Versuchsbeschreibungen
zu den Veranstaltungen
¨
Praktische Ubungen
in Physik
”
fu¨r Mediziner, Zahnmediziner und
Biologen
¨
Physikalische Ubungen
fu¨r Pharmazeuten“
Praktikumsdokumentation
angefertigt f¨
ur das
Helmholtz-Institut f¨
ur Strahlen- und Kernphysik
der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms–Universit¨at
Bonn
im April 2015
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
Hinweise zur Versuchsdurchfu
¨ hrung
3
Protokollfu
¨ hrung
4
0 Einfu
¨ hrungsversuch
0.1 Bestimmung der Reaktionszeit
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7
1 Masse- und Dichtebestimmung
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage . . . . . . . . . . . . .
1.2 Dichtebestimmung mit einer Dichtewaage nach Kern . . . . . . .
1.3 Dichtebestimmung mit einem Ar¨aometer . . . . . . . . . . . . . .
9
9
15
16
2 Messung der Z¨
ahigkeit von Flu
¨ ssigkeiten
2.1 Viskosit¨atsbestimmung durch Messung der Stromst¨arke . . . . .
2.2 Elastomerpumpe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Bestimmung der Viskosit¨at mittels eines Kugelfallviskosimeters .
19
19
21
24
3 Gasgesetze / spezifische W¨
armekapazit¨
at
3.1 Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante . . . . . . . . . . . .
3.2 Bestimmung der spezifischen W¨armekapazit¨at von Wasser . . . .
27
27
30
4 Linsen / Mikroskop
4.1 Linsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Mikroskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33
33
36
5 Ohmsche Widerst¨
ande
5.1 Bestimmung eines Ohmschen Widerstandes . . . . . . . . . . . .
5.2 Ermittlung der Temperaturabh¨angigkeit eines NTC-Widerstandes
41
41
43
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
6.1 Beugung am Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2 Prismenspektroskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
47
50
7 Wechselstromwiderst¨
ande und Schwingkreis
7.1 Wechselstromwiderst¨ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7.2 Versuchsanleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
53
59
8 R¨
ontgenstrahlen
8.1 Grundlagen bildgebender Verfahren mit R¨ontgenstrahlung . . . .
63
64
I
Inhaltsverzeichnis
8.2
8.3
8.4
8.5
Projektion auf einen Leuchtschirm . . . . . . . .
Spektrum einer Molybd¨an-R¨ontgenr¨ohre . . . . .
Halbwertsdicke von Aluminium . . . . . . . . . .
Absorption in Abh¨angigkeit von der Ordnungszahl
.
.
.
.
66
67
71
72
.
.
.
.
75
76
78
80
81
10 Ultraschall
10.1 Bestimmung der Wellenl¨ange und der Phasengeschwindigkeit . . .
10.2 Bestimmung der Gruppengeschwindigkeit per Echolot-Verfahren .
10.3 Bestimmung der Schallwellenl¨ange durch Interferometrie . . . . .
85
85
87
90
11 Polarisation des Lichts
11.1 Rotationsdispersion von Quarz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11.2 Saccharimeter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
93
97
A Gr¨
oßen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
A.1 SI-Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A.2 Umrechnungstabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
99
100
102
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
B.1 Messunsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B.2 Signifikante Stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B.3 Herkunft der Messunsicherheiten . . . . . . . . . . .
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“) . . . . . . .
”
.
.
.
.
.
103
103
104
105
107
111
8 und 9)
. . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
115
116
117
117
9 Radioaktivit¨
at
9.1 Einf¨
uhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.2 Bestimmung eines unbekannten Isotopes durch
9.3 Statistische Schwankungen . . . . . . . . . .
9.4 Messung von Halbwertszeiten . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . .
sein γ-Spektrums
. . . . . . . . . .
. . . . . . . . . .
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.
C L¨
osung der Differentialgleichung y 0 = c · y (zu Versuch
C.1 Graphische Darstellung der Funktion . . . . . . . . . .
C.2 Bestimmung der Halbwertsgr¨oße x = xH . . . . . . . .
C.3 Graphische Bestimmung der Halbwertsgr¨oße x = xH . .
.
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.
D Umgang mit dem Oszilloskop
118
D.1 Inbetriebnahme des Oszilloskops . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
D.2 Optimale Anzeige der Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
D.3 Messungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124
¨
E Uberblick
der Grundgr¨
oßen und Einheiten der Dosimetrie
127
F Griechisches Alphabet
128
II
Einleitung
Hinweise zur Organisation
¨
Die praktischen Ubungen
finden im Allgemeinen Verf¨
ugungszentrum I (AVZ) der
Universit¨at Bonn, Bonn, Endenicher Allee 11-13, Erdgeschoss - rechter Fl¨
ugel statt. Je 10 Praktikanten geh¨oren zu einer Gruppe. F¨
ur jede Gruppe ist der betreffende Versuch 5 mal aufgebaut, so dass jeweils zwei Praktikanten den Versuch
gemeinsam durchf¨
uhren. Jeder Praktikant protokolliert seine Messergebnisse und
Auswertungen jedoch in ein eigenes Protokoll. Die Zuordnung Gruppe – Versuch
– Tag ergibt sich aus der beigef¨
ugten Versuchsmatrix. In den oberen Zeilen sind
die Gruppenbuchstaben, in den Spalten darunter die Nummern der Versuche angegeben, die an den jeweils links stehenden Tagen durchgef¨
uhrt werden.
Weitere Informationen sowie wichtige Ank¨
undigungen erfahren Sie
w¨ahrend des Semesters auf der Internetseite des Praktikums unter
http://www.mpraktikum.hiskp.uni-bonn.de
Voraussetzungen und Vorbereitung
Unabdingbare Voraussetzung f¨
ur eine erfolgreiche Vorbereitung und Durchf¨
uhrung
der Versuche ist, dass der Praktikant u
¨ber physikalische Grundkenntnisse in dem
Umfange, wie sie in der Vorlesung Physik f¨
ur Mediziner und Pharmazeuten“
”
im 1. Fach-Semester angeboten werden, verf¨
ugt. Dazu geh¨oren notwendigerweise
mathematische Kenntnisse zur Handhabung, Interpretation und Auswertung physikalischer Sachverhalte und Messergebnisse. Damit verbunden m¨
ussen Kenntnisse u
¨ber die in der Physik gebr¨auchlichen Einheiten sein, insbesondere u
¨ber die
internationalen SI-Einheiten“, die zum gr¨oßten Teil seit 1.1.1978 gesetzlich vor”
geschrieben sind. Vor Beginn des Praktikums sollten Sie daher die Anh¨ange A
und B studiert haben.
Unabh¨angig von diesen allgemeinen Voraussetzungen muss jeder Versuch einzeln
vorbereitet werden. Die in diesem Heft befindlichen Kurzbeschreibungen der Versuche geben Ihnen einen Anhaltspunkt f¨
ur die Themenauswahl zur Vorbereitung.
Selbstverst¨andlich m¨
ussen alle physikalischen Begriffe, auf die man bei der Vorbereitung st¨oßt, verstanden sein (z.B. der Begriff Drehmoment“ bei der Vorbe”
reitung auf das Thema Waage“ (Versuch 1)) und erkl¨art werden k¨onnen.
”
1
Einleitung
Zur Vorbereitung eignen sich die meisten Oberstufenb¨
ucher des Schulfaches Physik.
Die verf¨
ugbaren Lehrb¨
ucher, die sich explizit an Nebenf¨achler richten (auch dann
wenn der eigene Studiengang nicht explizit im Titel aufgef¨
uhrt ist), unterscheiden sich zum Teil deutlich im Umfang, Tiefgang, Anschaulichkeit und Anspruch.
Das beste Lehrbuch ist meist jenes, mit welchem Sie am besten arbeiten k¨onnen.
Wir empfehlen ihnen daher, z.B. in der Universit¨atsbibliothek und anhand eines
ausgew¨ahlten Themas, einen vergleichenden Blick in mehrere B¨
ucher zu werfen.
Aus der großen F¨
ulle der in den letzten Jahren erschienenen Physikb¨
ucher f¨
ur Mediziner, Biologen, Pharmazeuten usw. finden wir insbesondere folgende empfehlenswert (nicht-wertende Sortierung nach Nachnamen des Autors, ohne Anspruch
auf Vollst¨andigkeit):
• Harms:
Physik: ein kurz gefasstes Lehrbuch f¨
ur Mediziner und Pharmazeuten
HARMS Verlag, 18. Auflage 2010
• Harms:
¨
Ubungsbuch
Physik: f¨
ur Mediziner und Pharmazeuten
HARMS Verlag, 9. Auflage 2010 (Aufgabensammlung)
• Harten:
Physik f¨
ur Mediziner
Springer-Verlag, 14. Auflage, Oktober 2014
• Kamke, Walcher:
Physik f¨
ur Mediziner
B.G. Teubner Stuttgart
• Seibt:
Physik f¨
ur Mediziner
Thieme, 6. Auflage 2009
• Trautwein, Kreibig, H¨
uttermann:
Physik f¨
ur Mediziner, Biologen, Pharmazeuten
de Gruyter, 8. Auflage 2014
Auch sehr gut geeignet, wenn auch nicht explizit an Nebenf¨achler gerichtet, sind
u.a.:
• Meschede (Hrsg.)
Gerthsen Physik
Springer-Verlag, 24. Auflage 2010
• Tipler, Mosca:
Physik: f¨
ur Wissenschaftler und Ingenieure
Springer / Spektrum Akademischer Verlag, 6. Auflage 2009
2
Einleitung
Hinweise zur Versuchsdurchfu
¨ hrung
Zum Praktikum sind außer dem Testatzettel mitzubringen: fu
¨ r jeden Versuchstag zwei Klausurb¨
ogen DIN A4 kariert ohne Rand, mm-Papier (DIN A4),
Kugelschreiber oder F¨
uller, Bleistift, durchsichtiges Lineal von 30 cm L¨ange, Taschenrechner; Logarithmenpapier wird gestellt.
Zu Beginn eines jeden Versuchs u
¨berzeugt sich der Assistent, dass die physikalischen Grundkenntnisse vorhanden sind. Hinweise zur Protokollf¨
uhrung finden sich
auf der n¨achsten Seite. Das Protokoll muss w¨
ahrend des Praktikums fertiggestellt werden und ist am Ende des Versuchs dem Assistenten vorzulegen.
Bei einigen Versuchen finden sich Aufgaben, die schon vor Beginn des Versuches
zu l¨osen sind. Diese sind durch große Buchstaben gekennzeichnet (z.B. Aufgabe
1.A). Die sorgf¨altige Bearbeitung dieser Aufgaben dient der Vorbereitung und
ist eine der Voraussetzungen zum Verst¨andnis des Versuchsablaufs. Die L¨osungen
dieser Aufgaben sollen nicht im Protokoll erscheinen, sondern dienen lediglich
der Vorbereitung auf den Versuchstag.
Aufgaben, die im Verlauf der Versuchsdurchf¨
uhrung zu l¨osen sind, werden durch
kleine Buchstaben gekennzeichnet (z.B. Aufgabe 1.a) und sind schriftlich im
Protokoll zu beantworten.
Alle protokollierten Messergebnisse m¨
ussen aus den an diesen Versuchstagen stattgefundenen Messungen oder den Angaben des Assistenten stammen.
Auf Fremdprotokolle darf nicht zuru
¨ ckgegriffen werden.
Alle Besch¨adigungen an Versuchsger¨aten sind sofort dem zust¨andigen Assistenten
zu melden. Die Praktikanten sollen nicht versuchen, Apparate selbst zu reparieren. Bei elektrischen Versuchen d¨
urfen die Leitungsdr¨ahte erst an die Spannungsquellen angeschlossen werden, nachdem die Schaltung vom Assistenten gepr¨
uft
wurde. Auch kurzdauerndes Einschalten bei falscher Anordnung f¨
uhrt leicht zur
Zerst¨orung von Ger¨aten. F¨
ur die Besch¨adigung von Ger¨aten, die durch Nichtbeachten dieser Vorschrift entsteht, k¨onnen die Praktikanten voll haftbar gemacht
werden. Nach Beendigung des Versuchs sind die Arbeitspl¨atze aufzur¨aumen.
Eine ausf¨
uhrliche schriftliche Darstellung der theoretischen Grundlagen des Versuchs geh¨ort nicht ins Protokollheft. Insbesondere ist ein Reproduzieren der gesamten Versuchsanleitung nicht notwendig.
Unabh¨angig von der genauen Ausf¨
uhrung des Protokolls m¨
ussen die allgemeinen
Prinzipien guter wissenschaftlicher Praxis eingehalten werden. Es ist darauf zu
achten, dass das Protokoll wahrheitsgem¨aß, vollst¨andig, unver¨andert und nachvollziehbar ist.
3
Einleitung
Protokollfu
¨ hrung
Das w¨ahrend des Versuchstages anzufertigende Protokoll soll folgende Angaben
enthalten:
1. Datum, Versuchsnummer und -name
Fu
¨ r jeden Versuchsteil:
2. Titel der Messung
3. Prinzip der Messung in einem Satz
4. Versuchsskizze
5. Angabe der Messbeziehung (d.h. der Ausgangsformel(n), die bekannte und
zu messende Gr¨oßen enthalten). Alle verwendeten physikalischen Gr¨oßen
m¨
ussen benannt werden!
6. Angabe derjenigen Gr¨
oßen, die bereits in irgendeiner Form vorgegeben
sind, eventuell umgerechnet in die entsprechenden SI-Einheiten
7. Angabe der zu messenden Gr¨
oße(n) mit entsprechenden Einheiten
Punkte 1 -7 sollten zu Hause ins Protokoll eingetragen werden.
Dabei sollten maximal 2 der 8 Seiten (von 2 Klausurb¨ogen) belegt werden. In der Regel reicht eine Seite.
Fu
¨ r jeden Versuchsteil:
8. Tabellen, in denen die Messwerte festgehalten werden; hierbei ist auf
¨
Ubersichtlichkeit
zu achten. Um die Lesbarkeit des Protokolls zu erh¨ohen
empfiehlt es sich eine Tabelle ausschließlich mit Messdaten anzufertigen und
die nach der Messung durchgef¨
uhrte Auswertung in einer getrennten Tabelle
zu behandeln. Zu jedem Messwert geh¨ort ein entsprechender Messfehler.
9. Graphische Darstellung der Messdaten inklusive Fehlerbalken, wenn dies
zur Versuchsdurchf¨
uhrung erforderlich ist. Achten Sie darauf, dass die Achsenskalierung den Wertebereiche der Messdaten nicht wesentlich u
¨berschreitet. Diese Abbildungen werden in das Protokoll eingelegt.
10. Auswertung; schrittweise und nachvollziehbare Berechnung des Endergebnisses; m¨oglichst alle Zwischenrechnungen ins Protokoll!
11. Fehlerbetrachtung und -berechnung je nach Versuch, siehe Anhang B.
12. Ergebnis mit Fehlerangabe; Plausibilit¨atsbetrachtung (Vergleich mit Literaturwerten oder den Ergebnissen der anderen Gruppen, je nach Versuch).
4
Einleitung
Lageplan der Versuche im AVZ I
Nußallee
3/9
4/6
8
2 / 11
Endenicher Allee
5 / 10
1/7
Treppenhaus
Halle
Eingang
Die Versuche
Die Versuche gliedern sich in zwei Gruppen, die nacheinander im Semester durchgef¨
uhrt werden.
Eine besondere Rolle nehmen dabei die Versuche 10 und 11 ein; Versuch 11 (Polarisation) wird lediglich von den Pharmazeuten durchgef¨
uhrt, der Versuch 10
(Ultraschall) von den u
brigen
Studenten.
¨
Versuch 0 findet immer in dem Raum statt, in dem der erste regul¨are Versuch
durchgef¨
uhrt wird.
5
0 Einfu
¨ hrungsversuch
Versuchsziele
- Voraufgabe 0.A+0.B
- Bestimmung der Reaktionszeit (0.a)
Grundkenntnisse
Physikalische Gr¨oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Masse (schwere Masse, tr¨age Masse); Geschwindigkeit, Beschleunigung, WegZeit-Diagramme,
Geschwindigkeits-Zeit-Diagramme,
Beschleunigungs-ZeitDiagramme; Newtonsche Axiome; Gewichtskraft, Erdbeschleunigung; gleichm¨aßig
beschleunigte Bewegungen, freier Fall
0.1 Bestimmung der Reaktionszeit
Dieser Versuch soll Sie zur Einf¨
uhrung in das physikalische Praktikum mit der
Dokumentation und Auswertung Ihrer Messergebnisse, dem Aufbau eines Protokolls und der Anwendung der Fehlerabsch¨atzung und Fehlerfortpflanzung bekannt
machen. Ihr Versuchsassistent wird Sie dabei schrittweise durch den Versuch und
die Anfertigung des Protokolls f¨
uhren.
Alle diese Erkenntnisse werden in den u
¨brigen Versuchen vorausgesetzt und nicht
mehr getrennt angesprochen.
Voraufgabe 0.A:
Welche Abh¨angigkeit ergibt sich f¨
ur die Wegstrecke s in Abh¨angigkeit von der
Zeit t f¨
ur eine konstante Beschleunigung a? Wie bestimmt man bei Kenntnis der
Beschleunigung a und Strecke s die Zeit t, die vergangen ist?
Voraufgabe 0.B:
Ein Auto beschleunigt (~a ist konstant) von 0 km/h auf 50 km/h innerhalb von 5
Sekunden. Nach ca. 280 m Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit muss der Fahrer
an einer Ampel anhalten. Dazu wird mit einer Bremsbeschleunigung von - 4,5 m/s2
abgebremst.
Wie ver¨andern sich die Gr¨oßen Beschleunigung, Geschwindigkeit und die zur¨
uckgelegte Wegstrecke vom Anfahren des Autos bis zum vollst¨andigen Stillstand?
Tragen Sie dazu jeweils in ein eigenes Diagramm auf:
7
0 Einf¨
uhrungsversuch
1. die Beschleunigung a des Autos gegen die Zeit t
2. die Geschwindigkeit v des Autos gegen die Zeit t
3. die zur¨
uckgelegte Wegstrecke s des Autos gegen die Zeit t
Aufgabe 0.a:
Dieses Experiment f¨
uhren Sie gemeinsam mit Ihrem Praktikumspartner durch.
Einer von Ihnen (der Einfachheit halber Person A genannt) h¨alt ein 30 cm langes
Lineal an der 30 cm Markierung zwischen Daumen und Zeigefinger fest. Der andere
(Person B genannt) h¨alt seinen Daumen und Zeigefinger auf der H¨ohe der 0-cmMarkierung in geringer Entfernung von Lineal.
Zu einem unbestimmten Zeitpunkt l¨asst Person A das Lineal los und Person B
versucht es durch Zusammenf¨
uhren von Daumen und Zeigefinger zu fangen. Dieser
Vorgang sollte m¨oglichst ohne Vorwarnung“ ablaufen.
”
Am Lineal kann nun die Fallstrecke s und daraus die Reaktionszeit bestimmt
werden.
Dieser Versuch wird zun¨achst f¨
unfmal durchgef¨
uhrt. Danach werden f¨
unf weitere
Messungen mit vertauschten Rollen durchgef¨
uhrt. Aus den Messungen wird dann
die Reaktionszeit von Person A und Person B bestimmt.
8
1 Masse- und Dichtebestimmung
Versuchsziele
- Voraufgaben 1.A - 1.E
- Bestimmung des Gewichts der unbekannten Masse m1 (1.a)
- Bestimmung der Dichte von drei verschiedenen Fl¨
ussigkeiten (1.b)
- Bestimmung der Temperaturabh¨angigkeit der Dichte am Beispiel Wasser
(1.c)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Drehmoment: Werkzeuge (z.B. Zange), Gelenke (Kiefer, Kniegelenk), Geh¨orkn¨ochelchen; Auftrieb: Lebewesen im Meer, Unterwassergymnastik; thermische
Ausdehnung von Fl¨
ussigkeiten: Fl¨
ussigkeitsthermometer; Anomalie des Wassers:
Temperaturverteilung im Wasser von Seen
Grundkenntnisse
Vektorbegriff, Vektoraddition und -produkt; Kraft, Drehmoment, Hebelgesetz,
Balkenwaage; Schwerpunkt, tr¨age Masse ↔ schwere Masse, Gewichtskraft; Auftriebskraft, Archimedisches Prinzip, Dichte von Fl¨
ussigkeiten und Gasen, Temperaturabh¨angigkeit der Dichte, Ar¨aometer (Senkspindel); Anomalie des Wassers
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage
Ziel dieses Versuchsteils ist die Bestimmung einer unbekannten Masse m1 durch
Vergleich mit einer geeichten und bekannten Masse m2 mit Hilfe einer Analysenwaage (Balkenwaage, (siehe Abb. 1.2)).
Die bekannte Masse m2 wird dabei solange variiert, bis eine bestm¨ogliche Gleichheit der beiden Massen m1 und m2 erreicht wird. Eine danach noch vorhandene
Massendifferenz ∆m = m1 − m2 l¨asst sich aus dem Ausschlag des Waagebalkens,
d.h. dem Winkel α, direkt bestimmen:
∆m =
α
.
(1.1)
Hierbei ist die Empfindlichkeit der Waage, die bei jeder genauen W¨agung bestimmt werden muss. Die unbekannte Masse m1 ergibt sich damit aus der bekann-
9
1 Masse- und Dichtebestimmung
ten Masse m2 und der Messgr¨oße ∆m:
m1 = m2 + ∆m .
(1.2)
Das Drehmoment
F¨
ur das Verst¨andnis der Balkenwaage ist der Begriff Drehmoment von entscheidender Bedeutung. Das Drehmoment T~ ist ein Vektor, der sich aus dem Vektorprodukt (Kreuzprodukt) der Vektoren ~r und F~ ergibt (siehe Abb. 1.1) und
spielt f¨
ur Drehbewegungen dabei die gleiche Rolle wie die Kraft F~ f¨
ur geradlinige
Bewegungen.
T~ = ~r × F~ .
(1.3)
F~ ist der Kraftvektor, der im Abstand ~r an der Drehachse angreift. Der
Drehmomentvektor T~ steht senkrecht auf der von ~r und F~ aufgespannten Ebene.
Das kann man sich mit der 2. Rechte-Hand-Regel“ verdeutlichen: Daumen (~r)
”
und Zeigefinger (F~ ) spannen die Ebene auf, der Mittelfinger zeigt dann in Richtung des Drehmoments (T~ ). Der Vektor T~ liegt parallel zur Drehachse. Den Drehsinn bestimmt man mit Hilfe der 1. Rechte-Hand-Regel“: Wenn der Daumen
”
in Richtung des Drehmomentvektors zeigt, dann geben die gekr¨
ummten Finger
den Drehsinn an. Der Betrag des Drehmoments T ist ein Maß f¨
ur die St¨arke des
Drehmomentvektors:
T = |T~ | = |~r| |F~ | sin α .
(1.4)
Dabei ist α der von ~r und F~ eingeschlossene Winkel. Steht F~ senkrecht zu ~r wird
die St¨arke des Drehmoments maximal.
Die Balkenwaage
F~
Die Abbildung 1.2 zeigt das Funktionsprinzip einer Balkenwaage. Bei dieser sind
insgesamt drei Drehmomente wirksam. T~1 und T~2 werden durch die Schwerkr¨afte
F~1 = m1~g und F~2 = m2~g hervorgerufen. Die Gewichtskraft F~W = mW~g der
W¨agevorrichtung mW bewirkt ein drittes R¨
uckstelldrehmoment T~W . Der Vektor
~g bezeichnet die Erdbeschleunigung.
~
T
~r
α
Abbildung 1.1: (L) Definition des Drehmoments T~ = ~r × F~ . Der Drehmomentvektor T~ steht
senkrecht auf der Ebene, die von den Vektoren ~r und F~ aufgespannt wird (also aus dem
Blatt heraus). Die hierdurch hervorgerufene Drehung erfolgt gegen den Uhrzeigersinn
um die durch den Drehpunkt D f¨
uhrenden Drehachse.
10
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage
Im Gleichgewicht1 ist die Summe aller auf den Balken angreifenden Drehmomente
Null (Hebelgesetz):
T~2 + T~W + T~1 = 0 .
(1.5)
F¨
ur die Betr¨age gilt dann (|~g | = g, |~l| = l, |~s| = s):
m2 gl sin(90◦ − α) +mW gs sin α − m1 gl sin(90◦ + α) = 0 .
|
{z
}
{z
}
|
= cos α
= cos α
(1.6)
(m1 − m2 ) gl cos α = mW gs sin α .
| {z }
= ∆m
∆m =
(1.7)
mW s
mW s sin α
=
tan α.
l cos α
l
(1.8)
F¨
ur kleine Winkel α l¨asst sich vereinfachend annehmen: tan α ≈ α.
Die Differenz ∆m zwischen der unbekannten Masse m1 und der bekannten Masse
1
Wohlgemerkt: Das bedeutet nicht, dass sich auf beiden Waagschalen das gleiche Gewicht
befindet, sondern dass die Lage der Waage stabil und unver¨andert bleibt.
◦
90
+
−~l
α
D
m1~g
~l
~s
α
S
◦
90
−
α
mW ~g
Zeiger
m2~g
Abbildung 1.2: Funktionsprinzip einer Balkenwaage, an der drei Drehmomente angreifen. Auf der linken Seite befindet sich das W¨agegut unbekannter Masse m1 und auf
der rechten Seite die geeichten Gewichtsst¨
ucke mit der bekannten Gesamtmasse m2 . Da
∆m nach Gleichung (1.2) als m1 − m2 definiert ist, wird ein Zeigerausschlag zur Seite
auf der sich m1 befindet (hier links) negativ und zur Seite auf der sich m2 befindet (hier
rechts) positiv gewertet. ∆m ist in dieser Abbildung negativ, da die bekannte Masse
m2 gr¨
oßer als die unbekannte m1 ist. Der Schwerpunkt S der W¨agevorrichtung wird um
den Drehpunkt D um den Winkel α ausgelenkt und bewirkt ein R¨
uckstelldrehmoment
~s × F~W . Die Masse der W¨
agevorrichtung wird hier mit mW bezeichnet.
11
1 Masse- und Dichtebestimmung
m2 ist proportional zum resultierenden Zeigerausschlag α. Der Vergleich von Gleichung (1.1) mit Gleichung (1.8) zeigt, dass f¨
ur die Empfindlichkeit der Waage
=
l
mW s
.
(1.9)
gilt.
Voraufgabe 1.A:
Welche Drehmomente greifen an den Waagebalken an? Was gilt f¨
ur ihre Summe?
Voraufgabe 1.B:
Was gilt f¨
ur eine Balkenwaage, wenn sie eine Empfindlichkeit von = 3 Skt/mg
hat?
Benutzung der Waage
Bei der Versuchsdurchf¨
uhrung ist ein genaues und sorgf¨altiges Arbeiten sehr wichtig, da die Balkenwaage ein sehr empfindliches Pr¨azisionsmessger¨at ist. Zun¨achst
wird das Geh¨ause der Waage mittels dreier Stellschrauben horizontal ausgerichtet. Sowohl der Waagebalken als auch die Waagschalen m¨
ussen in den St¨
utzschneiden richtig gelagert sein. Nur so kann eine Messung durchgef¨
uhrt werden.
Die Gewichtsst¨
ucke werden mit einer Pinzette durch die seitlichen T¨
uren auf die
Waagschalen gelegt, die vordere Glasscheibe bleibt dabei geschlossen. Beim Auflegen und Wegnehmen von Gewichten muss die Waage mit einem Drehrad, das
sich an der unteren Vorderseite des Geh¨auses befindet, arretiert werden. Die Arretiervorrichtung muss vorsichtig gehoben und gesenkt werden. Falls durch St¨oße
oder grobem Umgang mit der Arretiervorrichtung Teile der Waage aus ihren Lagerpositionen gerissen werden, muss die Waage neu eingeh¨angt werden und der
gesamte Messvorgang wiederholt werden. Bitte achten Sie besonders auf den Reiter, es ist aufw¨andig neue Reiter anzufertigen.
Der W¨
agevorgang
Schon durch geringste St¨orungen, und das kann schon ein Staubkorn auf der Auflage des Waagebalkens sein, stimmt der Ruhepunkt αu der noch v¨ollig unbelasteten
Waage nicht mit dem Nullpunkt der Skala u
¨berein. αu muss daher nach Justierung
der Waage und noch vor dem Beginn der W¨agung bestimmt werden.
Bei m¨oglichst genauem, aber nicht exaktem, Austarieren, stimmt der Ruhepunkt
αb der belasteten Waage auch nicht mit dem Ruhepunkt αu der unbelasteten
Waage u
¨berein. Dieser Differenz α = αb − αu in Skalenteilen entspricht eine Massendifferenz ∆m, die je nach Richtung der Ruhepunktverschiebung entweder zu
den Massen der W¨agest¨
ucke addiert oder von ihnen subtrahiert werden muss,
welche berechnet werden kann, wenn die Empfindlichkeit der Waage bekannt ist.
αu und αb und damit α sind in der Regel so gering, dass ein Ablesen mit bloßem
”
Auge“ keine genauen Ergebnisse liefern w¨
urde. Die Bestimmung der Ruhepunkte
αu und αb der unbelasteten bzw. belasteten Waage geschehen daher bei schwin-
12
1.1 Massenbestimmung mit einer Balkenwaage
rechts
10
a2
ar
a4
a6
5
a8
a 10
a 12
a RP
0
a7
a5
-5
a 11
a9
a3
al
a1
- 10
links
0
5
10
15
20
Zeit in willkürlichen Einheiten
Abbildung 1.3: (L) Ruhepunktbestimmung der ged¨ampften Schwingung des Waagebalkens.
Der Ruhepunkt liegt bei αRP und nicht in der Mitte bei 0 Skt. Werden zum Beispiel
zur Berechnung von αr die Umkehrpunkte α2 und α4 und zur Berechnung von αl die
Umkehrpunkte α1 ,α3 und α5 verwendet (also n = 2), so beschreibt dann der links- und
rechsseitige Mittelwert die Schwingung der Waage zu gleichen Zeiten und αr und αl
liegen damit v¨
ollig symmetrisch zu αRP , so dass Gl. 1.11 anwendbar ist.
gender Waage aus den Mittelwerten einer ungeraden Anzahl von leicht ablesbaren
Zeigerumkehrpunkten αn (n = 1,2, . . .).
Zun¨achst werden die Mittelwerte der Ausschl¨age links und rechts errechnet(siehe
Abb.: 1.3):
αl =
α1 + α3 + · · · + α2n+1
n+1
und αr =
α2 + α4 + . . . α2n
n
(n = 2,3, . . . ) .
(1.10)
Achtung: Die Anzahl der Umkehrpunkte ist 2n + 1.
Auf der linken Seite wird eine ungerade Anzahl von Umkehrpunkten und rechts
eine gerade Anzahl gemessen. Damit wird gew¨ahrleistet, dass die Mittelwerte αl
und αr zum gleichen Zeitpunkt bestimmt werden(siehe Abb. 1.3).
Aus beiden ergibt sich der Ruhepunkt:
αRP =
αl + αr
2
(vgl. Abb. 1.3) .
(1.11)
Bestimmung der Empfindlichkeit der Analysenwaage
Da die Empfindlichkeit der Waage (geringf¨
ugig) von ihrer Belastung abh¨angt, bestimmt man sie bei belasteter Waage durch Auflage einer bekannten zus¨atzlichen
Masse δm. was man durch Verschieben eines 10 mg schweren Reiters auf dem
Waagebalken erreichen kann.
Wie man sich leicht aus Abb.1.2 und Gln.1.7-1.8 klar machen kann, wirken bei
verschiedenen Reiterpositionen verschieden große Drehmomente auf die Waage.
13
1 Masse- und Dichtebestimmung
a)
b)
m1
500
200 100 50
20
10
Abbildung 1.4: Gewichte: a) unbekannte Masse m1 ; b) Form und Gewicht (in Milligramm)
der kleinen Massepl¨
attchen
¨
Durch eine Anderungen
der Reiterposition l¨asst sich also δm ohne zus¨atzliche
Massen auf den Waagschalen leicht variieren und die Empfindlichkeit aus den
resultierenden Zeigerausschl¨agen bestimmen.
Die Empfindlichkeit ergibt sich aus der resultierenden Winkel¨anderung δα pro
zus¨atzlich aufgelegter Masse δm:
δα
.
(1.12)
δm
Diese Bestimmungsgleichung entspricht der Definition der Empfindlichkeit einer
Analysenwaage (vgl. mit 1.1) (die Verwendung des Symbols δ statt ∆ bedeutet,
dass die dazugeh¨orige Gr¨oße (hier m) kontinuierlich variiert wird und keine feste
Differenz beschreibt).
=
Aufgabe 1.a:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Im einzelnen verf¨ahrt man bei der W¨agung also folgendermaßen:
1. Ausrichten der Waage mit Hilfe der angebrachten Wasserwaagen
2. Ruhepunktbestimmung der unbelasteten Waage: αu
3. Austarieren des zu wiegenden Gegenstandes durch Auflage von Massest¨
ucken der Gesamtmasse m2 und Bestimmung von αb . Protokollieren Sie
dabei jeden Schritt (Tabelle).
Die kleinen Massepl¨attchen sind an ihrer Form (siehe Abb. 1.4) oder dem
eingestanzten Wert zu erkennen.
4. Bestimmung der Empfindlichkeit der belasteten Waage durch Verschieben des 10 mg schweren Reiters auf den Waagebalken. F¨
ur etwa sechs
verschiedene Reiterpositionen wird der Zeigerausschlag gegen den Bruchteil δm der Reitermasse auf Millimeterpapier aufgetragen. Aus der Steigung
der Ausgleichsgeraden durch die Messwerte wird die Empfindlichkeit bestimmt.
5. Die Differenz α = αb − αu bilden (Einheit: Skalenteile). Man beachte die
Vorzeichenkonvention nach Abbildung 1.2. Mit Hilfe von Gleichung (1.1)
wird ∆m bestimmt. Achten Sie auf das Vorzeichen von α.
14
1.2 Dichtebestimmung mit einer Dichtewaage nach Kern
6. Bestimmung der unbekannten Masse m1 gem¨aß Gleichung (1.2). Hier ist
auf das Vorzeichen der Korrekturmasse ∆m zu achten. Im Protokoll ist das
Vorzeichen von ∆m ausf¨
uhrlich zu begr¨
unden.
1.2 Dichtebestimmung mit einer Dichtewaage nach Kern
Die Dichtewaage nach Kern ist a¨hnlich wie die eben verwendete Balkenwaage ein
zweiarmiger Hebel und nutzt den Vergleich der Drehmomente auf beiden Hebelarmen. In Fl¨
ussigkeiten wirkt durch die Auftriebskraft ein zus¨atzliches Drehmoment
entgegen der Erdanziehung, welches mit Schiebegewichten kompensiert werden
kann. Wegen der geschickt gew¨ahlten Skala kann dann die Dichte der Fl¨
ussigkeit
direkt abgelesen werden.
Hier wird eine Schiebegewichtswaage nach Kern benutzt (siehe Abb. 1.5a). Das
Funktionsprinzip ist ¨ahnlich der Mohr2 -Westphal-Waage, nur dass diese einen einarmigen Hebel darstellt. Der Waagebalken ist u
¨ber die ganze L¨ange in zwei verschiedene Skalen mit je einem Reiter geteilt. An der unteren Skala befinden sich
Kerben, die die 1. und 2. Dezimalstelle der Dichte angeben, an der oberen geben
die Kerben die 3. und 4. Dezimalstelle an. Ein eingeh¨angtes Zusatzgewicht wird
3
bei Messwerten u
¨ber 1,0000 g/cm vom Waagebalken abgeh¨angt.
Bei der Justierung der Waage ist darauf zu achten, dass das obere und untere Schiebegewicht in die Nullposition gebracht werden, und das Zusatzgewicht
eingeh¨angt ist. Die Stellschrauben am Fuß der Waage und am linken Ende des
Waagebalkens sind so einzustellen, dass der Waagebalken und das Geh¨ause an der
2
Carl Friedrich Mohr (1806-1879) war von 1867 bis 1879 Extraordinarius f¨
ur Pharmazie und
Leiter des Pharmazeutischen Apparats“ innerhalb des inzwischen bestehenden Chemischen
”
Instituts der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universit¨at Bonn. Seine große wissenschaftliche
Leistung bestand in der Entwicklung der Maßanalyse als Bestandteil der analytischen Chemie
(Bestimmung von Chlorid nach Mohr, Mohrsche Waage, Mohrsches Salz u. a.).
Reiterbahn
D
Senkk¨orper
Grobjustierung
ausgeglichen
Zusatzgewicht
Feinjustierung
Abbildung 1.5: Dichtewaage nach Kern
15
1 Masse- und Dichtebestimmung
rechten Seite eine Linie bilden. Beim W¨agevorgang darf aufgrund von Unebenheiten auf dem Tisch die Position der Waage nicht mehr ge¨andert werden.
Zu Beginn der Messung wird durch Aush¨angen des Zusatzgewichts gepr¨
uft, ob die
3
Dichte u
ber
1,0000
g/cm
liegt.
Anschließend
wird
das
untere
Schiebegewicht
so
¨
weit verschoben bis die Waage ausschl¨agt“. Dann f¨
uhrt man das Gewicht um eine
”
Position zur¨
uck und gleicht den restlichen Auftrieb mit dem oberen Schiebegewicht
aus. Man liest die ersten beiden Dezimalstellen am unteren Waagebalken und die
dritte und vierte Dezimalstelle am oberen Balken ab und erh¨alt so die absolute
Dichte.
Voraufgabe 1.C:
Skizzieren Sie die auf den in der Fl¨
ussigkeit ruhenden Senkk¨orper wirkenden Kr¨afte
im Protokoll.
Aufgabe 1.b:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Bei diesem Versuch soll die Dichte dreier Alkohole bestimmt werden. Da diese gesundsheitssch¨adlich sein k¨onnen, stehen im Versuchsraum Schutzbrillen und
Schutzhandschuhe zur Verf¨
ugung. Mit angeh¨angtem Senkk¨orper wird zun¨achst eine Nullpunkteinstellung der Waage durchgef¨
uhrt (ohne Fl¨
ussigkeit). Dann wird
die Dichte durch vollst¨andiges Eintauchen des Senkk¨orpers in die Fl¨
ussigkeit be¨
stimmt. Uberlegen
Sie sich, wie Sie den Fehler der Messung geeignet absch¨atzen
k¨onnen.
1.3 Dichtebestimmung mit einem Ar¨
aometer
Die Dichte von Fl¨
ussigkeiten kann auch mit einem Ar¨aometer (Senkspindel) gemessen werden. Abb. 1.6 zeigt ein solches Ar¨aometer, das in einer Fl¨
ussigkeit
schwimmt.
S
S
Abbildung 1.6: Ar¨aometer (Schema). Die Eintauchtiefe des Ar¨aometers h¨
angt von der Dichte der Fl¨
ussigkeit ab. Der Wasserstand
an der Skala markiert dann die Dichte der Fl¨
ussigkeit.
16
1.3 Dichtebestimmung mit einem Ar¨aometer
Voraufgabe 1.D:
¨
Andert
sich der Auftrieb auf das Ar¨aometer, wenn es in Fl¨
ussigkeiten unterschiedlicher Dichte schwimmt? Wie ¨andert sich die Eintauchtiefe des Ar¨aometers mit der
Dichte?
Voraufgabe 1.E:
Warum ist die Dichteanomalie von Wasser in der Natur bedeutsam?
Aufgabe 1.c:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Die Dichte von Wasser wird mit einem Ar¨aometer in Abh¨angigkeit von der Temperatur gemessen. Die gemessenen Dichten werden in einem Diagramm gegen die
Temperatur aufgetragen.
17
2 Messung der Z¨
ahigkeit von Flu
¨ ssigkeiten
Versuchsziele
- Voraufgaben 2.A - 2.F
- Bestimmung der Viskosit¨at von Fl¨
ussigkeiten (2.a und 2.b)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Kapillarsystem in biologischen Organismen, laminare Str¨omungen im Blutkreislauf und im Atmungssystem1 , Einfluss der Viskosit¨at des Blutes auf den Fl¨
ussig2
keitstransport , Zusammenhang zwischen Gef¨aßverengung, Blutdurchfluss und
Blutdruck, Einsatz gef¨aßverengender bzw. -erweiternder Pharmazeutika, Einsatz
blutverd¨
unnender Pharmazeutika.
Grundkenntnisse
Viskosit¨at, Temperaturabh¨angigkeit der Viskosit¨at, laminare und turbulente
Str¨omung; Volumenstromst¨arke, Hagen-Poiseuillesches Gesetz; Kontinuit¨atsgleichung, Bernoulli-Gesetz, hydrostatischer Druck.
Auftrieb und Archimedisches Prinzip, Gewichtskraft, Reibungskraft nach dem Stokesschen Gesetz.
Definition und Einheit von Spannung (Zug und Druck), Elastizit¨atsmodul, Hookesches Gesetz, Spannungs-Dehnungs-Diagramm, Druck in elastisch gedehnten
Gef¨aßen; reversible und irreversible Prozesse; 2. Hauptsatz der Thermodynamik
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen
2.1 Viskosit¨
atsbestimmung durch Messung der
Stromst¨
arke in einer Kapillaren
Die Viskosit¨at einer Fl¨
ussigkeit, hier Wasser, wird durch Messung der Volumenstromst¨arke in einer Kapillaren bestimmt.
Nach Hagen und Poiseuille gilt bei laminarer Str¨omung durch ein Rohr:
I=
1
2
∆V
π r4 1
= ·
· · ∆p .
∆t
8 l η
(2.1)
siehe Diskussion in Harten – Physik f¨
ur Mediziner
siehe Diskussion in Kamke, Walcher – Physik f¨
ur Mediziner
19
2 Messung der Z¨ahigkeit von Fl¨
ussigkeiten
offenes Rohr
Ventil
Thermometer
Unterdruck
h3
Äußerer Luftdruck
h2
h
h1
l
Mariottesche Flasche
mit Wasser
Messzylinder
Kapillare (Innendurchmesser d=2r )
Abbildung 2.1: Kapillarviskosimeter: schematischer Aufbau
Hier bedeuten:
I = ∆V
∆t
r
l
η
∆p = p1 − p2
=
=
=
=
=
3
Volumenstromst¨arke, Einheit: ms
Innenradius des Rohres, Einheit: m
L¨ange des Rohres, Einheit: m
Viskosit¨at der Fl¨
ussigkeit, Einheit: Pa · s, veraltete Einheit
Poise P (1 P = 0,1 Pa · s)
Druckdifferenz zwischen Anfang und Ende des Rohres, Einheit: Pa
Als Wasserreservoir wird dazu eine Mariottesche Flasche verwendet (Abb. 2.1).
¨
Mit deren Hilfe wird bei ge¨offnetem Ventil ein konstanter Uberdruck
∆p = %g∆h
(mit der Fl¨
ussigkeitsdichte % und der Erdbeschleunigung g) an der Eintritts¨offnung
der Kapillaren erzielt. Die H¨ohe ∆h h¨angt von der Eintauchtiefe des nach außen
offenen Rohres ab.
Voraufgabe 2.A:
Wie h¨angt der hydrostatische Druck von der Gef¨aßform ab?
Der Schweredruck %g(h3 − h2 ) der Fl¨
ussigkeit oberhalb von h2 wird durch einen
entsprechenden Unterdruck der eingeschlossenen Luft kompensiert. Solange der
F¨
ullstand also gr¨oßer als h2 ist, h¨angt der Druck an der Kapillaren nicht vom
F¨
ullstand ab.
¨
Dieser Unterdruck wird beim Offnen
des Absperrventils durch das Absenken des
Fl¨
ussigkeitsspiegels hervorgerufen. Da das Wasser kontinuierlich ausstr¨omt, nimmt
die H¨ohe h3 und der Unterdruck der eingeschlossenen Luft ab. Der Druckausgleich,
d.h. die Einstellung des Unterdrucks, geschieht automatisch durch Luftbl¨aschen,
die von außen u
¨ber das oben offene Rohr angesaugt werden, so dass stets der
20
2.2 Elastomerpumpe
Unterdruck den Schweredruck %g(h3 − h2 ) kompensiert.
Voraufgabe 2.B:
Weshalb wird in diesem Versuch eine Mariottesche Flasche benutzt und nicht
ein nach oben offenes Vorratsgef¨aß?
Aufgabe 2.C:
Stellen die Formel des Hagen-Poiseuilleschen Gesetzes nach η um und fassen Sie
die konstanten Gr¨oßen und die Messgr¨oßen in separate Terme zusammen.
Aufgabe 2.a:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Messen Sie den Volumenstrom durch eine Kapillare f¨
ur 2 verschiedene Druckunterschiede (d.h. Eintauchtiefen des Rohres in der Mariottschen Flasche) und
bestimmen sie beide Male die Viskosit¨at von Wasser.
Dabei soll die Zeit ∆t f¨
ur den Durchfluss von ∆V ≈ 100 ml gemessen werden. Bei
jeder Messung muss ∆p bestimmt und die Wassertemperatur T abgelesen werden.
r und l sind an der jeweiligen Apparatur angegeben.
Die Druckdifferenz ∆p wird gem¨aß der Gleichung ∆p = % · g · ∆h durch Messung
der H¨ohe des Wasserspiegels in den Steigrohren bestimmt. Hierbei kann f¨
ur die
Dichte % von Wasser der Wert 1 g/cm3 verwandt werden.
W¨ahrend der Versuchsdurchf¨
uhrung sorgen die in der Mariotteschen Flasche
aufsteigenden Luftblasen f¨
ur andauernde kleine Druckschwankungen, die man an
den Steigrohren beobachten kann. Diese Druckschwankungen sind durch geeignete
Einstellung des Hahns w¨ahrend der Messung m¨oglichst klein zu halten. Außerdem
ist zu beachten, dass der Messvorgang erst dann begonnen wird, wenn nach dem
¨
Offnen
des Hahns der Einschwingvorgang mit seinen st¨arkeren Druckschwankungen nach einigen Sekunden abgeklungen ist.
2.2 Bestimmung der zeitabh¨
angigen Durchflussrate einer
Elastomerpumpe
Eine Elastomerpumpe ist in der Anwendung eine Infusionspumpe, deren Vorratsgef¨aß aus einem elastischen Ballon besteht. Ist der Ballon gef¨
ullt und damit
ausgedehnt, bringt er durch sein Bestreben, wieder in den nicht-gedehnten Ausgangszustand zu gelangen, die zur Infusion ben¨otigte Pumpleistung auf.
21
2 Messung der Z¨ahigkeit von Fl¨
ussigkeiten
Durchflussbegrenzer
Einf¨
ullstutzen
mit
R¨
uckschlagventil
Ballon im leeren
Zustand
Ballon mit
Fl¨
ussigkeit
~
FZug ges
~
FZug 1
~
FZug 2
~
FFl
Abbildung 2.2: Elastomerpumpe: Schematischer und sehr vereinfachter Aufbau.
Funktionsweise
Als Elastomere werden Kunststoffe bezeichnet die zwar formfest sind, sich unter
Zug- und Druckspannungen aber elastisch verformen lassen und nach dem Wirken
dieser Spannungen wieder in ihre Ausgangslage zur¨
uckkehren. Z.B. geh¨ort Gummi
zu den Elastomeren.
Elastomere liegen als lange Polymerketten vor. Die einzelnen Elemente entlang der
Polymerkette sind gegeneinander verdrehbar und bilden im unverformten Zustand
Kn¨auel welche auch miteinander verflochten sind. Diese Struktur ist dabei rein
zuf¨allig, da die Kettenglieder in v¨ollig zuf¨allige Richtungen liegen k¨onnen. Unter
Zugbelastung werden diese Ketten gestreckt und auch wenn m¨oglich entflechtet
und damit in eine Ordnung entlang der Zugrichtung gezwungen. Da die wirkende
Kraft F~ mit
3kB T ~
R
(2.2)
F~ = −
N l2
~ der einzelnen Kette entgegengerichtet proportional
der Auslenkung / Expansion R
ist, kann jede einzelne der Polymerketten einer mechanischen Feder vergleichbar
angesehen werden.
Wirkt keine Zugspannung mehr, setzt die Drehbewegung der Kettenelemente wieder ein und die Ketten ziehen sich wieder zu Kn¨aueln zusammen. Diese Kn¨auel
sind dann aber wiederum rein zuf¨allige Anordnungen und entsprechen daher nicht
der Struktur vor dem Anlegen der Zugspannung.
Die Drehbewegung und damit die Kn¨auelbildung setzt genauso direkt und im
Ergebnis zuf¨allig ein, wie Gas, was beim Dekomprimieren das dazugewonnene Volumen ausnutzt. Bei der Elastizit¨at dieser Materialien handelt es sich maßgeblich
also um einen entropischen Effekt (Entropie- oder Gummielastizit¨at), beruht also auf der Abnahme der Entropie unter Zugspannungen und einer Zunahme der
22
2.2 Elastomerpumpe
Entropie bei Entspannung. Als solcher ist die Drehbewegung der Kettenglieder
und damit die Elastizit¨at stark temperaturabh¨angig, was bereits in Gl. 2.2 auftaucht. Das bei Expansion und Kontraktion stattfindende irreversible Umstrukturieren f¨
uhrt letztendlich dazu, dass die Elastizit¨at des Materials von dessen
Vorgeschichte abh¨angt.
Aufbau und Versuchsbeschreibung
Die Elastomerpumpe besteht im wesentlichen aus einem Ballon aus einem Elastomer, der am Schlauchende eine kleine Ausgangs¨offnung hat (meist eine Kapillare). F¨
ullt man diesen Ballon mit einer Fl¨
ussigkeit, so wirkt an der Außenhaut des
Ballons dem Druck (Kraft pro Fl¨ache) der Fl¨
ussigkeit ein Druck durch die Kon¨
traktion des Ballons entgegen. Da diese Gegenkraft an der Offnung
des Ballons
fehlt, strebt die Fl¨
ussigkeit an dieser Stelle nach außen und zwar mit einer Kraft
die vom F¨
ullstand des Ballons und der Ausdehnung des Elastomers abh¨angt.
Dies l¨asst sich messen, indem das abgeflossene Fl¨
ussigkeitsvolumen mit der Zeit
¨
gemessen wird. Aus der Anderung dessen von einem zum n¨achsten Messpunkt
l¨asst sich bestimmen, wie sich die Volumenstromst¨arke I = ∆V /∆t u
¨ber die gesamte Abgabezeit ¨andert. Da eine Messung des geflossenen Volumens hier zu ungenau w¨are, wird dieses indirekt aus dem Gewichtsverlust der Elastomerpumpe
bestimmt.
Voraufgabe 2.D:
Warum und wie ¨andert sich die Flussrate der verwendeten Elastomerpumpen bei
Wiederbef¨
ullung?
Voraufgabe 2.E:
Warum kann man mit einer Waage die Flussrate bestimmen?
Aufgabe 2.b:
Bestimmen Sie die Dichte der verwendeten Fl¨
ussigkeit.
Aufgabe 2.c:
Fertigen Sie ein Diagram der Flussrate der Elastomerpumpe u
¨ber die gesamte
Abgabezeit an. (F¨
ullung 275 ml; Zeitaufl¨osung 1 Minute; Digitalwaage).
Aufgabe 2.d:
Vergleichen Sie Ihr Ergebnis mit dem der anderen Gruppen und den im Versuchsraum aush¨angenden Diagrammen. Versuchen Sie dabei herauszufinden, inwiefern
sich aus dem unterschiedlichen Verhalten der Pumpen ableiten l¨asst, wie lange
diese schon in Gebrauch sind.
23
2 Messung der Z¨ahigkeit von Fl¨
ussigkeiten
2.3 Bestimmung der Viskosit¨
at mittels eines
Kugelfallviskosimeters
Fallrohr
Start
FA
Kugel
FR
FG
s
Stop
Klebeband
a)
b)(L)
Abbildung 2.3: Kugelfallviskosimeter: a) schematischer Aufbau; b) Foto mit vergr¨oßerter Kugel
Die Viskosit¨at einer Fl¨
ussigkeit soll aus der Sinkgeschwindigkeit einer Kugel in
einem Fallrohr bestimmt werden.
F¨
ur die Reibungskraft FR einer Kugel mit Radius r, welche sich mit der Geschwindigkeit v in einer laminaren Str¨omung der Viskosit¨at η bewegt, gilt das
Stokessche Gesetz:
FR = 6π rηvβ .
(2.3)
β ist dabei ein Korrekturfaktor, der bei einem engen Fallrohr mit Radius R den
”
Einfluss der Wand des Gef¨aßes ber¨
ucksichtigt:
β = 1 + 2,1 ·
r
R
(2.4)
Zu Beginn des Sinkvorgangs der Kugel, bei verschwindender oder verschwindend
geringer Geschwindigkeit, wirkt die um die Auftriebskraft FA = %V ·g verminderte
Gewichtskraft FG st¨arker als die bremsende Reibungskraft FR ; infolgedessen wird
die Kugel beschleunigt. Weil die Geschwindigkeit zunimmt, wird FR aber gr¨oßer;
24
2.3 Bestimmung der Viskosit¨at mittels eines Kugelfallviskosimeters
die Kugel wird also gegen die beschleunigende effektive Gewichtskraft FG − FA
abgebremst.
Nach kurzer Fallstrecke bildet sich ein Gleichgewichtszustand zwischen beschleunigender und abbremsender Kraft aus (vgl. Abb. 2.3):
FG − FA − FR = 0
(2.5)
Nach dem ersten Newtonschen Axiom bewegt sich die Kugel dann mit konstanter
Fallgeschwindigkeit weiter.
Damit lautet die Bestimmungsgleichung f¨
ur η
η=
(m − %V )g
.
6πrvβ
(2.6)
Voraufgabe 2.F:
Leiten Sie mit Hilfe der Gl. 2.3 und 2.5 die Abh¨angigkeit der Sinkgeschwindigkeit
vom Kugelradius her.
Hinweis: Machen Sie sich klar, welche Gr¨oßen in Gl. 2.3 und 2.5 vom Kugelradius
abh¨angen. Nehmen Sie β = 1 an (großes Becken).
Versuchsaufbau
Am Boden des mit Rizinus¨ol gef¨
ullten Fallrohrs (s. Abb. 2.3) befindet sich eine
kleine Eisenkugel, die mit Hilfe eines Magneten an das obere Ende des Fallrohrs
gezogen werden kann.
Aufgabe 2.e:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Beim Versuch wird die Zeit gemessen, die die Eisenkugel zum Durchfallen der vorgegebenen Strecke s im Fallrohr ben¨otigt. Hierbei ist besonders darauf zu achten,
dass die Kugel in der Mitte des Fallrohres f¨allt, damit die Voraussetzungen f¨
ur die
G¨
ultigkeit von Formel 2.4 erf¨
ullt sind. Ebenfalls ist darauf zu achten, dass sich
keine Luftblasen im Fallrohr befinden.
Die Viskosit¨atsbestimmung aus der Geschwindigkeitsmessung soll in einer Messreihe von drei Durchg¨angen erfolgen.
Die vorgegebene Gr¨oßen sind hierbei:
m =
3,985 mg
r =
0,5 mm
4
3
V =
πr
g =
9,81 m s−2
3
R =
1,4 cm
% =
0,96 g cm−3 .
25
3 Gasgesetze / spezifische W¨
armekapazit¨
at
Versuchsziele
- Voraufgaben 3.A - 3.D
- Bestimmung der allgemeinen Gaskonstanten (3.a)
- Bestimmung der spezifischen W¨armekapazit¨at von Wasser (3.b)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Die Gasgesetze sind f¨
ur das Verst¨andnis von analytischen Messmethoden in Physiologie und Pharmazie wichtig und sind Grundvoraussetzungen f¨
ur das Verst¨andnis vieler physikalisch-chemischer Prozesse in Physiologie und Technik.
Druckkammer (z.B. Behandlung von Taucherkrankheit), Druckgasgef¨aße in der
medizinischen Therapie, Umrechnung gemessener Atemvolumina auf Normalbedingungen, Ionentransport in Materie (z.B. Botenstoffe im Gehirn, Ionophorese),
¨
W¨armehaushalt von Kalt- und Warmbl¨
utern (z.B. Unterk¨
uhlung, Uberhitzung,
W¨armeerzeugung durch Stoffwechselprozesse, Nahrungsaufnahme, W¨armetransport, Isolierkleidung).
Grundkenntnisse
Gasgesetze:
Ideales Gas, Thermische Zustandsgr¨oßen (Druck, Volumen und Temperatur), Allgemeine Zustandsgleichung idealer Gase, p-V-Diagramm, Unterschiede zwischen
realen und idealen Gasen; Avogadrosche Zahl, Begriff Stoffmenge (Einheit: mol);
Temperatur (Celsius- und Kelvinskala);
Elektrolyse, Faraday-Gesetz und Faraday-Konstante (Zusammenhang zur Elementarladung und Avogadro-Zahl);
Hydrostatischer Druck, Prinzip kommunizierender R¨ohren, Barometer.
Spezifische W¨
armekapazit¨
at:
W¨armekapazit¨at und spezifische W¨armekapazit¨at, W¨armeenergie und elektrische Energie, elektrische Leistung, Joulesche W¨arme; Temperatur, Kalorimeter,
W¨armetransportmechanismen; elektrischer Strom, Stromst¨arke und Spannung;
Amperemeter, Voltmeter.
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
3.1 Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante
27
3 Gasgesetze / spezifische W¨armekapazit¨at
Die allgemeine Gaskonstante R soll unter Verwendung eines realen Gases, das einem idealen Gas m¨oglichst nahe kommt, bestimmt werden. Eine einfache Methode,
ein solches Gas zu erzeugen, ist Gewinnung von Wasserstoff (H2 ) durch Elektrolyse von verd¨
unnter Schwefels¨aure. Die Stoffmenge des gebildeten Gases kann dabei
nicht direkt gemessen werden, sondern wird indirekt aus der bei der Elektrolyse
geflossenen Ladungsmenge nach dem Faradayschen Gesetz bestimmt.
Nach der Zustandsgleichung f¨
ur ideale Gase
p·V =n·R·T
(3.1)
sind die drei Zustandsgr¨oßen Druck p, Volumen V , Temperatur T und die Stoffmenge n (in mol) des Gases zu bestimmen. Die Stoffmenge n des gebildeten Wasserstoffes l¨asst sich nach den Faradayschen Gesetzen
I ·t=w·n·z·F .
(3.2)
durch die Messung der transportierten Ladungsmenge bei der Elektrolyse bestimmen. Dabei ist zu beachten, dass sich nach der Elektrolyse je zwei Wasserstoffatome zu einem H2 -Molek¨
ul vereinigen.
In der Formel 3.2 bedeuten:
I
t
w
n
z
F
=
=
=
=
=
=
Stromst¨arke, Einheit: A
Zeit
Anzahl der Atome pro Gasmolek¨
ul
Stoffmenge, Einheit: mol
Wertigkeit der Ionen (Zahl der Ladungen pro Ion)
Faraday-Konstante (F = 9,6484 · 104 As/mol) .
3.1.1 Versuchsaufbau und -durchfu
¨ hrung
Im Versuch wird eine bestimmte Gasmenge V von H2 durch Elektrolyse verd¨
unnter
Schwefels¨aure im rechten Teil des U-Rohres bei geschlossenem Hahn H(2) und
ge¨offnetem Hahn H(1) erzeugt (s. Abb. 3.1). Zur Bestimmung der Stromst¨arke ist
noch ein Amperemeter seriell in dem Stromkreislauf integriert.
Die Temperatur wird mit Hilfe eines Thermometers an der Wand bestimmt.
Zun¨achst wird bei ge¨offnetem Hahn H(2) durch Regelung des Widerstandes RV
eine Stromst¨arke I von etwa I = 300 mA eingestellt. Der Schalter S wird dann
ge¨offnet und H(2) geschlossen; H(1) bleibt ge¨offnet.
Das Volumen V im U-Rohr setzt sich aus dem Anfangsvolumen V0 und dem bei
Stromfluss erzeugten Volumen V˜ zusammen.
Nach jeder Stromflussperiode wird durch Absenken des Vorratsbeh¨alters ein
Druckausgleich hergestellt. Damit ist der Druck p im rechten Rohr gleich dem
¨außeren Luftdruck, der an einem Barometer abgelesen wird.
28
3.1 Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante
Erst nach dem Druckausgleich wird das bis dahin erzeugte gesamte Gasvolumen
abgelesen. Das gebildete H2 wird akkumuliert, also nicht nach jeder Stromflussperiode abgelassen.
Voraufgabe 3.A:
Wenn die Pole der Spannungsquelle nicht beschriftet sind, kann man die Elektrolyse zun¨achst mit geschlossenen H¨ahnen H(1) und H(2) beginnen. Man sieht
dann, dass sich in den beiden Steigrohren unterschiedlich viel Gas bildet. Um welches Gas handelt es sich dabei jeweils, und welcher Hahn muss folglich ge¨offnet
werden?
Voraufgabe 3.B:
Wieso wird der Druckausgleich durchgef¨
uhrt und wie erkennt man wann dieser
erreicht ist?
Aufgabe 3.a:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Messen Sie das bei der Elektrolyse gebildete Gasvolumen f¨
ur sechs jeweils zweimin¨
utige Stromflussperioden.
Die gemessenen Volumina werden in einem Diagramm gegen die Zeit t (Dauer
des Stromflusses) aufgetragen. Es ergibt sich eine Gerade, deren Steigung s =
δV /δt graphisch zu ermitteln ist. Mit der Zustandsgleichung idealer Gase und dem
H1
H2
H2 O + H2 SO4
Vorratsgef¨aß
Ionenleitung
S
A
RV
U0
Abbildung 3.1: Skizze des Versuchsaufbaus zur Bestimmung der allgemeinen Gaskonstante: Zur Elektrolyse der verd¨
unnten Schwefels¨aure sind im U-Rohr
zwei Elektroden angebracht, die u
¨ber eine Spannungsquelle, einen regelbaren Widerstand RV und
einen Schalter S verbunden sind.
29
3 Gasgesetze / spezifische W¨armekapazit¨at
Thermometer
U0
A
V
R¨
uhrvorrichtung
Kalorimeter
(Dewar)
Heizdraht
Abbildung 3.2: Skizze des Versuchsaufbaus zur Bestimmung der spezifischen W¨armekapazit¨at
von Wasser. Zur Erw¨armung des Wassers
im Kalorimeter ist in diesem ein Heizdraht
montiert. Zur Bestimmung der abgegebenen
W¨armemenge wird mit einem Voltmeter die
Spannung parallel, die Stromst¨arke mit einem Amperemeter seriell zu dem Heizdraht
gemessen. Die verstrichenen Zeit wird mit
einer Stoppuhr ermittelt. Die entsprechende Temperaturerh¨ohung des Wassers kann an
dem Thermometer abgelesen werden. Damit
das Wasser m¨oglichst gleichm¨aßig erw¨armt
werden kann, ist in dem Kalorimeter eine
Vorrichtung zum Durchmischen des Wassers
integriert.
Faradayschen Gesetz kann damit nun die allgemeine Gaskonstante R berechnet
werden.
3.2 Bestimmung der spezifischen W¨
armekapazit¨
at von
Wasser
Die spezifische W¨armekapazit¨at c von Wasser soll hier direkt gemessen werden.
Dazu wird eine bestimmte Menge Wasser der Masse m in einem w¨armeisolierten
Gef¨aß (Kalorimeter, siehe Abb. 3.2) erw¨armt. Die aufzubringende W¨arme (=Bewegungsenergie der Wassermolek¨
ule) wird als Joulesche W¨arme Q in einer elektrischen Heizvorrichtung erzeugt:
Q=P ·t=U ·I ·t .
(3.3)
P ist die elektrische Leistung, U die Spannung, I die Stromst¨arke und t die Zeit.
Dabei ist darauf zu achten, dass durch die zugef¨
uhrte W¨armemenge Q nicht nur
das Wasser, sondern auch das Kalorimeter erw¨armt wird:
Q = c · m · ∆T + W · ∆T .
W ist die W¨armekapazit¨at des Kalorimeters, auch Wasserwert“ genannt.
”
Voraufgabe 3.C:
Wie isoliert das Kalorimeter die W¨arme im Inneren gegen die Umgebung?
30
(3.4)
3.2 Bestimmung der spezifischen W¨armekapazit¨at von Wasser
Voraufgabe 3.D:
Wieso muss w¨ahrend des Experimentes das Wasser sorgf¨altig durchmischt werden?
Wieso m¨
ussen Strom und Spannung w¨ahrend der Messung konstant bleiben?
Aufgabe 3.b:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Bauen Sie zun¨achst die Schaltung nach Abb. 3.2 auf und f¨
ullen Sie 200 ml Wasser (Messzylinder!) in das Kalorimeter. Schalten Sie die Spannungsquelle ein und
messen Sie die Spannung und Stromst¨arke. Schalten Sie die Spannungsquelle nun
wieder aus (Wichtig! Nicht vergessen!) und entfernen das Amperemeter aus
der Schaltung; dieses vertr¨agt die hier fliessenden Stromst¨arken nur kurzfristig.
Nur die elektrische Spannung des Heizdrahtes wird w¨ahrend der Messung weiter
u
uft.
¨berpr¨
W¨ahrend der Messung muss das Wasser st¨andig gut durchmischt werden. Etwa
zehn Minuten lang wird in Abst¨anden von 30 Sekunden die Temperatur bei eingeschalteter Spannungsquelle gemessen und in ein Diagramm gegen die verstrichene
Zeit t aufgetragen. Aus der Steigung der sich ergebenden Geraden liest man das
Verh¨altnis ∆T /t ab. Daraus errechnet man die spezifische W¨armekapazit¨at.
31
4 Linsen / Mikroskop
Versuchsziele
- Voraufgaben 4.A - 4.E
- Bestimmung der Brennweite einer Sammel- und einer Zerstreuungslinse (4.a
und 4.b)
- Bestimmung der Gr¨oße eines Objektes mit Hilfe eines Mikroskops (4.d)
- Bestimmung des Aufl¨osungsverm¨ogens des verwendeten Mikroskops (4.e)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Funktion des Auges, Behebung von Sehfehlern, optische Ger¨ate zur Diagnose und
im Labor (z.B. Mikroskop).
Grundkenntnisse
Stoffabh¨angigkeit der Lichtgeschwindigkeit, Brechungsindex und Snelliussches
Brechungsgesetz; Brennweiten und Brechkr¨afte von Linsen; Umkehrbarkeit des
Lichtweges, Bildkonstruktion, Abbildung durch Sammel- und Zerstreuungslinsen,
Abbildungsgesetz f¨
ur Linsen, Linsenkombination; Linsen- und Abbildungsfehler;
Hauptebenen von Linsen, Besselverfahren; Lupe, Mikroskop; Aufl¨osungsverm¨ogen
(Definition und Bestimmung).
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung
4.1 Linsen
Mit Linsen lassen sich selbstleuchtende oder beleuchtete Objekte abbilden. Will
man bei einem vorgegebenen Standort des abzubildenden Gegenstandes G und
einer Linse mit der Brennweite f wissen, an welchem Ort das Bild B entsteht,
so kann man eine Bildkonstruktion durchf¨
uhren, f¨
ur die man den Verlauf von
mindestens zwei Strahlen, die von einem Objektpunkt kommen, kennen muss. F¨
ur
die Bildkonstruktion geeignet sind der Parallelstrahl, der vor der Linse parallel
zur optischen Achse verl¨auft und hinter der Linse durch den Brennpunkt geht,
der Mittelpunktstrahl, der ungebrochen durch den Mittelpunkt der Linse verl¨auft
und der Brennpunktstrahl, der durch den gegenstandseitigen Brennpunkt geht
und hinter der Linse parallel zur optischen Achse verl¨auft.
Eine wichtige Gr¨oße bei einer Abbildung ist die Vergr¨oßerung V , die definiert ist
33
4 Linsen / Mikroskop
durch das Verh¨altnis von Bildgr¨oße B zur Gegenstandsgr¨oße G. Die Vergr¨oßerung
V l¨asst sich aus dem Verh¨altnis von Bildweite b zur Gegenstandsweite g berechnen:
B b V = = .
(4.1)
G
g
Aus Abbildung 4.1 l¨asst sich auch die folgende Beziehung ableiten (Strahlensatz):
b−f
B
=
,
G
f
(4.2)
wobei f die Brennweite der Linse ist. Aus Gleichung (4.1) und (4.2) ergibt sich
die Abbildungsgleichung:
1
1 1
= + .
(4.3)
f
g b
Voraufgabe 4.A:
Ein Gegenstand wird in verschiedenen Abst¨anden g zu einer Sammellinse aufgestellt. Was l¨asst sich u
¨ber das jeweils entstehende Bild sagen? Die Tabelle 4.1 ist
ausgef¨
ullt (!) in das Protokoll zu u
¨bertragen und soll erkl¨art werden k¨onnen.
Die Brennweite einer Sammellinse bestimmt man am einfachsten aus Gegenstandsund Bildweite, indem man das Bild eines leuchtenden Gegenstandes auf einem
Schirm auff¨angt und die entsprechenden Abst¨ande zur Hauptebene der Linse
misst.
Das Verfahren hat experimentell den Nachteil, dass dazu die Lage der Hauptebene
exakt bekannt sein muss. Zur Vermeidung dieser Schwierigkeit benutzt man das
Besselverfahren.
Gegenstand
Lage
Lage
Gro
¨ße
Bild
virtuell/reell?
g > 2f
f < b < 2f
B<G
reell
g = 2f
f < g < 2f
g=f
g<f
Tabelle 4.1: Tabelle zu Voraufgabe 4.A
34
Stellung
umgekehrt,
seitenvertauscht
4.1 Linsen
Bei fest vorgegebenem Abstand a = b + g (mit a > 4 · f ) von Gegenstand G
und Bildschirm B existieren zwei Positionen der Linse (siehe Abb. 4.1), in denen
der Gegenstand vergr¨oßert bzw. verkleinert scharf auf dem Bildschirm abgebildet
wird. Der Abstand dieser beiden Linsenstellungen ist dann e = g − b. Durch
Substitution von g und b in der Linsengleichung wie in Voraufgabe 4.B erh¨alt
man:
a2 − e2
.
(4.4)
f=
4a
Voraufgabe 4.B:
Leiten Sie Gleichung (4.4) her!
Hinweis: Substituieren Sie b und g in der Gleichung (4.3) mit Hilfe der Gleichungen b + g = a und g − b = e.
Der Abstand a muss etwas gr¨oßer als 4f sein, d.h. a > 4f , um das Besselverfahren anwenden zu k¨onnen. Warum gilt diese Bedingung?
G
f
f
g1
b1
B
G
f
f
g2
b2
B
e
a
Abbildung 4.1: Prinzip des Besselverfahrens. Bei festem a befinden sich die Positionen der
Linse aufgrund der Symmetrie gerade so, dass g1 = b2 und b1 = g2 gilt.
35
4 Linsen / Mikroskop
Aufgabe 4.a:
Sammellinse
Die Brennweite fs einer Sammellinse soll f¨
ur zwei verschiedene Abst¨ande a mit
Hilfe des Besselverfahrens bestimmt werden.
Achten Sie vor der Durchf¨
uhrung darauf, dass nur die Sammellinse montiert ist!
Aufgabe 4.b:
Zerstreuungslinse
Die Brennweite fz einer Zerstreuungslinse wird mit Hilfe des Besselverfahrens
aus der Brennweite fk einer Linsenkombination bestimmt.
1
1
1
'
+
.
fk
fs fz
(4.5)
Die Linsenkombination besteht aus der Sammellinse, deren Brennweite fs im ersten Versuchsteil bestimmt wurde, und der Zerstreuungslinse, deren Brennweite
gemessen werden soll; dabei muss die Brennweite der Linsenkombination fk > 0
sein.
Voraufgabe 4.C:
Warum kann bei dieser Messung die Zerstreuungslinse nicht alleine, sondern nur in
Kombination mit der Sammellinse benutzt werden? Was bedeutet das Vorzeichen
der Brennweite?
4.2 Mikroskop
Ein Mikroskop dient zur Vergr¨oßerung kleiner Objekte, indem es den Sehwinkel
weitet, unter dem ein betrachteter Gegenstand erscheint. Es besteht aus mindestens zwei Sammellinsen: dem Objektiv, dem Okular und gegebenenfalls einer
Feldlinse, welche der Gesichtsfeldvergr¨oßerung dient.
Zun¨achst wird mit der gegenstandseitigen Linse, dem Objektiv, ein vergr¨oßertes, reelles und umgekehrtes Zwischenbild erzeugt, wobei die Gegenstandsweite
g etwas gr¨oßer als die Brennweite fObj des Objektivs ist, d.h. der Gegenstand
liegt geringf¨
ugig außerhalb der Brennweite des Objektivs. Die zweite Linse, das
Okular, ist so angeordnet, dass das Zwischenbild in der Brennebene des Okulars
liegt. Das Okular wirkt so als Lupe, d.h. es entsteht ein virtuelles, vergr¨oßertes
Bild des Zwischenbildes, das mit dem auf Unendlich eingestellten entspannten
Auge betrachtet wird.
Von einem ausgeleuchteten Objekt ist im allgemeinen nur ein Ausschnitt, das
sogenannte Gesichtsfeld, im Mikroskop sichtbar. Um das nutzbare Gesichtsfeld zu
vergr¨oßern, kann man eine zus¨atzliche Sammellinse, die Feldlinse, in die Ebene
36
4.2 Mikroskop
des Zwischenbildes einsetzen und ihre Brennweite so w¨ahlen, dass auch die schr¨ag
verlaufenden Lichtb¨
undel, die ohne Feldlinse nicht in die Okularlinse gelangen
w¨
urden, in diese hineingelenkt werden. Eine derartige Feldlinse ¨andert die Lage
des virtuellen Bildes und die Gesamtvergr¨oßerung nicht.
Gesamtvergro
¨ßerung
Die Vergr¨oßerung eines optischen Instruments ist anhand der Sehwinkelvergr¨oßerung definiert:
Sehwinkel mit Instrument
V =
.
(4.6)
Sehwinkel ohne Instrument bei s0
Die Gesamtvergr¨oßerung eines Mikroskops VMi ist das Produkt aus den Einzelvergr¨oßerungen der beiden Linsen, d.h. der Vergr¨oßerung VObj des Objektivs und der
Vergr¨oßerung VOk des Okulars:
VMi = VObj · VOk .
(4.7)
Die Vergr¨oßerung des Objektivs berechnet sich aus:
VObj =
t
fObj
,
(4.8)
wobei t die Tubusl¨ange des Mikroskops und fObj die Brennweite des Objektivs
bezeichnen. Die Tubusl¨ange t ist die Gr¨oße b − f in Gleichung (4.2), wobei b die
Bildweite, d.h. die Lage des Zwischenbildes, angibt und f = fObj ist. Anders formuliert, die Tubusl¨ange gibt den Abstand zwischen dem bildseitigen Brennpunkt
der Objektivlinse und der Zwischenbildebene an.
F¨
ur die Vergr¨oßerung des Okulars (Lupe) gilt:
VOk =
s0
.
fOk
(4.9)
Dabei sind s0 = 25 cm die deutliche Sehweite und fOk die Brennweite des Okulars.
Damit ergibt sich die Gesamtvergr¨oßerung des Mikroskops zu:
VMi =
t
s0
.
fObj fOk
(4.10)
Soll eine hohe Gesamtvergr¨oßerung erzielt werden, so m¨
ussen also Objektiv und
Okular sehr kleine Brennweiten aufweisen.
Aufl¨
osungsverm¨
ogen
Bei jeder Lichtb¨
undelbegrenzung tritt Beugung auf, die von der Gr¨oße der be¨
grenzenden Offnung
abh¨angig ist. Beim Mikroskop wird durch Beugungseffekte
¨
der Offnung der Objektivlinse das Aufl¨osungsverm¨ogen begrenzt.
37
4 Linsen / Mikroskop
Das Aufl¨osungsverm¨ogen A kennzeichnet den kleinsten Abstand d zweier Punkte,
der bei Betrachtung durch das Mikroskop noch als getrennt wahrgenommen wird.
Es errechnet sich nach
n sin α
NA
1
=
,
(4.11)
A= =
d
λ
λ
¨
wobei α der halbe Offnungswinkel
des Objektivs ist. Mit n wird die Brechzahl
des Mediums zwischen Objekt und Objektiv bezeichnet (f¨
ur Luft: n = 1). Die
Numerische Apertur N A = n · sin α ist ein Maß f¨
ur die Aufl¨osung des verwendeten Mikroskops und wird meist zu diesem angegeben. Sie kann nicht wesentlich
u
¨ber den Wert 1 hinausgehen, so dass die kleinstm¨oglichen, von einem Mikroskop
aufl¨osbaren Distanzen in der Gr¨oßenordnung der verwendeten Wellenl¨ange liegt.
Hohes Aufl¨osungsverm¨ogen erfordert also die Verwendung kurzer Wellenl¨angen.
Mit violettem Licht einer Wellenl¨ange von ca. 400 nm lassen sich z.B. Abst¨ande
bis zu 200 nm aufl¨osen. Wesentlich besseres Aufl¨osungsverm¨ogen haben Elektronenmikroskope, da Elektronen je nach ihrer Geschwindigkeit Wellenl¨angen von
0,1 nm und weniger besitzen.
Voraufgabe 4.D:
Skizzieren Sie den Strahlengang und die Bildentstehung in einem Mikroskop ohne
Feldlinse (orientieren sie sich dabei an der Bildkonstruktion aus 4.1).
Voraufgabe 4.E:
Berechnen Sie das Aufl¨osungsverm¨ogen des benutzten Mikroskops f¨
ur die Wellenl¨angen λ = 400 nm, 600 nm und 800 nm. Verwenden Sie als Gr¨oße der numerischen Apertur NA = 0,13.
Aufgabe 4.c:
Strahlengang
Mit Hilfe einer Mattscheibe soll der Strahlengang im Mikroskop untersucht werden. Um den Strahlengang besser zu verstehen, wird das Mikroskop ohne Okular
verwendet (Die Mattscheibe ist am Ende eines Kupferrohres angebracht). Um
paralleles Licht zur Beleuchtung des Objektes zu erhalten, ist eine relativ weit
entfernte Lichtquelle (Leuchtstoffr¨ohre) mit Hilfe des ebenen Spiegels (nicht des
Hohlspiegels) zur Beleuchtung zu verwenden; das Bild der Lichtquelle ist mit Hilfe
der beiliegenden Mattscheibe etwa in der Brennebene des Okulars als Abbildung
eines auf die Leuchtstoffr¨ohre geklebten Objektes zu finden. Durch Entfernen der
Feldlinse ist deren Wirkung (Gesichtsfeldvergr¨oßerung) zu untersuchen. F¨
ur die
folgenden Versuchsteile soll der Hohlspiegel anstatt des Planspiegels zur Beleuchtung verwendet werden.
38
4.2 Mikroskop
(a) Objektmikrometer
(b) Strichgitter
Abbildung 4.2: Hilfsmittel zu den Versuchsteilen 4.d und 4.e
Aufgabe 4.d:
Objektgr¨
oße
Die Gr¨oße eines Objektes ist mit Hilfe eines Messokulars und eines Objektmikrometers (siehe Abb. 4.2a) zu bestimmen. Das Objektmikrometer mit bekannten
Ausmaßen dient zur Kalibrierung des Messokulars mit unbekannter Skalierung.
Die Gr¨oße des Objekts wird dann mit dem Messokular bestimmt und mithilfe der
Kalibrierung berechnet.
Aufgabe 4.e:
Aufl¨
osungsverm¨
ogen
Das Aufl¨osungsverm¨ogen des Mikroskops soll durch Vermessung mehrerer Strichgitter (siehe Abb. 4.2b) mit verschiedenen Gitterabst¨anden untersucht und mit
dem aus Gleichung (4.11) berechneten Wert verglichen werden. Bestimmen Sie
die m¨ogliche Ober- und Untergrenze des Aufl¨osungsverm¨ogens anhand der gerade
noch erkennbaren oder gerade nicht mehr erkennbaren Strichmuster.
39
5 Ohmsche Widerst¨
ande
Versuchsziele
- Voraufgaben 5.A - 5.D
- Bestimmung des Widerstandswertes eines Ohmschen Widerstandes (5.a)
- Bestimmung der Temperaturabh¨angigkeit eines NTC-Widerstandes (5.b
und 5.c)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Die Grundbegriffe der Elektrizit¨atslehre dienen dem Verst¨andnis elektrophysiologischer Vorg¨ange (z.B. Erregungsleitung) und physikalisch-chemischer Untersuchungen im Labor (z.B. Berechnung der Reaktionsenthalpie bei ge¨anderter Temperatur) sowie der Wirkungsweise elektrischer Ger¨ate f¨
ur Diagnose und Therapie
(z.B. Elektrokardiographie).
Grundkenntnisse
elektrische Ladung, Ladungstr¨ager, Elementarladung; El. Strom als bewegte Ladung, Stromst¨arke; el. Spannung als Potentialdifferenz; Amperemeter, Voltmeter,
Gleichstromspannungsquellen; el. Leistung und Energie; el. Leiter, elektrischer
Widerstand, Leitwert, Resistivit¨at; Ohmsches Gesetz; Kirchhoffsche Gesetze
(Maschenregel, Knotenregel), Spannungsteilung, Messung von Widerst¨anden, Innenwiderst¨ande von Ampere- und Voltmeter. Wheatstonesche Br¨
uckenschaltung und deren Bezug zu den Kirchhoffschen Gesetzen, Temperatur (Celsiusund Kelvinskala); Leiter, Halbleiter und Isolator; Heiß-, Kaltleiter (Temperaturabh¨angigkeit).
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
¨
deren physikalische Aussage, nat¨
urlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Uberf¨
uhrung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
5.1 Bestimmung eines Ohmschen Widerstandes
F¨
ur die Messung eines Ohmschen Widerstandes wird eine der in Abbildung 5.1
wiedergegebene Schaltungen aufgebaut. Mit Hilfe des Potentiometers P wird von
einer vorgegebenen Festspannungsquelle U0 eine beliebige Teilspannung U abgegriffen. Mit dem Voltmeter V wird die Spannung U und mit dem Amperemeter
A die Stromst¨arke I gemessen. In einem Diagramm wird U gegen I aufgetragen.
41
5 Ohmsche Widerst¨ande
Aus der Steigung der so erhaltenen Kennlinie wird der Widerstandswert ermittelt.
Anmerkung
Bei der in Abbildung 5.1 skizzierten Messung macht man grunds¨atzlich einen systematischen Fehler. Das Amperemeter misst nicht nur den Strom Ix , der durch Rx
fließt, sondern auch den durch das Voltmeter fließenden Strom IV , d.h. I = Ix +IV .
Dieser systematische Fehler ist umso kleiner, je gr¨oßer der Innenwiderstand RV
des Voltmeters ist. Man kann diesen systematischen Fehler korrigieren, wenn
man mit Hilfe des Innenwiderstandes RV aus der Spannungsanzeige U den Strom
IV = U/RV berechnet und von I abzieht, d.h. Ix = I − IV . Bei der graphischen
Darstellung m¨
usste man dann U als Funktion von Ix auftragen.
Voraufgabe 5.A:
Betrachten Sie in Abb. 5.1(a) nur die Parallelschaltung des Voltmeters V und des
unbekannten Widerstandes Rx . Erl¨autern Sie hieran die Kirchhoffschen Regeln.
Voraufgabe 5.B:
Erl¨autern Sie den prinzipiellen Unterschied zwischen den beiden Schaltungen in
den Abbn. 5.1(a) und 5.1(b) anhand der Kirchhoffschen Regeln. Wie lassen sich
die systematischen Fehler ber¨
ucksichtigen?
Aufgabe 5.a:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Nehmen Sie mittels einer der Potentiometerschaltungen Abbn. 5.1(a) und 5.1(b)
die Kennlinie eines Ohmschen Widerstandes auf und ermitteln Sie graphisch aus
U0
U0
P
P
Rx
A
V
variabler
Abgriff
Rx
A
variabler
Abgriff
V
(a) Schaltung 1
(b) Schaltung 2
Abbildung 5.1: Potentiometerschaltung: Bei entsprechender Ber¨
ucksichtigung der Besonderheiten der Schaltungen 1 und 2 sind diese ¨aquivalent.
42
5.2 Ermittlung der Temperaturabh¨angigkeit eines NTC-Widerstandes
der Steigung der Kennlinie den Widerstandswert! Ber¨
ucksichtigen Sie den systematischen Fehler entsprechend.
5.2 Ermittlung der Temperaturabh¨
angigkeit eines
NTC-Widerstandes
Die Temperaturabh¨angigkeit eines NTC-Widerstandes (Halbleiterwiderstand mit
einem Negative Temperature-Coefficient) soll mit Hilfe einer Wheatstoneschen
Br¨
uckenschaltung vermessen werden (Abb. 5.2), bei der der unbekannte Widerstand RNTC mit einem bekannten Widerstand RVergleich verglichen wird. Hierzu
wird wiederum eine Spannungsquelle U0 mit einem Potentiometer (R1 + R2 ) verbunden. RNTC und RVergleich werden u
ucke, die ein empfindliches Mikro¨ber eine Br¨
amperemeter (Galvanometer) enth¨alt, mit dem Mittelabgriff des Potentiometers
verbunden. Durch Verschieben des Mittelabgriffes k¨onnen u
¨ber R1 und R2 genau
die Teilspannungen U1 und U2 abgegriffen werden, bei denen der Strom durch die
Br¨
ucke Null wird. Man nennt die Br¨
ucke dann abgeglichen“.
”
Mit den Kirchhoffschen Gesetzen l¨asst sich zeigen, dass genau f¨
ur diesen Fall
eine einfache Verh¨altnisgleichung f¨
ur die vier beteiligten Widerst¨ande gilt:
R1
RNTC
=
.
RVergleich
R2
UNTC
UVergleich
NTC (ϑ )
RVergleich
(5.1)
INTC
IG
P
R1
I1
IVergleich
G
R2
U1
U2
I2
U0
Abbildung 5.2: Wheatstonesche Br¨
uckenschaltung zur Bestimmung eines NTCWiderstandes.
43
5 Ohmsche Widerst¨ande
5.2.1 Herleitung:
F¨
ur den Fall der abgeglichenen Br¨
ucke, d.h. es fließt kein Strom durch das Galvanometer, gilt:
U1
I1
= UNTC
=
I2
und U2
und INTC
= UVergleich
= IVergleich
(5.2)
(5.3)
und damit:
INTC · RNTC
INTC · RVergleich
= I1 · R1
= I1 · R2
(5.4)
(5.5)
Dividiert man Gl. 5.4 durch Gl. 5.5 , ergibt sich
INTC · RNTC
I1 · R1
=
.
INTC · RVergleich
I1 · R2
(5.6)
Die Str¨ome k¨
urzen sich heraus, es bleibt die zu zeigende Beziehung 5.1.
Das Potentiometer (Widerst¨ande R1 und R2 ), das im Versuch verwendet wird, ist
ein Widerstandsdraht von 1 m L¨ange. Der Widerstand R eines Drahtes ist proportional zu seiner L¨ange l und umgekehrt proportional zu seiner Querschnittsfl¨ache A:
1
(5.7)
RDraht = % · l ·
A
Der Proportionalit¨atsfaktor ist die Resistivit¨at %.
Setzt man dies f¨
ur R1 und R2 in obiger Gleichung 5.1 ein und bedenkt, dass % und
A f¨
ur beide Teilwiderst¨ande identisch sind, so erh¨alt man R1 /R2 = l1 /l2 . Damit
ergibt sich die Messbeziehung:
RNTC = RVergleich ·
l1
.
l2
(5.8)
Der Vergleichswiderstand ist bekannt, die L¨angen l1 und l2 werden bei abgeglichener Br¨
ucke gemessen. Alternativ besitzt das Potentiometer bereits eine Skala, in
welcher das Verh¨altnis l1 /l2 sofort abgelesen werden kann.
Voraufgabe 5.C:
Diskutieren Sie den Einfluss auf die Messung, wenn durch einen ungenauen Abgleich die Stromst¨arke durch die Br¨
ucke nicht Null ist.
5.2.2 Temperaturabh¨
angigkeit von Widerst¨
anden
44
5.2 Ermittlung der Temperaturabh¨angigkeit eines NTC-Widerstandes
Grunds¨atzlich sind alle Widerst¨ande temperaturabh¨angig. Je nachdem, ob der
Widerstandswert mit steigender Temperatur gr¨oßer oder kleiner wird, unterscheidet man zwischen Kaltleitern (PTC-Widerstand) oder Heißleitern (NTCWiderstand).
• Kaltleiter oder PTC-Widerstand (positive temperatur coefficient)
Widerstandswert wird bei steigender Temperatur gr¨oßer, die Leitf¨ahigkeit
sinkt.
Beispiel: Metalle, Silizium, Bariumtitanat
• Heißleiter oder NTC-Widerstand (negative temperatur coefficient)
Widerstandswert wird bei steigender Temperatur kleiner, die Leitf¨ahigkeit
steigt.
Beispiel: Kohlenstoff, Halbleiter, diverse Metalloxyde
Die Abh¨angigkeit von der absoluten Temperatur T wird beim hier verwendeten
NTC-Widerstandstyp n¨aherungsweise durch folgende Gleichung bestimmt:
b
RNTC (T ) = R0 · e T .
(5.9)
Hierbei sind R0 und b charakteristische Konstanten.
Gleichungen des Typs von Gl. 5.9 werden h¨aufig Arrhenius-Gleichungen genannt.
Bei unendlich hohen“ Temperaturen sinkt RNTC nicht bis auf 0 Ω, sondern n¨ahert
”
sich R0 asymptotisch an. In der Konstanten b steckt mit b = Ea /kB die Anregungsenergie pro Elektron Ea , die zur Erzeugung von beweglichen Ladungstr¨agern erforderlich ist. Da der verwendete NTC-Widerstand ein Halbleiter ist, entspricht
dies der Bandl¨
ucke des Materials, die mit b und der Boltzmann-Konstante kB
ermittelt werden k¨onnte (kB = 1,3806488 · 10−23 J/K = 8,6173324 · 10−5 eV/K).
Wenn man den nat¨
urlichen Logarithmus von Gleichung (5.9) betrachtet, ergibt
sich:
RNTC
R0
1
ln
= ln
+b· .
(5.10)
1Ω
1Ω
T
Voraufgabe 5.D:
Beschreiben Sie, wie sich PTC- und NTC-Widerstand in einem Stromkreis verhalten a) unmittelbar nach dem Einschalten und b) nach einiger Zeit. Beachten
Sie dabei die auftretende Joulesche W¨
arme.
Aufgabe 5.b:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Messen Sie RNTC f¨
ur f¨
unf verschiedene Wassertemperaturen zwischen 20 ◦ C und
80 ◦ C durch Abgleichen der Wheatstoneschen Br¨
ucke. Tragen Sie die gemessenen Werte als Funktion der Temperatur in einem Diagramm auf normalem
mm-Papier auf und diskutieren Sie die Temperaturabh¨angigkeit!
45
5 Ohmsche Widerst¨ande
Aufgabe 5.c:
Auswertung
Bilden Sie die Gr¨oße ln (RNTC /1Ω) und tragen Sie sie gegen 1/T auf normalem
mm-Papier auf! Die Steigung der resultierenden Geraden ist dann die Gr¨oße b.
ln (R0 /1Ω) entspr¨ache dem Schnittpunkt der Ausgleichsgerade mit der Ordinatenachse. Da dieser aber weit außerhalb des Messbereichs (markierter Bereich in
Abb. 5.3) liegt, kann dieser nicht zeichnerisch bestimmt werden. Berechnen Sie
R0 nach Gl. 5.10 indem Sie f¨
ur ln (RNTC /1Ω) und T1 einen beliebigen Punkt ihrer
Ausgleichsgerade einsetzen.
14
12
ln(RNTC /Ω)
10
8
6
4
2
0
0
0, 5
1
1, 5
2
2, 5
3
3, 5
4
333
286
250
1/T [10−3 K−1 ]
2000
1000
667
500
400
Temperatur [K]
Abbildung 5.3: Temperaturabh¨
angigkeit des NTC-Widerstandes.
46
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
Versuchsziele
- Voraufgaben 6.A-6.C
- Bestimmung der Wellenl¨ange der Spektrallinien von Quecksilber (6.a)
- Bestimmung der Wellenl¨ange der beiden blauen Linien im Caesiumspektrum
(6.b)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Strukturbestimmung von Proteinen (Infrarot-Differenzspektroskopie), Untersuchung von Gewebe durch Einstrahlung von Licht und Analyse des von ihm reemittierten Spektrums (Gewebespektrophotometrie), qualitative und quantitative Ermittlung gasf¨ormiger, fl¨
ussiger und fester Stoffe anhand ihrer Spektrallinien
(Emissionsspektren).
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensit¨at einer e.-m. Welle; mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenl¨ange, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenh¨ange dazwischen; Huygen¨
sches Prinzip, Uberlagerung
von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien; Huygenssches Prinzip, Beugung am Doppelspalt und am Gitter, Wellenl¨angenabh¨angigkeit des Beugungswinkels; Stoffabh¨angigkeit der Lichtgeschwindigkeit, Brechungsindex und Snelliussches Brechungsgesetz, Prisma (minimaler
Ablenkungswinkel, Dispersion).
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven.
6.1 Beugung am Gitter
6.1.1 Einfu
¨ hrung
Ein paralleler Lichtstrahl wird beim Durchgang durch ein Gitter, d.h. eine regelm¨aßige Anordnung von engen Spalten, zum Teil aus seiner urspr¨
unglichen Richtung abgelenkt. Das Ph¨anomen nennt man Beugung. Bei Beugungserscheinungen
kann sich die Welle im geometrischen Schattenraum des Hindernisses (hier: den
Spalten des Gitters) ausbreiten.
47
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
d
α
s
·
α
Abbildung 6.1: Beugung am Gitter: Die Geometrie ergibt s/d = sin α.
Bei der Beugung am Gitter beobachtet man bei bestimmten Winkeln α ausgepr¨agte Intensit¨atsmaxima. Die Winkel α, unter denen diese Hauptmaxima beobachtet werden, lassen sich aus geometrischen Bedingungen ableiten.
Nach dem Huygensschen Prinzip ist jeder Punkt im Raum Ausgangspunkt einer
elementaren Kugelwelle, insbesondere jeder Punkt innerhalb eines Spaltes. Die
Beugungsfigur ergibt sich durch die Interferenz dieser elementaren Kugelwellen.
Wenn der Gangunterschied s zwischen den elementaren Kugelwellen benachbarter Spalte ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenl¨ange λ ist, beobachtet man
ein Hauptmaximum, d.h. konstruktive Interferenz. Die geometrische Bedingung
hierf¨
ur kann man aus Abbildung 6.1 ablesen:
s = d · sin α = m · λ
mit m ganzzahlig.
(6.1)
Daraus folgt:
m·λ
(6.2)
d
Hierbei ist s der Gangunterschied, d die Gitterkonstante, d.h. der Abstand zwischen benachbarten Spalten, α der Beugungswinkel, m die Ordnungszahl des Beugungsmaximums und λ die Wellenl¨ange des Lichtes.
sin α =
Die Beugung am Gitter wird zur Messung von Lichtwellenl¨angen λ verwendet.
Das Gitter in einem Gitterspektrographen besteht meist aus einer ebenen Glasplatte, in die mit einem Diamanten gerade Streifen (einige 100 pro mm) in gleichen
Abst¨anden eingeritzt sind. Diese matten Streifen absorbieren das Licht, die unbearbeiteten Streifen wirken als lichtdurchl¨assige Spalte.
Zwischen den Hauptmaxima, deren Lage nach Gleichung (6.1) berechnet werden
kann, gibt es noch sogenannte Nebenmaxima mit sehr geringer Intensit¨at.
Mit Hilfe der Beugung am Gitter kann man das Spektrum von Licht mit hoher
Aufl¨osung untersuchen. Unter dem Begriff Spektrum versteht man ein Diagramm,
in dem die Intensit¨at als Funktion der Wellenl¨ange dargestellt ist.
48
6.1 Beugung am Gitter
violett blau
t¨
urkis
gr¨
un gelb
(Doppellinie)
(Doppellinie)
Abbildung 6.2: Beispiel f¨
ur das Spektrum einer Quecksilberlampe.
F¨
ur eine Spektraluntersuchung von Licht ist das Aufl¨osungsverm¨ogen eines Beugungsgitters wichtig. Zwei Spektrallinien lassen sich mit Hilfe eines Gitters trennen, wenn sich ihre Hauptmaxima nicht u
¨berlappen. Das Aufl¨osungsverm¨ogen
eines Beugungsgitters ist definiert mit
A :=
λ
= mN .
|∆λ|
(6.3)
Dabei ist |∆λ| die kleinste noch trennbare Wellenl¨angendifferenz zweier Linien, die
beide nahe bei der Wellenl¨ange λ liegen. Das Aufl¨osungsverm¨ogen ist proportional
zur Anzahl der beleuchteten Spalte N (die Sch¨arfe der Interferenzmaxima nimmt
mit ihr zu) und proportional zur Ordnung m.
Voraufgabe 6.A:
Es sollen die beiden gelben Linien (589,00 nm und 589,59 nm) einer Natriumdampflampe getrennt werden. Wie viele Spalte m¨
ussen mindestens beleuchtet
werden, damit die Linien im Beugungsmaximum erster Ordnung aufgel¨ost werden k¨onnen?
Aufgabe 6.a:
Messung
1. Das Beugungsspektrum erster und zweiter Ordnung von Hg-Licht ist an einem Strichgitter mit der Gitterkonstanten d = 10 µm aufzunehmen, indem
der Beugungswinkel f¨
ur die verschiedenen Spektralfarben des Hg-Lichts ausgemessen wird (Abb. 6.2). Beachten Sie, dass sich die Spektren benachbarter
Ordnungen u
¨berschneiden k¨onnen.
Wieviele Ordnungen lassen sich insgesamt beobachten?
2. Aus den gemessenen Werten der Beugungswinkel α sind die Wellenl¨angen
der Spektrallinien von Hg zu bestimmen.
49
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
6.2 Prismenspektroskop
6.2.1 Einfu
¨ hrung
W¨ahrend der Gitterspektrograph eine r¨aumliche Trennung von Strahlen mit unterschiedlichen Wellenl¨angen u
¨ber die wellenl¨angenabh¨angige Beugung und Interferenz an einem Gitter erreicht, n¨
utzt der Prismenspektrograph die Dispersion
dn/dλ des Brechungsindex n(λ) aus.
Unter Dispersion versteht man im Allgemeinen die Abh¨angigkeit einer Gr¨oße von
der Wellenl¨ange. In der Optik ist hierunter speziell die Abh¨angigkeit der Lichtbrechung von der Wellenl¨ange zu verstehen. Wie stark sich die Brechungsindizes f¨
ur
verschiedene Wellenl¨angen unterscheiden, h¨angt vom verwendeten Material ab.
Abbildung 6.3 zeigt beispielhaft die Dispersionskurve f¨
ur Siliciumdioxid (Quarzglas). F¨allt der Brechungsindex mit zunehmender Wellenl¨ange, so spricht man von
normaler Dispersion, nimmt er zu, wird dies als anomale Dispersion bezeichnet.
Der Brechungsindex ist definiert als das Verh¨altnis der Lichtgeschwindigkeit im
Vakuum c und der im Medium cm :
c
.
(6.4)
n :=
cm
Weißes Licht l¨asst sich mit Hilfe eines optisch dichten Mediums (z.B. eines
Glasprismas) in seine Farbkomponenten zerlegen. Der langwellige (rote) Anteil
wird dabei weniger stark gebrochen als der kurzwellige (blaue) Anteil (siehe Abbildung 6.4).
Energie [eV]
3,0
2,5
2,0
1,75
1,480
Brechungsindex n
1,475
1,470
1,465
1,460
1,455
1,450
400
450
500
550
600
650
700
750
Wellenlänge [nm]
Abbildung 6.3: (L) Dispersionskurve f¨
ur Siliciumdioxid. Es ist deutlich ein nicht-linearer
Verlauf zu erkennen.
50
6.2 Prismenspektroskop
Prisma
Linse2
Linse1
Spalt
Schirm
rot
blau
Abbildung 6.4: Strahlengang im Prismenspektroskop (ohne Okular). Das Prisma ist so justiert, dass f¨
ur die gelbe Hg-Linie die Ablenkung minimal ist. Damit der Effekt in dieser
Abbildung gut sichtbar wird, wurden die tats¨achlichen Brechungsindexunterschiede um
einen Faktor 10 verst¨
arkt.
Beim Prismenspektrograph wird ein Spalt mit der zu untersuchenden Strahlungsquelle beleuchtet und in der Brennebene einer Sammellinse positioniert (Abbildung 6.4). Das dadurch erzeugte parallele Licht f¨allt auf das Prisma und wird von
diesem in seine spektralen Anteile zerlegt. Die parallelen Strahlen verschiedener
Frequenz werden durch eine weitere Sammellinse wieder geb¨
undelt und in dessen
Brennebene auf einen Schirm projiziert, so dass verschiedenfarbige Abbilder des
¨
Spaltes zu sehen sind. Ublicherweise
wird statt des Schirms jedoch ein Okular
gesetzt. Zusammen mit der Sammellinse bildet es ein Fernrohr.
Auch f¨
ur den Prismenspektrographen l¨asst sich das Aufl¨osungsverm¨ogen bestimmen. Bei maximaler Ausleuchtung des Prismas gilt:
A :=
λ
dn
≈b·
,
|∆λ|
dλ
(6.5)
d.h. das Aufl¨osungsverm¨ogen des Prismas ist n¨aherungsweise das Produkt aus
seiner Basisbreite b und seiner Dispersion dn/dλ. Die H¨ohe des Prismas spielt
dabei keine Rolle.
Voraufgabe 6.B:
Versuchen Sie, den Strahlengang im Prismenspektroskop (Abb. 6.4) nachzuvollziehen!
Warum ist die Winkelablenkung des blauen Lichtes gr¨oßer als die des roten Lichtes?
51
6 Beugung am Gitter / Prismenspektroskop
Aufgabe 6.b:
Messung
Mit dem Prismenspektroskop sollen zwei Wellenl¨angen des C¨asiumspektrums ausgemessen werden.
1. Der Spektralapparat ist mittels der gelben Hg-Linie optisch g¨
unstig zu justieren. Dazu wird darauf geachtet, dass beim Drehen des Prismas um seine
L¨angsachse (senkrecht zur Zeichenebene in Abb. 6.4) bei einer bestimmten
Orientierung die Ablenkung ein Minimum hat. Dann ist der Verlauf des gelben Hg-Lichtes symmetrisch zum Prisma (der Strahlengang ist umkehrbar).
Hinweis: Bei Drehung des Prismas findet man das Minimum der Ablenkung
dadurch, dass die Ablenkung immer weiter abnimmt und beim Weiterdrehen u
¨ber den Punkt der minimalen Ablenkung hinaus zun¨achst nur schwach
anw¨achst.
2. Das Spektrometer ist mit den Linien des Hg-Spektrums zu kalibrieren. Dazu werden die nun bekannten Wellenl¨angen der Hg-Linien (6.a) gegen den
Ablenkwinkel im Spektrometer aufgetragen.
(Die genauen Wellenl¨angen der Hg-Linien werden vom Assistenten bekannt
gegeben.)
3. Die Wellenl¨angen der beiden blauen Cs-Linien werden aus der Eichkurve
ermittelt.
Voraufgabe 6.C:
Welche Auswirkung hat die Stellung des Prismas im Minimum der Ablenkung auf
das Experiment und wieso wird diese mit der gelben Spektrallinie eingestellt? Wie
m¨
usste man bei einer genaueren Messung vorgehen?
52
7 Wechselstromwiderst¨
ande und Schwingkreis
Versuchsziele
- Voraufgaben 7.A - 7.D
- Bestimmung der Kapazit¨at eines Kondensators (7.a)
- Bestimmung der Selbstinduktion einer Spule (7.b)
- Bestimmung der Resonanzfrequenz einer Parallelschaltung aus Kondensator
und Spule (7.c)
- Bestimmung des Gesamtwiderstandes einer Serienschaltung aus Kondensator, Spule und Ohmschen Widerstand (7.d)
Verbindung zur Medizin, Biologie und Pharmazie
Allgemeine Verwendung von Wechselstr¨omen, Aufbau elektronischer Bauteile,
elektrische Reizung von Nerven bzw. Muskeln, Verst¨arker (z.B. f¨
ur Aufnahme
von Herz- und Hirnt¨atigkeit)
Grundkenntnisse
mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenl¨ange,
Amplitude, Phase; elektrische Ladung, Ladungstr¨ager, Elementarladung; El.
Strom als bewegte Ladung, Stromst¨arke; el. Spannung als Potentialdifferenz; Amperemeter, Voltmeter, Gleichstromspannungsquellen; el. Leistung und Energie; el.
Leiter, elektrischer Widerstand, Leitwert, Resistivit¨at; Effektiv-, Momentan- und
Mittelwerte von Wechselstrom und Wechselspannung; Kondensator (Kapazit¨at),
Spule (Koeffizient der Selbstinduktion, alt: Induktivit¨at); Impedanzen, Phasenverschiebung zwischen Spannung- und Stromst¨arke, Abh¨angigkeit der Impedanzen von der Frequenz der Wechselspannung, Parallel- und Serienschaltung von
Impedanzen, Schwingkreise, Resonanzfrequenz)
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression; Funktionsweise und Umgang mit dem Oszilloskop; Bestimmung von Periodendauern und Amplituden
von Schwingungen mit dem Oszilloskop.
7.1 Wechselstromwiderst¨
ande
Inhalt von Versuch 5 Ohmsche Widerst¨ande“ waren Stromkreise mit zeitlich
”
konstanter Spannungsquelle und konstantem Strom. In Versuch 7 werden Wechselstromkreise und Wechselstromwiderst¨ande untersucht.
53
7 Wechselstromwiderst¨ande und Schwingkreis
I0sin(ωt)
U0sin(ωt)
U∼
RΩ
Abbildung 7.1: (L) Links: Schaltung mit Wechselstromwiderstand Z = RΩ . Rechts: Phasenverschiebung bei Z = RΩ .
Spulen, Kondensatoren und Ohmsche Widerst¨ande sind die elementaren Wechselstromwiderst¨ande. Die Serien- und Parallelschaltung dieser Widerst¨ande nennt
man ebenfalls Wechselstromwiderst¨ande. Das allgemeine Symbol f¨
ur einen Wechselstromwiderstand (auch Impedanz genannt) ist Z.
Wenn ein sinusf¨ormiger Wechselstrom I = I0 · sin(ωt) durch einen Wechselstromwiderstand Z fließt, beobachtet man in der Regel eine Phasenverschiebung ϕ zwischen der Wechselspannung U (t) und dem Wechselstrom I(t):
I(t) = I0 · sin(ωt) ,
U (t) = U0 · sin(ωt + ϕ) .
(7.1)
(7.2)
Hierbei ist U0 die Spannungsamplitude, ω die Kreisfrequenz (Einheit: rad · s−1 ),
die mit der Frequenz ν und der Schwingungsdauer (Periode) T verkn¨
upft ist:
2π
.
(7.3)
T
Der Wechselstromwiderstand Z (Impedanz) ist definiert als das Verh¨altnis der
Spannungsamplitude U0 zur Stromamplitude I0 (vgl. Abb. 7.1):
ω = 2πν =
Z=
U0
.
I0
(7.4)
7.1.1 Ohmscher Widerstand
F¨
ur den Ohmschen Widerstand ist der Wechselstromwiderstand gleich dem
Gleichstromwiderstand:
RΩ = R
ϕ = 0 (=
ˆ 0◦ ) .
54
(7.5)
(7.6)
7.1 Wechselstromwiderst¨ande
Fu
¨ r den Ohmschen Widerstand tritt keine Phasenverschiebung auf
(Abb.7.1).
7.1.2 Kapazitiver Widerstand
F¨
ur einen Kondensator mit der Kapazit¨at C (Einheit 1 F = 1 C/V, F = Farad)
ist:
1
,
ωC
π
ˆ − 90◦ ) .
ϕ = − (=
2
RC =
(7.7)
(7.8)
Die Spannung folgt dem Strom um π/2 hinterher (Abb. 7.2).
Zur mathematischen Ableitung des kapazitiven Widerstandes betrachtet man die
¨
zeitliche Anderung
der Ladung Q auf den Kondensatorplatten:
Q(t) = CU (t)
dQ
dU
I(t) =
= C
.
dt
dt
(7.9)
(7.10)
Mit dem Ansatz U (t) = U0 sin(ωt) ergibt sich:
I(t) =
ωCU0 · cos(ωt)
= ωCU0 · sin(ωt + π2 ) .
| {z }
(7.11)
I0
Wenn man die Phasenverschiebung bei der Spannung ber¨
ucksichtigt, ergibt sich
mit dem Ansatz I(t) = I0 · sin(ωt):
U (t) =
I0
π
· sin(ωt − ) .
ωC
2
(7.12)
Voraufgabe 7.A:
Begr¨
unden sie physikalisch anschaulich und kurz(!), warum die Spannung am Plattenkondensator dem Strom folgt.
Wie verh¨alt sich der Kondensator, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom anliegt?
7.1.3 Induktiver Widerstand
Eine Spule ist durch den Koeffizienten der Selbstinduktion L gekennzeichnet. Diese
Gr¨oße wird auch Induktivit¨at genannt.
55
7 Wechselstromwiderst¨ande und Schwingkreis
I0sin(ωt)
U0sin(ωt-π/2)
U∼
Rc
(a) RC
(b) ϕ
Abbildung 7.2: (L) Links: Schaltung mit Wechselstromwiderstand Z = RC . Rechts: Phasenverschiebung bei Z = RC .
I0sin(ωt)
U0sin(ωt+π/2)
U∼
RL
(a) RL
(b) ϕ
Abbildung 7.3: (L) Links: Schaltung mit Wechselstromwiderstand Z = RL . Rechts: Phasenverschiebung bei Z = RL .
U0sin(ωt)
I0sin(ωt-π/2)
I0sin(ωt+π/2)
Überlagerung der I(t)
U∼
RC
RL
(a) Parallelschwingkreis aus RL und RC
(b) ϕ
Abbildung 7.4: (L) Links: Parallelschaltung von C und L. Rechts: Resultierende Phasenverschiebung
56
7.1 Wechselstromwiderst¨ande
F¨
ur eine Spule mit der Induktivit¨at L (Einheit 1 H = 1 Vs/A, H = Henry) erh¨alt
man:
RL = ωL ,
π
ϕ = + (=
ˆ + 90◦ ) .
2
(7.13)
(7.14)
Die Spannung eilt dem Strom um π/2 voraus.
Zur mathematischen Ableitung des induktiven Widerstandes benutzt man die
¨
Gleichung der induzierten Spannung, die bei einer zeitlichen Anderung
des Stromes auftritt:
dI
U (t) = L
.
(7.15)
dt
Mit dem Ansatz I(t) = I0 · sin(ωt) ergibt sich:
U (t) =
ωLI0 · cos(ωt)
= ωLI0 · sin(ωt + π2 ) .
| {z }
(7.16)
U0
Voraufgabe 7.B:
Erl¨autern Sie kurz und physikalisch anschaulich wie sich das magnetische Feld der
Spule und I(t) mit der Zeit t ¨andern und gegenseitig beeinflussen.
Wie verh¨alt sich die Spule, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom anliegt?
7.1.4 Parallelschaltung von Kondensator und Spule
Um den Gesamtwiderstand Z und die Phasenverschiebung ϕ einer Parallelschaltung zu ermitteln, benutzen wir die Gleichungen 7.1 und 7.2.
Es ergeben sich folgende Gleichungen:
U (t) = U0 · sin(ωt)
U0
π
· sin(ωt − )
IL (t) =
RL
2
U0
π
U0
π
IC (t) =
· sin(ωt + ) = −
· sin(ωt − ) .
RC
2
RC
2
(7.17)
(7.18)
(7.19)
Wenn man die Wechselstr¨ome IL (t) und IC (t) graphisch darstellt, erkennt man,
dass die Phasendifferenz zwischen IL und IC genau π (180◦ ) betr¨agt, d.h. man kann
die Amplituden mit entgegengesetztem Vorzeichen addieren (siehe Abb. (7.4).
Damit erh¨alt man f¨
ur den Gesamtstrom I(t):
  U0 − U0 sin(ωt − π ) , wenn 1 > 1
2
RL
RC
RL RC I(t) =
.
(7.20)
 U0 − U0 sin(ωt + π ) , wenn 1 > 1
RC
RL
2
RC
RL
57
7 Wechselstromwiderst¨ande und Schwingkreis
F¨
ur die Impedanz Z und die Phasenverschiebung ϕ ergeben sich:
1
1
1
= −
Z
RL RC +90◦ , wenn RC > RL
ϕ=
.
−90◦ , wenn RL > RC
(7.21)
(7.22)
Die Frequenz ω0 , bei der die beiden Leitwerte 1/RL und 1/RC den gleichen Betrag
haben, ergibt sich aus der Gleichung:
1
ω0 C
1
=⇒ ω0 = √
.
LC
RL = RC =⇒ ω0 L =
(7.23)
(7.24)
Dies ist die Resonanzfrequenz des aus RL und RC gebildeten Schwingkreises.
Im Resonanzfall sind die Str¨ome IL und IC vom Betrag exakt gleich, aber sie
haben entgegengesetztes Vorzeichen. Daher wird der Gesamtstrom gleich Null,
d.h. auch der Leitwert der Parallelschaltung ist damit gleich Null und der Wechselstromwiderstand Z ist Unendlich:

U0
U0
π
I(t) = RL − RC sin(ωt − 2 ) = 0 


1
1 1
wenn ω = ω0 .
(7.25)
= RL − RC = 0
Z



Z=∞
Voraufgabe 7.C:
An einer Parallelschaltung aus einem kapazitiven und einem induktiven Widerstand (Parallelschwingkreis, Schaltung in Abb. 7.4) liege ein sinusf¨ormiger
Wechselstrom an. Was schwingt“ bei diesem Schwingkreis und wie kommt diese
”
Schwingung zustande?
Hinweis: Beachten Sie das Verhalten von Kondensator und Spule in Abh¨angigkeit
von I(t) und U(t).
Wie verh¨alt sich der Schwingkreis, wenn statt Wechselstrom ein Gleichstrom anliegt?
7.1.5 Serienschaltung von Kondensator, Spule und Ohmschem
Widerstand
Bei einer Serienschaltung von kapazitivem, induktivem und Ohmschem Widerstand l¨asst sich der Wechselstromwiderstand Z und die Phasenverschiebung ϕ
mit Hilfe der folgenden Gleichungen berechnen:
q
q
2
2
2
Z = RΩ + (RL − RC ) = RΩ
+ (ωL − 1/ωC)2
(7.26)
58
7.2 Versuchsanleitung
RΩ
U∼
RL
RC
(a) Serienschwingkreis aus
RΩ , RL und RC
(b) ϕ
Abbildung 7.5: (L) Links: Serienschaltung von C, L und RΩ . Rechts: Die Phasenverschiebung
h¨
angt von der Frequenz ab.
tan ϕ =
RL − RC
.
RΩ
(7.27)
Wenn der induktive Widerstand RL gr¨oßer ist als der kapazitive Widerstand RC ,
ist die Phasenverschiebung ϕ positiv (siehe Abb. 7.5).
Die Kreisfrequenz, bei der der Wechselstromwiderstand Z den kleinsten Wert einnimmt, berechnet sich wie die Resonanzfrequenz des Parallelschwingkreises und
stellt auch hier die Resonanzfrequenz dar.
ω0 = √
1
LC
(7.28)
Voraufgabe 7.D:
In Abb. 7.6 befindet sich in den Skizzen ein Lautsprecher in einer einfachen elektrischen Schaltung. W¨are weder ein Kondensator noch eine Spule in der Schaltung,
w¨
urde die Frequenz des anliegenden Wechselstromes als akustisches Signal gleicher Frequenz auf dem Lautsprecher ausgegeben.
Begru
¨ nden Sie kurz, welche der (schematisch vereinfachten) Schaltungen einen
einfachen Tiefpass und welche einen einfachen Hochpass darstellt.
7.2 Versuchsanleitung
Es sollen charakteristische Eigenschaften verschiedener Impedanzen bestimmt
werden.
In den Aufgaben 7.a – 7.d werden die Widerst¨ande der vier vorgestellten Schaltungen (siehe Abb. 7.7) in Abh¨angigkeit von der Frequenz gemessen.
Am Anfang jeder Messung ist die Spannung am Sinusgenerator so einzustellen,
59
7 Wechselstromwiderst¨ande und Schwingkreis
RC
RL
(a) Vereinfachter Tiefpass
(c) Vereinfachter Tiefpass
U∼
RL
Lautsprecher
RC
U∼
(b) Vereinfachter Hochpass
Lautsprecher
U∼
Lautsprecher
Lautsprecher
U∼
(d) Vereinfachter Hochpass
Abbildung 7.6: Schematische Darstellung von Tief- und Hochp¨assen.
dass ihr Scheitelwert 1 V betr¨agt.
In den vier Schaltungen ist jeweils die Phasenverschiebung zwischen
Strom und Spannung zu protokollieren.
Anmerkungen zu 7.a – 7.c:
• Nutzen Sie den ganzen Frequenzbereich aus!
• F¨
ur fu
¨ nf verschiedenen Frequenzen werden die Amplituden der anliegenden
Wechselspannung U0 , des durchfließenden Stroms I0 sowie die Schwingungsdauer T des Wechselstroms mit Hilfe des Zweikanal-Oszilloskops ermittelt.
Die Schwingungsdauer T ist auf die Kreisfrequenz ω gem¨aß der Beziehung
ω = 2π/T umzurechnen.
Aufgabe 7.a:
Kapazitiver Widerstand:
Der Kehrwert des Widerstandes (Leitwert) I0 /U0 wird gegen die Kreisfrequenz ω
aufgetragen und aus der Steigung der Geraden die Kapazit¨at des Kondensators
ermittelt.
60
7.2 Versuchsanleitung
Oszilloskop
U
I
a)
b)
c)
d)
RΩ
1Ω
Sinusgenerator
ν = 60 Hz − 600 Hz
U∼
RC
RL
RC
RL
RC
RL
(a) Schema des Versuchsaufbaus
Frequenz
U∼
min
max
Stromst¨arke
Spannung
min
max
Spannung
(b) Frontansicht (Schema) der Versuchsapparatur
Abbildung 7.7: Versuchsaufbau.
Aufgabe 7.b:
Induktiver Widerstand:
Der Widerstand U0 /I0 wird gegen die Kreisfrequenz aufgetragen und aus der Steigung der Geraden der Koeffizient L der Selbstinduktion bestimmt (Selbstinduktivit¨at).
Aufgabe 7.c:
Gesamtwiderstand einer Parallelschaltung von C und L:
Der Leitwert I0 /U0 wird gegen die Kreisfrequenz aufgetragen. Aus der Graphik ist
die Resonanzfrequenz ωres abzulesen und mit dem aus Gleichung (7.24) berechneten Wert zu vergleichen.
61
7 Wechselstromwiderst¨ande und Schwingkreis
Aufgabe 7.d:
Gesamtwiderstand einer Serienschaltung von RΩ , C und L:
Bei fest vorgegebener Frequenz (z.B. ωres ) soll der Gesamtwiderstand Z (Wechselstromwiderstand oder Impedanz) der Serienschaltung auf zwei Arten bestimmt
werden:
p
2
+ (RL − RC )2 .
1. Nach der Formel Z = RΩ
2. Durch Messung von U0 /I0 .
62
8 R¨
ontgenstrahlen
Versuchsziele
- Voraufgaben 8.A - 8.C
- Verst¨andnis der Funktion einer R¨ontgenr¨ohre
- Aufnahme des Spektrums einer Molybd¨an-R¨ontgenr¨ohre (8.b und 8.c)
- Bestimmung der Halbwertsdicke von Aluminium (8.d)
- Bestimmung der Absorption in Abh¨angigkeit von der Ordnungszahl Z (8.e)
und der maximalen Energie der R¨ontgenstrahlung (8.f )
Verbindung zur Medizin, Biologie und Pharmazie
Bedeutung von R¨ontgenaufnahmen von Knochen und Gewebe f¨
ur die a¨rztliche Diagnose. Sichtbarmachung der von einer m¨oglichst punktf¨ormigen (Wieso?)
R¨ontgenstrahlquelle ausgehenden nicht absorbierten Strahlung durch R¨ontgenfilme oder Leuchtschirme. Therapie von Tumoren und Krebsgeschw¨
ulsten durch
intensive Megavolt-R¨ontgenstrahlen. Die Beugung von R¨ontgenstrahlen an Kristallgittern und Makromolek¨
ulen wird zur R¨ontgenstrukturanalyse benutzt (LaueDiagramme). Nachweis der charakteristischen Strahlung der Elemente in einer
Probe bei der R¨ontgenfluoreszenzanalyse (Spurennachweis von Schadstoffen wie
Blei, Quecksilber etc. in Gewebe, Lebensmitteln, Umwelt).
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensit¨at einer e.-m. Welle; mathematische
Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenl¨ange, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenh¨ange dazwischen; Huygensches
¨
Prinzip, Uberlagerung
von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien;
Aufbau der Atomh¨
ulle und des Atomkerns; Proton, Neutron, Elektron,
Kernladungs- und Massenzahl; Schalenaufbau der Atome, Bohrsches Atommodell;
Aufbau einer R¨ontgenr¨ohre, Gl¨
uhelektrischer Effekt, Beschleunigung von Ladung,
Erzeugung von R¨ontgenstrahlen, Spektrum der R¨ontgenstrahlung, Bremsstrahlung und deren Energieverteilung, Grenzwellenl¨ange, Charakteristische Strahlung
und deren Ursprung
Aufnahme eines R¨ontgenspektrums: Welle-Teilchen-Dualismus, Beugung am Kristall, Bragg-Gleichung
Nachweis von ionisierender Strahlung: Ionisierung, ionisierende Strahlung, Ionisationskammer, Z¨ahlrohr, Szintillationsz¨ahler, Dosis, Dosisleistung; Reichweite
und Abschirmung ionisierender Strahlung, Schw¨achungseffekte von ionisierender
63
8 R¨ontgenstrahlen
Strahlung: Photoeffekt, Rayleigh-Streuung, Compton-Streuung, Paarbildung,
Abschw¨achungskoeffizienten, Abh¨angigkeit der Schw¨achung vom Absorbermaterial und dessen Dicke
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
¨
deren physikalische Aussage, nat¨
urlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Uberf¨
uhrung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
8.1 Grundlagen bildgebender Verfahren mit
R¨
ontgenstrahlung
Bei der diagnostischen R¨ontgenaufnahme handelt es sich um ein Schattenbild, bei
dem der im Strahlengang positionierte Gegenstand die Strahlung abh¨angig von
seiner Dicke d und Ordnungszahl Z unterschiedlich stark absorbiert und so einen
Schatten auf den Leuchtschirm oder den R¨ontgenfilm wirft.
Fallen parallele R¨ontgenstrahlen der Intensit¨at I auf eine d¨
unne Folie eines Materials mit Dicke dx, so gilt f¨
ur die Zahl dI der wechselwirkenden Quanten pro
Fl¨achen- und Zeiteinheit (siehe Abbildung 8.1):
dI ∝
I
∝ −dx
=⇒ dI = −µ · I · dx
(8.1)
Das Minuszeichen bedeutet, dass die Intensit¨at abnimmt (dI ≤ 0). Der Proportionalit¨atsfaktor µ ist der lineare Schw¨achungskoeffizient des Absorbermaterials mit Einheit m−1 . Er ist eine Funktion der Energie hν der Quanten (siehe Abb. 8.2) sowie der Dichte % und der Ordnungszahl Z der Materie: µ =
f (hν,%,Z). Damit zusammen h¨angt der auf die Dichte ρ des Materials bezogene Massenabschw¨achungskoeefizient µ0 = µ/ρ (Einheit: cm2 /g).
F¨
ur einen dicken Absorber mit homogener Zusammensetzung kann die Differentialgleichung (8.1) integriert werden und man erh¨alt das Schw¨achungsgesetz:
I(x) = I0 · e−µx mit I0 = Intensit¨at der auftreffenden Quanten
x = Dicke des Materials.
(8.2)
Zum Schw¨achungskoeffizienten µ tragen Absorption und Streuung der Strahlung
gemeinsam bei:
µ = µA + µR + µC + µP + µK
64
(8.3)
8.1 Grundlagen bildgebender Verfahren mit R¨ontgenstrahlung
I0
I
I1
I2
dx
dx
x
Abbildung 8.1: (L) Allgemeines Schw¨achungsgesetz. Die Abnahme dI der Intensit¨at in einem
Absorber h¨
angt von der eingehenden Intensit¨at ab: hier z.B. dI0 ∝ I0 und dI1 ∝ I1
104
t/
am
μ ges
102
ρ
1
10
μR /ρ
100
/ρ
μA
μ/ρ [cm2/g]
Emax(medizinische Diagnostik)
103
μA/ρ
μR/ρ
μC/ρ
μP/ρ
μgesamt/ρ
10-1
μ C/ρ
-2
P /ρ
10
μ
10-3
-4
10
0
10
1
10
2
10
3
10
4
10
Eγ[keV]
Abbildung 8.2: Abh¨
angigkeit des Massenabsorptionskoeefizienten µ/ρ von der Energie Eγ
der R¨
ontgenstrahlung am Beispiel von Aluminium (Z = 13). Die in der Diagnostik
maximal verwendete Energie betr¨agt ca. 150 keV, d.h. bis zu dieser Energie tragen nur
Photoabsorption, Rayleigh- und Compton-Streuung bei.
65
8 R¨ontgenstrahlen
Dabei sind:
µA
µR
µC
µP
µK
=
=
=
=
=
Schw¨achungskoeffizient
Schw¨achungskoeffizient
Schw¨achungskoeffizient
Schw¨achungskoeffizient
Schw¨achungskoeffizient
f¨
ur
f¨
ur
f¨
ur
f¨
ur
f¨
ur
Photoabsorption
Rayleigh-Streuung
Compton-Streuung
Paarbildung
Kernreaktion.
Die Absorption beruht im Wesentlichen auf der Ionisation von Atomen, die ein
Elektron aus einer inneren Elektronenschale abgeben. Der Absorptionskoeffizient
µA ist deshalb stark abh¨angig von der Anregungsenergie der Atome und damit von
der Ordnungszahl Z. Abgesehen von den Absorptionskanten, bei denen die Quantenenergie hν der R¨ontgenstrahlung gerade der Bindungsenergie EB der Elektronen entspricht, gilt bei fester Wellenl¨ange λ n¨aherungsweise die Beziehung
µA ≈ C · Z 4 .
(8.4)
Strahlung im niederenergetischen Bereich, unterhalb der Anregungsenergien der
Atome, kann die gebundenen Elektronen der Atome zu Schwingungen anregen,
welche dann Strahlung der gleichen Frequenz wie die einfallende abgeben. Dies
geschieht, vergleichbar den Huygenschen Elementarwellen, in alle Raumrichtungen
(Rayleigh-Streuung). Diese Art der Streuung verringert nicht die Energie, nur die
Richtung der Strahlung.
Bei Streuung an (quasi) ungebundenen Elektronen im Material kann die einfallende Strahlung einen Teil ihrer Energie an das Elektron abgeben. Nach diesem
Prozess, vergleichbar einem inelastischen Stoß, weist das ausgehende R¨ontgenquant eine verringerte Energie und (der Impulserhaltung geschuldete) ge¨anderte
Richtung auf (Compton-Streuung).
Die Schw¨achungskoeffizienten f¨
ur Paarbildung und Kernreaktion sind im Energiebereich der diagnostischen R¨ontgenstrahlung Null bzw. vernachl¨assigbar klein.
8.2 Projektion auf einen Leuchtschirm
Bei dem Versuch wird ein Schirm aus Bleiglas mit aufgetragenem Leuchtstoff aus
Zink-Cadmium-Sulfid (Zn(Cd)S) verwendet. Im Leuchtstoff hebt das einfallende
R¨ontgenquant durch Photoeffekt ein Elektron auf eine h¨ohere Bahn um den Atomkern oder ins Leitungsband (wo das Elektron nicht mehr an die Atomkerne gebunden ist). Die so entstandene Leerstelle wird von einem Elektron aus einer h¨oheren
Schale wieder aufgef¨
ullt, wobei die frei gewordene Energie teilweise in Form von
(sichtbarem) Licht abgegeben wird. Der Vorgang der Anregung und Lichtemission
¨
wird Fluoreszenz genannt. Die Uberg¨
ange erfolgen sehr schnell (<10−5 s), so dass
die Fluoreszenz im Gegensatz zur Phosphoreszenz nur w¨ahrend der Bestrahlung
sichtbar ist.
66
8.3 Spektrum einer Molybd¨an-R¨ontgenr¨ohre
Aufgabe 8.a:
R¨
ontgenbilder
Ein geschlossener Holzw¨
urfel, in dessen Inneren sich an festen Stellen zwei Schraubenmuttern und ein Hohlraum befinden, wird in den Strahlgang gebracht und die
Projektion entlang einer Achse dieses W¨
urfels betrachtet. In Zweiergruppen wird
dabei jeweils eine Projektion entlang einer anderen Achse durchgef¨
uhrt und dokumentiert. Im Anschluss soll in einer Gruppenarbeit aus diesen zweidimensionalen
Projektionen die Lagen und Orientierungen der Muttern und des Hohlraums im
W¨
urfel bestimmt werden.
Voraufgabe 8.A:
Beim Durchleuchten des Holzw¨
urfels mit R¨ontgenstrahlung der Energie 30 keV ist
der Unterschied zwischen der Abschw¨achung an Holz und den Hohlr¨aumen (Luft)
relativ schwer erkennbar, der Unterschied zwischen der Abschw¨achung an Holz
oder Eisen jedoch relativ leicht.
Berechnen Sie nach Gl. 8.2 die Abschw¨achung I/I0 f¨
ur eine Dicke von jeweils 5 mm
dieser Materialien. Verwenden Sie dazu folgende Schw¨achungskoeffizienten:
µ/ρ(Luft) = 0,35 cm2 /g, µ(Holz) = 0,2 cm−1 , µ/ρ(Eisen) = 8,2 cm2 /g.
Erkl¨aren Sie damit die erw¨ahnte experimentelle Beobachtung.
8.3 Spektrum einer Molybd¨
an-R¨
ontgenr¨
ohre
Es soll das von der Molybd¨an-R¨ontgenr¨ohre ausgesandte Spektrum (Intensit¨atsverteilung der Wellenl¨ange) mittels der Bragg-Reflexion in seine spektralen Anteile zerlegt werden (Abbildung 8.3).
Die Wellennatur der R¨ontgenstrahlung wurde erst 1912, d.h. 17 Jahre nach ihrer
Entdeckung durch Wilhelm Conrad R¨ontgen nachgewiesen, denn es ließen sich
zun¨achst keine Beugungsgitter mit hinreichend kleiner Gitterkonstante herstellen.
Schließlich kam Max von Laue der Gedanke, dass wom¨oglich die Natur solche
Gitter in Gestalt von Kristallen bereith¨alt. Es zeigte sich dann beim Durchstrahlen von NaCl mit R¨ontgenstrahlung eine Struktur (sog. Laue-Interferenzen) und
nicht ein schwarzer Fleck auf der Photoplatte, womit bewiesen wurde, dass R¨ontgenstrahlen wie das Licht (vergleiche Versuch 6: Beugung am Gitter) Welleneigenschaften haben. Außerdem wurde damit die Periodizit¨at des Kristalls nachgewiesen.
Umgekehrt werden heute Kristalle auf Grund ihrer Gitterstruktur dazu verwendet,
die Spektren und Grenzwellenl¨angen von R¨ontgenr¨ohren zu bestimmen.
8.3.1 Bragg-Reflexion an den Gitterebenen eines Einkristalls
67
8 R¨ontgenstrahlen
2θ
θ
Abbildung 8.3: Skizze zur Beugung von R¨ontgenstrahlen an einem Einkristall.
Die Bragg-Reflexion eines nahezu parallelen R¨ontgenstrahles an den Gitterebenen eines Einkristalls beruht auf der Interferenz elastisch gestreuter R¨ontgenquanten. Die elastische Streuung findet an den Elektronen der Atome statt. Aufgrund
der periodischen Anordnung der Atome in dem Einkristallgitter kommt es zu einer
¨
koh¨arenten (d.h. mit fester Phasenbeziehung) Uberlagerung
der Streuwellen.
Die hierbei beobachtete konstruktive Interferenz der Streuwellen kann man mit
Hilfe des Huygenschen Prinzips deuten. Danach ist jedes Atom ein Streuzentrum,
d.h. Ausgangspunkt elementarer Kugelwellen. Nur in bestimmten ausgezeichneten
Richtungen kommt es zu einer starken konstruktiven Interferenz, in allen anderen Richtungen wirkt sich die destruktive Interferenz benachbarter Wellen aus.
Es kommt zur konstruktiven Interferenz, wenn der Gangunterschied s, d.h. die
zus¨atzliche Wegstrecke (siehe Abb. 8.5) bei Streuung an einer benachbarten Netzebene, gleich dem ganzen Vielfachen der Wellenl¨ange λ ist.
Der Winkel Θ, unter dem die Bragg-Reflexion beobachtet wird, h¨angt von der
Wellenl¨ange λ und dem Netzebenenabstand d ab.
Die Bedingung f¨
ur konstruktive Interferenz lautet dann:
Gangunterschied = ganzes Vielfaches der Wellenl¨ange
2d · sin Θ
=
nλ mit n = 1,2,3,...
(8.5)
Hierbei ist n die Ordnung des Beugungsmaximums. Der Winkel Θ zwischen der
Richtung der einfallenden R¨ontgenstrahlen und der Netzebene ist der sog. Glanzwinkel.
Der Detektor zum Nachweis der gestreuten R¨ontgenstrahlung muss so nachgef¨
uhrt
werden, dass der Winkel zwischen dem einfallenden Strahl und dem gestreuten
Strahl gleich dem doppelten Glanzwinkel ist, d.h. Θdet = Θ (Abbildung 8.3).
Damit sieht der Detektor stets nur das f¨
ur eine bestimmte Wellenl¨ange λ charakteristische Intensit¨atsmaximum. In dem Versuch wird das Beugungsmaximum
erster Ordnung, d.h. n = 1, beobachtet. Damit ergibt sich f¨
ur die Wellenl¨angen λ
die Beziehung
λ = 2d · sin Θ,
(8.6)
d.h. es l¨asst sich aus dem Winkel Θ direkt die Wellenl¨ange λ berechnen.
68
8.3 Spektrum einer Molybd¨an-R¨ontgenr¨ohre
A
F
UA
B
hν
e−
A
K
W
UA
UH
F
B
W
K
:
:
:
:
:
:
:
Anode
Kathode
Wehneltzylinder
Anodenspannung
Heizspannung
Fenster
Blende
UH
Abbildung 8.4: Aufbau einer R¨
ontgenr¨ohre
d
θ
θ
· 21s
1
s
2
Netzebene
Abbildung 8.5: Zwischen den Reflexionen an zwei Netzebenen eines Kristalls herrscht ein
Gangunterschied von s = 2 · d sin Θ.
69
8 R¨ontgenstrahlen
Mit den elementaren Beziehungen
EPhoton = h · ν , c = λ · ν
(8.7)
l¨asst sich die Energie EPhoton jener Photonen berechnen, welche konstruktive
Interferenz unter dem Winkel Θ zeigen. Hierbei ist c die Lichtgeschwindigkeit
(c = 3,0 · 108 m/s), h das Plancksche Wirkungsquantum (h = 6,63 · 10−34 Js =
4,14 · 10−15 eVs).
Man bemerke in diesem Zusammenhang die Analogie zu dem in Versuch 6 aufzunehmenden Beugungsspektrum erster und zweiter Ordnung u
¨ber Gleichung (6.1),
wobei d beim Strichgitter die Gitterkonstante, beim Kristall der Netzebenenabstand ist.
F¨
ur die Gr¨oßenordnung der Energie der R¨ontgenquanten ist es u
¨blich, die Einheit
1 eV (Elektronenvolt) anzugeben. Die Energie 10 keV z.B. ist die kinetische Energie, die ein Elektron bei einer Anodenspannung UA = 10 kV auf dem Weg von der
Kathode zur Anode erh¨alt.
Es gibt verschiedene M¨oglichkeiten, die Strahlendosis einer R¨ontgenaufnahme anzugeben, je nachdem ob die reine Anzahl der erzeugten Ionenpaare, die Auswirkung der ionisierten Strahlung auf Materie etc. betrachtet werden soll. Einen
¨
kleinen, nichtvollst¨andigen Uberblick
gibt dabei Anhang E.
8.3.2 Grenzwellenl¨
ange λg , Grenzfrequenz νg , Grenzenergie Eg
Die aus der geheizten Kathode austretenden Elektronen werden durch die R¨ohrenHochspannung UA auf die Anode hin beschleunigt (siehe Abbildung 8.4). In
dem Anodenmaterial (hier Molybd¨an) wird die kinetische Energie Ekin = e · UA
der Elektronen teilweise oder ganz in elektromagnetische Strahlung der Energie
EPhoton = h · ν umgewandelt.
Die maximale Energie (Grenzenergie Eg ) der Photonen ist jene Energie, welche
sich bei vollst¨andiger Umwandlung von Ekin der Elektronen in EPhoton erg¨abe.
Photonen h¨oherer Energie k¨onnen im Spektrum prinzipiell nicht auftreten. So
l¨asst sich nach Gl. 8.7 auch die kleinstm¨ogliche Wellenl¨ange der Strahlung (die
Grenzwellenl¨ange λg ) bzw. die gr¨oßtm¨ogliche Frequenz (die Grenzfrequenz νg )
berechnen:
e · UA
c·h
, νg =
.
(8.8)
Eg = e · UA , λg =
e · UA
h
Voraufgabe 8.B:
Berechnen Sie die Grenzwellenl¨ange λg bei einer vorgegebenen Anodenspannung
von UA = 35 kV.
8.3.3 Versuchsdurchfu
¨ hrung
70
8.4 Halbwertsdicke von Aluminium
Es wird das Spektrum in erster Ordnung mit einem NaCl-Einkristall
(d = 281,97 pm, 1 pm = 1·10−12 m) aufgenommen. Der Winkel Θ wird zun¨achst in
gr¨oßeren Schritten (0,5◦ ) von 3◦ bis 10◦ variiert. Die Lage der beiden charakteristischen Mo Kα - und Mo Kβ -Linien wird hiernach von den Praktikanten abgesch¨atzt
und der entsprechende Bereich mit h¨oherer Genauigkeit in 0,2◦ -Schritten erneut
gemessen. F¨
ur den Impuls-Z¨ahler eignet sich eine Messzeit von 10 s.
Aufgabe 8.b:
Spektrum der R¨
ontgenr¨
ohre
Die Intensit¨at, d.h. die gemessene Zahl der gestreuten R¨ontgenquanten pro Sekunde, wird gegen den Winkel Θ auf Millimeterpapier aufgetragen.
Die Energien der beiden charakteristischen Mo Kα - und Mo Kβ -Linien sind in der
Einheit keV aus den entsprechenden Winkeln zu berechnen (Gln. 8.6 und 8.7).
Wie ist die erhaltene Kurvenform zu interpretieren?
Aufgabe 8.c:
Grenzwellenl¨
ange
Vergleichen Sie den Grenzwellenl¨ange aus dem Spektrum (Interpoliere!) mit der
in Aufgabe 8.B berechneten.
8.4 Halbwertsdicke von Aluminium
Es soll die Halbwertsdicke von Aluminium bei der Schw¨achung der verwandten
R¨ontgenstrahlen bestimmt werden.
Unter der Halbwertsdicke dH wird die Schichtdicke eines Absorbermaterials verstanden, nach deren Durchlaufen die Intensit¨at der einfallenden Strahlung auf
die H¨alfte abgefallen ist(vgl. Anhang C.3: Bestimmung der Halbwertsgr¨oße). Sie
ergibt sich aus Gleichung (8.2):
I(dH ) ≡
I0
ln 2
= I0 · e−µdH ⇐⇒ dH =
.
2
µ
(8.9)
Voraufgabe 8.C:
Ein dicker Absorber wird mit R¨ontgenstrahlung der Intensit¨at I0 und der mittleren
Energie E0 bestrahlt. Wie ¨außert sich der Einfluss (i) der Photoabsorption und
(ii) der Compton-Streuung auf die Intensit¨at I und die mittlere Energie E der
durchgelassenen Strahlung hinter dem Absorber?
8.4.1 Versuchsdurchfu
¨ hrung
71
8 R¨ontgenstrahlen
Es werden Al-Bleche verschiedener Dicke als Absorber benutzt. Die Intensit¨at der
durchgelassenen Strahlung wird durch die Zahl der registrierten Pulse eines Z¨ahlrohres in 40 Sekunden bestimmt. Zur Darstellung der exponentiellen Abh¨angigkeit
zwischen der gemessenen Intensit¨at und der Dicke x wird halblogarithmisches Papier verwandt, dessen Ordinatenabschnitte dem Logarithmus der aufzutragenden
Gr¨oße (hier der Intensit¨at) entsprechen. Bei Verwendung dieses Papieres ergibt
sich in der Zeichnung also bereits eine Gerade, wenn direkt die gemessenen Werte eingetragen werden (siehe Abb. C.1), aus deren Verlauf die Halbwertsdicke dH
direkt abgelesen werden kann(siehe hierzu Anhang C.3). Um den Einfluss des Probenhalters auf das Ergebnis zu ber¨
ucksichtigen wird zus¨atzlich eine Messung ohne
Probe (entsprechend d = 0 mm) durchgef¨
uhrt.
Aufgabe 8.d:
Halbwertsdicke
Wie groß sind die Halbwertsdicke dH und der damit nach Formel 8.9 zu berechnende lineare Schw¨achungskoeffizient µ?
8.5 Absorption von R¨
ontgenstrahlung in Abh¨
angigkeit
von der Ordnungszahl Z und der Energie der
R¨
ontgenstrahlung
Nicht nur die Dicke eines Materials hat Einfluss auf die Absorption, auch die
Ordnungszahl Z (und damit das Material selber). Es soll hier die Absorption von
R¨ontgenstrahlung in Abh¨angigkeit von der Ordnungszahl Z qualitativ untersucht
werden (8.e.)
Gleichzeitig zeigt sich die bereits angesprochene Energieabh¨angigkeit der Absorption auch f¨
ur verschiedene Materialien in verschiedenem Ausmaß. An zwei Beispielen soll auch dies untersucht werden. (8.f )
Aufgabe 8.e:
Auswertung der Z-Abh¨
angigkeit
Es werden Absorber aus verschiedenem Material mit konstanter Dicke (d =
0,5 mm) benutzt. Das Material und die jeweilige Ordnungszahl Z sind auf der
Blende vermerkt. Die Intensit¨at der durchgelassenen Strahlung wird durch die
Zahl der registrierten Pulse eines Z¨ahlrohres in 40 Sekunden bestimmt. Um den
Einfluss des Probenhalters auf das Ergebnis zu ber¨
ucksichtigen wird zus¨atzlich
eine Messung ohne Probe (entsprechend Z=0) durchgef¨
uhrt.
Wie ist der Verlauf der Werte zu erkl¨aren?
72
8.5 Absorption in Abh¨angigkeit von der Ordnungszahl
Aufgabe 8.f:
Diskussion der Energieabh¨
angigkeit
F¨
ur zwei Materialien wird je eine zus¨atzliche Messung mit reduzierter Beschleunigungsspannung UA = 25 kV durchgef¨
uhrt. (Auch hier ist eine Nullmessung ohne
Probe n¨otig.) Diskutieren Sie die unterschiedliche Absorption der beiden Materialien bei unterschiedlicher R¨ontgenenergie.
73
9 Radioaktivit¨
at
Versuchsziele
- Voraufgaben 9.A - 9.B
- Verst¨andnis der radioaktiven Strahlung
- Bestimmung eines unbekannten Isotops (9.a)
- Bestimmung von Mittelwert, Fehler des Mittelwertes und Standardabweichung einer Messreihe (9.b und 9.c)
- Bestimmung der Halbwertszeit von
108
Ag und
110
Ag (9.d)
Verbindung zur Medizin, Biologie und Pharmazie
Radioaktive Pr¨aparate werden in der Diagnostik wie der Therapie eingesetzt.
Schwerpunkte der medizinischen Diagnostik sind die Single Photon Emission Computer Tomography (SPECT) und die Positron Emission Tomography (PET). Hierbei wird das radioaktive Isotop meist an ein Molek¨
ul geheftet. Das so radioaktiv
markierte Molek¨
ul (sog. Tracer) unterscheidet sich chemisch nicht von dem nor”
malen“ Molek¨
ul, kann aber mit spezieller Messtechnik im K¨orper verfolgt werden.
Ziel ist dabei, funktionelle Abl¨aufe im K¨orper sichtbar zu machen, wobei die zeitliche Dynamik eine große Rolle spielt. Die Abweichung der am individuellen Patienten gemessenen Aktivit¨atsverteilung von der normalen Verteilung liefert dann
eine wichtige Aussage zur Funktion des Organs. Das Tracer-Prinzip findet auch
in der Bio- und Radiochemie Anwendung.
In der Therapie werden radioaktive Pr¨aparate mit energiereicherer Strahlung z.B.
in der Tumortherapie eingesetzt.
Grundkenntnisse
Aufbau des Atomkerns; Proton, Neutron, Kernladungs- und Massenzahl, Systematik des Kernaufbaus, Isotope; Radioaktivit¨at, α,β + ,β − ,γ-Strahlung, radioaktives Zerfallsgesetz, Aktivit¨at, Zerfallskonstante, Halbwertszeit; Nachweis von
ionisierender Strahlung: Ionisierung, ionisierende Strahlung, Ionisationskammer,
Geiger-M¨
uller-Z¨ahlrohr, Szintillationsz¨ahler; Statistik: H¨aufigkeitsverteilungen, Mittelwert, Fehler des Mittelwertes, Standardabweichung.
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Exponentialfunktion und
¨
deren physikalische Aussage, nat¨
urlicher bzw. dekadischer Logarithmus und Uberf¨
uhrung der
Exponentialfunktion in eine lineare Funktion durch Logarithmieren; Graphische Darstellung von
Messungen in Koordinatensystemen mit linear und logarithmisch geteilten Achsen und deren
Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven; lineare Regression;
75
9 Radioaktivit¨at
9.1 Einfu
¨ hrung
Unter Radioaktivit¨at wird die spontane Umwandlung von Atomkernen verstanden.
Dabei k¨onnen unterschiedliche Arten ionisierender Strahlung entstehen:
α-Strahlung
Beim Alpha-Zerfall wird aus dem Atomkern ein 42 He–Kern (Alpha-Teilchen) abgestrahlt. Die kinetische Energie der α-Teilchen liegt in der Gr¨oßenordnung von
1–10 MeV. Ein Beispiel ist die Radium-Radon-Umwandlung (siehe unten).
β − -Strahlung
Beim β − -Zerfall wandelt sich innerhalb des Atomkerns ein Neutron in ein Proton
unter Aussendung eines Elektrons und eines Antineutrinos um:
n −→ p + e− + ν¯e .
Das emittierte Elektron (β − -Teilchen) kann - z.B. mittels des Geiger–M¨
ullerZ¨ahlrohres - registriert werden. Dieser Zerfallsprozess findet bei instabilen Isotopen mit Neutronen¨
uberschuss statt.
β + -Strahlung
Hierbei wandelt sich im Atomkern ein Proton in ein Neutron unter Aussendung
eines Positrons (β + -Teilchen) und eines Neutrinos um:
p −→ n + e+ + νe .
Der β + -Zerfall tritt bei instabilen Isotopen mit Protonen¨
uberschuss auf. Beim
α-und β-Zerfall ¨andert sich die Kernladungszahl, d.h. Anfangs- und Endelement
sind verschieden.
γ-Strahlung
Die γ-Strahlung ist eine Begleiterscheinung fast aller radioaktiver Zerf¨alle. Die bei
der Kernumwandlung entstehenden Nuklide befinden sich u
¨blicherweise in einem
angeregten Zustand und gehen unter Emission eines Photons in einen Zustand
geringerer Energie u
¨ber. Da die Differenzen zwischen den Energieniveaus im Kern
in der Gr¨oßenordnung von 1 MeV liegen, besitzen die emittierten Photonen typischerweise Wellenl¨angen von 1 pm:
λ=
1240 eV nm
h·c
≈
= 0,00124 nm = 1,24 pm .
E
1 MeV
Im Gegensatz zum α- oder β-Zerfall beh¨alt der Kern beim γ-Zerfall seine Ladungsund Massenzahl bei, er zerf¨allt also nicht in ein anderes Nuklid.
76
9.1 Einf¨
uhrung
Radioaktiver Zerfall
Die Aktivit¨at A eines radioaktiven Pr¨aparates ist definiert als die Zahl der radioaktiven Zerf¨alle pro Zeiteinheit :
A :=
∆N
.
∆t
(9.1)
Die SI-Einheit der Aktivit¨at ist 1 Bq = 1 s−1 (1 Bq = 1 Becquerel). Eine heute
nicht mehr verwendete Einheit f¨
ur die Aktivit¨at ist 1 Ci = 1 Curie (1 Ci = 3,7 ·
1010 Bq).
Der radioaktive Zerfall ist ein statistischer Prozess, d.h. f¨
ur einen Atomkern ist
nicht voraussagbar, wann er zerfallen wird. Untersucht man jedoch eine große
Menge Atome, l¨asst sich feststellen:
Die Zahl der Kerne einer radioaktiven Substanz, die in der Zeit dt zerf¨allt, also
die Aktivit¨at A = dN
, ist proportional zur Zahl der momentan noch vorhandenen
dt
nicht zerfallenen Kerne N . Unter Ber¨
ucksichtigung des Vorzeichens - die Anzahl
der radioaktiven Atomkerne nimmt ab - gilt:
dN
= −λ · N .
dt
(9.2)
Die Integration dieser Differentialgleichung ergibt das radioaktive Zerfallsgesetz:
N (t) = N0 · e−λt mit N (t) : Zahl der Nuklide zur Zeit t
N0 :
Zahl der Nuklide zur Zeit t = 0
λ:
Zerfallskonstante.
(9.3)
Daraus ergibt sich die Halbwertszeit t1/2 , d.h. die Zeit, nach der die H¨alfte aller
Atomkerne zerfallen ist:
N0
ln 2
= N0 · e−λt1/2 =⇒ t1/2 =
.
(9.4)
2
λ
Aus (9.1) bis (9.3) ergibt sich f¨
ur die zeitliche Abh¨angigkeit der Aktivit¨at A (eine
Ableitung des Zerfallsgesetzes befindet sich in Anhang C):
N (T1/2 ) =
A(t) = −
dN
= λN0 · e−λt = A0 · e−λt .
dt
(9.5)
Hierbei ist A0 = λN0 die Aktivit¨at zum Zeitpunkt t = 0. Die Aktivit¨at einer
Probe nimmt also genauso wie die Zahl der radioaktiven Atomkerne exponentiell
mit der Zeit ab.
Die Zahl Z der von einem Detektor in einem bestimmten Zeitintervall registrierten
Zerf¨alle nimmt ebenfalls exponentiell ab:
Z(t) = Z0 · e−λt .
(9.6)
Da es sich beim Zerfall
eines radioaktiven Pr¨aparates um einen statistischen Vor√
gang handelt, ist Z der statistische Fehler von Z.
77
9 Radioaktivit¨at
#
Spektrum
Photokathode
Szintillator
γ-Strahler
PC
Spannungssignal
MCA
Usig
Photomultiplier
U
Bleiabschirmung
UHV
Licht
U++
U++++
e−
Anode
γ
e−
U+
U1 < Usig <= U2
U2 < Usig <= U3
···
Ux < Usig <= Ux+1
Ux+1 < Usig <= Ux+2
+1
7
7
#
3
7
U+++
U
Abbildung 9.1: (L) Schema des Versuchsaufbaus sowie schematischen Darstellungen der Funktionsprinzipien des Szinttilationsdetektors, des Photomultipliers und des MCA
9.2 Bestimmung eines unbekannten Isotopes durch
Aufnahme seines γ-Spektrums
Ein unbekanntes radioaktives Isotop soll anhand seines γ-Spektrums bestimmt
werden. Durch Vergleich dieses Spektrums mit dem Spektrum eines zuvor aufgenommenen bekannten Isotopes kann das unbekannte Isotop identifiziert werden.
Dazu muss eine Energiekalibrierung durchgef¨
uhrt werden, d.h. den anfangs einfach durchnummerierten Kan¨alen des Vielkanalanalysators eindeutige γ-Energien
zugeordnet werden.
9.2.1 Prinzipielle Funktionsweise der Messapparatur (Abb.9.1)
1. Die vom radioaktiven Atomkern emittierten γ-Quanten m¨
ussen registriert
und ihre Energie bestimmt werden. Dies geschieht mit Hilfe eines Szintillationsdetektors. Hierin werden durch die γ-Quanten Lichtblitze ausgel¨ost,
deren Intensit¨at (Helligkeit) proportional zur Energie der eingestrahlten γQuanten ist.
2. Die Lichtblitze werden elektronisch gez¨ahlt“, dazu werden sie zun¨achst in
”
einem Sekund¨arelektronenvervielfacher (Photomultiplier) in ein elektrisches
Spannungssignal umgesetzt. Wiederum gilt, dass die H¨ohe der Spannung
proportional zur Intensit¨at des Lichtblitzes, d.h. zur Energie des γ-Quants
ist. Technisch geschieht dies dadurch, dass der Lichtblitz an einer Photokathode Elektronen freisetzt, deren Zahl proportional zur Intensit¨at des einfallenden Lichts ist. Diese werden in mehreren Stufen solange vervielfacht,
bis ein messbares elektrisches Signal entsteht. Elektronisch wird aus dem so
78
Intensität
Intensität
9.2 Bestimmung eines unbekannten Isotopes durch sein γ-Spektrums
unbekanntes Präparat
Zählrate
1. Linie 1250 keV
2. Linie 1750 keV
3. Linie 2500 keV
Energie
0
250
500
750
1000
1250
1500
1750
Energie in keV
2000
2250
2500
2750
Energie
3000
Abbildung 9.2: (L) Links: idealisiertes Linienspektrum, rechts: reales Linienspektrum.
gewonnenen Ladungs- ein Spannungssignal erzeugt, dessen H¨ohe letztendlich
proportional der Energie des urspr¨
unglich registrierten γ-Quants ist.
3. Der Vielkanalanalysator sortiert nun alle ankommenden Spannungssignale
nach der H¨ohe der Spannung und fertigt auf dem Bildschirm eine Grafik. In
diesem Spektrum ist die Anzahl der Signale (Intensit¨at der γ-Strahlung) in
Abh¨angigkeit von der H¨ohe der zugeh¨origen Spannung aufgetragen.
Diese Grafik muss zur quantitativen Darstellung nun dahingehend bearbeitet werden, dass auf der Abszisse nicht die Spannung, sondern die Energie der urspr¨
unglich aufgenommenen γ-Quanten steht. Dies geschieht durch einen Eichvorgang
(vgl. Beispiel zur Eichung eines Vielkanalanalysators am Ende der Versuchsbeschreibung), bei dem ein bekanntes Pr¨aparat mit vergleichbarem Spektrum
und bekannten Energien aufgenommen wird.
Dem Vielkanalanalysator wird hierbei die zu einem Spannungswert ( Kanal“)
”
geh¨orende Energie angegeben. Aus mindestens zwei Eichwerten werden die zu
den Spannungswerten geh¨orenden Energien bestimmt. Als Ergebnis erh¨alt man
eine Darstellung der Intensit¨at in Abh¨angigkeit von der Energie (Abb 9.2).
Wird die Messung zun¨achst f¨
ur ein bekanntes Radionuklid aufgenommen und
geeicht und werden anschließend auf gleichem Wege die Linien des unbekannten
Isotopes aufgenommen, so liefert der Vielkanalanalysator die gew¨
unschte Information, bei welcher Energie diese Linien liegen. In analoger Weise wie bei der Auswertung der Linien (Farben) eines optischen Linienspektrums l¨asst sich hieraus
das unbekannte Isotop identifizieren.
Voraufgabe 9.A:
Wieso ist das gemessene Spektrum kein ideales Linienspektrum?
Aufgabe 9.a:
unbekanntes Isotop
1. Nehmen Sie zun¨achst das Spektrum des Eu-Pr¨aparates auf!
79
9 Radioaktivit¨at
2. Weisen Sie den Kan¨alen des Vielkanalanalysators γ-Energien zu und f¨
uhren
Sie die Energiekalibration durch (siehe Tabelle 9.1)!
3. Nachdem das Pr¨aparat vor dem Szintillationsz¨ahler gewechselt worden ist,
nehmen Sie ein Spektrum des unbekannten Isotops auf!
4. Identifizieren Sie das Isotop anhand der Linientabelle! Worum handelt es
sich?
9.3 Statistische Schwankungen
Hier wird n¨aher auf die statistische Natur des radioaktiven Zerfalls eingegangen.
Der theoretische Hintergrund ist im Anhang B.3 nachzulesen!
Mit der Messanordnung von Versuchsteil 9.2 wird dazu mehrmals unter gleichen
Voraussetzungen die Zahl der Ereignisse einer oder mehrerer γ-Linien u
¨ber eine
vorgegebene Zeit gemessen.
Aufgabe 9.b:
Auswertung
Nach Ende der Messreihe soll der Mittelwert x
¯, die Standardabweichung σ und
der absolute statistische Fehler des Mittelwertes δ¯
x nach den Gleichungen B.12
bis B.14 im Anhang B.3 ermittelt werden.
Aufgabe 9.c:
Vergleich
Vergleichen Sie die Standardabweichung mit den Messfehlern der Einzelmessungen
und ermitteln Sie, welcher Teil der Messwerte außerhalb der Standardabweichung
um den Mittelwert liegt!
Voraufgabe 9.B:
Wovon h¨angen bei dieser Messung der Mittelwert x
¯, die Standardabweichung σ
und der absolute statistische Fehler des Mittelwertes δ¯
x ab? Wie ¨andern sich diese
mit der Anzahl der Messungen?
80
9.4 Messung von Halbwertszeiten
UHV
PC
e−
Ag
Verst¨
arker
+
GM-Z¨ahlrohr
Usig
Z¨
ahler
Usig
# Ereignisse
R
Abbildung 9.3: Schema des Versuchsaufbaus zur Messung der Halbwertszeiten mit einem
Geiger-M¨
uller-Z¨
ahlrohr
9.4 Messung von Halbwertszeiten
Die Halbwertszeiten T1/2 (108 Ag) und T1/2 (110 Ag) der Radionuklide 108 Ag und 110 Ag
sollen bestimmt werden. Aufgrund ihrer kurzen Halbwertszeit m¨
ussen diese Nuklide durch Neutronenbestrahlung vor Ort hergestellt werden. Die Neutronen werden
in einer sogenannten Radium-Beryllium-Quelle erzeugt.
Die Reaktionskette zur Erzeugung der Neutronen ist:
226
88 Ra
9
4 Be
−→
+ α −→
222
86 Rn
12
6 C
+ α + γ
+ n.
Die schnellen Neutronen werden mit Paraffin moderiert, d.h. auf niedrige kinetische Energie abgebremst. Sie treffen auf ein St¨
uck nat¨
urliches Silber (51,4% 107 Ag
109
108
und 48,6%
Ag) und erzeugen dort die Isotope
Ag und 110 Ag. Diese gehen
110
durch β − -Zerfall in 108
¨ber.
48 Cd bzw. 48 Cd u
Die Kernreaktionen zur Aktivierung durch Bestrahlung mit Neutronen sind:
107
47 Ag
109
47 Ag
+ n −→
+ n −→
108
47 Ag
110
47 Ag
.
Beim nachfolgenden Betazerfall geschieht folgende Kernumwandlung:
108
47 Ag
110
47 Ag
−→
−→
108
48 Cd
110
48 Cd
+ e− + ν¯e
+ e− + ν¯e .
Mit einem Geiger-M¨
uller-Z¨ahlrohr wird nun die Anzahl der Zerfallsereignisse
(bestimmbar durch nachweisbare ionisierende Teilchen, hier Elektronen) in einem
bestimmten Zeitintervall, bei laufender Zeitmessung in Abh¨angigkeit von der Zeit
t gemessen. Bedingt durch die nat¨
urliche Radioaktivit¨at der Umgebung und die
kosmische Strahlung ist die vom Z¨ahlrohr gelieferte Zahl der registrierten Ereignisse auch ohne Quelle nicht Null. Dieser sogenannte Untergrund Z0 muss separat
81
9 Radioaktivit¨at
105
4
Z(t)
10
103
102
0
100
200
300
t(s)
400
500
Abbildung 9.4: Graphik zur Ermittlung der
Halbwertszeit von 110 Ag und 108 Ag.
Es wird Z gegen t auf halblogaritmischem Papier aufgetragen. Die
Halbwertszeit des kurzlebigen Isotopes wird bestimmt, indem zun¨achst
von der Anzahl Ereignisse jener Teil
abgezogen wird, der zu den langlebigen isotopen geh¨oren sollte.
gemessen werden. Nach Abzug des Untergrundes ist die Zahl der registrierten Zerfallsereignisse Z(t) − Z0 ein direktes Maß f¨
ur die im Pr¨aparat noch vorhandene
Zahl N (t) der aktiven Kerne.
Tr¨agt man ln(Z) gegen t auf, w¨
urde man bei Vorhandensein nur eines Isotopes
eine Gerade erhalten (Warum? Hinweis: Ermitteln Sie mit Gleichung (9.6)die
Geradengleichung!).
Da das hier zu vermessende Pr¨aparat aber aus zwei Isotopen mit verschiedenen Zerfallskonstanten besteht, ergibt seine Zerfallskurve auch auf halblogarithmischem Papier keine Gerade. Unterscheiden sich die Werte der beiden Halbwertszeiten so deutlich voneinander, dass nach einer gewissen Zeit die Aktivit¨at des kurzlebigeren Isotopes abgeklungen ist, kann man durch r¨
uckw¨artige Verl¨angerung des
geraden Endes der Kurve (Zerfallskurve des langlebigeren Isotopes) und Subtraktion dieser Geraden von der gemessenen Kurve die Zerfallskurve des kurzlebigeren
Isotopes ermitteln. Aus den erhaltenen beiden Geraden lassen sich die Halbwertszeiten T1/2 (108 Ag) und T1/2 (110 Ag) graphisch bestimmen (siehe Abb. 9.4).
Aufgabe 9.d:
Halbwertszeiten
1. Messen Sie ohne Probe den Untergrund. (Protokollieren!)
2. Messen Sie, sobald das Ag-Pr¨aparat vor dem Z¨ahlrohr liegt, u
¨ber 20 gleichbleibende Zeitintervalle die Anzahl der Ereignisse in Abh¨angigkeit von der
Zeit (Protokollieren!).
3. Bestimmen Sie graphisch die Halbwertszeiten der beiden Silberisotope, indem Sie Z gegen t auf halblogaritmischen Papier auftragen (siehe Anhang
C.3 und Abb. 9.4)! Der statistische Fehler ist als Fehlerbalken zu jedem
Messpunkt mit einzutragen.
82
9.4 Messung von Halbwertszeiten
Beispiel zur Kalibration eines Vielkanalanalysators
Die Kalibration eines Vielkanalanalysators ist die eindeutige Zuordnung von
Energien zu den MCA-Kan¨alen. Diese Zuordnung wird mit Hilfe eines sog.
Eichpr¨aparates mit bekannten Linienenergien vorgenommen. Die Abbildung 9.5
zeigt beispielhaft das γ-Spektrum eines Eichpr¨aparates. Man beachte, dass auf
der Abszisse die MCA-Kan¨ale aufgetragen sind. Dieser Abbildung k¨onnen unmittelbar die Zuordnungen von Kanal 400 bzw. 1150 zur Energie 920 keV bzw. 2645
keV entnommen werden (Beachte: Bei der Versuchsdurchfu
¨ hrung mu
¨ ssen
die Linienenergien der Tabelle 9.1 entnommen werden!). F¨
ur die Energiedifferenz ∆E pro Kanaldifferenz ∆K, dem sog. Eichfaktor F, ergibt sich somit:
F =
(2645 − 920)keV
keV
∆E
=
= 2,3
.
∆K
(1150 − 400)Kan¨ale
Kanal
(9.7)
Somit wird die jedem Kanal K eine Energie E nach der Geradengleichung
E = 920keV + 2,3 · (K − 400)keV
(9.8)
zugeordnet.
Gem¨aß dieser Gleichung kann auf der Abszisse nun die Energien statt der Kan¨ale
aufgetragen werden. Dies erm¨oglicht das direkte Ablesen der Linienenergien eines
unbekannten Pr¨aparates.
1. Linie: 920 keV
2. Linie: 1495 keV 1725 keV
3. Linie: 2645 keV
# Ereignisse
750 Kan¨ale
0
0
200
460
400
920
600
1380
800 1000
Kan¨ale
1200
1840 2300 2760
Energie [keV]
1400
1600
1800
Kalibration
3220
3680
4140
Abbildung 9.5: Aufnahme des γ-Spektrums eines Eichpr¨aparates. Die Kenntnis der Linienenergien erm¨
oglicht es, jedem Kanal des MCA eindeutig eine Energie zuzuordnen.
83
9 Radioaktivit¨at
152
Eu
Energie[keV] rel. Intensit¨
at
121,8
5
244,7
3
344,3
4
411,1
1
443,9
1
778,9
3
964,1
3
1085,8
3
1112,0
3
1408,0
4
134
Cs
Energie[keV] rel. Intensit¨at
475,3
2
563,2
4
604,7
5
795,8
4
801,9
2
1038,6
1
1167,9
1
1365,1
1
131
Energie[keV]
80,2
284,3
364,5
636,9
722,9
I
rel. Intensit¨at
2
2
5
2
1
Nur Linien oberhalb von
75 keV sind angegeben.
Nur Linien oberhalb von 100 keV sind angegeben.
133
Ba
Energie[keV] rel. Intensit¨
at
80,0
1
81,0
5
276,3
2
302,9
3
356,0
5
383,9
2
60
Co
Energie[keV] rel. Intensit¨at
1173,3
5
1332,5
5
Ba∗
Energie[keV] rel. Intensit¨at
661,6
5
137
Nur Linien oberhalb von 100 keV sind angegeben.
Nur Linien oberhalb von
75 keV sind angegeben.
Tabelle 9.1: γ-Spektrum einiger radioaktiver Isotope: 5 = sehr starke Linie, 1 = gerade noch
sichtbar, wenn freistehend. 137 Ba∗ ensteht durch β-Zerfall aus 137 Cs und hat eine Halbwertszeit von 3 Minuten. Falls dieses Isotop gefunden wird, kann man auf das Vorhandensein von 137 Cs schließen (Halbwertszeit 30 Jahre).
84
10 Ultraschall
Versuchsziele
- Voraufgaben 10.A - 10.C
- Bestimmung der Resonanzfrequenzen der Ultraschallwandler (10.a)
- Bestimmung der Schallwellenl¨ange (10.b und 10.d)
- Bestimmung der Schall-PhasenGeschwindigkeit (10.c)
(10.b)
und
der
Schall-Gruppen-
Verbindung zu Medizin und Biologie
Bildgebende Verfahren zur Diagnose: Sonographie und Dopplersonographie; Therapie mit Ultraschall: Behandlung von rheumatischen Erkrankungen und Gelenkentz¨
undungen durch W¨armezufuhr und F¨orderung der Durchblutung, Entfernung von Zahnstein, Zerst¨orung von Nieren- und Gallensteinen (Lithotripter),
Ultraschall-Skalpell, Echolot im Tierreich (Fledermaus, Delphine und Wale).
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); mathematische Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenl¨ange, Ausbreitungsgeschwindigkeit, Zusammenh¨ange dazwischen; Phasengeschwindigkeit,
¨
Gruppengeschwindigkeit; Uberlagerung
von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien, stehende Welle; Eigenschwingung, Resonanz; Eigenschaften von
Schallwellen; piezoelektrischer Effekt, Erzeugung von Ultraschall; Echolotverfahren.
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression; Funktionsweise und Umgang mit dem Oszilloskop; Bestimmung von Periodendauern und Amplituden
von Schwingungen mit dem Oszilloskop.
10.1 Bestimmung der Wellenl¨
ange einer Ultraschallwelle
sowie der Schall-(Phasen-)geschwindigkeit in Luft
In diesem Versuchsteil soll u
¨ber den Zusammenhang c = λν die Schallphasengeschwindigkeit in Luft bestimmt werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt
die Resonanzfrequenzen des Ultraschallwandlers bestimmt. Dann wird durch Verschiebung des Empf¨angers die Wellenl¨ange ermittelt, so dass die Schallgeschwindigkeit berechnet werden kann.
85
10 Ultraschall
Frequenz
min
max
Verst¨
arkung
Sender
min
max
Eingang
Ausgang
Trigger
off
on
off
on
=
in
out
∼
S
T
Abbildung 10.1: Links: Frequenzgenerator und Rechts: Verst¨arker mitsamt den in den Abbildungen der Aufbauten verwendeten Symboldarstellungen.
Voraufgabe 10.A:
Was passiert, wenn man ein schwingungsf¨ahiges System mit seiner Eigenfrequenz
anregt?
Zur Durchf¨
uhrung der Versuche stehen zwei piezoelektrische Ultraschallwandler
zur Verf¨
ugung, die sowohl als Sender als auch als Empf¨anger benutzt werden
k¨onnen. Der Sender wird u
¨ber einen Funktionsgenerator angesteuert, der wahlweise im Dauerbetrieb eine gleichf¨ormige Sinusschwingung liefert oder im Pulsbetrieb im Abstand von 80 ms einen Schallimpuls von 0,2 ms Dauer aussendet. Das
Signal des Empf¨angers ist sehr schwach und muss zur Darstellung am Oszilloskop verst¨arkt werden. Daher wird das Oszilloskop nicht direkt an den Empf¨anger
angeschlossen, sondern es wird ein Verst¨arker zwischengeschaltet.
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Die beiden Wandler, von denen der eine als Sender und der andere als Empf¨anger
dient, werden auf Stativhaltern montiert und im Abstand von ca. 50 cm zueinander
ausgerichtet. Der Funktionsgenerator wird auf Dauerbetrieb geschaltet. Das Signal
des Funktionsgenerators (bzw. dessen Triggerausgangssignal) wird auf Kanal 1
(CH 1) des Oszilloskops gelegt (Einstellung des Oszilloskops: 2 V/Div., 5 µs/Div.,
Trigger: intern, AUTO, CH 1.).
Das Signal des Empf¨angers wird auf Kanal 2 (CH 2) des Oszilloskops beobachtet
(Einstellung ca. 0,5 V/Div.).
Durch die Verwendung des Sendersignals als Triggersignal wird dieses bei jedem
Darstellungszylus des Oszilloskops phasengleich gezeichnet und bleibt dadurch
86
10.2 Bestimmung der Gruppengeschwindigkeit per Echolot-Verfahren
Sender
Empf¨anger
S
ch1 ch2
in
out
T
Abbildung 10.2: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Resonanzfrequenzen der Ultraschallwandler sowie der Wellenl¨
ange der Schallwelle.
(innerhalb der Genauigkeiten des Triggers) stabil. Das Empf¨angersignal wird zeitgleich mit dem Sendersignal aufgezeichnet, am Bildschirm wird also zu gleichen
Zeiten dargestellt was der Sender sendet und der Empf¨anger empf¨angt. Man beobachtet daher eine Phasenverschiebung, weil der Schall eine gewisse Zeit vom
Sender bis zum Empf¨anger unterwegs ist.
Aufgabe 10.a:
Resonanzfrequenzen der Ultraschallwandler
Die Wandler haben im Frequenzbereich zwischen 35 und 50 kHz zwei Resonanzfrequenzen, die bestimmt werden sollen. Dazu variiert man die Frequenz des Funktionsgenerators solange, bis das Signal des Empf¨angers auf dem Oszilloskop maximale Amplitude zeigt. Die zugeh¨orige Frequenz l¨asst sich dann aus der am Oszilloskop abgelesenen Schwingungsdauer berechnen oder alternative durch programmierte Messungen bestimmen.
Aufgabe 10.b:
Schallwellenl¨
ange und Schall-Phasengeschwindigkeit
Bei Variation des Abstandes zwischen Sender und Empf¨anger beobachtet man
eine Verschiebung des Empf¨angersignals relativ zum Signal des Senders. Der
Empf¨anger wird solange verschoben, bis eine Phasenverschiebung von wenigstens
10 vollen Schwingungen beobachtet werden kann. Aus der Verschiebungsstrecke
errechnet man die Wellenl¨ange und mit der im vorigen Teil gemessenen Frequenz
die Phasengeschwindigkeit der Welle.
10.2 Bestimmung der Schall-(Gruppen-)geschwindigkeit
nach dem Echolot-Verfahren
87
Sender
S
d
T
ch1 ch2
in
Empf¨
anger
Reflexionsplatte
10 Ultraschall
out
Abbildung 10.3: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Schall-(Gruppen-)geschwindigkeit nach
dem Echolot-Verfahren.
Ein Schallimpuls, der eine Laufstrecke s zur¨
ucklegt, ben¨otigt dazu eine Laufzeit t.
Die Schallgruppengeschwindigkeit ist dann durch c = s/t gegeben.
Normalerweise wird beim Echolotverfahren aus der Messung von t bei bekanntem
c die unbekannte Strecke s bestimmt.
Sender und Empf¨anger werden nebeneinander aufgebaut und auf eine Reflexionsplatte im Abstand d ausgerichtet.
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Beim Aufbau ist darauf zu achten, dass der Abstand von Ultraschallsender und
-empf¨anger etwa 10 cm betr¨agt. Der Funktionsgenerator wird auf Impulsbetrieb
umgeschaltet und bleibt mit dem Sender verbunden. Der Ausgang des Funktionsgenerators wird auf Kanal 1 des Oszilloskops gelegt (Einstellung des Oszilloskops:
2 V/Div., 1 ms/Div., Das Empf¨angersignal wird auf Kanal 2 des Oszilloskops eingespeist (Einstellung des Oszilloskops: 0,1 V/Div.).
Das Signal ist um die Laufzeit t f¨
ur die Strecke s = 2d zeitverschoben(Abb. 10.4).
Tats¨achlich erscheinen in Kanal 2 infolge von Reflexionen an verschiedenen Gegenst¨anden im Raum mehrere, zudem stark verbreiterte Signale. Um festzustellen,
welche Impulsgruppe von dem reflektierten Schallimpuls herr¨
uhrt, betrachtet man
das Bild auf dem Oszilloskop einmal mit und einmal ohne die reflektierende Wand.
Das Prinzip eines medizinischen Ultraschallger¨ates wird deutlich, wenn man untersucht, wie Gegenst¨ande, die sich vor Sender und Empf¨anger befinden, das Bild
am Oszilloskop ver¨andern. Nutzen Sie die M¨oglichkeit zu beobachten, wie sich die
Reflexionen von unterschiedlich großen Gegenst¨anden unterscheiden!
Auch das Signal des Senders ist durch technisch bedingte Vorg¨ange etwas unsauber. Es besteht aus einem sehr schmalen (in der Darstellung auf dem Oszilloskop
88
10.2 Bestimmung der Gruppengeschwindigkeit per Echolot-Verfahren
Sendersignal
Sendersignal
(1)
Empf¨
angersignal
Empf¨angersignal
(4)
(2)
Laufzeit t
(a) Ideale Signale
(3)
Laufzeit t
(b) Realistische Signale
Abbildung 10.4: Echolot. W¨
ahrend man theoretisch ein klares Sendersignal und einem ebenso klares Empf¨
angersignal nach der Laufzeit t erwartet (Abb. 10.4(a)), erh¨alt man ein
Signal (Abb. 10.4(b)) welches durch ein Nachschwingen des Senders stark verzerrt ist
(1). Neben dem dann ebenfalls verzerrten Echo erh¨alt man allerdings auch noch zus¨atzliche Signale von sonstigen Reflektionen in der Umgebung (3-4) oder von einer direkten
¨
Ubertragung
des Senders zum Empf¨anger (2). Abh¨angig vom Standort der Apparatur
und von den benutzten Ger¨aten kann das Oszilloskopbild in Details anders aussehen,
welches davon aber nun das zu ermittelnde Echo ist findet man am leichtesten heraus,
indem man die Reflexionsplatte verschiebt und beobachtet, welches Echo sich gleichsam
verschiebt.
als Strich erscheinenden) Rechteckimpuls mit einem (f¨
ur die Messung uninteressanten) Nachschwingvorgang. In der Praxis sieht man daher auf dem Schirm ein
Bild f¨
ur Sender- und Empf¨angersignal wie in Abbildung 10.4(b) angedeutet.
Voraufgabe 10.B:
Welche Informationen kann man mit einem Echolot u
¨ber Beschaffenheit und Menge des Materials gewinnen, das sich vor dem Ger¨at befindet (ein medizinisches
Ultraschallger¨at nutzt das gleiche Prinzip)?
Hinweis: In Abbildung 10.4(b) sind einige der Effekte zu sehen, die auch bei einem
Echolot- bzw. Ultraschallger¨at auftreten k¨onnen.
Aufgabe 10.c:
Schall-(Gruppen-)Geschwindigkeit
Durch Messung von d (Abstand Sender – Reflektor) und t (Laufzeit, am Oszilloskop abzulesen) ist die Gruppengeschwindigkeit c festgelegt. Diese Messung wird
f¨
ur 5 verschiedene Abst¨ande d durchgef¨
uhrt und grafisch ausgewertet.
89
10 Ultraschall
D = (2 · 3 + 1) ·
λ
4
Sender
λ/2
Relexionsplatte
Abbildung 10.5: Schematische Darstellung einer stehenden
Welle (eingezeichnet sind die Schallschnellen) zwischen
Sender und reflektierender Platte.
10.3 Bestimmung der Schallwellenl¨
ange durch
Interferometrie nach Pierce
L¨asst man die von einem Ultraschallsender erzeugte Schallwelle senkrecht auf eine
Platte im Abstand D fallen und reflektieren so kann sich zwischen der Stirnfl¨ache
des schwingenden Quarzes und der Reflektorplatte eine stehende Schallwelle ausbilden, wenn der Abstand D der Bedingung
D = (2n + 1) ·
λ
4
(10.1)
gen¨
ugt. Die stehende Welle hat am Sender einen Schwingungsbauch, an der reflektierenden Platte einen Knoten(Abb. 10.5). Unter dieser Bedingung verbraucht
der Sender besonders viel Strom, was mittels eines zwischengeschalteten Mikroamperemeters beobachtet werden kann.
Generell macht die Welle bei der Reflexion an der Platte einen Phasensprung von
π (180◦ ), erreicht die reflektierte Welle den Sender, so wirkt diese auf den Sender
zur¨
uck. Verschiebt man die Reflektorplatte und ¨andert so den Abstand D vom
Schwingquarz, so nimmt die St¨arke der R¨
uckwirkung der reflektierten Schallwelle
nicht gleichf¨ormig ab bzw. zu, sondern variiert entsprechend periodisch.
Voraufgabe 10.C:
Warum steigt die Leistung des Senders an, wenn er in einem Schwingungsbauch
¨
steht? Uberlegen
Sie sich hierzu, was passiert, wenn die ausgesendete Welle wie in
Abbildung 10.5 dargestellt am Sender mit der reflektierten Welle zusammentrifft.
Der Sender wird mit einem zwischengeschalteten Amperemeter an den Funktionsgenerator angeschlossen. Er wird u
¨ber einer Reflexionsplatte montiert, die mit
einem Hebetisch in der H¨ohe verstellt werden kann.
Aufgabe 10.d:
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Der Funktionsgenerator steht wieder auf Dauerbetrieb. Die im ersten Versuchs-
90
10.3 Bestimmung der Schallwellenl¨ange durch Interferometrie
S
µA
Reflexionsplatte
(h¨
ohenverstellbar)
T
Abbildung 10.6: Versuchsaufbau zur Bestimmung der Schallwellenl¨ange durch Interferometrie.
teil bestimmte Resonanzfrequenz νRes muss sehr genau eingestellt sein, damit der
Effekt gut sichtbar ist. Zwischen Funktionsgenerator und Wandler wird das Mikroamperemeter geschaltet. Der Ultraschallwandler wird so dicht wie m¨oglich u
¨ber
der in der H¨ohe voll ausgefahrenen horizontalen Reflektorplatte montiert. Der Abstand Platte – Wandler wird kontinuierlich vergr¨oßert.
Von jeweils einem Strommaximum zum n¨achsten wird der Abstand d an der Skala
des Hebetisches abgelesen und hieraus die Wellenl¨ange λ bestimmt. Es soll u
¨ber
4 bis 5 Maxima gemessen werden. Begr¨
unden Sie etwaige Abweichungen.
Aus νRes und λ wird die Phasengeschwindigkeit c bestimmt. Das Ergebnis wird
mit dem von Aufgabe 10.b verglichen.
91
11 Polarisation des Lichts
Versuchsziele
- Voraufgabe 11.A - 11.C
- Messung der Rotationsdispersion von Quarz (11.a)
- Bestimmung der Konzentration einer Zuckerl¨osung (11.b)
Verbindung zu Medizin, Biologie und Pharmazie
Polfilter bei Brillen und Fotoapparaten; 3D-Kino; Polarisationsmikroskop (Phasenkontrastaufnahme zur Sichtbarmachung komplexer organischer Strukturen (gestreifte Muskulatur)); Polarimetrie: Saccharimeter zur Harnzuckerbestimmung;
stereochemische Untersuchungen.
Grundkenntnisse
Entstehung und Ausbreitung von Schwingungen (transversal, longitudinal); elektromagnetische Wellen; Energie und Intensit¨at einer e.-m. Welle; mathematische
Beschreibung von Wellen; Frequenz, Kreisfrequenz, Wellenl¨ange, Ausbreitungsgeschwindigkeit (Vakuum, Medium), Zusammenh¨ange dazwischen; Huygensches
¨
Prinzip, Uberlagerung
von Wellen, Phase, Interferenz und Interferenzkriterien;
Polarisation, elektrisches und magnetisches Feld, Erzeugung von linear polarisiertem Licht durch Reflexion und Doppelbrechung, Brewstersches Gesetz, optische
Aktivit¨at, Rotationsdispersion, Polarimeter; Monochromator.
Physikalische Gr¨
oßen und Einheiten, Messfehler und Fehlerrechnung; Graphische Darstellung
von Messungen und deren Auswertung mit Hilfe von Ausgleichskurven, lineare Regression
11.1 Rotationsdispersion von Quarz
Die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht wird beim Durchgang durch
eine optisch aktive Substanz gedreht. Die Abh¨angigkeit des Drehwinkels von der
Wellenl¨ange λ nennt man Rotationsdispersion. Bei Verwendung eines Polarisators und Analysators k¨onnen die Spektralfarben des Lichtes je nach Stellung des
Analysators getrennt beobachtet werdena .
Hat die durchstrahlte Substanz die Dicke d, so gilt f¨
ur den Drehwinkel α(λ):
α(λ) = α0 (λ) · d .
(11.1)
α0 (λ) gibt den f¨
ur die Substanz typischen Drehwinkel pro mm Dicke bei der Wellenl¨ange λ an. α0 (λ) ist dabei eine wellenl¨angenabh¨angige Gr¨oße; diese Abh¨angig-
93
11 Polarisation des Lichts
Polarisator
Küvette (11.2)
Analysator
Lichtquelle
Doppelquarz
Monochromator
(11.1)
(rechtsdrehend!)
(a) Schematischer Versuchsaufbau
Lichtquelle
Polarisator
Doppelquarz
Analysator
K¨
uvette (Teil 11.2)
nicht im Bild: Monochromator aus Teil 11.1
(b) Foto des Versuchsaufbaus
Abbildung 11.1: Aufbau des Polarimeters
keit l¨asst sich in guter N¨aherung beschreiben mit
α0 (λ) =
m
α(λ)
≈ 2
d
λ ·d
(11.2)
wobei m hier lediglich einer Proportionalit¨atskonstante entspricht.
a
Dies wird in beiden Versuchsteilen sogar als Hilfsmittel genutzt.
Voraufgabe 11.A:
Leiten Sie mit Hilfe von Gl. 11.2 her, wie α0 (λ) von der Frequenz und der Energie
des Lichts abh¨angt.
In diesem Versuch soll die Rotationsdispersion am Beispiel von Quarz untersucht
werden. Dazu ist es notwendig, aus dem kontinuierlichen Wellenl¨angenspektrum
der verwendeten Lichtquelle monochromatisches ( einfarbiges“) Licht herzustel”
len. Dies geschieht mit verschiedenen Monochromatoren, die aus der einfallenden
Menge des Lichtes jeweils nur Licht einer definierten Wellenl¨ange transmittieren.
94
11.1 Rotationsdispersion von Quarz
Versuchsdurchfu
¨ hrung
Im Versuch (siehe Abbildung 11.1) ist f¨
ur vier verschiedene Wellenl¨angen die Drehung der Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht beim Durchgang durch
einen 3,75 mm dicken Quarz zu messen. Dieser Quarz besteht aus zwei St¨
ucken,
die so gegeneinander verdreht sind, dass das Licht den Quarz einmal in Richtung
der ausgezeichneten Kristallachse durchl¨auft und einmal entgegen dieser Achse.
Entsprechend wird die Polarisationsebene des Lichts einmal im Uhrzeigersinn,
einmal gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Welches dieser St¨
ucke die rechts- und
welches die linksdrehende H¨alfte ist, kann man dadurch feststellen, dass man linear polarisiertes weißes Licht (ohne Monochromator) verwendet und die bereits
erw¨ahnte Farbenfolge durch Drehung des Analysators beobachtet. Die rechtsdrehende H¨alfte ist diejenige, bei der durch Rechtsdrehung des Analysators (Blick
gegen die Strahlrichtung, Drehung im Uhrzeigersinn) die Farbenfolge
gr¨
un – blau – violett – rot – orange – gelb – gr¨
un – blau · · ·
beobachtet wird; bei der linksdrehenden H¨alfte muss sich die gleiche Farbenfolge
bei Linksdrehung (Drehung gegen den Uhrzeigersinn) des Analysators beobachten
lassen. Nun stellt man mit Hilfe eines Interferenzfilters als Monochromator einfarbiges Licht her. Man stelle ohne Quarz den Analysator auf 180◦ oder 0◦ (Nullstellung) und den Polarisator dazu senkrecht (→ maximale Dunkelheit). Dann bringt
man den Doppelquarz in den Strahlengang und dreht den Analysator soweit nach
rechts, bis die rechtsdrehende H¨alfte des Quarzes maximal dunkel ist (Stellung
des Analysators βR ), und anschließend von der Nullstellung aus nach links (βL ),
bis die linksdrehende H¨alfte maximal dunkel ist. Der Drehwinkel α(λ) ergibt sich
dann zu
|βR (λ) − βL (λ)|
.
α(λ) =
2
Ein Beispiel, wie βR , βL und die Messunsicherheiten ∆βR und ∆βL bestimmt
werden, zeigt Abbildung 11.2.
Aufgabe 11.a:
Messung und Auswertung
1. Stellen Sie ohne Monochromator und ohne Quarz den Polarisator so ein,
dass die Nullstellung (maximale Dunkelheit) bei einer Analysatorstellung
von 0◦ oder 180◦ liegt.
2. Bringen Sie den Quarz in den Strahlgang und finden Sie aufgrund der beschriebenen Farbfolge heraus, welcher Teil des Quarzes die rechts- und welcher die linksdrehende H¨alfte darstellt.
3. Bringen Sie einen der verwendeten Monochromatoren in den Strahlgang und
bestimmen Sie wie oben und in Abb. 11.2 beschrieben den Drehwinkel α(λ)
95
11 Polarisation des Lichts
0
30
280
260
0
0
0
24
30
280
1 = βR − ∆βR
2 = βR + ∆βR
12
12
14
0
22
22
0
160
200
180
0
200
(a) Zur Bestimmung von βr und βL
100
260
2
80
100
0
β
R
1
60
80
24
40
0
32
60
0
β
R
20
βR
βL
0
·∆
3
340
40
2
20
20
180
0
160
340
0
R −β
L
14
β
(b) Zur Messunsicherheit von βR und βL
Abbildung 11.2: Abb. 11.2(a): Ohne Quarz findet man in diesem Beispiel den Bereich maximaler Dunkelheit bei Stellung des Analysators auf 18◦ (Nullstellung). Mit Quarz stellt
sich dies hier bei der rechtsdrehenden H¨alfte des Kristalls ein, wenn der Analysator
um βR = 34◦ im Uhrzeigersinn gedreht wird. Maximale Dunkelheit der linksdrehenden
H¨alfte zeigt sich, wenn der Analysator ausgehend von der Nullstellung um βL = −36◦
(also gegen den Uhrzeigersinn) gedreht wird. Mit |βR − βL | = 70◦ ist in diesem Beispiel
also α(λ) = 35◦ .
Abb. 11.2(b): Im Experiment lassen sich die Winkel nicht beliebig genau bestimmen.
Vielmehr existiert ein ganzer Winkelbereich welcher maximal dunkel ohne weitere Helligkeitsunterschiede erscheint. Es kann dann zun¨achst nur eine Ober- und eine Untergrenze
f¨
ur (in diesem Beispiel) βR gegeben werden. βR ist dann der mittlere Winkel in diesem
Bereich, die volle Breite des Bereichs entspricht dann 2 · ∆βR .
340
20
40
0
280
100
24
12
0
0
80
260
60
30
0
32
0
14
22
0
160
180
0
200
96
Abbildung 11.3: Zur Verdeutlichung der
Schwierigkeit den Bereich maximaler Dunkelheit einzustellen. Bei Stellung des Polarisators auf 0◦ und
Drehung des Analysators kann der
exakte Winkel maximaler Dunkelheit per Auge nicht beliebig genau
ermittelt werden.
11.2 Saccharimeter
dieser Wellenl¨ange λ. Wiederholen Sie dies bis sie α(λ) f¨
ur insgesamt vier
verschiedene Wellenl¨angen bestimmt haben.
4. Tragen Sie α(λ) gegen 1/λ2 in ein Diagramm auf und bestimmen Sie die
Wellenl¨angenabh¨angigkeit von α0 (λ) nach Gl. 11.2. Bestimmen Sie dazu m
mit einer graphischen Auswertung.
Voraufgabe 11.B:
Im Beispiel in Abbildung 11.2 stellt sich die maximale Dunkelheit der rechtsdrehenden H¨alfte des Quarzes ein, wenn der Analysator auf die 52◦ -Markierung
gedreht ist. Es gibt eine zweite Stellung des Analysators, bei welcher wieder maximale Dunkelheit der rechtsdrehenden H¨alfte beobachtet werden kann. Welche ist
das und warum ist dem so?
Voraufgabe 11.C:
In einem (nicht existenten) idealen Experiment, w¨
urde die Bestimmung von βR
oder βL alleine gen¨
ugen, um den Drehwinkel α zu bestimmen. In der Realit¨at wird
die Messung dann aber durch einen systematischen Fehler unbrauchbar verf¨alscht.
Dieser wird durch die Bestimmung von sowohl βR als auch βL und Verrechnung
der beiden Winkel umgangen. Welcher systematische Fehler ist das?
11.2 Saccharimeter
Im zweiten Teil des Versuches sind die Konzentrationen verschiedener Traubenzuckerl¨osungen zu bestimmen.
F¨
ur eine optisch aktive Substanz, die in einem nicht optisch aktivem Medium
gel¨ost ist, gilt bei fester Wellenl¨ange λ des Lichts, dass der Drehwinkel α zur Konzentration c und zu der Strecke d, die das Licht durch die durchstrahlte Substanz
zur¨
ucklegt, proportional ist. W¨ahrend beim Quarzkristall aus Teil 11.1 die Drehung der Schwingungsebene kontinuierlich von der durchdrungenen Dicke abhing,
ist bei gel¨osten Substanzen also zus¨atzlich eine Abh¨angigkeit von der Konzentration zu beobachten.
α = α0 · c · d
(11.3)
dl
. Die KonDer spezifische Drehwinkel α0 von Traubenzucker betr¨agt 0,5278◦ dm·g
zentration der L¨osung wird in der Einheit g/dl (Gramm pro Deziliter) angegeben.
Sind mehrere optisch aktive Substanzen in der L¨osung vorhanden, so ergibt sich
¨
der Drehwinkel als Uberlagerung
der Drehungen beider Substanzen (Beispiel: Invertzucker):
α = (α0 1 · c1 + α0 2 · c2 ) · d
(11.4)
97
11 Polarisation des Lichts
11.2.1 Messung
Der Versuchsaufbau ist in Abbildung 11.1 skizziert. Die L¨ange d betr¨agt je nach
Experiment zwischen 28 und 34 cm.
Zuerst wird der Analysator fest auf 0◦ eingestellt. Dann wird bei leerer K¨
uvette
der Polarisator solange gedreht, bis beide H¨alften des Doppelquarzes die gleiche rot-violette Farbe zeigen. Bei K¨
uvetten mit eingef¨
ullter Traubenzuckerl¨osung
wird der Analysator nachgedreht, bis die beiden H¨alften wieder den gleichen rotvioletten Farbton zeigen.
Aufgabe 11.b:
Auswertung
Man bestimme nach Formel (11.3) die Konzentration von drei verschiedenen Traubenzuckerl¨osungen.
98
A Gro
¨ßen, Dimensionen und Einheiten in der
Physik
Unter physikalischen Gr¨
oßen versteht man messbare Eigenschaften physikalischer
Objekte, Vorg¨ange und Zust¨ande (z.B. L¨ange, Beschleunigung, Temperatur). Eine
physikalische Gr¨oße wird durch die Grundgleichung
physikalische Gr¨oße = Zahlenwert × Einheit
quantitativ erfasst.
Das Produkt aus Zahlenwert × Einheit nennt man auch Gr¨
oßenwert (nicht
Gr¨oße) einer physikalischen Gr¨oße, wenn die quantitative Aussage betont werden
soll. Der physikalische Zusammenhang verschiedener Gr¨oßen wird durch Gr¨
oßengleichungen beschrieben, z.B.
Geschwindigkeit =
Weg
,
Zeit
v=
s
.
t
Die Gr¨oßengleichungen gelten unabh¨angig von der Wahl der Einheiten. Als Grundoder Basisgr¨oßen bezeichnet man voneinander unabh¨angige physikalische Gr¨oßen;
sie lassen sich nicht u
ucken
¨ber Gr¨oßengleichungen durch andere Basisgr¨oßen ausdr¨
(z.B. sind L¨ange und Zeit Basisgr¨oßen, aber nicht die Geschwindigkeit). Die Wahl
und die Zahl der Basisgr¨oßen in einem Gr¨
oßensystem ist in gewisser Weise
willk¨
urlich. Im neuen Internationalen Einheitensystem“ (SI) hat man die sieben
”
Basisgr¨oßen L¨
ange, Masse, Zeit, elektrische Stromst¨
arke, thermodynamische Temperatur, Stoffmenge und Lichtst¨
arke gew¨ahlt. Name und Kenn¨
zeichen der zugeh¨origen SI-Einheiten sowie eine Ubersicht
u
¨ber abgeleitete SIEinheiten, atomphysikalische Einheiten etc. sind in den folgenden Abschnitten
wiedergegeben.
Unter der Dimension (Abk¨
urzung f¨
ur Dimensionsprodukt) einer physikalischen
Gr¨oße versteht man das durch eine Gr¨oßengleichung definierte Produkt aus Potenzen von Basisgr¨oßen. (Urspr¨
unglich wurde das Wort Dimension“ im geometri”
schen Sinn gebraucht, z.B. der Raum ist dreidimensional“). Z.B. ist die Dimension
”
der Leistung
Kraft × Weg
Masse × Weg2
Energie
=
=
Zeit
Zeit
Zeit3
oder kurz: dim (Leistung) = M · L2 · T −3 .
Der Begriff Dimension darf nicht mit dem Begriff Einheit verwechselt werden.
Dementsprechend sollte man auch von Einheitenprobe“ und nicht Dimensions”
”
probe“ bei der Pr¨
ufung von Einheitengleichungen sprechen.
99
A Gr¨oßen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
A.1 SI-Einheiten
SI-Einheiten sind
1. die zu den Basisgr¨oßen des Internationalen Einheitensystems“ (SI) festge”
setzten Basiseinheiten des SI:
Basisgro
¨ße
L¨ange
Masse
Zeit
el. Stromst¨arke
thermodynamische
Temperatur
Stoffmenge
Lichtst¨arke
Basiseinheit
Meter
Kilogramm
Sekunde
Ampere
Einheitenzeichen
m
kg
s
A
Kelvin
Mol
Candela
K
mol
cd
2. die aus ihnen als Potenzen oder als Potenzprodukte mit dem Zahlenfaktor 1
gebildeten ( koh¨arent“) abgeleiteten SI-Einheiten (z.B. m2 oder kg/m3 ).
”
Alle aus den Basiseinheiten mit einem von 1 verschiedenen Faktor abgeleiteten Einheiten sind (nach DIN 1301) keine SI-Einheiten, d.h. auch die mit
Vors¨atzen f¨
ur dezimale Vielfache und Teile gebildeten Einheiten sind keine
SI-Einheiten!
Beispiele f¨
ur abgeleitete SI-Einheiten:
1. ohne besonderen Namen
Gro
¨ße
Fl¨ache
Geschwindigkeit
Dichte
Einheit
1 m2 = 1 m · 1 m
1 m s−1 = 1 m · 1 s−1
1 kg m−3 = 1 kg · 1 m−3
usw.
2. mit besonderen Namen und Einheitenzeichen
Gr¨
oße
el. Ladung
Kapazit¨at
Selbstinduktionskoeffizient
Frequenz
Kraft
Arbeit bzw. Energie
Leistung
Druck
el. Spannung
el. Widerstand
el. Leitwert
magn. Fluss
magn. Flussdichte
100
Einheit
Coulomb
Farad
1 C = 1 As
1 F = 1 As/V
Henry
Hertz
Newton
Joule
Watt
Pascal
Volt
Ohm
Siemens
Weber
Tesla
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
H = 1 Vs/A
Hz = 1/s = 1 s−1
N = 1 kg m s−2
J=1Nm=1Ws
W = 1 J/s
Pa = 1 N/m2
V = 1 W/A
Ω = 1 V/A
S = 1/Ω
Wb = 1 V s
T = 1 Wb/m2
Dezimale Vielfache und dezimale Teile von Einheiten k¨onnen durch
Vors¨atze vor den Namen der Einheit sowie durch Vorsatzzeichen vor Einheitenzeichen bezeichnet werden:
Vielfaches/Teil
das 1012 -fache
das 109 -fache
das 106 -fache
das 103 -fache
das 102 -fache
das 101 -fache
das
das
das
das
das
das
das
das
10−1 -fache
10−2 -fache
10−3 -fache
10−6 -fache
10−9 -fache
10−12 -fache
10−15 -fache
10−18 -fache
Vorsatz
Tera
Giga
Mega
Kilo
Hekto
Deka
dezi
centi
milli
mikro
nano
piko
femto
atto
Vors.Zeichen
T
G
M
k
h
da
d
c
m
µ
n
p
f
a
Beispiel
GW (Gigawatt)
MN (Meganewton)
km
hPa (Hektopascal)
dm
cm
mg
µm
nm
pF (Pikofarad)
fm
Vorgesehen sind ferner: Peta (P) = 1015 -fach und Exa (E) = 1018 -fach.
Der Vorsatz ist ohne Zwischenraum vor den Namen der Einheit, das Vorsatzzeichen ohne Zwischenraum vor das Einheitenzeichen zu setzen. Potenzen bei derart
zusammengesetzten Kurzzeichen m¨
ussen sich immer auf das ganze Kurzzeichen
2
2
beziehen (cm = (cm) usw.).
Dezimale Vors¨atze“ sind nicht erlaubt bei den Zeiteinheiten Minute, Stunde,
”
Tag und bei den Winkeleinheiten Grad, Minute, Sekunde sowie bei den Einheiten f¨
ur Fl¨achen und Voluminaa (z.B.: Milli“-Quadratmeter; mm2 bedeutet
”
ausschließlich Quadrat-Millimeter u.¨a.).
Atomphysikalische Einheiten sind unabh¨angig von den SI-Basiseinheiten definierte Einheiten f¨
ur
Gr¨
oße
Einheit
Einheitenzeichen
Masse im atomaren Bereich atomare Masseneinheit u
Energie
Elektronenvolt
eV
101
A Gr¨oßen, Dimensionen und Einheiten in der Physik
A.2 Umrechnungstabellen
Druckeinheiten bei Gasen, D¨
ampfen und Flu
¨ ssigkeiten
(mit 1 Pa = 1 N/m2 ≈
bar
1 bar
1
1 Pa
10−5
1 Torr
0,00133
2
1 kp/m 9,81·10−5
(1/9,81) kp/m2 = 0,102 kp/m2 )
Pa
Torr
kp/m2
105
750
10200
1
0,0075
0,102
133
1
13,6
9,81
0,0736
1
Einheiten von Energie, Arbeit, W¨
armemenge
(mit 1 cal = 4,2 J = 4,2 Nm = 4,2 Ws)
J
kJ
kWh
1J
1
0,001
2,78·10−7
1000
1
2,78·10−4
1kJ
1kWh 3 600 000
3 600
1
4,2
0,00116
1 kcal 4 200
kcal
2,39·10−4
0,239
860
1
Einheiten fu
armestrom
¨ r Leistung, Energiestrom, W¨
(mit 1 W = 1 Nm/s = 1 J/s und 1 kcal/s = 4190
W
kW
kcal/h
1W
1
0,001
0,860
1000
1
860
1 kW
0,00116
1
1 kcal/h 1,16
1 PS
736
0,736
632
W)
PS
0,00136
1,36
0,00158
1
Einheiten von Temperatur
Umrechnung von Grad Celsius in Kelvin:
T [K] = T [◦ C] + 273,15
Umrechnung von Kelvin in Grad Celsius:
T [◦ C] = T [K] − 273,15
Daraus folgt: Temperaturdifferenzen haben in Grad Celsius und Kelvin den gleichen
Zahlenwert. Zum Beispiel: Die Temperatur steigt von 0 ◦ C auf 30 ◦ C. Die Temperaturdifferenz in Kelvin ist dann:
(273,15 + 30) K − (273,15 + 0) K = 273,15 K + 30 K − 273,15 K − 0 K = 30 K.
Gleiches gilt f¨
ur Messunsicherheiten. Ist eine Temperatur T nur auf ∆T = ± 1 ◦ C
genau bestimmbar, so ist sie nat¨
urlich auch nur auf ∆T = 1 K genau bestimmbar.
a
gilt nicht f¨
ur Liter
102
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
Dieser Abschnitt folgt weitestgehend der DIN-Norm 1319 und dem ISO-Leitfaden
GUM ( Guide to the expression of uncertainty in measurement“). An einigen
”
Stellen werden davon abweichend f¨
ur dieses Praktikum sinnvolle Vereinfachungen
gemacht.
B.1 Messunsicherheiten
Physikalische Messgr¨oßen und Messergebnisse unterscheiden sich von mathematischen Zahlen (oder exemplarischen Berechnungen) dadurch, dass sie u.A. wegen
apparativer Unvollkommenheiten oder der statistischen Natur der Messgr¨oße prinzipiell nicht beliebig genau“ bestimmt und angegeben werden k¨onnen. Wie weit
”
der Messwert x maximal vom tats¨achlichen Wert abweichen sollte, wird durch die
absolute Messunsicherheit ∆x (umgangssprl.: absoluter Fehler ) angegeben.
Wie fehlerbehaftet“ eine Messgr¨oße ist, h¨angt dabei stark von der Vorgehenswei”
se und von den verwendeten Apparaturen bei der Messung ab. Die Angabe der
ist zwar erlaubt, im Praktikum aber selten sinnvoll.
relativen Messunsicherheit ∆x
x
∆x kennzeichnet ein Intervall von x − ∆x bis x + ∆x, in dem die tats¨achliche
Gr¨oße liegen sollte. Dieses wird allerdings nie explizit angegeben, sondern immer
nur in der Kurzschreibweise x ± ∆x.
Die Messunsicherheiten ∆x, ∆y, ∆z... der gemessenen Gr¨oßen x, y, z... werden
prinzipiell abgesch¨atzt. Dies geschieht nicht willk¨
urlich oder durch Raten sondern
¨
orientiert sich an folgenden Uberlegungen:
1. Welche Herstellerangaben sind bzgl. der Genauigkeit der verwendeten
Ger¨ate bekannt?
2. Bis zu welcher Dezimalstelle k¨onnen Werte vom Ger¨at mit ausreichender
Genauigkeit abgelesen werden?
3. Bleiben die Werte w¨ahrend der Messung konstant oder zeigen sie eine gewisse
Schwankung?
Eine Ausnahme bilden hier lediglich rein statistische Prozesse:
In rein statistischen Prozessen wie z.B. dem radioaktiven Zerfall ist
die Messunsicherheit ∆N √
der Anzahl der gemessenen Ereignisse N fu
¨r
große N schon mit ∆N = N gegeben.
Beispiel:
Sie wollen das Volumen V eines Zylinders anhand der Formel
π
V = d2 · h
4
(B.1)
103
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
berechnen und messen mit einem Lineal den Durchmesser d und die H¨ohe h des
Zylinders. Als Messwerte erhalten Sie dabei
d = 25,5 mm
h = 83,0 mm
Bei absolut pr¨azisem Ablesen und auch pr¨azisem Anlegen des Lineals erlaubt ein
Lineal mit Millimeterskala bestenfalls eine Ablesegenauigkeit von 0,2 mm. Da
hiermit sowohl d als auch h methodisch gleich gemessen werden, kann f¨
ur beide
Gr¨oßen diese Messunsicherheit abgesch¨atzt werden. Das heißt, der tats¨achliche
Durchmesser d und die tats¨achliche H¨ohe h liegen mitnichten exakt bei den gemessenen Werten, sondern vielmehr in den Intervallen
25,3 mm
82,8 mm
≤ d
≤ h
≤
≤
25,7 mm
83,2 mm
Die korrekte Angaben der Messwerte mit den Messunsicherheiten ∆d = 0,2 mm
und ∆h = 0,2 mm ist dann:
d = 25,5 mm ± 0,2 mm = (25,5 ± 0,2) mm
h = 83,0 mm ± 0,2 mm = (83,0 ± 0,2) mm
Eine unter Verwendung einer fehlerbehafteten Gr¨oße durchgef¨
uhrte Rechnung
kann nun ihrerseits wieder nicht zu einem beliebig exakten Ergebnis f¨
uhren. Die
Unsicherheiten der verwendeten Gr¨oßen u
¨bertragen sich vielmehr in eine Unsicherheit des Ergebnisses. Inwiefern dies geschieht beschreibt dabei die sogenannte
Fehlerrechnung (Fehlerfortpflanzung).
Beispiel:
Wenn Sie die Zahlen aus dem obigen Beispiel in Gl. B.1 eingeben, ergibt sich laut Taschenrechner als Wert f¨
ur das Volumen V =
42388,527927182833356189427594533 mm3 . Der Taschenrechner erweckt die Illusion, es hier mit einem sehr genauen Ergebnis zu tun zu haben. Dies ist leider
jedoch falsch.
Wir k¨onnen aus den oberen und unteren Grenzen der Intervalle einen Minimalund einen Maximalwert f¨
ur das Volumen berechnen.
Vmin = 41625,6722 · · · mm3
Vmax = 43159,8030 · · · mm3
(B.2)
(B.3)
Da wir f¨
ur die Messgr¨
oßen d und h nur Werte innerhalb gewisser Intervallgrenzen (den Fehlergrenzen) angeben k¨onnen, liegt auch das Messergebnis V
nur innerhalb gewisser Intervallgrenzen und kann nicht beliebig genau angegeben
werden.
B.2 Signifikante Stellen
104
B.3 Herkunft der Messunsicherheiten
Hinweise auf die Messgenauigkeit dr¨
uckt man schon in der Schreibweise der Messgr¨oßen oder aus den Messgr¨oßen berechneter Ergebnisse aus, indem man alle zuverl¨assig bekannten Dezimalstellen mitf¨
uhrt; nur die letzte Stelle darf unsicher
sein.
Die zuverl¨assig bekannten Dezimalstellen nennt man signifikante Stellen.
So weist z.B. die L¨angenangabe x = 25,5 mm bereits darauf hin, dass die Messgenauigkeit in der Gr¨oßenordnung der letzten angegebenen Stelle, also von 0,1 mm
liegt (z.B. 0,2 mm). Eine Angabe weiterer Stellen, z.B. durch x = 25,55 mm, w¨are
nicht zul¨assig, da hier eine Messgenauigkeit impliziert wird, die nicht gegeben ist.
Bei der Angabe von Messergebnissen oder Messwerten ist eine Angabe f¨
uhrender
Nullen generell nicht erlaubt. Statt z.B. 0,001 m muss der Wert in wissenschaftlicher Notation mit entsprechendem Zehnerpotenz-Faktor (1 · 10−3 m) oder dem
entsprechenden SI-Pr¨afix (1 mm) angegeben werden (siehe Anhang A.1). Die Messunsicherheiten oder Fehlergrenzen hingegen d¨
urfen f¨
uhrende Nullen besitzen.
Die Angabe abschliessender“ Nullen, z.B. 20 000 m statt 20 km, ist ebenso nicht
”
zul¨assig. Mathematisch w¨are es zwar v¨ollig richtig, als Messgr¨oße aber nicht, da
mit dieser Angabe wieder eine Aussage bez¨
uglich der Genauigkeit getroffen wird,
die nicht gegeben ist. V¨ollig korrekt w¨are auch hier die Angabe 20,0 · 103 m.
Diese Regeln werden im Praktikum nur auf Messwerte und Messergebnisse angewendet. Fu
¨ r Zwischenrechnungen und Nebenrechnungen ist
es meist sinnvoller hiervon abzuweichen.
Das bisherige Beispiel aufgreifend sieht man, dass u
¨bertriebene Genauigkeitsangaben nicht nur auf die Anzahl der angegebenen Nachkommastellen beschr¨ankt
sind, denn selbst die Angabe des Volumens mit V = 42389 mm3 w¨
urde die
(Un-)Genauigkeit der Messung nicht im geringsten widerspiegeln.
B.3 Herkunft der Messunsicherheiten
Die Messunsicherheiten ( Fehler“) setzen sich zusammen aus systematischen und
”
zuf¨alligen Fehlerquellen“.
”
Systematische Fehler
Systematische Fehler r¨
uhren von der Unvollkommenheit der Apparatur oder auch
von der nur ann¨ahernden G¨
ultigkeit der benutzten Beziehung her. Wenn Sie erkannt werden kann man sie zwar im Prinzip beseitigen, aber gew¨ohnlich nicht mit
den gerade zur Verf¨
ugung stehenden Mitteln. Systematische Fehler sind in Vorzeichen und Betrag reproduzierbar und auch durch Wiederholung der Messung
mit der gleichen Apparatur nicht aufzudecken, eher schon durch Vergleich der mit
verschiedenen Apparaturen gewonnenen Ergebnisse.
105
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
Fehlerquellen sind beispielsweise mangelhafte Kalibrierung (vor- oder nachgehende Uhren, ungenaue Skalenteilung), Nullpunktsabweichungen sowie zwar der Tendenz nach bekannte, aber mit den gegebenen Mitteln nicht messbare St¨oreinfl¨
usse (W¨armeleitungsverluste beim Kalorimeter, Fehler bei der Strom-SpannungsMessung von Widerst¨anden).
Systematische Fehler sind schwer erkennbar und nur zum Teil korrigierbar.
Beispiele fu
¨ r korrigierbare systematische Fehler:
Bei der pr¨azisen Bestimmung von Massen muss auch ber¨
ucksichtigt werden, dass
die unbekannte Masse und die W¨agest¨
ucke einen Auftrieb in Luft erfahren. Dieser
kann berechnet und das Ergebnis entsprechend korrigiert werden.
Bei der Bestimmung eines ohmschen Widerstandes wie in Versuch 5.1 sind die
Innenwiderst¨ande der Messger¨ate bekannt und k¨onnen bei der Bestimmung des
Messergebnisses ber¨
ucksichtigt werden.
Beispiele fu
¨ r nicht korrigierbare systematische Fehler:
W¨ahrend des Versuchs steigt aufgrund der K¨orperw¨arme der Experimentatoren
die Raumtemperatur leicht an. Dies f¨
uhrt zu thermischer Ausdehnung bei den
Messger¨aten und dadurch zu ver¨anderten Messwerten.
Statistische (zuf¨
allige) Fehler
Statistische (zuf¨allige) Fehler k¨onnen von Umwelteinfl¨
ussen (Ersch¨
utterungen,
Temperatur- oder Netzspannungsschwankungen) und von subjektiven Beobachtungsungenauigkeiten herr¨
uhren. Sie sind in solchen F¨allen im Grunde durch das
Messverfahren bedingt.
Unter die Kategorie der zuf¨alligen Fehler“ fallen auch Abweichungen, die durch
”
die statistische Natur mancher physikalischer Messgr¨oßen bedingt sind, z.B. die
Aktivit¨at (zerfallende Kerne pro Zeiteinheit) eines radioaktiven Pr¨aparates.
Statistische Fehler sind nicht reproduzierbar, sondern stochastisch, und k¨onnen
daher positive und negative Abweichungen verursachen. Bei wiederholter Messung
zeigt sich die Streuung um einen Mittelwert, wobei große Abweichungen seltener
sind als kleine Abweichungen.
Wiederholt man eine Messung mit der gleichen Apparatur immer wieder, so kann
man den statistischen Fehler (im Gegensatz zum systematischen) verringern.
Grobe Fehler
Von den oben genannten Messunsicherheiten deutlich zu unterscheiden sind die
sogenannten groben Fehler. Grobe Fehler entstehen aus Missverst¨andnissen oder
Fehl¨
uberlegungen bei der Bedienung der Messapparatur, aus falscher Protokollierung von Messdaten oder auch aus Fehlern in der Auswertung und d¨
urfen nicht
als Messunsicherheiten betrachtet werden.
In diesen F¨allen sind die Messungen und / oder Auswertungen falsch und m¨
ussen
wiederholt werden.
106
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
¨
Das Vorhandensein grober Fehler erkennt man durch kritisches Uberpr¨
ufen und
Kontrollieren der Ergebnisse. Vermeiden kann man sie durch sorgf¨altiges Vorgehen
beim Experimentieren und bei der Auswertung.
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
B.4.1 Vorgehensweise
Die Messunsicherheit eines jeden Messwertes beinhaltet Abweichungen aufgrund
von systematischen und von statistischen Fehlern. Der Einfluss aller m¨oglichen
Fehlerquellen auf die Messwerte muss diskutiert und bei statistischen Fehlerquellen
die Gr¨oße der resultierenden Abweichungen abgesch¨atzt werden.
Fast immer wird aus den eigentlichen Messgr¨oßen die gesuchte Gr¨oße mittels einer
physikalischen Gesetzm¨aßigkeit berechnet. Wenn z.B. ein ohmscher Widerstand
Ru
¨ber die Messung der Spannung U und Stromst¨arke I bestimmt werden soll,
so haben sowohl U als auch I systematische und statistische Messunsicherheiten,
die sich auf die Berechnung von R = U/I u
¨bertragen (Fehlerfortpflanzung).
B.4.2 Maximalwertabsch¨
atzung
Die im Praktikum mindestens durchgef¨
uhrte Fehlerfortpflanzung geht von der
ung¨
unstigsten Annahme aus, dass alle auftretenden Messunsicherheiten das Messergebnis mit ihrem vollen Betrag verf¨alschen und sich nicht gegenseitig kompensieren k¨onnen ( Maximalwertabsch¨atzung“). Diese Annahme ist in der Regel falsch
”
und resultiert prinzipiell in zu großen Fehlerabsch¨atzungen.
Die allgemeine Regel, aus denen diese elementaren Regeln abgeleitet werden
k¨onnen, lautet f¨
ur eine Gr¨oße z, die funktional von x und y abh¨angt (z(x,y)):
∂z ∂z ∆y
∆z(x,y) = (B.4)
∆x + ∂x y ∂y x ∂z
Hierbei ist ∂x
die Ableitung der Funktion z(x,y) nach der Variablen x alleine,
y
wenn y konstant bleibt (partielle Ableitung).
Angewendet aus einfache Beispiele ergibt sich dann:
1. Ist
z =x+y
oder
z =x−y ,
so folgt
∆z = ∆x + ∆y
(B.5)
107
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
2. Ist
z =x·y
oder
z=
x
,
y
so folgt
∆z ∆x ∆y z = x + y (B.6)
Die Gleichungen B.5 und B.6 gelten auch f¨
ur Summen (Differenzen) respektive
Produkte (Quotienten) aus mehr als zwei Messgr¨oßen sinngem¨aß. Die Fehlerfortpflanzung ist dann schrittweise zu verfolgen.
Beispiel:
Das Zylindervolumen aus Gl. B.1 h¨angt linear von der H¨ohe h und quadratisch
vom Durchmesser d ab. Bei der Maximalwertabsch¨atzung gehen wir nun davon
aus, dass die Messunsicherheit in d jene in h nicht kompensieren kann. Die relative
Messunsicherheit des Volumens ergibt sich nach Gl. B.6 dann zu:
∆V
V
oder mit Hilfe von Gl. B.4
∂V
π
= ·d·h
∂d h
2
⇒ ∆V
⇔
∆V
V
= 2·
∆d ∆h
+
d
h
∂V
∂h
=
d
π 2
d
4
π
π
2
= · d · h · ∆d + · d · ∆h
2
4
∆d ∆h +
= 2 ·
d h (B.7)
Da das Volumen V quadratisch vom Durchmesser d abh¨angt, fließen Unsicherheiten in d auch st¨arker in die Unsicherheit von V ein.
B.4.3 Absch¨
atzung bei teilweiser Kompensation der
Messunsicherheiten
Die eben beschriebene Maximalwertabsch¨atzung geht vom ung¨
unstigsten Fall aus,
dass alle auftretenden Einzelunsicherheiten die Unsicherheit der Gr¨oße z maximal
beeinflussen.
Beim Zusammenwirken mehrerer Einzelunsicherheiten k¨onnen diese sich jedoch
auch teilweise kompensieren. So kann rein zuf¨allig ein zu groß gemessener Durchmesser d durch eine zu klein gemessene H¨ohe h im Messergebnis kompensiert
werden.
Dies beschreibt die Gaußsche Fehlerfortpflanzung, welche die meistens im
Praktikum verwendete Methode ist.
Die zugrundeliegende allgemeine Regel lautet hierbei:
108
B.4 Bestimmung der Messunsicherheit eines Messergebnis
v"
#2 u 2
u ∂z
∂z
t
∆z =
∆x +
∆y
∂x y
∂y x
(B.8)
F¨
ur einfache Zusammenh¨ange ergeben sich ¨ahnlich elementare Regeln wie bereits
bei der Maximalwertabsch¨atzung:
1. Ist
z =x+y
oder
z =x−y ,
so folgt
∆z =
2. Ist
p
z =x·y
(∆x)2 + (∆y)2
oder
z=
x
,
y
so folgt
s
2 2
∆z ∆y
∆x
+
z =
x
y
Beispiel:
Mit den Vorkenntnissen aus dem vorherigen Abschnitt ergibt sich dann die Messunsicherheit ∆V des Zylindervolumens V zu:
rh
i2 h π
i2
π
∆V =
· d · h · ∆d +
· d2 · ∆h
(B.9)
2
4
s
2 2
∆d
∆h
∆V
=
2·
+
(B.10)
V
d
h
Wenn wir ausgehend von den Werten aus Abschnitt B.1 nun ∆V f¨
ur die beiden
Gleichungen B.9 und B.7 berechnen, erhalten wir folgendes Ergebnis:
∆VMaximalwert = 0,8 cm3
∆VGauß = 0,7 cm3
(B.11)
Die Maximalwertabsch¨atzung liefert einen prinzipiell h¨oheren Wert f¨
ur die Messunsicherheit; in diesem Praktikum kann dies aber in den meisten F¨allen als sinnvolle N¨aherung verwendet werden.
B.4.4 Messunsicherheiten bei Messreihen (statistische Behandlung
der Daten)
Die statistische Auswertung einer Messreihe kann vorgenommen werden, wenn
folgende Bedingungen erf¨
ullt sind:
109
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
• Die Messgr¨oße wurde mehrmals unter den gleichen Versuchsbedingungen
bestimmt.
• Systematische Messabweichungen sind korrigierbar oder vernachl¨assigbar.
• Die Messwerte streuen zuf¨allig um einen Erwartungswert.
Solches trifft z.B. f¨
ur alle Messgr¨oßen, denen eine statistische Natur zugrunde
liegt, zu (radioaktive Zerf¨alle etc.).
Wurde eine Messung mehrmals (n-mal) durchgef¨
uhrt, so streuen die n Einzelergebnisse xi (i = 1,2, . . . ,n) um den Mittelwert
1X
xi .
n i=1
n
x¯ =
(B.12)
Ihre H¨aufigkeitsverteilung ist bei gen¨
ugend großer Zahl n von Messungen eine
Gaußsche Glockenkurve mit dem Maximum in x¯. Ein Maß f¨
ur die Breite der
Verteilungskurve ist die Standardabweichung σ:
v
u
u
σ=t
n
X
1
·
(xi − x¯)2 .
n − 1 i=1
(B.13)
Hierbei ist die Gr¨oße xi − x¯ die Abweichung der i-ten Einzelmessung vom Mittelwert.
Das Quadrat der Standardabweichung, d.h. σ 2 , heißt Varianz. F¨
ur den statistischen Fehler des Mittelwertes δx (= mittlerer quadratischer Fehler des Mittelwertes) gilt:
v
u
n
X
u
σ
1
·
(xi − x¯)2 .
δx = √ = t
n(n − 1) i=1
n
(B.14)
Die Angabe des statistischen Fehlers bedeutet, dass der wahre Wert mit einer
¨
Wahrscheinlichkeit von 68% im Intervall x¯ ± δx liegt. Uber
die Streuung der Messergebnisse macht er keine Aussagen. Die Gr¨oße δx stellt den absoluten statistischen Fehler nach n Messungen dar. Der relative Fehler ist δx/¯
x.
Durch wiederholte Messung ¨andert sich dabei weder der Mittelwert noch die
H¨aufigkeitsverteilung der Messergebnisse. Durch den statistischen Fehler des Mittelwertes kann nur eine Aussage getroffen werden, in welchem Bereich um den
experimentellen Mittelwert der tats¨achliche ( wahre“) Mittelwert erwartet wird.
”
110
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
Besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Messgr¨oßen, z.B. y(x) = m · x
mit der unbekannten Gr¨oße m, eignet sich zur Bestimmung von m die lineare
Regression mittels einer Ausgleichsgeraden.
Dazu tr¨agt man die gemessene oder berechnete Gr¨oße y graphisch gegen x auf.
Die Abmessungen der Abszisse und Ordinate dieses Graphen sollten so gew¨ahlt
werden, dass die Wertebereiche von y und x abgedeckt, aber nicht wesentlich
u
¨berschritten werden (siehe Abb. B.1).
Zus¨atzlich zu den Punkten (x,y) werden zu jedem Punkt die Messunsicherheiten
∆x und ∆y als sogenannte Fehlerbalken eingetragen, entsprechend Abweichungen
zu gr¨oßeren und kleineren Werten, und sind im Falle von ∆x von x − ∆x bis
x + ∆x einzuzeichnen (siehe vergr¨oßerter Ausschnitt in Abb. B.1)
Mathematische Bestimmung der Ausgleichsgeraden
Ziel ist es, den linearen Zusammenhang zwischen y(x) und x durch eine Geradengleichung mit der Geradensteigung s und dem y-Achsenabschnitt B darzustellen:
y(x) = s · x + B
Dabei muss die Lage der Gerade so an alle Messpunkte {yi ± ∆yi , xi ± ∆xi }
(mit Anzahl N ) angepasst werden, dass die Summe der varianzgewichteten Abweichungsquadrate aller N Messpunkte von der Geraden minimal wird. Nach der
Gaußschen Methode ergibt sich daraus folgende Bedingung:
N
X
(yi − s · xi − B)2
i=1
σ 2 (yi )
!
= Minimal
(B.15)
F¨
ur jeden einzelnen Messpunkt wird die Abweichung des Ergebnisses yi von der
Geraden berechnet, also: (yi − (s · xi + B)). Diese Differenz wird dann quadriert,
damit sich u.a. die Streuung der Messpunkte ober- und unterhalb der Geraden
gleich auswirken. Danach wird durch das Quadrat des Messfehlers σ 2 (yi ) des Messpunktes geteilt, damit Messpunkte mit großem Messfehler weniger stark gewichtet
werden.
Tragen alle Messpunkte yi den gleichen Messfehler ∆y = σy , folgt aus Gl. B.15
das Gleichungssystem:
x · y − s · x2 − B · x = 0
y−s·x−B = 0
(B.16)
Aus der Wertemenge {yi ± ∆yi , xi } m¨
ussen also folgende Gr¨oßen berechnet werden:
• x und y sind die Mittelwerte der xi bzw. yi
• f¨
ur x2 wird zun¨achst jeder Wert xi quadriert und aus diesen quadrierten
Werten x2i der Mittelwert berechnet
111
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
• f¨
ur x · y wird f¨
ur jeden Messpunkt yi , xi das Produkt berechnet und aus
diesen Werten yi · xi der Mittelwert berechnet.
Nach L¨osung des Gleichungssystems ergeben sich f¨
ur die Steigung und den yAchsenabschnitt folgende Beziehungen:
x·y−x·y
x2 − x2
x2 · y − x · x · y
B =
x2 − x2
= y−s·x
s =
(B.17)
(B.18)
Die Fehler der Steigung σs und des y-Achsenabschnittes σB ergeben sich dann
nach der Gaußschen Fehlerfortpflanzung aus:
σs2 =
σy2
N · x2 − x2
σB2 = x2 · σs2
(B.19)
(B.20)
Graphische Bestimmung der Ausgleichsgeraden
Da die exakte mathematische Bestimmung der Regression meist zu aufw¨andig
w¨are, um diese w¨ahrend der Versuchsdauer anzufertigen, wird im Praktikum die
Ausgleichsgerade nach Augenmaß in den Graphen eingezeichnet. Die Lage der
Ausgleichsgerade soll so gew¨ahlt werden, dass die Abweichung aller im Graphen
eingezeichneten Punkte von der Geraden m¨oglichst gering wird.
Ein Anhaltspunkt f¨
ur die Lage der Geraden ist dabei der Punkt (x, y) aus den
Mittelwerten der xi und yi , da die Ausgleichsgerade durch diesen Punkt verlaufen
muss.
Die Steigung s der Ausgleichsgeraden wird aus dem Steigungsdreieck f¨
ur zwei beliebige Geradenpunkte (x1 ,y1 ) und (x2 ,y2 ) aus dem Differenzenquotienten bestimmt (s. Abb. B.1).
Differenzenquotient s =
y2 − y1
x2 − x1
Die Wahl eines zu kleinen Steigungsdreiecks w¨
urde den Einfluss von Ablesefehlern
aus dem Graphen auf das Ergebnis erh¨ohen; daher muss das Steigungsdreieck m¨
oglichst groß gew¨
ahlt werden.
Unsicherheit der Geradensteigung
Die Unsicherheit der Geradensteigung kann nun wiederum graphisch abgesch¨atzt
werden. Dazu zeichnet man zwei Linien parallel und im gleichen Abstand zur
Ausgleichsgeraden (gestrichelt in Abb. B.2). Der Abstand sollte so gew¨ahlt werden, dass ca. 2/3 der Messpunkte zwischen diesen beiden Linien liegen. Die beiden Hilfslinien werden nun zu einer rechtwinkligen Box erg¨anzt, die gerade diese
112
6
B.5 Lineare Regression ( Ausgleichsgerade“)
”
h
i
y(x) 10−2 m
12
∆x
(x2 , y2 )
11
10
∆y
9
8
7
6
5
4
Steigung s =
3
2
1
y2 − y 1
x2 − x1
(x1 , y1 )
x [s]
0
-1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
Abbildung B.1: Zun¨
achst wird der Wertebereich der x- und y-Achse sinnvoll dem Wertebereich
der Messung angepasst. Dann werden die Messpunkte mit Fehlerbalken eingezeichnet.
Die Ausgleichsgerade kann zur Vereinfachung nach Augenmaß in die graphische Darstellung eingezeichnet werden. Die Steigung s wird dann mittels des Differenzenquotienten
eines m¨
oglichst großen Steigungsdreiecks“ berechnet.
”
h
i
y(x) 10−2 m
12
(xmax 2 , ymax 2 )
11
(xmin 2 , ymin 2 )
10
9
8
7
6
(xmin 1 , ymin 1 )
5
4
3
2
ymin 2 − ymin 1
xmin 2 − xmin 1
ymax 2 − ymax 1
smax =
xmax 2 − xmax 1
smax − smin
∆s =
2
smin =
1
(xmax 1 , ymax 1 )
x [s]
0
-1
7
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
Abbildung B.2: Die Unsicherheit der Geradensteigung kann graphisch abgesch¨atzt werden.
Dazu wird eine Box symmetrisch um die Ausgleichsgerade gezeichnet, welche den Wertebereich der Messung nicht nennenswert u
¨bersteigt und zudem ca. 2/3 der Messpunkte
beinhaltet. Die Diagonalen dieser Box entsprechen smin ≈ s − ∆s und smax ≈ +∆s.
8
9
10
11
12
13
113
14
B Messunsicherheiten und Fehlerrechnung
Messpunkte enth¨alt, d.h. nicht nennenswert u
¨ber den Wertebereich der Messwerte
hinausgehen.
Von dieser Box werden die beiden Diagonalen eingezeichnet. In guter N¨aherung
ist die Steigung der steileren Diagonale nun um ∆s gr¨oßer, jene der flacheren
Diagonale um ∆s kleiner als s.
smax =
ymin 2 − ymin 1
ymax 2 − ymax 1
≈ s + ∆s und smin =
≈ s − ∆s (B.21)
xmax 2 − xmax 1
xmin 2 − xmin 1
erh¨alt man eine Absch¨atzung f¨
ur den Minimal- und den Maximalwert der Steigung
und daraus die Unsicherheit der Geradensteigung:
∆s =
114
smax − smin
2
(B.22)
C Lo
¨sung der Differentialgleichung y 0 = c · y (zu
Versuch 8 und 9)
Die in der Physik h¨aufig vorkommende Gesetzm¨aßigkeit
y(x) = y0 · e−c·x
(C.1)
ist die L¨osung der Differentialgleichung
−
dy(x)
= c · y(x) ,
dx
(C.2)
¨
die einen Vorgang beschreibt, bei der die Anderung
der abh¨angigen Variablen y
bez¨
uglich der unabh¨angigen Variable x der Gr¨oße y selbst proportional ist. (c ist
dabei der Proportionalit¨atsfaktor.)
Herleitung
Schreibt man Gl. C.2 um zu:
dy
= −c · dx .
y
lassen sich beide Seiten unbestimmt integrieren (c ist unabh¨angig von x):
Z
Z
1
dy = −c dx .
y
(C.3)
(C.4)
F¨
uhrt man nun die Integration aus1 , so erh¨alt man2 :
ln y = −c · x + ln A
ln y − ln A = −c · x
oder
y
ln
= −c · x
A
(C.5)
(C.6)
(C.7)
Da gilt: eln z = z folgt daraus:
y
= e−c·x
bzw.
A
y = A · a−c·x
(C.8)
(C.9)
1
Die L¨
osung eines unbestimmten Integrals ist immer nur bis auf eine additive Konstante bestimmt; denn die Umkehrung, die Differentiation einer Konstanten, ergibt den Wert 0. Da die
Konstante willk¨
urlich gew¨
ahlt werden kann, fasst man die auf beiden Seiten zu addierenden
Konstanten zusammen zu ln A.
2
ln a ≡ loge (a) nennt man den nat¨
urlichen Logarithmus“. Der Wert der Eulerschen Zahl e
”
d x
betr¨
agt e ≈ 2.718281828 . . . . F¨
ur sie gilt: dx
e = ex .
115
C L¨osung der Differentialgleichung y 0 = c · y (zu Versuch 8 und 9)
y(x)
[logarithmische Skala]
25000
y(x)
[lineare Skala]
20000
15000
10000
104
103
102
5000
101
0
0
10
20
30
x
[lineare Skala]
40
0
10
20
30
x
[lineare Skala]
40
0
10
20
30
x
[lineare Skala]
40
10
8
log10 y(x)
[lineare Skala]
ln y(x)
[lineare Skala]
4
6
4
3
2
1
2
0
10
20
30
x
[lineare Skala]
40
Abbildung C.1: Verschiedene graphische Darstellungen zur Gesetzm¨
aßigkeit
y(x) = y0 · e−c·x : Oben Links: y(x) gegen x aufgetragen zeigt die exponentielle
Abnahme von y(x); Oben Rechts: auf halblogarithmischem Papier ist die OrdinatenSkala bereits logarithmisch aufgeteilt. Tr¨agt man hier y(x) auf, erh¨alt man ohne gesonderte Berechnung von log10 y(x) bereits die Darstellung einer abfallenden Gerade. Zum
Vergleich sind die gleichen Werte unten als ln y(x) und log10 y(x) gegen x dargestellt.
Die Konstante A wird durch die Anfangsbedingung festgelegt, dass f¨
ur
x = 0 −→ y = y0
sein soll:
0
x = 0 −→ y = A · e = A = y0
(da e0 = 1)
daraus folgt:
y = y0 · e−c·x .
(C.10)
C.1 Graphische Darstellung der Funktion
Tr¨agt man ln y oder log10 y gegen x auf (siehe Gleichung C.5 der Herleitung), so
erh¨alt man eine Gerade mit der negativen Steigung c, die die Ordinate beim Wert
ln y0 bzw. log10 y0 schneidet (siehe Abb. C.1). Statt die Werte von y einzeln zu
logarithmieren, kann halblogarithmisches Papier verwendet werden, dessen Ordinate bereits logarithmisch aufgeteilt ist.
116
C.2 Bestimmung der Halbwertsgr¨oße x = xH
C.2 Bestimmung der Halbwertsgr¨
oße x = xH
Unter der Halbwertsgr¨oße xH sei der Wert von x verstanden, f¨
ur den der Wert
von y gerade auf die H¨alfte des urspr¨
unglichen Wertes y0 abgenommen hat; also
y(xH ) = y0 /2. Eingesetzt in Gleichung C.10 folgt:
y0
2
1
2
1
ln
2
ln
1
−
ln
2
|{z}
=0
= y0 · e−c·xH
= e−c·xH
(C.11)
und
(C.12)
= ln e−c·xH
(C.13)
= −c · xH
(C.14)
ln 2 = c · xH
ln 2
xH =
c
(C.15)
(C.16)
C.3 Graphische Bestimmung der Halbwertsgr¨
oße x = xH
Graphisch l¨asst sich die Halbwertsgr¨oße bestimmen, indem man ln(y) gegen x
auftr¨agt. Auf der Abszisse ergibt sich die Halbwertsgr¨oße xH als Differenz zwischen
zwei Werten x1 und x2 , f¨
ur deren zugeh¨orige Funktionswerte y1 und y2 gilt: y2 =
y1 /2.
Die Halbwertsdicke von Aluminium (siehe 8.4) und die Halbwertszeiten von 108 Ag
und 110 Ag (siehe 9.4) sind so zu bestimmen.
117
D Umgang mit dem Oszilloskop
Das folgende Unterkapitel beschr¨ankt sich auf den elementaren Umgang mit dem
digitalen Oszilloskop, so wie es im Praktikum verwendet wird (siehe Abb. D.1).
Ein Oszilloskop kann den Verlauf elektrischer Signale aufzeichnen und auf einem
Display darstellen. Im Praktikum wird ein Digitaloszilloskop verwendet, welches
in der Lage ist, zwei Signale gleichzeitig darzustellen. Als Digitaloszilloskop unterscheidet es sich von einem analogen Oszilloskop dadurch, dass es den Benutzer
bei der Einstellung unterst¨
utzen kann und das Programmieren automatisiserter
Messungen erm¨oglicht.
Das Oszilloskop ist ein reines Messinstrument. Obgleich Sie in den folgenden Kapiteln sehen werden, dass die Signale scheinbar ver¨andert werden, so sollten Sie sich
Folgendes klarmachen: Sie modifizieren lediglich die Darstellung auf dem Bildschirm, indem Sie die Anzeige strecken, stauchen oder verschieben. Das zu messende Signal wird durch das Oszilloskop aber niemals beeinflusst.
Achtung: Das Oszillokop hat keinen Touch-Bildschirm. Bitte bemu
¨ hen
Sie sich, keine Fingerabdru
¨ cke auf dem Bildschirm zu hinterlassen. Außerdem gilt wie im Rest des Praktikums – hier ganz besonders – dass
Essen und Trinken nicht mit einer Laborumgebung vereinbar sind.
Abbildung D.1: Digitaloszilloskop aus der Modellreihe, wie sie im Praktikum verwendet wird
(es wird eine zwei- statt vierkanalige Version verwendet).
118
D.1 Inbetriebnahme des Oszilloskops
D.1 Inbetriebnahme des Oszilloskops
Verbinden Sie die elektrischen Signale, welche Sie messen m¨ochten, u
¨ber BNC
Kabel mit den Eing¨angen 1 (und 2) des Oszilloskops. Bitte beachten Sie, dass
der BNC Stecker mit einer 90 Grad Drehung im Uhrzeigersinn verriegelt, und
umgekehrt wieder entriegel werden muss. Schalten Sie das Oszilloskop bitte erst
ein, nachdem der Tutor sich davon u
¨berzeugt hat, dass alles richtig angeschlossen
ist (Einschaltknopf links unten).
Als ersten Schritt dr¨
ucken Sie dann stets den Knopf Default Setup, so ist sicher
gestellt, dass alle Praktikanten die gleichen Anfangsbedingungen haben. Fahren
Sie nun nach Anleitung des Tutors oder der Versuchsbeschreibung fort.
Als Beispiel werden in diesem Kapitel zwei unbekannte Wechselspannung auf dem
Oszilloskop dargestellt und untersucht.
D.2 Optimale Anzeige der Signale
Nach Einschalten und Laden des Default Setup sind unsere Beispielsignale nicht
sinnvoll erkennbar (siehe Abb. D.2).
D.2.1 Automatische Einstellung
Das Oszilloskop ist imstande, eine (vermeintlich) optimale Darstellung f¨
ur die
Signale selbst zu erkennen. Dr¨
ucken Sie hierzu die Taste Auto Scale. Das Ergebnis
sehen Sie in Abb. D.3.
Das Oszilloskop hat in unserem Beispiel nun folgendes eigenst¨andig gemacht:
• Zuschalten des zweiten Kanals (gr¨
un), da dort ein Signal erkannt wurde
• Einstellung der Spannungsablenkung auf 1 V/Div. f¨
ur beide Kan¨ale (sichtbar
links am oberen Bildschirmrand)
• Verschiebung der Nulllinie der Signale, so dass sie nicht mehr u
¨bereinander
liegen (erkennbar an den Pfeilen am linken Bildrand)
• Einstellung der Zeitablenkung auf 500 µs/Div. (sichtbar mittig am oberen
Bildschirmrand)
• Einstellung des Triggerlevels
Die automatische Einstellung ist meist gut geeignet, um mit der Untersuchung
der Signale zu beginnen. Es kann jedoch sein, dass die gewonnene Ansicht f¨
ur Ihre Messung ungeeignet ist. Dann m¨
ussen Sie die Darstellung der Signale manuell
anpassen. Nat¨
urlich steht Ihnen auch frei, sich von Anfang an an der manuellen Einstellung zu versuchen, und die Auto Scale-Funktion nicht zur Hilfe zu
nehmen.
119
D Umgang mit dem Oszilloskop
Abbildung D.2: Oszilloskop mit Default Setup. Die Beispielsignale sind schlecht erkennbar.
Abbildung D.3: Oszilloskop mit Auto-Scale. Die Beispielsignale sind gut erkennbar.
120
D.2 Optimale Anzeige der Signale
D.2.2 Manuelle Einstellung der Skalierung
Die Einstellung der Signaldarstellung untergliedert sich in Horizontal (gemeinsam
f¨
ur beide Kan¨ale) und Vertikal (Einstellung pro Kanal), es steht Ihnen in jeder
Sektion ein großer und ein kleiner Drehknopf zur Verf¨
ugung.
Im Bereich Horizontal k¨onnen Sie mit dem großen Drehknopf einstellen, wie
lang der Zeitbereich sein soll, den Ihr Oszilloskop darstellt. In unserem Beispiel
hat das Oszilloskop 500 µs/Div. vorgew¨ahlt. Dies bedeutet, dass ein K¨astchen
(Division) einer Zeit von 500 µs entspricht, u
¨ber den gesamten Bildbereich wird
also ein Zeitraum von 10 · 500 µs = 5 ms dargestellt. Wenn Sie den großen Knopf
gegen den Uhrzeigersinn drehen, wird sich diese Zeit vergr¨oßern, Sie zoomen also
sozusagen aus dem Bild heraus und k¨onnen einen gr¨oßeren zeitlichen Teil Ihres
Signalverlaufs betrachten.
Mit Drehen des kleinen Knopfes k¨onnen Sie Ihre Signale gemeinsam nach links
oder rechts verschieben. Die Position erkennen Sie am sogenannten Triggerzeitpunkt durch einen kleinen orangenen Pfeil am oberen Bildschirmrand.
Im Bereich Vertical k¨onnen Sie mit dem großen Drehknopf einstellen, wie groß
der Spannungsbereich sein soll, den Ihr Oszilloskop f¨
ur den betreffenden Kanal
darstellt. In unserem Beispiel hat das Oszilloskop je 1 V/Div. vorgew¨ahlt. Dies
bedeutet, dass ein K¨astchen einer Spannung von 1 V entspricht, u
¨ber den gesamten
Bildbereich k¨onnen also Signale mit einer Signalh¨ohe von 10 V darstellt werden.
Wenn Sie den großen Knopf im Uhrzeigersinn drehen, wird sich die Spannung pro
K¨astchen verkleinern, Sie zoomen also sozusagen ins Bild hinein.
Mit dem kleinen Drehnopf k¨onnen Sie Ihr Signal nach oben oder unten verschieben.
D.2.3 Manuelle Einstellung des Triggers
Das Oszilloskop nimmt das elektrische Signal der Kan¨ale 1 und 2 in regelm¨aßigen
Abst¨anden auf und zeigt diese Aufnahmem auf dem Bildschirm. Bei periodischen
Signalen ist es nun das Ziel, dass sich hieraus ein scheinbar stehendes Bild ergibt. Hierzu muss die Aufnahme stets zu einem durch Ihr Signal bestimmten
Zeitpunkt erfolgen. Bei einer sinus-f¨ormigen Schwingung w¨are dies zum Beispiel
der Nulldurchgang des Signals. In Abb. D.3 hat das Oszilloskop durch die Auto
Scale-Funktion einen optimalen Triggerzeitpunkt ausgew¨ahlt:
• Trigger auf Kanal 1 (erkennbar an der organgenen 1 rechts oben)
• Trigger auf steigende Flanke (erkennbar am aufw¨artsgerichteten Pfeil rechts
oben), d.h. das Oszilloskop zeichnet nur auf, wenn die eingestellte Schwelle
von einem steigenden Signal u
¨berschritten wird
• Triggerlevel auf −20 mV, also knapp unter dem Nulldurchgang des sinusSignals (erkennbar an der Zahl in der rechten oberen Ecke, sowie dem mit
T markierten Pfeil in der Farbe des Kanals am linken Bildschirmrand)
121
D Umgang mit dem Oszilloskop
Die Veranschaulichung der Auswirkungen der Triggereinstellung erfolgt nun anhand eines komplexeren Signals.
In Abb. D.4 ist das Signal nicht gut erkennbar. Die Triggerschwelle, anhand welcher das Oszilloskop den Referenzzeitpunkt zur wiederholten Aufnahme erkennt,
wird vom Signal nie erreicht (das T am linken Bildschirmrand ist oberhalb des
Signals). Da der Triggermodus auf Auto steht (erkennbar am oberen Bildschirmrand), versuch das Oszilloskop dennoch, das Signal darzustellen. Durch den Drehknopf in der Sektion Trigger kann die Triggerschwelle verschoben werden.
In Abb. D.5 ist die Triggerschwelle nach unten verschoben worden, das Oszilloskop
kann nun die steigende Flanke des großen Pulses als Referenz verwenden und
ein scheinbar stehendes Bild erzeugen. Wird jedoch die Triggerschwelle zu weit
abgesenkt, so dass auch die Schwingungen mit niedriger Amplitude die Schwelle
u
¨berschreiten, so wird der Referenzzeitpunk zur Aufnahme des Bildes nicht mehr
exklusiv von der großen Schwingung bestimmt. Die ist in Abb. D.6 sichtbar.
Bei realen Messaufbauten ist es wichtig, die Triggerschwelle so zu w¨ahlen, dass Ihr
relevantes Signal den Aufnahmezeitpunkt bestimmt und nicht etwa das Grundrauschen Ihres Signals.
Abbildung D.4: Das Triggerlevel ist h¨oher als die Signalamplitude (siehe orangener Pfeil mit
T am linken Rand). Das Oszilloskop kann keinen optimalen Aufzeichnungspunkt feststellen.
122
D.2 Optimale Anzeige der Signale
Abbildung D.5: Das Triggerlevel so gew¨ahlt, dass der Aufnahmezeitpunkt durch die Amplitude
der gr¨
oßten Schwingung bestimmt wird.
Abbildung D.6: Das Triggerlevel ist so niedrig, dass auch die kleineren Schwingungen eine
Aufzeichnung ausl¨
osen. Das Signal ist nicht mehr gut erkennbar.
123
D Umgang mit dem Oszilloskop
D.3 Messungen
Mit der Information aus dem vorangegangenen Kapitel sind Sie in der Lage,
h¨andisch durch Abz¨ahlen der K¨astchen die Signalh¨ohe (Spannung) oder die
Schwingungsdauer (Zeit) eines Signals festzustellen, und hieraus durch Umrechnung beispielsweise die (Kreis-)Frequenz einer Schwingung zu bestimmen. Das
Oszilloskop kann Sie hierbei jedoch auch durch Einstellung der sog. Cursors oder
automatische Messungen unterst¨
utzen. Wie auch bei der Einstellung der Anzeige
steht es Ihnen bei den Messungen frei, ob Sie die Unterst¨
utzung nutzen m¨ochten
oder nicht.
D.3.1 Cursor-gestu
¨ tzte Messungen
Beispielhaft sollen Amplitude und Kreisfrequenz des Signals auf Kanal 1 bestimmt
werden.
• dr¨
ucken Sie die Taste Cursors - vier Linien erscheinen im Bild
• dr¨
ucken Sie die zweite der sechs Tasten unter dem Display (Source) und
w¨ahlen Sie mit dem Drehknopf, der rechts mittig neben dem Display ist,
den Kanal (f¨
ur unser Beispiel bereits richtig eingestellt)
• dr¨
ucken Sie den Drehknopf, der sich rechts neben der Cursors-Taste befindet
• w¨ahlen Sie Y1 und best¨atigten Sie die Wahl durch Dr¨
ucken des Drehknopfes,
um eine der horizontalen Cursoren zu w¨ahlen
• verschieben Sie den Cursor zum niedrigsten Punkt des Signals von Kanal 1
• w¨ahlen Sie nun, wieder mit dem gleichen Drehknopf, den Cursor Y2 und
verschieben Sie ihn auf den h¨ochsten Punkt des Signals von Kanal 1
In Abb. D.7 ist zu sehen, dass ∆Y (1) = 5,0 V ist. Mit den gleichen Schritten
kann mit Verwendung der X-Cursoren der periodische Nulldurchgang der Kurve
markiert werden. Aus ∆X = 2,12 ms und f = 1/∆X = 471,7 Hz ergibt sich die
Kreisfrequenz zu ω = 2π · f ≈ 2964 Hz.
D.3.2 Automatische Messungen
Durch Dr¨
ucken des Knopfs Meas gelangen Sie in den Messungs-Modus, in dem Sie
verschiedene automatische Messungen programmieren k¨onnen. Wie Sie in Abb.
D.8 erkennen k¨onnen, hat das Oszilloskop bereits zwei Messungen veranlasst,
n¨amlich Frequenz und Signalh¨ohe des Signals auf Kanal 1. Somit haben Sie auf
schnellerem (aber didaktisch unterlegenem) Weg die gleichen Ergebnisse wie mit
der manuellen Cursormessung erhalten. Wir m¨ochten nun beispielhaft eine komplexere Messung programmieren, die uns die Phasenverschiebung zwischen beiden
Signalen bestimmt.
• dr¨
ucken Sie (wenn Sie im Messungs-Modus sind) die erste der sechs Tasten
unter dem Display (Source) und w¨ahlen Sie mit dem Drehknopf, der rechts
mittig neben dem Display ist, Kanal 2
124
D.3 Messungen
• dr¨
ucken Sie die zweite Taste unter dem Display (Type), und w¨ahlen Sie mit
dem Drehknof den untersten Punkt (Phase)
• dr¨
ucken Sie die vierte Taste unter dem Display (Settings), dann den dritten
Knopf, um (Source2) auf Kanal 1 einzustellen
• dr¨
ucken Sie die Taste Back und dann die dritte Taste unter dem Display
(Add Measurement) um die Messung hinzuzuf¨
ugen
Es erscheint nun die dritte Messung wie in Abb. D.9.
Auf Besonderheiten zur Bedienung des Oszilloskops werden Sie durch den Tutor
oder die jeweilige Versuchsbeschreibung aufmerksam gemacht werden.
Abbildung D.7: Oszilloskop mit Benutzung der Cursoren, hier eingestellt zur Messung der
Signalamplitude und -periodendauer.
125
D Umgang mit dem Oszilloskop
Abbildung D.8: Oszilloskop nach Dr¨
ucken von Meas. Es sind bereits zwei Messungen automatisch erstellt worden: Freq(1) (Frequenz des Signal am ersten Kanal) sowie Pk-Pk(1)
(Spannung des Signals am ersten Kanal von Spitze zu Spitze (engl.: Peak-Peak)). Die
letzte Messung wird durch die Cursoren (gestrichelte Linien in der Farbe des Kanals)
angezeigt.
Abbildung D.9: Oszilloskop nach Hinzuf¨
ugen der dritten Messung. Die Phasenverschiebung
beider Signale ist ablesbar. An den Cursoren ist erkennbar, wie das Oszilloskop die
Phasenverschiebung misst.
126
¨
E Uberblick
der Grundgr¨
oßen und Einheiten
der Dosimetrie
Ionendosis:
DI ≡
Ladung der erzeugten Ionenpaare
Masse der durchstrahlten Materie
Q
m
=
,
(E.1)
C
Coulomb
= 1 kg
; fr¨
uher R¨ontgen (R): 1 R = 258
Einheit: 1 Kilogramm
µC
kg
,
Ionendosisleistung:
˙I ≡
D
Ionendosis
Zeit
=
dDI
dt
A
, Einheit: 1 s ·Ckg ≡ 1 kg
; fr¨
uher: 1
R
s
,
(E.2)
Energiedosis:
DE ≡
Aus dem Strahlungsfeld absorbierte Energie
Masse der durchstrahlten Materie
=
Eabs
m
,
Joule
J
Einheit: 1 Kilogramm
= 1 kg
= 1 Gy (Gray); fr¨
uher Rad (rad): 1 rad =
1
100
Gy ,
Energiedosisleistung:
˙E ≡
D
Energiedosis
Zeit
=
dDE
dt
, Einheit: 1 Gy
; fr¨
uher: 1 rad
,
s
s
¨
Aquivalentdosis:
Dq ≡ strahlenabh¨angiger Bewertungsfaktor · Energiedosis = q · DE ,
J
; fr¨
uher rem: 1 rem= 10 mSv ,
Einheit: 1 Sv (Sievert) = 1 kg
¨
Aquivalentdosisleistung:
˙q ≡
D
¨
Aquivalentdosis
Zeit
=
dDq
dt
, Einheit: 1
Sv
.
s
Die sch¨adigende Wirkung von ionisierender Strahlung h¨angt nicht nur von der
deponierten Energie ab, sondern auch von der Art, wie die Energie mikroskopisch verteilt ist. Unterschiedliche Strahlungsarten haben somit eine unterschiedlich starke sch¨adigende Wirkung (z.B. gilt f¨
ur R¨ontgenstrahlung q = 1, f¨
ur Alphastrahlung q = 20).
127
F Griechisches Alphabet
Alpha
Beta
Gamma
Delta
Epsilon
Zeta
Eta
Theta
Iota
Kappa
Lambda
My
128
groß
A
B
Γ
∆
E
Z
H
Θ
I
K
Λ
M
klein
α
β
γ
δ
, ε
ζ
η
θ, ϑ
ι
κ
λ
µ
Ny
Xi
Omikron
Pi
Rho
Sigma
Tau
Ypsilon
Phi
Chi
Psi
Omega
groß
N
Ξ
O
Π
P
Σ
T
Υ
Φ
X
Ψ
Ω
klein
ν
ξ
o
π
ρ, %
σ, ς
τ
υ
φ, ϕ
χ
ψ
ω