Ausgabe Mai 2015, privat

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Ausgabe: private Mandanten / Mai 2015
Verkehrsrecht
Gebrauchtwagenkauf: Bedeutung des Begriffs
„Blechschaden“
Wenn es um Angaben von Vorschäden eines Gebrauchtwagens geht, werden meist die Begriffe
„Unfallschaden“ und „Blechschaden“ verwendet.
Nun hat das Oberlandesgericht Düsseldorf klargestellt, was ein Gebrauchtwagenkäufer unter dem
Begriff „Blechschaden“ verstehen darf: „Mit Blechschaden werden umgangssprachlich und damit
nach der hier maßgeblichen Käufersicht Schäden
bezeichnet, die, bezogen auf das Gesamtfahrzeug,
sozusagen an der Oberfläche bleiben und eine Betroffenheit grundlegender Fahrzeugstrukturen weder beim Schadenseintritt noch im Zuge dessen
Behebung bewirken.
Der weitere Hinweis in der Beschaffenheitsvereinbarung, der Schaden sei repariert, kann nur dahingehend verstanden werden, es habe eine ordnungsgemäße Reparatur stattgefunden.“
Wurde im Kaufvertrag lediglich ein „Blechschaden“
aufgeführt und stellt sich heraus, dass dieser nicht
fachgerecht beseitigt wurde oder durch den Unfall
auch tragende Teile beschädigt wurden, kann der
Käufer vom Vertrag zurücktreten.
Urteil des OLG Düsseldorf vom 30.10.2014
I-3 U 10/13
DAR 2015, 24
Zerstörung eines Gebrauchtwagens nach Rücktritt
und vor Rückgabe
Tritt der Käufer eines Gebrauchtwagens wegen
gravierender Mängel vom Kaufvertrag zurück und
wird das vom Käufer vollkaskoversicherte Fahrzeug noch vor der Rückgabe an den Verkäufer (hier
durch einen Brand) zerstört, kann der Verkäufer die
Rückzahlung des Kaufpreises von der Abtretung der
Ansprüche des Käufers gegenüber der Kaskoversicherung abhängig machen.
Urteil des BGH vom 25.03.2015
VIII ZR 38/14
BGH online
iPod ohne SIM-Karte kein Mobiltelefon im Sinne der
Straßenverkehrsordnung
Ein interessantes Urteil zum Thema unerlaubte Benutzung von Mobiltelefonen beim Autofahren hat
das Amtsgericht Waldbröl erlassen. Danach soll ein
Gerät wie ein iPod, das über keine SIM-Karte verfügt und mit dem man - neben der Nutzung einer
Vielzahl anderer Funktionen - nur über eine Internetverbindung telefonieren kann, nicht unter den
Begriff des Mobiltelefons im Sinne des § 23 StVO
fallen.
Hinweis: Das Urteil ist angesichts des eindeutigen
Gesetzeswortlauts rechtlich wohl nicht zu beanstanden. Verkehrspolitisch ist die danach bestehende legale Möglichkeit, einen iPod beim Autofahren uneingeschränkt zu nutzen, angesichts des dramatischen
Anstiegs von Verkehrsunfällen durch die Nutzung
dieser Geräte sicherlich nicht wünschenswert.
Urteil des AG Waldbröl vom 31.10.2014
44 OWi - 225 Js 1055/14 - 121/14
JurPC Web-Dok. 37/2015
Oldtimer mit „falschem“ Motor
Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte sich mit der
Frage zu befassen, ob und inwieweit sich aus der
Modellbezeichnung eines Oldtimers im Kaufvertrag
(hier: Jaguar XK 150 S Roadster) eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich des technischen
Zustands oder des Vorhandenseins bestimmter
historischer Fahrzeugteile ergibt. Ob dies der Fall
ist, richtet sich nach den üblichen Erwartungen von
Kaufinteressenten auf dem Oldtimermarkt. Sofern
nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist,
stellt bei einem restaurierten Oldtimer das Vorhandensein des Originalmotors in der Regel keine zu
erwartende Beschaffenheit dar. Der Verkäufer ist
daher nicht verpflichtet, den Käufer vor Abschluss
des Vertrags - ungefragt - über nachträgliche technische Veränderungen an dem Fahrzeug aufzuklären.
In dem entschiedenen Fall musste der Käufer den
für 148.000 Euro erworbenen, 52 Jahre alten Jaguar behalten, obwohl der Wagen nicht mit dem in
dessen Produktionsjahr ursprünglich eingebauten
3,4-l-Motor mit 250 PS, sondern mit einem 3,8-lMotor mit 265 PS ausgestattet war.
Urteil des OLG Karlsruhe vom 20.11.2014
9 U 234/12
MDR 2015, 85
DAR 2015, 90
Fehlende Streckenposten bei Motocross-Training
Der Betreiber einer Motocross-Anlage ist bei einem freien Training nicht verpflichtet, die Piste mit
Streckenposten zu sichern. Stürzt ein Fahrer nach
einem Sprung über eine Kuppe und kann ein nachfolgender Fahrer, der die Unfallstelle nicht einsehen
konnte, nicht mehr abbremsen, kann der Veranstalter für die Unfallfolgen nicht haftbar gemacht werden. Ihn trifft eine Verkehrssicherungspflicht nur
hinsichtlich solcher Gefahren, die über das übliche
Risiko bei der Nutzung der Anlage hinausgehen und
vom Benutzer nicht vorhersehbar und nicht ohne
Weiteres erkennbar sind. Dass Stürze auch an nicht
einsehbaren Stellen passieren können, musste jedem Trainingsteilnehmer bekannt sein.
Urteile des OLG Schleswig vom 19.02.2015
11 U 91/14
Pressemitteilung des OLG Schleswig
Bußgeld auch bei einmaligem zu nahem Auffahren
Ein Autofahrer wurde wegen Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes verurteilt, weil er
mit 124 km/h auf der Autobahn bis auf 17 Meter auf
ein anderes Fahrzeug aufgefahren war. Vorgeschrieben wären wenigstens 62 Meter gewesen. Der Verurteilte meinte, die Abstandsmessung hätte mindestens
über eine Strecke von 140 Metern erfolgen müssen.
Das Oberlandesgericht Hamm hielt dies im konkreten Fall nicht für erforderlich. Von einer nicht nur
ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung ist
nur in Verkehrssituationen auszugehen, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, wie
etwa das plötzliche Abbremsen des Vorausfahrenden oder der abstandsverkürzende Spurwechsel
eines dritten Fahrzeugs. Ist eine solche Verkehrssituation - wie im entschiedenen Fall - nicht feststellbar, bedarf es auch keiner Abstandsmessung
über eine längere Fahrstrecke. Es genügt dann ein
einziges Foto von dem Vorfall.
Beschluss des OLG Hamm vom 22.12.2014
III-3 RBs 264/14
Wirtschaftswoche Heft 7/2015, Seite 93
Fahrlehrer darf auf Ausbildungsfahrt telefonieren
Ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, dessen
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Ausgabe: private Mandanten / Mai 2015
fortgeschrittener Ausbildungsstand zu einem Eingreifen keinen Anlass gibt, ist nicht als Führer des
Kraftfahrzeugs im Sinne der Straßenverkehrsordnung (StVO ) anzusehen und unterliegt daher nicht
dem „Handyverbot“ des § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO.
Etwas anderes gilt, wenn ein absoluter Fahranfänger am Steuer sitzt und der Fahrlehrer daher „beide
Hände für die Bewältigung seiner Fahraufgabe frei
haben muss“.
Beschluss des BGH vom 23.09.2014
4 StR 92/14
DAR 2015, 97
NZV 2015, 145
Regelgeldbuße unabhängig vom Einkommen
Bei der Verurteilung eines Kraftfahrers (hier wegen
einer Geschwindigkeitsüberschreitung) muss das
Gericht Feststellungen zu dessen wirtschaftlichen
Verhältnissen dann nicht treffen, solange die im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße verhängt
wird und sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben,
dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verkehrssünders außergewöhnlich gut oder schlecht sind.
Beschluss des OLG Celle vom 01.12.2014
321 SsBs 133/14
DAR 2015, 101
Betrunken auf „rollendem“ Fahrrad
Ein Radfahrer kann der wegen einer Trunkenheitsfahrt mit 2,41 Promille erfolgten Entziehung der
Fahrerlaubnis nicht mit dem Argument begegnen,
er sei auf dem Fahrrad auf der Gefällstrecke nur
dahingerollt, ohne dabei zu treten. Wer auf einem
rollenden Fahrrad sitzt, führt dieses, da auch ein
rollendes Fahrrad gelenkt werden muss. Ob dabei
die Pedale betätigt werden, ist unerheblich.
Beschluss des VGH München vom 17.11.2014
11 ZB 14.1755
DAR 2015, 107
Familien- und Erbrecht
Pflichtteilsberechtigter muss sich mit
a­bschließender Erbenauskunft zufriedengeben
Ein Erbe ist nach dem Gesetz verpflichtet, einem
pflichtteilsberechtigten Abkömmling vollständig
Auskunft über den Nachlass des Verstorbenen zu
erteilen. Dieser Anspruch ist in der Regel dann erfüllt, wenn der Erbe die Auskunft ausdrücklich als
abschließend deklariert hat. Dem Erlöschen des
Auskunftsanspruchs kann der Pflichtteilsberechtigte nicht dadurch entgegentreten, dass er auch noch
so beharrlich die Unvollständigkeit bzw. Unrichtigkeit der erteilten Auskunft behauptet, ohne hierfür
konkrete Nachweise zu erbringen.
Bleibt der Erbe bei seiner Angabe, weitere Vermögenswerte seien ihm nicht bekannt, kann der
Pflichtteilsberechtigte keine weiteren Auskünfte
verlangen. IIhm bleibt dann nur die Möglichkeit, im
Wege einer Zahlungsklage die von ihm behaupteten
Pflichtteilsansprüche geltend zu machen. Hierbei
trägt er für das Vorhandensein der angeblichen Vermögenswerte jedoch die volle Beweislast.
Urteil des AG Erfurt vom 17.12.2014
5 C 1738/12
jurisPR-FamR 5/2015 Anm. 1
Mutter muss Namen des Vaters eines
­„Kuckuckskindes“ nicht offenbaren
Wird ein Kind während der Ehezeit geboren, geht die
gesetzliche Vermutung des § 1592 Nr. 1 BGB davon
aus, dass der Ehemann auch der leibliche Vater des
Kindes ist, bis nicht durch eine erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung das Gegenteil bewiesen ist. Hat
der sogenannte Scheinvater Unterhalt an das Kind
gezahlt, kann er vom wirklichen Vater den Ersatz
der Unterhaltsleistungen verlangen, soweit dieser
zum Unterhalt verpflichtet ist.
Hatte für den Bundesgerichtshof (AZ: XII ZR 136/09)
das Recht der Mutter auf Achtung der Privat- und
Intimsphäre hinter dem berechtigten Anspruch des
Mannes zurückzutreten, von dem tatsächlichen
Kindesvater die von ihm im Glauben der eigenen
Vaterschaft erbrachten Unterhaltsleistungen zurückzufordern, ist das Bundesverfassungsgericht
nun zu einer genau gegensätzlichen Interessensabwägung gelangt. Das grundgesetzlich garantierte
Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Schutz
der Privat- und Intimsphäre auch das Recht, selbst
darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem
Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird. Dies umschließt das
Recht, geschlechtliche Beziehungen zu einem be-
stimmten Partner nicht offenbaren zu müssen. Im
Ergebnis musste die Mutter den Namen des Vaters
des „Kuckuckskindes“ nicht nennen.
Beschluss des BVerfG vom 24.02.2015
1 BvR 472/14
ZAP EN-Nr 286/2015
Umgangsrecht: Anwesenheit einer Begleitperson
bei gerichtlich angeordneter psychologischer
Begutachtung
Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden,
dass bei einer im Rahmen der familiengerichtlichen Prüfung des Umgangsrechts angeordneten
psychologischen Untersuchung des Vaters diesem
das Recht zusteht, eine Begleitperson zu einem Explorationsgespräch mit dem gerichtlich bestellten
Sachverständigen mitzubringen.
Das Gericht betonte jedoch, dass der Begleitperson eine Beteiligung am Untersuchungsgespräch
durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerungen
nicht gestattet ist, da andernfalls eine Störung
oder Beeinflussung der medizinischen oder psychologischen Begutachtung zu befürchten wäre. Die
Rechte des zu Begutachtenden sind insoweit durch
die Möglichkeit einer nachträglichen Stellungnahme, die auch von der bevollmächtigten Begleit­
person abgegeben werden kann, ausreichend gewahrt.
Beschluss des OLG Hamm vom 02.02.2015
14 UF 135/14
NJW-Spezial 2015, 217
Beteiligung des Samenspenders bei StiefkindAdoption durch Lebenspartnerin der Mutter
Eine (Stiefkind-)Adoption durch die Lebenspartnerin der Mutter, deren Kind mithilfe einer „privaten“
­Samenspende gezeugt worden ist, darf grundsätzlich nur ausgesprochen werden, wenn das Familiengericht dem leiblichen Vater zuvor die Möglichkeit
gegeben hat, sich am Adoptionsverfahren zu beteiligen. Etwas anderes gilt laut Bundesgerichtshof
nur dann, wenn zuverlässig davon ausgegangen
werden kann, dass der leibliche Vater die rechtliche Vaterstellung zu dem Kind von vornherein
nicht einnehmen will, wie es etwa bei der sogenannten anonymen Samenspende in der Regel der
Fall ist.
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Urteil des BGH vom 18.02.2015
XII ZB 473/13
EBE/BGH 2015, BGH-Ls 254/15
Regelung der Erbschaftssteuerbegünstigung bei
vererbten Erbbaugrundstücken
Bebaute Grundstücke, die zu Wohnzwecken vermietet werden, sind gemäß § 13c Abs. 1 ErbStG
(Erbschaftssteuergesetz) bei der Berechnung der
Erbschaftssteuer nur mit 90 Prozent ihres Werts
anzusetzen. Wird das Grundstück vom Eigentümer
vererbt, ist diese Vorschrift nicht anzuwenden. Die
Erbschaftssteuerbegünstigung gilt also nur für den
oder die Erben des Erbbauberechtigten.
Eine Prozesspartei, die nach ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten
aufbringen kann, erhält auf Antrag Verfahrenskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf
Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
zugeben, geschützt. Verbraucher ist nach § 13 BGB
jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu
Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer
gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Nun hat
der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch eine
Wohnungseigentümergemeinschaft als Verbraucher
gemäß § 13 BGB anzusehen ist.
Urteil des BFH vom 11.12.2014
II R 25/14
DStR 2015, 419
Der die Verfahrenskostenhilfe Beantragende (hier in
einem familiengerichtlichen Verfahren) muss hierzu eine vollständig ausgefüllte und belegte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse nebst Belegen einreichen. Dies gilt
uneingeschränkt auch beim Bezug von Sozialhilfeleistungen (hier ALG II nach dem SGB II). Daher ist
die bloße Vorlage eines Ausweises über den Bezug
von SGB II-Leistungen nicht ausreichend. Dies kann
allenfalls einzelne Angaben des antragstellenden
Beteiligten, nicht aber die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ersetzen.
Unvollständiges gemeinschaftliches Testament ist
kein Einzeltestament
Beschluss des OLG Jena vom 09.01.2015
1 WF 624/14
jurisPR-FamR 6/2015 Anm. 1
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Interesse des Verbraucherschutzes der beteiligten Personen in der Regel einem Verbraucher gleichzustellen, nämlich immer dann, wenn ihr wenigstens ein
Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft
zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen
Tätigkeit dient. Entscheidend ist, dass eine natürliche Person ihre Schutzwürdigkeit als Verbraucher
nicht dadurch verliert, weil sie als Mitglied einer
Wohnungseigentümergemeinschaft handelt. Hinzu
kommt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft beim Abschluss von Rechtsgeschäften - z.B.
bei Energielieferungsverträgen - in der Regel zur
Deckung des eigenen Bedarfs handelt.
Miet-, WEG- und Immobilienrecht
Urteil des BGH vom 24.03.2015
VIII ZR 243/13
Pressemitteilung des BGH
Ein älteres Ehepaar beabsichtigte, ein sogenanntes
gemeinschaftliches Testament zu erstellen, in dem
sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben und
ihre vier Kinder als Schlusserben des Letztversterbenden einsetzten wollten. Der Ehemann setzte ein
entsprechendes Schriftstück auf und unterschrieb
es. Die Unterschrift der Ehefrau unterblieb jedoch.
Nach dem Tod des Ehemanns beantragte sie die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbin. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm stellte das
Schriftstück lediglich einen Entwurf eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments dar, das wegen
der fehlenden Unterschrift der Ehefrau unwirksam
war. Für die Errichtung eines Einzeltestaments fehlte es an einem entsprechenden Erblasserwillen.
Der Entwurf konnte daher nicht in ein wirksames
Einzeltestament zugunsten der Ehefrau umgedeutet
werden. Im Ergebnis trat daher die gesetzliche Erbfolge ein, nach der sich die Witwe das Erbe mit ihren
Kindern teilen musste.
Dreister Vertuschungsversuch eines
­Feuchtigkeitsschadens
Versucht der Verkäufer eines älteren Einfamilienhauses Feuchtigkeitsschäden durch die Anbringung
von Alufolie hinter der Tapete zu vertuschen, handelt
er arglistig. Der Käufer, der den Schwindel entdeckte, war wegen der Feuchtigkeitsschäden nicht nur
berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Wegen
des arglistigen Verhaltens des Verkäufers konnte er
von diesem auch die entstandenen Maklerkosten,
die Grunderwerbsteuer und die Kosten für einen Privatsachverständigen ersetzt verlangen.
Keine Pflicht zu Schönheitsreparaturen bei
­unrenoviert erhaltener Wohnung
Beschluss des OLG Hamm vom 21.02.2014
I-15 W 46/14
ErbR 2015, 56
Wohnungseigentümergemeinschaft ist als
­Verbraucher anzusehen
Der Bundesgerichtshof hat seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, dass Schönheitsreparaturen auch bei einer zu Mietbeginn dem Mieter
unrenoviert überlassenen Wohnung durch einen
Formularmietvertrag auf den Mieter übertragen
werden können. Die Karlsruher Richter halten eine
Formularklausel, die dem Mieter einer unrenoviert
übergebenen Wohnung die Schönheitsreparaturen
ohne angemessenen Ausgleich auferlegt, nunmehr
für unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Nr. 1 BGB. Denn eine solche Klausel verpflichtet den
Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren
des Vormieters und führt - jedenfalls bei „mieterfeindlichster“ Auslegung - dazu, dass der Mieter die
Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls
in einem besseren Zustand zurückgeben müsste,
als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.
Beantragung von Verfahrenskostenhilfe durch
Sozialhilfeempfänger
Verbraucher werden durch zahlreiche Vorschriften
insbesondere vor übereilten Verkaufsentscheidungen u.a. durch das Recht, bestellte Ware zurück-
Urteile des BGH vom 18.03.2015
VIII ZR 185/14; VIII ZR 242/13; VIII ZR 21/13
Pressemitteilung des BGH
Urteil des OLG Oldenburg vom 05.02.2015
1 U 129/13
Pressemitteilung des OLG Oldenburg
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Mietminderung bei Bauimmissionen in Großstadt
Lärmimmissionen, die von Bauarbeiten auf einem
Nachbargrundstück ausgehen, können auch im
großstädtischen Bereich als Mietmangel anzusehen sein, wenn die Beeinträchtigungen hinsichtlich Intensität und Dauer als erheblich anzusehen
sind. Der durch den gegenüberliegenden Bau eines
mehrgeschossigen Wohnhauses mit Tiefgarage
verursachte Lärm stellt in der Regel einen Wohnungsmangel dar, der den Mieter während der Bauzeit zur Mietminderung berechtigt.
Sind die Beeinträchtigungen nicht bereits zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses erkennbar (z.B.
Baulücke bei ansonsten geschlossener Bebauung),
kommt es auf den baulichen Zustand des Nachbargrundstücks zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich
nicht an. Den Mieter treffen insbesondere keine Erkundigungspflichten hinsichtlich etwaig bevorstehender Baumaßnahmen in seiner Nähe.
Beschluss des LG Berlin vom 27.02.2014
67 S 476/13
MDR 2014, 646
RdW 2015, 92
Selbst verschuldeter Sturz des Mieters im frisch
gereinigten Treppenhaus
Einem Mieter, der in einem für ihn erkennbar frisch
geputzten Treppenhaus ausrutscht, weil er sich
nicht am Geländer festhält, steht gegenüber dem
Vermieter kein Anspruch auf Schadensersatz und
Schmerzensgeld zu. Das Eigenverschulden des
Mieters wiegt nach Auffassung des Amtsgerichts
München in diesem Fall so stark, dass eine Ersatzpflicht des Vermieters vollständig entfällt.
Urteil des AG München vom 12.09.2013
454 C 13676/11
Pressemitteilung des AG München vom 27.03.2015
Kein Sondernutzungsrecht an Gemeinschaftseigentum
Ein Wohnungseigentümer hatte seine Wohnung
zusammen mit einem „dazugehörigen“ Kellerraum
erworben. Später verkaufte er die Wohnung. Nach
jahrelanger unbeanstandeter Nutzung erhoben die
übrigen Eigentümer Ansprüche an dem Kellerraum
gegenüber dem nunmehrigen Eigentümer. Sie beriefen sich darauf, dass die Übertragung eines Sonder-
nutzungsrechts an dem Raum an den ursprünglichen
Eigentümer durch einen drei Jahre vor dem Verkauf
gefassten Beschluss unwirksam gewesen sei.
Das Landgericht Hamburg sah den Beschluss ebenfalls als nichtig an, obwohl er nicht nur einstimmig,
sondern sogar allstimmig gefasst worden war.
Selbst bei einer Beschlussfassung durch alle Eigentümer hätte das Sondernutzungsrecht nur dann
Bestand gehabt, wenn es auch im Grundbuch eingetragen worden wäre. Da dies nicht der Fall war,
musste der Wohnungserwerber den Kellerraum
räumen und an die Eigentümergemeinschaft herausgeben. Er konnte sich auch nicht auf die jahrzehntelange Nutzung des Raums berufen, da dingliche Ansprüche nicht der Verjährung unterliegen und
auch eine derart lange Nutzung kein „Gewohnheitsrecht“ begründet.
bar ist, keinen Mangel der gemieteten Wohnung
dar. Allein Gebrauchseinschränkungen wie beispielsweise beim Reinigen, weil man an den Farbablösungen mit Putzmitteln oder der Kleidung hängenbleiben könnte, stellen noch keinen Mietmangel
dar, der den Mieter zur Minderung des Mietzinses
berechtigt.
Urteil des AG Wedding vom 04.11.2014
7 C 159/14
Grundeigentum 2015, 197
Arbeits- und Sozialrecht
Weg zum Bewerbungsgespräch unfallversichert
Urteil des LG Hamburg vom 09.04.2014
318 S 66/13
ZMR 2014, 741
RdW 2015, 123
Verunglückt ein Arbeitsuchender auf dem Weg zu
einem Vorstellungsgespräch, zu dem er von der
Arbeitsagentur aufgefordert wurde, so ist der Weg
zum Vorstellungsgespräch von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt.
Arglistige Täuschung über nicht für Wohnzwecke
genehmigte Kellerräume
Urteil des SG Konstanz vom 26.11.2014
S 11 U 1929/14
NZA 2015, 216
Gibt der Verkäufer eines Wohnhauses im Exposee
an, bestimmte Kellerräume seien als Wohnraum
nutzbar, liegt objektiv eine arglistige Täuschung
vor, wenn für eine solche Nutzung der Kellerräume
die erforderliche baurechtliche Genehmigung fehlt.
Dasselbe gilt, wenn die Wohnraumnutzung zwar
nicht genehmigungsbedürftig, aber anzeigepflichtig
ist, damit die Baubehörde prüfen kann, ob sie ein
Genehmigungsverfahren einleitet. Behauptet der
Verkäufer im Prozess, den Käufer, der die Rückabwicklung des Vertrags verlangt, vor Vertragsschluss
über den offenbarungspflichtigen Umstand der
nicht genehmigten Wohnraumnutzung aufgeklärt zu
haben, muss der Käufer beweisen, dass die Aufklärung nicht erfolgt ist.
Urteil des BGH vom 27.06.2014
V ZR 55/13
MDR 2014, 1073
RdW 2015, 125
Verwitterte Fenster kein Wohnungsmangel
Auf der Außenseite verwitterte Holzfensterrahmen
stellen, soweit (noch) keine Undichtigkeit feststell-
Zweigleisiger Rechtsschutz bei Kündigung eines
schwerbehinderten Arbeitnehmers
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines
Schwerbehinderten durch den Arbeitgeber bedarf
der vorherigen Zustimmung durch das Integrationsamt. Wurde einem Schwerbehinderten mit dieser
Zustimmung gekündigt, kann er gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen
Arbeitsgericht erheben. Darüber hinaus kann er
auch Widerspruch gegen die Zustimmungserklärung einlegen und Anfechtungsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht einreichen.
Bei diesem zweigleisigen Rechtsschutz ist jedoch
darauf zu achten, dass die Anfechtungsklage dann
mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig wird,
wenn der Schwerbehinderte in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren - wie hier auf Anraten des Gerichts
- seine Kündigungsschutzklage mangels Erfolgsaussichten zurückgenommen hat.
Urteil des VG Düsseldorf vom 20.11.2014
13 K 546/14
jurisPR-ArbR 9/2015 Anm. 6
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Arbeitslosengeld für Studenten trotz Einschreibung
in Universität
Das Hessische Landessozialgericht hat entschieden, dass einem eingeschriebenen Studenten auch
während des Semesters Arbeitslosengeld zusteht,
wenn er nachweist, dass er bis zum Vorlesungsbeginn nicht durch universitäre Aktivitäten gebunden
war und in dieser Zeit den Vermittlungsbemühungen
der Arbeitsagentur zur Verfügung stand. Allein die
Einschreibung eines Studenten an einer Hochschule
steht der Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt nicht
entgegen.
Urteil des Hessischen LSG vom 27.02.2015
L 9 AL 148/13
JURIS online
„Hartz IV“-Leistungen bei einmaligen Heizkosten
Die Bezieherin von Hartz IV-Leistungen beantragte die Erstattung der Kosten einer Brennstofflieferung, da diese eine besondere Bedürftigkeit im
Bezugsmonat herbeigeführt habe. Der Argumentation folgte das Sozialgericht Dresden nicht. Von
der Erstattungsfähigkeit der entstandenen Kosten
ist vielmehr nur dann auszugehen, wenn auch bei
einer Aufteilung der Kosten auf die ganze Heizperiode eine Hilfebedürftigkeit in den einzelnen Monaten
vorliegt. Da nach dieser Berechnung das laufende
Einkommen der Antragstellerin den monatlichen
Bedarf überstieg, verneinte das Gericht den Leistungsanspruch.
Urteil des SG Dresden vom 16.02.2015
S 48 AS 6069/12
JURIS online
Maßnahmen gegen Beamten wegen Manipulation
an Zeiterfassungsgerät
Wenn ein höherer Beamter in 170 Fällen die Dienststelle verlässt, ohne dies am Zeiterfassungsgerät zu
dokumentieren, und er das Gebäude später wieder
betritt, um die „Gehen-Buchung“ nachzuholen, und
sich hierdurch unberechtigte Zeitgutschriften verschafft, stellt dies eine schwere Dienstverletzung
dar, die eine Entfernung aus dem Staatsdienst
rechtfertigen kann. Ob der Beamte tatsächlich das
Vertrauen des Dienstherrn endgültig verloren hat,
ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller relevanten Gesichtspunkte zu ermitteln.
In dem vom Verwaltungsgericht Trier entschiedenen Fall sprachen für den betroffenen Beamten
dessen beanstandungsfreie und überdurchschnittliche Leistungen über einen längeren Zeitraum. Dies
rechtfertigte mildernde Umstände, sodass trotz des
schweren Dienstvergehens von der Höchstmaßnahme, der Entfernung aus dem Dienst, abgesehen
werden konnte und die Zurückstufung um zwei Ämter derselben Laufbahn für angemessen und ausreichend erachtet wurde.
ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht für den
entstandenen Schaden.
Urteil des VG Trier vom 01.04.2014
3 K 1802/13.TR
jurisPR-ITR 25/2014 Anm. 6
Vor dem Landgericht München stritten die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers und der
Geschädigte über die Feststellungen in dem von
diesem vorgelegten Sachverständigengutachten
zum Restwert des Unfallfahrzeugs. Das Gericht hielt
die Feststellungen des Gutachters für zutreffend, da
er (mindestens) drei Restwertangebote eingeholt
und bei der Bestimmung des Restwerts dann das
höchste örtliche Restwertangebot im Einzugsgebiet
des Geschädigten angesetzt hatte.
Versicherungsrecht
Leistungsbeschränkung einer Zahnzusatz­
versicherung bei fehlendem Heil- und Kostenplan
Die Klausel in einer Zahnzusatzversicherung, nach
der der Versicherer bei Leistungen für Zahnersatz
ohne die vorherige Vorlage eines Heil- und Kostenplans Aufwendungen nur bis zu einem bestimmten
Höchstbetrag erstatten muss, ist nach Auffassung
des Landgerichts Köln rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Beweislast, dass der Heil- und Kostenplan der
Krankenversicherung vor Beginn der Behandlung
auch tatsächlich zugegangen ist, trägt uneingeschränkt der Versicherte. Daher ist dringend anzuraten, die Unterlagen per Einschreiben zu übersenden oder sich den Eingang in anderer Weise
bestätigen zu lassen.
Urteil des LG Köln vom 19.02.2014
23 O 197/13
VersR 2014, 1244
jurisPR-VersR 3/2015 Anm. 4
Gefährliches Parken unter der Linde
Weist ein im Stadtgebiet stehender Baum wegen
seines besonders windgefährdeten Standorts und
seiner mangelhaften Vitalität Anzeichen für eine
besondere Gefährdung auf, darf sich die Kommune nicht auf die - im Allgemeinen üblichen - zwei
Sichtkontrollen pro Jahr beschränken. Wird bei
einem Sturm ein parkendes Fahrzeug durch einen
von einer gefährdeten Linde herabfallenden Ast beschädigt, haftet die Gemeinde wegen Verletzung der
Urteil des OLG Hamm vom 31.10.2014
11 U 57/13
Grundeigentum 2015, 186
Ordnungsgemäße Ermittlung des Restwerts eines
Unfallfahrzeugs
Wurde der Restwert in der Weise ermittelt, darf sich
der Geschädigte darauf verlassen und den Wagen
zum ermittelten Wert verkaufen, bevor die gegnerische Haftpflichtversicherung einen Käufer benennt,
der einen höheren Preis zu zahlen bereit ist.
Urteil des LG München vom 08.08.2014
17 S 6325/14
DAR 2015, 30
Widerrufsbelehrung auf Rückseite eines
­Lebensversicherungsvertrags zulässig
Ein Versicherter wollte nach neun Jahren aus der abgeschlossenen Lebensversicherung herauskommen
und erklärte den Widerruf des Versicherungsvertrags.
Er begründete seinen Anspruch auf Rückabwicklung
erst nach so langer Zeit damit, dass er über das Widerspruchsrecht nicht vollständig, zutreffend und
wirksam informiert worden sei, weil die Belehrung auf
der Rückseite des Versicherungsscheins abgedruckt
war. Auf diese Weise wollte er die Rückzahlung bis
dahin gezahlter Beiträge in voller Höhe zurückhaben.
Bei einer Kündigung hätte er sich mit dem erheblich
niedrigeren Rückkaufswert begnügen müssen.
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte jedoch an
Inhalt und Form der Widerrufsbelehrung nichts zu
beanstanden. Dass die Informationen zum Widerspruch auf der Rückseite abgedruckt waren, machte die Belehrung nicht unwirksam, da auch andere
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Ausgabe: private Mandanten / Mai 2015
Schriftstücke zum Versicherungsabschluss auf
beiden Seiten bedruckt waren. Zudem war die inhaltlich korrekte Belehrung in sich geschlossen und
drucktechnisch durch Fettdruck besonders hervorgehoben. Der Versicherte hätte den Widerruf daher
innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen
nach Vertragsschluss erklären müssen.
Urteil des OLG Frankfurt vom 05.02.2015
3 U 149/13
BB 2015, 513
Kollision mit unachtsam geöffneter Fahrertür
Gemäß § 14 Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung)
muss sich ein Verkehrsteilnehmer beim Ein- oder
Aussteigen in oder aus einem Pkw oder Lkw so
verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Diese strenge Sorgfaltsanforderung gilt für die gesamte Dauer des
Ein- oder Aussteigevorgangs, also für alle Vorgänge,
die in einem unmittelbaren zeitlichen oder örtlichen
Zusammenhang damit stehen. Für das Oberlandesgericht Düsseldorf gehört auch das bei geöffneter
Fahrzeugtür vorgenommene Anschnallen eines Kindes auf der Rückbank noch zum Einsteigevorgang.
Kollidiert ein anderes Kraftfahrzeug bei der Vorbeifahrt an einem abgestellten Pkw, ohne dass dem
Fahrer ein Verstoß gegen das Mindestabstandsgebot
nachgewiesen werden kann, mit einer geöffneten
Tür haften der die Pkw-Tür Öffnende und der Fahrzeughalter alleine für den entstandenen Schaden.
Der Vorbeifahrende muss sich in einem solchen Fall
auch nicht die Betriebsgefahr anrechnen lassen.
waidgerechtes Angeln, bei dem die geangelten Fische unverzüglich fachmännisch angelandet, betäubt, getötet und vom Angelhaken gelöst werden.
Das vom Verwaltungsgericht Münster beanstandete
Trophäenfischen fügt den Fischen hingegen nur unnötig Schmerzen und Stress zu.
Schulverbot für nicht geimpfte Kinder zulässig
Beschluss des VG Münster vom 30.01.2015
1 L 615/14
Wirtschaftswoche Heft 7/2015, Seite 93
In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass das zuständige Gesundheitsamt wegen eines aktuellen Masernausbruchs und dem extrem hohen Ansteckungsrisiko
bei dieser Krankheit vorübergehende Schulbetretungsverbote gegenüber nicht geimpften Schülern
erlassen darf.
Privatinsolvenz: Verheimlichung einer Erbschaft
Nach der Rechtsprechung kommt bei einer Privatinsolvenz eine Aufhebung der Stundung gemäß § 4c
Nr. 5 InsO (Insolvenzordnung) während des Laufes
der Wohlverhaltensperiode in Betracht, wenn Gründe zweifelsfrei vorliegen, die zur Versagung der
Restschuldbefreiung führen würden.
Einen derartigen Fall nimmt das Amtsgericht Göttingen an, wenn der Insolvenzschuldner eine Erbschaft nicht anzeigt. Hierzu ist er verpflichtet, wenn
er die Erbschaft angenommen hat bzw. er sie nicht
mehr ausschlagen kann. Der Schuldner ist uneingeschränkt zur Verwertung des erhaltenen Nachlasses zur Befriedigung seiner Gläubiger verpflichtet.
Beschluss des AG Göttingen vom 15.01.2015
74 IN 94/10
ZInsO 2015, 367
Ordnungsgeld wegen Sitzenbleibens des Angeklagten nach Sitzungspause
Urteil des OLG Düsseldorf vom 04.03.2014
1 U 101/13
DAR 2015, 85
Weigert sich ein Angeklagter in einem Strafprozess,
sich zu erheben, wenn das Gericht den Sitzungssaal
betritt, kann das Gericht gegen ihn wegen Ungebühr
ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 1.000 Euro
oder Ordnungshaft bis zu einer Woche festsetzen.
Verbraucherrecht und Verschiedenes
Dies gilt für das Oberlandesgericht Karlsruhe jedoch
nur für den Beginn der Verhandlung. Erhebt sich der
Angeklagte nach einer Sitzungspause beim Wiedereintritt des Gerichts nicht erneut, stellt dies in der
Regel keine Ungebühr dar, die mit einem Ordnungsgeld (hier 200 Euro) geahndet werden kann.
Trophäenfischen verboten
Das Angeln in Form des Trophäenfischens, bei dem
die Fische nach dem Fang vom Angelhaken gelöst
und sodann wieder in den Fischteich eingesetzt
werden, verstößt gegen das Tierschutzgesetz und
kann mit einem Bußgeld geahndet werden. Angeln
soll vornehmlich dem Nahrungserwerb und damit
der Lebensmittelgewinnung dienen. Erlaubt ist nur
Beschluss des OLG Karlsruhe vom 05.01.2015
2 Ws 448/14
StraFo 2015, 74
ZAP EN-Nr 87/2015
Die in den vergangenen Monaten angestiegene Anzahl von Masernerkrankungen hat eine heftige Diskussion zur Notwendigkeit oder gar Verpflichtung zu
entsprechenden Impfungen ausgelöst.
Beschluss des VG Berlin vom 11.03.2015
14 L 35.15 und 14 L 36.15
Pressemitteilung des VG Berlin
Reiserecht
Ausgleichsanspruch wegen Nichtbeförderung auch
bei rechtzeitiger Umbuchungsmitteilung
Einem Flugreisenden kann eine Ausgleichszahlung
wegen Nichtbeförderung auch dann zustehen,
wenn die Fluggesellschaft bereits zwei Wochen
vorher mitgeteilt hat, dass der gebuchte Flug nicht
stattfinden kann und umgebucht werden muss. Voraussetzung für den Entschädigungsanspruch ist
allerdings, dass dem Kunden vorher eine Buchungsbestätigung zugegangen ist.
Die Geltendmachung der Ausgleichszahlung kann in
diesem Fall nicht davon abhängig gemacht werden,
dass sich der Fluggast trotz der Umbuchungsmitteilung rechtzeitig am Flughafen eingefunden hat.
Urteil des BGH vom 17.03.2015
X ZR 34/14
BGH online
Kein Ausgleichsanspruch bei Flugverspätung für
kostenlos mitreisendes Kleinkind
Der Bundesgerichtshof hat eine Entscheidung des
Landgerichts Darmstadt bestätigt, wonach Kleinkinder, die ohne Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz kostenlos mit ihren Eltern fliegen, im Fall einer
Flugverspätung keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung haben.
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Ausgabe: private Mandanten / Mai 2015
Ein solcher Anspruch steht nur demjenigen zu, der
für einen Flug bezahlt hat, was hier bei dem Kind
nicht der Fall war, da der Reiseveranstalter in der
Flugbuchungsbestätigung für das mitreisende
Kleinkind eine „100 % Kinderermäßigung bis 1
Jahr“ eingeräumt hatte.
Urteil des BGH vom 17.03.2015
X ZR 35/14
BGH online
Beschränkte internationale Zuständigkeit bei
­Verzögerung eines Auslandsflugs
Ein Deutscher hatte bei einer französischen Fluggesellschaft mit Sitz in Paris einen Flug von Stuttgart
nach Paris und einen Anschlussflug nach Helsinki
gebucht. Der Zubringerflug erfolgte pünktlich. Der
Weiterflug nach Helsinki verzögerte sich hingegen
um mehrere Stunden. Der Fluggast klagte deswegen die gesetzlich vorgesehene Ausgleichszahlung
in Höhe von 400 Euro ein und zwar an seinem Wohnsitz in Nürtingen. Er berief sich auf die Brüssel-I-VO,
die dem Verbraucher die Möglichkeit eröffnet, seine
Ansprüche an seinem Wohnsitz geltend zu machen
(sogenannte internationale Zuständigkeit).
Die Geltendmachung vor dem Amtsgericht scheiterte jedoch zum einen daran, dass die Verordnung
auf Beförderungsverträge nicht anwendbar ist. Zum
anderen beruhte der Anspruch auf Ausgleichszahlung auf der Verzögerung des Flugs von Paris nach
Helsinki, sodass das Amtsgericht Nürtingen weder
als zuständiges Gericht des Ortes des Abflugs noch
als das des Ortes der Ankunft des Flugzeugs in
Betracht kam. Das Amtsgericht Nürtingen erklärte
sich daher zu Recht für unzuständig. Der Anspruch
hätte am Sitz der Airline, also in Paris, gerichtlich
geltend gemacht werden müssen.
Urteil des LG Stuttgart vom 10.12.2014
13 S 115/14
RRa 2015, 21
Bankrecht
Unwirksame Entgeltklauseln für Buchungen bei der
Führung privater Girokonten
Der Bundesgerichtshof hat auf Klage eines Verbraucherschutzverbands eine Klausel in den Allgemei-
nen Geschäftsbedingungen einer Bank für unwirksam erklärt, die als Teilentgelt für die Kontoführung
einen einheitlichen „Preis pro Buchungsposten 0,35
EUR“ vorsieht. Die Karlsruher Richter legten die
Klausel so aus, dass auch für Buchungen, die auf
einer von der kontoführenden Bank zu verantwortenden fehlerhaften Ausführung beruhen, ein Entgelt verlangt werden kann. Diese unterschiedslose
Bepreisung von Buchungsvorgängen stellt eine unangemessene Benachteiligung der Kunden dar und
ist daher unzulässig.
Urteil des BGH vom 27.01.2015
XI ZR 174/13
MDR 2015, 348
DB 2015, 677
Preisklausel für Ausstellung einer Ersatzbankkarte
Eine Klausel im Preis- und Leistungsverzeichnis einer Bank, in der die Pflicht des Kunden zur Zahlung
von 15 Euro für die Ausstellung einer Ersatzkarte für
die grundsätzlich kostenfreie EC-Card in den Fällen
festgelegt ist, in denen die Ausstellung der Ersatzkarte ihre Ursache nicht im Verantwortungsbereich
der Bank hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Oberlandesgericht Köln betont, dass es sich bei
der Vergütung für eine Ersatzbankkarte nicht um
eine unter dem Gesichtspunkt der Verbraucherbenachteiligung kontrollfähige Preisnebenabrede handelt, sondern um die Bestimmung eines Entgelts
für eine Leistung, zu der die Bank weder gesetzlich
noch vertraglich verpflichtet ist.
Urteil des OLG Köln vom 19.03.2014
I-13 U 46/13
WM 2014, 1338
jurisPR-BKR 3/2015 Anm. 3
Intransparente Risikoausschlussklausel in
Ratenschutz-Versicherung für Bankkredit
Banken und Sparkassen bieten ihren Kunden häufig sogenannte Ratenschutz-Versicherungen an, die
einspringen sollen, wenn der Kunde z.B. wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit oder Krankheit nicht
mehr in der Lage ist, den Kredit zu bedienen. Derartige Versicherungen enthalten jedoch meist umfangreiche Ausschlüsse, die für den Versicherten oft
nicht klar erkennbar sind. Diese Klauseln sind daher
oftmals unwirksam.
So erklärte der Bundesgerichtshof die Klausel
einer Ratenschutz-Versicherung „Der Versicherungsschutz erstreckt sich nicht auf die der versicherten Person bekannten ernstlichen Erkrankungen (das sind Erkrankungen des Herzens und des
Kreislaufs, der Wirbelsäule und Gelenke, der Verdauungsorgane, Krebs, HIV-Infektion/Aids, chronische Erkrankungen) oder Unfallfolgen, wegen derer
die versicherte Person in den letzten zwölf Monaten vor Beginn des Versicherungsschutzes ärztlich behandelt wurde“ wegen unangemessener
Benachteiligung der Kunden für unwirksam. Die
Klausel ist so unklar formuliert, dass der Versicherer auch bei Bagatellerkrankungen nicht zahlen
müsste.
Urteil des BGH vom 10.12.2014
IV ZR 289/13
WM 2015, 223
Medizinrecht
Keine Auskunftspflicht über Privatanschrift eines
angestellten Arztes
Will ein Krankenhauspatient neben dem Klinikbetreiber auch den behandelnden Arzt wegen einer
angeblichen Falschbehandlung verklagen, hat er
keinen Anspruch auf Auskunft bezüglich der Privatadresse des angestellten Arztes. Der Klinikbetreiber muss lediglich den Namen des Arztes bekannt geben. Die Kenntnis der Privatadresse ist für
eine Klageerhebung in einem derartigen Fall nicht
erforderlich, da dem Arzt die Klage auch über die
Anschrift seines Arbeitgebers zugestellt werden
kann. Der Klinikbetreiber darf sich daher auf datenschutzrechtliche Vorschriften berufen, die eine
Weitergabe persönlicher Mitarbeiterdaten an Dritte
verbieten.
Urteil des BGH vom 20.01.2015
VI ZR 137/14
K&R 2015, 251
Beweislastumkehr auch bei Behandlungsfehler
eines Tierarztes
Behauptet ein Patient einen Behandlungsfehler des
Arztes, ist es für ihn in der Regel äußerst schwierig, den Ursachenzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsbeeinträchtigung
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Ausgabe: private Mandanten / Mai 2015
zu beweisen. In derartigen Fällen sind die von der
Rechtsprechung bei Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers entwickelten Regeln für Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweislast
anzuwenden. Dies bedeutet, dass letztlich der Arzt
im Prozess darlegen und beweisen muss, dass ihm
kein Behandlungsfehler anzulasten bzw. die Behandlung nicht ursächlich für die Gesundheitsbeeinträchtigung des Patienten ist.
hat die Revision gegen das Urteil zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Das Oberlandesgericht Oldenburg hält die Anwendung dieser Grundsätze zur Beweislastumkehr auch
in der Tiermedizin für möglich, wenn der Tierarzt
einen schweren Behandlungsfehler begangen hat.
Eine Einkommensteuererklärung kann - wie auch
andere fristwahrende Schriftsätze - rechtswirksam
per Telefax an das Finanzamt übermittelt werden.
Durch die Schriftlichkeit und Unterschrift ist sichergestellt, dass Person und Inhalt der Erklärung
eindeutig festgestellt werden können. Dies gilt auch
dann, wenn der Steuerpflichtige die vom Steuerberater gefertigte und später per Fax übersandte
Steuererklärung nur unterschieben hat, ohne deren
Inhalt im Einzelnen zu kennen.
Urteil des OLG Oldenburg vom 26.03.2015
14 U 100/14
Pressemitteilung des OLG Oldenburg
Steuerrecht
Urteil des FG Münster vom 15.01.2015
3 K 1997/14 Erb
Wirtschaftswoche Heft 11/2015, Seite 83
Einkommensteuererklärung per Fax wirksam
Urteil des BFH vom 08.10.2014
VI R 82/13
DStR 2015, 118
DB 2015, 227
Ansatz von Fondsanteilen bei der
­Erbschaftssteuerfestsetzung
Zum Nachlass gehörende Fondsanteile sind bei der
Berechnung der Erbschaftssteuer stets mit dem
Rücknahmepreis anzusetzen. Das Gesetz sieht
auch dann keine Ausnahme von diesem Grundsatz
vor, wenn wegen Schließung des Fonds eine Rückgabe der Wertpapiere nicht mehr möglich ist und
der Tagesschlusskurs an der Börse geringer ist als
der Rücknahmepreis. Das Finanzgericht Münster
Keine Erbschaftssteuervergünstigung bei geerbter
Immobilie im Rohbauzustand
Gehört eine vermietete Wohnimmobilie zum Nachlass, wird sie bei der Berechnung der Erbschaftssteuer nur zu 90 Prozent des Verkehrswertes angesetzt. Diese Steuervergünstigung gilt jedoch nicht,
wenn das Mietobjekt Teil eines Betriebsvermögens
des Erblassers oder zum Todeszeitpunkt nicht nutzbar war, weil es sich - wie im vorliegenden Fall beispielsweise noch im Rohbau befand.
Urteil des FG Düsseldorf vom 16.04.2014
4 K 4299/13
ZEV 2014, 441
Kosten für Katzensitter als haushaltsnahe
­Dienstleistung absetzbar
Für sogenannte haushaltsnahe Dienstleistungen
vermindert sich die Einkommensteuer auf Antrag
des Steuerpflichtigen um 20 Prozent, höchstens
aber um 4.000 Euro der Aufwendungen (§ 35a Abs.
2 EStG). Der Gesetzgeber hat dabei insbesondere
an Renovierungen, Sanierungen und Modernisierungen sowie Erhaltungsmaßnahmen gedacht. Der
Anwendungsbereich wurde von den Finanzgerichten jedoch erheblich ausgeweitet.
So sollen für das Finanzgericht Düsseldorf auch
Aufwendungen für Versorgung und Betreuung einer
Hauskatze in der Wohnung des Steuerpflichtigen
absetzbar sein. Voraussetzung ist jedoch, dass es
sich um einen professionellen Service handelt. Auch
eine Betreuung der Katze außer Haus fällt nicht unter die Vorschrift.
Urteil des FG Düsseldorf vom 04.02.2015
15 K 1779/14
Wirtschaftswoche Heft 9/2015, Seite 91
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