Arbeitsblätter für den Museumsbesuch für die Klassen 8 und 9

Deutsche Juden - Jüdische Deutsche
Arbeitsblätter für den Museumsbesuch
Klasse 8 - 9
Fotos oben: © Jüdisches Museum Berlin, Sönke Tollkühn · unten: © Jüdisches Museum Berlin, Nadja Rentzsch
Lehrerinformationen, Themenübersichten
und Arbeitsblätter
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Didaktisch-methodische Überlegungen
Ziel der vorliegenden Arbeitsblätter ist es, dass sich Schülerinnen und Schüler bei
einem Besuch im Jüdischen Museum Berlin selbstständig ein Thema in der Dauerausstellung
erarbeiten können. In Kleingruppen von maximal sechs Personen setzen sie sich mit verschiedenen Themen der jüdischen Geschichte im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auseinander.
Schüler kommen im Geschichtsunterricht mit dem Thema Judentum fast ausschließlich im Kontext von Nationalsozialismus und Holocaust in Kontakt – und nehmen Juden dadurch
häufig nur als Opfer in der Geschichte wahr. Mithilfe dieser Arbeitsblätter sollen die Schülerinnen und Schüler in der Dauerausstellung des Jüdischen Museums Berlin die Vielfalt jüdischen
Lebens vor 1933 und damit Jüdinnen und Juden als Träger einer eigenen Kultur und als aktive
Mitgestalter der modernen Welt kennenlernen.
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein waren Juden in Deutschland von rechtlichen
und gesellschaftlichen Diskriminierungen betroffen, unter anderem durch Niederlassungs- und
Berufsverbote, hohe Sonderabgaben und Steuern, das Verbot von Grundbesitz sowie soziale Ausgrenzung. Im 19. Jahrhundert wurden sie in den meisten deutschen Staaten sukzessive rechtlich gleichgestellt (Emanzipation), auch wenn es immer wieder Rückschritte gab. Erst
mit der Reichsverfassung von 1871 wurden Juden zu formal gleichberechtigten Staatsbürgern.
Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter wie Richter, Staatsanwalt, Hochschullehrer oder
Offizier nahezu ausschließlich Christen vorbehalten. Viele Juden ergriffen daher freie Berufe
wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang.
Viele Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, z.B. als Vieh- oder Getreidehändler oder als
Kaufmann, andere als meist selbstständige Handwerker wie Schneider oder Metzger. Da Juden
der Grundbesitz lange verboten war, war im Vergleich zur christlichen Bevölkerung (70%) nur
ein sehr geringer Anteil in der Landwirtschaft tätig (unter 2%).
Im ausgehenden 19. Jahrhundert entstand der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, die Juden als »Rasse« definiert.
Im Jüdischen Museum Berlin sollen sich die Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Reaktionen deutscher Juden auf die rechtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen, die von der fast vollständigen Assimilation bis zur Entwicklung einer eigenständigen jüdischen Identität reichten. Die
Arbeitsblätter richten sich an Jugendliche ab Klassenstufe 10. Die Aufgaben sind so gestaltet,
dass die Schülerinnen und Schüler sie ohne weitere Hilfsmittel und spezielle Vorkenntnisse mit
den Informationen und Objekten in der Ausstellung bearbeiten können. Historische Grundkenntnisse sollten jedoch vorhanden sein und eine Vorbereitung im Unterricht auf das Thema Judentum im 19. Jahrhundert ist sinnvoll.
In fünf Kleingruppen erarbeiten die Schülerinnen und Schüler in etwa 60 Minuten
ein Thema in der Dauerausstellung und im Learning Center des Museums. Sie sollen dazu angeregt werden, sich mit einzelnen (teilweise selbstgewählten) Objekten und Personen näher zu beschäftigen. Die Aufgaben zielen nicht auf einzelne »richtige« Antworten ab, sondern sind häufig
auf Dialog und Diskussion ausgerichtet. Zu allen Themen gibt es ähnliche Aufgabentypen: Beim
»Suchobjekt« sollen die Schülerinnen und Schüler unter einem bestimmten Aspekt ein Objekt
auswählen und ihre Wahl begründen. Alle Gruppen sollen entweder einen »Dialog« oder ein
»Interview« mit oder zwischen Personen entwerfen, die in der Ausstellung vorgestellt werden. In
der Kategorie »Und heute?« wird eine Diskussionsfrage gestellt, die einen Bezug zwischen dem
Thema der Gruppenarbeit und der Gegenwart der Schüler herstellt.
2
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Hinweise zur Bearbeitung
Die Aufgaben sind so konzipiert, dass sie größtenteils nicht aufeinander aufbauen,
d.h. die Schülerinnen und Schüler können auch nur Teile der Arbeitsblätter bearbeiten. Unser
Ziel ist es vor allem, dass sie sich mit der Ausstellung und deren Themen beschäftigen. In wel­
chem Umfang die Aufgaben bearbeitet werden sollen, entscheiden Sie als Lehrer/in.
Bei der Verteilung der Arbeitsblätter sollten die Wünsche und Interessen der Schüler­
innen und Schüler berücksichtigt werden. Einige Arbeitsblätter sind umfangreicher und inhalt­
lich anspruchsvoller als andere: Die Arbeitsblätter 3 bis 5 sind etwas schwieriger und zeitinten­
siver als die Arbeitsblätter 1 und 2, die auch Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 8 und
9 bearbeiten können.
Alle Arbeitsblätter beinhalten Aufgaben an den Computern im Rafael-Roth-Learning
Center. Dort können Sie für einen bestimmten Zeitraum auch Computer für Ihre Klasse reser­
vieren lassen.
Jede Gruppe hat zwei entsprechend gekennzeichnete Aufgaben, deren Ergebnisse
der Klasse präsentiert werden können, meist die Objektauswahl beim »Suchobjekt« und den
»Dialog« bzw. das »Interview«. Dafür können und sollen die Schüler einen Fotoapparat oder
ein Handy mitbringen, mit dem sie die ausgewählten Objekte (ohne Blitz!) fotografieren oder die
Interviews und Dialoge aufnehmen können. Die Ergebnisse können Sie entweder bei uns im Mu­
seum präsentieren lassen – direkt in der Ausstellung, im Glashof oder im Museumsgarten – oder
natürlich später im Klassenzimmer.
Wichtig:
Zur besseren Koordination bitten wir um eine vorherige Anmeldung Ihrer Gruppe.
Download
Die Arbeitsblätter finden Sie auch unter http://www.jmberlin.de/ksl/
museumsbesuch_gestalten/schuelerarbeitsblaetter_DE.php zum Download.
Kontakt:
Bildungsabteilung
Tel.: +49 (0)30 259 93 305
Fax: +49 (0)30 259 93 412
E-Mail: [email protected]
Impressum
Herausgegeben vom Jüdischen Museum Berlin
© Stiftung Jüdisches Museum Berlin 2015
Konzept: Mariette Franz
Gestaltung und Satz: www.buerominimal.de
Gefördert durch die Beauftragte der
Bundesregierung für Kultur und Medien
www.jmberlin.de
3
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Aufgaben und Lernziele
der einzelnen Themen
Taufe
1
»Wohin gehöre ich?« – »Getaufte Juden« im 19. Jahrhundert
Schätzungsweise 22.000 Juden haben sich im 19. Jahrhundert taufen lassen. Die
meisten, weil sie aufgrund ihres Judentums gesellschaftlich ausgegrenzt und auch nach der
rechtlichen Gleichstellung mit der Reichsverfassung von 1871 von vielen Berufen ausgeschlossen blieben. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich daher zunächst mit der Vitrine zum Thema
»Getauft und es hilft nichts« beschäftigen und ein Objekt auswählen, das sie am wenigsten in
einem Jüdischen Museum erwartet hätten und diese Entscheidung begründen.
Die meisten dieser Juden ließen sich taufen, um ihre beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten zu verbessern, einen Christen heiraten zu können oder um der gesellschaftlichen Diskriminierung zu entgehen. Bei den wenigsten spielte religiöse Überzeugung eine Rolle. Zahlreiche
sogenannte »getaufte Juden« waren mit ihrer Entscheidung im Nachhinein unglücklich, denn
der gewünschte Effekt blieb aus: Als »getaufte Juden« waren sie weder von Christen noch von
Juden akzeptiert. Mit den Gründen und Erfahrungen zur Taufe setzen sich die Schülerinnen und
Schüler anhand von sechs Kurzbiografien auseinander. Mit diesen Informationen sollen sie einen
kurzen Dialog formulieren.
Danach überlegen sich die Schülerinnen und Schüler, aus welchen Gründen sie selbst
bereit wären, ihre Religion zu wechseln (oder überhaupt eine Religion anzunehmen) und welche
Unterschiede es zwischen der Situation der Juden im 19. Jahrhundert und heute gibt.
Als letzte Aufgabe formulieren die Schüler ein »Objektinterview« mit dem Taufgeschirr der Familie Mendelssohn, das in der Ausstellung zu sehen ist. Weitere Informationen erhalten sie im Learning Center.
Möglichkeiten zur Präsentation vor der Klasse:
Aufgabe 1: »Suchobjekt« aus der Vitrine »Getauft und es hilft nichts«
Aufgabe 4: »Objektinterview« mit dem Taufgeschirr der Familie Mendelssohn
4
Arbeitsblätter // Lehrerinfo
Aufgaben und Lernziele
der einzelnen Themen
Familienleben
2
»Privatsache« – Familienleben im 19. und 20. Jahrhundert
Um 1900 gehörten etwa 60% der Juden dem mittleren oder gehobenen Bürgertum an. Die Schülerinnen und Schüler nähern sich auf kreative Art dem bürgerlichen Familien­
leben, indem sie einigen selbst ausgewählten Gemälden oder Fotos im Ausstellungsbereich »Familienleben 1850-1933« neue Titel geben, die dieses Familienleben darstellen. Die Fotos in der
Ausstellung sollen sie mit ihren eigenen Familienfotos vergleichen und Gemeinsamkeiten und
Unterschiede finden. Dann beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler damit, was ihnen die
Gemälde über das bürgerliche Familienleben im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts erzählen
– und können dadurch herausfinden, was bürgerliches Leben in jener Zeit bedeutete: Kultur, Bildung, Musik, Literatur und Kunst, aber auch Urlaube am Meer oder in den Bergen. Im gesamten
Ausstellungsbereich zum Thema »Familienleben 1850-1933« sollen die Schüler ein oder zwei
Objekte wählen, an denen sie zeigen können, was typisch für das bürgerliche Familienleben in
jener Zeit war.
In diesem Ausstellungssegment steht auch ein Weihnachtsbaum. Hier können die
Schüler mithilfe der Informationen in der Ausstellung herausfinden, warum viele Juden in
Deutschland auch Weihnachten feierten: Weil Weihnachten einerseits für sie kein christliches
Fest, sondern ein deutsches Volksfest war, das sie mitfeierten, weil sie sich als Deutsche (jüdischen Glaubens) fühlten – andererseits weil Religion für zahlreiche Juden nur noch eine sehr
untergeordnete Bedeutung im privaten Bereich hatte. Um die Weihnachtszeit findet das jüdische Lichterfest Chanukka statt. Eine Postkarte mit einer Karikatur aus einem Satiremagazin
stellt das Verhältnis von Chanukka und Weihnachten als eine darwinistische Evolution dar: Der
Chanukka-Leuchter verwandelt sich in einen Tannenbaum und verspottet den als Anbiederung
verstandenen Anpassungsprozess vieler Juden an die christliche Mehrheitsgesellschaft.
Als letzte Aufgabe formulieren die Schülerinnen und Schüler ein Interview mit Peter
Plesch, der als Kind auf einem Familiengemälde in der Ausstellung zu sehen ist. Weitere Informationen zu Peter Plesch und seiner Familie erhalten die Schüler in mehreren kurzen Filmen im
Learning Center: Peter Pleschs Vater war ein aus Ungarn stammender, sehr erfolgreicher jüdischer Arzt. Die Familie Plesch führte ein bürgerliches Leben in Berlin. 1933 floh sie aus Deutschland und ließ sich schließlich in England nieder. 2005 verkaufte Peter Plesch das Gemälde dem
Jüdischen Museum Berlin.
Möglichkeiten zur Präsentation vor der Klasse:
Aufgabe 4: »Suchobjekte« aus dem Bereich »Familienleben 1850-1933«
Aufgabe 6: »Interview« mit Peter Plesch
5
1
Arbeitsblätter // Taufe
Wohin gehöre ich?
»Getaufte Juden«
im 19. Jahrhundert
Einleitung
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden Juden in Deutschland rechtlich und
gesellschaftlich ausgegrenzt, weil sie als Juden nicht als zugehörig betrachtet wurden: Sie
durften sich nicht überall niederlassen, zahlreiche Berufe nicht ausüben und mussten häufig
hohe Sonderabgaben und Steuern bezahlen. Grundbesitz war ihnen verboten, so dass sie keine
Landwirtschaft betreiben konnten.
!
Es ist wichtig, dass
ihr die Einleitung lest,
bevor ihr die Aufgaben
bearbeitet!
Erst mit der Reichsverfassung von 1871 wurden die Juden zu formal gleichberechtigten Staatsbürgern. Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter nahezu ausschließlich
Christen vorbehalten, z.B. als Hochschullehrer, Richter oder Offizier. Daher ergriffen viele Juden
sogenannte freie Berufe wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang. Zahlreiche Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, auf dem Land etwa
als Vieh- oder Getreidehändler oder als selbstständige Handwerker wie Schneider und Metzger.
Gleichzeitig entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, in der Juden als »Rasse« definiert werden.
Hier beginnt ihr:
Vitrine zum Thema
»Taufe – getauft und
es hilft nichts« im
Ausstellungsbereich
»Deutsche und Juden
zugleich«
1 / 6
Arbeitsblätter // Taufe
Durchs Museum
Ihr findet den Weg durch die Ausstellung,
wenn ihr den Pfeilen auf dem Fußboden
folgt. Auch die Titel der Ausstellungs­
bereiche stehen auf dem Fußboden.
An vielen Stellen in der Ausstellung gibt
es Klappstühle zum Mitnehmen.
Eure Stationen + Aufgaben
Start
Beginn des
Museumsrundgangs im Altbau
1
Eure erste Station liegt im Ausstellungs­
bereich »Deutsche und Juden zugleich«
(Aufgaben 1 – 3)
Lift
2.Og
Lift
1.Og
WC
Eg
WC
Ug
WC
Garten
des Exils
Holocaust- Turm
Rafael Roth
­Learning Center
2
Eure zweite Station befindet sich
im Rafael Roth Learning Center
(Aufgabe 4)
2 / 6
Aufgaben
1
Euer Besuch im Museum beginnt im Ausstellungsbereich »Deutsche und Juden zugleich«.
Bitte für Präsentation vorbereiten
»Suchobjekt« C 10 Minuten
Eure Ergebnisse könnt
ihr im Anschluss eurer
Klasse präsentieren.
Die Aufgaben, die ihr
dafür vorbereiten solltet, sind mit Sternchen
markiert.
Lest euch den Info-Text »Juden werden Christen« durch und schaut euch die
Objekte in der Vitrine zum Thema »Taufe – getauft und es hilft nichts« an. (Achtung, einige Objekte findet ihr in den Schubladen!)
Welchen der ausgestellten Gegenstände (Objekte, Fotos oder Dokumente)
erwartet ihr am wenigsten in einem Jüdischen Museum und warum?
Notiert bitte den Namen des Objekts, eine kurze Beschreibung sowie eine Begründung für eure Auswahl.
Für die Präsentation
könnt ihr eure Objekte
fotografieren – aber
bitte ohne Blitz!
Begriffserklärungen: Antisemitismus: in
der zweiten Hälfte des
19. Jh. entstandene
moderne Form der
Judenfeindschaft, bei
der Juden als »Rasse«
definiert werden
Konvertieren: Wechseln der Religion bzw.
Konfession
2
»Dialog« C 15 Minuten
Ganz rechts in der Vitrine findet ihr sechs Biographien von Juden,
die sich im 19. Jahrhundert haben taufen lassen.
Sucht euch jede/jeder eine Person aus. Stellt euch vor, diese
Menschen treffen sich und sprechen über ihre Erfahrungen mit
ihrer Taufe: Was hätten sie sich gegenseitig berichtet?
Formuliert einen Dialog mit verteilten Rollen und macht euch
Notizen dazu!
Ich habe mich taufen lassen, weil… Was waren deine
Gründe?
Wie hat deine Familie auf deine
Taufe reagiert?
Mehr Platz zum Schreiben findet ihr auf der nächsten Seite.
3 / 6
Im Nachhinein bin ich
glücklich/unglücklich
mit meiner Entscheidung, denn…
Wie fühlst du dich
damit?
3
»Und heute?« C 10 Minuten
Könntet ihr euch vorstellen, eine (andere) Religion anzunehmen? Wenn ja, aus
­welchen Gründen?
Wie schwer würde euch eine solche Entscheidung fallen?
Sprecht auch über die Unterschiede zwischen der Situation der hier vorgestellten
Juden im 19. Jahrhundert und heute!
4 / 6
4
Bitte für Präsentation vorbereiten
»Objektinterview« C 30 Minuten
Eure letzte Aufgabe ist es, euch ein »Objektinterview« zu dem Taufgeschirr
­auszudenken, das ihr in der Vitrine vor euch seht.
Was ist ein
Objektinterview?
Überlegt euch Fragen
an ein Objekt (in diesem
Fall das Taufgeschirr der
Familie Mendelssohn) und
beantwortet sie aus der
Sicht des Objekts (oder
aus der Sicht eines Experten / einer Expertin).
Ihr könnt das Objekt z.B.
nach seinem Alter, seiner
Herkunft, seinen Vorbesitzern oder besonderen
»Ereignissen« in seiner
Geschichte oder dem
Leben seiner Besitzer
fragen.
Geht ins Learning Center im Untergeschoss, schaut euch dort die Kurzfilme an
und formuliert mit diesen Informationen ein Interview mit Fragen und Antworten!
Die Filme findet ihr hier: Dinge k Taufe k Taufe/Taufgeschirr
Das Interview sollte maximal fünf Minuten dauern und von mindestens zwei aus eurer
Gruppe vorgetragen werden (»Interviewer/in« und »interviewtes Objekt«). Wenn ihr
Lust habt, könnt ihr auch noch mehr Rollen verteilen – in eurem Fall besteht das Objekt
ja z.B. aus zwei Teilen!
(Im Beitrag »Familie Mendelssohn« erhaltet ihr Informationen zur Geschichte der Taufschale und vor allem zur Geschichte »ihrer« Familie, in »Meine Taufschale« berichtet
ein Nachfahre der Familie Mendelssohn, wie es ihm selbst und seiner Familie in der Zeit
des Nationalsozialismus erging.)
Platz zum Schreiben habt ihr auf der nächsten Seite.
Im linken Bereich
des Learning Centers
befinden sich auch
PCs für Gruppen,
die ihr gerne nutzen
könnt – wenn sie nicht
für andere Gruppen
reserviert sind.
5 / 6
Ihr könnt das Interview
spielen und mit Kamera/
Handy aufnehmen oder
euch für eine spätere
Präsentation Notizen
machen!
Copyright Abbildungen: S. 1 und S. 3 Ausstellungsansicht © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Volker Kreidler · S. 5 Taufgeschirr der
Familie Franz v. Mendelssohn, Berlin 1889-1890 © Jüdisches Museum Berlin, Ankauf aus Mitteln der Stiftung Deutsche Klassenlotterie
Berlin, Foto: Jens Ziehe
6 / 6
2
Arbeitsblätter // Familienleben
»Privatsache«
Familienleben im 19. und
20. Jahrhundert
Einleitung
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein wurden Juden in Deutschland rechtlich und
gesellschaftlich ausgegrenzt, weil sie als Juden nicht als zugehörig betrachtet wurden: Sie
durften sich nicht überall niederlassen, zahlreiche Berufe nicht ausüben und mussten häufig
hohe Sonderabgaben und Steuern bezahlen. Grundbesitz war ihnen verboten, so dass sie keine
Landwirtschaft betreiben konnten.
!
Es ist wichtig, dass
ihr die Einleitung lest,
bevor ihr die Aufgaben
bearbeitet!
Erst mit der Reichsverfassung von 1871 wurden die Juden zu formal gleichberechtigten Staatsbürgern. Trotzdem blieben zahlreiche öffentliche Ämter nahezu ausschließlich
Christen vorbehalten, z.B. als Hochschullehrer, Richter oder Offizier. Daher ergriffen viele Juden
sogenannte freie Berufe wie Journalist, Rechtsanwalt oder Arzt, in denen ihnen ein gesellschaftlicher Aufstieg gelang. Zahlreiche Juden arbeiteten auch in Handelsberufen, auf dem Land etwa
als Vieh- oder Getreidehändler oder als selbstständige Handwerker wie Schneider und Metzger.
Gleichzeitig entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts der Antisemitismus, eine moderne Form
der Judenfeindschaft, in der Juden als „Rasse“ definiert werden. Hier beginnt ihr:
Ausstellungsbereich
»Familienleben
1850 – 1933«
1 /7
Arbeitsblätter // Familienleben
Durchs Museum
Ihr findet den Weg durch die Ausstellung,
wenn ihr den Pfeilen auf dem Fußboden
folgt. Auch die Titel der Ausstellungsbereiche stehen auf dem Fußboden.
An vielen Stellen in der Ausstellung gibt
es Klappstühle zum Mitnehmen.
Eure Stationen + Aufgaben
Start
1
Beginn des
Museumsrundgangs im Altbau
Eure erste Station liegt im Ausstellungs—
bereich »Familienleben 1850 – 1933«
(Aufgaben 1 – 5)
Lift
2.Og
Lift
1.Og
WC
Eg
WC
Ug
WC
Garten
des Exils
Holocaust- Turm
Rafael Roth
­Learning Center
2
Eure zweite Station befindet sich im Rafael Roth Learning Center
(Aufgabe 6)
2 /7
Aufgaben
Euer Besuch im Museum beginnt im Ausstellungsbereich »Familienleben 1850 – 1933«.
1
»Familienbilder« C 5 – 10 Minuten
Im Ausstellungsbereich zum »Familienleben 1850 – 1933«
gibt es eine große Wand mit Gemälden und eine mit
Fotos. Entscheidet euch für eine davon und sucht euch
dann jeder/jede ein Bild aus. Verratet eurer Gruppe noch nicht, für welches Gemälde
bzw. Foto ihr euch entschieden habt. Überlegt euch einen neuen Titel, der gerne einfallsreich, witzig oder ungewöhnlich sein kann.
Versucht jetzt, nur anhand der neuen Titel herauszufinden, für welches Bild sich eure
­Mitschülerinnen und Mitschüler entschieden haben!
2 »Und heute?« C 5 Minuten
Wie sehen die Fotos von eurer Familie oder euren Freunden aus – welche Gemeinsamkeiten gibt es zu den Fotos hier in der Ausstellung? Wo bewahrt ihr diese Fotos auf?
3 /7
3
»Familienleben« C 5 Minuten
Lest euch zunächst den Einleitungstext »Familienleben 1850 – 1933« ganz am Anfang
des Ausstellungsbereichs zum Familienleben durch!
Um 1900 gehörten etwa 60% der Juden in Deutschland dem mittleren oder gehobenen Bürgertum an. Was erzählen euch die Gemälde (aber auch die Fotos) über ihr
Familienleben? Achtet auf Kleidung, Einrichtung, Freizeitbeschäftigungen…
Was davon ist euch eher fremd? Was kommt euch bekannt vor?
4
Bitte für Präsentation vorbereiten
»Suchobjekt« C 15 Minuten
Schaut euch jetzt im gesamten Ausstellungsbereich zum »Familienleben,
1850 – 1933« um und einigt euch in der Gruppe auf ein bis zwei ausgestellte Gegenstände (auch Fotos oder Dokumente), an denen ihr dem Rest eurer Klasse zeigen
könnt, wie Familienleben damals ausgesehen hat. (Notiert bitte die Namen der Objekte, eine kurze Beschreibung sowie die Begründung für eure Auswahl.)
Eure Ergebnisse könnt
ihr im Anschluss eurer
Klasse präsentieren.
Die Aufgaben, die
ihr dafür vorbereiten
solltet, sind mit einem
Sternchen gekennzeichnet.
Für die Präsentation
könnt ihr eure Objekte
fotografieren – aber
bitte ohne Blitz!
4 /7
5
»Weihnachten und Chanukka« C 15 Minuten
Warum steht ein Weihnachtsbaum im Jüdischen Museum –
­Weihnachten ist doch eigentlich ein christliches Fest, oder?
Hinweise findet ihr auf den Texten am und im Baum.
Am Weihnachtsbaum hängt eine Postkarte mit dem Titel »Darwinistisches«:
Was ist darauf zu sehen und wie wird damit das Verhältnis von Weihnachten und
Chanukka dargestellt?
Feiert ihr in eurer Familie Weihnachten? Welche Bedeutung hat Weihnachten für
euch? Feiert ihr andere (religiöse) Feste?
i
Begriffserklärungen:
Das Lichterfest
Chanukka feiert die
Wiedereinweihung
des zweiten jüdischen
Tempels in Jerusalem. Einer Erzählung
zufolge wurde im Jahr
164 v.u.Z. im zerstörten
Tempel ein einziges
Kännchen Öl gefunden,
das den Tempelleuchter eigentlich nur
einen Tag lang hätte
befeuern können, auf
wundersame Weise
jedoch acht Tage und
Nächte lang ausreichte.
Seither werden beim
winterlichen ChanukkaFest an acht Abenden
die Chanukka-Lichter
entzündet. Chanukka
wird meist zu Hause im
Kreis von Familie oder
Freunden begangen.
Zionismus: Ende
des 19. Jh. in Europa
entstandene jüdische
Nationalbewegung,
die die Ansiedlung von
Juden in Palästina
förderte und deren Ziel
ein eigener jüdischer
Staat in Palästina war.
Der Staat Israel wurde
1948 gegründet.
5 /7
6
Bitte für Präsentation vorbereiten:
»Interview« C 20 – 30 Minuten
Hinter dem Flügel gegenüber vom Weihnachtsbaum hängt ein großes Familienporträt. Geht ins
Learning Center im Untergeschoss und schaut
euch zu diesem Gemälde die Kurzfilme an: Dinge k Familie k Familie Plesch
Im linken Bereich des
Learning Centers befinden
sich auch PCs für Gruppen, die ihr gerne nutzen
könnt – wenn sie nicht für
andere Gruppen reserviert
sind.
Formuliert mit den Informationen aus den Kurzfilmen ein Interview
(Fragen und Antworten) mit Peter Plesch, dem ältesten Sohn der Familie.
Macht euch Notizen
oder nehmt das Interview mit Handy oder
Kamera für eine spätere Präsentation auf!
Wie war es damals, für das Gemälde Modell
zu sitzen?
Wie ist es Ihnen und
Ihrer Familie bei der
Flucht aus Deutschland ergangen?
Was sagen Sie dazu,
dass heute mehrere
hundert Besucher
täglich das Bild Ihrer
Familie anschauen?
Mehr Platz zum Schreiben findet ihr auf der nächsten Seite.
6 /7
Copyright Abbildungen: S. 1 Ausstellungsansicht, © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Thomas Bruns · S. 3 Ausstellungsansicht Familienbilder, © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe · S. 5 Weihnachtsbaum in der Ausstellung, © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens
Ziehe · S. 6 Max Slevogt, Familienbild Plesch, Öl auf Leinwand, Berlin 1928 © Jüdisches Museum Berlin, Foto: Jens Ziehe
7 /7