Hartmut Lenhard Was braucht man für den Videomitschnitt von Unterrichtsstunden? - Eine Kurzanleitung Keine Angst vor dem Camcorder! Die Zeiten, in denen ein Mitschnitt des Unterrichts eine ganze Kompanie von Spezialisten und Hardware im hochpreisigen (meist 5-stelligen) Bereich erforderte, sind vorbei. Jede/r halbwegs technisch interessierte Ausbilder/in ist ohne größere Einarbeitung in der Lage, einen Mitschnitt einer Unterrichtsstunde herzustellen und zu bearbeiten. Was braucht man? 1. eine n digitalen Camcorder (Kombination aus Camera und Recorder) • Der Camcorder sollte möglichst robust sein, damit sie von unterschiedlichen Leuten im Seminar benutzt werden kann. Man sollte lieber auf manche Details (im Jargon: 'Features') wie etwa eine hohe Auflösung bei Standbildern verzichten (für einzelne Bilder benutzt man ohnehin besser den digitalen Fotoapparat). Merke: bei miniaturisierten Kameras sind die Bedienknöpfe und -schalter meist sehr klein und anfällig. • Leichte Bedienbarkeit ist unabdingbar, also nicht zu viele technische Finessen und Programme, die eher verwirren. Nützlich ist aber ein Bildstabilisator. • Sehr wichtig ist ein gutes Objektiv mit hoher optischer Zoommöglichkeit (mindestens 10-fach). Digitales Zoomen verbessert nicht die Schärfe, ist daher überflüssig. • Die Achillesferse jedes Camcorders ist die Tonaufnahme. Deshalb muss der Camcorder die Möglichkeit haben, über einen Kameraschuh ein externes Richtmikrophon anzuschließen • Das Aufnahmemedium der Wahl : MiniDV - also nicht Festplatten oder DVDs! • Unbedingt notwendig ist ein DV-Eingang, damit der bearbeitete Film vom Rechner wieder zurückgespielt und von dort aus auf einem Fernsehgerät wiedergegeben werden kann. Viele billige Kameras haben nur einen Ausgang! Man sollte auch darauf achten, dass der Camcorder direkt an das Fernsehgerät (über Composite- oder svhsAnschlüsse) angeschlossen werden kann. • Zum Überspielen auf den Rechner kann entweder ein so genannter Firewire-Anschluss oder ein USB-2-Anschluss genutzt werden. • Empfehlenswert und mehrfach gut getestet z.B. Canon MVX 150i, über Internethandel für etwa € 800 zu bekommen. 2. Zubehör • ein stabiles Stativ, ggf. auch ein Tischstativ zum Filmen aus der hinteren Bank • • • ein leistungsfähiges Richtmikrophon (z.B. Sennheiser MKE 300, Preis ca. € 200; es gibt aber auch schon preisgünstigere). Manche Hersteller bieten auch speziell für einen Camcorder entwickelte Mikrophone an, die teilweise auch kabellos mit dem Camcorder verbunden werden (bei Canon z.B. das Mikrophon DM 50) Ersatzakku Linsenreiniger 3. Rechner für die Videobearbeitung • Schneller Rechner mit mindestens 2 GHz Taktung (besser mehr), 500 MB RAM und großer, schneller Festplatte mit mindestens 100 GB (besser mehr). • Firewire- und USB-2 Anschluss • Videokarte mit Ausgabemöglichkeit für Videorecorder (um Fernsehfilme aufnehmen zu können). 4. Software • Sehr leistungsfähige, günstige Schnittprogramme sind Video de luxe 2004 (ca 43 € bei www.steckenborn.de) von Magix, Studio 9 von Pinnacle (als Schulversion bei www.tendi.de für 39 €) und Adobe Premiere Elements 1.0 (z. Zt. bei Tendi als Schulversion für 60 € + MWST). • Das Studio 9 eignet sich besonders für Einsteiger; ein ausführliches, gut erklärendes Handbuch liegt bei. Man kann normale Aufnahmen einer Unterrichtsstunde sehr einfach schneiden, bearbeiten und z.B. als DVD ausgeben. Wenn man mit zwei Kameras Unterricht aufnimmt (etwas aus Lehrer- und aus Schülersicht), ist es notwendig, mindestens zwei Videospuren zu haben, so dass man beide Mitschnitte auf je eine Spur legen und dann nicht benötigte Teile einfach herausschneiden kann. Das ist z.B. mit den Programmen Studio 9 Plus (!), Adobe Premiere Elements und Video de luxe leicht möglich. • Die digitalen Camcorder zeichnen Fi lme im DV-Format von 720x576 Bildpunkten auf. In jeder Sekunde werden 25 Bilder auf der Mini-DV gespeichert, es entsteht dabei ein Datenstrom von 3,52 MB/s. Eine Minute Videofilm von der DV-Kamera belegt immerhin einen Speicherplatz von 212 MB. Die vollständige Übertragung einer 60minütigen DV-Cassette auf die Festplatte erfordert 12,5 GB. Die Datenmengen müssen daher komprimiert werden, wenn man sie z.B. auf einer DVD speichern will. Vorzüglich gelöst ist dies bei Studio 9: Das Programm bietet die Möglichkeit, eine DVD mit eigenem Kapitel-Menu zu erstellen. Auch die Qualität der Audiobearbeitung (etwa: Rauschunterdrückung) ist überzeugend. Eine andere Möglichkeit ist es, die Daten mit dem MPG4-Decoder Divx zu komprimieren; der so komprimierte Film braucht nur etwa 1/10 soviel Platz wie das Original-Material. Auch mit diesem Codec arbeitet St udio 9 problemlos zusammen. • Ein für die Ausbildung interessantes Programm ist der "Videograph". Dieses von dem Autor Rolf Rimmele (Universität Kiel) (Email: [email protected]) entwickelte Programm ermöglicht es, 1.) zu einem Unterrichtsmitschnitt eine Transkription anzufertigen und 2.) die verschiedenen Aktionen der Lehrperson und der Schüler zu klassifizieren, zu kodieren und mit dem Statistik-Programm SPSS oder mit Excel auszuwerten. Beispielsweise lässt sich so schnell feststellen, welche Gesprächsanteile der Lehrer hat und welche die Schüler oder ob die Lernzeit effektiv genutzt wurde. Das Programm kostet mit einer Fünfplatzlizenz € 200. Eine Trial-Version kann beim Autor bezogen werden. 5. VHS-Videorecorder Den geschnittenen Film kann man ohne Qualitätsverluste auf die MiniDV zurückspielen und den Camcorder an einen Beamer oder einen Fernseher anschließen. Eine andere Möglichkeit ist, den Film auf ein normales VHSBand auszugeben. Dafür muss ein Video-Recorder an den Computer (Video-Karte) oder an den Camcorder angeschlossen werden. 6. Ein praktischer Tipp zum Schluss: Wenn eine Unterrichtsstunde mit zwei Kameras aufgenommen werden soll - einmal die Lehrer- und einmal die Schülerperspektive - und anschließend beide Perspektiven zusammengeschnitten werden, ist es sinnvoll, die Kameras bei der Aufnahme die gesamte Zeit über laufen zu lassen. Dabei ergeben sich zwei zusammenhängende Filme, die im Schnittprogramm leicht auf zwei Videospuren verteilt und synchronisiert werden können (die Video- und die Audio-Spuren liegen direkt übereinander). Der Zusammenschnitt wird dadurch bedeutend einfacher, da man jeweils nur die Szenen herausschneiden muss, die man nicht benötigt.
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