Skelettmuskulatur Muskelrelaxantien Einteilung der Muskelrelaxantien Zentrale Muskelrelaxantien (Angriff im ZNS) III. Ordnung Periphere Muskelrelaxantien (Angriff am Muskel) Neuromuskulär blockierende Stoffe (Angriff an den Nicotinrezeptoren der motorischen Endplatte) Myotrope Muskelrelaxantien (Angriff bei der elektroMechanischen Kopplung) I. Ordnung Nicht-depolarisierenden Muskelrelaxantien (Nicotinrezeptor-Antagonisten) II. Ordnung Depolarisierende Muskelrelaxantien (Nicotinrezeptor-Agonisten) Aufbau der motorischen Endplatte Motorische Endplatte: - Verknüpfungsstelle zwischen motorischer Nervenfaser und Skelettmuskulatur - AX: Axonende - SV: Synaptische Vesikel - M: Mitochondrien - MF: Skelettmuskelfaser - SNF: subneuraler Falten- apparat - ca. 100 Speichervesikel werden pro Nervenaktionspotential freigesetzt - jedes Speichervesikel enthält ca. 5000 Moleküle Acetylcholin - mehrere Millionen Nicotin-Rezeptoren auf Endplatte Hemmung der neuromuskulären Übertragung und der elektromechanischen Kopplung - Schwellenpotential -50 mV - Öffnung spannungsabhängiger Na+-Kanäle - Ca2+-Freisetzung durch Ca2+-Kanal des SR -Ryanodin-Rezeptor - Kontraktion (elektromechanische Kopplung) Hemmung der neuromuskulären Übertragung und der elektromechanischen Kopplung neuromuskulär blockierende Stoffe - Schwellenpotential -50 mV - Öffnung spannungsabhängiger Na+-Kanäle - Ca2+-Freisetzung durch Ca2+-Kanal des SR -Ryanodin-Rezeptor - Kontraktion (elektromechanische Kopplung) Curare - Pfeilgift südamerikanischer Indianer - kleine Lappen werden in Curare getaucht und um die Pfeilspitzen gewickelt - Pfeile werden in Bambusröhren verpackt (daher: Tubocurarin) - komplette Lähmung der Muskulatur des Beutetiers (Tod durch Atemlähmung) - Curare ist oral wirkungslos, da schlecht resorbierbar - das erlegte Tier kann gefahrlos verzehrt werden Wirkmechanismus von Curare Claude Bernard - französischer Mediziner (1813-1878) Rudolph Albert von Kölliker - deutscher Mediziner (1817-1905) - machten Experimente zur Entstehung der Curare-Lähmung - Aufklärung des Wirkortes von Curare (1856) Indikation: Wundstarrkrampf, Tollwut, Keuchhusten Wegbereiter der modernen Anästhesie Rudolf Boehm - deutscher Mediziner (1844-1926) - untersuchte verschiedene von Naturvölkern eingesetzte Pflanzen- gifte, was zur Aufklärung der Herkunft von Curare führte - erkannte als erster den Wert der Kombination von Narkosemitteln und Muskelrelaxantien Arthur Läwen - deutscher Mediziner (1876-1958) - erste Verwendung von Curare bei Operationen (Leipzig, 1912) Curare - Prototyp nicht-depolarisierender Muskelrelaxantien Tubocurarin-Struktur 1935 aufgeklärt - Extrakt aus der Rinde einer Lianenart (Chondrodendron tomentosum) - Bindung an eine α-Untereinheit ausreichend zur Blockade des Nicotin-Rezeptors - ca. 75% der Nicotin-Rezeptoren müssen für eine merkliche Wirkung blockiert sein - zunächst Lähmung stark innervierter Muskulatur (Auge, Zunge, Finger) Kalebassencurare - Gift wird in ausgehöhlten Flaschenkürbissen (Kalebassen) transportiert - enthält Toxiferin, das Hauptalkaloid aus dem Strauch Strychnos toxifera - Allyl-Derivat Alcuronium als Muskelrelaxans eingesetzt Alcuronium Strychnos toxifera Eigenschaften nicht-depolarisierender Muskelrelaxantien d-Tubocurarin (viele Nebenwirkungen) - deutliche Histaminfreisetzung (à Bronchokonstriktion) - Ganglienbockade (à Blutdruckabfall) - Wirkungseintritt 3-5 min - überwiegend renale Exkretion, kaum Biotransformation - Wirkdauer 60-80 min Alcuronium (halbsynthetisch aus Toxiferin) - keine Histaminfreisetzung - schwache Ganglienblockade - Wirkungseintritt, -dauer und Exkretion wie Tubocurarin Struktur-Wirkungsbeziehung - biologisch aktive Gruppen sind die quartären N-Atome, starr verbunden durch Molbrücken von je 10 Atomen (1,0 nm) (Pancuronium, Vecuronium) - ist die Zwischenkette beweglich, kann der maximale Abstand auch größer sein (z.B. Atracurium, Mivacurium) Eigenschaften nicht-depolarisierender Muskelrelaxantien Pancuronium (Aminosteroid) - schwache Histaminfreisetzung - schwache Ganglienblockade - Inaktivierung: - Esterspaltung / renale Exkretion - Wirkdauer: 40-60 min Vecuronium (Aminosteroid) - keine Histaminfreisetzung - keine Ganglienblockade - Inaktivierung: - Esterspaltung / biliäre > renale Exkretion - Wirkdauer: 20-35 min Eigenschaften nicht-depolarisierender Muskelrelaxantien Spaltstellen Atracurium: - schwache Histaminfreisetzng - keine Ganglienblockade - kaum Exkretion, sog. Hofmann-Eliminierung - nicht vom Organismus abhängige chemische Reaktion (nicht-enzymatisch) - Elimination von Leber- und Nierenfunktion unabh. - Wirkdauer 20-35 min Mivacurium: - schwache Histaminfreisetzung - keine Ganglienblockade - kaum Exkretion - Esterspaltung durch Butyrylcholinesterase (unspezifische Cholinesterase) - kürzeste Wirkungsdauer 15 min Wechselwirkungen von nicht-depolarisierenden Muskelrelaxantien mit anderen Pharmaka Synergistische Wirkungsverstärkung der Muskelrelaxantien: - durch Narkosemittel: (Diethylether), Halothan, Isofluran, Enfluran - durch Antibiotika: Aminoglykoside, Tetracycline, Polymyxine ⇒ Verringerung der Dosis Wirkungsmechanismus depolarisierender Muskelrelaxantien I - Substanzen (z.B. Suxamethonium) reagieren mit Acetylcholinrezeptoren der motorischen Endplatte und aktivieren wie Acetylcholin - Substanzen werden langsamer als Acetylcholin eliminiert - motorische Endplatte bleibt für längere Zeit depolarisert und ist damit unerregbar Wirkungsmechanismus depolarisierender Muskelrelaxantien II Depolarisationsblock Phase-I-Block: klinisch bedeutsamer Wirkungsmechanismus Phase-II-Block: nach langer Einwirkung oder sehr hoher Dosis, Desensibilisierung der Nicotin-Rezeptoren Depolarisierende Muskelrelaxantien Dekamethonium: - einfachste denkbare Substanz mit 2 positiv geladenen N-Atomen im Abstand von 1,0 nm - stark wirksam - langsame renale Elimination - nicht mehr verwendet Suxamethonium: - „verdoppeltes Acetylcholin“ - Esterspaltung durch unspezifische Cholinesterase (Buturylcholinesterase) - 0,05-0,1 g (i.v.) wirken ca. 10 min Eigenschaften depolarisierender Muskelrelaxantien Suxamethonium: - Wirkdauer: - Wirkungseintritt (Anschlagzeit): 5-10 min 2 min Indikation: - Muskelrelaxierung bei der Intubation - Blitzeinleitung - Nebenwirkungen: - schwache Histaminfreisetzung (kaum Bronchokonstriktion) - Agonist an ganglionären Nicotin-Rezeptoren - Agonist an Muscarin-Rezeptoren (Sinusbradykardien) - Muskelkaterartige Schmerzen (Vorinjektion nicht-depolarisierende Muskelrelaxantien) - Verlust von K+ aus der Muskulatur (Hyperkaliämie) - Erhöhung des Augeninnendrucks - Wirkungsverlängerung bei Butyrylcholinesterasemangel (Häufigkeit 1:2000) - kann maligne Hyperthermie auslösen - nicht bei Kindern, Verbrennungen oder neuromuskulären Erkrankungen einsetzen Eigenschaften depolarisierender Muskelrelaxantien Suxamethonium: - Wirkdauer: - Wirkungseintritt (Anschlagzeit): 5-10 min 2 min Indikation: - Muskelrelaxierung bei der Intubation - Blitzeinleitung - Nebenwirkungen: - schwache Histaminfreisetzung (kaum Bronchokonstriktion) - Agonist an ganglionären Nicotin-Rezeptoren - Agonist an Muscarin-Rezeptoren (Sinusbradykardien) - Muskelkaterartige Schmerzen (Vorinjektion nicht-depolarisierende Muskelrelaxantien) - Verlust von K+ aus der Muskulatur (Hyperkaliämie) - Erhöhung des Augeninnendrucks - Wirkungsverlängerung bei Butyrylcholinesterasemangel (Häufigkeit 1:2000) - kann maligne Hyperthermie auslösen - nicht bei Kindern, Verbrennungen oder neuromuskulären Erkrankungen einsetzen - Alternative zu Suxamethonium: - schnell wirksame nicht-depolarisierende Muskelrelaxantien →Rocuronium; Wirkungseintritt: 60-90 sec Rocuronium Unterschiede zwischen „Depolarisationsblock“ und dem „nicht-depolarisierenden Block“ Relaxationsindikator d = Direktstimulation T4 = „train of four“ - 4 Pulse mit einer Frequenz von 2 Hz (Ermüdung; Ursache: Blockade der präsyn. Nicotin-Auto- rezeptoren, die die ACh- Freisetzung fördern) Neo = Neostigmin (Decurarisierung) Klinische Anwendung neuromuskulär blockierender Stoffe - Muskelerschlaffung während der Operation - Narkosemittel können niedriger dosiert werden - Elektrokrampftherapie - Vermeidung von Verletzungen - Strychninvergiftung - Tetanusvergiftung Maligne Hyperthermie - genetischer Defekt der Ryanodin-Rezeptoren (Häufigkeit 1 : 50.000) - bei Applikation der pharmakologischen Auslöser (Narkosemittel, Neuroleptika, depolarisierende Muskelrelaxantien) kommt es zur unkontrollierten intramuskulären Calcium-Freisetzung - die Temperatur kann über 42°C ansteigen - führt unbehandelt meistens zum Tod - Antidot: - Dantrolen; 2,5 mg/kg i.v. Neuromuskuläre Übertragung und elektromechanische Kopplung - Schwellenpotential -50 mV - Öffnung spannungsabhängiger Na+-Kanäle - Ca2+-Freisetzung durch Ryanodin-Rezeptor Ca2+-Kanal des SR - Ryanodin-Rezeptor - Kontraktion (elektromechanische Kopplung) Ryania speciosa - Strauch in Südafrika - in seinen Wurzeln und seinem Stamm befindet sich das Alkaloid Ryanodin - Agonist am Ryanodin-Rezeptor (RyR) - hält den RyR permanent in einem halboffenen Zustand - wird als Insektizid eingesetzt - Ryanodin-Rezeptoren (RyR) - homotetramere Proteine - Calcium-Kanäle in der Membran des SR - es gibt genetische Varianten des RyR Myotrope MuskelrelaxantienDantrolen - 1981 eingeführt - verhindert die Freisetzung von Calcium-Ionen aus dem SR - schwächt die Kontraktion der Skelettmuskulatur ab - auf die Herzmuskulatur und glatte Muskulatur hat Dantrolen nur eine geringe Wirkung - Indikation: - schmerzhafte spastische Zustände - Behandlung der malignen Hyperthermie Zentrale Muskelrelaxantien- Myotonolytika - wirken auf Synapsen im ZNS, die für die Regulation des Muskeltonus wichtig sind - vermindern den Tonus der Skelettmuskulatur - werden bei krankhafter Erhöhung des Muskeltonus eingesetzt (Antiepileptika) Zentrale Muskelrelaxantien 1. Benzodiazepine (Tetrazepam): - GABAA-Rezeptor-verstärkend - zentral bedingte Spastik - schmerzbedingte Muskelverspannung 2. Baclofen: - GABAB-Rezeptor Agonist - hemmt präsynaptisch die Freisetzung exzitatorischer Transmitter - Spastik bei spinalen Läsionen 3. Amantadin; Memantin: - NMDA-Rezeptor-Antagonisten - Morbus Parkinson
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