Entdeckerfreude, Motivation und pure Begeisterung: Eine neue Lernkultur! Vortrag der Familientherapeutin Siglinde Lehn Zurzeit machen sich aus aktuellem Anlass der sich verändernden Schullandschaft viele Menschen Gedanken darüber, wie man Potentiale in Kindern noch besser wecken kann. Denn das Thema Schule und die damit verbundenen Erwartungen führen häufig zu Konflikten innerhalb von Familien, wie die Familientherapeutin Siglinde Lehn beobachtet hat. Im Rahmen eines Vortrags an der Gemeinschaftsschule Waghäusel referierte sie über ihre Erfahrungen. Quintessenz ist, dass es nicht akzeptabel sei, wenn immer noch reine Wissensvermittlung das primäre Ziel der Schule sei, denn die Welt habe sich verändert: Schließlich steht jedes denkbare Wissen im Internet zum Abruf bereit, und die nächste Generation wächst mit den neuen Nutzungsmöglichkeiten auf. Auch die Neurobiologie habe wissenschaftlich nachgewiesen, welche Faktoren Heranwachsende beim Lernen positiv beeinflussen, so dass Verknüpfungen vorhandenen Wissens stattfinden und Probleme gelöst werden können – möglichst selbständig! Zu diesen Faktoren gehören vor allem Beziehung, Begeisterung am Entdecken neuer Sachverhalte und das Gefühl, selbstwirksam zu sein, so unsere Expertin. Zudem braucht bekanntlich jeder Mensch Anerkennung in einer wertschätzenden Umgebung, denn dies motiviert ungemein! Moderne Schule dürfe somit keine Angstblockaden mehr schaffen, denn diese erschweren das Lernen enorm. Im Mittelpunkt stehen sollte der Mensch, der keinesfalls auf seine erbrachte Leistung reduziert werden darf. Wie kann man dies nun realisieren? Freiräume zu schaffen bedeutet an der Gemeinschaftsschule, dass Wahlmöglichkeiten vorhanden sind. Dadurch kann sich auch das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden verändern. Im Lernatelier wird ruhig und eigenverantwortlich gearbeitet, wobei nicht alle Schüler sich gleichzeitig mit demselben Stoff beschäftigen müssen. Beim Lerngruppen-Input führt der Lehrer noch in das neue Thema ein, anschließend beginnt der Schüler selbständig tätig zu werden, wobei er ein Lerntagebuch führt, in dem Lernziele festgelegt werden. Ganz wichtig in diesem Kontext sind auch die so genannten Coaching-Gespräche in kurzen zeitlichen Abständen, wobei hier regelmäßig auch die Eltern mit einbezogen werden. Hinzu kommen projektorientiertes Arbeiten und das Prinzip der „2. Chance“: Der Heranwachsende entscheidet eigenständig, wann er sich zu einer Leistungsüberprüfung anmeldet, die neuerdings Gelingenstest heißt – und er kann diese bei dem Wunsch nach noch mehr Erfolg wiederholen! Der Expertin fiel bei ihrem Besuch auf, dass mit diesen veränderten Prinzipien eine neue Beziehungskultur entstehen kann, die allen Beteiligten gut tut – und vielleicht kommt es in Zukunft deutlich seltener vor, dass Probleme aus den Bereichen Schule und Lernen Familien belasten und in Konflikten münden! Wenn Schule bei Jugendlichen nicht mehr als lästige Pflicht wahrgenommen wird, sondern als spannende Institution, in der es etwas zu entdecken gilt und man nicht mehr fremdbestimmt wird – dann ist für alle Involvierten sicherlich viel gewonnen! Dazu kann die Gemeinschaftsschule mit ihrer „neuen Lernkultur“ einen entscheidenden Beitrag leisten!
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