Frankfurter Jugendring zum Pakt für den Nachmittag

PRESSEMITTEILUNG
Frankfurt, den 27.04.15
Der „Pakt für den Nachmittag“ darf nicht ohne die Kinder geschlossen werden!
Zum kommenden Schuljahr startet Frankfurt das Modellprojekt „Pakt für den Nachmittag“ an Grundschulen. Frankfurt ist eine von sechs Pilotregionen in Hessen, die für das Projekt ausgewählt wurde.
Im nächsten Schuljahr sind es weniger als zehn Frankfurter Schulen, die an den Start gehen, im
nächsten Jahr soll auf insgesamt 25 Schulen aufgestockt werden.
Der Vorstand des Frankfurter Jugendrings, dem Dachverband der Kinder- und Jugendverbände der
Stadt, vermisst bei der Planung des Modellprojektes die Perspektive der betroffenen Kinder.
Grundsätzlich begrüßt er das Bestreben von Land und Stadt, die Nachmittagsangebote an Schulen
auszubauen und damit dem sehr hohen Bedarf an Ganztagsbetreuung in Frankfurt anzupassen. Dass
es zudem zu einer stärkeren Verzahnung von Vormittags- und Nachmittagsprogramm und zu einer
Mitgestaltung der Schule durch Lehrer*innen auch nachmittags kommen soll, ist sehr zu befürworten.
Positiv bewertet der FJR darüber hinaus die Möglichkeit für Dritt- und Viertklässler*innen, sich auch
nur für bestimmte Tage für das Nachmittagsprogramm anmelden zu können; dadurch wird es ihnen
erleichtert, gleichzeitig in Jugendverbänden o.ä. aktiv zu sein.
Das Modellprojekt hat jedoch einige Mängel aufzuweisen, die insbesondere auf Kosten der Kinder
gehen.
Sehr lange Betreuungszeit
Im Rahmen der Betreuung durch den „Pakt für den Nachmittag“ sind Kinder unter Umständen von
montags bis freitags von 7:30 bis 17:00 Uhr in schulischer Betreuung. Das ist ein Aufenthalt von bis
zu 9,5 Stunden pro Tag an der Schule – für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren eine enorm lange Zeit!
Deswegen ist es äußerst wichtig, diese Betreuung kindgerecht und pädagogisch gut ausgewogen bezüglich Räumlichkeiten, Zeitstruktur, Bildungsangeboten und Beteiligung von Kindern und Eltern zu
gestalten.
Fehlende Räume
Der Orientierungsrahmen für die Ausgestaltung der Schulen des „Paktes für den Nachmittag“ ist Profil
1 des Qualitätsrahmens des Landes Hessen für ganztägig arbeitende Schulen. Gemäß diesen Kriterien kann das Programm auch ohne Schaffung zusätzlicher Räume gestartet werden (eine finanzielle
Förderung durch das Land gibt es hierfür auch nicht). Das lässt katastrophale Zustände für Kinder und
Lehrkräfte befürchten. Für Kinder ist es eine Zumutung, wenn sie für das Mittagsessen nicht den Klas-
senraum verlassen können. Weiterhin ist es für sie wichtig im Sinne des ganzheitlichen Lernens, für
bestimmte Angebote in andere Räumlichkeiten zu gehen oder sich auch einmal in einen Ruheraum
zurückziehen zu können. Auch die Lehrer*innen benötigen zusätzliche Räume zum Arbeiten und zum
Ausruhen, wenn ihr Arbeitstag an der Schule bis 17:00 Uhr ausgedehnt ist.
Fehlende Koordination
Auch sonst ist das Projekt für eine gute Ausgestaltung finanziell zu knapp ausgestattet. So fehlt es unter anderem an genügend finanziellen Mitteln für die Koordination der Angebote unter dem Gesichtspunkt: welche Bildungsangebote werden vom schulischen Träger übernommen und wie können diese
mit Angeboten der außerschulischen Akteure optimal kombiniert werden? Eine pädagogisch durchdachte Koordination ist unerlässlich, um eine gute zeitliche und inhaltliche Verzahnung von Unterricht
und Angeboten bewerkstelligen zu können und dem spezifischen Förderungsbedarf von Kindern im
Grundschulalter gerecht zu werden.
Der Frankfurter Jugendring fordert, die Bedürfnisse der Kinder stärker in den Blick zu nehmen und die
Mängel des „Paktes für den Nachmittag“ nicht auf ihre Kosten in Kauf zu nehmen!
Wir fordern die Landesregierung auf, nicht hinter ihre im Koalitionsvertrag eigens gemachten Versprechungen zurückzufallen, im Rahmen des Paktes „qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote“1 zu schaffen. Ein Weg dorthin wäre, für diese Schulen einen Qualitätsrahmen zu entwickeln,
der sich am Qualitätsrahmen für gebundene Ganztagsschulen (Profil 3 des Qualitätsrahmens für
ganztägig arbeitende Schulen) in Hessen orientiert und an die spezifischen Bedürfnisse von Grundschulkindern angepasst ist. Für die Umsetzung dieser Qualitätsstandards sollte sie dann auch die dafür nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen2 ().
Die Stadt sollte den - aufgrund der in diesem Jahr nur zögerlich eingegangenen Bewerbungen von
Schulen – länger ausgedehnten Prozess der Einrichtung des Modellprojektes nutzen, um ein ausgefeiltes Konzept mit den Schulen zu erarbeiten. Dieses Konzept sollte die Qualitätskriterien für gelungene
Ganztagsschule übernehmen!
FRANKFURTER JUGENDRING
Der Vorstand
gez. Rebekka Rammé
Vorsitzende
Kontakt:
Maren Burkhardt (Referentin)
Tel: 069 – 56 000 111
[email protected]
1
2
siehe: https://www.epenportal.de/web/datapool/storage/files1000000/Koalitionsvertrag_2014-2019.pdf, S. 31
zum Qualitätsrahmen siehe: http://www.hessen.ganztaegig-lernen.de/Ganztagsschule%20in%20Hessen/qualitaetsrahmen-fuer-dieprofile-ganztaegig-arbeitender-schulen