Aviatisches Grundwissen FACH 010 RECHT DER LUFTFAHRT LUFTRECHT IN THEORIE UND PRAXIS 10. Auflage – 2014 Mit diesem Lehrmittel erwerben Sie ein Werk, welches Ihnen das Grundwissen über dieses Fachgebiet der Luftfahrt vermittelt. Der Autor hat das Thema umfassend behandelt und vermittelt auf diese Weise die theoretischen Grundkenntnisse für weitere aviatische Tätigkeiten, in denen dieses Fachwissen erforderlich ist. Die Themenauswahl entspricht dem Syllabus der theoretischen Ausbildung, wie er von den europäischen Luftfahrtbehörden für Privatpiloten von Flächenflugzeugen, Helikoptern, Segelflugzeugen und Ballonen vorgeschrieben ist. Autor: Prof. Dr. iur. Roland Müller Rechtsanwalt/Fluglehrer Titularprofessor für Privat- und Wirtschaftsrecht sowie Luftrecht an der Universität St. Gallen CH-9422 Staad/SG [email protected] Die Übersetzung in die französische Sprache wird durch den Motorflug-Verband der Schweiz finanziell unterstützt. Verlag:BAK-Lehrmittelverlag c/o Famo AG Schulhausstrasse 7 CH-6055 Alpnach Dorf Phone +41 (0)41 672 91 72 Fax +41 (0)41 672 91 70 [email protected] ISBN 978-3-905036-35-0 © Copyright by Aero-Club der Schweiz Alle Rechte, insbesondere diejenigen der Übersetzung in fremde Sprachen, des auszugsweisen Nachdrucks und der photomechanischen oder elektronischen Wiedergabe sind ausdrücklich vorbehalten. FACH 010 RECHT DER LUFTFAHRT VERORDNUNG ÜBER DEN LUFTTRANSPORT Verzichtserklärung Wird ein privater Flug ohne Entgelt, also aus reiner Gefälligkeit ausgeführt, so kann kein Beförderungsschein ausgestellt werden. Sollte dennoch ein Beförderungsschein ausgestellt werden, so hat er keine Wirkung. Um die Haftung zu beschränken, kann bei solchen unentgeltlichen Flügen nur noch eine Verzichtserklärung des Passagiers im Rahmen des gesetzlich Zulässigen verlangt werden. Abgesehen davon, dass zahlreiche Passagiere keine solche Verzichtserklärung unterschreiben, muss an dieser Stelle zudem noch ausdrücklich auf die begrenzte Wirkung einer Verzichtserklärung hingewiesen werden. Gegenüber den Hinterbliebenen eines getöteten Passagiers ist die Verzichtserklärung im Hinblick auf Versorger- und Genugtuungsansprüche nämlich wirkungslos. Nachstehend deshalb das Beispiel einer möglichen Verzichtserklärung. Verzichtserklärung des Fluggastes gegenüber dem Piloten eines Luftfahrzeuges Der unterzeichnende Fluggast erklärt hiermit freiwillig, dass er auf allfällige Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen im Zusammenhang mit dem bezeichneten Flug gegenüber dem nachfolgend genannten Piloten verzichtet, soweit dies nach Gesetz zulässig ist. Der Fluggast ist sich über die Tragweite dieser Verzichtserklärung bewusst. Der Fluggast: Name und Vorname: ________________________________ Adresse: ________________________________ PLZ/Wohnort: ________________________________ Der Pilot: Name und Vorname: ________________________________ Adresse: ________________________________ PLZ/Wohnort: ________________________________ Vorgesehener Flug: Datum des Fluges: ________________________________ Art des Fluges: ________________________________ Typ des Luftfahrzeuges: ________________________________ Abgangsort: ________________________________ Bestimmungsort: ________________________________ Ev. Zwischenlandungen: ________________________________ Ort und Datum: Der verzichtende Fluggast: ______________________ _________________________________ © Copyright by Aero-Club der Schweiz Alle Rechte, insbesondere diejenigen der Übersetzung in fremde Sprachen, des auszugsweisen Nachdrucks und der photomechanischen oder elektronischen Wiedergabe sind ausdrücklich vorbehalten. Seite 245 FACH 010 Seite 246 VERORDNUNG ÜBER DEN LUFTTRANSPORT RECHT DER LUFTFAHRT Die Verzichtserklärung darf nur im Rahmen des gesetzlich Zulässigen ausgestellt werden. Bei einem generellen Verzicht wird Nichtigkeit zu Folge von übermässiger Bindung im Sinne von Art. 27 ZGB angenommen. Zulässig ist nur der Verzicht bezüglich leichter Fahrlässigkeit; für grobe Fahrlässigkeit, Eventualabsicht und Vorsatz haftet der Pilot weiterhin. Die Verzichtserklärung sollte vom Piloten im Original sicher aufbewahrt und nicht im Flugzeug mittransportiert werden. Die Beweislast für die Ausstellung und den Inhalt der Verzichtserklärung obliegt nämlich dem Piloten. Zwischen Piloten kann eine Verzichtserklärung analog zum Beförderungsschein nur dann ausgestellt werden, wenn der verzichtende Pilot während des gesamten Fluges keine Besatzungsfunktion ausübt. Trotz all dieser Problempunkte kann eine Verzichtserklärung hilfreich sein. Fälle von leichter Fahrlässigkeit sind relativ häufig, so z.B. harte Landung, missratene Notlandung, Navigationsfehler, etc. Verzichtserklärungen werden von den Passagieren jedoch nur sehr ungern unterschrieben. Zusammenfassend lassen sich die Vorschriften bezüglich Beförderungsschein und Verzichtserklärung bei privaten und gewerbsmässigen Flügen wie folgt zusammenfassen: Private Flüge Unentgeltliche Flüge Gewerbsmässige Flüge Entgeltliche Flüge Unentgeltliche Flüge Entgeltliche Flüge Unbeschränkte Haftung nach OR Unbeschränkte Haftung nach LTrV Unbeschränkte Haftung gemäss Übereinkommen von Montreal und der EU-Verordnung 785/2004. Haftung des Piloten mit dem ganzen Vermögen bei leichter Fahrlässigkeit. Geschädigter muss Veschulden beweisen Bis SZR 100'000 Kausalhaftung, darüber Verschudensvermutung mit Möglichkeit zum Entlastungsbeweis Bis SZR 100'000 Kausalhaftung, darüber Verschudensvermutung mit Möglichkeit zum Entlastungsbeweis Versicherungsobligatorium Versicherungsobligatorium Versicherungsobligatorium gem. LFV mind. SZR 250‘000 pro Pax-Sitz Vorauszahlung bei Tod/Verletzung mind. SZR 16‘000 erforderlich Kein Beförderungsschein möglich, aber dafür Vezichtserklärung für leichte Fahrlässigkeit Beförderungsschein ist obligatorisch und zudem Hinweis auf privaten Flug notwendig Beförderungsschein ist obligatorisch 3.7.3 Haftung des Luftfrachtführers Während unter dem früheren Lufttransportreglement mit dem Ausstellen eines Flugscheines beim privaten entgeltlichen Passagiertransport noch eine Haftungslimitierung erzielt werden konnte, statuiert Art. 7 Abs. 1 LTrV nun grundsätzlich eine unbegrenzte Haftung des Luftfrachtführers bei Tod oder Körperverletzung von Reisenden unabhängig von der Art des Fluges und unabhängig von der Ausstellung eines Beförderungsscheins. Bis zu 100’000 Sonderziehungsrechten (zu dieser virtuellen Währung vgl. Seite 174) besteht eine Kausalhaftung, d.h. der Luftfrachtführer haftet bei Personenschäden auch ohne ein Verschulden. Erst über 100’000 Sonderziehungsrecht spielt das Verschulden des Luftfrachtführers, seiner Angestellten oder Beauftragten rechtlich eine Rolle. Tod oder Körperverletzung von Reisenden 1 LTrV Art. 7 Der Luftfrachtführer haftet für Tod und Körperverletzung der Reisenden im Falle eines Unfalles an Bord des Luftfahrzeugs oder beim Ein- oder Aussteigen. 2 Er kann seine Haftung für Schäden, die den Betrag von 100 000 Sonderziehungsrechten je Reisenden nicht übersteigen, weder ausschliessen noch beschränken. 3 Er haftet nicht für Schäden, die 100’000 Sonderziehungsrechte je Reisenden übersteigen, wenn er nachweist, dass: a. der Schaden nicht auf eine Pflichtverletzung oder eine andere widerrechtliche Handlung oder Unterlassung des Luftfrachtführers, seiner Angestellten oder seiner Beauftragten zurückzuführen ist; oder b. der Schaden ausschliesslich auf eine Pflichtverletzung oder eine andere widerrechtliche Handlung oder Unterlassung eines Dritten zurückzuführen ist. © Copyright by Aero-Club der Schweiz Alle Rechte, insbesondere diejenigen der Übersetzung in fremde Sprachen, des auszugsweisen Nachdrucks und der photomechanischen oder elektronischen Wiedergabe sind ausdrücklich vorbehalten.
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