Limmattaler Zeitung, vom: Montag, 11. Mai 2015

LIMMATTAL 15
LIMMATTALER ZEITUNG
MONTAG, 11. MAI 2015
Die Mobilität bewegt ihn
Urdorf René Gutknecht war der erste GLP-Kantonsrat des Bezirks Dietikon und gab der Partei so ein Gesicht
VON ALEX RUDOLF
In seiner Urdorfer Genossenschaftswohnung geniesst René Gutknecht aus jedem
Fenster eine Sicht direkt ins Grüne. Der
57-Jährige sitzt am Küchentisch und trinkt
Kaffee, während er über die letzten vier
Jahre im Kantonsrat nachdenkt. Aus gesundheitlichen Gründen trat er aus dem
Gremium zurück.
Mit seiner überraschenden Wahl in die
kantonale Legislative im Jahr 2011 verdrängte Gutknecht nicht nur den EVPKantonsrat Kurt Leuch, sondern wurde
auch auf einen Schlag zum Gesicht der
Grünliberalen des Bezirks Dietikon. In
welches Gesicht blicken die Wähler, die
bei den Gesamterneuerungswahlen vom
vergangenen 12. April die GLP-Liste eingeworfen haben, heute?
Eltop-Läden waren «alter Zopf»
Als politische Erfolge nennt Gutknecht
etwa die Schliessung der unrentablen Eltop-Läden, in denen die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich Haushaltsgeräte
verkauften. Gutknecht, der in der Aufsichtskommission über die wirtschaftlichen Unternehmen (AWU) Einsitz hatte,
hatte darauf gedrängt. «Die Läden waren
ein alter Zopf.» Auch das Verkehrspaket
«Limmattalbahn», das mit den Ratskollegen aus dem Bezirk vorwärtsgebracht und
bekanntgemacht wurde, liege ihm sehr
am Herzen.
Dies ist eine Untertreibung. Für Gutknecht ist die Verkehrspolitik mehr als ei-
Trat bei den Wahlen vom 12. April nicht mehr an: René Gutknecht.
ne Herzensangelegenheit, sie ist der Kern
seines politischen Wirkens. Rund die Hälfte seiner eingereichten oder mitunterzeichneten Vorstösse betreffen die Mobilität. Der Sicherheitsfachmann erklärt dies
damit, dass er in unserem Verkehrsverhalten noch so unglaublich viel Entwicklungspotenzial sehe. Unter anderem setzte er sich für Sofortmassnahmen auf der
Westumfahrung, Tempo 80 auf den Autobahnen rund um die Stadt Zürich und eine Erweiterung der Limmattalbahn zwischen Weiningen und Oberengstringen
FOTO: ALEX RUDOLF
ein. Letzteren Vorstoss zog er selber zurück.
Es war alles vergebene Liebesmühe:
Kantons- oder Regierungsrat erteilten jeweils eine Abfuhr. Seine Erkenntnis daraus: «Das Auto ist hierzulande eine heilige
Kuh.» Seine verkehrspolitischen Gegner –
vornehmlich aus der Ratsrechten – sähen
ihre Freiheit durch solche Vorstösse eingeschränkt. Gutknecht findet: «Ob man
nun mit 120 oder 80 Kilometern pro Stunde über die Autobahn fährt, hat nichts mit
Freiheit zu tun.»
Er gesteht, dass er im Verkehr und bei
Sozialthemen gerne mit der Ratslinken gestimmt habe, innendrin aber ein strammer Bürgerlicher sei. Dem Rat konnte er
trotzdem nicht viele seiner Vorstösse
schmackhaft machen. So wird in kantonalen Verpflegungsbetrieben künftig nicht
auf Fleisch aus ausländischer Massenproduktion verzichtet, Jugendliche zwischen
12 und 17 werden künftig kein Initiativrecht haben und ein Finanzausgleich für
Gemeinden mit hohen Sozialkosten wird
ebenfalls nicht aufgrund eines Vorstosses
Gutknechts geschaffen. Ein vergleichbarer
Vorstoss von Rosmarie Joss (SP, Dietikon)
hat grössere Aussichten auf Erfolg.
Viel weiter als vor vier Jahren sind die
Grünliberalen heute nicht. Gutknechts
Partei stellt noch immer keinen Exekutivpolitiker, in den Gemeindeparlamenten
von Schlieren und Dietikon finden sich
zwei beziehungsweise ein Vertreter. «Es
fehlt uns die Basis, das ist ganz klar», so
Gutknecht. Die Strategie des Vorstandes
sei aber die richtige. «Man muss nicht in
jedem Gremium sitzen, aber dort, wo
man ist, müssen kompetente Leute vollen Einsatz leisten.»
Die Zukunft der Grünliberalen lasse er
in vertrauenswürdigen Händen. Eine Idee
aus der Gründungszeit der Dietiker GLP
sähe er trotzdem gerne realisiert: «Dietikon, Schlieren und Urdorf zu fusionieren,
wäre zukunftsgerichtet und fortschrittlich. Nur so kann man am selben Strick
ziehen – nicht zuletzt in der Verkehrspolitik», sagt er und blickt zurück ins Grüne.
«Es fehlt uns
die Basis, das
ist ganz klar.»
René Gutknecht
SERIE
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Sie haben das
Limmattal geprägt
Die Limmattaler Zeitung begleitet die vier scheidenden
Kantonsräte Willy Haderer
(SVP), Hanspeter Haug (SVP),
Brigitta Johner (FDP) und René Gutknecht (GLP) in ihren
letzten Tagen als Kantonspolitiker. Die Beiträge erscheinen
in loser Folge.
Die Kunst dort
zeigen, wo die
Menschen leben
Aesch Stefanie Seiler und
Sara Haslacher wollen mit
ihrer «Kunstmeile» die
Kunst und ihre Macher näher zusammenbringen.
Dem Publikum gefällts.
VON FRANZISKA SCHÄDEL (TEXT & FOTOS)
19 Künstlerinnen und Kunsthandwerkerinnen,
vorwiegend
aus
Aesch oder Birmensdorf, zeigten ihr
Schaffen für einmal an ungewohn- Zwei Generationen im Dienst der
ten Orten. In einer Garage, im Ge- Kunst: Sara Haslacher und Stefanie
meindehaus, in Privatwohnungen Seiler haben den Anlass organisiert.
oder Seite an Seite mit Landwirtschaftsgeräten in einer Maschinen- den alten Kommoden und neben
halle waren am Samstag Bilder, Fo- dem dunkelgrünen Kachelofen
tografien, Skulpturen, Mode oder kommen die Bilder und der ausgeGoldschmiedearbeiten zu bewun- stellte Schmuck ganz besonders gut
dern. Versehen mit einem Plan und zur Geltung.
Urs und Natalie Neuenschwander
einer Portion Entdeckergeist konnten sich die Besucherinnen und Be- sind davon begeistert. Die beiden
sucher quer durch Aesch auf die Su- sind über eine der ausstellenden
che nach den ausgestellten Werken Künstlerinnen und über Facebook
auf die Kunstmachen.
meile aufmerkStefanie Seiler «Die Kunstmeile hat
sam geworden
und ihre Tochuns überrascht und
und extra dafür
ter Sara Haslaaus Frauenfeld
cher möchten inspiriert.»
angereist. «Es ist
Künstlern und Urs Neuenschwander Besucher
eindrücklich,
Kunsthandwerkern eine günstige Möglichkeit bie- was dieses Dorf auf die Beine geten, sich einmal da zu zeigen, wo stellt hat und mit welcher Leidensie zuhause sind. Beide sind auch schaft und Liebe alles organisiert
selber kreativ unterwegs. Stefanie ist. Das ist hohe Qualität», sagt der
Seiler malt Acrylbilder, ihre Tochter Thurgauer und ergänzt: «Die Kunststellt Schmuck her und näht. «Unse- meile hat uns überrascht und inspire Idee der Kunstmeile ist von der riert.»
Rund um den Dorfbrunnen bieBevölkerung positiv aufgenommen
worden, und wir freuen uns sehr ten Händler Gemüse, Kunsthandüber die vielen Besucher. Viele Leu- werk und Blumen feil, und manch
te schauen bei uns auch nur vorbei, einer nutzt die Gelegenheit, für den
um einmal unser Haus zu sehen», Muttertag einen prächtigen Blumenstrauss zu erwerben. Und weil
schmunzelt Stefanie Seiler.
Kunstgenuss auch hungrig macht,
Kunst auf alten Kommoden
sorgt der Frauenverein für das leibDas älteste Haus der Gemeinde ist liche Wohl der Besucherinnen und
in der Tat einen Besuch wert. Auf Besucher.
Anna Schramek-Schneider, Aesch
Ich bin Berufsfotografin und habe mich auf Reportagen, Food-Bilder und Porträts spezialisiert. Bei den
Kochbüchern bin ich hängengeblieben. Durch meinen Beruf erhalte ich Einblick in andere Berufswelten,
und das ist das Spannende an meiner Arbeit. Wenn
ich Menschen fotografiere, erzähle ich ihnen so
lange irgendwelche Dinge, bis sie nicht mehr daran
denken, dass sie fotografiert werden. Dann drücke ich
ab – wenn sie lachen.
Margrit Weber,
Birmensdorf
25 Jahre lang habe ich
mich der naiven Malerei gewidmet, bis es mir
etwas verleidet ist. Auch
sind meine Augen nicht
mehr die jüngsten und
bei dieser Malerei musste ich viele Details mit
der Lupe malen. Daher
suchte ich nach anderen, grösseren Motiven.
In einem Ölmalkurs
lernte ich eine neue
Technik kennen. Heute
male ich Orchideen.
Ich liebe diese Blumen,
sie sind so vielfältig
und so edel. Das
gefällt mir.
Ursi Daeniker,
Birmensdorf
Ich zeige ein Handwerk,
das seit rund 600 Jahren
existiert. Kreativität und
Vielfältigkeit des Klöppelns faszinieren mich.
Ich kann Tischgarnituren
klöppeln, Schmuck oder
Bilder herstellen – ich
könnte sogar Kleider
klöppeln. Wenn ich die
Zeit rechne, die ich für die
Herstellung nur eines kleinen Bildes brauche, dann
sind die Gegenstände eigentlich unbezahlbar.
Darum verkaufe ich sie
auch nicht, sondern verschenke sie an Leute, die
Freude daran haben.