Arbeitnehmer, der bislang einen
Stundenlohn von 6,44 Euro bekam, nicht einlassen.
Urteil des ArbG Berlin vom 04.03.2015
54 Ca 14420/14
BB 2015, 692
Wirksame Vertragsstrafenabrede in
­Formulararbeitsvertrag
Eine Vereinbarung in einem formularmäßigen Arbeitsvertrag, wonach vor dem Beginn des Arbeitsverhältnisses die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, eine Probezeit von sechs Monaten gilt und im
Falle der schuldhaften Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung der Tätigkeit der Arbeitnehmer
verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine Vertragsstrafe
in Höhe eines hälftigen Bruttomonatsgehalts zu zahlen, ist nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts
Mainz rechtlich nicht zu beanstanden.
Der Arbeitnehmer kann das Nichtantreten der Arbeitsstelle auch nicht damit begründen, die Arbeitsaufnahme sei ihm unzumutbar gewesen, weil
verschiedene Klauseln des Arbeitsvertrags seiner
Auffassung nach unwirksam seien. Selbst wenn
einzelne Vertragsklauseln belastende Regelungen
für ihn enthalten hätten und somit unwirksam wären, fehlte es - so das Gericht - an einem wichtigen
Grund für die fristlose Kündigung.
Urteil des LAG Mainz vom 15.01.2015
5 Sa 531/14
jurisPR-ArbR 13/2015 Anm. 1
Kein besonderer Kündigungsschutz für
­Wahlvorstandskandidaten
Mitgliedern eines Wahlvorstands zu einer Betriebsratswahl steht vom Zeitpunkt ihrer Bestellung
besonderer Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 3
KSchG, § 103 BetrVG zu. Dies gilt jedoch nicht bereits für Bewerber für das Amt des Wahlvorstands.
Urteil des BAG vom 31.07.2014
2 AZR 505/13
NZA 2015, 245
Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den
Betriebsrat (Rechtsanwalt)
Der Betriebsrat kann bei der Durchführung seiner
Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies
zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben
erforderlich ist (§ 80 Abs. 3 BetrVG). Die Kosten
hat dann der Arbeitgeber zu tragen. Verweigert der
Arbeitgeber eine Vereinbarung trotz der Erforderlichkeit der Hinzuziehung des Sachverständigen, so
kann der Betriebsrat die fehlende Zustimmung des
Arbeitgebers durch eine arbeitsgerichtliche Entscheidung ersetzen lassen.
Sachverständiger kann auch ein Rechtsanwalt hinsichtlich strittiger Rechtsfragen sein. In diesem Fall
stellt sich aus Kostengründen jedoch die Frage der
Erforderlichkeit. In der Regel ist bei einer rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber
nämlich gleich die Mandatierung eines Anwalts
kostengünstiger. Die hierfür entstehenden Regelgebühren sind meist niedriger als die Kosten für ein
juristisches Gutachten.
Beschluss des BAG vom 25.06.2014
7 ABR 70/12
ArbuR 2015, 70
Benachteiligung von Betriebsräten bei befristeten
Arbeitsverträgen
Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für eine
Befristung vorliegen, darf auch ein Betriebsratsmitglied befristet beschäftigt werden. Befristete
Arbeitsverhältnisse mit Betriebsräten können auch
dann enden, wenn die „Amtszeit“ als Betriebsrat
noch nicht abgelaufen ist. Verweigert der Arbeitgeber eine Folgeverlängerung, kann der befristet be-
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schäftigte Betriebsrat nur dann eine Verlängerung
verlangen, wenn die Nichtverlängerung ihren Grund
in der Betriebsratszugehörigkeit hat.
Das Bundesarbeitsgericht legt dabei dem Arbeitnehmer im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Benachteiligung wegen seiner Betriebsratstätigkeit auf. Kann
er - wie im vorliegenden Fall - dies nicht beweisen,
steht ihm weder ein Weiterbeschäftigungsanspruch
noch eine Entschädigung wegen unzulässiger
­Diskriminierung wegen der Betriebsratszugehörigkeit zu.
Urteil des BAG vom 25.06.2014
7 AZR 84/12
BB 2015, 122
Grenzen des Rechts auf Formulierung eines
­Arbeitszeugnisses durch Arbeitnehmer
Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer arbeitsvertraglich vereinbart, dass vom Formulierungsvorschlag des Arbeitnehmers für sein Abschlusszeugnis nur aus wichtigem Grund abgewichen werden
darf, liegt laut Landesarbeitsgericht Köln solch ein
wichtiger Grund jedenfalls dann vor, wenn der Formulierungsvorschlag inhaltlich unzutreffend ist.
Beinhaltet die Vorformulierung des Arbeitnehmers
die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe auf seinen Wunsch geendet, ist es mit dem Grundsatz der
Zeugniswahrheit nicht vereinbar, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers beendet
wurde. Der Arbeitgeber darf in diesem Fall von der
Formulierung des Arbeitnehmers abweichen.
Urteil des LAG Köln vom 29.10.2014
3 Sa 459/14
ArbR 2015, 109
Betriebsvereinbarung ohne Betriebsratsbeschluss
Der wirksame Abschluss einer Betriebsvereinbarung setzt stets einen darauf bezogenen Betriebsratsbeschluss voraus. Der Beschluss kann jedoch
nachgeholt und auf diese Weise der Abschluss der hier vom stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden
unterzeichneten - Betriebsvereinbarung genehmigt
werden. Sofern dies nicht geschieht, ist der nach einem entsprechenden Beschluss nunmehr zuständi-
ge Betriebsrat berechtigt, die Betriebsvereinbarung
zu kündigen.
Beschluss des BAG vom 09.12.2014
1 ABR 19/13
NZA 2015, 368
Online-, Medien- und Datenschutzrecht
verursachers im Rahmen der Abwicklung eines
Verkehrsunfalls zur Prüfung eines eingereichten
Schadensgutachtens durch einen anderen Sachverständigen.
Urteil des OLG Oldenburg vom 23.12.2014
13 U 66/14
jurisPR-ITR 5/2015 Anm. 3
ZD 2015, 130
Ghostwriter zur Geheimhaltung verpflichtet
(Fall Kohl)
Auch „Kleinanbieter“ müssen Impressumpflicht
beachten
Bei einem Auftragsverhältnis zwischen dem Namensgeber einer Autobiografie und dem beauftragten Ghostwriter besteht auch ohne ausdrückliche
Autorisierungsvereinbarung eine Geheimhaltungsverpflichtung des Ghostwriters hinsichtlich der ihm
im Rahmen der Zusammenarbeit anvertrauten Informationen und Einschätzungen.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG (Telemediengesetz)
muss die gesetzlich vorgeschriebene Anbieterkennzeichnung (Impressum) eines gewerblichen Internetanbieters u.a. Angaben enthalten, die eine schnelle
elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare
Kommunikation ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post. Eine strafbewehrte
Abmahnung ist insoweit jedoch dann nicht veranlasst, wenn es sich um einen Bagatellverstoß im
Sinne des § 3 UWG handelt.
In dem vom Landgericht Köln entschiedenen Fall
hatte Altbundeskanzler Kohl erfolgreich gegen den
Ghostwriter seiner mehrbändigen Autobiografie
geklagt, der Gesprächsaufzeichnungen ohne seine
Einwilligung veröffentlicht bzw. weitere Veröffentlichungen angekündigt hatte.
Hinweis: Der Fall zeigt, dass ausdrückliche Vereinbarungen über die Rechte und Pflichten eines
Ghostwriters hinsichtlich der ihm erteilten Informationen durchaus zweckmäßig und streitverhindernd
sein können.
Urteil des LG Köln vom 13.11.2014
14 O 315/14
GRUR-RR 2015, 126
Kein Unterlassungsanspruch bei einmaligem
V­erstoß gegen Datenschutzgesetz
Anders als bei einer wettbewerbswidrigen Weitergabe personenbezogener Daten besteht bei einem
Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften
aus einem einmaligen Anlass keine Wiederholungsgefahr. Der Person, die eine einmalige unzulässige
Datenweitergabe beanstandet, steht daher kein Unterlassungsanspruch zu.
In dem konkreten Fall ging es um die Weitergabe
personenbezogener Daten eines Unfallgeschädigten durch die Haftpflichtversicherung des Unfall-
Das Landgericht Essen stellt allerdings hohe Anforderungen an einen Bagatellverstoß. So soll auch der
Betrieb einer veralteten, unvollständigen Internetseite, auf der nur eine einzige Ferienwohnung zur
Vermietung beworben wird und die lediglich eine
Kontaktaufnahmemöglichkeit, nicht aber den unmittelbaren Abschluss eines Mietvertrags ermöglicht, keinen Bagatellverstoß i.S.d. § 3 Abs. 2 UWG
darstellen, da auch in diesem Fall eine spürbare
Auswirkung auf den Wettbewerb vorliegt.
Hinweis: Die Entscheidung zeigt, dass auch Gewerbetreibende, die im Internet nur in geringem Umfang
geschäftsmäßig Waren oder Dienste anbieten, die
gesetzliche Impressumpflicht genau befolgen sollten.
Urteil des LG Essen vom 13.11.2014
4 O 97/14
K&R 2015, 275
Fehlgeschlagener Gebrauchtwagenverkauf
über eBay mit Zahlungsmethode „Barzahlung
bei Abholung“
Wurde bei einem Gebrauchtwagenverkauf über
eBay die Zahlungsmethode „Barzahlung bei Abholung“ vereinbart, kann der Käufer darauf bestehen,
dass ihm bei der Bezahlung das Kfz samt aller zu-
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Rechtsinformationsdienst
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gehörigen Papiere Zug-um-Zug übergeben wird.
Teilt der Verkäufer vor dem Übergabetermin mit,
dass ihm die Übergabe der Zulassungsbescheinigung Teil II (früher: Kfz-Brief) nicht möglich ist, da
er zuerst den Kaufpreis benötigt, um das Fahrzeug
bei der Bank abzulösen, ist der Käufer berechtigt,
vom Kaufvertrag zurückzutreten und vom Verkäufer
Schadensersatz hinsichtlich seiner Aufwendungen
und ggf. eines Mehrpreises bei der Anschaffung eines vergleichbaren Fahrzeugs zu verlangen.
Urteil des AG Clausthal-Zellerfeld vom 25.11.2014
4 C 152/14
JurPC Web-Dok. 40/2015
Speicherung und Auswertung
personenbezogener Daten in elektronischem
Arbeitszeiterfassungs­system
Ein Arbeitgeber verstößt nicht gegen datenschutzrechtliche Vorschriften, wenn er im Rahmen eines
Datenbanksystems zur Arbeitszeiterfassung auch
den jeweiligen Bearbeiter und das letzte Änderungsdatum speichert. Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse daran, Fehleingaben, die zu erheblichen Schäden bei den Nutzern der Datenbank
führen können, nachzuverfolgen. Die entsprechenden Angaben dürfen daher zum Nachweis eines
Fehlverhaltens des Arbeitnehmers und zur Begründung einer Kündigung verwertet werden.
Ergibt die Auswertung der Datenbank, dass ein Mitarbeiter darin seine Arbeitszeiten in erheblichem
Umfang zu seinen Gunsten manipuliert hat, kann
dies eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.
Urteil des LAG Köln vom 29.09.2014
2 Sa 181/14
NZA-RR 2015, 128
Anforderungen an Behördenauskunft aus
­elektronisch geführter Akte
Behörden sind nach § 99 VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung) zur Vorlage von Urkunden oder Akten, zur Übermittlung elektronischer Dokumente
und zu Auskünften verpflichtet. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat in einer aktuellen Entscheidung
im Einzelnen dargelegt, wie bei der Führung einer
elektronischen Akte zu verfahren ist:
Die Behörde ist in diesem Fall zur Übermittlung der
elektronischen Dokumente verpflichtet. Die Vorlage einer sogenannten „PDF-Akte“ in ausgedruckter
Form genügt dem nicht. Elektronische Dokumente
müssen mit einer qualifizierten Signatur nach dem
Signaturgesetz versehen sein. Einfach eingescannte
Unterlagen haben den Wert einer - unzureichenden
- einfachen Kopie, da eine Kopie zwar den Anschein
erweckt, Abbild des Originals zu sein, ihre inhaltliche
Unverfälschtheit aber nicht feststeht. Kopien können
manipuliert oder in anderer Form elektronisch erzeugt
worden sein. Daher sind bereits an den Einscannvorgang mittels eines zertifizierten Scanners hohe Anforderungen zu stellen. Ferner bedarf es einer qualifizierten Signatur des eingescannten Dokuments durch die
scannende Person dahingehend, dass der jeweilige
Scan mit dem Original übereinstimmt.
Urteil des VG Wiesbaden vom 20.01.2015
6 K 1567/14.WI
DuD 2015, 262
Keine Prüfungspflichten eines
Hotelbewertungsportals­
Der Inhaber eines Hotels verlangte vom Betreiber
eines Online-Reisebüros sowie eines damit verknüpften Hotelbewertungsportals Unterlassung einer unwahren, geschäftsschädigenden Bewertung
eines Verbrauchers mit dem Inhalt „Für 37,50 Euro
pro Nacht und Kopf im DZ gab‘s Bettwanzen“.
Die Klage des Hotelbetreibers scheiterte in allen Instanzen. Auch der Bundesgerichtshof kam schließlich zu dem Ergebnis, dass dem Betreiber eines
Bewertungsportals keine Prüfungspflichten für
Fremdbewertungen auferlegt werden dürfen, die
sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder
seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren. Eine
inhaltliche Vorabprüfung der Nutzerbewertungen ist
ihm nicht zumutbar.
Bank- und Insolvenzrecht
Rückforderung einer versehentlichen
­Banküberweisung an insolventes Unternehmen
Landet eine Überweisung durch eine Verwechslung
ähnlicher Firmennamen durch den Überweisenden
auf einem Geschäftskonto eines Unternehmens,
über dessen Vermögen bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, steht dem Überweisenden ein
Rückzahlungsanspruch gegenüber der Insolvenzmasse zu. Der Insolvenzverwalter kann jedoch den
Betrag von dem Rückzahlungsanspruch in Abzug
bringen, um den sich durch die rechtsgrundlose
Leistung an die Insolvenzmasse die Kosten des Insolvenzverfahrens erhöht haben. Diese beliefen sich
bei einer fehlgeleiteten Überweisung von 2.975.000
Euro allerdings lediglich auf 350 Euro.
Urteil des BGH vom 05.03.2015
IX ZR 164/14
WM 2015, 733
ZIP 2015, 738
Insolvenzverwalter kassiert Unfallversicherung
für Geschäftsführer
Eine Holzmanufaktur GmbH hatte für ihren Geschäftsführer eine Unfallversicherung abgeschlossen. Nachdem er einen Arbeitsunfall erlitten hatte, wurde
vereinbarungsgemäß die Versicherungssumme von
12.500 Euro an ihn ausbezahlt. Als die GmbH ein
Jahr später Insolvenz anmelden musste, erklärte der
Insolvenzverwalter die Anfechtung der Auszahlung
gemäß § 134 InsO (unentgeltliche Leistung binnen
vier Jahren vor Insolvenzeröffnung). Die Versicherung
meinte demgegenüber, ihre Leistungspflicht sei mit
der Auszahlung der Versicherungssumme erloschen.
Eine Haftung auf Unterlassung besteht in einem
solchen Fall erst, wenn der Betreiber eines Internetportals Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung
erlangt und sie gleichwohl nicht beseitigt. Dieser
Pflicht war das Bewertungsportal im konkreten Fall
jedoch umgehend nachgekommen. Somit lag kein
Rechtsverstoß vor, der eine Abmahnung und Unterlassungsklage gerechtfertigt hätte.
Dem folgte das Oberlandesgericht Köln nicht und
verurteilte den Versicherer zur erneuten Zahlung diesmal an den Insolvenzverwalter. Bei einer hier
vorliegenden Versicherung für fremde Rechnung ist
zwar der Versicherte (hier der Geschäftsführer) Inhaber der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag,
der Versicherungsnehmer (hier die GmbH) bleibt
aber verfügungsbefugt über die Forderung. Im Falle
seiner Insolvenz steht deshalb das Einzugsrecht der
Versicherungsleistung dem Insolvenzverwalter zu.
Urteil des BGH vom 19.03.2015
I ZR 94/13
Pressemitteilung des BGH
Urteil des OLG Köln vom 05.12.2014
20 U 100/14
ZInsO 2015, 712
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Ausgabe: gewerbliche Mandanten / Mai 2015
Weiterverfolgung des Insolvenzeröffnungsantrags
nach Ausgleich der Gläubigerforderung
Der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners ist zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches
Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund
glaubhaft macht.
Will der Gläubiger seinen Eröffnungsantrag nach
Ausgleich seiner Forderung weiterverfolgen, genügt
zur Glaubhaftmachung eines Eröffnungsgrundes
auch, wenn in einem Zeitraum von zwei Jahren vor
der Antragstellung bereits ein Antrag auf Eröffnung
eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des
Schuldners anhängig war. Die Glaubhaftmachung
fortbestehender Zahlungsunfähigkeit setzt daher
nach Ausgleich der Forderung des hier antragstellenden Sozialversicherungsträgers nicht stets voraus, dass dieser neue Tatsachen vorträgt, die für
eine auch nach dem Forderungsausgleich noch bestehende Zahlungsunfähigkeit sprechen.
Beschluss des BGH vom 18.12.2014
IX ZB 34/14
ZInsO 2015, 301
DB 2015, 303
Zuordnung eines Einkommensteuererstattungs­
anspruchs zum insolvenzfreien Vermögen
Übt ein Insolvenzschuldner eine selbstständige
Tätigkeit aus, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und
Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. Dies ist in §
35 Abs. 2 InsO (Insolvenzordnung) geregelt.
Hat der Insolvenzverwalter die selbstständige Tätigkeit dementsprechend aus dem Insolvenzbeschlag
freigegeben, fällt ein Einkommensteuererstattungsanspruch, der auf Vorauszahlungen beruht, die erst
nach der Freigabe festgesetzt und allein nach den
zu erwartenden Einkünften aus der freigegebenen
Tätigkeit berechnet worden sind, nicht in die Insolvenzmasse.
Urteil des BFH vom 26.11.2014
VII R 32/13
ZIP 2015, 532
DB 2015, 598
Miet- und Immobilienrecht
Zulässigkeit der Videoüberwachung in privatem
Bürogebäude
Die Videoüberwachung des Eingangsbereichs und
der Treppenaufgänge eines Bürogebäudes durch
festinstallierte Mini-Dome-Kameras ohne ZoomFunktion und die kurzfristige Speicherung der Aufnahmen im sogenannten Black-Box-Verfahren kann
zur Wahrnehmung berechtigter Interessen zulässig
sein. Erforderlich ist eine derartige Maßnahme unzweifelhaft, wenn sie zur Aufklärung konkret drohender Straftaten (z.B. Graffitischmierereien) dient.
Befinden sich in den an diverse Kanzleien, Steuerberatungsbüros und IT-Unternehmen vermieteten
Räumen des Bürogebäudes sensible schützenswerte Daten der Kunden dieser Unternehmen, kann
bereits die aufgrund der Abschreckungswirkung
mögliche Verhinderung von Straftaten und die Sicherung von Beweismaterial zur Aufklärung von begangenen Straftaten ein berechtigtes Interesse an
der permanenten Videoüberwachung darstellen und
datenschutzrechtlich zulässig sein.
Urteil des OVG Lüneburg vom 29.09.2014
11 LC 114/13
ZfIR 2015, 25
CR 2015, 39
Kein Verstoß gegen Unterlassungserklärung bei
Eigengeschäft eines Maklers
Ein Makler wurde von einem Wettbewerbsverein
wegen unzureichender Preisangaben in Zeitungsannoncen abgemahnt. Im Wiederholungsfall verpflichtete er sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v.
6.000 Euro. Als erneut eine Anzeige des Maklers
mit unzureichenden Preisangaben erschien, wurde
er auf Zahlung der Vertragsstrafe in Anspruch genommen.
Bei der neuerlichen Annonce lag der Fall jedoch anders. Bei der angebotenen Mietwohnung handelte es
sich um eine eigene Immobilie des Maklers. Bei der
Vermietung einer eigenen Wohnung liegt ein Eigengeschäft des Maklers vor, bei dem er nicht an die
Preisangabenvorschrift des § 6 Abs. 2 Gesetz zur
Regelung der Wohnungsvermittlung gebunden ist.
Somit lag kein Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungsverpflichtung vor. Die Klage auf Zahlung
der Vertragsstrafe wurde demzufolge abgewiesen.
Urteil des OLG Hamm vom 18.03.2014
I-4 U 143/13
AIZ 2015, Nr. 1-2, 59
Berücksichtigung einer Flächenabweichung bei
„echter Quadratmetermiete“
Weist ein Mietobjekt entgegen den Angaben im Mietvertrag eine wesentlich kleinere Fläche auf, kann der
Mieter die Miete entsprechend mindern. Die Wesentlichkeitsgrenze liegt nach ständiger Rechtsprechung
bei einer Flächenabweichung von 10 Prozent und
mehr. Beträgt die Abweichung weniger als 10 Prozent, liegt ein Mangel nur dann vor, wenn der Mieter
konkret nachweist, inwieweit er das Mietobjekt aufgrund der Flächendifferenz nicht nutzen kann.
Von diesen Grundsätzen ist jedoch dann abzuweichen, wenn in einem Mietvertrag (hier über ein
Gebäude zum Betrieb eines Altenwohnheims) ausdrücklich eine sogenannte echte Quadratmetermiete vereinbart wurde. Eine solche liegt vor, wenn im
Mietvertrag der Mietzins mit der Formel „Nutzfläche mal Quadratmeterpreis“ errechnet wurde. Dann
kann der Mieter bei nachträglicher Feststellung
einer geringeren Nutzfläche auch unterhalb der
Wesentlichkeitsgrenze die Miete reduzieren und die
bisherigen Überzahlungen zurückfordern.
Beschluss des OLG Dresden vom 01.07.2014
5 U 1890/13
NJW-RR 2015, 141
Baurecht
Sicherungshypothek von Grundstückserwerber
Der Unternehmer eines Bauwerks oder eines einzelnen Teiles eines Bauwerks kann gemäß § 648 Abs.
1 Satz 1 BGB für seine Forderungen aus dem Vertrag die Einräumung einer Sicherungshypothek an
dem Baugrundstück des Bestellers verlangen. Der
Unternehmer wird durch diese Vorschrift grundsätzlich nicht davor geschützt, dass der Besteller das
Grundstück veräußert, auf dem der Unternehmer
die nach dem Vertrag geschuldete Bauleistung zu
erbringen hat. An der Veräußerung kann der Besteller aus unterschiedlichen Gründen ein berechtigtes
Interesse haben, insbesondere wenn dies der Verwertung der von ihm im Hinblick auf das Grundstück
getätigten Investitionen dient.
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Ausgabe: gewerbliche Mandanten / Mai 2015
Der Unternehmer kann daher nur in Ausnahmefällen
statt von seinem Auftraggeber (Besteller) nunmehr
von dem Grundstückserwerber die Bewilligung der
Eintragung einer Bauhandwerkersicherungshypothek verlangen. Der Anspruch auf Einräumung einer
Sicherungshypothek richtet sich grundsätzlich gegen den Besteller der Werkleistung und setzt voraus,
dass dieser zugleich Eigentümer des Grundstücks
ist, auf dem die Werkleistung erbracht werden soll.
Urteil des BGH vom 18.12.2014
VII ZR 139/13
MDR 2015, 206
NZBau 2015, 152
Abgrenzung zwischen Kostenanschlag und
­Vergütungsvereinbarung
Ist einem Werkvertrag ein Kostenanschlag (auch Kostenvoranschlag) zugrunde gelegt worden, ohne dass
der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des
Anschlags übernommen hat, kann er gleichwohl eine
höhere Vergütung verlangen, wenn er die zu erwartende Überschreitung des Anschlags dem Besteller
unverzüglich angezeigt und der Besteller den Vertrag
daraufhin nicht gekündigt hat (§ 650 BGB). Oftmals
ist die Abgrenzung eines Kostenanschlags von einer
einseitig nicht mehr abänderbaren Vergütungsvereinbarung schwierig. Das Saarländische Oberlandesgericht stellte hierzu folgende Kriterien auf:
„Ein Kostenanschlag i.S. von § 650 BGB ist eine
unverbindliche Berechnung der voraussichtlich anfallenden Kosten auf der Grundlage einer fachmännischen gutachtlichen Äußerung des Unternehmers
zur Kostenfrage, die dem Vertrag zugrunde gelegt
worden ist, ohne Vertragsbestandteil geworden
zu sein. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer
keine Gewähr für die Richtigkeit des Kostenanschlags übernommen hat. Durch eine solche Richtigkeitsgarantie, wird der garantierte Preis nämlich
Vertragsinhalt und § 650 BGB ist in der Folge nicht
anwendbar. So liegt es im Bereich des Fest- oder
Pauschalpreises, bei dem sich die Parteien bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf einen endgültigen Preis verständigt haben und der
Unternehmer deshalb für einen bestimmten Preis
einzustehen hat. Bei einem Kostenanschlag ist der
Unternehmer dagegen nicht an den veranschlagten
Kostenbetrag gebunden; übersteigen die für die
Herstellung des Werkes tatsächlich entstehenden
Kosten den Kostenanschlag und wurde dies dem
Besteller angezeigt, so schuldet dieser prinzipiell
die Vergütung, die den tatsächlich erbrachten Leistungen entspricht.“
Urteil des OLG Saarbrücken vom 19.11.2014
2 U 172/13
NZBau 2015, 161
NJW 2015, 879
suchung festgestellten „schwerwiegenden Mängel“
unverzüglich zu beheben und das Fahrzeug spätestens bis zum Ablauf eines Monats nach dem Tag der
durchgeführten Hauptuntersuchung wieder vorzuführen, stellte somit eine neue, eigenständige Ordnungswidrigkeit dar. Der Lkw-Halter musste auch
den zweiten Bußgeldbescheid bezahlen.
Zulässige Überschreitung der Baugrenze durch
Außenaufzug
Beschluss des OLG Rostock vom 16.12.2014
21 Ss OWI 208/14 (Z)
VerkMitt 2015, Nr. 7
§ 23 Abs. 3 BauNVO (Baunutzungsverordnung) regelt,
dass eine festgelegte Baugrenze (Abstandsregelung)
durch Gebäude und Gebäudeteile nicht überschritten
werden darf. Ausnahmsweise kann ein Vortreten
von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß zugelassen werden. Der Verwaltungsgerichtshof BadenWürttemberg hat die Überschreitung einer Baugrenze
durch einen 1,7 Meter breiten, 1,0 Meter tiefen und
ca. 10,5 Meter hohen Anbau einer Aufzugsanlage an
der 15 Meter langen Außenwand eines bestehenden
Wohnhauses für zulässig erachtet.
Beschluss des VG Baden-Württemberg vom
12.11.2014
3 S 1419/14
BauR 2015, 543
Verkehrs- und Versicherungsrecht
Mehrfach unterlassene Vorführung eines Lkws
zur Hauptuntersuchung
Gegen den Halter eines Lkws wurde wegen unterlassener Vorführung des Kraftfahrzeugs zur fälligen
Hauptuntersuchung ein Bußgeldbescheid über 60
Euro verhängt. Bei der nachfolgenden Vorführung
wurden erhebliche Mängel festgestellt. Obwohl die
Mängelbeseitigung nicht umgehend erfolgte, wurde
der Lkw weiterbenutzt. Daraufhin wurde gegen den
Halter erneut ein Bußgeld verhängt.
Der hiergegen erhobene Einspruch hatte keinen
Erfolg. Die bereits geahndete Ordnungswidrigkeit
der unterlassenen Vorführung eines Kfz zur fälligen
Hauptuntersuchung endete mit der verspäteten Vorführung, auch wenn bei dieser erhebliche Mängel
festgestellt wurden, die der Erteilung der Prüfplakette entgegenstanden und eine Wiedervorführung
erforderlich machten. Der nachfolgende Verstoß
gegen die Verpflichtung, die bei dieser Hauptunter-
Keine einseitige Herabsetzung des Krankentagegelds wegen gesunkenem Einkommen
Ein selbstständiger Handwerker hatte im Jahr 2006
eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen,
die ihm im Krankheitsfall ein Tagegeld in Höhe von
100 Euro versprach. Der Tagessatz entsprach seinem damaligen Nettoeinkommen. Im Jahr 2012
teilte ihm die Versicherung mit, das Tagegeld betrage wegen seiner inzwischen geringeren Einkünfte
nur noch 62 Euro. Der Versicherer stützte die Herabsetzung auf eine entsprechende Klausel in den
Versicherungsbedingungen.
Der Handwerker wollte das nicht hinnehmen und
klagte erfolgreich auf Beibehaltung des vereinbarten, höheren Tagessatzes. Das Oberlandesgericht
Karlsruhe erklärte die entsprechende Anpassungsklausel wegen unangemessener Benachteiligung
für unwirksam. Die Klausel ermöglichte es der
Versicherung, die Tagegeldhöhe auch dann herabzusetzen, wenn der Versicherte bereits erkrankt
war und Tagegeldansprüche geltend macht. Damit
bestand für ihn die Gefahr, dass das Tagegeld von
seiner Versicherung gerade dann einseitig herabgesetzt werden kann, wenn wegen der Erkrankung
auch sein Einkommen sinkt.
Urteil des OLG Karlsruhe vom 09.12.2014
9a U 15/14
RuS 2015, 78
Steuerrecht
Umsatzsteuerfreiheit von Raucherentwöhnungs­
seminaren
Die Durchführung von Raucherentwöhnungsseminaren durch ein Unternehmen kann als vor-
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Ausgabe: gewerbliche Mandanten / Mai 2015
beugende Maßnahme des Gesundheitsschutzes
bei Vorliegen einer medizinischen Indikation eine
umsatzsteuerfreie Heilbehandlung darstellen. Für
eine medizinische Indikation kann dabei sprechen,
wenn eine erhebliche Anzahl der Teilnehmer auf von
Betriebsärzten vorgenommene Überweisungen zurückzuführen ist.
Urteil des BFH vom 26.08.2014
XI R 19/12
DStRE 2015, 121
Doppelte Haushaltsführung: Eine Stunde Fahrzeit in
Ballungszentren zumutbar
Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass in
Ballungszentren Fahrtzeiten von etwa einer Stunde
noch in dem zeitlichen Rahmen liegen, in dem es einem steuerpflichtigen Berufstätigen zugemutet werden kann, vom eigenen Hausstand aus zu seinem
Beschäftigungsort zu fahren. Kosten für eine doppelte Haushaltsführung können in diesem Fall daher
nicht steuermindernd geltend gemacht werden.
Urteil des FG Hamburg vom 17.12.2014
2 K 113/14
JURIS online
Betrieb einer Kindertagesstätte: Freiberufliche oder
gewerbliche Tätigkeit?
Der Betrieb einer Kindertagesstätte mit zwei Gruppen und durchschnittlich 45 Kindern durch eine Diplom-Sozialpädagogin kann trotz sechs angestellter
Erzieherinnen und mehrerer Verwaltungsangestellten eine freiberufliche Tätigkeit darstellen. Von einer
freiberuflichen und keiner gewerblichen Tätigkeit ist
laut Finanzgericht Hamburg auszugehen, wenn die
Inhaberin während ihrer durchgehenden Anwesenheit in der Einrichtung ihre pädagogischen Aufgaben
konsequent dazu nutzt, eine persönliche Beziehung
zu jedem Kind aufzubauen und selbst oder über die
in dem besonderen Erziehungskonzept angeleiteten
Mitarbeiterinnen auf die Erziehung jedes Kindes
einzuwirken und der Erziehungsleistung auf diese
Weise den „Stempel ihrer Persönlichkeit aufzudrücken“.
Urteil des FG Hamburg vom 20.01.2015
3 K 157/14
BB 2015, 725
StE 2015, 229
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