- SES - Eulitz Schrader

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BAURECHTSVERTEILER
Ausgabe April 2015
SES Eulitz Schrader
Rechtsanwälte und Notare
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Detlef P. Eulitz
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Leser,
der über Berlin wütende Orkan mit umfassender Testphase der Sirenen aller verfügbaren Rettungsfahrzeuge hat mich wieder einmal davon abgehalten, Ihnen den aktuellen Baurechtsverteiler „zum
Fraß vorzuwerfen“. Glücklicherweise ist höhere Gewalt verschuldensunabhängig.
Ich hoffe sehr, dass auch Sie, Ihre Mitarbeiter und Ihre Baustellen das Unwetter weitgehend schadlos
überstanden haben, so dass wir uns nunmehr wieder den bekannten Themengruppen des Baugeschehens zuwenden können. Der unvermeidbare Zeitverlust rechtfertigt die leicht verkürzte Ausgabe
unseres Periodikums:
A. Branchen-News:
1. Altersgerechte Wohnungen
Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es in Deutschland eine große Lücke bei der Versorgung mit altersgerechtem Wohnraum. Allein für den Personenkreis der über 65-Jährigen mit
Mobilitätseinschränkungen fehlten schätzungsweise 2,7 Mio. Wohneinheiten, resümiert sie
in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage (13/3882) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dem
stehe derzeit ein altersgerechter Wohnungsbestand in Deutschland von nur 700.000 Wohnungen gegenüber.
Die Bundesregierung beruft sich dabei auf eine Studie der Prognos AG, die das Wirtschaftsforschungsunternehmen im Juli 2014 im Auftrag der Kreditanstalt für Wiederaufbau erstellt
hatte. Es rechnet darin bis zum Jahr 2030 mit einem Anstieg des Bedarfs auf rund 3,6 Mio.
altersgerechte Wohnungen. Daraus ergäbe sich ein Investitionsbedarf von insgesamt
50 Mrd. €.
Die Bundesregierung betont in diesem Zusammenhang, dass die Förderung des altersgerechten Umbaus von Wohnungen in das am 01.07.2013 in Kraft getretene AltersvorsorgeVerbesserungsgesetz aufgenommen worden sei. Damit erhielten Förderberechtigte, ihre
Wohnung selbst nutzende Eigentümer seit Januar 2014 die Möglichkeit, die Förderung für
die rechtzeitige bauliche Vorsorge im Alter einzusetzen.
2. Korruption bei Bauleistungen
Die Bundesländer haben in ihrer Sitzung am 06.03.2015 einen von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzesentwurf zur Bekämpfung der Korruption beraten und hierzu Stellung genommen. Sie wollen erreichen, dass der bisherige Anwendungsbereich für rechtswidrige Absprachen bei Ausschreibungen nicht eingeschränkt wird. Nach der Entwurfsformulierung wä-
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ren unerlaubte Absprachen bei Bauleistungen der Verfolgung durch die Kartellbehörden entzogen, warnt der Bundesrat. Die Stellungnahme wird nun der Bundesregierung zugeleitet.
Der Entwurf setzt verschiedene internationale Vorgaben in deutsches Recht um, zum Beispiel
den Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor oder
das Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption. Vorgesehen ist unter anderem, Schmiergeldzahlungen in der Wirtschaft umfassender als bislang unter Strafe zu stellen.
Künftig sollen auch Fälle strafbar sein, in denen es zu keiner Wettbewerbsverzerrung kommt,
aber eine Verletzung der Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber vorliegt. Bisher ist korruptes
Verhalten nur dann strafbar, wenn damit eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb erkauft werden soll. Der Entwurf erweitert auch die Strafbarkeit wegen Bestechung und Bestechlichkeit von ausländischen, europäischen oder internationalen Amtsträgern.
3. Black-Box
Die neue Zauberformel, mit dem das Bauen für alle Projektbeteiligten deutlich optimiert
werden soll, heißt Building Information Modeling (BIM). Viele europäische Hersteller haben
hier schon Vorarbeit geleistet und stellen ihren Kunden aus der Bau- und Installationsbranche auf BIM abgestimmte Produktinformationen zur Verfügung. Doch wissen die Hersteller
eigentlich genau, was ihre Kunden in Bezug auf BIM überhaupt benötigen?
Dieser Frage sind USP Marketing Consultancy und Bauinfo-Consult in einer aktuellen Befragung unter internationalen Baustoffzulieferern nachgegangen: Ein erstes Ergebnis zeigt, dass
gerade einmal ¼ der befragten Hersteller genau weiß, welche Art von BIM-Informationen ihre Kunden wirklich benötigen.
Im Rahmen einer Online-Befragung unter insgesamt 120 international tätigen Herstellern
und Zulieferern von Baustoffen war sich ein Drittel der Befragten einig, dass es für einen Anbieter ein Wettbewerbsvorteil ist, BIM-kompatible Informationen bereit zu stellen. Am
höchsten war hier die Zustimmung bei den Herstellern aus der Installationsbranche, denn gerade für die komplexe TGA-Planung verspricht diese Technologie großes Potential.
Unsicher bleibt angesichts der noch jungen Technologie jedoch, was für Bedürfnisse die Nutzer von BIM in Bezug auf Produktinformationen überhaupt genau haben. Hier sind die Befragten zutiefst gespalten: 25 % sind sich sicher, die Bedürfnisse ihrer Kunden zu kennen,
doch genauso viele geben zu, hier noch „im Dunkeln zu tappen“ und weitere 22 % trauen
sich kein Urteil zu.
Damit ein Großteil der Kunden in der BIM-Frage nicht weiterhin eine Black-Box für viele Hersteller bleibt, sind die Baustoffzulieferer gut beraten, hier für mehr Aufklärung zu sorgen.
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4. Hersteller wälzen Verantwortung für Mängel ab
Der Verursacher eines Produktmangels soll für diesen auch einstehen müssen – das ist die
zentrale Forderung des Handwerks bei der anstehenden Überarbeitung des Mängelgewährleistungsrechts hinsichtlich der Ein- und Ausbaukosten. Stein des Anstoßes: Nach gegenwärtiger Rechtslage bekommt ein Handwerker die Kosten für den Ausbau des mangelhaften und
den Einbau eines neuen Produktes nicht erstattet.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks fordert deshalb: „Der Verbraucher muss ein
mangelhaftes Produkt ersetzt bekommen“. Die Verlagerung der Haftungsverantwortung des
Herstellers auf den Handwerker benachteiligt diesen völlig unangemessen.
Die große Koalition hat den dringenden Handlungsbedarf erkannt und eine entsprechende
Vereinbarung zur Reform des Mängelgewährleistungsrechts im Koalitionsvertrag verankert.
Ausdrücklich wird begrüßt, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
eine wissenschaftliche Expertengruppe beauftragt hat, Lösungswege zu eruieren, die zügig in
eine Korrektur des Gesetzeswortlauts münden müssen.
5. Neue Fachanwaltschaft
Künftig soll zu den bestehenden 21 Fachanwaltsbezeichnungen, in denen der Erwerb eines
Fachanwaltstitels möglich ist, der Fachanwalt für Vergaberecht treten. Dies hat am
16.03.2015 die Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer beschlossen.
Zuletzt hatte die Satzungsversammlung im Jahr 2014 den Fachanwalt für internationales
Wirtschaftsrecht eingeführt. Mit neuen Fachanwaltschaften will die Satzungsversammlung
auf eine gestiegene Nachfrage nach rechtlicher Beratung in den entsprechenden Fachgebieten reagieren. Der Beschluss muss zu seiner Wirksamkeit noch vom Bundesjustizministerium
geprüft werden. Erfolgt keine Beanstandung, tritt er drei Monate nach seiner Veröffentlichung in den BRAK-Mitteilungen in Kraft.
B. Verhaltensempfehlungen für Baubeteiligte
a) Mängelbeseitigung nach Kündigung
Der Auftraggeber muss dem Auftragnehmer auch nach einer Kündigung grundsätzlich Gelegenheit zur Nacherfüllung geben. Das Nachbesserungsrecht des Auftragnehmers entfällt nur,
wenn er sich als so unzuverlässig erwiesen hat, dass der Auftraggeber nicht mehr darauf vertrauen kann, von ihm eine mangelfreie Leistung zu erhalten. Dafür trägt der Auftraggeber die
Darlegungs- und Beweislast.
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Auf eine das Nachbesserungsrecht ausschließende Unzuverlässigkeit des Auftragnehmers
kann sich der Auftraggeber in der Regel jedoch dann nicht berufen, wenn er selbst durch ein
ihm zuzurechnendes Planungsverschulden an der Entstehung des Mangels mitgewirkt hat.
Das Unterlassen eines Bedenkenhinweises führt dann allein nicht zu einer solchen Unzuverlässigkeit.
Nur wenn Sie diesen Formalien genügen, stehen Ihnen die Rechte aus den §§ 634 ff. BGB zu.
Ein Nacherfüllungsverlangen entfällt grundsätzlich auch dann, wenn der Auftragnehmer explizit oder konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er ernsthaft und endgültig die geforderten Nachbesserungsarbeiten nicht ausführen will / wird. Wann von einem konkludenten
Verhalten auszugehen ist, entscheiden die Umstände des Einzelfalls, wobei die Messlatte
hier hoch anzusetzen ist.
b) Stichprobenartige Überprüfung der Mangelhaftigkeit
Wird aufgrund einer stichprobenartigen Überprüfung (hier: der Dacheindeckung) sachverständig festgestellt, dass handwerklich unsauber und entgegen der Herstellerangaben gearbeitet wurde, kann die gesamte Leistung des Auftragnehmers als mangelhaft angesehen
werden. Unbeschadet dessen bleibt es dabei, dass bei besonders sensiblen Bauteilen bloße
Stichproben in der Regel nicht ausreichen, um das Gesamtwerk als regelwidrig und / oder
mangelbehaftet zu deklarieren. Im „worst case“ und insbesondere bei Geltung der Flachdach-Richtlinien muss die gesamte Abdichtung schichtenweise durch großflächiges Entfernen
der Dachhaut überprüft werden.
c) Sittenwidriger Pauschalpreis
Im Anschluss an die BGH-Rechtsprechung hat das OLG Karlsruhe vor Kurzem entschieden,
dass ein Pauschalpreis für eine Teilleistung im Rahmen eines Detailpauschalpreisvertrages
nur dann in einem auffälligen wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung steht, wenn
der über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil sowohl absolut gesehen als auch im
Vergleich zur Gesamtauftragssumme in einer Weise erheblich ist, dass dies von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. Auf die diversen Facetten sittenwidriger
Pauschalen hat der Bausenat des BGH vornehmlich im letzten Jahr mit vergleichbarer Begründung wiederholt hingewiesen. Da wir diese Thematik bereits erörtert haben, sehen wir
von Wiederholungen ab.
d) (Un-) Zulässigkeit einer Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren
Nach Ansichten mehrerer Vergabekammern existiert keine grundsätzliche Vermutung, dass
eine Bietergemeinschaft zwischen branchenangehörigen Unternehmen eine Verhinderung,
Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt. Dessen unge-
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achtet muss der öffentliche Auftraggeber prüfen, ob eine Bietergemeinschaft eine Abrede
getroffen hat, die eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt. Eine wettbewerbswidrige Absprache liegt dann nicht vor, wenn die Unternehmen erst durch den Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft in die Lage versetzt werden, sich an der Ausschreibung
mit Erfolgsaussicht zu beteiligen. Die von den Unternehmern getroffene Entscheidung, eine
Bietergemeinschaft zu bilden, kann vom Auftraggeber (und auch der Vergabekammer) nicht
in vollem Umfang überprüft werden. Es handelt sich um eine unternehmerische Entscheidung mit Prognosecharakter, die auf der Grundlage der aktuellen Auftrags- und Angebotslage hinsichtlich der Ausschreibung in die Zukunft blickt. Diese Prognose betrifft den Kern der
unternehmerischen Tätigkeit und ist nur hinsichtlich ihrer Vertretbarkeit einer Überprüfung
zugänglich.
Diese Rechtsauffassung ist schon deshalb nicht zu beanstanden, weil zum Beispiel bei Großbauvorhaben der einzelne Unternehmer mangels ausreichender Kapazitäten in aller Regel
keine ernstzunehmende Chance hätte, sich mit Aussicht auf Erfolg an dem Vergabeverfahren
zu beteiligen, was nicht nur für die Fälle der Einzellosvergabe mit übergreifenden Gewerken
gilt.
C. Rechtsprechungsübersicht
I. Bauvertragsrecht
(1) Keine Anpassung der Einheitspreise trotz Mengenänderungen
OLG Köln, Beschluss vom 07.11.2014 – 19 U 55/14 –
a) Durch die vom Auftraggeber in einem VOB-Einheitspreisvertrag gestellte Klausel „Massenänderungen – auch über 10 % – sind vorbehalten und berechtigen nicht zur Preiskorrektur“ wird eine Anspruch auf Preisanpassung bei Über- oder Unterschreitung des Mengenansatzes aus § 2 Abs. 3 VOB/B ausgeschlossen.
b) Eine solche Regelung begegnet keinen AGB-rechtlichen Bedenken und ist auch als Formularklausel wirksam.
c) Wird eine Anpassung der Einheitspreise bei Mengenabweichungen vertraglich wirksam
abbedungen, finden die Grundsätze über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
auch im Fall erheblicher Mengenüber- oder –unterschreitungen keine Anwendung.
Nach Auffassung des BGH aus dem Jahre 1993 schließt die Klausel „Die Einheitspreise sind
Festpreise für die Dauer der Bauzeit und behalten auch dann ihre Gültigkeit, wenn Massen-
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änderungen im Sinne von § 2 Nr. 3 VOB/B eintreten.“ weder Ansprüche wegen des Wegfalls
der Geschäftsgrundlage noch aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluss
aus. Daher konnte es der BGH dahinstehen lassen, ob eine Klausel, die jegliche Anpassung
der Einheitspreise bei Mengenänderungen verbietet und damit auch Ansprüche aus einer
Störung der Geschäftsgrundlage ausschließt, der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhält.
Eine entsprechende Klausel ist jedoch als unwirksam anzusehen, da sie den Parteien auch
bei erheblichen Mengenabweichungen jegliche Preisanpassungsmöglichkeit nimmt.
(2) Keine Mehrvergütung für zusätzliche Leistungen ohne Anordnung des Auftraggebers
OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.11.2014 – 22 U 37/14 –
Für die „Forderung bzw. das Verlangen des Auftraggebers“ nach Ausführung einer bisher
im Bauvertrag nicht vorgesehenen Leistung im Sinne von § 2 Nr. 6 VOB/B gelten die von
der Rechtsprechung des BGH entwickelten Grundsätze zur „Anordnung des Auftraggebers“, welche die Grundlagen des Preises für eine im Vertrag vorgesehene Leistung im
Sinne von § 2 Nr. 5 VOB/B ändert, entsprechend.
Die Entscheidung wäre nicht anders ausgefallen, wenn der Auftraggeber die Ausführung der
hier streitigen Vermessungsarbeiten angeordnet hätte. Wird eine bestimmte Leistung bereits
vertraglich geschuldet und dementsprechend vergütet, kann der Auftragnehmer dieselbe
Leistung in der Regel selbst dann nicht ein zweites Mal bezahlt verlangen, wenn die Parteien
hierüber eine Nachtragsvereinbarung beschlossen haben.
(3) Abrechnung eines gekündigten Detail-Pauschalvertrag
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.02.2015 – 4 U 66/14 – (nicht rechtskräftig)
Bei einem gekündigten Detail-Pauschalpreisvertrag hat der Unternehmer die erbrachten
Leistungen zu den nicht erbrachten anhand des Leistungsverzeichnisses ins Verhältnis zu
setzen.
In diesem Fall hatte der Auftragnehmer nicht sauber gearbeitet. Der Auftraggeber hatte (um
sich dem Vorwurf der Beweisvereitelung nicht ausgesetzt zu sehen) dem Auftragnehmer die
Gelegenheit gegeben, durch ein selbstständiges Beweisverfahren den zum Zeitpunkt der
Kündigung bestehenden Bautenstand zu begutachten. Erst nach der Freigabe durch den
Sachverständigen hat der AG dann mit Drittunternehmen die Baustelle fertig gebaut. In einem solchen Fall muss der AN erst recht in der Lage sein, anhand des konkreten Leistungsverzeichnisses die erbrachte Leistung zu spezifizieren. Hierzu ist es erforderlich, dass die
Schlussrechnung nach der Reihenfolge und den Positionen der Leistungsbeschreibung erstellt
wird. Das Leistungsverzeichnis sollte möglichst eng mit der Schlussrechnung Position für Position übereinstimmen.
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Ich fürchte, dass dieses Dauerthema bei Global- und Detailpauschalverträgen die Rechtsprechung noch jahrzehntelang beschäftigen wird.
(4) Gesonderter Ausweis „betriebsbedingter“ Mehrkosten
OLG Celle, Urteil vom 12.09.2013 – 6 U 41/13 –
BGH, Beschluss vom 18.12.2014 – VII ZR 258/13 – (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
a) Vereinbaren die Parteien, dass der Auftragnehmer seine Mehrkosten wegen Zusatzleistungen getrennt nach zeitabhängigen, so genannten „betriebsbedingten“, und zeitunabhängigen Mehrkosten geltend machen kann, muss der Auftraggeber den zeitabhängigen
Mehraufwand vergüten.
b) Erbringt der Auftragnehmer im Wesentlichen Leistungen, die nicht Gegenstand seiner für
den Ursprungsauftrag angebotenen und kalkulierten Leistungen sind, setzt der Anspruch
keine Nachtragskalkulation gemäß § 2 Abs. 5 bzw. 6 VOB/B voraus. Der Anspruch ist
vielmehr zu schätzen.
Das OLG erleichtert dem Auftragnehmer die Darlegung baubetrieblicher Ansprüche. Hat der
AG den AN aufgefordert, den zeitabhängigen Mehraufwand gesondert auszuweisen, muss
sich der Auftragnehmer darauf verlassen können, dass der Anspruch dem Grunde nach anerkannt ist. Ebenso angebracht ist die Lösung von den Preisermittlungsgrundlagen des Hauptvertrag zumindest dann, wenn es sich um eine „völlig neue“ Leistung handelt.
In diesem Zusammenhang verweise ich zur selben Thematik auf die nicht kompatible Entscheidung des OLG Düssseldorf vom 11.12.2014, die Sie im Baurechtsverteiler März 2015 auf
Seite 7 unter Ziffer 4. finden.
II. Architektenrecht
(1) Erreichbarkeit des Architekten für den Bauherrn
OLG Celle, Urteil vom 24.09.2014 – 14 U 169/13 –
BGH, Beschluss vom 05.02.2015 – VII ZR 237/14 – (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen
a) Ein Architektenvertrag kann aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein solcher Grund
zur Kündigung kann in einer schweren schuldhaften Verletzung oder einer sonstigen Zer-
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störung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses bestehen, die eine Fortsetzung des
Vertrags für den Auftraggeber unzumutbar macht.
b) Es ist ein berechtigtes Interesse eine Architekten, seine Leistung effizient und unter wirtschaftlicher Verwendung seiner Ressourcen zu erbringen und in diesem Zusammenhang
einen unnötigen Zeitaufwand zu vermeiden. Es ist daher nicht als wichtiger Kündigungsgrund anzusehen, wenn der Architekt versucht, nicht zielführende, zeitraubende und ineffektive Gespräche zu vermeiden und Absprachen in strukturierten Formen zu erreichen.
c) Bloße Kommunikationsprobleme begründen keinen wichtigen Grund zur Kündigung. Insbesondere ist ein Architekt nicht dazu verpflichtet, sich für den Bauherrn ständig persönlich „erreichbar“ zu halten.
Bereits die Leitsätze der Entscheidung belegen, dass die Kündigung eines Architektenvertrages nicht vorschnell aufgrund persönlicher Befindlichkeiten ausgesprochen werden sollte.
Dass die regelmäßige und umfassende Information für den Bauherrn von Bedeutung ist, versteht sich von selbst. Bevorzugt er hierfür eine bestimmte Form, sollte dies rechtzeitig angesprochen, eine bestimmte Vorgehensweise abgesprochen und ggf. vertraglich geregelt werden. Die Vertragsparteien haben jederzeit die Möglichkeit, gemeinsam klare Vereinbarungen
hierüber zu treffen. Letzteres versagt, wenn man nicht mehr miteinander redet.
(2) Vorläufige Kostenberechnung beim Bauen im Bestand
OLG Koblenz, Beschluss vom 09.11.2012 – 5 U 1228/11 –
BGH, Beschluss vom 08.01.2015 – VII ZR 336/12 – (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
a) Eine Baukostengarantie bedarf wegen des damit verbundenen erheblichen Risikos für den
Architekten einer klaren und unmissverständlichen Vereinbarung. Die Bezeichnung einer
mündlichen Abrede als „Baukostenermittlung“ und „Baukostenschätzung“ spricht gegen
die Übernahme einer Baukostengarantie.
b) Der mit einer Kostenschätzung beauftragte Architekt darf die Baukosten auch beim Bauen im Bestand nicht schönrechnen. Die Grenze zu einer haftungsrelevanten Pflichtwidrigkeit ist jedoch erst dann überschritten, wenn dem Architekten ein „Fehlgriff in der Oktave“ unterlaufen ist.
Die Besonderheit des vom OLG beurteilten Sachverhalts ist die isolierte Beauftragung des Architekten mit einer Abschätzung der Umbaukosten für eine Investitionsentscheidung. Wäre
er mit Planungsleistungen beauftragt gewesen, hätte er die Bauherren schon in der Grundlagenermittlung über die erforderliche Bestandserkundung zur Reduzierung der Kostenrisiken
aufklären müssen. Erst nach Erarbeitung der Vor- und Entwurfsplanung hätte er eine (end-
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gültige) Kostenberechnung vorzulegen gehabt, bei der er sicher nicht eine ohnehin kaum zu
quantifizierende „Oktave“ (z. B. bei einer achtfachen Kostenüberschreitung) daneben liegen
darf.
(3) Schadensersatz für Planungsmangel bei der „etwas anderen“ Lösung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2012 – 21 U 54/09 –
BGH, Beschluss vom 13.11.2014 – VII ZR 302/12 – (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
a) Wird der Planer wegen planerischer Defizite in Anspruch genommen, ist der Schadensersatzanspruch des Auftraggebers nicht auf die Kosten der Beseitigung handwerklicher
(Bau-) Mängel begrenzt. Vielmehr muss der Schadensbetrag so bemessen sein, dass die
Planungsmängel nachhaltig beseitigt werden können.
b) Im Rahmen des Vorteilsausgleichs sind nur solche Wertsteigerungen anzurechnen, die zu
einer Besserstellung des Geschädigten gegenüber dem Zustand führen, der bei einer von
Anfang an ordnungsgemäßen Ausführung entstanden wäre.
Das zutreffende Urteil beruht im konkreten Einzelfall auf drei maßgeblichen Erwägungsgründen:
1. Die „etwas andere“ Lösung entspricht (auch noch) der vom Ingenieur ursprünglich
vertraglich geschuldeten Ingenieurleistung.
2. Die Lösungen sind gleichwertig.
3. Die Umsetzung der neuen Lösung ist jedenfalls nicht teurer als das Festhalten an der
ersten.
(4) Bestandteile einer „prüfbaren“ Planung
OLG Brandenburg, Urteil vom 26.11.2014 – 4 U 20/09 –
a) Gehört die „gesamte prüfbare Planung“ zum Leistungsumfang des Auftragnehmers, bedeutet „prüfbar“ in Bezug auf die Anforderungen der Tragwerksplanung, dass der zuständige Prüfingenieur die Statik als unbedenklich erachtet.
b) Zu den Anforderungen an eine „prüfbare“ Planung gehört es, dass dem zuständigen
Prüfingenieur die für die Prüfung der Tragwerksplanung erforderlichen Unterlagen und
Nachweise vollständig und so rechtzeitig vorgelegt werden, dass diesem ausreichend Zeit
zur Wahrnehmung seiner Prüfungsaufgaben zur Verfügung steht.
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Die im zweiten Leitsatz angesprochene, einzuhaltende Frist kann sich gemäß § 271 Abs. 1
BGB auch aus den Umständen ergeben. Mit deren Ablauf ist die Leistung dann fällig. Auch
bei verspäteter Planvorlage fehlt es aber an einer Pflichtverletzung, wenn kein Einfluss auf
die benötigte Prüfungszeit des Prüfingenieurs genommen werden kann.
III. Vergaberecht
(1) Ausschluss eines Bieters bei Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht
EuGH, Urteil vom 18.12.2014 – Rs.C-470/13 –
Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV stehen der Anwendung einer nationalen Regelung nicht
entgegen, durch die ein Wirtschaftsteilnehmer, der einen durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil festgestellten Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht begangen hat, für den er
mit einer Geldbuße belegt wurde, von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausgeschlossen wird.
Die Entscheidung belegt einmal mehr, dass sich Verstöße gegen Wettbewerbs- und Kartellrecht nicht lohnen: Neben straf- und zivilrechtlichen Sanktionen können sie auch den Ausschluss von Vergabeverfahren nach sich ziehen, den der EuGH für europarechtskonform hält
– und zwar auch nach der neuen Richtlinie 2014/24/EU. Die Bestimmungen des deutschen
Vergaberechts zum Ausschluss von Bietern (z. B. § 6 VgV i.V.m. § 6 EG Abs. 4 VOB/A 2012)
sind demnach europarechtskonform, zumindest soweit sie eine Prüfung des Einzelfalls ermöglichen.
(2) Beteiligung von Universitätskliniken an öffentlichen Ausschreibungen
EuGH, Urteil vom 18.12.2014 – Rs.C-568/13 –
a) Die Institution muss sich bei öffentlichen Ausschreibungen in ihrem originären Arbeitsfeld
betätigen.
b) Der jeweilige Mitgliedsstaat kann die Möglichkeit der Marktteilnahme der Institution beschränken oder ausschließen.
c) Die Prüfung der Angemessenheit der Angebotspreise ist durch die EU-Vergaberichtlinien
geregelt.
d) Der jeweilige Mitgliedsstaat kann die Berücksichtigung von Zuwendungen bei der Preisbildung regeln.
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Der EuGH lässt – in dieser Deutlichkeit – öffentliche Körperschaften als Bieter zu, grenzt aber
ihre Betätigungsmöglichkeiten auf dem freien Markt dadurch ein, dass er sie an den Zweck
der jeweiligen Institution bindet. Diese Entscheidung ist von Bedeutung für privatrechtlich
organisierte Wissenschaftseinrichtungen, wie zum Beispiel Institute der HelmholtzGemeinschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft oder der Max-Planck-Gesellschaft, die aufgrund
ihrer Finanzierung zugleich öffentliche Auftraggeber sind. Sie dürfen durch Betätigung auf
den Märkten ihren Kapazitäten nutzen und ihren finanziellen Spielraum vergrößern. Ob und
wie im Rahmen der Angebotsprüfung erhaltene Zuwendungen zu berücksichtigen sind, überlässt der Gerichtshof dem nationalen Normengeber.
(3) Nur ein Hauptangebot
OLG Naumburg, Beschluss vom 27.11.2014 – 2 U 152/13 –
In einem Vergabeverfahren darf jeder Bieter grundsätzlich nur ein Hauptangebot abgeben, mehrere gleichzeitig vorliegende Hauptangebote eines Bieters sind grundsätzlich
unzulässig. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein schutzwürdiges Interesse des Bieters an
der Abgabe zweier (oder mehrerer) Hauptangebote nicht vorliegt.
Das zutreffende Urteil liegt auf der herrschenden Linie der Rechtsprechung zum „Doppelangebot“, zu dem sich bereits untere anderem die Oberlandesgerichte München und Düsseldorf geäußert haben.
IV. Öffentliches Baurecht
(1) Anordnung von geeigneten Maßnahmen gegen Baulärm
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.02.2015 – 10 S 2471/154 –
a) Werden die Eingriffswerte der AVV Baulärm überschritten, hat ein Nachbar einen Anspruch auf Anordnung geeigneter Maßnahmen zur Baulärmminderung.
b) Werden zwar von der zuständigen Behörde Baulärmminderungsmaßnahmen angeordnet,
besteht aber Streit über ihre Eignung und herrscht ein Vollzugsdefizit, besteht ein Rechtsschutzinteresse für eine einstweilige Anordnung.
c) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes kann es erfordern, der Behörde entgegen ihrem
Auswahlermessen konkrete Maßnahmen aufzugeben und sogar den Baustellenbetrieb
vorläufig zu untersagen.
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Der VGH knüpft an die ständige Rechtsprechung an, dass länger andauernde Baustellen und
Baumaschinen nicht genehmigungsbedürftige Anlagen gemäß § 22 Abs. 1 BImSchG sind, deren Lärm als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen ist; dieser ist grundsätzlich zu vermeiden. Trotz ihres archaischen Alters ist die 1970 in Kraft getretene AVV Baulärm als richtwertbestimmende Verwaltungsvorschrift zu beachten. Werden die in ihr geregelten Eingriffswerte überschritten, besteht Handlungsbedarf. Bezüglich der zu treffenden Maßnahmen hat die zuständige Behörde gemäß § 24 Satz 1 BImSchG grundsätzlich ein Auswahlermessen. Erweisen sich aber die angeordneten Maßnahmen als ungeeignet, so kann sich das
Auswahlermessen auf Null reduzieren.
(2) Denkmalschutz und dessen Abwehrrechte
VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 22.01.2015 – 8 L 4844/14 –
a) Wer in Umgebung eines Kulturdenkmals bauliche Anlagen errichtet, bedarf der Genehmigung der Denkmalschutzbehörden, wenn sich die bauliche Anlage auf das Erscheinungsbild des Kulturdenkmals auswirken kann.
b) Ob die Errichtung einer baulichen Anlage in der Umgebung eines Kulturdenkmals dessen
Eigenart und Erscheinungsbild beeinträchtigt, ist wertend danach zu beurteilen, welche
Merkmale die Schutzwürdigkeit konkret begründen und inwieweit die Eigenart und Erscheinung durch die Veränderung der unmittelbaren Umgebung Schaden nehmen kann.
Im städtebaulichen und baurechtlichen sensiblen Bereich des Denkmalschutzes existieren
besondere Schutzrechte und –pflichten. Sofern bauliche Maßnahmen an denkmalgeschützten Objekten selbst oder in deren unmittelbarer Nähe bzw. Umgebung erfolgen sollen, sind
daher die Besonderheiten der landesrechtlichen Denkmalschutzgesetze und die Besonderheiten des Einzelfalls bzw. des jeweiligen Kulturdenkmals stets zu berücksichtigen.
V. Bauversicherungsrecht (anstelle von Sachverständigenrecht)
Keine Beweiserleichterung des Versicherers für bewusste Pflichtwidrigkeit
BGH, Urteil vom 17.12.2014 – IV ZR 90/13 –
a) Für den Ausschlussgrund der Wissentlichkeit der Pflichtverletzung ist der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig.
b) Hierfür hat er – wenn es sich nicht um die Verletzung elementarer beruflicher Pflichten
handelt, deren Kenntnis nach der Lebenserfahrung bei jedem Berufsangehörigen voraus-
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gesetzt werden kann – Anknüpfungstatsachen vorzutragen, die als schlüssige Indizien für
eine wissentliche Pflichtverletzung betrachtet werden können. Erst wenn dies geschehen
ist, obliegt es dem Versicherungsnehmer aufzuzeigen, warum die vorgetragenen Indizien
den Schluss auf eine wissentliche Pflichtverletzung nicht zulassen.
Der Ausschluss der bewussten Pflichtwidrigkeit ist neben der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung der Rechtsanwälte zum Beispiel teilweise auch in den Bauhaftpflichtversicherungen enthalten und findet in der Praxis zumindest im Rahmen der Architektenhaftpflichtversicherung sehr häufig Anwendung. Dabei sind einige Versicherer geneigt, den Tatbestand dieses Ausschlussgrunds schon mit dem Argument als erfüllt anzusehen, dass sich
bereits aus dem Haftpflichtprozess ergeben habe, dass die Handlung, die zur Haftung des
Versicherungsnehmers geführt habe, bewusst pflichtwidrig gewesen sei.
Unabhängig davon, dass sich diese Argumentation bereits wegen des Trennungsprinzips verbietet, arbeitet der BGH in der vorliegenden Entscheidung deutlich heraus, dass es jedenfalls
abseits elementarer Berufspflichten im ersten Schritt Sache des Versicherers ist, im Deckungsprozess genau darzulegen, warum das Verhalten des Versicherungsnehmers, das zur
Haftung gegenüber dem geschädigten Dritten geführt hat, bewusst pflichtwidrig erfolgt sein
soll. Damit räumt der BGH mit der bisher vertretenen versichererfreundlichen Ansicht der Instanzgerichte auf.
VI. Bauprozessrecht
(1) Berufungsbegründung bei Klageabweisung
BGH, Beschluss vom 27.01.2015 – VI ZB 40/14 –
Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige,
selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung
in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen; anderenfalls ist die Berufung unzulässig.
Die in § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO bezeichneten Anforderungen sind gewahrt, wenn die Berufungsbegründung erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen und / oder rechtlichen Gründen
der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält, und die Umstände mitgeteilt
werden, die das Urteil aus Sicht des Rechtsmittelführers in Frage stellen. Bei einem teilbaren
Streitgegenstand oder bei mehreren Streitgegenständen muss sich die Berufungsbegründung
grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Änderung beantragt
wird. Enthält die Berufungsbegründung immerhin zu einem Punkt eine dieser Bestimmung
genügende Begründung, ist sie insgesamt zulässig, wenn dies geeignet ist, der angegriffenen
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Entscheidung insgesamt die Grundlage zu entziehen. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt,
muss das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen werden.
(2) Kostenfalle Beweisverfahren
OLG Koblenz, Beschluss vom 27.02.2015 – 3 W 95/15 –
a) In selbstständigen Beweisverfahren kommt weder eine übereinstimmende Erledigung des
Verfahrens gemäß § 91a ZPO noch eine einseitige Erledigung des Verfahrens in Betracht.
Eine im selbstständigen Beweisverfahren unzulässige einseitige Erledigungserklärung ist
in einer Antragsrücknahme mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO umzudeuten (in
Anknüpfung an BGH, IBR 2011, 1468).
b) Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens gehören im Übrigen grundsätzlich zu
den Kosten des sich anschließenden Hauptsacheverfahrens und werden von der darin zutreffenden Kostenentscheidung mit umfasst. Nur wenn ausnahmsweise trotz Fristsetzung
keine Hauptsachenklage erhoben wird, kann im selbstständigen Beweisverfahren gemäß
§ 494a Abs. 2 S. 1 ZPO eine Kostenentscheidung ergehen.
Eine im selbstständigen Beweisverfahren grundsätzlich unzulässige Hauptsachenerledigung –
gleichviel ob einseitig oder übereinstimmend – ist regelmäßig in eine Antragsrücknahme mit
der vom BGH aufgezeigten Kostenfolge umzudeuten, wenn das Beweisverfahren nach dem
Willen des Antragsteller endgültig beendet sein soll. Zwar erfasst § 494a ZPO diesen Fall
nicht; die bestehende Regelungslücke ist jedoch mit dem allgemeinen prozessrechtlichen
Grundsatz zu füllen, dass derjenige die Kosten eines Verfahrens zu tragen hat, der seinen Antrag zurücknimmt.
(3) Zustimmung des Gegner bei Parteiwechsel im selbstständigen Beweisverfahren
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29.10.2014 – 9 W 19/14 –
a) Ein Parteiwechsel auf Antragstellerseite im Beweisverfahren ist generell sachdienlich –
und daher ohne Zustimmung des Gegners zulässig –, wenn die streitige Forderung, zu deren Voraussetzungen Beweis erhoben werden soll, an den neuen Antragsteller abgetreten
wurde.
b) § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO findet im selbstständigen Beweisverfahren keine Anwendung, wenn
kein schutzwürdiges Interesse des Gegners ersichtlich ist, dass dem Parteiwechsel entgegensteht.
c)
Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Beweisaufnahme bereits durchgeführt ist.
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Eine ebenso pragmatische und einzelfallbezogene Entscheidung wie jene des BGH, die die
Frage der analogen Anwendung des § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO im Beweisverfahren nicht grundsätzlich klärt.
Mit dieser weisen Entscheidung darf ich für heute zum Schluss kommen, zumal selbst Ferien „endlich“ und Sie gehalten sind, die Firmenkasse wieder aufzufüllen. Ich wünsche dabei gutes Gelingen
und verbleibe wie stets
mit besten Grüßen.
Ihr
gez. Eulitz
Detlef Eulitz, Rechtsanwalt
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