FLORIAN EBNER AUS ESSEN ZUR BIENNALE

KULTUR
FLORIAN EBNER
AUS ESSEN
ZUR BIENNALE
Florian Ebner hat sich im Museum Folkwang
einen Namen gemacht. Deshalb wurde er zum
Leiter des Deutschen Pavillons in Venedig
berufen.
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Sie ist zweifellos eine der renommiertesten Kunstschauen der
Welt – und dementsprechend groß ist ebenso zweifellos die
Ehre, die Florian Ebner zuteil wird: Er zeichnet verantwortlich
für den deutschen Beitrag bei der Biennale 2015 in Venedig.
Deutschlands Außenminister Frank Walter Steinmeier hat den
Leiter der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang
zum Kurator des Deutschen Pavillons bestellt. Den betreut
er vom 9. Mai bis zum 22. November bei der Internationalen
Kunstausstellung. Nicht zuletzt, davon ist Ebner überzeugt,
weil Essen mit der Fotografie einen außergewöhnlichen Ruf und
Stellenwert in der deutschen Kunst erlangt hat.
Genau diesem Ruf ist Ebner schon als ganz junger Mann gefolgt: Während seines Studiums in Frankreich hörte er von der
legendären Sammlung im Folkwang, bewarb sich als Praktikant
und machte so 1993 die ersten vorsichtigen Schritte in seiner
heutigen Domäne. „Essen ist eines der europäischen Zentren
der Fotografie – aber das weiß auch hier kaum jemand“, erklärt
der 45-Jährige. Die Tradition der großen Fotokunst in der Stadt
verbindet sich, weiß Ebner, mit ebenso großen Namen: Eine
Legende wie Max Burchartz, Bauhaus-Schüler, Mitbegründer
der ersten modernen Werbeagentur im Ruhrgebiet und Mitgestalter des Gelsenkirchner Hans-Sachs-Hauses. Schon ihn zog
es nach Essen, genau wie Otto Steinert, einer der bedeutendsten Fotografen der Nachkriegszeit – sein Nachlass wird in der
Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang gehütet.
Auf der Grundlage der Steinert-Sammlung, die 1978 von der
Krupp-Stiftung für das Museum Folkwang erworben wurde,
baute Kuratorin Ute Eskildsen die Fotografische Sammlung auf
und führte sie zu ihrer heutigen Bedeutung. Als sie 2012 in den
Ruhestand ging, trat Florian Ebner in ihre Fußstapfen.
Der gebürtige Regensburger und einstige Praktikant war dem
Museum Folkwang zwischenzeitlich schon deutlich näher gerückt. Weil Bruder Christoph in Bochum Medizin studierte und
die Ruhr Universität aus seiner Sicht über einen bedeutenden
Pool an Professoren im Bereich Fotografie verfügte, schrieb sich
Florian Ebner 1995 an der RUB ein. Bis 2000 studierte er dort
Romanistik und Kunstgeschichte mit Schwerpunkt Fotografie,
hielt derweil durch einen Nebenjob als Museumspädagoge enge
Verbindung zum Museum Folkwang in der Nachbarstadt.
Das Museum Folkwang ist künstlerische Heimat
von Florian Ebner. Er möchte Essen als Zentrum
von Fotografie und Design ausbauen. Dafür hat er
auch die Folkwang Universität und das DesignZentrum Zeche Zollverein im Blick.
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KULTUR
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Tobias Zielony: Ecke, a. d. Serie: Ha Neu, 2003
Corner, From the Series: Ha Neu, Halle
C-Print, 69 x 46 cm, Museum Folkwang, Essen
© Courtesy Tobias Zielony
In dieser Zeit lernte er auch ganz direkt das Wirken von Ute Eskildsen kennen, erlebte hautnah die Förderung junger Künstler, aber auch die Ausbildung junger Kuratoren. Eskildsens
Lebenswerk ist für Florian Ebner wegweisend: „Sie hat es verstanden, unglaubliche Strukturen für die Fotografie aufzubauen und hat damit nicht nur für Essen, sondern deutschlandweit Standards gesetzt“. So schreibt er es nicht zuletzt dieser
Grand Dame der Fotografie zu, dass er als ihr Nachfolger nun
nach Venedig berufen wurde.
Bei der Biennale, als Kurator des Deutschen Pavillons, versteht sich Ebner deshalb immer auch als Leiter der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang. Ein ganz besonderes
Erfolgsstück aus dieser Arbeit präsentiert der 45-Jährige darum nun bei der Kunstschau in Venedig unter dem Leitgedanken „Gegenwart der Bilder“: Dies schließt unter veränderten
Vorzeichen an die Ausstellung „Kairo. Offene Stadt“ an, für welche das Museum die besondere Auszeichnung „Ausstellung
des Jahres 2013“ einheimste und an der auch das Künstlerpaar
Jasmina Metwaly und Philip Rizk teilnahm.
Nun hat Florian Ebner diese in der ägyptischen Hauptstadt
lebenden Fotografen auch für die Kunst-Biennale berufen. Er
sieht ihre Arbeit als experimentell: „Was eben erst geschah,
wird schon zum Werk der Reflektion gemacht“. Und beleuchtet überdies die sich immer mehr aufdrängende Frage: „Wer
liefert heute die Bilder zu unseren Nachrichten? Neben den
Profis von früher heute auch Bürger, Aktivisten – oder eben
Künstler“.
Sein Gegenstand für die Biennale ist das Leben in der Welt des
Umbruchs. Dabei spielen Bilder eine besondere Rolle – nicht
zuletzt durch ihre rasende Zirkulation in den sozialen Medien.
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Die Auswahl der Künstler spiegelt dieses große Thema der
neuen Bilderwelt. „Die Kunst hat die Chance, das anders zu
beleuchten. Auch mal provokativ zu zeigen, um damit eine Reflektion anzuregen“, umreißt der Kurator.
Dafür stehen neben Metwaly/Rizk aus Sicht von Florian Ebner
drei weitere Namen. Tobias Zielony: in Essens Nachbarstadt
Wuppertal geborener Fotograf von Weltruf. Dazu Konzeptkünstler Olaf Nicolai, der mit den unterschiedlichsten Medien
arbeitet. Und Hito Steyerl, Filmemacherin und Essayistin. „Die
Kombination in dem Quartett wird den Pavillon schon ziemlich
aufmischen“, schmunzelt Ebner. Das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) jubelt: „2015 stellt der Kurator die Kunst aus
Deutschland in neuem Licht dar“.
Los geht es mit der offiziellen Eröffnung des Deutschen Pavillons in Venedig am 7. Mai. Treffpunkt für Künstler, aber auch
Förderer und Freunde nationaler und internationaler Kunst.
Die kommen auch, weil das Folkwang als erstklassiges Museum auch viele Protagonisten hat.
Herzlich willkommen heißt Florian Ebner im deutschen Pavillon dann bis zum 22. November alle Besucher. Und hat, nicht
ohne Augenzwinkern, dazu zwei Tipps für die Reise: im Juli
Sonnencreme, Hut und Mückenschutz nicht vergessen. Im September dann die ganze Lebensfreude erfahren, die es mit sich
bringt, wenn sich die Italiener selber zur Biennale in ihrer Stadt
Venedig begeben.
Essener Stiftungen für
den Deutschen Pavillon
Die große Tradition der
Fotografieförderung in Essen
wird bei der Kunst-Biennale
2015 fortgesetzt. Drei in Essen
ansässige Stiftungen – die Alfried
Krupp von Bohlen und HalbachStiftung, die RWE Stiftung für
Energie und Gesellschaft sowie
die Stiftung Mercator – fördern
gemeinsam den deutschen
Auftritt mit insgesamt 150.000
Euro. Mit ihrer Initiative möchten die drei Stiftungen nicht
nur das Konzept des Pavillons
unterstützen, sondern auch auf die große Tradition der Fotografieförderung in Essen
und den kreativen Geist des Ruhrgebiets allgemein aufmerksam machen. Kurator
Florian Ebner freut sich über den „Rückenwind aus der Heimat, von Förderern, zu
denen bereits eine starke und zuverlässige Verbindung besteht.“ Alle drei Essener
Stiftungen unterstützen das Museum Folkwang und die Fotografische Sammlung
in langer Tradition und sind maßgeblich an der Realisierung von Ausstellungen,
Vermittlungsprogrammen, Neuerwerbungen sowie in der Ausbildung und Förderung
von Künstlern und Wissenschaftlern beteiligt. Die Alfried Krupp von Bohlen und
Halbach-Stiftung ermöglichte darüber hinaus als alleinige Förderin den Neubau des
Museum Folkwang 2010. Außerdem hat das ifa (Institut für Auslandsbeziehungen)
den Sparkassen-Kulturfonds des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands als
Hauptsponsor für den Deutschen Pavillon gewinnen können.
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