SHS Gunter Gabriel

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Schloß Holte-Stukenbrock erleben
Gunter Gabriel hat ein Herz
für »Asphalt-Cowboys«
Die Trucker-Szene trifft sich im Sommer wieder in Verl-Kaunitz. In und an der
Ostwestfalenhalle findet vom 6. bis zum 9. August der Truck-Treff statt. Zum 30. Geburtstag
der Veranstaltung hat auch Gunter Gabriel sein Kommen zugesagt.
D
er Hit »30 Tonner Diesel«
stand nicht nur am Anfang von Gunter Gabriels
Karriere, sondern mit diesem
Lied wurde auch das Fundament gelegt für seine lebenslang enge Beziehung zur Truckerszene. Aus deren Umfeld
rekrutiert sich auch das Publikum, vor dem der Sänger am
Samstag, 8. August, beim deutschen Trucker- und CountryFestival, Truck-Treff, in der Ostwestfalenhalle Kaunitz auftreten wird.
»Mehr als 80 Truckersongs
habe ich im Laufe meiner
Karriere geschrieben«, verrät
der 72-Jährige im Gespräch mit
»SHS erleben«. Grund genug,
sich auf Spurensuche zu begeben, woher genau die Faszination für schwere Trucks, deren
Fahrer und das Leben »on the
road«, das er als Künstler ja
letztendlich
auch
führt,
stammt. Gabriel verweist in
diesem Zusammenhang auf die
Zeit seines Maschinenbaustudiums in Hannover. Zur Finanzierung seiner Bildungsambitionen an der Technischen Hochschule habe er als Nachtwächter in einer Lkw-Spedition gearbeitet, wo er verhindern musste, dass die Fracht vom Hof weg
geklaut wurde. Da er außerdem
auf dem Hof wohnen konnte,
lernte er die Fahrer der Brummis genauer kennen – und vor
allem schätzen. »Da habe ich
schon bald gemerkt, was für
eine Schlüsselposition diese
Fahrer, die die meiste Zeit fern
von zuhause auf Tour waren,
Das Programm
Donnerstag, 6. August, 17
Uhr, Eröffnungsparty im
Western-Saloon, Eintritt
frei
Freitag, 7. August, Tom
Astor & Band, Larry
Schuba & Western Union,
Die Glorreichen Zwei
Samstag, 8. August, Truck
Stop, Gunter Gabriel &
Band, Michael Heck.
Die Wochenendkarte für
den Truck-Treff kostet 49
Euro, Frühbucher zahlen
nur 44 Euro (bis 15. Juli9.
Die Tagestickets gibt es für
25 Euro im Vorverkauf, am
Veranstaltungstag kosten
sie 29 Euro.
M truck-store-niebel.com
inne hatten.« Guter Beobachter,
der er als Songwriter sein muss,
ließ er seine Erfahrungen mit
den Truckern in ein Lied namens »Er ist ein Kerl« einfließen, das den Untertitel »Der
30-Tonner-Diesel« trug, und
vom harten Leben eines »King
of the road« handelte.
Ursprünglich als B-Seite auf
der Single »Das ist meine Art zu
leben« veröffentlicht, wanderte
der Titel wegen der Nachfrage
von DJs und Radiostationen
alsbald auf die A-Seite – und
wurde zu Gabriels erstem großen eigenen Hit. Rückblickend
nach eigenem Bekunden ein
Schlüsselsong für ihn, der
skurrilerweise 1972 fernab vom
steten Verkehrsfluss deutscher
Autobahnen an der westafrikanischen
Elfenbeinküste
entstanden sei, wo er seinerzeit
als DJ in einem Ferienclub
arbeitete. Bis zum heutigen Tag
sind ihm viele Mitglieder der
fahrenden Zunft als Fans treu
geblieben. »Erst heute hat mich
ein Busfahrer umarmt«, berichtet Gabriel, der solche Begegnungen immer wieder erlebt.
Nicht verwunderlich also,
dass der Fernsehsender DMAX
an ihn herantrat, um ihn als
Sprecher für die TV-Sendung
»Asphalt-Cowboys« zu verpflichten, die das Leben auf Achse
laut eigener Internetseite »von
Rostock bis Mailand« in bewegten Bildern aufarbeitet. Die
neuen Folgen der Doku-Serie
werden vom 19. Mai, 21.15 Uhr,
an ausgestrahlt. Ein Nebenjob,
der nicht einer gewissen Ironie
entbehrt, da Gabriel momentan
überhaupt keinen Führerschein
besitzt. Ein Zustand, den er
nicht dauerhaft anstrebt, denn
das im Volksmund salopp als
Lappen betitelte Dokument und
die damit verbundene Mobilität
würden Freiheit für ihn bedeuten. Und letztere will der gebürtige Bünderaner, der im vergangenen Oktober auf der Bühne
einen Schlaganfall erlitten hat,
noch so lange wie möglich
auskosten. Am liebsten bis 98,
wie es ihm eine Astrologin
vorausgesagt hat, denn er hat
noch viel vor: Das Musical
»Hello, I'm Johnny Cash« wird
weiterhin mit ihm in der Hauptrolle aufgeführt – es lägen nach
seiner Aussage sogar Angebote
aus den USA vor. Außerdem soll
es voraussichtlich ein neues
Album geben. »Ich habe 40 bis
50 Songs geschrieben, von
Gunter Gabriel tritt am Samstag, 8. August, beim Truck-Treff auf.
denen wahrscheinlich 16 auf
die CD kommen.« Diesmal singt
er nicht Songs anderer Künstler
wie auf »Sohn aus dem Volk –
German Recordings«, sondern
seine eigenen. »Es geht darin
um das Fazit meines Lebens.«
Noch ein weiteres Projekt wartet auf seine Realisierung: der
geplante Spielfilm über Gabriels so genannte WohnzimmerTour, in deren Rahmen Interessenten – vom Kleingärtnerverein bis zum Geburtstagsjubilar – einen Auftritt von Gabriel
für 1000 Euro im eigenen
Zuhause buchen können. Allein, es fehlt der Hauptdarsteller. Als Idealbesetzung könnte
er sich drei Schauspieler vorstellen Ben Becker, Reiner
Schöne oder Uwe Ochsenknecht. »Ich weiß, wie schwer
es ist, so einen Idioten wie mich
zu spielen«, gesteht Gabriel
schmunzelnd,
wohlwissend,
dass er ein polarisierender Typ
ist. Sich selbst darstellen wie im
Bühnenstück »Ich, Gunter Gabriel« geschehen, will er hingegen möglichst nicht mehr. Die
Theaterproduktion, für die wie
beim Johnny-Cash-Stück Volker
Kühn als Drehbuchautor und
Regisseur verantwortlich zeichnet, ist ihm rückblickend etwas
zu sehr in der Cash-Machart
geraten, so dass er sich nicht in
allen Aspekten hundertprozentig authentisch wiedergegeben
sieht. »Ich bin zwar ein Rebell,
aber ein fröhlicher Rebell.«
Nicht die schlechteste Voraussetzung, um weiterhin wie die
von ihm besungenen Trucker
ein Leben »on the road« zu
bestreiten.
Klaus Gosmann