DAS EUROPÄISCHE NACHRICHTENMAGAZIN DER DEUTSCHEN SOZIALVERSICHERUNG 3 / 2015 März 23. Jahrgang Aus dem Inhalt: o EU-Gremien beraten über die „Europäische Investitionsunion“ o Europäischer Rat forciert den Freihandel mit Georgien, Moldawien und Ukraine o Ministerrat einigt sich auf allgemeine Grundsätze beim Datenschutz o Deutsche Bundesbank: EU-Kommission soll Überwachung der Staatshaushalte an neue europäische Fiskalbehörde abgeben o Tschechische Schuldenbremse soll Renten und Bezüge senken können o Griechische Regierung löst Rücklagen der Sozialversicherung auf o Weltgesundheitsorganisation bemüht sich um mehr Impfungen gegen Masern o ESIP-Konferenz, Brüssel, 4. Juni 2015: „Europas Sozialversicherungssysteme: Sind sie zukunftsfähig?“ o G7 Initiative für weltweiten Arbeitsschutz Périodique mensuel, ne paraît pas en janvier, avril, juillet et septembre. Bureau de dépôt: Bruxelles X 3/2015 Brüssel, 24. März 2015 EDITORIAL Sehr geehrte Leser! Einmal mehr sorgt die griechische Schuldenkrise für teilweise spektakuläre Medienberichte. Nach einer wochenlangen Zuspitzung mit bedenklichen pauschalierenden Vorwürfen könnte der jüngste Antrittsbesuch des neugewählten griechischen Premierministers Alexis Tsipras bei der Bundeskanzlerin immerhin dazu geführt haben, dass man beginnt, die aktuelle Problemlage sachgerecht und auf den dafür diplomatisch üblichen Pfaden in Zusammenarbeit anzugehen. Ob sich dies so darstellen wird, ist allerdings nicht unbedingt sicher. Fest steht jedoch, dass die Wiederkehr der kurzfristigen Rettungsbemühungen für ein heftig überschuldetes Land in alarmierender sozialer Schieflage viel politische Kraft raubt, die eigentlich strategischer Zukunftssicherung zuzuführen wäre. Eine der Ursachen für die Schärfe der Vorwürfe ist gewiss dem Umstand geschuldet, dass die sozialökonomische Perspektivlosigkeit der verarmenden und bereits verarmten Schichten in Griechenland eher als von außen zugefügtes Übel, denn als Resultat nationaler sozialökonomischer Fehler der Vergangenheit verstanden wird. Die Leistungsfähigkeit eines Sozialschutzsystems hängt in hohem Maß davon ab, wie stabil die eigene Volkswirtschaft ist und wie effizient und sachgerecht das System verwaltet wird. Entsprechende Signale aus Griechenland vermitteln hier oft Widersprüchliches. Sie boten auch Anlass zur Kritik, insbesondere aus anderen EU-Staaten, etwa Estland, wo die sozialrechtlichen Standards eindeutig niedriger sind. Das epochale Friedenswerk Europa ist derzeit in vielfältiger Art und Weise belastet. An vielen Orten regt sich Protest, gelegentlich auch radikaler Wesensart, und möchte die verunsicherten oder verärgerten Bürgerinnen und Bürger mit teilweise aggressiven Botschaften für sich einnehmen. Klopft man derlei Vorschläge auf tatsächliche Lösungsansätze ab, wird man selten fündig. Stattdessen finden sich alte und neue Feindbilder, Pauschalverurteilungen und Parolen. Mit Spannung erwartete man deshalb auch im Ausland die erste Runde der französischen Regionalwahlen. Hier hatten erste Umfragen noch auf einen überwältigenden Sieg der rechtsextremen „Front National“ gesetzt. Am Ende konnte das konservative Bündnis um Nicolas Sarkozy den Urnengang für sich entscheiden, wiewohl der „FN“ noch vor den Sozialisten auf den zweiten Platz kam. Auch hier nahmen Arbeitsmarktpolitik und Sozialfragen einen wichtigen Raum ein. Dies unterstreicht erneut die Bedeutung des Sozialschutzes für den sozialen Frieden. Subsidiarität, verstanden als nationalstaat2 liche Gestaltung des Sozialrechts und seiner Praxisstrukturen, gewinnt an Bedeutung in einer Zeit, die ein immer weiteres Auseinanderklaffen der sozialen Versorgungsrealitäten in der EU zeigt. Subsidiarität ist auch direkt proportional zum Erfolgsgrad unseres deutschen Sozialmodells in relativer Staatsferne und Selbstverwaltung. Ein EU-Einheitsmodell des Sozialschutzes ist weder erstrebenswert noch realistisch. Sein Leistungsniveau auf dem kleinsten gemeinsamen volkswirtschaftlichen Nenner der EU-Staaten würde niemanden befriedigen, jedoch höchstwahrscheinlich viele enttäuschen. Subsidiaritätsbewahrung ist folgerichtig nicht pauschale EU-Gegnerschaft sondern ein subtiler und bewährter Weg zur belastbaren Sicherung des generationsübergreifenden sozialen Konsenses. Deutschland wird, gerade im Lichte der Euroverbilligung, auch künftig als Exportmotor der EU seine High-End Technologieprodukte und andere Qualitätserzeugnisse weltweit absetzen. Dieses Wachstum sichert heimische Arbeitsplätze und Beitragseinnahmen der Sozialversicherungsträger ebenso, wie die Steuereinkünfte des Staates. Noch niemals zuvor in der Wirtschaftsgeschichte konnte sich eine Volkswirtschaft so günstig auf dem Kapitalmarkt refinanzieren. Die Anstrengungen der EU-Politik dürften sich vermehrt der Wachstumsstimulation an anderen Orten zuwenden. Diese ist ebenso geboten, wie gehalten, die soziale Dimension nicht zu verkennen. Sozialpolitik ohne wirtschaftliche Grundlage ist weder nachhaltig noch realistisch. Wachstum um den Preis der sozialen Verelendung bedeutet eine Gefahr für die Demokratie. Die Synthese aus beiden Handlungsfeldern hingegen war und ist eine wirtschaftshistorische Errungenschaft. Als Deutschland aus Trümmern aufstieg, nannte man dies das „Wirtschaftswunder“. Die ursächliche Politik war diejenige der „sozialen Marktwirtschaft“ – sozialrechtlich mitgestaltet von den Sozialpartnern und einer dazu bereiten Politik. Es ist mit Händen zu greifen, dass eine solche Politik versuchen wird, ideologiefrei und zweckorientiert Problemfelder zu definieren und nach ökonomisch tragbaren, bestmöglichen Lösungswegen zu suchen. Griechenland und andere Krisenstaaten mussten erleben, was es heißt, oft nur Klientelpolitik für „übermorgen“ zu machen, statt zukunftsfeste Wege zu beschreiten. Deutschland hat seit 2010 in großem Umfang dazu beigetragen, dass die Gemeinschaftswährung erhalten blieb und – dies ist zu betonen – nach wie vor eine hohe Kaufkraft hat. Dies geschah im Weg von Übereinkommen, deren Einhaltung mithin von grundsätzlicher Bedeutung für die Zukunft sein dürfte. Ihr Günter Danner 3/2015 Europäisches Parlament Entschließung zum Europäischen Semester Am 11. März verabschiedete das Europäische Parlament seine Entschließung zum „Europäischen Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik und zum Jahreswachstumsbericht 2015.“ Entsprechend der thematischen Breite des Europäischen Semesters geriet auch die Entschließung recht weitschweifig, allerdings ohne größere Überraschungen. An die Feststellung, dass nur 9% der länderspezifischen Empfehlungen umgesetzt worden seien, knüpft sich die Forderung an, die nationalen Parlamente stärker in die Verantwortung einzubeziehen. Die Aussagen zur Finanzierung der sozialen Sicherheit sind in sich nicht immer stimmig. Zwar sollen „die Löhne zur nachhaltigen Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme beitragen“. Auf der anderen Seite sei „die Steuerlast von der Arbeit weg zu verlagern“, ja sogar „eine Senkung der Steuern und Sozialabgaben in Betracht zu ziehen“, um private Investitionen zu stimulieren. Europäische Investitionsunion Am 17. Februar hat der Rat den Vorschlag eines „Europäischen Fonds für strategische Investitionen“ (EFSI) erörtert und wird ihm voraussichtlich noch im März zustimmen. Mit seiner Hilfe sollen 315 Mrd. Euro mobilisiert werden, wobei im Wesentlichen private Investoren aufgerufen sind, ihren Beitrag zu leisten. Naturgemäß ist es sehr umstritten, wofür genau die Mittel eingesetzt werden sollen. Eine selbst ernannte Expertengruppe der so genannten „Freunde Europas“ – bestehend aus ehemaligen hochrangigen Kommissionsbeamten und Europa-Parlamentariern – hat sich in einem Bericht vom 23. Februar in de Debatte eingemischt und gefordert, dass auch die soziale Eingliederung benachteiligter Personengruppen unterstützt wird, etwa durch Bildung und Training. Es sei nicht genug, sich auf die langfristige ökonomische Wirksamkeit der Ausgaben zu konzentrieren. Investitionen in das Humankapital müssten gleichberechtigt neben Investitionen in Infrastrukturen treten. Der Entschließungsantrag des Beschäftigungsausschusses des Europäischen Parlaments zum Europäischen Semester vom 5. März (Berichterstatter: Sergio Guitérrez Prieto) wünscht ebenfalls einen breiteren Einsatz des Investitionsfonds. Die Investitionen sollten nicht nur am Ziel gemessen werden, später einmal einen Ertrag abzuwerfen, sondern sollten einen sozialen Mehrwert erzeugen, einschließlich sozialer Eingliederung, Armutsbekämpfung, etwa durch Sozialschutzsysteme und soziale Dienste. Im Plenum konnte sich diese Auffassung allerdings nicht durchsetzen, im Gegenteil: In der Entschließung des EP vom 11. März zum europäischen Semester „besteht“ die Mehrheit darauf, dass die im Rahmen des EFSI bereit gestellten Mittel für die Finanzierung von Projekten verwendet werden sollte, „die eine Rendite abwerfen“ und nicht an die Stelle nationaler Mittel treten, „die in den Konsum gehen würden“. Interessant ist in diesem Zusammenhang vom Parlament wahrgenommene Feststellung, dass schon heute die von den europäischen Strukturund Investitionsfonds getätigten Ausgaben im Durchschnitt 10% aller öffentlichen Investitionen ausmachen, in manchen Mitgliedstaaten sogar bis zu 80%. Antibiotikaresistenz Das Europäische Parlament sowie die Europäische Kommission haben Berichte zur Bekämpfung der antimikrobiellen Resistenz veröffentlicht. In dem vom Parlament veröffentlichten Entwurf gilt die Priorität der Sicherheit von Patienten, damit diese keine Erfahrungen mit möglichen Folgeschäden nach einer Behandlung machen müssen. Es 3 3/2015 werden eventuelle Ursachen dargelegt, die Berichtsentwurf des Parlaments: eine Gesundheitsbedrohung von Patienten h t t p : / / w w w . e u r o p a r l . e u r o p a . e u / wahrscheinlich machen, wie beispielsweise s i d e s / g e t D o c . d o ? p u b R e f = - / / E P / / das Fehlen von Frühwarn- oder Überwa- N O N S G M L + C O M P A R L + P E chungssystemen, ein unangemessener Ge- 5 4 9 . 1 2 4 + 0 1 + D O C + P D F + V 0 / / brauch von Medikamenten bzw. Antibiotika, DE&language=DE da daraufhin Resistenzen hervorgerufen werden können oder die in einigen Ländern Fortschrittsbericht der Kommission: vollzogene Praktik Arzneimittel außerhalb http://ec.europa.eu/health/antimicrobial_ resistance/docs/2015_amr_progress_report_ der festgesetzten Dosierung zu verschreien.pdf ben. Aus diesem Grund sei es von Bedeutung, dass Gesundheitssysteme nicht von Sparmaßnahmen betroffen und VorkehrunEURES soll umfassend über gen zur Überwachung von eventuellen GeSozialversicherung informieren fahren getroffen werden. Damit die Antibiotikaresistenz eingedämmt werden könne, Am 26. Februar beschloss der Parlamentsmüssten Hygienemaßnahmen getroffen, die ausschuss für regionale Entwicklung (REVerwendung von Arzneimitteln gemäßigt GIO) seine Stellungnahme für den Ausschuss und die Forschung im Bereich der Antibiotika für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten betreffend den „Vorschlag für eine Vervorangetrieben werden. ordnung des Europäischen Parlaments und Die Kommission hat einen Zwischenbericht des Rates über ein Europäisches Netz der über den fünfjährigen Aktionsplan gegen die Arbeitsvermittlungen, den Zugang von Arsteigenden Bedrohungen durch Antibioti- beitskräften zu mobilitätsfördernden Dienskaresistenzen (AMR) publiziert. Es wurden ten und die weitere Integration der Arbeitsdie bisherigen Fortschritte der zwölf Maß- märkte“ (KOM/2014/006); Verfasserin der nahmen im Aktionsplan im Bereich der AMR Stellungnahme: Viorica Dăncilă. U.a. schlägt zusammengefasst. Beispielsweise werden, REGIO zu Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe a um die erste Aktion, also die Förderung der die Ergänzung vor, dass die Begünstigten, angemessenen Anwendung von Antibio- die vom EURES-Netz ein Stellenangebot tika, durchführen zu können, Studien von bekommen, über die Gebühren und Steuern der Union finanziert um die Treiber hinter informiert werden, die in anderen Mitgliedder Erlangung von Antibiotika ohne ärztli- staaten zu entrichten sind, damit sie die Entche Verschreibung zu identifizieren. Außer- scheidung darüber, ob sie das Stellenangedem ist, um Überwachungssysteme in der bot annehmen möchten, in voller Kenntnis Nahrungskette zu verstärken, ein Durchfüh- der Sachlage treffen können. rungsbeschluss (2013/652/EU) der Kommission in Kraft getreten, der harmonisierte Überwachungssysteme in Europa, die Vergleichbarkeit zwischen den Mitgliedstaaten und Menschen sowie Veterinärbereichen gewährleistet und die Beaufsichtigung der Muster der Mehrfachresistenz in der Union erleichtert. Laut den Schlussfolgerungen soll AMR auch nach 2016 eine Priorität darstellen. 4 Gemäß Änderungsantrag 62 soll dem Artikel 19 der neue Absatz 1 a mit folgendem Wortlaut hinzugefügt werden: „Alle Arbeitssuchenden haben Anspruch auf umfassende Informationen hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Bedingungen wie beispielsweise Rentenansprüche, Sozialversicherung oder Krankenversicherung, im Land und am Ort der Arbeitsstelle.“ Begründet wird diese Ergänzung mit der erheblichen Bedeutung der Informationen für den Arbeitssuchenden. 3/2015 REGIO-Stellungnahme: Institutionen an Entscheidungsabläufen teilhttp://www.europarl.europa.eu/RegData/ nehmen und ihnen finanzielle Mittel zur Becommissions/regi/avis/2015/539800/REGI_ kämpfung der Armut zur Verfügung gestellt AD(2015)539800_DE.doc werden. Eine neue Statistik, die sich auf das Jahr 2013 bezieht, zeigt auf, dass das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen in der Strategie nach 2015 gegen DiskrimiEU im Durchschnitt bei 16,4 Prozent liegt. In nierung von Frauen und Männern Deutschland haben Frauen 2013 zwar über Der EP-Ausschuss für Beschäftigung und ein Fünftel weniger verdient, jedoch ist das soziale Angelegenheiten hat einen „Entwurf nicht der schlechteste Wert, denn Estland einer Stellungnahme zur Strategie der EU für weist mit 29,9 Prozent das höchste Lohngedie Gleichstellung von Männern und Frauen fälle in der gesamten EU auf. nach 2015“ vorgelegt. Darin wird u.a. auf den Ausfall von 24 Millionen Beschäftigten Rat der Europäischen Union bis zum Jahr 2040 aufmerksam gemacht, was das Erfordernis einer Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt bekräftigt. DaEuropäischer Rat forciert Freihandel rüber hinaus würde die Gleichstellung von mit Georgien, Moldawien, Ukraine Männern und Frauen das Bestreben, eine Erwerbsquote von 75 Prozent zu erreichen Am 19. März 2015 forcierte der Europäische sowie nachhaltige Rentensysteme zu erhal- Rat das Vorhaben, mit einigen südlichen ten, begünstigen. Außerdem wird ausdrück- und östlichen EU-Nachbarn intensivere lich festgehalten, dass eine gleichberechtig- Handelsbeziehungen einzugehen. Im Hinte Stellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt blick auf die östlichen Partner soll dies durch großenteils durch eine Vereinbarkeit von Be- die schnellstmögliche Ratifizierung der Asruf und Familie zustande komme. Aufgrund soziierungsabkommen bzw. der Abkommen dessen sollen Förderinitiativen für die Mitwir- über vertiefte und umfassende Freihandelskung von Männern im Haushalt und Rege- zonen mit Georgien, Moldawien und der Uklungen zu flexiblen Arbeitszeiten ermöglicht raine erreicht werden. werden. Die abschließenden Ausführungen in der Stellungnahme beschäftigen sich mit Länderspezifische Empfehlungen der Bekämpfung von Armut und der Wichtigkeit, die Vergabe von Spitzenpositionen In seinen Schlussfolgerungen vom 9. März gleichmäßig auf beide Geschlechter zu ver- zum Jahreswachstumsbericht und zum teilen. Gemeinsamen Beschäftigungsbericht hat Unterdessen hat der EP-Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter ein Arbeitsdokument veröffentlicht, in dem betont wird, dass jegliche Diskriminierung von Männern und Frauen beseitigt werden müsse. Es wird u.a. hervorgehoben, dass Mobbing und andere Formen der Gewalt gegenüber Frauen verhindert werden müssen, das Lohngefälle einzudämmen sowie Strategien zu entwickeln, damit Frauen Beruf und Familie besser vereinbaren könnten. Weiterhin sollen mehr Frauen in der Rat neben zahlreichen routinemäßigen Empfehlungen die EU-Kommission unter anderem aufgefordert, sich „bei den länderspezifischen Empfehlungen auf die vorrangigen Bereiche zu konzentrieren und hinsichtlich der Durchführung der Maßnahmen keine zu präzisen Vorgaben zu machen“. Diese moderate Gangart schlägt sich zum Beispiel in den rentenpolitischen Aussagen nieder. Statt der üblichen Kommissions-Forderung einer automatischen Anpassung des Rentenalters an die verlängerte Lebenserwartung findet 5 3/2015 sich in den Schlussfolgerungen folgender Hinweis: „Den Mitgliedstaaten sollte ausreichend Raum gelassen werden, damit sie gemäß ihre nationalen Gegebenheiten und Prioritäten die politischen Maßnahmen festlegen können, die am relevantesten sind, um ein angemessenes Verhältnis zwischen dem Berufsleben und dem Leben nach der Pensionierung sicherzustellen“. Datenschutz-Grundverordnung: Rat einigte sich auf allgemeine Grundsätze Wieder konnte ein Fortschritt bei den Verhandlungen zur Datenschutz-Grundverordnung erreicht werden. Im Rat der Justiz- und Innenminister am 12. und 13. März 2015 verständigten sich die 28 Mitgliedstaaten auf eine partielle allgemeine Ausrichtung zu den Kapiteln in Bezug auf die Grundsätze für den Schutz personenbezogener Daten (Kapitel II) sowie in Bezug auf das Prinzip der zentralen Kontaktstelle (Kapitel VI und VII). In Bezug auf die allgemeinen Grundsätze der Datenverarbeitung haben die Minister eine Reihe von Grundsätzen zur rechtmäßigen, gerechten und transparenten Datenverarbeitung gebilligt. Die Verarbeitung personenbezogener Gesundheits- und Sozialdaten ist ein besonders sensibler Bereich. Dabei entschied der Rat – anders als die EU-Kommission – die Verarbeitung personenbezogener Gesundheits- und Sozialdaten nicht in Kapitel IX „Vorschriften für besondere Datenverarbeitungssituationen“, sondern in den Grundsätzen der Verordnung zu regeln (Kapitel II). Art. 9 regelt eine generelle Ausnahme für die Verarbeitung personenbezogener Gesundheitsund Sozialdaten, soweit diese aus dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsen. Damit soll die Sozialversicherung weiterhin ihre Daten verarbeiten können. Der Ministerrat erzielte insgesamt aber nur eine partielle Einigung zur Datenschutz6 Grundverordnung, weitere Kapitel müssen noch verhandelt werden. Hierzu zählt insbesondere das umstrittene Kapitel über die Rechte der betroffenen Personen. Der Rat strebt an, bis zur Sommerpause 2015 einen gemeinsamen Standpunkt zur Datenschutz-Grundverordnung zu finden. Danach könnten die Triloge zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und dem Rat der EU starten. Mit der Reform des Datenschutzrahmens soll ein solider und kohärenter Rahmen für den Datenschutz in der EU geschaffen werden, der mit einer strikten Anwendung der Vorschriften einhergeht und die digitale Wirtschaft in die Lage versetzt, im Binnenmarkt weiter Fuß zu fassen. Link Kapitel II: http://data.consilium.europa.eu/doc/ document/ST-6834-2015-INIT/de/pdf Mitgliedstaaten sollen ILO-Protokoll gegen Zwangsarbeit ratifizieren Am 2. März 2015 forderte der Rat die Mitgliedstaaten auf, das ILO-Protokoll zur Konvention gegen Zwangsarbeit zu ratifizieren. Darin verpflichten sich die Unterzeichner, Zwangsarbeit und Menschenhandel zu verhindern, den Opferschutz zu verbessern und Entschädigungen zu gewährleisten. Nach Schätzungen der ILO werden weltweit 21 Mio. Menschen Opfer von Zwangsarbeit, z.B. im Zusammenhang mit Menschenhandel und Zwangsprostitution. Die Unterzeichnerstaaten sind insbesondere angehalten, gemeinsam mit den Sozialpartnern Maßnahmen zur Bekämpfung von Zwangsarbeit zu ergreifen und davon bedrohte Menschen besser zu informieren und zu schützen. Die Opfer von Zwangsarbeit sollen auch als Opfer betrachtet werden und entsprechende Unterstützung erhalten, z.B. Zugang zu Rechtsbehelfen. Eine strafrechtliche Verfolgung wegen unrechtmäßiger Tätigkeiten oder Ausweisung sollten hingegen vermieden werden. Formal bedarf die Aufforderung 3/2015 noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments. Europäische Kommission Halbzeitbericht zur Strategie Europa 2020 Anfang März hat die EU-Kommission in Form einer Mitteilung die Ergebnisse einer Konsultation zu den Ergebnissen der Strategie „Europa 2020“ angenommen. Sie fand von Mai bis Oktober 2014 statt, erhielt 755 Beiträge aus allen Mitgliedstaaten und soll den Weg für eine Überarbeitung der Strategie noch im Laufe des Jahres bereiten. Als Ergebnis der Konsultation fühlt sich die Kommission in ihrer Auffassung bestätigt, dass die einzelnen Ziele und Prioritäten der Strategie nach wie vor aktuell sind, ihre Umsetzung aber oft nicht offensiv und sichtbar genug. Zur Erinnerung: Zu den fünf Kernzielen der Strategie zählen u.a. die Erhöhung der Beschäftigungsquote der Altersgruppe 20 bis 64 auf 75% und die Reduzierung der des Anteils „armer“ Menschen um 25% bzw. 20 Millionen. Integrierte Leitlinien für Wirtschaftsund Beschäftigungspolitik Anfang März hat die EU-Kommission die Empfehlung für eine Ratsempfehlung zu „Leitlinien für die Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten und der Union“ sowie den Vorschlag einer Ratsentscheidung zu „Leitlinien für die Beschäftigungspolitiken der Mitgliedstaaten“ veröffentlicht. Wegen der engen thematischen Verknüpfungen werden beide zusammen als „Integrierte Leitlinien“ bezeichnet. Sie bilden eines der Gerüste für die Durchführung des „Europäischen Semesters“. Hier besteht der nächste Schritt in der Abgabe der nationalen Programme (bis Mitte April) und der länderspezifischen Empfehlungen. Sie müssen noch vom Rat verabschiedet werden, womit ohne weiteres zu rechnen ist. Die vier wirtschaftspolitischen Richtlinien beruhen auf Art. 121 TFEU. Sie enthalten wenig Neues. Im Rahmen der Richtlinie 2 werden Strukturreformen der Arbeitsmärkte und sozialen Wohlfahrtssysteme angemahnt, darunter auch die Bekämpfung nichtdeklarierter Beschäftigung. Richtlinie 4 zur Nachhaltigkeit und Wachstumsfreundlichkeit öffentlicher Finanzen fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre öffentlichen Ausgaben auf Wachstumsförderung zu konzentrieren („prioritise“). Genannt werden Bildung, berufliche Fertigkeiten, Beschäftigungsfähigkeit, Forschung und Entwicklung, Innovationen und Investitionen in Infrastruktur-Netzwerke. Gesundheit erscheint in diesem Zusammenhang nicht, ebenso wenig wie andere Sozialausgaben, etwa für Alterssicherung oder im Fall der Erwerbsminderung. Die vier beschäftigungspolitischen Richtlinien, beginnend mit „5“, beruhen auf Art. 148 TFEU. Im Rahmen der Richtlinie 8 wird der Umfang der Sozialdienstleistungen definiert, zu denen jeder Bürger Zugang haben soll. Neben den schon oben skizzierten „wachstumsfreundlichen“ Leistungen wie Bildung und Berufsförderung, Verbesserung des Humankapitals im weitesten Sinne wird hier auch der Zugang zu Gesundheitsleistungen aufgeführt. Zugang, Effizienz und Effektivität seien zu verbessern. Rentensysteme sollen angepasst werden, einschließlich einer Verknüpfung des gesetzlichen Rentenalters mit der Lebenserwartung. Auch sei das effektive Renteneintrittsalter anzuheben. Schließlich müssten ergänzende Rentensysteme („complementary retirement savings“) entwickelt werden. Arbeitsprogramm 2015: Mehr Arbeitsplätze und Wachstum Die Kommission hat ihr Arbeitsprogramm für 2015 veröffentlicht. In diesem sind 23 neue Vorschläge enthalten. Dabei sind das Wachstum im europäischen Raum sowie die Schaf7 3/2015 fung von mehr Arbeitsplätzen Leitgrundsätze zur Ausführung der Zielsetzungen. Prioritäten sind zum einen das Investitionspaket über 315 Milliarden Euro, Transparenz im Steuerwesen, wodurch Steuerbetrug und Steuerflucht umgangen werden sollen und die Stärkung der Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage. In diesem Zusammenhang soll die Wirtschafts- und Währungsunion ebenfalls gefestigt werden. Zum anderen sollen die Kommunikationstechnologien ausgebaut, das Urheberrecht erneuert und der Online-Handel erleichtert werden, damit ein vernetzter digitaler Binnenmarkt entstehen könne. Außerdem soll ein Programm für die legale Einwanderung entworfen werden. Europäisches Semester 2015 Am 26. Februar hat die Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters ein ganzes „Paket“ von Mitteilungen veröffentlicht. Es enthält Länderberichte für die einzelnen Mitgliedstaaten, einen Bericht für den Euro-Raum sowie eine Bestandsaufnahme zur Lage der öffentlichen Finanzen in den Mitgliedstaaten. Die Ergebnisse werden in der Mitteilung vom 26. Februar 2015 „Europäisches Semester 2015: Bewertung der Herausforderungen für das Wachstum, Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte und Ergebnisse der eingehenden Überprüfungen gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011“ zusammengefasst (COM/2015/85 final). Arbeitsprogramm: Ganz allgemein wird ein Bedarf an Intensivierung bei der Modernisierung der Rentensysteme gesehen, vor allem in Ländern mit signifikantem Anstieg des Altenquotienten. Auch bei der Verbesserung der Wirksamkeit von REFIT-Programm macht EU-Recht Gesundheitswesen und Langzeitpflege seischlanker, einfacher und effizienter en nur begrenzte Fortschritte zu verzeichnen. Im Arbeitsprogramm für 2015 spiegelt sich Ganz allgemein wird die nur unzureichende auch das verstärkte Bestreben der Kom- Umsetzung der länderspezifischen Empmission nach besserer Rechtsetzung wi- fehlungen kritisiert. Nur bei 12% seien eine der. Im Zentrum steht dabei das Programm vollständige Umsetzung oder substanzielle zur Eignungsprüfung bestehender EU-Vor- Fortschritte zu verzeichnen. In 41% der Fälle schriften (REFIT-Programm), mit dem Bü- wurden einige, in 35% begrenzte und in 12% rokratie abgebaut und Verwaltungsaufwand überhaupt keine Fortschritte verzeichnet. gesenkt werden soll. Hierzu gehören Vereinfachungsmaßnahmen in den Bereichen Im Fall Deutschlands wird vor allem der fehErnährung, Landwirtschaft, Umwelt, Ver- lende Fortschritt bei der Beseitigung erhebkehr, Energie, Binnenmarkt, Außenhandel, licher makroökonomischer UngleichgewichArbeitsrecht und Verbraucherschutz. Fer- te kritisiert, hervorgerufen durch erhebliche ner werden die Richtlinien zum Prospekt für Handelsbilanzüberschüsse in Verbindung mit Wertpapiere und zu Internationalen Rech- einer anhaltend niedrigen Investitionstätignungslegungsstandards evaluiert. Bewertet keit. Auch falle Deutschland im Hinblick auf werden schließlich auch Rechtsakte in den die Tragfähigkeit des Rentensystems unter Bereichen Migration, Grenzen und Verbre- die Rubrik „keine Fortschritte“. Im Fall Finnchensbekämpfung. Obsolete Rechtsakte lands fällt auf, dass die Überschreitung der sollen aufgehoben werden. Schuldenobergrenze von 60% mit dem Beihttp://ec.europa.eu/atwork/pdf/cwp_2015_ de.pdf trag des Landes zur Euro-Rettung erklärt und deshalb offenbar als unbeachtlich gehalten wird. 8 3/2015 Die weiteren Schritte: Im März wird die Kommission weitere Treffen mit den Mitgliedstaaten durchführen, um die Länderberichte zu erörtern. Bis Mitte April müssen die Mitgliedstaaten ihre nationalen Reformprogramme sowie die Stabilitäts- bzw. Konvergenzprogramme vorlegen. Hierauf gestützt wird die Kommission im Mai neue länderspezifische Empfehlungen für den Zeitraum 2015 bis 2016 vorlegen, die dann vom Rat im Juli angenommen werden. Doppelbesteuerung von Renten Im Gegensatz zu den Systemen der Sozialen Sicherheit selbst ist ihre Besteuerung nicht europäisch koordiniert, sondern in einer Vielzahl von Doppelbesteuerungsabkommen geregelt. In ihnen sollte so weit wie möglich in grenzüberschreitenden Fällen geklärt werden, welches der beteiligten Länder den Steuerzugriff auf Einkommens- und Vermögenspositionen des Bürgers hat. Dabei sei eine Doppelbesteuerung möglichst zu vermeiden. Dass dies nicht immer zur Zufriedenheit der Betroffen gelingt, zeigt eine Anfrage eines Abgeordneten an die Europäische Kommission. Es geht um aus dem EU-Ausland zurückkehrende Spanier, die verärgert feststellen mussten, dass die im Ausland erworbenen Renten in Spanien besteuert werden, sobald ein Freibetrag von 11.200 Euro überschritten ist. Die Kommission wies in ihrer Antwort drauf hin, dass die EU zur Zeit nicht die Befugnis habe, in derartigen Fällen einzuschreiten, es sei denn, sie gingen mit einer Diskriminierung einher. Selbst eine Doppelbesteuerung sei im Ergebnis nicht ausgeschlossen. Gesetzliche Initiativen auf EU-Ebene bedürften der Einstimmigkeit. EU-Kommission zieht 73 Legislativvorschläge zurück Im Amtsblatt der EU vom 7. März 2015 wurde eine Liste der von der Kommission zurückgenommenen Vorschläge publiziert. Im Arbeitsprogramm war die Rücknahme von 80 Legislativvorschlägen vorgesehen. Zurückgezogen wurden u.a. das Regelwerk zur Europäischen Stiftung und ein Vorschlag zur Transparenz bei der Preisfestsetzung bei Humanarzneimitteln. Liste im Arbeitsprogramm: http://ec.europa.eu/atwork/pdf/cwp_2015_ withdrawals_de.pdf Mitgliedstaaten beziehen Stellung zur Vision der EU-Kommission für den Bereich des Arbeitsschutzes Ohne große vorherige Ankündigung hatte die Europäische Kommission im vergangenen Jahr ihren neuen strategischen Rahmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz für den Zeitraum 2014-2020 vorgelegt. Mit der Strategie hat die Brüsseler Behörde die erleichterte Umsetzung von Rechtsvorschriften, insbesondere für kleine und mittlere Betriebe (KMUs), die Prävention neu aufkommender Risiken sowie die Herausforderungen einer alternden Erwerbsbevölkerung zu den wichtigsten Herausforderungen der kommenden Jahre erklärt. Nun hat sich auch der Rat mit den Plänen der EU-Kommission beschäftigt und im Rahmen von Schlussfolgerungen seine zentralen Anmerkungen dazu bekannt gegeben. In dem am 10. März angenommenen Dokument schließt sich der Rat den von der Kommission erklärten Herausforderungen an. Darüber hinaus fordert er die Mitgliedstaaten auf, aktiv zu handeln und tätig zu werden. So sollen sie den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz angehen und dabei auch die Bekämpfung neuer und aufkommender Risiken berücksichtigen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen müssten dabei unterstützt werden. Darüber hinaus müsse auch die wirksame Durchsetzung und Überwachung des Arbeitsschutzrechts durch die Bereitstellung angemessene Ressourcen und Kapazitäten für die Arbeitsaufsicht ge9 3/2015 währleistet werden. Dies hatte bereits das Europäische Parlament im Rahmen einer Entschließung von Januar 2014 gefordert. Außerdem appelliert der Rat an die Mitgliedstaaten, einer effektiven Rehabilitation von Menschen mit Gesundheitsproblemen, die auf Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten zurückzuführen sind, besondere Aufmerksamkeit zu schenken und diese Menschen bei ihrer Integration in das Arbeitsleben zu unterstützen. Auch die Kommission wird vom Rat aufgefordert zu handeln. So soll sie im Rahmen ihres Programms zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtssetzung (REFIT) weiterhin überprüfen, wo unnötiger Verwaltungsaufwand im Arbeitsschutzrecht besteht. Auch die Rechtsvorschriften zu Karzinogenen sollen überprüft und verbessert und um neue verbindliche Grenzwerte ergänzt werden. Mit Blick auf Daten zu Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sollen diese von der Kommission in Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden auf ihre Verfügbarkeit und Vergleichbarkeit überprüft werden. Eine entsprechende Datenbank könnte hierzu entwickelt werden. Abschließend wendet sich der Rat noch an die Sozialpartner und fordert sie auf, sich an der Entwicklung und Umsetzung der nationalen Strategien aktiv zu beteiligen. Sie sollten zu einer Förderung einer Präventionskultur beitragen, Informationen über den strategischen Rahmen der EU verbreiten und Schulungsangebote für Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterstützen, um die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erkennung, Bewertung und Kontrolle der Sicherheit und Gesundheitsrisiken zu fördern. Auch das Europäische Parlament wird sich mit den Plänen der Europäischen Kommission in den kommenden Monaten beschäftigen. Konsultationen zu Gesundheitsdiensten Die Expertengruppe für effektive Möglichkeiten der Investition in die Gesundheit (EXPH) hat eine öffentliche Konsultation über die vorläufige Stellungnahme zu “Der Wettbewerb unter Gesundheitsdienstleistern in der Europäischen Union – Untersuchung der politischen Optionen” begonnen. Die Stellungnahme befasst sich mit der Rolle des Wettbewerbs unter den Gesundheitsanbietern eines Instruments, um die Effizienz bei der Nutzung von Gesundheitssystemressourcen zu verbessern. Es sei offenkundig, dass die Bedingungen für den Wettbewerb von Land zu Land variieren. Ferner seien die Akkreditierung von Anbietern sowie die Planung der Zahlungssysteme von besonderer Bedeutung. Des Weiteren sind, um die Auswirkungen des Wettbewerbs als Instrument beurteilen und bewerten zu können, einwandfreie Evaluationsstudien zu den Strategien nötig. Überdies sei es wichtig, dass der Wettbewerb unter den Gesundheitsanbietern von den Wahlmöglichkeiten der Patienten unterschieden werde. Schlüsselelemente, die bei der Einführung, der Änderung oder des zunehmenden Wettbewerbs zu beachten sind, sind die Gewährleistung der Markttransparenz mit der Verfügbarkeit von Informationen über Qualität und Preis, sowie die Förderung der Gesundheitskompetenz und Durchsetzung der Wettbewerbsregeln, um die Gründung, die Stärkung und den Missbrauch beherrschender Stellungen zu vermeiden. Bis zum 8. April 2015 können Vorschläge zum Vorgutachten gemacht werden. Leitseite: http://ec.europa.eu/health/expert_panel/ consultations/competition_healthcare_ providers_en.htm EU-Konsultation zur Arbeitszeit: DGUV beteiligt sich mit Stellungnahme Schon seit vielen Jahren wird auf europäischer Ebene über die Notwendigkeit einer 10 3/2015 Reform der seit 1993 geltenden Arbeitszeitrichtlinie (2003/88/EG) diskutiert. Die Arbeitszeitrichtlinie legt Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung fest. Dies betrifft unter anderem die tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit, Pausen- und Ruhezeiten, Urlaub und Sonderregelungen (zum Beispiel für Beschäftigte im Gesundheitswesen oder in Verkehrsbetrieben). Im Rahmen der laufenden Überprüfung und Folgenabschätzung in Bezug auf die Arbeitszeitrichtlinie und im Hinblick auf mögliche Änderungen an der Richtlinie hat die EU-Kommission in den vergangenen Monaten Meinungen und Beiträge der Öffentlichkeit eingeholt. Die EU-Kommission ist der Ansicht, dass die in den letzten zwanzig Jahren eingetretenen Veränderungen in der Arbeitswelt und Wirtschaft viele Aspekte der Arbeitszeitgestaltung beeinflusst haben. Deswegen müsse darüber nachgedacht werden, welche Art von Arbeitszeitrecht die EU benötige, um die sozialen, wirtschaftlichen, technologischen und demografischen Herausforderungen bewältigen zu können. Die DGUV hat sich mit einer Stellungnahme an der Befragung beteiligt, wobei sie sich mit ihrem Beitrag lediglich auf wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse zur Auswirkung von Arbeitszeiten auf die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit beschränkt hat. So weist sie auf gesicherte Erkenntnisse zur Auswirkung von Arbeitszeiten auf die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit, die ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt vorliegen, hin. Verschiedene wissenschaftliche Studien hätten demnach gezeigt, dass das Unfallrisiko bei Beschäftigten nach der neunten Arbeitsstunde exponentiell ansteige. Negative Wirkungen auf Sicherheit und Gesundheit zeigten sich auch bei überlangen Wochenarbeitszeiten. Die Europäische Kommission wird die eingegangenen Beiträge in den kommenden Monaten auswerten und im Rahmen eines zusammenfassenden Berichts bekannt geben. Die DGUV-Stellungnahme kann im Internet abgerufen werden: h t t p : / / w w w. d g u v. d e / d e / m e d i e n c e n t e r / hintergrund/arbeitszeitrichtlinie/index.jsp RAPEX: Gefährliche Importe kommen meistens aus China Die EU hat im vergangenen Jahr 2.435 Produkte aus dem Verkehr gezogen, da sie eine Gefahr für die europäischen Verbraucher darstellen. Dabei handelte es sich vor allem um Spielzeug, Bekleidung und Modeschmuck. Die meisten gefährlichen Waren (64 Prozent) stammten aus China, 14 Prozent von europäischen Herstellern selbst, davon knapp jedes vierte Produkt aus Deutschland. Von den gefährlichen Produkten machten Spielzeug mit 28 Prozent und Kleidungs-, Textil- und Modeartikel mit 23 Prozent den größten Anteil aus. Verletzungsgefahr, chemisches Risiko und Erstickungsgefahr waren die Risiken, die am häufigsten von diesen Produkten ausgingen. Die Produkte wurden entweder vom Markt genommen oder die Einfuhr in die EU wurde verboten. Diese Zahlen hat die EU-Kommission am 23. März in ihrem Jahresbericht zum EUSchnellwarnsystem für gefährliche Produkte (RAPEX) veröffentlicht. Die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung Vĕra Jourová sagte: „Jedes Produkt in Europa muss für die Bürger sicher sein. Produkte, die Schaden anrichten können, müssen so schnell wie möglich vom Markt genommen werden. Aus diesem Grund haben wir das Schnellwarnsystem geschaffen. Dieses hat sich inzwischen als sehr wirksames Instrument für den Schutz der europäischen Verbraucher erwiesen. Dies ist ein praktisches Beispiel für die Zusammenarbeit in der EU zum Nutzen unserer Bürger.” 11 3/2015 Durch das seit 2004 bestehende Schnellwarnsystem tauschen die EU-Mitgliedstaaten, Lichtenstein, Island und Norwegen und die EU-Kommission Informationen zu gefährlichen Produkten aus. Erkennt ein Mitgliedstaat ein gefährliches Produkt und nimmt es vom Markt oder verbietet dessen Einfuhr, erhalten die anderen Mitgliedsländer diese Information durch das Schnellwarnsystem. Diese können dann entsprechende Maßnahmen ergreifen, um Verbraucher zu schützen, beispielsweise durch die Rücknahme des Produkts oder ein Importverbot. Nicht erfasst von diesem Schnellwarnsystem werden Nahrungsmittel, Arzneien und Medizinprodukte, da es dafür eigene Mechanismen gibt. 2.755 solcher Folgeaktionen gab es 2014. Sie werden auch im Schnellwarnsystem vermerkt. Sowohl die Zahl der gefährlichen Produkte, als auch die Zahl der Folgeaktionen ist im Vergleich zum Vorjahr angestiegen: die Zahl der gefährlichen Produkte um drei Prozent, die Zahl der Folgeaktionen um 28 Prozent. Verbraucher und Unternehmen können sich selbst in der Internetdatenbank des Schnellwarnsystems zu gefährdenden Produkten informieren. 2014 machten fast zwei Millionen Menschen von diesem Angebot Gebrauch. Kommissionsbericht zu Standards bei Organtransplantationen Mit Bericht an das Parlament und den Rat vom 10. März 2015 bewertet die EU-Kommission ihre „Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte, die der Kommission mit Artikel 24 der Richtlinie 2010/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2010 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe“ übertragen worden sind (KOM/2015/123). In dem Bericht heisst es u.a. (Zitat): „Die Kommission ist der Auffassung, dass die ihr übertragenen Befugnisse in Kraft bleiben sollten. Die Transplantationsmedizin entwickelt sich rasch. Daher können die medizinische Praxis und der wis12 senschaftliche Fortschritt eine Anpassung des Satzes von Angaben für die Organ und Spendercharakterisierung erfordern, beispielsweise die Aufnahme von Tests, die bisher nicht in einem für die obligatorische Berücksichtigung ausreichend großen Maßstab verfügbar sind. Ein solches Erfordernis kann auch in einer Notlage im Zusammenhang mit einer neuen schwerwiegenden Gefahr für die menschliche Gesundheit (Artikel 24 Buchstabe a) entstehen, in der die Kommission unter Umständen delegierte Rechtsakte nach dem Dringlichkeitsverfahren gemäß Artikel 28 der Richtlinie erlassen müsste. Überdies werden die von der EU geförderten FOEDUS-Projekte 2016 abgeschlossen und liefern Leitlinien sowie weitere Konsenspositionen zu Organ- und Spendercharakterisierung. Diese Ergebnisse werden der Kommission zusätzlich helfen, die Notwendigkeit einer Änderung des Anhangs der Richtlinie 2010/53/EU zu beurteilen.“ KOM/2015/123: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/PDF/?uri=COM:2015:123:FIN&rid=8 Europäischer Gerichtshof EuGH stärkt Rechte entsandter Arbeitnehmer Welche Ansprüche auf Lohn und bestimmte Zusatzleistungen EU-Beschäftigte haben, die zum Arbeiten in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wurden, richtet sich maßgeblich nach dem Recht des Aufnahmelandes. Auf dieses Recht können sich die Arbeitnehmer auch berufen, wenn sie ihre Ansprüche durchsetzen wollen, selbst wenn das Recht ihres Heimatlandes etwas anderes sagt. Das ergibt sich aus einem Urteil des EuGH (C396/13) vom 12. Februar 2015, dem ein Konflikt polnischer Arbeiter mit ihrem polnischen Arbeitgeber zugrunde liegt, der sie nach Finnland entsandt hatte. Der EuGH präzisierte auch, welche Zusatzleistungen bei der 3/2015 Berechnung des den Arbeitern zu zahlenden Mindestlohns berücksichtigt werden müssen und welche nicht. Hintergrund des Urteils ist die Klage von 186 Angestellten des polnischen Unternehmens Elektrobudowa Spółka Akcyjna (ESA), die nach Finnland entsandt waren, um am Kernkraftwerk Olkiluoto zu arbeiten. Sie monierten, ihr Arbeitgeber zahle ihnen nicht den Mindestlohn, der ihnen nach den finnischen allgemeinverbindlichen Tarifverträgen für die Stromwirtschaftsbranche und für die Haustechnikbranche zustehe. Um ihre Ansprüche durchzusetzen, übertrugen sie diese auf die finnische Gewerkschaft Sähköalojen ammattiliitto, die sie vor einem finnischen Gericht einklagte. Dagegen wehrte sich ESA mit der Begründung, nach polnischem Recht sei die Übertragung von Ansprüchen aus Arbeitsverhältnissen unzulässig. Der EuGH verwarf diesen Einwand. werden können, ohne dass der Fehler des Produktes in jedem Einzelfall nachgewiesen werden muss. Darüber hinaus stellte der EuGH fest, dass es sich bei den Kosten im Zusammenhang mit dem Austausch des Produktes, der auf die vom Hersteller selbst gegebene Empfehlung zurückgeht, um einen Schaden handelt, für den der Hersteller nach der Richtlinie über die Haftung für fehlerhafte Produkte haftet. Sind umlagefinanzierte und kapitalgedeckte Alterssicherungssysteme gleichartig? Sind im Rahmen von Artikel 5 der VO (EG) 883/2004 obligatorische kapitalgedeckte Systeme der Altersvorsorge und gesetzliche, umlagefinanzierte Rentensysteme als „gleichartig“ anzusehen? Um diese Frage geht es in einem VorabentscheidungsersuDie EU-Entsenderichtlinie schreibe vor, chen des Österreichischen Verwaltungsdass Streitigkeiten über Mindestlohnsätze gerichtshofs. Die betroffenen Länder sind nach dem Rechte des Aufnahmelandes zu Österreich und Lichtenstein. Art. der 5 der entscheiden seien und das finnische Recht genannten VO regelt die „gegenseitige Anerlaube die Übertragung der Ansprüche auf erkennung“ z.B. von Leistungen und Zeiten die Gewerkschaft. Ferner ging es in dem im Rahmen der Koordinierung der gesetzliStreit um die Frage, wie der Mindestlohn chen Systeme der Sozialen Sicherheit. (Rs. für die entsandten Arbeiter zu berechnen C-453/14.) ist. Hier entschieden die Richter, dass das Recht des Aufnahmelandes die Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich nicht behindern Europäischer Wirtschafts- und darf, dass aber „die Art und Weise der BeSozialausschuss rechnung des Mindestlohnsatzes und die dafür herangezogenen Kriterien ebenfalls Der lange Weg zu einem in die Zuständigkeit des Aufnahmemitgliedasbestfreien Europa staats fallen müssen“. EuGH: Hersteller muss für fehlerhafte Medizinprodukte haften Der EuGH entschied im Fall C-503/13, AOK Sachsen-Anhalt gegen Boston Scientific Medizintechnik GmbH, dass bei der Feststellung eines potentiellen Fehlers eines medizinischen Gerätes alle Produkte desselben Modells als fehlerhaft eingestuft Auch wenn in Europa Asbest verboten ist, sind die daraus resultierenden Gefahren noch lange nicht gebannt und Menschen sterben nach wie vor an asbestbedingten Erkrankungen. Deswegen hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) das Thema in seiner Stellungnahme „Ein asbestfreies Europa“ vom 18. Februar 2015 thematisiert. Darin fordert er die Europäische Kommission auf, Maßnahmen 13 3/2015 zur Beseitigung von Asbest auf nationaler Ebene zu fördern und zu unterstützen. Um das Ziel einer vollständigen Entfernung von Asbest jedweder Art und aller asbesthaltiger Produkte und Materialien voranzutreiben, empfiehlt der EWSA unter anderem die Registrierung von Asbest in Gebäuden, wie es sie bereits in einigen Mitgliedstaaten gibt. Dadurch können die betroffenen Unternehmen und Arbeitnehmer vor der Aufnahme von u.a. Renovierungsarbeiten einschlägige Informationen zur Gefährdung durch Asbest auf schnelle Art und Weise erhalten und so die entsprechenden Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen ergreifen. Zudem sollten gezielte Maßnahmenpläne auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene mit Hilfe ausreichender öffentlicher Finanzierung ergriffen werden, zu deren Unterstützung die Europäische Kommission ihre Strukturfonds öffnen könnte. Da eine ambitionierte Strategie der Asbestentfernung unter anderem einer ausreichenden Qualifikation aller Beteiligter (Arbeitnehmer und Unternehmen, Arbeitsschutz-Koordinatoren sowie Arbeitsaufsichtsbeamte, Berater, Ausbilder, Arbeitgeber) sowie Maßnahmen zu deren Schutz bedarf, empfiehlt der EWSA eine ausreichende Aufklärung und Informationen zur Sensibilisierung der Problematik und sieht dringenden Aus- und Weiterbildungsbedarf. Krankheiten vorhalten sollten. Die Europäische Kommission wird zudem dazu aufgerufen, Kehlkopf- und Eierstockkrebs als asbestbedingte Krankheit in ihre Empfehlung über die Europäische Liste der Berufskrankheiten (2003/670/EG) aufzunehmen und es sollte dafür gesorgt werden, dass Plerualplaques als asbestbedingte Krankheit eingestuft und amtlich registriert werde. Der EWSA möchte die veröffentlichte Stellungnahme zum Anlass nehmen, am 24. Juni 2015 gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen eine Konferenz zum Thema „Asbest“ durchzuführen. Sie wird von der Europäischen Föderation der Bau- und Holzarbeiter (EFBH), der Arbeitgeberorganisation des Bausektors FIEC und Opferverbänden unterstützt und bietet eine Gelegenheit, die Empfehlungen des EWSA zu diskutieren, sich mit Fachleuten auszutauschen und Vertretern der Europäischen Kommission politische Forderungen zu unterbreiten. Zukunft des sozialen Dialogs Am 24. Februar 2014 führte der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) die Konferenz „Zukunft des europäischen sozialen Dialogs in Europa“ durch. Zweck der Veranstaltung war es, für die Ergebnisse des europäischen sozialen Dialogs, der zugleich einer der Eckpfeiler des europäischen Sozialmodells ist, zu sensibilisieren und Außerdem erwähnt der EWSA die Besei- das Verständnis zu fördern, seine Wirkung tigung von Asbestabfall. Da Asbestfasern zu verstärken und weitere Entwicklungen höchst widerstandfähig sind und sich auch voranzubringen, die auf einer wirksamen nach langer Liegezeit nicht zersetzen, ist Interaktion zwischen Arbeitgebern, Arbeitnach Auffassung des EWSA die Deponierung nehmern bzw. weiteren Interessenvertretern von Asbestabfall keine dauerhafte Lösung. auf verschiedenen Ebenen beruhen. Fest Vielmehr müssen weitere Schritte ergriffen verankert im Vertrag zur Gründung der Eurowerden um zu verhindern, dass Asbestabfäl- päischen Gemeinschaft umfasst er Diskusle auf Deponien für gewöhnliche Bauabfälle sionen, Konsultationen, Verhandlungen und landen. Schließlich fordert der EWSA, dass gemeinsame Maßnahmen der Sozialpartner. alle Mitgliedstaaten eine systematische Da- Gestützt wird er auf die Grundsätze von Sotenerfassung sowohl von berufsbedingten lidarität, Verantwortung, Vertrauen und Mitals auch nicht-berufsbedingter Asbestose, wirkung. Konferenzteilnehmer waren VertreMesothelioma und anderen asbestbedingten 14 3/2015 ter der Sozialpartner, der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und der EU-Institutionen. Förderung von E-Tools für das Management von Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit. Gemeinschaftsagenturen 4) Sensibilisierung; dies meint die Verbreitung der Botschaft „Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit“ durch Veröffentlichung eines Berichts über Benchmarking-Initiativen in diesem Bereich. EU-OSHA: Managementplan 2015 Die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EUOSHA) definiert in ihrem Managementplan für 2015 folgende sechs Prioritätsbereiche: 1) Antizipation des Wandels; dies umfasst die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Daten über neue und aufkommende Risiken, die den Anforderungen von politischen Entscheidungsträgern und Wissenschaftlern genügen und ihnen zeitnahe und wirksame Maßnahmen nahelegen; hierzu Durchführung einer Großprognose, die von wissenschaftlichen Berichten, Artikeln und Veranstaltungen begleitet wird. 5) Vernetzungswissen; darunter fällt die Weiterentwicklung des OSHwiki zur Bereitstellung relevanter und leicht zu aktualisierender Informationen für den Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit und zur Einrichtung einer Plattform, über die die Akteure zusammenarbeiten und sich austauschen können. 6) Vernetzung und Kommunikationspolitik; dazu zählt die Entwicklung und Durchführung von Vernetzungs- und Kommunikationsaktivitäten, um Interessengruppen eine aktive Beteiligung an den Tätigkeiten der 2) Zahlen und Fakten; dies enthält die Un- Agentur zu ermöglichen. terstützung von Unternehmen bei der Umsetzung und Überwachung wirksamer Stra- Der Managementplan 2015 ist unter dieser tegien für Sicherheit und Gesundheitsschutz Adresse abrufbar: bei der Arbeit durch Durchführung der zwei- https://osha.europa.eu/de/publications/ ten Europäischen Unternehmensfrage über corporate/2015-annual-management-plan neue und aufkommende Risiken (ESENER), welche 2017 fertiggestellt wird. Zudem Er„Eurofound“ zur Restrukturierung arbeitung einer Literaturstudie bis 2017, die des öffentlichen Sektors der Bereitstellung hochwertiger Daten zu Politik, Forschung und guten praktischen Der Jahresbericht 2014 von Eurofound beLösungen sowie Beispielen diesbezüglich fasst sich mit der zügigen Transformation des öffentlichen Sektors seit Beginn der „Kridienen soll. se“ im Jahr 2008. Nicht zuletzt durch Einstel3) Instrumente für das Management von lungsstopps sei die Beschäftigung seither Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der gesunken, verbunden mit einer Alterung des Arbeit; darunter fallen die Mitarbeit an der öffentlichen Dienstes. Ferner bedrohe eine gebührenfreien Bereitstellung von interak- sinkende Arbeitsplatzsicherheit die Attraktitiven Online-Tools zur Gefährdungsbeur- vität des Sektors. Eher am Rande geht der teilung (OiRA), um die Zahl der Unterneh- – nur auf Englisch verfügbare – Bericht auf men zu erhöhen (insbesondere Kleinst- und Tendenzen zur Auslagerung und PrivatisieKleinunternehmen), die eigene und aktuelle rung ehemals in öffentlicher Regie durchgeGefährdungsbeurteilungen von hoher Qua- führter Aktivitäten ein. lität durchführen. Zudem Erleichterung und 15 3/2015 Aus den EU-Mitgliedstaaten Deutsche Bundesbank: EU-Kommission soll Überwachung der Staatshaushalte an neue europäische Behörde abgeben In ihrem „Monatsbericht März 2015“ weist die Deutsche Bundesbank darauf hin, dass die Finanz- und Schuldenkrise die Europäische Währungsunion vor große Herausforderungen stelle, jedoch sich derzeit keine politischen Mehrheiten für eine politische oder fiskalische Union oder eine umfangreiche Änderung der EU-Verträge abzeichneten; solange dies so bleibe, komme es darauf an, den bestehenden Ordnungsrahmen so zu stärken, dass er das „Versprechen einer Stabilitätsunion dauerhaft verlässlich einlösen“ könne. Die Bundesbank-Experten skizzieren, wie die Eigenverantwortung von Staaten und Investoren erhöht und dabei die Währungsunion krisenfester gemacht werden könne. Zu weitgehend finanz- und wirtschaftspolitisch souveränen Staaten gehöre auch, dass „der Extremfall einer Insolvenz eines Mitgliedstaates möglichst verkraftbar sein muss“. Eine zentrale Rolle komme in diesem Zusammenhang einer erhöhten Finanzstabilität zu. Hierzu müsse der Risikoverbund von Staaten und Bankensystemen möglichst durchbrochen werden. So sollten beispielsweise künftig Kredite von Banken an Staaten nicht mehr privilegiert und nicht mehr generell als risikofrei eingestuft werden. Insgesamt gelte es, die Banken verlustresistenter zu machen. „Auch große, stark verflochtene Finanzinstitute müssen notfalls geregelt abgewickelt werden können, ohne dass dazu staatliche Finanzmittel notwendig sind”, fordert die Bundesbank. Im Bereich der Finanzpolitik sollte der aktuellen Entwicklung entgegen gewirkt werden, die Fiskalregeln immer intransparenter und wenig stringent umzusetzen, schreiben die Bundesbanker. Dabei könnte auch daran gedacht 16 werden, die Haushaltsüberwachung von der EU-Kommission auf eine neue, eigenständige europäische Behörde zu übertragen, die allein dem Ziel solider öffentlicher Haushalte verpflichtet sei. Darüber hinaus erscheint es aus Sicht der Bundesbank geboten, die von den Finanzmärkten ausgehenden Anreize zu soliden öffentlichen Finanzen zu stärken. Schließlich wird vorgeschlagen, die Krisenbewältigungsmechanismen so weiterzuentwickeln, dass Staaten und Investoren ihre Verantwortung nicht allzu leicht auf Hilfe gebende Staaten übertragen können. Aus Sicht der Bundesbank gilt es, „eine primär auf Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik abzusichern.” Es sei wichtig, dass die Geldpolitik dem Druck widerstehe, im Fall einer Überschuldung von Banken oder Staaten in die Verantwortung genommen zu werden. Europa in der Schuldenunion In einer schriftlichen Anfrage an die EU-Kommission äußerte der EP-Abgeordnete Bernd Kölmel (EKR/DE) erhebliche Zweifel an der Solidität des in Luxemburg eingetragen europäischen Rettungsfonds EFSF. Lege man den von einer großen Zahl von Banken und Versicherern angenommenen Wertberichtigungsbedarf von 70 bis 80% der Griechenland-Forderungen zugrunde, müsse der Fonds schon aus diesem Grund ca. 100 Mrd. Euro abschreiben. Das Ende 2013 vorhandene Eigenkapital von 0,5 Mrd. sei damit sofort aufgebraucht, folglich sei der EFSF in Höhe von fast 100 Mrd. Euro überschuldet, jedenfalls, wenn man die für Banken und Versicherer geltenden Bilanzierungsregeln (IFRS) anwende. Hieraus leitet der Abgeordnete eine mögliche Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags ab. Die EU-Kommission gibt sich bedeckt; zuständig seien die Luxemburgischen Behörden. Bereits im Dezember 2014 senkte die Rating-Agentur Fitch die langfristige Bewertung Frankreichs von AA+ auf AA ab. Hintergrund 3/2015 seien die ungünstigen Wachstumsaussichten des Landes. Auch mit dem Defizitabbau komme das Land nicht voran. Der Rat hat Frankreich nun zwei weitere Jahre Zeit gegeben. Im laufenden Jahr EU-soll das Defizit auf 4% gesenkt werden, im kommenden auf 3,4%, und erst im Jahr 2017 auf knapp unter 3%. Zur Erreichung dieser Ziele mahnte die Kommission eine Verstärkung der Sparbemühungen an, unter anderem auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Dagegen hat Standard & Poor‘s im Fall Großbritanniens die Bestnote AAA bestätigt – Ausblick stabil. Man rechne mit einer „schrittweise Stärkung der Haushaltslage“ vor dem Hintergrund einer gesunden wirtschaftlichen Lage. Portugal will einen Teil seiner Schulden beim IWF früher als geplant zurückzahlen. Es geht um 14 Milliarden Euro, die über höchstens noch 2½ Jahre zurückgezahlt werden sollen. Begründet wird dies mit der erfolgreichen Rückkehr an die Kapitalmärkte, wo das Land für zwei langfristige Tender (30 Jahre Laufzeit) 4,13% Zinsen zahlen muss. Portugal schuldet dem IWF insgesamt 25,7 Mrd. Euro, steht allerdings gegenüber allen öffentlichen Kreditgebern mit 78 Mrd. Euro in der Kreide. 3/5-Mehrheit und damit der Zustimmung der Opposition. Hiermit ist aber wohl zu rechnen, zumal die konservativen Oppositionsparteien eine eigentlich noch schärfere Gangart wünschen. Spanien sorgt sich um Griechenland Im Fall Griechenlands steht nach Aussage des spanischen Wirtschaftsministers de Guindos ein weiteres Rettungspaket im Wert von bis zu 50 Mrd. Euro an. Kommissionsvertreter halten eine Diskussion hierüber für „verfrüht“ – was in Fällen wie diesen bedeutet, dass das Programm in der Sache faktisch schon beschlossen ist. Die Frage ist nur, ob es in der Form eines „Dritten Hilfsprogramms“ daher kommen wird, welches wenigstens pro forma an Auflagen geknüpft ist, oder in Form eines von Griechenland gewünschten „Wachstumspakts“, welcher die Rückzahlung von bestimmten Voraussetzungen abhängig macht. Griechenlandkrise belastet EU-Politik nachhaltig Die seit Amtsantritt der neuen Links-RechtsKoalition verschärfte Griechenlandkrise belastet die politische Bewältigung der ansteTschechische Schuldenbremse henden Finanzprobleme im Euroraum. Wie soll Renten und Bezüge u.a. der „Daily Telegraph Online“ berichtet, senken können bedeute die Haltung der neuen griechischen Der Kontrast zu Griechenland könnte kaum Regierung eine klare Gefahr für die wirtgrößer sein: Die Tschechische Regierung schafts- und finanzpolitische Berechenbarhat im Februar den Entwurf einer verfas- keit der Europolitik. Problemverschleppung, sungsrechtlich verankerten „Schuldenbrem- Personalisierung von Gegnerschaften, eine se“ vorgelegt. Überschreitet die Staatsver- öffentlichkeitswirksame Emotionalisierung schuldung 55% (aktueller Stand: 43,9%), eines währungspolitischen Ereignisses und ist die Regierung automatisch zur Vorlage der Versuch, Abreden der Vergangenheit eines zumindest ausgeglichenen Haushalts- nach weitgehendem Belieben neu auszuentwurfs verpflichtet. Außerdem würden in legen, seien eine latente Gefahr für das diesem Fall die Bezüge der Politiker und internationale Vertrauen. Internationale der Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes Beobachter, darunter viele aus dem Nichtsinken, und die Regierung wäre berechtigt, Euroraum – rechnen für den Fall, dass die unabhängig von gesetzlichen Festlegungen neue griechische Regierung mit ihrer Politik Renten zu kürzen. Der Entwurf bedarf einer Erfolg haben könnte, mit nicht eben unprob17 3/2015 lematischen Nachahmereffekten. Überhaupt stünde in der aktuellen Diskussion eher die Bewertung der Symptome – nämlich der bedrohlichen Geldknappheit in Athen – im Raum, als eine solche der dort armutsverstärkenden Ursachen, insbesondere des fehlenden Wachstums. Wie allerdings Direktinvestitionen unter den gegenwärtigen politischen Bedingungen in Griechenland verstärkt werden sollten, sei weitgehend unklar und würde dortselbst nicht einmal thematisiert. Die laufend fortgeschriebene Geldbeschaffung aus fremden Quellen, völlig ohne Verknüpfung mit inländischer Produktivität, sei jedoch kaum geeignet, hier mittelfristig ein Umdenken auszulösen. Auch zur Behebung von zweifellos lokal nachweisbarem sozialem Elend sei verstetigtes Wachstum eher geeignet, als auch nur partielle Wiedereinstellung von Staatsbeschäftigten. stattgefunden habe, sondern stattdessen „EU-Gremien durch die Hintertür die gezielte Umwidmung europäischer Fonds zur ‚Europäischen Arbeitslosenversicherung‘“ betreiben würden. Griechenland: Steueraufkommen eine unsichere Größe Die jüngst gewählte Links-Rechts-Koalition möchte verbal mit Entschlossenheit der Steuerhinterziehung und –Verkürzung den Kampf ansagen. Allerdings sind die in Brüssel unlängst unterbreiteten Vorschläge dazu, wie dies kurzfristig und effektiv zu geschehen habe, aus Sicht von Experten mehr als zweifelhaft. Es fehle sowohl an Know-how in der Finanzverwaltung, als auch an Systematik, säumigen Steuerzahlern rechtzeitig beikommen zu können. Der verbreitet geäußerte Wunsch, superreichen Steuerflüchtlingen und Auslandsvermögen auf die Spur zu Rundfunk als Globalisierungsopfer? kommen, dürfte schon daran scheitern, dass Ursprünglich ist der Europäische Globali- nach Meinung von Fachleuten, seit Jahren sierungsfonds (EGF) installiert worden, um große Milliardenbeträge das Land und seiVerlagerungen von industriellen Produktio- ne Volkswirtschaft verlassen haben. Ihre nen (etwa Nokia-Mobiltelefone) aus der EU Besitzer vermutlich ebenso. Stattdessen sei in Billiglohnländer durch die finanzielle Un- das Steuerproblem auch eines der zahlloterstützung von Arbeitsmarktmaßnahmen sen Selbständigen und Kleinunternehmer, abfedern zu können. Da EGF-Leistungen deren Einkommenssituation nicht ausreinicht pauschal an Mitgliedstaaten, sondern chend überprüft werden könne. Die verbreiim Rahmen von konkreten Projekten in- tete Ratenzahlung von Steuerschulden trägt dividuell betroffenen Ex-Beschäftigten zu zudem dazu bei, die Entrichtung zu verzöGute kommen, sind sie insbesondere in den gern. In der gegenwärtigen katastrophalen EU-Mitgliedstaaten hilfreich, die keine aus- Wirtschaftslage seien etliche Kleinunternehgeprägten Leistungskataloge im Falle der men vermutlich auch kaum in der Lage, ihre Arbeitslosigkeit bzw. Wiedereingliederung Steuern pünktlich und vollumfänglich zu entin den Arbeitsmarkt kennen. Neuerdings richten. Triebe man sie dennoch ein, so wäre werden aber auch zirka 1.600 Ex-Beschäf- eine Betriebsschließung die logische Folge. tigte, die vom griechischen Rundfunk- und Verlagswesen entlassen worden sind, von Besitzsteuern, etwa auf Grundbesitz, würden EU-Gremien auch als „Globalisierungsop- durch das Fehlen eines umfassenden natifer“ eingestuft, und man will sie mit aktuell onalen Katasters erheblich erschwert. An(März 2015) zirka 10 Millionen Euro unter- gesichts der jahrzehntlangen Kapitalflucht, stützen. Nicht wenige Beobachter in Brüssel eines drückenden Investitionsmangels und kritisieren, dass im vorliegenden Fall nach- rasant schrumpfender öffentlicher Einnahweislich gar keine Produktionsverlagerung men sei die Lage in Griechenland ohne aus18 3/2015 ländische direkte oder indirekte Hilfe nahezu hoffnungslos. Kapitalflucht „nach innen“, d.h. Kontenräumung und private Hortung von Euro-Barvermögen, stelle für Klein- und Mittelsparer die Alternative zur Kapitalverbringung ins Ausland dar. Kurz- und mittelfristig sei infolge der örtlichen Mängel nicht mit einer hinreichenden Verbesserung der Einkommenslage zu rechnen. Dies umso mehr, als die radikale Attitüde der neuen Regierung kaum zuträglich für Handel und Wandel sein dürfte, von ausländischen Investitionen ganz abzusehen. Die Gefahr einer prekären Bargeldverknappung mit der Folge der Bankenschließung und des zweifelsfrei amtlichen Staatsbankrottes sei daher keineswegs gebannt. Vor diesem Hintergrund wirkt der Umgang der griechischen Regierung mit ihren EU-Partnerstaaten, der Troika, die ja nach wie vor als Funktionsträger existiert, und Deutschland im Besonderen mehr als befremdlich. Griechische Regierung löst Rücklagen der Sozialversicherung auf Angesichts des dringenden Finanzbedarfs von Griechenland will die Regierung in Athen die Sozialversicherungssysteme und andere staatliche Institutionen per Gesetz dazu bringen, ihr verfügbares Guthaben „vorübergehend“ der griechischen Zentralbank und damit dem Staat zu überlassen. Wie das Finanzministerium in Athen mitteilte, soll die Gesetzesinitiative einen Rahmen für die Verwendung des Kapitals staatlicher Einrichtungen und der Sozialversicherungen schaffen. Im Gegenzug sollen sie eine Staatsgarantie über ihre zur Verfügung gestellten Gelder „im Fall eines Kapitalverlusts“ erhalten. Ein solcher Transfer an die Zentralbank solle aber nicht zur Pflicht werden, teilte das Finanzministerium mit. Auf erste entsprechende Ankündigungen hatten einige Chefs der angesprochenen Einrichtungen zurückhaltend reagiert. Dennoch bestätigte die Regierung das Vorhaben. Griechischen Medien zufolge verspricht sie sich davon drei Milliarden Euro, die ihr in der derzeit äußerst angespannten Lage ein wenig Luft verschaffen würden. Mit künftigen Privatisierungserlösen sollen Renten und andere Sozialleistungen bezahlt werden; „Wir schaffen eine neue Behörde, deren Einnahmen in die Finanzierung der Sozialpolitik fließen“, sagte Vizefinanzministerin Nadia Valavani vor einem Parlamentsausschuss in Athen. Im Zuge der sich seit Jahren abzeichnenden Staatspleite sollten werthaltige Immobilien im Staatsbesitz einnahmeträchtig „privatisiert“ werden. Man hoffte auf chinesische Investoren und Erlöse von rund 50 Mrd. Euro. Bislang sind jedoch alle schwachen Versuche dazu schon daran gescheitert, dass neben einer politischen Angst vor Privatisierung schlechthin keine Käufersicherheit geboten werden konnte. Am Kataster, in Griechenland gelegentlich ein politisches Reizwort, arbeitet die „Ktimatologia AG“ seit 1995. Sie ist in Staatsbesitz und begann einst mit einer Brüsseler Subvention von rund 152 Millionen Euro, die nach wenigen Jahren verbraucht waren. Das neue Projekt (seit 2008) hat eine andere Dimension: rund 1,5 Milliarden Euro soll es kosten, die 15.000 km Küsten, 3.000 Inseln und 132.000 Quadratkilometer Land zu fotografieren und Daten zu verarbeiten. Der schlüssige Erfolg lässt nach Berichten auf sich warten; allein in der Provinz Attika wurden Immobilien für das neue Kataster deklariert ,,deren Gesamtfläche diejenige Attikas um das Doppelte übersteigt.“ „Cicero Online“ weiß, warum: Grundstücke von im Ausland lebenden Griechen wurden gleich von mehreren Nachbarn beansprucht, auch seien die gemeldeten Grundstücksflächen aus baurechtlichen Erwartungen oft größer als die tatsächlichen. Das Projekt soll 2020 abgeschlossen sein. Immerhin wären transparente Eigentumsverhältnisse für das dringlich benötigte Wachstum durch Investitionen unverzichtbar. 19 3/2015 Aus den EU-Beitrittskandidatenstaaten Island ist nicht mehr Beitrittskandidat WHO bemüht sich um mehr Impfungen gegen Masern Das WHO-Regionalbüro für Europa fordert Politiker, Gesundheitspersonal und Eltern eindringlich auf, unverzüglich in allen besonders gefährdeten Altersgruppen die Impfanstrengungen gegen Masern zu verstärken. Für 2014 und die ersten Monate des Jahres 2015 wurden aus sieben Ländern der Europäischen Region insgesamt 22.149 Masernfälle gemeldet, wodurch das Ziel, die Krankheit bis 2015 zu eliminieren, in Gefahr gerät. Denn auch wenn die Zahl der Masernfälle von 2013 auf 2014 um 50% sank, so dauern doch einige größere Ausbrüche noch an. Zur Unterstützung der europäischen Länder bei diesen Anstrengungen hat das WHO-Regionalbüro für Europa einen neuen Europäischen Impfaktionsplan (EVAP) geschaffen, der sich am Globalen Impfaktionsplan orientiert und den speziellen Erfordernissen in der Europäischen Region Rechnung trägt. Island hat seine Kandidatur für eine EU-Mitgliedschaft im März offiziell zurückgezogen. „Den Interessen Islands ist außerhalb der Europäischen Union besser gedient“, erklärte das Außenministerium in Reykjavik auf seiner Website. Die EU-Kommission respektiere die freie und souveräne Entscheidung der isländischen Regierung, die Tür für Island bleibe aber weiter offen: „Als die Zeiten hart waren, wollten sie beitreten, jetzt wollen sie eine Pause. Das ist völlig in Ordnung“, sagte Margaritis Schinas, der Chefsprecher der Kommission. Die isländische Regierung will nach eigenem Bekunden aber weiter mit der EU zusammenarbeiten. Der abgelegene Inselstaat, der ökonomisch gesehen hauptsächlich vom Fischfang und Tourismus lebt, gehört der Europäischen Freihandelszone (EFTA) und dem Schengener Abkommen EVAP (nur auf Englisch): http://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_ an. file/0007/255679/WHO_EVAP_UK_v30_ WEB-new-sticker.pdf?ua=1 Internationale Organisationen Blick über die EU-Grenzen Konjunkturprognose im Euroraum positiv Die Konjunkturentwicklung für den Euroraum hat sich leicht verbessert. Nach einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) unter Berechnung des sogenannten „Frühindikatorindex“ sei ein stärkeres Anziehen insbesondere in Deutschland zu erwarten. Wie „Europa Aktuell“ meldet, werde auch für Frankreich und Italien ein Zuwachs erwartet. Mit dem „Frühindikator“ versuche die OECD, Anzeichen für eine mögliche Konjunkturwende festzustellen. 20 Abkommen EU-Singapur: EuGH wird gefragt Die EU hat in den vergangenen Jahren ein umfassendes Freihandelsabkommen mit Singapur ausgehandelt. Es handelt sich dabei um das erste Abkommen mit einer südostasiatischen Volkswirtschaft. Bereits im September 2013 wurde es von den Chefunterhändlern der Europäischen Kommission und der Regierung Singapurs paraphiert. Damit das Abkommen rechtliche Gültigkeit erlangt muss es jedoch von beiden Verhandlungspartnern ratifiziert werden. Auf Seiten der EU erfolgt die Ratifizierung von Freihandelsabkommen generell durch die 3/2015 Zustimmung des Ministerrates und des Europäischen Parlamentes. Falls das Abkommen auch Bereiche abdeckt, die in der ausschließlichen Kompetenz der Mitgliedstaaten liegen, haben auch die nationalen Parlamente ein Mitspracherecht. Solche „gemischte Abkommen“ bedürfen der Zustimmung aller 28 nationalen Parlamente; das ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Abkommen Bestimmungen zum Verkehr, zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen oder gar zum Arbeitsschutz enthalten. gen überbrücken zu können und damit ihre bisher unvollendete Agenda des Handels mit Dienstleistungen zu Ende zu bringen. Die TiSA-Verhandlungspartner verfolgen damit das Ziel einer „überaus ambitionierten“ Liberalisierung des Dienstleistungshandels. Aber was sie genau vorhaben, bleibt der Öffentlichkeit vorenthalten. Auch das seit dem 10. März 2015 für jedermann zugängliche Verhandlungsmandat hat daran nichts geändert. Der nur dreieinhalb Seiten lange Text erhält nur wenige allgemeine Informationen über die Pläne. Dies ist jedoch nicht Die Mitgliedstaaten, darunter auch Deutsch- verwunderlich, denn ein Mandat, welches land, sehen – im Gegensatz zu der Euro- zum Führen von Verhandlungen erteilt wird, päischen Kommission – in dem Singapur- kann lediglich nur eine allgemeine ZielrichAbkommen ihre Kompetenzen berührt und tung und Leitlinien vorgeben. So soll TiSA stufen es deswegen als ein gemischtes Ab- auf dem GATS aufbauen, um später eine kommen ein. Experten zufolge scheint dies reibungslose Eingliederung der Vorschriften an dem Investitionsschutzkapitel zu liegen. in das GATS zu gewährleisten. Da nicht alle Zwar hat die EU-Kommission mit dem Ver- WTO-Mitgliedstaaten an den Verhandlungen trag von Lissabon die Kompetenz erhalten, zu TiSA beteiligt sind, könnte eine Eingliedeauch Investitionsschutzabkommen für die rung in die Vorschriften des GATS eine BinMitgliedstaaten zu verhandeln; bei einem dung zwischen allen WTO Mitgliedern herInkrafttreten des nun ausgehandelten EU- beiführen. Singapur Abkommens würden jedoch alle bislang bestehenden bilateralen Abkommen Im Vergleich zu GATS soll sich TiSA auf nazum Investitionsschutz zwischen den Mit- hezu alle Sektoren und Erbringungsarten gliedstaaten und Singapur hinfällig. Nach erstrecken und vorsehen, dass keine disAuffassung der Mitgliedstaaten ist deswegen kriminierenden Maßnahmen bestehen oder eine Befragung ihrer nationalen Parlamente bestehende abgeschafft werden. Ein Ausnotwendig. Die Kommission hat deswegen schluss von bestimmten Dienstleistungsden Europäischen Gerichtshof in Luxemburg sektoren ist möglich, wahrscheinlich durch eingeschaltet, der nun entscheiden soll. entsprechende Vorbehalte – wie bei TTIP. Darüber hinaus sollen die EU und ihre Mitgliedstaaten weiterhin im Interesse von GeTiSA liberalisiert Dienstleistungen meinwohlzielen Maßnahmen zur Erbringung Neben TTIP und CETA treten auch die seit von Dienstleistungen treffen können. Geset2012 laufenden Verhandlungen zwischen ze und sonstige Vorschriften der EU und der der EU und 22 weiteren Verhandlungspartner Mitgliedstaaten betreffend Beschäftigung für ein Abkommen zur Dienstleistungslibera- und Arbeitsbedingungen sollen zudem weilisierungen, kurz TiSA, in die Öffentlichkeit. terhin gelten. Auch einen wirksamen StreitDie Partner haben sich in den WTO-Dienst- beilegungsmechanismus soll TiSA enthalten; leistungsverhandlungen der Doha Runde als ob es sich dabei um einen „investor-to-state“ „wirklich gute Freunde von Dienstleistungen“ or „state-to-state“ – Mechanismus handeln gefunden und erhoffen sich durch TiSA die soll, ist nicht erwähnt, die Kommission hatte festgefahrenen Dienstleistungsverhandlun- jedoch bereits in der Vergangenheit mehrfach lediglich von letzterem gesprochen. 21 3/2015 darunter die Schaffung von ReferenzzentEs ist also fraglich, ob die Öffentlichkeit an- ren, die eine rasche und sichere Diagnose hand des Mandats beurteilen kann, was sie sowie eine effiziente Behandlung sicherstelvon TiSA zu erwarten hat. Mit Blick auf die len. Das Eidgenössische Departement des öffentlichen Dienstleistungen scheint einem Innern (EDI) wird den Zeitplan für die Umset„geheimen“ Papier – welches jedoch öffent- zung des Konzepts noch in diesem Frühjahr lich bekannt geworden ist – zufolge zumin- vorlegen. dest die Türkei gerade bei den Gesundheitssystemen „große, ungenutzte Potenziale“ Event zu sehen, denn darin wird erwähnt, dass „Gesundheitsleistungen, die vom Staat oder Wohlfahrtsorganisationen erbracht und fiEuropas Sozialversicherungssysteme: nanziert werden, für ausländische Anbieter Sind sie zukunftsfähig? nicht von Interesse sind.“ Es fehle der marktorientierte Handlungsspielraum. Es geht da- Die transnationale Arbeitsgemeinschaft Eumit nicht um eine allgemeine Verbesserung ropean Social Insurance Platform (ESIP) der medizinischen Versorgung, vielmehr soll führt ihre 8. Europäische Konferenz am 4. es den Patienten erleichtert werden, sich im Juni 2015 in der Hauptverwaltung der belAusland auf Kosten des zuständigen Versi- gischen Landesrentenanstalt (ONP/RVP) cherungsträgers behandeln zu lassen. Die in Brüssel durch. Die Auswahl des Themas zuständige Handelskommissarin Malmström „Europas Sozialversicherungssysteme: Sind hat schnell auf das kursierende Papier re- sie zukunftsfähig?” begründet ESIP wie agiert und betont, dass sie unter keinen folgt: „Wissenschaftliche Prognosen sagen Umständen ein Handelsabkommen vor- voraus, dass Europas Bevölkerung bis zum schlagen würde, welches Regelungen zur Jahr 2050 um 8,3% schrumpfen wird. Die„Übertragbarkeit der Krankenversicherung“ se Perspektive in Verbindung mit einer stei(„portability on health insurance“) enthalte. genden Lebenserwartung und sinkenden Hierbei handele es sich nach Auffassung der Geburtenraten führt zwangsläufig zu einer Kommissarin nicht um eine Handelsangele- kleineren und älteren Gesellschaft, in der genheit und die Europäische Kommission immer weniger Menschen zur aktiven Erwerde die hohe Qualität unserer öffentlichen werbsbevölkerung zählen und immer mehr, Gesundheitsleistungen in einem Handelsab- vor allem Rentner, von Sozialleistungen kommen nicht gefährden. wirtschaftlich abhängig sein werden. Der demografische Wandel wird die Sozialversicherungssysteme in der EU auf vielfältige Schweizer Konzept zu Weise massiv herausfordern: höhere AusSeltenen Krankheiten gaben für die Gesundheitsversorgung und Wer unter einer seltenen Krankheit leidet, die Pflege älterer Menschen, immer weniger soll medizinisch gut betreut werden und Erwerbstätige müssen die Kosten für immer einfach Hilfe erhalten. Der Bundesrat in mehr Rentner aufbringen und die Arbeitsder Schweiz hat dazu das Konzept „Selte- welt muss sich anpassen, sowohl mit Blick ne Krankheiten“ verabschiedet. Bisher sind auf die Lebensarbeitszeit als auch hinsichtweltweit schätzungsweise 6.000 bis 8.000 lich der Arbeitsorganisation. Alle Bereiche seltene Krankheiten beschrieben worden. des Sozialschutzes (Renten, ArbeitsunfallEine Krankheit gilt dann als selten, wenn sie versicherung, Gesundheit, Pflege, Familienhöchstens fünf von 10.000 Personen betrifft. leistungen) sind betroffen und müssen MaßDas Konzept schlägt 19 Maßnahmen vor, nahmen ergreifen, um das gemeinsame Ziel eines allgemein zugänglichen, solidarischen 22 3/2015 und gerechten Sozialschutzes von hoher Qualität zu sichern. Sind die heutigen Sozialversicherungssysteme robust und flexibel genug, um die vielfältigen Anforderungen der Zukunft zu meistern?“ Die ESIP-Konferenz wird diese Fragen in drei Podiumsdiskussionen aufgreifen und behandeln: 1) Sozialversicherung in Europa heute: 28 Mitgliedstaaten – 28 Systeme”; 2) „Die Rolle der EU: zwischen Koordinierung und Konvergenz” sowie 3) „Zukunftsperspektiven: Ist Harmonisierung der richtige Weg?”. Nähere Informationen und Anmeldungsmöglichkeiten sind im Internet verfügbar: http://esip.eu/?q=de/node/1624 TTIP: Gefahr für Arbeitsschutz und soziale Sicherheit? Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union wird seit Beginn der Verhandlungen im Jahr 2013 kontrovers diskutiert. Bislang haben insbesondere Themen zum Verbraucherrecht und zum Investitionsschutz die Debatte bestimmt. Wenig beachtet in der öffentlichen Diskussion wurden jedoch bisher mögliche Auswirkungen auf öffentliche Dienstleistungen und auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) hat dieses Thema von Anfang an eng begleitet – sei es in direkten Gesprächen mit der Bundesregierung und der EU-Kommission, in Beiträgen oder Positions- und Hintergrundpapieren. Am 18. Februar diskutierten die DGUV und die Kommission für Arbeitsschutz und Normung (KAN) im Rahmen einer Podiumsveranstaltung über mögliche Auswirkungen von TTIP auf den Arbeitsschutz und die soziale Sicherheit. Der Hauptgeschäftsführer der DGUV, Dr. Joachim Breuer, sensibilisierte die 180 Teilnehmer bereits zu Beginn der Veranstaltung für die wesentlichen Aspekte: Berührt TTIP die Freiheit der Staaten, ihre sozialen Sicherungssysteme selbstbestimmt zu gestalten? Haben wir durch eine gegenseitige Anerkennung von Normen ein Absenken des Sicherheitsniveaus zu befürchten? Fragen, auf die die DGUV bislang noch keine zufriedenstellende Antwort erhalten hat. Inwieweit das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU Einfluss auf die Organisation und Struktur des deutschen Sozialversicherungssystems haben könnte, wurde anschließend auch auf dem Podium debattiert. Unter Leitung von Petra Pinzler (Die Zeit) erörterten Dr. Heinz Hetmeier, Leiter des Referats Allgemeine Handelspolitik (EU/WTO), Dienstleistungen, Geistiges Eigentum im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Dr. Dirk Watermann, Leiter der Geschäftsstelle der Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN), und Ilka Wölfle, Leiterin des Büros der DGUV in der EU-Vertretung der Deutschen Sozialversicherung in Brüssel, mögliche Gefahren durch TTIP für Arbeitsschutz- und Sozialstandards sowie die Systeme der sozialen Sicherung insgesamt. Was die Organisation der deutschen Sozialversicherung angehe, sei es das Anliegen der Bundesregierung, durch die Handelsverträge keine Änderungen herbeizuführen. Die Struktur des deutschen Sozialversicherungssystems soll demnach durch das Handelsabkommen nicht in Frage gestellt werden. Auch mit Blick auf unterschiedliche Standards im Bereich der Arbeitssicherheit auf beiden Seiten des Atlantiks versuchte Hetmeier zu beruhigen. Denn diese stünden im Rahmen der Verhandlungen nicht zur Disposition. Die DGUV wird die Verhandlungen weiterhin mit großer Aufmerksamkeit begleiten und bei Bedarf auf Entwicklungen und Rechtsunsicherheit hinweisen, die sich aus dem Abkommen möglicherweise ergeben können – je nachdem, wie verhandelt wird und 23 3/2015 welche Ergebnisse dabei herauskommen. soziale Dialog zwischen Regierung, ArbeitDie DGUV hat eine Dokumentation der Ver- nehmer- und Arbeitgebervertretern. anstaltung sowie verschiedene Positionspapiere im Internet veröffentlicht. Sie ist unter Weitere Informationen finden Sie hier: http://www.dguv.de/de/Internationales/ folgendem Link abrufbar: http://www.dguv.de/de/mediencenter/termine/ ttip/index.jsp Neues-aus-der-internationalen-Arbeit/G7konferenz_2015/index.jsp G7 Initiative für weltweiten Arbeitsschutz Gemeinsam soziale Rechte schützen Bangladesch ist nur eines der Länder, die wegen ihrer schlechten Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Auf der G7 Stakeholder-Konferenz am 10. und 11. März in Berlin haben Arbeitsministerin Andrea Nahles und Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller deshalb die Initiative „Standards in Lieferketten“ gestartet. „Ich habe die Vision, Unfallversicherungen auf der ganzen Welt aufzubauen“, sagte Nahles. „Die Zeit ist reif, guter Arbeit weltweit zu ihrem Recht zu verhelfen.“ Gut eineinhalb Monate vor dem G7Gipfel berieten die Minister unter anderem mit Regierungsvertretern aus Bangladesch, Sozialpartnern und internationalen Organisationen über Wege, Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten zu verbessern. Zentrales Element der Initiative ist ein globaler „Vision Zero Fonds“, der Mittel für Investitionen in den Arbeitsschutz bereitstellen soll. Die DGUV hat intensiv zur G7 Konferenz beigetragen – sowohl durch konkrete Initiativen und Vorschläge als auch durch die aktive Beteiligung an den Foren. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen engagieren sich bereits seit Jahrzehnten für den Aufbau entsprechender Institutionen in anderen Ländern. Das jüngste Beispiel ist die im Dezember 2014 geschlossene Kooperation zwischen DGUV, dem bangladeschischen Arbeitsministerium und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Ziel ist, Bangladesch beim Aufbau eines Unfallversicherungssystems zu unterstützen. Im Vordergrund steht hier der 24 Am 12. und 13. Februar 2015 richteten der Europarat und belgische Behörden die Konferenz „Zukunft des Schutzes der sozialen Rechte in Europa“ in Brüssel aus, an der Sozialpartner, Vertreter der Zivilgesellschaft und Wissenschaft sowie politische Entscheidungsträger teilnahmen. Hauptthemen waren neben dem Konferenzmotto die „Sozialen Rechte im Kontext der Wirtschafts- und Finanzkrise“ sowie die weiterführende „Zusammenarbeit der 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit den 47 Mitgliedstaaten des Europarats“. Zusätzlich wurde die Notwendigkeit der Unterzeichnung und Ratifizierung der überarbeiteten Europäischen Sozialcharta von 1996 betont. Ferner wurden die Entwicklungen der internationalen Instrumente, wie beispielsweise das EU-Recht oder der „Internationale Pakt zum Schutz der sozialen Rechte“ erörtert. Europäisches Gipfeltreffen für aktives und gesundes Altern Vom 9. bis 10. März 2015 fand in Brüssel ein hochrangiges „Gipfeltreffen“ zum Thema aktives und gesundes Altern statt. Es wurde von der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit der AGE Platform Europe, einem Netzwerk, dem über 150 Organisationen „von und für Menschen über 50 Jahre“ angehören, veranstaltet. Die Konferenz bot eine Plattform für ca. 1.500 Interessierte, um zu erörtern, wie der demografische Wandel neue Chancen für Innovation, Wachstum und Beschäftigung bringen kann. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Rolle der 3/2015 weltweit führenden Innovatoren aus dem medizinischen und pharmazeutischen Bereich, des Sozial- und Gesundheitswesens, der Zivilgesellschaft sowie der Verbraucher. Die Diskussionen drehten sich rund um die Investitionsmöglichkeiten für die Förderung von Innovationen, die das Wohlbefinden der Menschen verbessern, die Nachhaltigkeit unserer Gesundheits- und Pflegesysteme und das Potenzial für die etablierten und aufstrebenden Industriezweige, von der Seniorenwirtschaft zu profitieren. Live-Demonstrationen, Workshops und eine interaktive Ausstellung boten neben dem thematischen Wissensaustausch den Mitgliedern der Europäischen Kommission, den nationalen Ministern, regionalen Behörden und Führungskräften aus der Industrie, einschließlich der Vertreter der Zivilgesellschaft die Möglichkeit, sich aktiv an der Debatte zu beteiligen. Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, hielt die Eröffnungsrede. Er wies darauf hin, dass es auch in Zukunft wichtig ist, die Seniorenwirtschaft zu beleuchten und Vorteile daraus zu ziehen. Besonders ging Oettinger auf die Steigerung der Lebensqualität für Ältere ein. Herausforderung dabei sei allerdings die Finanzierbarkeit der besonderen Dienstleistungen für altere Menschen. Trotz des demografischen Wandels müsse die Nachhaltigkeit zwischen den Generationen gewährleistet werden. Ziel sei es, mehr Arbeitslose in Arbeit zu bringen, damit diese auch Rentenbeiträge zahlen. Zudem seien auch Anreize für die private Altersvorsorge zu schaffen. Nach Auffassung von Oettinger sei die Rente mit 70 die Zukunft, da eine Balance zwischen den in das Rentensystem Einzahlenden und den Rentenbeziehern geschaffen werden müsste. Im Hintergrundpapier „Wachsende Seniorenwirtschaft in Europa“ wird ein Überblick über relevante Initiativen der Europäischen Kommission hinsichtlich der Seniorenwirtschaft zur Verfügung gestellt: http://ec.europa.eu/research/innovationunion/pdf/active-healthy-ageing/exec_ silvereco.pdf#view=fit&pagemode=none Statistik „Objektivere“ EU-Statistiken Am 5. März hat der Rat eine Anpassung der Regeln zur Qualität europäischer Statistiken verabschiedet. Sie sollen vor allem die fachliche Unabhängigkeit der nationalen Statistikbehörden, aber auch von Eurostat garantieren. Die Leiter der nationalen Behörden sind gegenüber ihren Regierungen oder anderen Stellen nicht länger weisungsgebunden, und der Eurostat-Generaldirektor darf von Organen der EU keine Weisungen entgegennehmen. Im Rat haben Österreich und Großbritannien gegen die Novelle gestimmt, während sich die Niederlande und Portugal der Stimme enthalten haben. Kosten der Gesundheitsversorgung und ihre Finanzierung Mit der Verordnung (EU) 2015/359 der EUKommission vom 4. März 2015 („VO“) sind Durchführungsvorschriften zur „Verordnung (EG) Nr. 1338/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Statistiken über die Kosten der Gesundheitsversorgung und ihre Finanzierung“ erlassen worden. Hierbei umfasst der Begriff „Gesundheitversorgung“ die „Öffentliche Gesundheit“ und den „Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz“. Die zu liefernden Daten und Metadaten über die Kosten der Gesundheitsversorgung und ihre Finanzierung sowie die Bezugszeiträume, Zeitabstände und Fristen für die Bereitstellung der Daten werden durch die VO bestimmt, wobei die darin vorgesehenen Maßnahmen der Stellungnahme des „Ausschusses für das Europäische Statistische System“ entsprechen. Die VO tritt am zwanzigsten Tag 25 3/2015 nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die VO ist im Amtsblatt L 62 vom 6. März 2015, Seiten 6 ff., veröffentlicht worden: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/PDF/?uri=CELEX:32015R0359&qid=142 6854666822&from=DE Publikationen / Ausschreibungen Krankenhausversorgung: Grenzüberschreitender Strukturvergleich Im nunmehr vorliegenden „Krankenhausreport 2015“ vergleichen die Gesundheitsexperten Alexander Geissler und Reinhard Busse „stationäre Kapazitätssteuerung“ im internationalen Rahmen. Im Zentrum der Betrachtungen stehen der Strukturwandel und eine Analyse der Versorgungssteuerung. Die Verfasser beleuchten die Planung und Steuerung von stationären Kapazitäten im Ländervergleich zwischen u.a. Dänemark, England, Finnland, Frankreich, Italien und den Niederlanden. Nach Meinung der Verfasser zeige sich, auch unter Berücksichtigung der systemgegebenen Begrenzungen eines internationalen Vergleichs durchaus unterschiedlicher Strukturen, die Problematik einer grundsätzlich getrennten Planung von ambulanten und stationären Strukturen. Das Fehlen eines deutschen „Gesamtrahmenplanes“ wirke sich zudem erschwerend aus. Nach wie vor sei „das Krankenhausbett“ die wesentliche Planungsgrundlage. Auf der Basis des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) sei zudem die Planung auf „die Bundesländer“ konzentriert. Allerdings seien schon länderübergreifende Kooperationen eher selten. Unter Mitwirkung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (Wido) erschien das von Jürgen Klauber, Max Geraedts, Jörg Friedrich und Jürgen Wasem 26 herausgegebene umfangreiche Werk im Schattauer Verlag, Stuttgart. (ISBN 978-37945-3091-5.) 3/2015 27 Impressum EUREPORTsocial ist das europäische Nachrichtenmagazin der Deutschen Sozialversicherung (DSV) und erscheint seit 1993 in acht Ausgaben jährlich. Die DSV-Spitzenorganisationen haben sich mit Blick auf ihre gemeinsamen europapolitischen Interessen zur „Deutsche Sozialversicherung – Arbeitsgemeinschaft Europa e.V.“ (DSVAE) mit Sitz in Berlin zusammengeschlossen. Die beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg unter dem Aktenzeichen VR.27176.B und beim Berliner Finanzamt für Körperschaften I unter der Steuernummer 27/663/60150 registrierte DSVAE ist die Trägervereinigung der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung (DSVEV) mit Sitz in Brüssel. Die DSVAE und die DSVEV sind im belgischen Handelsregister und bei der föderalen Steuerbehörde unter dem Geschäftszeichen 850.752.257, im belgischen Mehrwertsteuersystem unter der Steuernummer BE01.0441.1788 und im zentralen Transparenz-Register der Europäischen Union (Liste der bei der EU akkreditierten Interessensvertreter) unter der Registriernummer 917.393.784-31 eingetragen. Herausgeber: Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung (DSVEV). Postanschrift: Maison Européenne de la Protection Sociale, Rue d’Arlon 50, 1000 Bruxelles, Belgien. Telefon: +32-2/282.05.50; Telefax: +32-2/282.04.79; E-Mail: [email protected]. Schriftleitung: Dr. Franz Terwey (Verantwortlich). Redaktion: Gunter Danner M.A. Ph.D, Andreas Drespe, Marina Schmidt, Dr. Wolfgang Schulz-Weidner, Ilka Wölfle LL.M. (ständige Mitarbeiter); Felix Denk, Carolin Friedenstab, Sahdia Qamar (Mitarbeit an dieser Ausgabe). Internet-Präsenz: Die DSV-Spitzenorganisationen und die deutsche Bundesagentur für Arbeit (BA) sind über das gemeinsame Portal www.deutsche-sozialversicherung.de erreichbar. Als Mitglied der European Social Insurance Platform aisbl (ESIP) mit Sitz in Brüssel ist die DSV ferner über das Portal www.esip. eu präsent und im internationalen Kontext als Mitglied der International Social Security Association (ISSA) mit Sitz in Genf über die Adresse www.issa.int. Abonnements und Versand: Anne Breuer, Gina Pompilius. E-Mail: [email protected]. Druck und Herstellung: Boarding Concept sprl, Rue J-B Vannypen 57, 1160 Bruxelles, Belgien. E-Mail: [email protected]. Auflage: 600 Stück. © DSVAE 2015. Alle Rechte vorbehalten; Vervielfältigung und Nachdruck (auch auszugsweise) dürfen nur mit dem Einverständnis des Herausgebers erfolgen. Alle Informationen werden mit journalistischer Sorgfalt erarbeitet. Der Herausgeber übernimmt jedoch keine Haftung für Übermittlungsfehler, Irrtümer oder Unterlassungen. Insbesondere kann keine Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit von Informationen übernommen werden, die über weiterführende Links erreichbar sind. Bezugspreise, inkl. Versand: Einzelheft 8,50 Euro, Jahresabonnement 60,-- Euro. SEPA-Bankverbindung: Commerzbank AG, IBAN: DE36.5004.0000.0569.9004.00, BIC: COBADEFF, Kontoinhaber: DSVAE. Institutionskennzeichen (IK): 111170703. Lastschrift Gläubiger-ID: DE83. BRU.0000.0000.609. DAS EUROPÄISCHE NACHRICHTENMAGAZIN DER DEUTSCHEN SOZIALVERSICHERUNG WWW.DEUTSCHE-SOZIALVERSICHERUNG.DE
© Copyright 2024 ExpyDoc