Arbeitsblätter für den Museumsbesuch für die Klassen 10 bis 13

Deutsche Juden - Jüdische Deutsche
Arbeitsblätter für den Museumsbesuch
Klasse 10 - 13
Fotos oben: © Jüdisches Museum Berlin, Sönke Tollkühn · unten: © Jüdisches Museum Berlin, Nadja Rentzsch
Lehrerinformationen, Themenübersichten
und Arbeitsblätter
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Didaktisch-methodische Überlegungen
Ziel der vorliegenden Arbeitsblätter ist es, dass sich Schülerinnen und Schüler bei
einem Besuch im Jüdischen Museum Berlin selbstständig ein Thema in der Dauerausstellung
erarbeiten können. In Kleingruppen von maximal sechs Personen setzen sie sich mit verschiedenen Themen der jüdischen Geschichte im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auseinander.
Schüler kommen im Geschichtsunterricht mit dem Thema Judentum fast ausschließlich im Kontext von Nationalsozialismus und Holocaust in Kontakt – und nehmen Juden dadurch
häufig nur als Opfer in der Geschichte wahr. Mithilfe dieser Arbeitsblätter sollen die Schülerinnen und Schüler in der Dauerausstellung des Jüdischen Museums Berlin die Vielfalt jüdischen
Lebens vor 1933 und damit Jüdinnen und Juden als Träger einer eigenen Kultur und als aktive
Mitgestalter der modernen Welt kennenlernen.
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren Juden in Deutschland von rechtlichen
und gesellschaftlichen Diskriminierungen betroffen, unter anderem durch Niederlassungs- und
Berufsverbote, hohe Sonderabgaben und Steuern, das Verbot von Grundbesitz sowie soziale Ausgrenzung. Im 19. Jahrhundert wurden sie in den meisten deutschen Staaten sukzessive rechtlich gleichgestellt (Emanzipation), auch wenn es immer wieder Rückschritte gab. Erst
mit der Reichsverfassung von 1871 wurden Juden zu formal gleichberechtigten Staatsbürgern.
Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter wie Richter, Staatsanwalt, Hochschullehrer oder
Offizier nahezu ausschließlich Christen vorbehalten. Viele Juden ergriffen daher freie Berufe
wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang.
Viele Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, z.B. als Vieh- oder Getreidehändler oder als
Kaufmann, andere als meist selbstständige Handwerker wie Schneider oder Metzger. Da Juden
der Grundbesitz lange verboten war, war im Vergleich zur christlichen Bevölkerung (70%) nur
ein sehr geringer Anteil in der Landwirtschaft tätig (unter 2%).
Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstand der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, die Juden als »Rasse« definiert.
Im Jüdischen Museum Berlin sollen sich die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Reaktionen deutscher Juden auf die rechtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen, die von der fast vollständigen Assimilation bis zur Entwicklung einer eigenständigen jüdischen Identität reichten. Die
Arbeitsblätter richten sich an Jugendliche ab Klassenstufe 10. Die Aufgaben sind so gestaltet,
dass die Schülerinnen und Schüler sie ohne weitere Hilfsmittel und spezielle Vorkenntnisse mit
den Informationen und Objekten in der Ausstellung bearbeiten können. Historische Grundkenntnisse sollten jedoch vorhanden sein und eine Vorbereitung im Unterricht auf das Thema Judentum im 19. Jahrhundert ist sinnvoll.
In fünf Kleingruppen erarbeiten die Schülerinnen und Schüler in etwa 60 Minuten
ein Thema in der Dauerausstellung und im Learning Center des Museums. Sie sollen dazu angeregt werden, sich mit einzelnen (teilweise selbstgewählten) Objekten und Personen näher zu beschäftigen. Die Aufgaben zielen nicht auf einzelne »richtige« Antworten ab, sondern sind häufig
auf Dialog und Diskussion ausgerichtet. Zu allen Themen gibt es ähnliche Aufgabentypen: Beim
»Suchobjekt« sollen die Schülerinnen und Schüler unter einem bestimmten Aspekt ein Objekt
auswählen und ihre Wahl begründen. Alle Gruppen sollen entweder einen »Dialog« oder ein
»Interview« mit oder zwischen Personen entwerfen, die in der Ausstellung vorgestellt werden. In
der Kategorie »Und heute?« wird eine Diskussionsfrage gestellt, die einen Bezug zwischen dem
Thema der Gruppenarbeit und der Gegenwart der Schüler herstellt.
2
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Hinweise zur Bearbeitung
Die Aufgaben sind so konzipiert, dass sie größtenteils nicht aufeinander aufbauen,
d.h. die Schülerinnen und Schüler können auch nur Teile der Arbeitsblätter bearbeiten. Unser
Ziel ist es vor allem, dass sie sich mit der Ausstellung und deren Themen beschäftigen. In wel­
chem Umfang die Aufgaben bearbeitet werden sollen, entscheiden Sie als Lehrer/in.
Bei der Verteilung der Arbeitsblätter sollten die Wünsche und Interessen der Schüler­
innen und Schüler berücksichtigt werden. Einige Arbeitsblätter sind umfangreicher und inhalt­
lich anspruchsvoller als andere: Die Arbeitsblätter 3 bis 5 sind etwas schwieriger und zeitinten­
siver als die Arbeitsblätter 1 und 2, die auch Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 8 und
9 bearbeiten können.
Alle Arbeitsblätter beinhalten Aufgaben an den Computern im Rafael-Roth-Learning
Center. Dort können Sie für einen bestimmten Zeitraum auch Computer für Ihre Klasse reser­
vieren lassen.
Jede Gruppe hat zwei entsprechend gekennzeichnete Aufgaben, deren Ergebnisse
der Klasse präsentiert werden können, meist die Objektauswahl beim »Suchobjekt« und den
»Dialog« bzw. das »Interview«. Dafür können und sollen die Schüler einen Fotoapparat oder
ein Handy mitbringen, mit dem sie die ausgewählten Objekte (ohne Blitz!) fotografieren oder die
Interviews und Dialoge aufnehmen können. Die Ergebnisse können Sie entweder bei uns im Mu­
seum präsentieren lassen – direkt in der Ausstellung, im Glashof oder im Museumsgarten – oder
natürlich später im Klassenzimmer.
Wichtig:
Zur besseren Koordination bitten wir um eine vorherige Anmeldung Ihrer Gruppe.
Download
Die Arbeitsblätter finden Sie auch unter http://www.jmberlin.de/ksl/
museumsbesuch_gestalten/schuelerarbeitsblaetter_DE.php zum Download.
Kontakt:
Bildungsabteilung
Tel.: +49 (0)30 259 93 305
Fax: +49 (0)30 259 93 412
E-Mail: [email protected]
Impressum
Herausgegeben vom Jüdischen Museum Berlin
© Stiftung Jüdisches Museum Berlin 2015
Konzept: Mariette Franz
Gestaltung und Satz: www.buerominimal.de
Gefördert durch die Beauftragte der
Bundesregierung für Kultur und Medien
www.jmberlin.de
3
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Aufgaben und Lernziele
der einzelnen Themen
Taufe
1
»Wohin gehöre ich?« – »Getaufte Juden« im 19. Jahrhundert
Schätzungsweise 22.000 Juden haben sich im 19. Jahrhundert taufen lassen. Die
meisten, weil sie aufgrund ihres Judentums gesellschaftlich ausgegrenzt und auch nach der
rechtlichen Gleichstellung mit der Reichsverfassung von 1871 von vielen Berufen ausgeschlossen blieben. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich daher zunächst mit der Vitrine zum Thema
»Getauft und es hilft nichts« beschäftigen und ein Objekt auswählen, das sie am wenigsten in
einem Jüdischen Museum erwartet hätten und diese Entscheidung begründen.
Die meisten dieser Juden ließen sich taufen, um ihre beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten zu verbessern, einen Christen heiraten zu können oder um der gesellschaftlichen Diskriminierung zu entgehen. Bei den wenigsten spielte religiöse Überzeugung eine Rolle. Zahlreiche
sogenannte »getaufte Juden« waren mit ihrer Entscheidung im Nachhinein unglücklich, denn
der gewünschte Effekt blieb aus: Als »getaufte Juden« waren sie weder von Christen noch von
Juden akzeptiert. Mit den Gründen und Erfahrungen zur Taufe setzen sich die Schülerinnen und
Schüler anhand von sechs Kurzbiografien auseinander. Mit diesen Informationen sollen sie einen
kurzen Dialog formulieren.
Danach überlegen sich die Schülerinnen und Schüler, aus welchen Gründen sie selbst
bereit wären, ihre Religion zu wechseln (oder überhaupt eine Religion anzunehmen) und welche
Unterschiede es zwischen der Situation der Juden im 19. Jahrhundert und heute gibt.
Als letzte Aufgabe formulieren die Schüler ein »Objektinterview« mit dem Taufgeschirr der Familie Mendelssohn, das in der Ausstellung zu sehen ist. Weitere Informationen erhalten sie im Learning Center.
Möglichkeiten zur Präsentation vor der Klasse:
Aufgabe 1: »Suchobjekt« aus der Vitrine »Getauft und es hilft nichts«
Aufgabe 4: »Objektinterview« mit dem Taufgeschirr der Familie Mendelssohn
4
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Aufgaben und Lernziele
der einzelnen Themen
Familienleben
2
»Privatsache« – Familienleben im 19. und 20. Jahrhundert
Um 1900 gehörten etwa 60% der Juden dem mittleren oder gehobenen Bürgertum an. Die Schülerinnen und Schüler nähern sich auf kreative Art dem bürgerlichen Familien­
leben, indem sie einigen selbst ausgewählten Gemälden oder Fotos im Ausstellungsbereich »Familienleben 1850-1933« neue Titel geben, die dieses Familienleben darstellen. Die Fotos in der
Ausstellung sollen sie mit ihren eigenen Familienfotos vergleichen und Gemeinsamkeiten und
Unterschiede finden. Dann beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler damit, was ihnen die
Gemälde über das bürgerliche Familienleben im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts erzählen
– und können dadurch herausfinden, was bürgerliches Leben in jener Zeit bedeutete: Kultur, Bildung, Musik, Literatur und Kunst, aber auch Urlaube am Meer oder in den Bergen. Im gesamten
Ausstellungsbereich zum Thema »Familienleben 1850-1933« sollen die Schüler ein oder zwei
Objekte wählen, an denen sie zeigen können, was typisch für das bürgerliche Familienleben in
jener Zeit war.
In diesem Ausstellungssegment steht auch ein Weihnachtsbaum. Hier können die
Schüler mithilfe der Informationen in der Ausstellung herausfinden, warum viele Juden in
Deutschland auch Weihnachten feierten: Weil Weihnachten einerseits für sie kein christliches
Fest, sondern ein deutsches Volksfest war, das sie mitfeierten, weil sie sich als Deutsche (jüdischen Glaubens) fühlten – andererseits weil Religion für zahlreiche Juden nur noch eine sehr
untergeordnete Bedeutung im privaten Bereich hatte. Um die Weihnachtszeit findet das jüdische Lichterfest Chanukka statt. Eine Postkarte mit einer Karikatur aus einem Satiremagazin
stellt das Verhältnis von Chanukka und Weihnachten als eine darwinistische Evolution dar: Der
Chanukka-Leuchter verwandelt sich in einen Tannenbaum und verspottet den als Anbiederung
verstandenen Anpassungsprozess vieler Juden an die christliche Mehrheitsgesellschaft.
Als letzte Aufgabe formulieren die Schülerinnen und Schüler ein Interview mit Peter
Plesch, der als Kind auf einem Familiengemälde in der Ausstellung zu sehen ist. Weitere Informationen zu Peter Plesch und seiner Familie erhalten die Schüler in mehreren kurzen Filmen im
Learning Center: Peter Pleschs Vater war ein aus Ungarn stammender, sehr erfolgreicher jüdischer Arzt. Die Familie Plesch führte ein bürgerliches Leben in Berlin. 1933 floh sie aus Deutschland und ließ sich schließlich in England nieder. 2005 verkaufte Peter Plesch das Gemälde dem
Jüdischen Museum Berlin.
Möglichkeiten zur Präsentation vor der Klasse:
Aufgabe 4: »Suchobjekte« aus dem Bereich »Familienleben 1850-1933«
Aufgabe 6: »Interview« mit Peter Plesch
5
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Aufgaben und Lernziele
der einzelnen Themen
Patriotismus
3
»Deutschlaaand, Deutschlaaand!?« – Juden als deutsche Patrioten
Die Schülerinnen und Schüler erfahren anhand der Informationstexte und Objekte in
der Vitrine zum Thema »Juden als deutsche Patrioten« im Ausstellungsbereich »Deutsche und
Juden zugleich, 1800-1914«, dass die rechtliche Gleichstellung der Juden im 19. Jahrhundert
ein langwieriger Prozess war, der erst mit der Reichsverfassung 1871 – zumindest auf dem Papier – abgeschlossen war. Obwohl auch danach die Hoffnung vieler Juden auf gesellschaftliche
Anerkennung enttäuscht wurde und faktisch viele Staatsämter Christen vorbehalten blieben,
waren zahlreiche Juden glühende Patrioten und Anhänger des deutschen Kaisers und fühlten
sich als Deutsche mit jüdischer Religion. Aus der Vitrine »Juden als deutsche Patrioten« wählen
die Schüler ein Objekt aus, das die Verbundenheit deutscher Juden zu Deutschland besonders
gut zum Ausdruck bringt.
Außerdem beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit einem Zitat des späteren Außenministers der Weimarer Republik Walther Rathenau, der beschreibt, wie er als junger Mann erkennen musste, dass er trotz aller Anstrengungen und Leistungen aufgrund seines
Judentums immer ein Bürger zweiter Klasse bleiben würde. Hier sollen sich die Schülerinnen
und Schüler überlegen, ob ihnen Beispiele für Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Aussehen
oder Religion einfallen.
Im Ersten Weltkrieg meldeten sich überdurchschnittlich viele Juden als Freiwillige zum Kriegsdienst. Militärdienst leisten zu dürfen, war ein wichtiger Schritt zur rechtlichen
Gleichstellung, der gleichzeitig die Möglichkeit bot, die Verbundenheit zum eigenen Vaterland
tatkräftig unter Beweis zu stellen und sich damit gesellschaftliches Ansehen zu erwerben. Die
Schüler hören im Ausstellungsbereich »Gefährdete Gleichberechtigung, 1914-1933« einen Hörbeitrag von Ernst Toller, der sich begeistert als Freiwilliger im Ersten Weltkrieg meldete und
damit genau diese Erwartungen verband.
Im Learning Center erfahren die Schülerinnen und Schüler, dass auch diese Hoffnung enttäuscht wurde: Die Juden wurden zu Sündenböcken für den ungünstigen Kriegsverlauf
gemacht und eine »Judenzählung« von 1916 ergab zwar eine überdurchschnittliche Kriegsbeteiligung deutscher Juden, wurde jedoch nie veröffentlicht. Zuletzt sollen sich die Schüler ein
Interview mit Michael Fürst anschauen, der sich 1966 vermutlich als erster Jude nach dem Zweiten Weltkrieg freiwillig zur Bundeswehr meldete – und ganz andere, nüchtern-rationale Gründe
hatte als Ernst Toller: Er wollte dasselbe machen wie seine nicht-jüdischen Klassenkameraden
und er sah den Wehrdienst auch als eine Möglichkeit, sein erstes eigenes Geld zu verdienen.
Als letzte Aufgabe sollen die Schülerinnen und Schüler einen Dialog zwischen Ernst Toller und
Michael Fürst entwerfen.
Möglichkeiten zur Präsentation vor der Klasse:
Aufgabe 1b: »Suchobjekt«, das die Schüler aus der Vitrine »Juden als deutsche
Patrioten« ausgewählt haben
Aufgabe 5: »Dialog« zwischen Ernst Toller und Michael Fürst
6
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Aufgaben und Lernziele
der einzelnen Themen
Zionismus
4
Auf ins gelobte Land!? – »Wir sind ein Volk, ein Volk«
Die Schülerinnen und Schüler erfahren im Learning Center, dass sich der Begriff
»Zion« zunächst nur auf Jerusalem und später auf das gesamte »Heilige Land« bezog, sowie dass sich in Jerusalem mit der Klagemauer der wichtigste Ort für das Judentum befindet.
Sie lernen, dass der Zionismus als eine jüdische Nationalbewegung Ende des 19. Jahrhunderts
als Reaktion auf den wachsenden Antisemitismus in Europa entstanden ist, deren Ziel die Schaffung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina war.
In einem Film über das jüdische Leben in Palästina 1913 im Ausstellungsbereich
»Deutsche und Juden zugleich, 1800-1914« sehen die Schülerinnen und Schüler, dass ein Leben
dort Anfang des 20. Jahrhunderts schwere körperliche Arbeit in einem Land bedeutete, das
im Vergleich zu Deutschland in dieser Zeit rückständig und unmodern war. Die Schüler vergleichen den jüdischen Pfadfinder Erich Meyer, dessen Lebensgeschichte sie im Learning Center kennenlernen und der Mitte der 1930er Jahre nach Palästina auswandern möchte, mit Max
Michalski. Dieser lebte als erfolgreicher Geschäftsmann vor Beginn des Ersten Weltkrieges mit
seiner Familie in Berlin. Durch die Gegenüberstellung der beiden Lebensgeschichten sollen die
Schülerinnen und Schüler erkennen, dass der Zionismus bis in die 1930er Jahre in Deutschland
nur wenige Anhänger hatte, weil sich die meisten deutschen Juden als Deutsche fühlten und
es daher keinen Grund für sie gab, ihre gesicherte Existenz in Deutschland für ein Leben in Palästina aufzugeben. Erst im Nationalsozialismus wurden der Zionismus und die Auswanderung
nach Palästina für mehr Juden attraktiv (häufig auch mangels Alternative), weil sie erkennen
mussten, dass es in Deutschland keine Zukunft für sie gab.
Auf die Auswanderung nach Palästina bereiteten sich viele jüdische Jugendliche in
den 1930er Jahren in Hachschara-Camps vor, in denen sie landwirtschaftliche Kenntnisse und
Fähigkeiten erwarben. Zu einem Foto im Ausstellungsbereich »Nationalsozialismus, 1933-1945«,
das zwei Jugendliche in einem solchen Camp zeigt, sollen die Schüler einen Dialog entwerfen,
in den sie ihre Kenntnisse über die Situation in Palästina, den Zionismus in Deutschland und die
Hachschara-Camps einbringen können.
Möglichkeiten zur Präsentation vor der Klasse:
Aufgabe 1a+b: Vorstellung der Ergebnisse aus dem Learning Center: Was bedeuten
die Begriffe Zion und Zionismus? Warum entsteht der Zionismus?
Aufgabe 5: »Dialog« zum Foto »Landarbeit«, das zwei jüdische Jugendliche in
einem Hachschara-Camp zeigt
7
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Aufgaben und Lernziele
der einzelnen Themen
Politik
5
»Revolution, Anarchie und Demokratie« – Judentum und Politik
Im 19. Jahrhundert wurde über die Frage diskutiert, ob Juden die gleichen Rechte erhalten sollten wie Christen. Zwei zeitgenössische Meinungen (pro und contra) lernen die Schüler
an der Hörstation im Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich, 1800 – 1914« kennen:
Einerseits die Abgeordneten des Sächsischen Landtags, die gleiche Rechte für alle fordern, andererseits den Naturwissenschaftler Dietrich Georg Kieser. Dieser argumentiert mit dem Bild
eines Bienenstockes, dass die Unterschiede zwischen Juden und Christen naturgegeben und
unüberwindbar seien und eine Assimilation daher unmöglich sei.
Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich dann mit der Vitrine »Politische Linke – Wir werden bald Revolution haben«, in der Karl Marx und Ferdinand Lassalle vorgestellt werden. Viele Juden haben sich politisch für den Sozialismus engagiert, in dem Religion keine Rolle spielt und daher auch kein Grund für eine rechtliche oder gesellschaftliche Diskriminierung
vorliegt. Für Karl Marx, dessen Vater ein Jahr vor seiner Geburt zum Christentum konvertierte,
gibt es in der Vitrine ein Objekt, das seine Herkunft aus einer jüdischen Familie zeigt, nämlich
ein Foto des Grabsteins seines Großvaters mit hebräischen Schriftzeichen. Die Schüler sollen zusätzlich ein Objekt in der Vitrine auswählen, das am besten die politische Idee veranschaulicht,
für die sich Marx und Lasalle eingesetzt haben.
Im Ausstellungsbereich »Gefährdete Gleichberechtigung, 1914-1933« lernen die
Schüler die Politiker Walther Rathenau und Gustav Landauer kennen, deren Portraits nebeneinander in der Ausstellung hängen. Den Biografien können sich die Schüler auf kreative Art
annähern, indem sie zunächst entscheiden und begründen sollen, welches der beiden sehr unterschiedlichen Gemälde ihnen besser gefällt. Dann sollen sie mit Zusatzinformationen einen
fiktiven Dialog zwischen den Politikern formulieren, deren Herkunft, Lebensgeschichte und politische Haltung sich ebenfalls sehr unterscheiden.
Zum Abschluss diskutieren die Schüler die Frage, welche Rolle die Religion von Politikern heute noch spielt und welche Bedeutung Religion für sie selbst hat. Zuletzt können sie sich
im Learning Center noch weiter über die Biografie Walther Rathenaus und sein zwiespältiges
Verhältnis zu seinem Judentum informieren.
Möglichkeiten zur Präsentation vor der Klasse:
Aufgabe 2b: »Suchobjekt«, das die politische Idee von Marx und/oder Lassalle zeigt
Aufgabe 4: »Dialog« zwischen Walther Rathenau und Gustav Landauer
8
1
Arbeitsblätter // Taufe
Wohin gehöre ich?
»Getaufte Juden«
im 19. Jahrhundert
Einleitung
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden Juden in Deutschland rechtlich und
gesellschaftlich ausgegrenzt, weil sie als Juden nicht als zugehörig betrachtet wurden: Sie
durften sich nicht überall niederlassen, zahlreiche Berufe nicht ausüben und mussten häufig
hohe Sonderabgaben und Steuern bezahlen. Grundbesitz war ihnen verboten, so dass sie keine
Landwirtschaft betreiben konnten.
!
Es ist wichtig, dass
ihr die Einleitung lest,
bevor ihr die Aufgaben
bearbeitet!
Erst mit der Reichsverfassung von 1871 wurden die Juden zu formal gleichberechtigten Staatsbürgern. Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter nahezu ausschließlich
Christen vorbehalten, z.B. als Hochschullehrer, Richter oder Offizier. Daher ergriffen viele Juden
sogenannte freie Berufe wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang. Zahlreiche Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, auf dem Land etwa
als Vieh- oder Getreidehändler oder als selbstständige Handwerker wie Schneider und Metzger.
Gleichzeitig entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, in der Juden als »Rasse« definiert werden.
Hier beginnt ihr:
Vitrine zum Thema
»Taufe – getauft und
es hilft nichts« im
Ausstellungsbereich
»Deutsche und Juden
zugleich«
1 / 6
Arbeitsblätter // Taufe
Durchs Museum
Ihr findet den Weg durch die Ausstellung,
wenn ihr den Pfeilen auf dem Fußboden
folgt. Auch die Titel der Ausstellungs­
bereiche stehen auf dem Fußboden.
An vielen Stellen in der Ausstellung gibt
es Klappstühle zum Mitnehmen.
Eure Stationen + Aufgaben
Start
Beginn des
Museumsrundgangs im Altbau
1
Eure erste Station liegt im Ausstellungs­
bereich »Deutsche und Juden zugleich«
(Aufgaben 1 – 3)
Lift
2.Og
Lift
1.Og
WC
Eg
WC
Ug
WC
Garten
des Exils
Holocaust- Turm
Rafael Roth
­Learning Center
2
Eure zweite Station befindet sich
im Rafael Roth Learning Center
(Aufgabe 4)
2 / 6
Aufgaben
1
Euer Besuch im Museum beginnt im Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich«.
Bitte für Präsentation vorbereiten
»Suchobjekt« C 10 Minuten
Eure Ergebnisse könnt
ihr im Anschluss eurer
Klasse präsentieren.
Die Aufgaben, die ihr
dafür vorbereiten solltet, sind mit Sternchen
markiert.
Lest euch den Info-Text »Juden werden Christen« durch und schaut euch die
Objekte in der Vitrine zum Thema »Taufe – getauft und es hilft nichts« an. (Achtung, einige Objekte findet ihr in den Schubladen!)
Welchen der ausgestellten Gegenstände (Objekte, Fotos oder Dokumente)
erwartet ihr am wenigsten in einem Jüdischen Museum und warum?
Notiert bitte den Namen des Objekts, eine kurze Beschreibung sowie eine Begründung für eure Auswahl.
Für die Präsentation
könnt ihr eure Objekte
fotografieren – aber
bitte ohne Blitz!
Begriffserklärungen: Antisemitismus: in
der zweiten Hälfte des
19. Jh. entstandene
moderne Form der
Judenfeindschaft, bei
der Juden als »Rasse«
definiert werden
Konvertieren: Wechseln der Religion bzw.
Konfession
2
»Dialog« C 15 Minuten
Ganz rechts in der Vitrine findet ihr sechs Biographien von Juden,
die sich im 19. Jahrhundert haben taufen lassen.
Sucht euch jede/jeder eine Person aus. Stellt euch vor, diese
Menschen treffen sich und sprechen über ihre Erfahrungen mit
ihrer Taufe: Was hätten sie sich gegenseitig berichtet?
Formuliert einen Dialog mit verteilten Rollen und macht euch
Notizen dazu!
Ich habe mich taufen lassen, weil… Was waren deine
Gründe?
Wie hat deine Familie auf deine
Taufe reagiert?
Mehr Platz zum Schreiben findet ihr auf der nächsten Seite.
3 / 6
Im Nachhinein bin ich
glücklich/unglücklich
mit meiner Entscheidung, denn…
Wie fühlst du dich
damit?
3
»Und heute?« C 10 Minuten
Könntet ihr euch vorstellen, eine (andere) Religion anzunehmen? Wenn ja, aus
­welchen Gründen?
Wie schwer würde euch eine solche Entscheidung fallen?
Sprecht auch über die Unterschiede zwischen der Situation der hier vorgestellten
Juden im 19. Jahrhundert und heute!
4 / 6
4
Bitte für Präsentation vorbereiten
»Objektinterview« C 30 Minuten
Eure letzte Aufgabe ist es, euch ein »Objektinterview« zu dem Taufgeschirr
­auszudenken, das ihr in der Vitrine vor euch seht.
Was ist ein
Objektinterview?
Überlegt euch Fragen
an ein Objekt (in diesem
Fall das Taufgeschirr der
Familie Mendelssohn) und
beantwortet sie aus der
Sicht des Objekts (oder
aus der Sicht eines Experten / einer Expertin).
Ihr könnt das Objekt z.B.
nach seinem Alter, seiner
Herkunft, seinen Vorbesitzern oder besonderen
»Ereignissen« in seiner
Geschichte oder dem
Leben seiner Besitzer
fragen.
Geht ins Learning Center im Untergeschoss, schaut euch dort die Kurzfilme an
und formuliert mit diesen Informationen ein Interview mit Fragen und Antworten!
Die Filme findet ihr hier: Dinge k Taufe k Taufe/Taufgeschirr
Das Interview sollte maximal fünf Minuten dauern und von mindestens zwei aus eurer
Gruppe vorgetragen werden (»Interviewer/in« und »interviewtes Objekt«). Wenn ihr
Lust habt, könnt ihr auch noch mehr Rollen verteilen – in eurem Fall besteht das Objekt
ja z.B. aus zwei Teilen!
(Im Beitrag »Familie Mendelssohn« erhaltet ihr Informationen zur Geschichte der Taufschale und vor allem zur Geschichte »ihrer« Familie, in »Meine Taufschale« berichtet
ein Nachfahre der Familie Mendelssohn, wie es ihm selbst und seiner Familie in der Zeit
des Nationalsozialismus erging.)
Platz zum Schreiben habt ihr auf der nächsten Seite.
Im linken Bereich
des Learning Centers
befinden sich auch
PCs für Gruppen,
die ihr gerne nutzen
könnt – wenn sie nicht
für andere Gruppen
reserviert sind.
5 / 6
Ihr könnt das Interview
spielen und mit Kamera/
Handy aufnehmen oder
euch für eine spätere
Präsentation Notizen
machen!
Copyright Abbildungen: S. 1 und S. 3 Ausstellungsansicht © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Volker Kreidler · S. 5 Taufgeschirr der
Familie Franz v. Mendelssohn, Berlin 1889-1890 © Jüdisches Museum Berlin, Ankauf aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie
Berlin, Foto: Jens Ziehe
6 / 6
2
Arbeitsblätter // Familienleben
»Privatsache«
Familienleben im 19. und
20. Jahrhundert
Einleitung
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden Juden in Deutschland rechtlich und
gesellschaftlich ausgegrenzt, weil sie als Juden nicht als zugehörig betrachtet wurden: Sie
durften sich nicht überall niederlassen, zahlreiche Berufe nicht ausüben und mussten häufig
hohe Sonderabgaben und Steuern bezahlen. Grundbesitz war ihnen verboten, so dass sie keine
Landwirtschaft betreiben konnten.
!
Es ist wichtig, dass
ihr die Einleitung lest,
bevor ihr die Aufgaben
bearbeitet!
Erst mit der Reichsverfassung von 1871 wurden die Juden zu formal gleichberechtigten Staatsbürgern. Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter nahezu ausschließlich
Christen vorbehalten, z.B. als Hochschullehrer, Richter oder Offizier. Daher ergriffen viele Juden
sogenannte freie Berufe wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang. Zahlreiche Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, auf dem Land etwa
als Vieh- oder Getreidehändler oder als selbstständige Handwerker wie Schneider und Metzger.
Gleichzeitig entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, in der Juden als „Rasse“ definiert werden. Hier beginnt ihr:
Ausstellungsbereich
»Familienleben
1850 – 1933«
1 /7
Arbeitsblätter // Familienleben
Durchs Museum
Ihr findet den Weg durch die Ausstellung,
wenn ihr den Pfeilen auf dem Fußboden
folgt. Auch die Titel der Ausstellungsbereiche stehen auf dem Fußboden.
An vielen Stellen in der Ausstellung gibt
es Klappstühle zum Mitnehmen.
Eure Stationen + Aufgaben
Start
1
Beginn des
Museumsrundgangs im Altbau
Eure erste Station liegt im Ausstellungs—
bereich »Familienleben 1850 – 1933«
(Aufgaben 1 – 5)
Lift
2.Og
Lift
1.Og
WC
Eg
WC
Ug
WC
Garten
des Exils
Holocaust- Turm
Rafael Roth
­Learning Center
2
Eure zweite Station befindet sich im Rafael Roth Learning Center
(Aufgabe 6)
2 /7
Aufgaben
Euer Besuch im Museum beginnt im Ausstellungsbereich »Familienleben 1850 – 1933«.
1
»Familienbilder« C 5 – 10 Minuten
Im Ausstellungsbereich zum »Familienleben 1850 – 1933«
gibt es eine große Wand mit Gemälden und eine mit
Fotos. Entscheidet euch für eine davon und sucht euch
dann jeder/jede ein Bild aus. Verratet eurer Gruppe noch nicht, für welches Gemälde
bzw. Foto ihr euch entschieden habt. Überlegt euch einen neuen Titel, der gerne einfallsreich, witzig oder ungewöhnlich sein kann.
Versucht jetzt, nur anhand der neuen Titel herauszufinden, für welches Bild sich eure
­Mitschülerinnen und Mitschüler entschieden haben!
2 »Und heute?« C 5 Minuten
Wie sehen die Fotos von eurer Familie oder euren Freunden aus – welche Gemeinsamkeiten gibt es zu den Fotos hier in der Ausstellung? Wo bewahrt ihr diese Fotos auf?
3 /7
3
»Familienleben« C 5 Minuten
Lest euch zunächst den Einleitungstext »Familienleben 1850 – 1933« ganz am Anfang
des Ausstellungsbereichs zum Familienleben durch!
Um 1900 gehörten etwa 60% der Juden in Deutschland dem mittleren oder gehobenen Bürgertum an. Was erzählen euch die Gemälde (aber auch die Fotos) über ihr
Familienleben? Achtet auf Kleidung, Einrichtung, Freizeitbeschäftigungen…
Was davon ist euch eher fremd? Was kommt euch bekannt vor?
4
Bitte für Präsentation vorbereiten
»Suchobjekt« C 15 Minuten
Schaut euch jetzt im gesamten Ausstellungsbereich zum »Familienleben,
1850 – 1933« um und einigt euch in der Gruppe auf ein bis zwei ausgestellte Gegenstände (auch Fotos oder Dokumente), an denen ihr dem Rest eurer Klasse zeigen
könnt, wie Familienleben damals ausgesehen hat. (Notiert bitte die Namen der Objekte, eine kurze Beschreibung sowie die Begründung für eure Auswahl.)
Eure Ergebnisse könnt
ihr im Anschluss eurer
Klasse präsentieren.
Die Aufgaben, die
ihr dafür vorbereiten
solltet, sind mit einem
Sternchen gekennzeichnet.
Für die Präsentation
könnt ihr eure Objekte
fotografieren – aber
bitte ohne Blitz!
4 /7
5
»Weihnachten und Chanukka« C 15 Minuten
Warum steht ein Weihnachtsbaum im Jüdischen Museum –
­Weihnachten ist doch eigentlich ein christliches Fest, oder?
Hinweise findet ihr auf den Texten am und im Baum.
Am Weihnachtsbaum hängt eine Postkarte mit dem Titel »Darwinistisches«:
Was ist darauf zu sehen und wie wird damit das Verhältnis von Weihnachten und
Chanukka dargestellt?
Feiert ihr in eurer Familie Weihnachten? Welche Bedeutung hat Weihnachten für
euch? Feiert ihr andere (religiöse) Feste?
i
Begriffserklärungen:
Das Lichterfest
Chanukka feiert die
Wiedereinweihung
des zweiten jüdischen
Tempels in Jerusalem. Einer Erzählung
zufolge wurde im Jahr
164 v.u.Z. im zerstörten
Tempel ein einziges
Kännchen Öl gefunden,
das den Tempelleuchter eigentlich nur
einen Tag lang hätte
befeuern können, auf
wundersame Weise
jedoch acht Tage und
Nächte lang ausreichte.
Seither werden beim
winterlichen ChanukkaFest an acht Abenden
die Chanukka-Lichter
entzündet. Chanukka
wird meist zu Hause im
Kreis von Familie oder
Freunden begangen.
Zionismus: Ende
des 19. Jh. in Europa
entstandene jüdische
Nationalbewegung,
die die Ansiedlung von
Juden in Palästina
förderte und deren Ziel
ein eigener jüdischer
Staat in Palästina war.
Der Staat Israel wurde
1948 gegründet.
5 /7
6
Bitte für Präsentation vorbereiten:
»Interview« C 20 – 30 Minuten
Hinter dem Flügel gegenüber vom Weihnachtsbaum hängt ein großes Familienporträt. Geht ins
Learning Center im Untergeschoss und schaut
euch zu diesem Gemälde die Kurzfilme an: Dinge k Familie k Familie Plesch
Im linken Bereich des
Learning Centers befinden
sich auch PCs für Gruppen, die ihr gerne nutzen
könnt – wenn sie nicht für
andere Gruppen reserviert
sind.
Formuliert mit den Informationen aus den Kurzfilmen ein Interview
(Fragen und Antworten) mit Peter Plesch, dem ältesten Sohn der Familie.
Macht euch Notizen
oder nehmt das Interview mit Handy oder
Kamera für eine spätere Präsentation auf!
Wie war es damals, für das Gemälde Modell
zu sitzen?
Wie ist es Ihnen und
Ihrer Familie bei der
Flucht aus Deutschland ergangen?
Was sagen Sie dazu,
dass heute mehrere
hundert Besucher
täglich das Bild Ihrer
Familie anschauen?
Mehr Platz zum Schreiben findet ihr auf der nächsten Seite.
6 /7
Copyright Abbildungen: S. 1 Ausstellungsansicht, © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Thomas Bruns · S. 3 Ausstellungsansicht Familienbilder, © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe · S. 5 Weihnachtsbaum in der Ausstellung, © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens
Ziehe · S. 6 Max Slevogt, Familienbild Plesch, Öl auf Leinwand, Berlin 1928 © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe
7 /7
3
Arbeitsblätter // Patriotismus
»Deutschlaaand,
Deutschlaaand!?«
Juden als deutsche Patrioten
Einleitung
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden Juden in Deutschland rechtlich und
gesellschaftlich ausgegrenzt, weil sie als Juden nicht als zugehörig betrachtet wurden: Sie
durften sich nicht überall niederlassen, zahlreiche Berufe nicht ausüben und mussten häufig
hohe Sonderabgaben und Steuern bezahlen. Grundbesitz war ihnen verboten, so dass sie keine
Landwirtschaft betreiben konnten.
!
Es ist wichtig, dass
ihr die Einleitung lest,
bevor ihr die Aufgaben
bearbeitet!
Erst mit der Reichsverfassung von 1871 wurden die Juden zu formal gleichberech­
tigten Staatsbürgern. Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter nahezu ausschließlich
Christen vorbehalten, z.B. als Hochschullehrer, Richter oder Offizier. Daher ergriffen viele Juden
sogenannte freie Berufe wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang. Zahlreiche Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, auf dem Land etwa
als Vieh- oder Getreidehändler oder als selbstständige Handwerker wie Schneider und Metzger.
Gleichzeitig entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, in der Juden als »Rasse« definiert werden. Hier beginnt ihr:
Vitrine zum Thema
»Patriotismus – für
Gott, König und Vaterland« im Ausstellungssegment »Deutsche
und Juden zugleich«
1 / 7
Arbeitsblätter // Patriotismus
Durchs Museum
Ihr findet den Weg durch die Ausstellung,
wenn ihr den Pfeilen auf dem Fußboden
folgt. Auch die Titel der Ausstellungs­
bereiche stehen auf dem Fußboden.
An vielen Stellen in der Ausstellung gibt
es Klappstühle zum Mitnehmen.
Eure Stationen + Aufgaben
Start
Beginn des
Museumsrundgangs im
Altbau
1
2
Eure erste Station liegt im Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich«
(Aufgaben 1 und 2)
Eure zweite Station liegt im Ausstellungsbereich »Gefährdete Gleichberechtigung,
1914 – 1933« (Aufgabe 3 )
Lift
2.Og
Lift
1.Og
WC
Eg
WC
Ug
WC
Garten
des Exils
Holocaust- Turm
Rafael Roth
­Learning Center
3
Eure dritte Station befindet sich im Rafael Roth Learning Center
(Aufgabe 4 und 5)
2 / 7
Aufgaben
Euer Besuch im Museum beginnt im Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich«.
1
»Juden als deutsche Patrioten«
C 15 Minuten (für a+b)
Lest euch den Info-Text »Juden als deutsche Patrioten« durch und schaut euch die Vitrine zum Thema
»Patriotismus – für Gott, König und Vaterland«
an. Einige Objekte sind auch in den Schubladen zu
finden!
1A Welche Bedeutung hatte die Möglichkeit, Militär­
dienst leisten zu können, für viele Juden im
19. Jahrhundert – und warum?
Begriffserklärungen:
Patriotismus: eine besondere emotionale Verbundenheit gegenüber der eigenen Nation, die sich auf
Traditionen, kulturelle und
historische Werte sowie
besondere Leistungen beziehen kann, auf Deutsch
auch Vaterlandsliebe.
Antisemitismus: in der
zweiten Hälfte des 19.
Jahrhundert entstandene
moderne Form der Judenfeindschaft, bei der Juden
als »Rasse« definiert
werden.
Befreiungskriege: kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Truppen
des französischen Kaisers
Napoleon und seinen Gegnern Preußen, Österreich,
Russland und anderen
zwischen 1813 und 1815, die
das Ziel hatten, ihre Länder von der französischen
Besatzung zu befreien. Die
Befreiungskriege endeten
mit einer Niederlage Napoleons. In Deutschland meldeten sich viele Männer
freiwillig zum Kriegsdienst
und die Befreiungskriege
lösten eine Welle nationaler Begeisterung aus, denn
viele hofften auf eine Einigung des damals in viele
Kleinstaaten zersplitterten
Deutschlands.
fünf Bücher Mose, sie ist
der erste Teil der aus drei
Teilen bestehenden hebräischen Bibel (Tanach).
en vogue: französisch:
beliebt, angesagt
Synagoge: (aus dem
Griechischen: »Versammlung«) Eine Synagoge ist
das Zentrum der jüdischen
Gemeinde, also der Ort für
Gottesdienst, Versammlungen und gemeinschaftliches Lernen.
Mikrographie: (aus dem
Griechischen: »Kleinschreiberei«) Mit extrem
klein geschriebenem Text
wurden Figuren oder
sogar ganze Darstellungen
gebildet. Der Text enthielt
häufig die Geschichte der
abgebildeten Person.
Tora: Die Tora (hebräisch:
»Lehre«) beinhaltet die
3 / 7
1b Bitte für Präsentation vorbereiten
»Suchobjekt« C 10 Minuten
An welchem der ausgestellten Gegenstände (auch Fotos oder Dokumente) kann
man eurer Meinung nach am besten die enge Verbundenheit der Juden zu ihrem
Vaterland erkennen? Wie wird sie zum Ausdruck gebracht?
Notiert bitte den Namen des Objekts, eine kurze Beschreibung sowie eine Begründung
für eure Auswahl.
Eure Ergebnisse könnt
ihr im Anschluss eurer
Klasse präsentieren.
Die Aufgaben, die
ihr dafür vorbereiten
solltet, sind mit einem
Sternchen gekennzeichnet.
Für die Präsentation
könnt ihr eure Objekte
fotografieren – aber
bitte ohne Blitz!
2
»Und heute?« C 10 Minuten
Im Info-Text »Juden als deutsche Patrioten« findet ihr im letzten Absatz ein Zitat von
Walther Rathenau (1867 – 1922, späterer Außenminister der Weimarer Republik): Trotz »Tüchtigkeit« und »Verdienst« (gemeint sind Fleiß und Leistung) wird er immer ein
»Bürger zweiter Klasse« bleiben, das heißt nie voll gleichberechtigt und anerkannt sein.
Welche Rolle spielen »Tüchtigkeit« und »Verdienst« heute (für Erfolg in der Schule
oder Anerkennung bei Freunden) und welche Bedeutung haben z.B. Herkunft, Reli­
gion, Geld oder Aussehen? Fallen euch Beispiele für solche Diskriminierungen ein,
die ihr bei euch selbst oder anderen erlebt habt?
4 / 7
3
Hörstation C 15 Minuten
Geht in den Ausstellungsbereich »Gefährdete Gleichberechtigung, 1914 – 1933«. Dort
findet ihr eine Hörstation, an der ihr euch
den Beitrag »Kriegsfreiwillige« von Ernst
Toller anhören könnt (Dauer ca. 3 Minuten).
Ernst Toller beschreibt darin seine Rückkehr nach Deutschland kurz nach Beginn
des 1. Weltkrieges 1914 und seine Meldung
als Freiwilliger beim Militär.
Achtet beim Hören darauf:
Wie beschreibt Toller die Stimmung unter
den Menschen in Deutschland und wie
schildert er seine eigenen Gefühle bei
seiner Rückkehr und später als Soldat?
Was ist damit gemeint, dass der Kaiser »keine Parteien mehr kennt«?
Welche Bedeutung hat diese Aussage für Ernst Toller als deutscher Jude?
5 / 7
4
Learning Center C 10 Minuten
Eure letzte Station ist im Learning Center, wo ihr weitere Informationen zum Thema
»­Erster Weltkrieg« bekommt: Dinge k Krieg k Erster Weltkrieg/Eisernes Kreuz
Im linken Bereich des
Learning Centers befinden
sich auch PCs für Gruppen,
die ihr gerne nutzen könnt
– wenn sie nicht für andere
Gruppen reserviert sind.
»Enttäuschte Hoffnungen«: Welche Hoffnungen haben viele deutsche Juden mit dem
Ersten Weltkrieg für ihre persönliche Situation verbunden? Wodurch wurden diese
Hoffnungen 1916 enttäuscht?
»Und heute?«: Michael Fürst war 1966 vermutlich der erste Jude, der sich nach dem
Zweiten Weltkrieg freiwillig zur Bundeswehr meldete. Warum ist Michael Fürst zur
Bundeswehr gegangen und warum war seine Entscheidung damals ungewöhnlich?
6 / 7
Bitte für Präsentation vorbereiten
5
»Dialog« C 10 Minuten
Formuliert einen kurzen Dialog zwischen Ernst Toller (aus Frage Nr. 4)
und Michael Fürst!
Macht euch Notizen
oder nehmt das Interview mit Handy oder
Kamera für eine spätere Präsentation auf!
Warum haben Sie sich freiwillig zum Kriegsdienst
gemeldet?
Wie war es während
des Ersten Weltkrieges / in der Nachkriegszeit, als Jude in
Deutschland zu leben?
Copyright Abbildungen: S. 1 und S. 3 Ausstellungsansicht © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Volker Kreidler · S. 5 Ausstellungsansicht © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Oliver Stratz
7 / 7
4
Arbeitsblätter // Zionismus
Auf ins gelobte Land!?
»Wir sind ein Volk, ein Volk«
!
Einleitung
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden Juden in Deutschland rechtlich und
gesellschaftlich ausgegrenzt, weil sie als Juden nicht als zugehörig betrachtet wurden: Sie durften sich nicht überall niederlassen, zahlreiche Berufe nicht ausüben und mussten häufig
hohe Sonderabgaben und Steuern bezahlen. Grundbesitz war ihnen verboten, so dass sie keine
Landwirtschaft betreiben konnten.
Es ist wichtig, dass
ihr die Einleitung lest,
bevor ihr die Aufgaben
bearbeitet!
Erst mit der Reichsverfassung von 1871 wurden die Juden zu formal gleichberechtigten Staatsbürgern. Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter nahezu ausschließlich
Christen vorbehalten, z.B. Hochschullehrer, Richter oder Offizier. Daher ergriffen viele Juden
sogenannte freie Berufe wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang. Zahlreiche Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, auf dem Land etwa
als Vieh- oder Getreidehändler oder als selbstständige Handwerker wie Schneider und Metzger.
Gleichzeitig entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, in der Juden als »Rasse« definiert werden. Von der Antike bis zur Gründung des Staates Israel im Jahr 1948 gab es keinen jüdischen Staat. Bis zum Ende des 1. Weltkrieges 1918 war Palästina – also das Gebiet, auf dem heute der Staat Israel und die palästinensischen Autonomiegebiete liegen – Teil des Osmanischen
Reiches, danach stand es bis 1948 unter britischer Verwaltung. Um 1880 lebten etwa 457.000
Menschen in Palästina, davon waren 88% Muslime, 9,4% Christen und nur 4% Juden (etwa
15.000). Erst Ende des 19. Jahrhunderts begann die Einwanderung europäischer (und russischer) Juden nach Palästina. Um 1935 lebten etwa 370.000 Juden in Palästina, ihr Anteil an der
Gesamtbevölkerung stieg damit auf 27%.
Rumänien
Israel und die
­palästinensischen
Autonomiegebiete.
Bulgarien
Mazedonien
Albanien
Türkei
Griechenland
Syrien
Zypern
Libanon
Jor
dan
ien
Israel
Lybien
Ägypten
SaudiArabien
1 / 9
Arbeitsblätter // Zionismus
Durchs Museum
Ihr findet den Weg durch die Ausstellung,
wenn ihr den Pfeilen auf dem Fußboden
folgt. Auch die Titel der Ausstellungssegmente stehen auf dem Fußboden.
An vielen Stellen in der Ausstellung gibt
es Klappstühle zum Mitnehmen.
Eure Stationen + Aufgaben
Start
Beginn des
Museumsrundgangs im
Altbau
2
3
Eure zweite Station liegt im Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich«
(Aufgaben 2 – 4)
Eure dritte Station liegt im Ausstellungsbereich »Nationalsozialismus, 1933 – 1945«
(Aufgabe 5)
Lift
2.Og
Lift
1.Og
WC
Eg
WC
Ug
WC
Garten
des Exils
Holocaust- Turm
Rafael Roth
­Learning Center
1
Eure erste Station befindet sich im Rafael Roth Learning Center
(Aufgaben 1)
2 / 9
Aufgaben
1
Euer Besuch im Museum beginnt im Learning Center.
Bitte für Präsentation vorbereiten, so dass ihr eurer Klasse
erklären könnt, was »­Zionismus« ist:
Eure Ergebnisse könnt
ihr im Anschluss eurer
Klasse präsentieren.
Die Aufgaben, die
ihr dafür vorbereiten
solltet, sind mit einem
Sternchen gekennzeichnet.
Schaut euch im Learning Center die folgenden 3 Beiträge an:
C 25 Minuten
1A Geschichten k Sehnsucht nach Zion k Land der Sehnsucht k Das Land
Im linken Bereich
des Learning Centers
befinden sich auch
PCs für Gruppen,
die ihr gerne nutzen
könnt – wenn sie nicht
für andere Gruppen
reserviert sind.
Was ist »Zion«?
i
Begriffserklärungen: Synonym: Wörter mit
gleicher oder ähnlicher
Bedeutung
Antisemitismus: in
der zweiten Hälfte des
19. Jh. entstandene
moderne Form der
Judenfeindschaft, bei
der Juden als »Rasse«
definiert werden
Welche Bedeutung hat »Zion« für Juden?
Nationalbewegung:
Ziel einer Nationalbewegung ist die Schaffung eines eigenständigen Staates für eine
Nation, das heißt für
eine bestimmte Gruppe
von Menschen, denen
gemeinsame kulturelle
Merkmale wie Sprache,
Tradition, Gebräuche
oder eine gemeinsame
Geschichte zugeschrieben werden
3 / 9
1b Sehnsucht nach Zion k Zionistische Einwanderung k Zionismus
Wann und warum entsteht der Zionismus?
i
Begriffserklärungen: Erez Israel: Erez Israel,
(hebräisch: »Das Land
Israel«) zionistischer
Begriff für Palästina
vor der Staatsgründung Israels 1948,
sehnsüchtige Bezeichnung für Israel als
Heimstätte
Hachschara: (hebräisch: »Ertüchtigung«)
Ausbildung und
Vorbereitung für die
Auswanderung nach
Palästina
Was ist das Ziel des Zionismus?
4 / 9
1c
Dinge k Zionismus k Pfadfinder k »Das Gemälde« + »Der junge Scout«
Wann und warum werden viele jüdische Pfadfinder zu überzeugten Zionisten?
Was lernt der Pfadfinder Erich Meyer im Hachschara-Camp?
Warum diese Fähigkeiten wichtig sein könnten für einen Siedler in Palästina, erfahrt ihr
oben in der Ausstellung!
5 / 9
2
»Das Leben in Palästina« C 10 Minuten
Geht jetzt in den Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich« (Eure zweite Station
auf dem Plan auf Seite 2) und dort zur Vitrine »Wir sind ein Volk, ein Volk«. Schaut euch
den Stummfilm »Life of the Jews in Palestine« von 1913 an (Dauer ca. 2 Minuten).
Wie wird das Leben der Juden in Palästina im Jahr 1913 dargestellt?
Achtet auf die Stimmung in den einzelnen Filmsequenzen und auf die Berufe, die
­gezeigt werden. Welche Verbindung seht ihr zu Erich Meyers Ausbildung im Hach­
schara-Camp?
i
Nur sehr wenige deutsche Juden wanderten
vor den 1930er Jahren
nach Palästina aus,
denn die meisten
Juden fühlten sich als
Deutsche jüdischen
Glaubens und in
Deutschland zu Hause.
Von etwa 500.000
Juden in Deutschland
waren daher nur 9.000
vor dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) Anhänger des Zionismus
und noch viel weniger
Juden wanderten tatsächlich nach Palästina
aus.
Zusatzaufgabe: Warum wird (jüdische) Religion im Film nicht thematisiert?
6 / 9
3
»Gehen oder Bleiben?«
C 10 Minuten
1913
s 1. Weltkrieges
= vor Beginn de
Max Michalski
72)
41 Jahre (geb. 18
n
rli
Be
Kinder
verheiratet, zwei
haber eines
In
d
un
Geschäftsmann
chäftes
Bekleidungsges
1934
= nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten
Erich Meyer
14 Jahre (geb. 1920)
Frankfurt am Main
Schüler an einer jüdischen Schule
lebt zusammen mit seiner Mutter
Warum ist es für einen deutschen Juden um 1900 nicht attraktiv, nach Palästina
auszuwandern?
Vergleicht die Situation von Max Michalski im Jahr 1913 mit der des Pfadfinders Erich
Meyer, der als Jugendlicher zwanzig Jahre später unbedingt nach Palästina gehen
möchte. Was hat sich 1933 an der politischen Situation geändert? Welche Rolle spielt
die persönliche Situation (Alter, familiäre Situation, Beruf und Hobbies)?
Mehr Platz zum Schreiben findet ihr auf der nächsten Seite.
7 / 9
4
»Und heute?« C 5 Minuten
Aus welchen Gründen würdest du aus dem Land auswandern, in dem du lebst? Wohin
würdest du dann gehen – und warum? Bräuchtest du spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten oder andere Voraussetzungen, um in dem neuen Land leben zu können?
8 / 9
5
Bitte für Präsentation vorbereiten:
»Dialog« C 15 Minuten
Als letztes geht bitte in den Ausstellungsbereich »Nationalsozialismus, 1933 – 1945«. Dort findet ihr das Foto »Landarbeit« von 1937,
das zwei jüdische Jugendliche im Hachschara-Lager Steckelsdorf
(westlich von Berlin) zeigt.
Schaut euch zuerst das Foto genau an:
Wie präsentieren sich der Junge und das Mädchen auf dem Bild?
Überlegt euch dann einen Dialog zwischen den beiden.
Ihr könnt für weitere Informationen auch die anderen Bilder und
Objekte in diesem Abschnitt einbeziehen.
Was hast du heute
so gemacht?
Warum bist du im Hachschara-Camp?
Was glaubst du, wie unsere Zukunft
aussieht – wo werden wir
in einem Jahr sein?
Copyright Abbildungen: S. 1 Landkarte Mittelmeerraum: NordNordWest/Wikipedia, http://commons.wikimedia.org/wiki/
File:Mediterranean_Sea_location_map.svg , Lizenzvertrag: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/legalcode · Landkarte
Israel: www.goruma.de · S. 6 Ausstellungsansichten © Jüdisches Musuem Berlin, Foto: Volker Kreidler · S. 7 Max Michalski sitzend am
Schreibtisch, Berlin Januar 1922 © Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Marlies Danziger, geb. Kallmann · Kurt Michalski am Flügel
mit Mutter Gertrud, Bruder Werner und Vater Max Michalski, Berlin Januar 1922 © Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Marlies
Danziger, geb. Kallmann · Erich Meyer mit Familie bei einem Sonntagsausflug im Harz, 1931 © Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von
Erich Meyer · Pfadfinderbuch aus dem Besitz von Erich Meyer, Frankfurt a.M. Mai 1935 © Jüdisches Museum Berlin, Schenkung von Erich
Meyer, Foto: Jens Ziehe · S. 8 Ausstellungsansicht © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Oliver Stratz · Herbert Sonnenfeld, Bei der Landarbeit im Hachschara-Lager Steckelsdorf, Steckelsdorf bei Rathenow 1937 © Jüdisches Museum Berlin, Ankauf aus Mitteln der Stiftung
Deutsche Klassenlotterie Berlin
Ihr könnt den Dialog
spielen und mit Kamera oder Handy aufnehmen oder euch damit
für die Präsentation
Notizen machen!
9 / 9
5
Arbeitsblätter // Politik
Revolution,
Anarchie und Demokratie
Judentum und Politik
Einleitung
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden Juden in Deutschland rechtlich und
gesellschaftlich ausgegrenzt, weil sie als Juden nicht als zugehörig betrachtet wurden: Sie
durften sich nicht überall niederlassen, zahlreiche Berufe nicht ausüben und mussten häufig
hohe Sonderabgaben und Steuern bezahlen. Grundbesitz war ihnen verboten, so dass sie keine
Landwirtschaft betreiben konnten.
!
Es ist wichtig, dass
ihr die Einleitung lest,
bevor ihr die Aufgaben
bearbeitet!
Erst mit der Reichsverfassung von 1871 wurden die Juden zu formal gleichberechtigten Staatsbürgern. Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter nahezu ausschließlich
Christen vorbehalten, z.B. als Hochschullehrer, Richter oder Offizier. Daher ergriffen viele Juden
sogenannte freie Berufe wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang. Zahlreiche Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, auf dem Land etwa
als Vieh- oder Getreidehändler oder als selbstständige Handwerker wie Schneider und Metzger.
Gleichzeitig entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, in der Juden als »Rasse« definiert werden. Hier beginnt ihr:
Vitrine zum Thema
»Politische Linke
– Wir werden bald
Revolution haben« im
Ausstellungsbereich
»Deutsche und Juden
zugleich«
1 / 9
Arbeitsblätter // Politik
Durchs Museum
Ihr findet den Weg durch die Ausstellung,
wenn ihr den Pfeilen auf dem Fußboden
folgt. Auch die Titel der Ausstellungs­
bereiche stehen auf dem Fußboden.
An vielen Stellen in der Ausstellung gibt
es Klappstühle zum Mitnehmen.
Eure Stationen + Aufgaben
Start
Beginn des
Museumsrundgangs im Altbau
1
2
Eure erste Station liegt im
Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich«
(Aufgaben 1 und 2)
Eure zweite Station liegt im Ausstellungsbereich »Gefährdete Gleichberechtigung,
1914 – 1933« (Aufgaben 3 – 5)
Lift
2.Og
Lift
1.Og
WC
Eg
WC
Ug
WC
Garten
des Exils
Holocaust- Turm
Rafael Roth
­Learning Center
3
Eure dritte Station befindet sich im Rafael Roth Learning Center
(Aufgabe 6)
2 / 9
Aufgaben
1
Euer Besuch im Museum beginnt im Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich«.
»Gleichberechtigung« C 15 Minuten
Geht an den Tisch mit der Hörstation und hört
euch die beiden Antworten auf die Frage »Sollen
Juden gleiche Rechte erhalten wie Christen?«
(JA und NEIN) an:
1a
»JA«: Wer stellt hier eine Forderung und was
wird gefordert? Wie sieht die Gesellschaft aus,
die sich diese Personen vorstellen?
Begriffserklärungen:
1b
»NEIN«: Wer äußert hier seine Meinung und welchen Beruf hat der Mann?
Was für ein Bild verwendet er und wie argumentiert er gegen die rechtliche Gleichstellung der Juden? Inwiefern könnten der Beruf und die Art der Argumentation in
Zusammenhang stehen?
Emanzipation: rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung (in
diesem Fall der Juden
mit der christlichen
Mehrheitsgesellschaft,
kann sowohl den einmaligen Akt der rechtlichen Gleichstellung als
auch den Prozess der
schrittweisen Integration meinen)
Aufklärung: von Vernunft und Fortschrittsglauben bestimmte
geistige Strömung des
18. Jahrhunderts in
Europa, die sich gegen
Aberglauben, Vorurteile und Autoritätsdenken wendet und damit
Unwissenheit aufheben
und bessere Lebensverhältnisse schaffen
will
3 / 9
1c
Zusatzfrage: »Und heute?« Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes lautet:
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich...
Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, […] seiner
Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen
oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
Warum wurde dieses Gesetz 1949 so beschlossen?
2
»Wir werden bald Revolution haben« C 15 Minuten
Geht weiter zu der Vitrine »Politische Linke – Wir werden bald Revolution haben«. Lest den
Infotext »Väter der Arbeiterbewegung«!
2a Karl Marx und Ferdinand Lassalle stammen aus jüdischen Familien.
Für welchen der beiden gibt es in der Vitrine ein Objekt (Gegenstand, Foto
oder Dokument), das auf die Herkunft aus einer jüdischen Familie hinweist? Was zeigt das Objekt?
Karl Marx
Ferdinand Lassalle
4 / 9
2b Bitte für Präsentation vorbereiten
»Suchobjekt« C 15 Minuten
Für welche politische Idee haben sich Karl Marx und Ferdinand Lassalle eingesetzt? An welchem der ausgestellten Gegenstände kann man das eurer Meinung
nach am besten sehen? (Siehe auch Begriffserklärungen unten.)
Notiert bitte den Namen des Objekts, eine kurze Beschreibung sowie eine Begründung
für eure Auswahl. Achtung: Einige Objekte sind in den Schubladen!
Eure Ergebnisse könnt
ihr im Anschluss eurer
Klasse präsentieren.
Die Aufgaben, die
ihr dafür vorbereiten
solltet, sind mit einem
Sternchen gekennzeichnet.
Für eine spätere
Präsentation könnt ihr
eure Objekte fotografieren – aber bitte
ohne Blitz!
2c Zusatzfrage: Denkt an die Diskussion über die rechtliche Gleichstellung der Juden
im 19. Jahrhundert, mit der ihr euch am Anfang beschäftigt habt: Warum haben
sich viele Juden politisch für den Sozialismus engagiert?
Begriffserklärungen:
Kommunismus ist eine im 19.
Jahrhundert entstandene politische Bewegung und Herrschaftsform, deren Ziele eine klassenlose
Gesellschaft, die Abschaffung
des Privateigentums und die
Bildung von Gemeineigentum sind.
Sozialismus ist eine politische
Weltanschauung, die auf die Schaffung einer Gesellschaft abzielt, in
der die Grundwerte Freiheit und
materielle und soziale Gleichheit
verwirklicht sind.
Sozialdemokratie ist eine politische Bewegung, die in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden ist und
deren Ziel eine sozial gerechtere Gesellschaft ist. Seit
Anfang des 20. Jahrhunderts versuchten die Anhänger
der Sozialdemokratie, die sozialen Probleme nicht mehr
durch eine Revolution der Arbeiterklasse zu lösen, sondern durch demokratische Reformen – und unterschieden
sich damit von kommunistischen Bewegungen. Die heutige SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) entstand im 19. Jahrhundert aus einem Zusammenschluss des von Ferdinand Lassalle 1863 gegründeten
Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands.
Rabbiner: jüdischer
Schriftgelehrter, der das
Religionsgesetz auslegt,
richtet, predigt und die
Gemeinde leitet
Proletariat: Klasse der
Lohnarbeiter, die nichts
als ihre Arbeitskraft
besaßen
5 / 9
3
»Der Demokrat und der Anarchist« C 5 Minuten
Geht jetzt weiter bis zum Ende des Ausstellungsbereichs »Gefährdete Gleichberechtigung, 1914 – 1933«
bis zu den Gemälden von Walther Rathenau und
Gustav Landauer.
Stellt euch vor, ihr müsstet eines dieser beiden
­Bilder in eurem Zimmer aufhängen. Welches
­würdet ihr wählen und warum?
Ihr könnt auch unterschiedliche Meinungen in eurer
Gruppe haben!
Bitte für Präsentation vorbereiten
4
»Dialog« C 15 Minuten
Die Porträts der beiden Politiker wurden erst nach deren Tod gemalt. Seit einiger Zeit
hängen die Gemälde nun hier im Museum direkt nebeneinander. Stellt euch vor, Gustav
Landauer und Walther Rathenau könnten sich unterhalten.
Lest zunächst die Steckbriefe auf der nächsten Seite, um die beiden kennen zu lernen.
Wie gefällt Ihnen
mein Portrait?
Was haben Sie während des Ersten Weltkrieges gemacht?
Sie sehen aber ganz
schön expressionistisch aus, Herr
Landauer!
Gefallen Sie sich
eigentlich auf dem
Bild?
Was denken Sie denn
über die ganzen Besucher, die heute unser
Bild anschauen?
6 / 9
4
Steckbriefe
Dr. Waltheur
Rathena
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geb. 1867 in
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damit erste
Platz zum Schreiben findet ihr auf der nächsten Seite.
Gustav
Landauer
Schriftsteller und Politi
ker
geb. 1870 in Karlsruhe,
gest. 1919 in München (ermordet von antirepu
blikanischen Solda
ten)
Sohn des Schuhwarenhän
Hermann Landauer
zweimal verheiratet, zw
ei
Studium der Germanistik
dlers ­ Töchter
und ­Philosophie
ist Pazifist (d.h. er lehnt
Krieg generell ab) und
ist
Kriegsgegner während
des Ersten Weltkrieges
Vertreter des politisch
en Anarchismus (= Politi
sche Ordnungsvorstellu
ng, die eine Herrschaft
von Menschen über Me
nschen ablehnt und ein
e
Gesellschaft ohne Autor
itäten, staatliche Gewa
lt,
Normen und Gesetze ans
trebt, Ziel ist die Freihe
it
des Einzelnen in einer
solidarischen Gesellschaf
t)
1919 kurzzeitig Mitglied
der revolutionären
»Münchner Räterepublik
«, die nach wenigen
Wochen von der Regie
rung niedergeschlagen
wurde. (Form der direkt
en Demokratie, in der die
Vertreter direkt gewähl
t und dabei strikt an den
Willen der Basis gebun
den sind)
7 / 9
Hier ist Platz für euren Dialog.
Nutzt dafür die Informationen aus den Steckbriefen.
Macht euch Notizen oder nehmt das
Interview mit Handy
oder Kamera für eine
spätere Präsentation
auf!
8 / 9
5
6
»Und heute?« C 10 Minuten
Welche Rolle spielt es heute, ob Politiker (z.B. die Bundeskanzlerin, der Bundespräsident) eine bestimmte Religion (christlich, jüdisch, muslimisch…) haben?
Welche Bedeutung hat Religion für euch persönlich?
Learning Center C 10 Minuten
Im Learning Center erhaltet ihr in kurzen
Filmen weitere Informationen zu Walther Rathenau: Dinge k Politik k Walther Rathenau
Schaut euch vor allem den Film »Deutscher
und Jude« an:
Wie war Rathenaus Verhältnis zu seinem
Judentum – und warum?
Im linken Bereich
des Learning Centers
befinden sich auch
PCs für Gruppen,
die ihr gerne nutzen
könnt – wenn sie nicht
für andere Gruppen
reserviert sind.
Copyright Abbildungen: S. 1 Ausstellungsansicht © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Volker Kreidler · S. 3 Hörstation in der Ausstellung © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe · S. 4 Vitrine in der Ausstellung © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Volker Kreidler,
Grußkarten mit Porträts von Ferdinand Lassalle und Karl Marx, Görlitz ca. 1895-1905 (Ausschnitt) © Jüdisches Museum Berlin · Sechs
Ausstellungsansichten © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Thomas Bruns © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe · S. 7 Porträt
Walther Rathenau, vermutl. Berlin ca. 1920 © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe, Gustav Landauer © Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv
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