Jahresbericht 2014 Digitalität Kommunikation Identität Digitale Technologien sind allgegenwärtig: Sie formen unser soziales Leben, unsere Kommunikationsformen, unsere gesamte Kultur – und sie sind ein mächtiger Helfer für blinde und sehbehinderte Menschen. Online-Version des Jahresberichts 2014 2•3 Vorwort Der vorliegende Bericht informiert mit seinem Schwerpunktthema – vor allem in einem zentralen Artikel zum Thema „Digitalität“ – über die Entwicklung technischer Innovationen, die auch für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung eine nicht hoch genug einzuschätzende Verbesserung ihrer Lebenssituation zur Folge hat. Diese neuen Möglichkeiten erhöhen die Chancen zur Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen an der gesellschaftlichen Kommunikation und dem Informations austausch – und damit ihre Inklusionschancen – in einer Weise, die man sich vor 20 Jahren noch nicht hätte vorstellen können. Und diese Entwicklung ist mit Sicherheit noch nicht zu Ende. Die Arbeit mit Computern und die Nutzung von Internet und E-Mailverkehr, von Tablets und Smartphones sind heute selbstverständlich. Auch im Bereich der Satellitennavigation entwickeln sich neue brauchbare Ansätze für Orientierung und Mobilität. Diese Entwicklungen haben großen Einfluss auf die Gestaltung neuer Ange botskonzepte unseres Hauses, sowohl im Bereich der sozialen als auch der beruflichen Rehabilitation (lesen Sie hierzu auch den Bericht über unser neues – für blinde und sehbehinderte Menschen bundesweit einmaliges – Ausbildungsangebot „Audio Engineer“ auf Seite 24/25). Wir freuen uns, dass wir Heiko Kunert, den Geschäftsführer des Blinden- und Seh behindertenverbands Hamburg, dafür gewinnen konnten, einen Beitrag aus Sicht eines Betroffenen über die Bedeutung dieser technischen Entwicklungen für sein Leben zu verfassen (siehe Seite 8 ff.). Im Jahr 2014 gab es zahlreiche Personalveränderungen in den Gremien der Stiftung und der Polytechnischen Gesellschaft (PTG), unserer Gründerin und Förderin (eine ausführliche Darstellung hierzu finden Sie auf Seite 6). Für das Berichtsjahr danken wir allen Freunden und Förderern der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte für ihr Vertrauen und ihre Unterstützung. Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und ehrenamtlichen Helfern danken wir für den kreativen und nachhaltigen Einsatz im vergangenen Jahr. Franz-Josef Esch | Vorstand Die Stiftung auf einen Blick KURATORIUM VORSTAND Wohnanlage • 7 Miet4 wohnungen Soziale Rehabilitation • Beratung • Sehrestberatung, Sehhilfenanpassung • • Berufliche Rehabilitation • Blindentechnische Grundausbildung Fachangestellter für Medien und Informations dienste • Online-Journalist • PR-Juniorberater • Wissenschaft licher Dokumentar Musisches Zentrum • Blind Foundation • WerkstattGalerie 37 • Musikpädagogik Projekte • Audio Engineer • Beratung blinder und sehbehinderter Senioren Schulung in Blinden- und Sehbehindertentechniken KURATORIUM Dr. Dagmar Meidrodt Vorsitzende Peter Gerdon Stellvertretender Vorsitzender Prof. Dr. Daniela Birkenfeld Stadträtin, entsandte Vertreterin des Magistrats der Stadt Frankfurt am Main Dr. Friedrich Heigl Entsandter Vertreter der Polytechnischen Gesellschaft Dr. Andreas Jürgens Entsandter Vertreter des Landeswohlfahrtsverbands Hessen Erika Pfreundschuh Dr. Michael Richter VORSTAND Franz-Josef Esch Die Stiftung in Zahlen 2014 21 Mitarbeiter davon blind oder sehbehindert 5 Soziale Rehabilitation Beratungen 111 davon Senioren 96 Sehrestberatungen 144 Blindentechnische Grundausbildung Einzelschulungen in Blindenund Sehbehindertentechnik 15 3 Berufliche rehabilitation Dokumentar 7 Online-Journalist 2 PR-Juniorberater 10 Musikalische Förderung 45 Werkstatt-Galerie 37 27 Blinde und sehbehinderte Mieter 42 Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Änderungen in den Gremien Polytechnische Gesellschaft (PTG) und Stiftung Auf der Mitgliederversammlung der Polytechnischen Gesellschaft (PTG) Anfang November 2014 wurde ein neuer Vorstand gewählt. Der bisherige Präsident, Prof. Dr. Klaus Ring, hatte für eine neue Kandidatur nicht mehr zur Verfügung gestanden. Mit ihm schieden die Stellvertreterin des Präsidenten, Dr. Henriette Kramer, und der Schriftführer Dr. Friedrich Heigl aus. Neuer Präsident wurde Walther von Wietzlow. Als seine Stell vertreterin wurde die Kunsthistorikerin Dr. Birgit Sander und als Schriftführer der Wirt schaftsprüfer und Steuerberater Ekkehardt Sättele gewählt. Als Schatzmeister komplettiert weiterhin Johann-Peter Krommer den Vorstand der Polytechnischen Gesellschaft. Für seine großen Verdienste um die Polytechnische Gesellschaft wurde dem alten Vorstand auf einer Festveranstaltung Ende November 2014 ausdrücklich gedankt. Das Wirken Prof. Dr. Klaus Rings hob der Vorsitzende des Kuratoriums, der ehemalige Präsident der Goethe-Universität, Professor Dr. Rudolf Steinberg, mit den Worten hervor: „In seiner zehnjährigen Amtszeit als Präsident hat Professor Ring die Polytechnische Gesellschaft neu ausgerichtet und deren Wirken im Sinne der vom Geist der Aufklärung beseelten Gründer durch nimmermüden und vorbildlichen ehrenamtlichen Einsatz mit neuem Leben erfüllt. Damit geht nur äußerlich eine Ära zu Ende. Denn alle Polytechniker mit all ihren Gremien und Töchtern sehen sich in der Verpflichtung, im Sinne des ausscheidenden Präsidenten das Profil der Gesellschaft zu bewahren und weiterzu entwickeln (…).“ Die Arbeit der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte, des 1837 von Poly technikern gegründeten Tochterinstituts, hat Prof. Dr. Klaus Ring als Präsident der Polytechnischen Gesellschaft und als Vertreter der Gesellschaft im Kuratorium der Stiftung unterstützt. Hierfür sei ihm herzlichst gedankt. Im Kuratorium der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte vollzog sich ebenfalls ein Wechsel im Vorsitz. Die bisherige Vorsitzende des Kuratoriums, Frau Erika Pfreundschuh, stellte ihr Amt wegen ihrer vielfältigen anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten zur Verfügung. Erika Pfreundschuh hat sich als Kuratoriumsmitglied seit über 20 Jahren für die Stiftung eingesetzt. Viele Jahre war sie stellvertretende Kuratoriumsvorsitzende und seit 2007 Vorsitzende des Kuratoriums. Der stellvertretende Vorsitzende Peter Gerdon dankte Erika Pfreundschuh im Namen des gesamten Kuratoriums für ihr langjähriges Engagement und vor allem für die ausgezeichnete und menschlich immer angenehme Zusammenarbeit. Als neue Vorsitzende wurde Dr. Dagmar Meidrodt und Peter Gerdon – zum wiederholten Male in dieser Funktion – als ihr Stellvertreter gewählt. 6•7 »Modern aus Tradition« Die Polytechnische Gesellschaft (PTG) im Porträt Gegründet wurde die Polytechnische Gesellschaft e. V. von engagierten Frankfurter Bürgern im Jahr 1816. Seither setzt sich die Bürgervereinigung, der auch Johann Wolfgang von Goethe und Freiherr vom Stein angehörten, für die Förderung der Frankfurter Stadtgesellschaft ein. Auf die traditionsreiche Vereinigung gehen Initia tiven zurück wie die Gründung der Frankfurter Sparkasse von 1822, die erste Sonntagsschule für Handwerksgesellen, die Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte, Schulspeisungen für Arbeiterkinder, Fortbildungsangebote für Frauen und das Museum Angewandte Kunst. Protokoll der ersten Sitzung am 24. November 1816 Mit dem größten Teil der Erlöse, die der Polytechnischen Gesellschaft e. V. im Jahr 2005 aus dem Verkauf der Frankfurter Sparkasse an die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) zugeflossen sind, hat sie ihr jüngstes Tochterinstitut, die Stiftung Polytechnische Gesell schaft Frankfurt am Main, errichtet, das in nur zehn Jahren zu einem der großen Förderer in Frankfurt geworden ist. Zur Polytechnischen Gesellschaft gehören heute sieben Tochterinstitute: • Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte • Wöhler-Stiftung • Kunstgewerbeverein in Frankfurt am Main e. V. • Institut für Bienenkunde • Kuratorium Kulturelles Frankfurt e. V. • Verein zur Pflege der Kammermusik und zur Förderung junger Musiker e. V. • Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main Das Digitale verändert uns Die digitale Welt – ein Ort der Inklusion für blinde und sehbehinderte Menschen Heiko Kunert 8•9 Identität ist die Antwort auf die Frage „Wer bin ich?“. Dieses „Ich“ bleibt aber nicht immer gleich, sondern wandelt sich im Laufe des Lebens: Äußere Einflüsse verändern uns ebenso wie Gedanken über uns selbst und die uns umgebende Welt. Gerade das „moderne Ich“ wird auch immer mehr beeinflusst durch den digitalen Wandel. Für blinde und sehbehinderte Menschen gilt das in besonderem Maße. Ich bin blind, und dennoch ist es für mich selbstverständlich, dass ich ohne fremde Hilfe einkaufen kann, dass ich morgens das Hamburger Abendblatt lese, dass ich eigen ständig arbeite, dass ich mich schnell in fremder Umgebung zurechtfinde. All dies verdanke ich dem digitalen Wandel. Bis vor wenigen Jahrzehnten, teils bis vor Blindenschriftmaschine wenigen Jahren war all dies kaum denkbar. Es gibt eigentlich nichts, das ich nicht online kaufen kann – Gemüse, Drogerieartikel, Kleidung. Ich kann stöbern, neue Produkte und Angebote entdecken. Ich kann shoppen, wann und solange ich will. Anders als in großen Supermärkten bin ich hierbei nicht auf Unterstützung von Sehenden angewiesen. Tages- und Wochenzeitungen können heute im Netz oder per Smartphone-App sofort nach Erscheinen gelesen werden. Früher waren sie noch nicht zugänglich. Zeitschriften in Brailleschrift erschienen zweiwöchentlich oder monatlich und enthielten nur sehr wenige Artikel. Für mich ist die Kommunikation per E-Mail, über soziale Netzwerke und Blogs ganz alltäglich, wie auch das Arbeiten mit Word und Excel am PC. Ganze Berufsfelder – wie das der Öffentlichkeitsarbeit – wurden erst durch den technischen Fortschritt für uns zugänglich. Ich habe noch bis zum Ende der 90er Jahre mit einer Schwarzschriftmaschine Klausuren geschrieben, die ich selbst nicht Korrektur lesen konnte. Apps auf meinem iPhone verraten mir, wo ich mich beispielsweise in einer fremden Stadt befinde oder welche Straßen, Sehenswürdigkeiten und Cafés in der Nähe sind. Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Bin ich in einem Café, kann ich die Speise karte mit meinem Handy einscannen und mir das Menü mit einer synthetischen Sprachausgabe vorlesen lassen. Es gibt Programme, die Fotos beschreiben können. Gerade für die junge Generation sind Internet, Smartphone und PC ganz alltäglich. Viele Menschen bewegen sich ganz selbstverständlich in Foren, im sozialen Punktschriftschreibmaschine Netzwerk Facebook oder beim Kurznachzum Stenografieren richtendienst Twitter. Sie diskutieren über Erfahrungen aus dem Alltag, Hobbys oder Politik und teilen Links aus dem World Wide Web. Blindheit oder Sehbehinderung spielt hier oft keine Rolle. Häufig ist gar nicht erkennbar, ob das Gegenüber, mit dem man sich austauscht, behindert ist oder nicht. Wir nutzen die digitalen Medien so viel und selbstverständlich, dass wir auch von einer „digitalen Identität“ sprechen können – die ist aber nicht losgelöst vom einzelnen Menschen. „Sie ist ein Teil der gesamten Identität“, sagt der deutsche Internet-Soziologe Stephan Humer auf der Internet-Seite Wissen.de. „Eine Trennung in dem Sinne ‚Ich bin ich und dann bin ich auch noch drei digitale Identitäten woanders‘, ist meines Erachtens nicht haltbar.“ Sprich: Das Digitale verändert uns. Und das gilt nicht nur für blinde und sehbehinderte Menschen. Wissenschaftler vertreten bereits die These, dass die Kommunikation im Internet das menschliche Gehirn verändert. Und auch unsere Selbstwahrnehmung unterliegt einem Wandel. Wir reflektieren unser Ich im Spiegel der digitalen Medien und verändern es permanent. Für blinde und sehbehinderte Menschen ist der digitale Raum ein Ort der Selbstbestimmung, der Teilhabe, der Inklusion. In ihm können wir uns entfalten und mit nichtbehinderten Menschen auf Augenhöhe kommunizieren. Somit können die digitalen Chancen unser Selbstbewusstsein stärken. Viele Vorurteile und Barrieren, die wir aus unserem 10 • 11 „Für blinde und sehbehinderte Menschen ist der digitale Raum ein Ort der Selbstbestimmung, der Teilhabe, der Inklusion.“ Alltag kennen, kommen im Web nicht vor. Das heißt nicht, dass alles perfekt wäre. Auch im Internet gibt es Barrieren. Manche Seiten sind mithilfe von Sprachausgabe oder Vergrößerung nicht nutzbar. Auch die zunehmende Bedeutung des Visuellen im Web kann neue Hürden bedeuten. Dennoch ist der Fortschritt der letzten Jahre und Jahrzehnte gewaltig und sein positiver Einfluss auf die Identität blinder und sehbehinderter Menschen beeindruckend. Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Soziale Rehabilitation Blindentechnische Grundausbildung Franziska Peters Im Bereich der sozialen Rehabilitation haben die Mitarbeiter der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte auch im Jahr 2014 Betroffene und ihre Angehörigen beraten und begleitet. So wurde auch das Projekt „Seniorenberatung“ (siehe Seite 18) fortgesetzt. In Einzelschulungen wurden Personen in Punktschrift und der blinden- oder sehbehindertenspezifischen Bedienung des Computers oder anderer elektronischer Kommunikationsmittel wie des Smartphones unterrichtet. Im Juli 2014 begann eine neue Blindentechnische Grundausbildung mit dem Schwerpunkt Deutschförderung mit acht Teilnehmern. Diese Maßnahme richtet sich an Menschen mit Migrationshintergrund, die wegen ihrer Sehschädigung nicht die Möglichkeit haben, einen regulären Deutschkurs zu besuchen und aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse nicht an Rehabilitationsangeboten für Blinde und Sehbehinderte teilnehmen können. Der Deutschunterricht wird von Lehrkräften gehalten, die langjährige Erfahrung im Bereich „Deutsch für Ausländer“ haben. Der Unterricht folgt im Wesentlichen dem Programm von Deutschkursen. Allerdings müssen einige Besonderheiten bedacht werden, die einen Mehraufwand bei der Aufbereitung des Lehrmaterials oder der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts bedeuten. Die zur Verfügung stehenden Unterrichtsmaterialien arbeiten oft sehr viel mit visuellen Elementen, Übungen müssen entsprechend ausgewählt und an die Besonderheiten der jeweiligen Sehschädigung der Kursteilnehmer angepasst werden (zum Beispiel durch Schriftvergrößerungen, Umsetzung in Brailleschrift, Bereitstellung von Audiomaterial). Unsere Maßnahmen sind in Bezug auf Herkunftsland, Alter, Bildung, Art der Sehschädigung und Grad der Sehfähigkeit der Teilnehmer sowie den Zeitpunkt des Eintritts ihrer Erblindung oder Sehbehinderung sehr heterogen zusammengesetzt. Die Teilnehmer eines Kurses im Jahr 2014 kamen zum Beispiel aus Ländern wie Italien, Marokko, Syrien, Iran, Aserbaidschan, Russland und Eritrea. Der jüngste Teilnehmer war 17, der älteste 47 Jahre alt. Unsere Maßnahme „Blindentechnische Grundausbildung“ mit dem Schwerpunkt „Deutschförderung“ ist kein Integrationskurs. 12 • 13 „Unsere MaSSnahmen sind in Bezug auf Herkunftsland, Alter, Bildung, Art der Sehschädigung und Grad der Sehfähigkeit der Teilnehmer sowie den Zeitpunkt des Eintritts ihrer Erblindung oder Sehbehinderung sehr heterogen zusammengesetzt. Die Teilnehmer eines Kurses im Jahr 2014 kamen zum Beispiel aus Ländern wie Italien, Marokko, Syrien, Iran, Aserbaidschan, Russland und Eritrea.“ Bei uns finden keine Prüfungen statt, wir unterstützen aber die Teilnehmer – soweit von ihnen gewünscht – bei der Herstellung von Kontakten zu Institutionen, die Sprach prüfungen abnehmen. Im November 2014 endete eine zwölfmonatige „Blindentechnische Grundausbildung“ mit sechs Teilnehmern. Neben den Unterrichtschwerpunkten Punktschrift, blinden- und sehbehindertenspezifi sche Bedienung von Computern mit Vergrößerungsprogrammen, Sprachausgabe und Braillezeile, Orientierung und Mobilität sowie Lebenspraktische Fähigkeiten wurden im Rahmen des sozialpädagogi schen Gruppenangebots und in Kooperation mit anderen Schulungsbereichen verschiedene Schulungsinhalte und Frage stellungen in „Thementagen“ behandelt. In ihrem Rahmen fanden zum Beispiel Angehörigentreffen statt, eingeladene Referenten hielten Vorträge zu Themen wie Blindenführhunde, Selbsthilfe, Rechtskunde und Erste Hilfe. Auf dem Programm standen außer dem Seminare zum Thema Behinderungsverabeitung, die Einführung und Erprobung von Hilfsmitteln, aber auch eine Exkursion in das Depot der Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main (VGF), um die verschiedenen Transportmittel der Verkehrsgesellschafti zu erkunden (siehe hierzu auch den nachfolgenden Bericht einer Teilnehmerin). INFO Blindentechnische Grundausbildung Dauer: 12 bzw.18 Monate Voraussetzungen: Bitte erfragen Nächster Beginn: Fortlaufend, auf Anfrage Kontakt: Franziska Peters Telefon: 069 955 124-60 Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität ZU GAST BEI … … Den Stadtwerken Verkehrsgesellschaft in Frankfurt am Main (VGF) Angelica Battilocchi Im Rahmen unserer einjährigen Blindentechnischen Grundausbildung hatten wir Teilnehmer die Gelegenheit, an verschiedenen Vorträgen teilzunehmen bzw. Ausflüge zu unternehmen. Im September 2014 waren wir bei der VGF zu Gast. Empfangen wurden wir von Frau Jung, Herrn Keil und Herrn Tiesler, drei Mitar beitern, die sich sofort als kompetent und sehr fachkundig erwiesen. Zweck unseres Besuchs war es, einige U-Bahnund Straßenbahnwagen unter die Lupe zu nehmen (oder besser ausgedrückt: unter die Finger), um zu erfahren, wie weit sich die VGF mit der Gestaltung von Barrierefreiheit beschäftigt, was in Bearbeitung ist und was noch zu tun bleibt. Wir wurden zum Beispiel mit verschiedenen Typen von automatischen Türen konfrontiert und konnten zu unserer Beruhigung erfahren, dass die Türen in den neusten Modellen dank Sensoren und Infrarotschranken blockiert werden, sobald ein Gegenstand erfasst wird (ein Körperteil oder aber auch ein weißer Stock). Die Ausflugsgruppe, zweite Reihe Mitte: die Autorin Angelica Battilocchi Das ist leider aber nicht der Fall bei den 40 Jahre alten U-Bahnwagenmodellen, wie etwa auch der U5, die gerade unter anderem in der Nähe der Frankfurter Stiftung hält: Hier reagierte die automatische Tür nicht auf den Widerstand des weißen Stocks. Auch sehr interessant war die Gestaltung der Türen in den neuen Modellen mit einem zusätzlichen Türöffner: Es handelt sich dabei um einen Knopf, den man drücken kann, damit die Tür länger geöffnet bleibt. Im Inneren der Wagen hat sich auch etwas getan: Die Haltestangen an den Türen sind geriffelt, um einem Sehbeeinträchtigten 14 • 15 zu signalisieren, dass er vor ihr steht und dort aussteigen kann. Außerdem sind alle Haltestangen – ob bei den Türen oder überall an den Sitzen – in Gelb gestaltet, was Sehbehinderten möglicherweise bei der Orientierung helfen kann. Auch in der Stadt wird an der Herstellung der Barrierefreiheit gearbeitet: Viele Haltestellen werden mit neuen Bordsteinen und Leitlinien ausgestattet. Die drei Mitarbeiter der VGF gingen dann nach diesen Erläuterungen ausführlich auf unsere zahlreichen Fragen ein. Zur Krönung dieses sehr interessanten und entspannten Vormittags gab es für uns eine Überraschung. Die Mitarbeiter der VGF ließen uns bequem in einem Wagen Platz nehmen und fuhren uns „exklusiv“ zur Stiftung zurück. Gegenüber dieser sympathischen Geste waren wir wirklich sprachlos. Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Plötzlich war es dunkel Folkert Naumann war 45, als er sein Augenlicht verlor Sandra Kathe 2010 hat Folkert Naumann nach einer Hirnhautentzündung sein Augenlicht verloren. Bei der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte hat er unter anderem gelernt, die Schreibmaschine für Blindenschrift zu bedienen. Sozial arbeiterin Franziska Peters unterstützte ihn dabei. © Hamerski Dreieinhalb Jahre sind vergangen seit dem Tag, an dem Folkert Naumann die Augen aufmachte – und nichts sah. Der Frankfurter Polizist brauchte eine Weile, bis er die Dunkelheit um sich herum verstand. Vier Wochen vorher war sozusagen die Dämmerung eingetreten, tagelang hatten ihn Kopfschmerzen gequält, er war mit Antibiotika nach Hause geschickt, dann in Folkert Naumann eine Klinik gebracht worden, ins und die Sozialarbeiterin der Stiftung, Franziska Peters Koma gefallen. Die Ärzte diagnos tizierten eine schwere Hirnhautentzündung. Als er endlich wieder aufwachte, war Folkert Naumann blind und bewegungsunfähig. Die Ärzte sagten ihm damals, dass es wohl nie mehr so würde wie früher. „Sie bleiben Ihr Leben lang im Rollstuhl, Herr Naumann“, hieß es. Doch schon nach wenigen Wochen unternahm er die ersten Aufstehversuche, heute läuft er wieder selbstständig mit der Hilfe eines Rollators. Auch Umrisse und Kontraste kann er wieder erkennen. Vorerst musste sich Naumann mit der Situation, dass er von der Welt nur noch die Umrisse wahrnimmt, arrangieren. Dabei geholfen hat ihm die „Blindentechnische Grundausbildung“ der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte. Die Tochterorganisation der Polytechnischen Gesellschaft in Frankfurt bietet in der Wohnanlage in der Adlerflychtstraße einen ein- 16 • 17 „Smartphones ermöglichen es den Blinden, weitestgehend selbstständig zu leben, ohne rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen zu sein.“ jährigen Kurs an, in dem Späterblindete wie Folkert Naumann alles neu erlernen: vom Lesen der Brailleschrift über das blindengerechte Bedienen von Smartphones bis zum Laufen am Blindenstock. Naumann hat seinen Kurs gerade abgeschlossen. Die größte Herausforderung für ihn war das Erlernen der Brailleschrift, bei der allein der Tastsinn zählt und die Fähigkeit geschult werden muss, die Unterschiede zwischen den verschieden geprägten Buchstaben so zu erfühlen, dass ein flüssiges Lesen möglich ist. Besondere technische Ausrüstung hilft den Blinden und Sehbehinderten dabei, Briefe und E-Mails zu lesen. Etwa Geräte zur Lesehilfe oder Sprachausgabesysteme. Auch Folkert Naumanns Smartphone spricht den ganzen Tag mit ihm und führt ihn Schritt für Schritt durchs Menü. Gegen ein Smartphone hatte er sich lange Zeit gewehrt, doch je mehr seiner Mitstreiter sich für ein Gerät entschieden hatten, desto größer wurde die Neugier. Warum die Geräte so beliebt sind, weiß Franziska Peters, die als Sozialarbeiterin die Leitung des Rehabilitations bereichs in der Stiftung übernommen hat. „Smartphones ermöglichen es den Blinden, weitestgehend selbstständig zu leben, ohne rund um die Uhr auf Hilfe angewiesen zu sein. Auch die Pflege sozialer Kontakte etwa über Facebook, SMS oder Whatsapp sind so problemlos möglich, sodass man immer wieder das Gefühl hat, eigentlich ein ganz normales Leben zu führen.“ Genau darum geht es auch Naumann, denn sich ein Leben von der Behinderung diktieren lassen will der lebenslustige 49-Jährige einfach nicht. Und er ist weiterhin überzeugt, dass es bergauf gehen wird, heute noch viel mehr als noch vor dreieinhalb Jahren: „Ich erwarte Wunder – bin aber auch nicht enttäuscht, wenn keine eintreten.“ Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität SENIORENBERATUNG Beratung und Begleitung blinder und sehbehinderter Senioren Franz-Josef Esch Auch im Jahr 2014 stieß die psychosoziale Beratung blinder und sehbehinderter Senioren wieder auf große Nachfrage. Im Berichtszeitraum wurden 96 Personen beraten. Das durchschnittliche Alter der Ratsuchenden war 80 Jahre, die Spanne reicht von 58 bis zu 101 Jahren. Wie in den vergangenen Jahren waren zwei Drittel der Beratenen Frauen, ein Drittel Männer. Der Anteil der an altersbedingter Makuladegeneration Erkrankten war mit 80 Prozent der weitaus höchste. Im Berichtszeitraum verließen uns leider die beiden Beraterinnen Christiane Mikulla und Sonja Driebold. Seit November arbeitet Frau Cintia Spellmeier als neue Beraterin. Sie ist selbst hochgradig sehbehindert und wird von vielen Rat suchenden als Vorbild im Umgang mit einer Sehbehinderung gesehen. INFO Beratung blinder und sehbehinderter Senioren Die Stiftung bietet blinden und sehbehinderten Senioren persönliche Beratungen oder Beratung zu speziellen Hilfsmitteln an. Kontakt Telefon: 069 955 124-0 [email protected] Die Sehrestberatung und Sehhilfenanpassung ist eine wertvolle Ergänzung zur persönlichen Beratung: Sie hilft herauszufinden, ob durch ge eignete optische oder elektronische Hilfsmittel das Sehen verbessert werden kann. Im Berichtszeitraum wurden 110 Senioren beraten. Neben der Beratung in Form von Hausbesuchen wurden zwei Veranstaltungen in stationären Einrichtungen des Sankt-Katharinen-Krankenhauses und des Weißfrauen stifts angeboten, in denen sich jeweils circa 20 Interessierte über Augen erkrankungen im Alter und Möglichkeiten, sich den Alltag zu erleichtern, informieren konnten. 18 • 19 VarioUltra SightCity 20. - 22.05.2015 Einfach ultra cool: die neue Braillezeile VarioUltra Produkte und Dienstleistungen für Blinde und Sehbehinderte Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität angebote zur Beruflichen Aus- und Weiterbildung PR-Juniorberater Ursula Hollerbach Im ersten Quartal 2014 haben drei Teilnehmerinnen und vier Teilnehmer ihre berufliche Qualifizierung zum PR-Juniorberater erfolgreich mit der Prüfung bei der Akademie für Kommunikationsmanagement (AKOMM) abgeschlossen. Ein wei terer Teilnehmer hatte im Rahmen seiner Berufstätigkeit die Seminare besucht und ebenfalls die Prüfung mit Erfolg absolviert. Fünf der Absolventen haben un mittelbar im Anschluss eine Stelle gefunden und sind nun in der PR tätig. Andreas Brüning, ein Teilnehmer, den wir mit seinem Modellvorhaben „Literatur aus dem Dunkeln“ im vergangenen Jahresbericht vorgestellt haben, ist heute Projektleiter des bundesweiten Projekts: „Mein Leben, Meine Geschichte(n), Meine Selbst bestimmung – Zeitzeugen mit Behinderung erzählen“. Dieses Vorhaben „möchte die persönlichen und politischen Meilensteine der Behindertenbewegung auf zeichnen und so für kommende Generationen lebendig erhalten“ (www.bifos.de/ angebot/zeitzeugen). Anastasia Patsiarizis, um ein weiteres Beispiel zu nennen, wurde von dem Unternehmen, bei dem sie ihr Volontariat absolviert hatte, der Hameln Marketing und Tourismus GmbH, direkt unbefristet übernommen. „Gelandet!“ Die fast blinde Anastasia Patsiarizis bleibt bei der HMT – unbefristet Birte Hansen Hameln. Wer am Flughafen wartet, um jemanden abzuholen, kennt dieses schöne Gefühl: Endlich steht auf der Anzeigetafel „gelandet“. Sicher. Angekommen. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten hat auch Anastasia Patsiarizis dieses Gefühl. Mit 47 Jahren hat sie einen Job, unbefristet. Die Hameln Marketing und Tourismus GmbH (HMT) stellt die blinde PR-Juniorberaterin fest an. 20 • 21 „Es tut allen gut, inklusiv zu arbeiten, der eigene Blick wird geweitet.“ © Pollok Hinter der gebürtigen Pyrmonterin liegen viele Jahre Zickzackkurs mit Ungewissheit. Bis heute, bis zum Ziel, war es „harte Arbeit“, sagt sie. Sie lernte Kauffrau für Bürokommunikation, eine kleine Sensation. Bis dahin waren Blinde vor allem Masseure oder Telefonisten, Klavierstimmer oder Korbmacher, erzählt Anastasia Patsiarizis. Sie war arbeitssuchend, wie es heißt, hatte eine ABM-Stelle, befristet, bildete sich weiter. Parallel wuchs aber auch das Wissen um die eigenen Stärken: „Ich war irgendwie immer in der Öffentlichkeitsarbeit tätig“, habe sie Anastasia Patsiarizis festgestellt. Organisieren, reden, planen – an ihrem Schreibtisch bei der HMT ihr Ding. Trotz aller Anstrengungen aber: Sie fand keinen Arbeitgeber. „Jetzt muss ich mir einen stärkeren Partner suchen“, lautete ihr Entschluss. So stieß sie auf die Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte. PR-Juniorberaterin in der dualen Ausbildung – das sollte es sein. 60 Unternehmen, die sie selbst vorgeschlagen hatte, wurden angeschrieben, abtelefoniert, gefragt, ob sie Anastasia Patsiarizis dieses zwei Jahre dauernde Volontariat ermöglichen können und wollen. Darunter die Hameln Marketing und Tourismus GmbH. Beim zweiten Anlauf dann erklärte die HMT sich dazu bereit, erzählt Patsiarizis. Wie sollen wir das denn machen?, fragen sich viele Arbeitgeber. Wie eine Blinde einarbeiten, wie beschäftigen? Bei der HMT funktionierte es letztlich so: „Wir haben ihr sukzessive immer mehr Aufgaben gegeben“, erzählt Geschäftsführer Harald Wanger. Er habe den Eindruck gehabt, dass die Stiftung das sehr professionell mache, die Betreuung, die Unterstützung. „Es tut allen gut, inklusiv zu arbeiten, der eigene Blick wird geweitet“, sagt Wanger über die seit zwei Jahren im Team Mitarbeitende. Anastasia Patsiarizis jedenfalls ist froh über ihren festen Job. Beruflich ist sie endlich „gelandet“, wie sie sagt. Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Wissenschaftlicher Dokumentar und Online-journalist Peter Schwinn Sehr erfolgreich endeten zum Jahreswechsel 2013/2014 die in Kooperation mit der Fachhochschule Potsdam angebotenen beruflichen Weiterbildungen zu „Wissenschaftlichen Dokumentaren“: Von den drei Absolventen in diesem Bereich gelang es zwei, unmittelbar nach Ende ihrer beruflichen Qualifizierung eine Anstellung zu finden, in der sie ihr erlerntes berufliches Wissen unmittelbar einsetzen können. INFO Berufliche Rehabilitation Nächster Beginn: 3. und 4. Quartal 2015 Kontakt: Peter Schwinn 069 955 124-0 [email protected] Vergleichbar positiv verlief der Start ins Berufsleben eines der beiden sehgeschädigten Teilnehmer an der in Kooperation mit der „Stiftung Journalistenakademie“ und weiteren Fach betrieben organisierten Weiterbildung zum Online-Journalisten. Nur kurze Zeit nach seinem Abschluss im Herbst 2014 wurde der sehbehinderte Absolvent, der seine betriebliche Praxiszeit unter anderem beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt am Main und danach bei einer Berliner Fachzeitschrift absolviert hatte vom Sender RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) in dessen Online-Abteilung angestellt. Der zweite Teilnehmer dieser Weiterbildung wird im Sommer 2015 sein Zertifikat mit dem Titel „Online-Journalist“ in der Tasche haben, auch für ihn dürfte es gute Chancen für eine Anstellung geben. Er ist diplomierter Sozialarbeiter und wird bei einem großen sozialen Träger in Berlin in der dortigen Presseabteilung als Online-Journalist eingesetzt – eine ideale Verbindung, um sein Wissen aus dem erlernten Beruf und der beruflichen Weiterbildung als Doppelqualifikation zu nutzen. 22 • 23 10u. m! Fo r 20. bis 22. Mai 2015 SHERATON Hotel Frankfurt am Main 20. + 21. Mai 10 bis 18 Uhr 22. Mai 10 bis 16 Uhr Fotos: Eindrücke von der Sight City Deutschlands führende Fachmesse für Blinden- und Sehbehinderten-Hilfsmittel • • • • Freier Eintritt Abholservice für sehgeschädigte Besucher vom Messebahnhof Persönliche Messeguides Hersteller präsentieren Neuheiten und Bewährtes auf 2 Ebenen Hochklassiges Vortrags-Programm • Medizinische Fachvorträge, Fortbildungen und Podiumsdiskussionen zu aktuellen Themen • Weiterbildung für Ärzte und Heilberufe • Selbsthilfegruppen, Institutionen und Ausbildungsangebote • BBWs und BFWs informieren über Arbeit, Ausbildung und Beruf SightCity Forum Für medizinische Fragen rund um das Thema Augen steht Ihnen werktags unsere Telefon-Hotline 0241 870018 bereits von Montag, den 11.05.2015 bis Mittwoch, den 27.05.2015 von 10:00 Uhr bis 16:00 Uhr zur Verfügung! Veranstaltungsort: Hotel Sheraton, Frankfurt-Airport, Hugo-Eckener-Ring 15, 60549 Frankfurt / M. Kontakt: SightCity Frankfurt, c/o Metec AG, Hasenbergstrasse 31, D-70178 Stuttgart Telefon: +49 (0) 711 6660318, Fax: +49 (0) 711 6660333, E-Mail: [email protected] w w w . s i g h t c i t y . n e t Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Audioausbildung Peter Schwinn © Deutsche POP Ein neues berufliches Ausbildungsprojekt der Stiftung: inklusive Ausbildung zum „Audio Engineer“ bei der Akademie Deutsche POP, Standort Frankfurt am Main. Studiotechnik Deutsche POP Motiviert wurde es vom erfolgreichen Abschluss zweier sehbehinderter bzw. blinder Teilnehmer als „Fachkräfte für Audiotechnik“ an der Europäischen Medien- und Eventakademie (EurAka) in Baden-Baden im Jahr 2013. Sie hatten ein in Trägerschaft unseres Hauses organisiertes, für blinde und sehbehinderte Menschen konzipiertes Berufsausbildungsangebot wahrgenommen, das nach einem Beschluss der Stiftung aufrechterhalten und fortgesetzt werden sollte. Allerdings musste dafür ein anderer in der Branche anerkannter Kooperationspartner gefunden werden, da die EurAka die Ausbildung seit September 2014 nicht mehr anbietet. Der Stiftung gelang es dann Mitte des Jahres, die Akademie Deutsche POP, Niederlassung Frankfurt am Main, dafür zu gewinnen, Plätze für bis zu zwei blinde oder sehbehinderte Interessenten in dem dort angebotenen Ausbildungsgang „AudioEngineer“ fest mit einzuplanen. Die Akademie Deutsche POP ist eine der deutschlandweit führenden Aus- und Weiter bildungseinrichtungen im Bereich Musik und Medien, sie besitzt Niederlassungen in mehreren Großstädten. Der neue Kooperationspartner passte mit seinem ausge sprochen guten Ruf in der Branche der Audiotechniker ausgezeichnet in den Kreis der derzeitigen Fort- und Weiterbildungspartner unseres Hauses, zu denen – zum Beispiel im Rahmen der Ausbildung zum Dokumentar – seit mehreren Jahren unter anderem 24 • 25 die Humboldt-Universität zu Berlin und die Fachhochschule Potsdam zählen. Vor allem ist die Akademie Deutsche POP mit Standorten wie Berlin und Frankfurt am Main ideal geeignet, stehen doch in beiden Städten erfahrene Aus- und Weiterbildungsteams der Stiftung zur Verfügung, die eine bedarfsorientierte, ausbildungsbegleitende pädagogische und assistive Unterstützung der blinden und sehbehinderten Teilnehmer bei einer Audioausbildung gewährleisten können. Als Starttermin haben die Kooperationspartner den April 2015 vereinbart. Es blieb also ausreichend Zeit, eine pädagogische und organisatorische Infrastruktur bei der „Deutschen POP“ aufzubauen: Seit Mitte 2014 bereitete eine in der Audioausbildung von Blinden und Sehbehinderten erfahrene Stiftungsmitarbeiterin Dozenten und zukünftige Assistenzkräfte der „Deutschen POP“ in Frankfurt am Main auf ihre zukünftigen „besonderen“ Ausbildungsaufgaben vor. Da die Steuerung tontechnischer Hard- und Software im Mittelpunkt der Ausbildung steht, wird das Beratungsteam der Stiftung durch ihren blinden Audioexperten ergänzt, der schon mehrere Jahre beratend beim Ausbau eines möglichst barrierefreien Zugangs zur eingesetzten Tonstudiotechnik für die Stiftung tätig ist. Im Herbst 2016 werden – so das Ziel – die ersten beiden blinden Teilnehmer erfolgreich ihren Abschluss als „Audio Engineer“ vorweisen können. Sie sollen dann ihren beruflichen Weg genauso erfolgreich gehen können wie die zahlreichen anderen blinden und sehbehinderten Absolventen der seit über zwei Jahrzehnten von der Stiftung angebotenen Medienausbildungen. Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Ein Blick in die Galerie Die Werkstatt-Galerie 37 will durch kunsthandwerkliches Gestalten die Kreati vität von Betroffenen fördern und sie dadurch gesellschaftlich integrieren. Das Angebot richtet sich an blinde und sehbehinderte Menschen ab acht Jahren. Seit über 25 Jahren bietet die Werkstatt-Galerie 37 einen Raum für Kreativität und Begegnung. Ob am Modell orientiert („Moped“ von Saban Tekin) oder frei aus der Fantasie gestaltet („Kopf“ von Fiona Taff), die Skulpturen aus Speckstein und Ton sind individueller Ausdruck einer konzentrierten Auseinandersetzung mit Material und Form. Die Abbildungen stellen besonders gelungene Beispiele für die Arbeiten der letzten Jahre vor. Kontakt Heike-Marei Heß | Telefon: 069 955 124-30 | [email protected] Honeymoon Helene Wenzel 2009 26 • 27 Moped Saban Tekin 2010 Kopf Daniel Berhe 2013 Kopf Fiona Taff 2013 Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität AUS- UND WEITERBILDUNGSPARTNER 2014 Wir bedanken uns bei allen aufgeführten Einrichtungen sehr herzlich. • Benediktushof Maria Veen Reken • Christoffel Blindenmission (CBM) Bensheim •D eutsche Blindenstudienanstalt e. V. (blista) Marburg •D eutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) Frankfurt am Main •D eutsches Rundfunkarchiv (DRA) Potsdam •D räger & Lienert Informationsmanagement Marburg • Hameln Marketing und Tourismus GmbH Hameln • Hessischer Rundfunk (HR) Frankfurt am Main • Humboldt-Universität zu Berlin Berlin • Institut für Information und Dokumentation (IID) der Fachhochschule Potsdam • Internationaler Bund (IB) Hanau • Johann-August-Zeune-Schule Berlin • Landschaftsverband Rheinland Köln • Schibri-Verlag Berlin • Stauffenbergschule Frankfurt am Main • Stiftung Journalistenakademie München • THE EUROPEAN MAGAZINE Publishing GmbH • UniversitätsKlinikum Servicecenter Heidelberg •V ierke Marketing Service GmbH Braunschweig Wir freuen uns, dass auch 2014 wieder zahlreiche (zum Teil langjährige) Kooperationspartner im gesamten Bundesgebiet blinde und sehbehinderte Praktikanten, Auszubildende und Volontäre im Rahmen unserer Berufsbildungsangebote qualifiziert bzw. nach Ausbildungsabschluss eingestellt haben. 28 • 29 DANK AN DIE UNTERSTÜTZER Wir danken den zahlreichen Förderern und Spendern, die im Jahr 2014 die erfolg reiche Umsetzung unserer Projekte ermöglicht haben: der Polytechnischen Gesellschaft, der Stiftung Polytechnische Gesellschaft, der Josef und Janina Haubenstock-Stiftung, verwaltet von der Frankfurter Sparkasse 1822, der Stiftung Allgemeiner Almosenkasten und zahlreichen Privatpersonen. Wir bedanken uns auch bei all unseren Kooperationspartnern und Kostenträgern für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Wir finden einfache Lösungen FÜR Blinde in Schule, Ausbildung und Beruf RehaTechnik Tel. 02304 946-0, www.papenmeier.de Jahresbericht Frankfurt 2015.indd 1 17.02.15 10:29 Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Blind Foundation zehnjähriges Jubiläum und die CD „Emoticons“ Markus Hofmann Im Jahr 2004 wurde das Projekt „Blinde Musiker“ von der Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte ins Leben gerufen. Das zehnjährige Jubiläumsfest am 7. November 2014 wurde im gut besuchten Frankfurter Musiklokal „Südbahnhof“ gemeinsam mit über 200 Fans gebührend gefeiert. Das Programm erstreckte sich über fast vier Stunden: Im ersten Teil des Abends wurde ein Querschnitt der musikalischen Produktionen der letzten zehn Jahre geboten. Mit von der Partie waren die ehemalige Sängerin Nadin Rammonat aus Magdeburg und der langjährige Akkordeonist Jörg Trost. Anschließend wurde die aktuelle CD „Emoticons“ live vorgestellt und zum Ausklang mit einem extra langen Partyset in gewohnter Blind-Foundation-Qualität „gerockt“. Zum Jubiläum erfüllte sich die Band einen lang gehegten Traum: Die Produktion und Veröffentlichung der ersten CD mit ausschließlich eigenen Songs. Wie die Zeichen und Smileys des CD-Covers „Emoticons“ unterschiedliche Gefühle ausdrücken, so soll auch jeder der Songs eine besondere Emotion widerspiegeln – auf Deutsch oder Englisch, mal ruhig, mal rockig. Die Texte sind Mut machend („Simplify Your Live“), humorvoll („Errors“, „I Am Your Venus“), melancholisch („The Breath of April“), nachdenklich („Sie“), wütend („Dann & Wann“) oder besorgt und beschützend („I Want You to Know“) – das Album verbindet so verschiedene Facetten zu einem eigenen, unverwechselbaren Sound. Geplant ist für 30 • 31 „Vielen Dank fuer dieses tolle Konzert und die Super Stimmung, Ihr habt tolle Songs gespielt. Es war so ein schöner Abend mit Euch. Und jetzt hab ich endlich auch eine CD und ein T-Shirt von Euch.“* 2015 eine Tournee mit dem „Emoticons“-Programm. Bei den Konzerten wird mit Partnern aus dem sozialen Bereich kooperiert. Jede Aufführung soll ein kleines „Inklusionsevent“ werden. Die CD kann bei Downloadportalen wie zum Beispiel iTunes, Amazon Music oder Google Play und bei der Stiftung direkt erworben werden. Mit 60 Auftritten hatte sich die Nachfrage im Berichtszeitraum deutlich gesteigert. Das Spektrum reichte vom Kongress konzert bei der „Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie“ (CBP) in Schwäbisch Hall bis zum Jahresempfang der „Bundesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen“ in Berlin. Auch das Konzept „Blind Foundation in der Schule“ erfreute sich mit Aufführungen an neun verschiedenen Schulen wieder großer Beliebtheit. In einer sehr unterhaltsamen Unterrichtsstunde werden dabei den Schülern unterschiedliche Instrumente vorgestellt, die Mitglieder von Blind Foundation skizzieren den Aufbau eines Songs und stellen anhand eines Liedes verschiedene Musikstile vor. Dass sie blind sind, wird dabei berücksichtigt, aber nicht als Problem thematisiert, sondern als „Normalität“ behandelt. *Gästebuch www.blindfoundation.de INFO Blind Foundation Integrationsprojekt zur Teilhabe blinder und sehbehinderter Menschen. Buchbar für festliche Anlässe und sonstige Veranstaltungen. [email protected] Kontakt Markus Hofmann 069 955 124-67 Jahresbericht 2014 • Digitalität • Kommunikation • Identität Dies und Das Vortragsreihe der Polytechnischen Gesellschaft • In die Diesterweg-Simon-Vortragsreihe der Polytechnischen Gesellschaft konnte die Stiftung zwei interessante Themen einbringen: Irmgard Reichstein sprach über die Situation taubblinder Menschen: „Leben mit Taubblindheit – unvorstellbar, aber möglich“; und die blinde Strafverteidigerin Pamela Pabst über ihren beruflichen Alltag: „Ich sehe das, was ihr nicht seht.“ aktionsWoche Älter werden in Frankfurt • Im Rahmen der Fachtagung „Versorgungsbrüche in der Altenund Behindertenarbeit“ am 24. Juni 2014 wurden Problem- und Bedarfslagen unterschiedlicher Adressatengruppen skizziert. Die Stiftung beteiligte sich mit dem Thema „Die Beratung und Begleitung blinder und sehbehinderter Senioren – eine Versorgungslücke“. Es wurde einem breiten Fachpublikum die Notwendigkeit einer sehbehindertenspezifischen Beratung und Begleitung dargelegt. Polytechnikertag • Im Rahmen des ersten „Polytechnikertags“ am 13. September 2014, der den Mitgliedern der Polytechnischen Gesellschaft die Arbeit der Tochterinstitute näherbringen sollte, stellte die Stiftung in zwei Workshops Ausschnitte ihrer Arbeit vor. So konnte man unter der Simulation einer Sehbehinderung kleine Specksteinskulpturen anfertigen und etwas über die künstlerische Arbeit der Stiftung erfahren. Wer sich für die modernen Möglichkeiten der EDV und der Nutzung elektronischer Hilfsmittel für blinde und sehbehinderte Menschen interessierte, wurde von einer blinden Stiftungsmitarbeiterin auf anschauliche Weise darüber informiert. 32 • 33 Tag der offenen Tür • Am 6. Juni und am 21. November 2014 öffnete die Stiftung ihre Pforten für sehbehinderte Seniorinnen und Senioren und alle an ihrer Arbeit Interessierten. Unsere Mitarbeiter informierten rund um das Thema Sehbehinderung. Es wurden die Beratungsangebote vorgestellt, die Besucher konnten verschiedene Hilfsmittel testen und am Verkaufsstand der blista Marburg Hilfsmittel käuflich erwerben. Literaturvortrag • Das monatliche Angebot einer Literaturveranstaltung im Musischen Zentrum von Frau Dr. Berouzi-Rühl stieß auf eine interessierte Gruppe von sehbehinderten und nicht sehbehinderten Literaturfreunden. Lesungen und Literaturbesprechungen behandelten ganz unterschiedliche literarische Themen und Autoren, unter anderem „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ von Jaroslav Hašek. Die Veranstaltung wurde von der Polytechnischen Gesellschaft ermöglicht. Impressum Jahresbericht 2014 Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte (2015) Adlerflychtstraße 8 60318 Frankfurt am Main Telefon: 069 955 124-0 Fax: 069 597 62 96 [email protected] www.sbs-frankfurt.de Redaktionsleitung: Franz-Josef Esch (V.i.S.d.P.), Peter Schwinn Redaktionelle Mitarbeit: Heike-Marei Heß, Markus Hofmann, Ursula Hollerbach, Heiko Kunert, Franziska Peters Fotos: Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte, Frankfurt am Main, sowie Leonhard A. Hamerski (www. ftv-press.com), Danuta Pollok und Polytechnische Gesellschaft e. V., Frankfurt am Main Abdruckerlaubnis Wir bedanken uns bei der Frankfurter Neuen Presse für die Erlaubnis zum Abdruck des gekürzten Artikels von Sandra Kathe auf Seite 16/17 und bei der Deister- und Weserzeitung für die Abdruckerlaubnis für den gekürzten Artikel von Birte Hansen auf Seite 20/21 sowie bei der Polytechnischen Gesellschaft e. V., Frankfurt am Main, für die Erlaubnis zum Abdruck des Beitrages auf Seite 7. Konzeption und Gestaltung Scheufele Hesse Eigler Kommunikationsagentur GmbH Frankfurt am Main Druck: NK Druck + Medien GmbH Hammersbach Liebe Leserinnen und Leser, allein der guten Lesbarkeit zuliebe haben wir weitgehend auf die Verwendung der weiblichen grammatikalischen Form verzichtet. Es sind selbstverständlich immer Angehörige beider Geschlechter gemeint. STIFTEN ODER SPENDEN SIE Mit einer Zustiftung können Sie unser Stiftungsvermögen aufstocken und so die Nachhaltigkeit unserer Stiftungsarbeit unterstützen. Durch Spenden können Sie laufende Projekte zur gesellschaftlichen und beruflichen Rehabilitation und Integration sehbehinderter und blinder Menschen gezielt fördern. Unterstützen Sie unsere Arbeit, wir beraten Sie gern und umfassend über die verschiedenen Möglichkeiten. Unser Spendenkonto: Frankfurter Sparkasse Kontonummer: 215 872 Bankleitzahl: 500 502 01 IBAN: DE16 5005 0201 0000 215872 SWIFT-Adresse/BIC: HELADEF1822 www.facebook.com/FrankfurterSparkasse 34 • 35 Mein Leben, mein Dialog, meine Frankfurter Sparkasse „Bei meiner Arbeit hören meine Gäste auf mich. Wenn’s um Geld geht, verlasse ich mich ganz auf meine Beraterin.“ Frankfurter Sparkasse – immer offen für Ihre Wünsche. Sandra Schröter | staatlich anerkannte Dipl. Sozialpädagogin und Guide im Dialog Museum | Kundin seit 2005 Adlerflychtstraße 8 60318 Frankfurt am Main Telefon: 069 955 124-0 Fax: 069 597 62 96 [email protected] www.sbs-frankfurt.de
© Copyright 2024 ExpyDoc