EU-Kommission leitet eingehende Untersuchung

Europäische Kommission - Pressemitteilung
Fusionskontrolle: EU-Kommission leitet eingehende Untersuchung zum
geplanten Gemeinschaftsunternehmen der RechteverwertungsGesellschaften PRSfM, STIM und GEMA für die Lizenzvergabe im Bereich
Online-Musik ein
Brüssel, 14 Januar 2015
Die Europäische Kommission hat eine eingehende Untersuchung eingeleitet, um zu prüfen, ob die
geplante Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch drei Organisationen zur kollektiven
Rechtewahrnehmung (Verwertungsgesellschaften) für die Lizenzvergabe für Online-Musikwerke mit der
EU-Fusionskontrollverordnung vereinbar ist. Bei den drei Verwertungsgesellschaften, die ihre
einschlägigen Tätigkeiten in dem Gemeinschaftsunternehmen zusammenführen wollen, handelt es sich
um die britische PRS for Music Limited (PRSfM), die schwedische Föreningen Svenska Tonsättares
Internationella Musikbyrå u.p.a. (STIM) und die deutsche Gesellschaft für musikalische Aufführungsund mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Verwertungsgesellschaften verwalten Urheberrechte
von Autoren und Interpreten an Musikwerken, vergeben Lizenzen in ihrem Namen und zahlen ihnen die
Lizenzgebühren aus, die sie für die Nutzung der jeweiligen urheberrechtlich geschützten Werke
erheben.
In ihrer vorläufigen Prüfung ist die Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass die
Zusammenlegung der derzeit von PRSfM, STIM und GEMA kontrollierten Musikrepertoires zu höheren
Gebühren und schlechteren Geschäftsbedingungen für die Anbieter digitaler Dienstleistungen im
Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und damit letzten Endes zu höheren Preisen und geringerer
Wahlfreiheit der europäischen Konsumenten von Online-Musik führen könnte. Um digitale
Dienstleistungen wie das Herunterladen und das Streaming von Musikwerken anbieten zu können,
benötigen die Dienstleistungsanbieter Lizenzen, die von den Rechteverwertungs-Gesellschaften
vergeben werden. Die Kommission befürchtet, dass das Vorhaben den Wettbewerb auf dem Markt der
Verwaltung von Urheberrechten für bestimmte Musikverlage im EWR schwächen könnte, da die Zahl
größerer Rechteverwertungs-Gesellschaften durch das Vorhaben von vier auf zwei sinken würde. Die
Einleitung einer eingehenden Prüfung greift dem Ergebnis der Untersuchung nicht vor. Die Kommission
muss nun innerhalb von 90 Arbeitstagen (d. h. bis zum 29. Mai 2015) abschließend entscheiden, ob
das Vorhaben den Wettbewerb im EWR erheblich beeinträchtigen würde.
Die vorläufige Untersuchung der Kommission hat ferner ergeben, dass sich das Vorhaben nachteilig auf
den Wettbewerb bei der Vergabe von Lizenzen für Online-Musik im EWR auswirken könnte. Grund
dafür ist die Vergabe von länderübergreifenden Lizenzen für die Online-Nutzung der Musikrechte, die
sich im Besitz der Muttergesellschaften befinden oder die das GU im Auftrag und Namen anderer
Verwertungsgesellschaften und Rechteinhaber verwaltet. Um rechtmäßig Online-Musikwerke zum
Herunterladen oder Streaming anbieten zu können, müssen digitale Dienstleistungsunternehmen für
jedes angebotene Werk eine Lizenz der Verwertungsgesellschaft erwerben, die die einschlägigen
Urheberrechte verwaltet. Solche Lizenzen können sich auf ein oder mehrere Länder erstrecken. Nach
Gründung des Gemeinschaftsunternehmens wären für mehrere Länder gültige Lizenzen nicht länger bei
PRSfM, STIM oder GEMA, sondern nur noch über das Gemeinschaftsunternehmen erhältlich. Die
Kommission hat festgestellt, dass die Zusammenlegung der Repertoires von PRSfM, STIM und GEMA,
die aktuell zu den umfangreichsten im EWR zählen, die Verhandlungsmacht des
Gemeinschaftsunternehmens erheblich stärken könnte. Die Folge wären möglicherweise höhere Preise
und schlechtere Konditionen für die Anbieter von Online-Dienstleistungen. Diese könnten sich
wiederum in höheren Preisen, geringerer Auswahl und weniger innovativen Angeboten für die
Konsumenten digitaler Musikwerke in der EU niederschlagen.
Ferner ergab die Untersuchung der Kommission wettbewerbsrechtliche Bedenken in Bezug auf den
EWR-Markt für die Verwaltung von Urheberrechten für sogenannte „Option 3 - Verlage“. Dabei handelt
es sich um große Verlage, die infolge einer Empfehlung der Kommission zur grenzüberschreitenden
kollektiven Wahrnehmung der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte für die gewerbliche OnlineMusiknutzung die Vervielfältigungsrechte für ihr angelsächsisches Repertoire aus dem System der
kollektiven Rechteverwertung herausgenommen haben, Lizenzen für diese Rechte nun direkt vergeben
und die Verwertungsgesellschaften lediglich für Verwaltungsleistungen in Anspruch nehmen). Nach
Vollzug des Vorhabens würden nur noch zwei Anbieter verbleiben, die diese Verwaltungsleistungen
tatsächlich ausführen könnten. Zu den Verwaltungsleistungen für „Option 3 - Verlage“ (die die
Rechteverwerter in Konkurrenz zueinander auf dem betreffenden Markt anbieten) zählen die
Einziehung und Abrechnung der bei den Anbietern von Online-Musik erhobenen Lizenzgebühren sowie
Infrastruktur- und IT-Dienstleistungen. Die Muttergesellschaften würden auf diesem Markt nicht länger
miteinander konkurrieren, sondern diese Tätigkeiten dem Gemeinschaftsunternehmen übertragen.
Darunter könnten Qualität und Konditionen für die betreffenden Leistungen leiden.
In der jetzt eingeleiteten eingehenden Untersuchung wird die Kommission prüfen, ob ihre
wettbewerbsrechtlichen Bedenken gerechtfertigt sind.
Das Vorhaben war am 28. November 2014 nach einem Verweisungsantrag der Anmelder nach Artikel 4
Absatz 5 der Fusionskontrollverordnung bei der Kommission angemeldet worden.
Unternehmen und Produkte
Bei PRSfM, STIM und GEMA handelt es sich um die Organisationen, die in Großbritannien, Schweden
und Deutschland die Urheberrechte für Musikwerke verwerten. Zu den Tätigkeiten dieser
Gesellschaften zählen die Vergabe von Lizenzen an Nutzer von Musikwerken, die Kontrolle ihrer
Nutzung, das Aufspüren nicht genehmigter Verwendung sowie die Erhebung und Abrechnung der für
die Nutzung der Werke anfallenden Gebühren im Namen der Rechteinhaber.
Das Gemeinschaftsunternehmen würde Mehrländer-Lizenzen für die Vervielfältigungs- und
Aufführungsrechte für Musikwerke im Internet und auf Mobilfunkgeräten aushandeln und an
Dienstleistungsanbieter vergeben, die in mehreren Mitgliedstaaten tätig sind. Darüber hinaus würde
das Gemeinschaftsunternehmen Verwaltungs- und Infrastrukturdienstleistungen für „Option 3 Verlage“ und andere Rechteverwertungsgesellschaften anbieten.
Fusionskontrollvorschriften und -verfahren
Die Kommission hat die Aufgabe, Fusionen und Übernahmen von Unternehmen zu prüfen, deren
Umsatz bestimmte Schwellenwerte übersteigt (siehe Artikel 1 der Fusionskontrollverordnung), und
Zusammenschlüsse zu untersagen, die den wirksamen Wettbewerb im gesamten Europäischen
Wirtschaftsraum (EWR) oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindern würden.
Der weitaus größte Teil der angemeldeten Zusammenschlüsse ist wettbewerbsrechtlich unbedenklich
und wird nach einer Standardprüfung genehmigt. Nach der Anmeldung muss die Kommission in der
Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen entscheiden, ob sie das Vorhaben im Vorprüfverfahren (Phase I)
genehmigt oder ein eingehendes Prüfverfahren (Phase II) einleitet.
Neben hier beschriebenen laufen derzeit fünf weitere eingehende Prüfverfahren (Phase II). Das erste
Verfahren betrifft die geplante Übernahme einer Kontrollbeteiligung an De Vijver Media durch Liberty
Global. Hierzu muss der Beschluss spätestens am 5. März 2015 ergehen (siehe IP/14/1029). Das
zweite Verfahren bezieht sich auf die von Zimmer geplante Übernahme von Biomet (Frist für den
Kommissionsbeschluss ausgesetzt, siehe IP/14/1091). Das dritte Verfahren gilt der geplanten
Übernahme des griechischen Gasleitungsnetz-Betreibers DESFA durch die staatliche
Mineralölgesellschaft der Republik Aserbaidschan (SOCAR), in dem ein Kommissionsbeschluss bis zum
22. April 2015 zu erlassen ist (siehe IP/14/1442). Das vierte Verfahren betrifft die geplante Übernahme
des vornehmlich in Spanien tätigen Telekommunikationsunternehmens Jazztel durch den französischen
Rivalen Orange. Frist für einen etwaigen Kommissionsbeschluss ist der 24. April 2015 (siehe
IP/14/2367. Das fünfte Verfahren gilt dem geplanten Gemeinschaftsunternehmen von zwei der
weltweit führenden Kaffeeröster, des niederländischen Unternehmens Douwe Egberts Master Blenders
(„DEMB“) und des US-amerikanischen Unternehmens Mondelēz, bei dem die Kommission spätestens
am 6. Mai 2015 einen Beschluss erlassen muss (siehe IP/14/2682).
Weitere Informationen zu dieser Wettbewerbssache werden auf der Website der GD Wettbewerb im
öffentlich zugänglichen Register unter der Nummer M.6800 veröffentlicht.
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