Landtechnik Rolle rückwärts? Beim Dobermann dreht sich die Entnahmefräse sowohl vorwärts als auch rückwärts. Storti bewirbt dieses System – aber was bringt es? Wir haben zwei Betriebe besucht, die den Selbstfahrer einsetzen. D ie Werbung verspricht so Einiges. Schöne, heile Welt, in der die Maschinen vieles können und ewig halten. Auch die Landtechnik macht nicht vor markigen Werbesprüchen halt. Wir wollen in Zukunft solchen Hersteller-Versprechen auf den Grund gehen – und zwar bei Maschinen, die ihre Arbeit im harten Alltag verrichten. Eine Fräse – zwei Richtungen:Bei den selbstfahrenden Futtermischwagen von Storti ist uns aufgefallen, dass der italienische Hersteller seine Entnahme-Technik mit „FPS“ bewirbt. FPS steht für Fiber PickUp System. Fiber bedeutet im englischen Faser, die Fräse soll also die Struktur des Futters bei der Entnahme aus dem Silo schonen. Dazu dreht die Entnahmefräse nicht – wie üblich – nur vorwärts, sie kann sich auch rückwärts drehen. Auf zwei Milchviehbetrieben haben wir genau diese Entnahmetechnik genauer untersucht: Heinz-Dieter Wussow aus Berne melkt 320 Kühe. Bei Dirk Jürgens aus Varel-Neuenwege versorgt der Selbstfahrer 220 Milchkühe. Beide haben ihre Dobermann-Mischer vom Händler Thieling Landtechnik, der die hellgrünen Selbstfahrer im nordwestlichen Niedersachsen vertreibt. Auf dem Betrieb Wussow muss der Dobermann etwa drei Stunden am Tag ran. In dieser Zeit versorgt er bis zu 1 000 Tiere. Interessant bei Wussow: Der Landwirt und Lohnunternehmer hat vier verschiedene Selbstfahrer für jeweils mindestens einen Monat auf seinem Betrieb ausprobiert, bevor die Entscheidung zugunsten des Dobermann SW 200 AS EVO fiel. Die Grasschnitte für die Milchkühe häckselt Heinz-Dieter Wussow und verdichtet sie mit dem Radlader. Bei diesen • Storti kann die Entnahmefrä- se seiner Selbstfahrmischer auch rückwärts drehen. • Das steigert die Entnah- meleistung vor allem bei Grassilage und spart Diesel. • Heu- und Strohballen werden Fotos: Küper top agrarTest Schnell gelesen ebenfalls rückwärts gefräst. • Unterschiede bei der Futter- Ladewagensilage: Links drehte die Fräse vorwärts, rechts rückwärts. Auch einen Heuballen putzt die rückwärts laufende Fräse restlos weg. hoch verdichteten Silos kann man den Unterschied der beiden Drehrichtungen der Fräse an der Anschnittfläche gut sehen: Vorwärts drehend scheint die Fräse das Futter etwas zu zerkleinern und bei feuchterer Silage sogar zu verschmieren. Vor allem im unteren Bereich fällt das auf. Rückwärts drehend ist die Anschnittfläche gleichmäßiger und rein optisch verbleiben auch weniger Feinteile am Silo. Aber lässt sich das messen? Mit der Schüttelbox haben wir mehrere Proben der vorwärts und der rückwärts aufgenommenen Häckselsilage ausgewertet: Es gibt keinen messbaren Unterschied! Bei beiden Drehrichtungen war die Verteilung in den drei Schüttelbox-Fraktionen in etwa gleich. Was uns dagegen aber aufgefallen ist: Dreht die Fräse bei der Entnahme rückwärts, scheint sie deutlich mehr Futter in den Mischbehälter zu fördern, als vorwärts. trichtung linken Seite nach rechts zum Ladeband fördert. Das Förderband selbst ist 80 cm breit, der Kanal 82 cm. Die Fräse insgesamt misst 190 cm. Wann kann oder sollte man rückwärts fräsen? Beide Betriebe haben sich angewöhnt, ihre Grassilage komplett rückwärts zu fräsen. Lediglich im oberen Bereich des Silos und an den Kanten sollte die Fräse vorwärts drehen, ansonsten wirft sie das Futter hoch. Das Umschalten der hydraulisch angetriebe- Die Fräse vom Dobermann-Mischwagen kann sich in beide Richtungen drehen. Wir wollten wissen, ob das Vorteile bringt. 94 top agrar 5/2015 nen Fräse auf dem Joystick dauert aber nicht einmal zwei Sekunden. Auch bei Heu oder Stroh aus Rundballen empfiehlt sich die Rückwärts-Aufnahme. Thorben Jürgens hat uns gezeigt, wie schnell und unproblematisch ein ganzer Heuballen im Inneren des Behälters verschwindet. Maissilage, Pressschnitzel, Biertreber sowie lose Kraftfutterkomponenten nimmt man dagegen mit normaler Drehrichtung auf. Jan-Martin Küper Schüttelbox selbst gebaut Mithilfe der Schüttelbox lässt sich die Mischgenauigkeit einer Futterration sehr einfach überprüfen. Doppelter Durchsatz: A uf dem nächs- ten Betrieb haben wir also auch den Durchsatz der Fräse gemessen. Bei Dirk Jürgens versorgt ein Dobermann SW 160 HS rund 400 Tiere. Die Grassilage fahren Dirk und Sohn Thorben mit dem Ladewagen ein. Das Futter war also etwas länger als auf dem Betrieb Wussow, aber ebenso gut verdichtet. Vorwärts schneidet die Fräse 684 kg pro Minute aus dem Silo. Rückwärts schaufelt sie mit 1 350 kg/min fast doppelt so viel Futter in den Mischbehälter. Deutlich hört man den Unterschied auch an der Motorauslastung des Selbstfahrers: Rückwärts fräsen spart Diesel! Der Trick der umgekehrten Drehrichtung ist eigentlich ganz einfach: Rückwärts muss die Fräse nicht gegen den Wiederstand des Silostocks arbeiten. Zudem wird sie das Futter besser los. Unterstützt wird sie sowohl vorwärts als auch rückwärts von einer etwa 60 cm breiten Förderschnecke, die das Futter hinter der Fräse von der in Fahr- struktur konnten wir zwischen vorwärts und rückwärts drehender Fräse nicht messen. Schon länger wollten wir für unsere Tests eine eigene Schüttelbox anschaffen. Aber auch wir haben – wie wahrscheinlich so mancher Betrieb – diese Idee bei fast 300 € Anschaffungspreis wieder verworfen. Aber es geht auch günstiger: Für rund 70 € haben wir eine dreiteilige Schüttelbox selbst gebaut. Wichtig ist, dass die Maße exakt eingehalten werden: Das obere Lochblech muss 19 mm große Löcher haben, das mitt- lere 8 mm. Beide Bleche konnten wir im Internet (z. B. bei lochblech.de). bestellen. Die Bleche haben wir in einem Holzrahmen mit entsprechender Nut eingefasst und die Seiten verschraubt. Die Kästen sollten innen eine Seitenlänge von etwa 30 cm haben, der unterste Kasten ist geschlossen. Damit sich die Kästen auf einer ebenen Unterfläche einfacher schütteln lassen, haben wir unter die unterste Box Möbelgleiter geschraubt. top agrar 5/2015 95
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