Konjunkturbericht Textil- und Bekleidungsindustrie Frühling 2015 Die Entwicklung der internationalen und nationalen Wirtschaftslage Die jüngsten Konjunkturentwicklungen in der EU veranlassen zu vorsichtigem Optimismus. Auslöser dafür sind neben dem milden Winter auch die Abwertung des Euros. Unternehmen investieren wieder zunehmend in Ausrüstungsgüter. Zudem zeigt sich, dass grosse EU-Länder wie Frankreich und Italien willens sind, zögerlich Reformen – so etwa im Arbeitsmarkt in Italien – anzugehen. Trotzdem bleibt die Situation für die EU zwischen den einzelnen Ländern heterogen. In den USA ist das Wirtschaftswachstum nach vielversprechenden Prognosen in den Vormonaten zwischenzeitlich praktisch zum Stillstand gekommen. Als einer der Gründe wird der harte Winter an der Ostküste genannt. Die USamerikanische Notenbank signalisiert, dass sie in der unmittelbaren Zukunft den Leitzins jedenfalls noch nicht erhöhen wird. China ist ebenfalls sehr verhalten ins neue Jahr gestartet. Die ersten beiden Monate 2015 verzeichneten die tiefste Zuwachsrate für chinesische Verhältnisse seit 2008. Für die internationale Wirtschaft fällt die Aufhebung des Euro-Wechselkurses der SNB nicht stark ins Gewicht. Für die Schweizer Wirtschaft aber bleibt die Entwicklung des Eurokurses die ganz grosse Unbekannte, auch wenn die Einführung von Negativzinsen nachhaltigere Auswirkungen haben dürfte als der „Euro-Schock“. Experten schliessen inzwischen eine tiefe Rezession in der Schweiz aus, eine Abkühlung ist aber unabwendbar. Die Fortführung der realen Wirtschaftsleistung vom Vorjahr sollte dazu beitragen, dass das Wertschöpfungsniveau 2015 trotzdem über demjenigen von 2014 zu liegen kommt. Die Lage der Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie Bereits vor der Aufhebung des Euro-Mindestkurses harzte die Konjunkturentwicklung in der Textilindustrie. Gerade vor diesem Hintergrund konnte sie sich in den letzten Monaten aber halten. Der starke Franken macht sich in der Branche unterschiedlich stark bemerkbar. Nach den ersten drei schwachen Monaten zeigt sich in der Geschäftslage und im Auftragsbestand eine Tendenz zur Besserung. Kapazitätsauslastung (in %) 90 85 80 75 70 65 60 2011 2012 Textil/Bekleidung 2013 2014 Industrie total 2015 Die Kapazitätsauslastung in der Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie liegt zum Beginn des zweiten Quartales 2015 mit 78.0% unter dem Stand der Vorperiode (80.7%) und nähert sich wieder den Zahlen von Mitte 2014. Im Vergleich mit der Schweizer Industrie (81.0%) lag die Auslastung der Produktionskapazitäten tiefer. Die Kapazitätsauslastung für die gesamte Industrie signalisiert weiterhin eine Stagnation während der Trend in der Textil- und Bekleidungsindustrie eine deutliche Abkühlung aufweist. 1 von 4 Geschäftslage (Saldo) Die Aufhebung des EURO-Mindestkurses hat deutlich sichtbar ihre Spuren hinterlassen. Im April 2015 schätzten noch 9.5% der befragten Unternehmen aus der Textil- und Bekleidungsbranche ihre Geschäftslage als gut ein. Fast die Hälfte, nämlich 48%, stuften sie als schlecht ein und 42.5% beurteilten sie als zufriedenstellend. Die Aprilwerte dieses Jahres sind die tiefsten seit anfangs 2014. 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 2011 2012 2013 Textil/Bekleidung 2014 2015 Industrie total Auftragsbestand (Saldo) 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80 2011 2012 Textil/Bekleidung 2013 2014 2015 Die Arbeitsvorräte in den Schweizer Textil- und Bekleidungsunternehmen erholen sich gegenüber der Vorperiode leicht. Im April bezeichneten 48% der Unternehmen ihren Auftragsbestand als zu klein. Weitere 48.5% der Unternehmen schätzen ihren Auftragsbestand als normal ein und rund 3.5% der Unternehmen als gross. Die Beurteilung der Gesamtindustrie sieht im Vergleich besser aus. Industrie total Mit der Geschäftslage wird der konjunkturelle Gesamtzustand des Unternehmens dargestellt. Die Testteilnehmer beantworten die Frage: "Wir beurteilen die Geschäftslage insgesamt als: gut, befriedigend, schlecht." Der Auftragsbestand umfasst die Menge oder den Wert der noch nicht in Arbeit genommenen Kundenaufträge. Die Testteilnehmer beantworten die Frage: "Wir beurteilen den Auftragsbestand insgesamt als: zu gross, normal, zu klein." Ausgewiesen wird für beide Indikatoren der Saldo aus positiven und negativen Antworten. Dieser gibt die Tendenz der Entwicklung wieder. In der Praxis zeigen die Saldi eine hohe Korrelation mit den tatsächlichen Wachstumsraten der Realindikatoren. Quelle: KOF ETHZ Beschäftigungslage Beschäftigte Textil- und Bekleidungsindustrie 4. Quartal 2013 4. Quartal 2014 12‘500 12‘600 März 2014 März 2015 Arbeitslose Textil- und Bekleidungsindustrie 396 400 Arbeitslosenquote Textil- und Bekleidungsindustrie 3.8 3.8 Quelle: Bundesamt für Statistik, Staatssekretariat für Wirtschaft 2 von 4 Aussenhandel Im 1. Quartal 2015 zeigten sich die Exportzahlen der Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie negativ. Die Textilbranche exportierte in dieser Zeit Waren im Wert von 334 Mio. CHF. Dies entspricht im Vergleich mit der Vorperiode einem Rückgang von 8.0%. Die Bekleidungsindustrie ihrerseits verzeichnete ebenfalls einen Rückschlag im ersten Quartal 2015 von 4% im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal. Die Bekleidungsexporte beliefen sich auf 320 Mio. CHF. Exporte Textilien Exporte Bekleidung 10 20 10 0 0 -10 -20 -10 -30 2012 2013 2014 2012 2015 2013 2014 2015 Prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorjahresquartal. Exporte nach Wirtschaftsräumen Europäische Industrieländer Asien USA Mittlerer Osten Afrika Zentral- / Südamerika Australien / Ozeanien Textilien Jan. – März 2015 TCHF Veränd. in % 242‘427 33‘563 19‘174 7‘202 8‘220 3‘141 935 -10.5 -2.6 9.0 -0.9 -11.6 -32.8 26.0 Bekleidung Jan. – März 2015 TCHF Veränd. in % 249‘166 35‘095 17‘852 7‘000 672 1‘340 1‘524 -3.7 -0.1 3.3 4.6 -39.9 4.0 -5.6 Veränderungen in % jeweils gegenüber der Vorjahresperiode. Textilexporte nach Ländern: Die Nachfrage in Europa nach Schweizer Textilien hat sich im ersten Quartal 2015 gegenüber der Vorperiode um 10.5% verringert. In den ersten drei Monaten 2015 resultieren in den wichtigsten europäischen Abnehmerländern unterschiedliche Veränderungsraten, so etwa in Deutschland (-10.8%), Italien (-16.7%), Frankreich (-12.0%) und Grossbritannien (-13.2%). In Asien und im Mittleren Osten zeigte sich ebenfalls ein Rückgang für die ersten drei Monate dieses Jahres. Die Exporte nach China konnten um 1.5% zulegen. Gesamthaft resultierte ein Exportminus von 8%. Bekleidungsexporte nach Ländern: In den ersten drei Monaten 2015 blieb der Export gesamthaft mit 4.0% im Minus. Negativ präsentierte sich das Bild jüngst in den Hauptabsatzmärkten in Europa. Für den wichtigsten Absatzmarkt Westeuropa resultierte in dieser Zeitspanne ein Minus von 3.7%. Die Nachfragen in Frankreich (-19.7%), in Deutschland (-2.6%), in Grossbritannien (+11.3%) und auch in Italien (-2.4%) fielen alle tiefer aus als in der Vorperiode. In Asien hat die Dynamik leicht nachgelassen. Die Bekleidungsexporte in die USA (+3.3%) nahmen im ersten Quartal 2015 jedoch erfreulich zu. 3 von 4 Exporte der Textil- und Bekleidungsindustrie nach Warengruppen Total Textilien Spinnstoffe Garne Gewebe und Gewirke Stickerei, Plüsch, Tüll etc. Heimtextilien Techn. Textilien Total Bekleidung Oberbekleidung Unterbekleidung Bekleidungszubehör Jan. – März 2015 Jan. – Dez. 2014 TCHF Veränd. in % TCHF Veränd. in % 333‘708 10‘705 41‘798 92‘407 14‘565 33‘314 140‘918 319‘511 238‘276 37‘738 43‘496 -1.4 -14.3 -13.2 -9.0 -13.2 -13.0 -3.1 -4.0 -2.2 -7.0 -10.4 1‘489‘109 46‘270 182‘647 436‘635 67‘597 150‘651 605‘309 1‘346‘366 986‘300 154‘667 205‘399 4.5 1.9 -3.4 8.7 -9.1 -2.6 8.2 -0.7 -0.1 -1.1 -3.5 Veränderungen in % jeweils gegenüber der Vorjahresperiode. Quelle: Eidg. Zollverwaltung Ausblick und Erwartungen Die Weltwirtschaft stellt sich zu Beginn des zweiten Quartales 2015 freundlicher dar als noch im ersten Quartal. Allerdings sind die Entwicklungen der einzelnen Wirtschaftsräume sehr unterschiedlich. Die USA haben die Erwartungen überschätzt und stagnieren im ersten Quartal 2015. Dennoch ist die Arbeitslosenquote in den USA mit 5.5% im Februar 2015 so tief wie seit Ausbruch der Finanzkrise nicht mehr. Nach dem Ende des Euro-Mindestkurses ist die weitere Entwicklung des Eurokurses für die Schweizer Wirtschaft nach wie vor die grosse Unbekannte. Die aktuellen BIPPrognosen gehen davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft deutlich langsamer wachsen wird als Ende 2014 noch prognostiziert. Zahlreiche vorauslaufende Indikatoren (u.a. Einkaufsmanagerindex, KOF-Konjunkturbarometer, Swissmem-Lagebericht) signalisieren für die Schweiz im Jahr 2015 ein BIP-Wachstum von 0.2% bis 0.9%. Die Prognose hat sich damit gegenüber der zweiten Januarhälfte verbessert. Die Prognose für 2016 liegt aktuell bei 1.8%. Die nachfolgend dargestellten Erwartungen der Schweizer Textil- und Bekleidungsproduzenten fallen auf Grund des SNB-Entscheides vom Januar 2015 zur Aufhebung des Euro-Mindestkurses für die kommenden Monate erwartungsgemäss schlechter aus. Erwartungen Exporte Erwartungen Verkaufspreise Erwartungen Bestellungseingang Erwartungen Beschäftigung April 2015 Januar 2015 Quelle: KOF ETHZ 4 von 4
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