05 |15 - PKF München Wirtschaftsprüfung

PKF INDUSTRIE- UND VERKEHRSTREUHAND
Wirtschaftsprüfung &
Beratung
PKF
Editorial
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
wer sollte kurzfristig handeln und für wen lohnt es sich abzuwarten? Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom
17.12.2014 entschieden, dass die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Regelungen bezogen auf das Unternehmensvermögen verfassungswidrig sind und dem Gesetzgeber eine
Frist bis zum 30.6.2016 gesetzt, die betroffenen Regelungen
neu zu fassen. In unserem Brennpunkt informieren wir über die
aktuellen Reformpläne der Bundesfinanzbeamten.
Immer wieder neigt der Gesetzgeber dazu, für den Steuerpflichtigen günstige Rechtsprechung durch Gesetzesänderungen
zu kassieren. So sollen Betriebsausgaben unter bestimmten Umständen teilweise nicht abzugsfähig sein, obwohl die
Einnahmen voll steuerpflichtig sind. (Noch) nicht durch eine
Gesetzesänderung konterkariert wurden die für die Praxis
wichtigen Klarstellungen, dass die vollständigen Rechnungsangaben auch auf verschiedenen Dokumenten erfolgen können und wem Erträge aus Forderungsverzichten zuzurechnen
sind. Die Rubrik „Steuern“ schließen wir mit dem Verständnis
des BFH zur Nähe zwischen Angehörigen ab.
Auch unter „Recht“ arbeiten wir wichtige Grundsätze der
Gerichtsbarkeit auf, die zu mehr Sicherheit im Insolvenzverfahren führen bzw. eine Insolvenzgefährdung ggf. vermeiden, weil
die Betroffenen keine Nachteile erleiden. Schon zu einer kleinen Beitragsreihe ist das Thema „Schutz von Minderjährigen“
geworden – in diesem Monat mit Aspekten aus der Familienvermögensverwaltung.
Abschließend stellen wir in unserer Rubrik „Corporate Finance“
dar, wie durch Mitarbeiterbeteiligungsprogramme eine WinWin-Situation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer
geschaffen werden kann.
Wir wünschen eine spannende Lektüre
Ihr Team der
PKF INDUSTRIE- UND VERKEHRSTREUHAND
05 |15
Inhalt
BRENNPUNKT
» Update Erbschaftsteuer: Die aktuellen
Reformpläne
STEUERN
» Erweiterung des Teilabzugsverbots auf
Gesellschafterdarlehen und die Überlassung
von Wirtschaftsgütern
» Vollständige Ausgangsrechnung als Nachweis bei innergemeinschaftlicher Lieferung:
Vorgaben bei mehrteiligen Dokumenten
» Personengesellschaften: Ertrag aus Forderungsverzicht beim Alt- oder Neugesellschafter zu
erfassen?
» Keine Abgeltungssteuer bei Darlehensgewährungen zwischen nahen Angehörigen,
die wirtschaftlich abhängig sind
RECHT
» Betriebsaufspaltung: BGH stärkt Gesellschafterrechte in der Insolvenz
» Rechtliche Anerkennung der Beteiligung
eines Minderjährigen an Familienpool?
CORPORATE FINANCE
» Mitarbeiterbeteiligungsprogramme –
ein Gewinn für Unternehmen und Mitarbeiter
[
BRENNPUNKT
]
Update Erbschaftsteuer: Die aktuellen Reformpläne
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Regelungen des Erbschaftsteuergesetzes
(ErbStG) zur Verschonung von Betriebsvermögen
(§§ 13a, 13b und 19 ErbStG) mit Urteil vom 17.12.2014
(Az.: 1 BvL 21/12) für verfassungswidrig erklärt hat
(siehe PKF-Nachrichten 01/2015), liegen nun die Eckpunkte des Bundesfinanzministeriums zur Neuregelung vor; sie gehen teilweise sogar über die BVerfGVorgaben hinaus.
I. Vorläufige Eckpunkte der Neuregelung
Folgende Eckpunkte des Bundesfinanzministeriums zur
Neuregelung der Erbschaftsteuer sind bekannt:
Begünstigtes Vermögen: Das betriebsnotwendige
Vermögen ist auch weiterhin begünstigt, d. h. der Erwerber erhält bei Einhaltung der bisherigen Haltefristen
(5 bzw. 7 Jahre) weiterhin die 85 %- oder 100 %-Verschonung. Es umfasst nach neuer Definition Wirtschaftsgüter, die zum Erwerbszeitpunkt zu mehr als
50 % einer gewerblichen Tätigkeit dienen. Nicht mehr
Bundesregierung plant strenge Vorgaben für begünstigte Übertragungen
2 | PKF Nachrichten | Mai 2015
begünstigt sind künftig Wirtschaftsgüter, die dem
Betrieb nur bis zu 50 % dienen (sog. „nicht betriebsnotwendiges Vermögen“), was nicht explizit Forderung
des BVerfG war. Damit wären künftig Diskussionen zur
Abgrenzung vorprogrammiert.
Liquiditätsreserve: Beträgt der Wert des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens weniger als 10 % des
Betriebsvermögens insgesamt, so ist dies unschädlich
(„Liquiditätsreserve“), d. h. die Liquiditätsreserve wird
mitverschont. Damit würden künftig insoweit die bisherigen höheren Voraussetzungen für eine Verschonung von 100 % für alle Verschonungen gelten. Das
war ebenfalls in dieser Ausgestaltung vom BVerfG nicht
gefordert.
Konzept der konsolidierten Nettobetrachtung:
Betriebliche Schulden sollen künftig im Rahmen einer
sog. konsolidierten Nettobetrachtung jeweils anteilig
dem begünstigten und nicht begünstigten Vermögen
zugeordnet werden.
Lohnsumme: Nach den bisherigen Plänen soll nicht
mehr die Anzahl der Arbeitnehmer, sondern der Unter-
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nehmenswert maßgeblich sein: Bei Unternehmen mit
geringerem Unternehmenswert als 1 Mio. € findet künftig die Lohnsummenregelung keine Anwendung (sog.
„Aufgriffsgrenze“).
Individuelle Bedürfnisprüfung: Ab einem Erwerb von
betriebsnotwendigem Vermögen i. H. von 20 Mio. €
(mehrere Erwerbe innerhalb von 10 Jahren werden
zusammengerechnet) muss der Erwerber nachweisen,
dass er persönlich die Steuerschuld nicht entrichten
kann. In diese Bedürfnisprüfung werden einbezogen
- 50 % des bereits vorhandenen Privatvermögens des
Erwerbers,
prüfen, ob eine Übertragung vor Inkrafttreten des neuen
ErbStG sinnvoll verwirklicht werden kann.
- 50 % des miterworbenen Privatvermögens des
Erwerbers,
Im Fall der exzessiven Ausnutzung der derzeitigen §§ 13a
und 13b ErbStG hat das BVerfG die gesetzliche Neuregelung rückwirkend auf den Tag der Urteilsverkündung
(17.12.2014) erlaubt. Falls der Gesetzgeber von dieser
Möglichkeit Gebrauch machen wird, könnte bei einigen
Gestaltungen die Anwendung der bisherigen Begünstigungen versagt werden. Denkbare Fälle exzessiver Ausnutzung sind derzeit z. B.:
- das nicht betriebsnotwendige Vermögen des erworbenen Unternehmensanteils nach Abzug der vorgenannten „Liquiditätsreserve“ i. H. von 10 %.
Es soll die Möglichkeit der Steuerstundung bestehen,
wenn das Privatvermögen (z. B. Grundstücke) erst noch
liquidiert werden müsste. Sofern das Vermögen nur teilweise ausreicht, die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuerschuld zu tilgen, soll der Restbetrag unter
Beachtung der bisherigen Haltefristen und Lohnsummenregelungen erlassen werden.
II. Für wen jetzt Handlungsbedarf besteht
Die Gegenüberstellung der bisherigen Begünstigungsvoraussetzungen mit den derzeitigen Eckpunkten der
Neuregelung ergibt, dass künftig die begünstigte Übertragung von Unternehmensstrukturen
III. Handlungsspielräume noch vorhanden, …
Die Schenkung von Unternehmensvermögen unterliegt
noch bis Inkrafttreten der Neuregelung des ErbStG den
bisher geltenden Begünstigungsvorschriften. Es wird vermutet, dass die vom BVerfG gesetzte Frist bis 30.6.2016
nicht ausgeschöpft wird, so dass bereits wesentlich früher mit Inkrafttreten der Neuregelung zu rechnen ist.
… aber Vorsicht bei „exzessiver Ausnutzung“
Aufspaltung eines Betriebs mit mehr als 20 Mitarbeitern in eine Besitz- und Betriebsgesellschaft zur Vermeidung der Lohsummenpflicht,
bei Konzernstrukturen die gezielte Allokation von
schädlichem Verwaltungsvermögen auf unteren Stufen
des Konzerns zur Steuerreduzierung.
Empfehlung: Die Gestaltung einer gelungenen Unternehmensnachfolge erfordert eine Abwägung aller – nicht
nur steuerlicher – Gesichtspunkte. Ihr PKF-Team wird Sie
hierbei gerne unterstützen.
ab einem Wert von 20 Mio. € oder
mit weniger als 20 Arbeitnehmern bei gleichzeitigem
Unternehmenswert von mehr als 1 Mio. € und/oder
mit einer Verwaltungsvermögensquote von bis zu 50 %
an andere Voraussetzungen geknüpft und damit nicht
mehr in dem bisherigen Umfang begünstigt sein wird.
Gegen die Pläne der Regierung, insbesondere das
nicht betriebsnotwendige Vermögen abzüglich einer
Liquiditätsreserve von 10 % in vollem Umfang der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu unterwerfen, erhebt
sich jedoch von verschiedenen Verbänden erheblicher
Widerstand.
Unternehmer, deren Unternehmensvermögen die vorstehende Struktur aufweist und die in absehbarer Zeit
eine Unternehmensnachfolge planen, sollten daher jetzt
[
STEUERN
]
Erweiterung des Teilabzugsverbots auf
Gesellschafterdarlehen und die Überlassung
von Wirtschaftsgütern
Für wen: Anteilseigner von Körperschaften.
Sachverhalt: Für Wirtschaftsjahre, die nach dem
31.12.2014 beginnen, wurden die Regelungen des Teilabzugsverbots überarbeitet und neu gefasst. Es ergeben
sich Änderungen bei der Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen durch natürliche Personen.
PKF Nachrichten | Mai 2015 | 3
Nachrichten
Wenn ein Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ein Darlehen gewährt, sind die Zinsen zu 100 % steuerpflichtig
und unterliegen dem persönlichen Steuersatz. Folgerichtig sollten auch 100 % der Aufwendungen – insbesondere
aus Teilwertabschreibungen – steuerlich abzugsfähig
sein. Ein vollständiger Abzug wird nur noch gewährt,
sofern die Beteiligungsquote nicht mehr als 25 % beträgt.
Im Fall einer höheren Beteiligung kommt es dagegen
künftig auf die Fremdüblichkeit der vereinbarten Konditionen an. Liegt diese nicht vor, ist die Teilwertabschreibung lediglich zu 60 % abzugsfähig, obwohl das Teileinkünfteverfahren nicht anwendbar ist und die Zinsen voll
steuerpflichtig sind. Begründet wird dies damit, dass eine
un- oder teilentgeltliche Darlehensgewährung durch das
Gesellschaftsverhältnis motiviert sei und die Ersparnis
der Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter in Form von
höheren Beteiligungserträgen zugutekomme, auf die das
Teileinkünfteverfahren Anwendung findet. Weiterhin wird
das Teilabzugsverbot auf anfallende Betriebsausgaben
bzw. -vermögensminderungen aus der Überlassung von
Wirtschaftsgütern durch den Gesellschafter ausgedehnt.
Letzteres wirkt sich vor allem im Rahmen von Betriebsaufspaltungen aus.
Empfehlung: Die Neuregelungen zum Gesellschafterdarlehen widersprechen der Rechtsprechung des BFH.
Es bleibt abzuwarten, ob sie eventuell einer (verfassungs-)gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden.
Mehr zum Thema: Als Teil des „Gesetzes zur
Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der
Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (ZKAnpG)“ sind die dargestellten Änderungen unter
www.bundesfinanzministerium.de einsehbar.
Vollständige Ausgangsrechnung als Nachweis bei innergemeinschaftlicher Lieferung:
Vorgaben bei mehrteiligen Dokumenten
Für wen: Unternehmer, die grenzüberschreitend liefern.
Sachverhalt: Die Finanzverwaltung versagt Unternehmern häufig die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung mit der Begründung, die erforderlichen
Nachweise lägen nicht vor. Nachzuweisen ist u. a. das
Doppel der Ausgangsrechnung mit einem Hinweis auf die
Steuerfreiheit der Lieferung.
4 | PKF Nachrichten | Mai 2015
Hierzu hat der BFH in einem aktuellen Urteil (Az.: XI R
37/12) Stellung genommen, und zwar zu dem Fall, dass
eine Rechnung aus mehreren Abrechnungsteilen besteht.
Es sei grundsätzlich ausreichend, wenn der Hinweis auf
die Steuerfreiheit in einer Anlage zu demjenigen Abrechnungsteil erfolgt, in dem das Entgelt ausgewiesen ist.
Voraussetzung sei ein enger Bezug beider Abrechnungsteile zueinander. In diesem Fall würden beide Teile in ihrer
Gesamtheit das als Nachweis geforderte Rechnungsdokument bilden. Im Urteilsfall lag ein mit „Rechnung“
überschriebener Abrechnungsteil vor, der keine Umsatzsteuer, sondern lediglich die Angabe „Exportpreis netto:
159.000 €“ enthielt. Dazu lag ein mit „Anlage zur Rechnung“ überschriebenes Papier vor, das neben einem
eindeutigen Verweis auf die Rechnung u. a. die Angabe
„Bestätigung innergemeinschaftlicher Lieferung“ enthielt.
Die Belege wurden als Nachweis anerkannt.
Hinweis: In den Fällen, in denen eine Rechnung
aus mehreren Dokumenten besteht (§ 31 Abs. 1 Satz 1
UStDV), ist eine gegenseitige Bezugnahme der Abrechnungsteile zueinander sicherzustellen. Danach sind in
einem Dokument zumindest das Entgelt und der darauf
ggf. entfallende Steuerbetrag zusammengefasst anzugeben. In diesem Dokument sind alle weiteren Dokumente
zu bezeichnen, aus denen sich die übrigen gesetzlich
geforderten Rechnungsangaben ergeben.
Mehr zum Thema: Das BFH-Urteil vom 26.11.2014,
Az.: XI R 37/12, finden Sie im Volltext unter http://juris.
bundesfinanzhof.de. Wir verweisen zudem auf die PKF
Merkblätter „Die Vollständigkeit von Rechnungen“ und
„Belegnachweis zur innergemeinschaftlichen Lieferung“
unter www.pkf.de/Publikationen/PKF-Merkblaetter-206.
Personengesellschaften: Ertrag aus Forderungsverzicht beim Alt- oder Neugesellschafter zu erfassen?
Für wen: Personengesellschaften, bei denen im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Gesellschafterwechsel Gläubiger auf Forderungen verzichten.
Sachverhalt: Werden bei Personengesellschaften –
z. B. im Zuge einer Sanierung – Gesellschafter ausgetauscht und im Zusammenhang damit Forderungsverzichte durch Gläubiger ausgesprochen, stellt sich die
Frage, ob die Erträge aus den Forderungsverzichten den
Alt- oder den Neugesellschaftern zuzurechnen sind. Die
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Antwort hat der BFH aktuell unter Abstellen auf die im
konkreten Fall getroffene Vereinbarung differenziert:
Sollte der Neugesellschafter statt des Altgesellschafters die Verbindlichkeiten wirtschaftlich tragen, so ist
der Ertrag aus dem Verzicht dem Neugesellschafter
zuzurechnen.
Im umgekehrten Fall ist der Ertrag hingegen noch dem
Altgesellschafter zuzuordnen, der durch den Schuldenerlass von seiner Haftung entbunden wird.
Im Fall eines zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs
zwischen Gesellschafterwechsel und Forderungsverzicht
kommt es daher nicht auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Gründe für den Forderungsverzicht, sondern auf die
konkreten Vereinbarungen an.
Empfehlung: Ob der Ertrag aus dem Forderungsverzicht dem Alt- oder dem Neugesellschafter zuzurechnen
ist, hat häufig erhebliche steuerliche Konsequenzen. Aus
dem Urteil des BFH ergeben sich somit neue Gestaltungsmöglichkeiten, die Sie zu Ihren Gunsten nutzen
können, die sie andererseits aber auch bei der Kaufpreisfindung beachten müssen.
Mehr zum Thema: Das erwähnte BFH-Urteil vom
22.1.2015 (Az.: IV R 38/10) finden Sie im Internet unter
www.bundesfinanzhof.de in der Rubrik Entscheidungen
online.
Keine Abgeltungssteuer bei Darlehensgewährungen zwischen nahen Angehörigen,
die wirtschaftlich abhängig sind
Für wen: Darlehen zwischen nahen Angehörigen.
Sachverhalt: Grundsätzlich unterliegen Zinserträge
im Privatvermögen des Darlehensgebers der Abgeltungssteuer von 25 %. Wenn Gläubiger und Schuldner
sich nahestehen und die Zinsen beim Schuldner regelbesteuerte Einkünfte mindern, muss der Gläubiger jedoch
die Zinserträge ebenfalls regelbesteuern. Naturgemäß ist
häufig umstritten, wann die Darlehensparteien einander
nahestehen. Der BFH hat nun folgende Grundsätze zu
diesem Näheverhältnis aufgestellt:
Ein etwa nur aus der Ehe abgeleitetes persönliches
Interesse reicht nicht zum Ausschluss der Abgeltungssteuer.
Eine schädliche Nähe liegt allerdings vor, wenn zwischen nahen Angehörigen ein finanzielles Abhängig-
keitsverhältnis besteht. Dies ist z. B. der Fall, wenn
der Darlehensgeber auf den Darlehensnehmer einen
beherrschenden Einfluss ausüben kann, weil der Darlehensnehmer mittellos ist und auf die Darlehensgewährung angewiesen ist.
Empfehlung: Sofern Sie die Anwendung des Abgeltungssteuersatzes auf die Zinserträge aus einem Angehörigendarlehen anstreben, sollte ggf. ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Parteien ausgeschlossen
werden. Dazu könnte z. B. die Dokumentation dienen,
dass ein fremder Dritter ein Darlehen zu denselben Konditionen gewährt hätte.
Mehr zum Thema: Das genannte BFH-Urteil vom
28.1.2015 (Az.: VIII R 8/14) finden Sie im Internet unter
www.bundesfinanzhof.de in der Rubrik Entscheidungen
online.
[
RECHT
]
Betriebsaufspaltung: BGH stärkt Gesellschafterrechte in der Insolvenz
Für wen: Gesellschafter, die Wirtschaftsgüter an die
Gesellschaft vermieten.
Sachverhalt: Zwei Brüder hatten die Betriebsimmobilie an die von ihnen beherrschte GmbH & Co. KG vermietet. Als die Gesellschaft in die Insolvenz ging, kündigte
der Insolvenzverwalter den Mietvertrag. Im Folgenden
stritten die Parteien um den rechtlichen Bestand und den
Rang der Mietforderungen. Der BGH nahm den Fall zum
Anlass, einige Grundsätze klarzustellen:
Ein Immobilienmietvertrag besteht bei Insolvenzeröffnung zunächst fort. Dies gilt auch für mitvermietete
bewegliche Wirtschaftsgüter (z. B. Maschinen), wenn
die Immobilie den Vertragsschwerpunkt bildet.
Die nach Insolvenzeröffnung noch entstehenden Mietforderungen sind Forderungen gegen die Masse. Seit
der Reform des Eigenkapitalersatzrechts in 2008 hat
der Insolvenzverwalter kein Recht mehr auf eine unentgeltliche Nutzung von Betriebsmitteln der Gesellschafter.
Um die Fortführung des Unternehmens zu ermöglichen, ist jedoch die Aussonderung betriebsnotwendigen Vermögens für (längstens) ein Jahr gesperrt. Im
PKF Nachrichten | Mai 2015 | 5
Nachrichten
Gegenzug schuldet der Verwalter ein Nutzungsentgelt,
das sich nach dem Durchschnitt der im letzten Jahr vor
der Insolvenzantragstellung tatsächlich gezahlten Vergütungen richtet. Diese Regelung greift jedoch erst ab
Beendigung des Mietvertrags.
Die im Jahr vor Insolvenzantragstellung gezahlten Mieten sind einer Darlehensrückzahlung nicht gleichzustellen und daher nicht anfechtbar.
Noch nicht bezahlte Mietforderungen für die Zeit vor
Insolvenzeröffnung können dagegen nur als Insolvenzforderungen zur Tabelle angemeldet werden.
Empfehlung: Betroffenen Gesellschaftern kann nur
geraten werden, auch in der Krise auf Zahlung der vereinbarten Miete zu bestehen, um im Fall einer späteren
Insolvenz keine Nachteile zu erleiden.
Mehr zum Thema: Das BGH-Urteil vom 29.1.2015
(Az.: IX ZR 279/13) ist unter www.bundesgerichtshof.de
im Volltext abrufbar.
Rechtliche Anerkennung der Beteiligung
eines Minderjährigen an Familienpool
Für wen: Eltern, die eine vermögensverwaltende
(Familien-)Gesellschaft (sog. „Familienpool“) mit ihren
minderjährigen Kindern gründen.
Sachverhalt: Im vom OLG Nürnberg entschiedenen
Fall (Beschluss vom 16.12.2014, Az.: 11 WF 1415/14)
hatten die Eltern zusammen mit ihrem neunjährigen Sohn
eine vermögensverwaltende Gesellschaft bürgerlichen
Rechts (GbR) gegründet, an der sie jeweils mit 0 % und
ihr Sohn mit 100 % beteiligt waren. Sie wendeten ihrem
Sohn im Wege der Einbringung in die GbR 400.000 € zu.
Trotz des erheblichen Vermögenswerts erteilte das Familiengericht die aufgrund der Minderjährigkeit des Sohns
für die Gründung benötigte Genehmigung nicht, da – so
die Begründung – die Nachteile der Zuwendung deren
Vorteile überwogen. Dies bestätigte das OLG. Die Nachteile sahen die Gerichte darin, dass laut Gesellschaftsvertrag
der Minderjährige das geschäftliche Risiko der GbR
allein trägt (und dieses nicht auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist),
die Gesellschaft über die Volljährigkeit des Kindes
hinaus von den Eltern verwaltet wird und das Kind die
volle Verfügungsmacht erst nach Ablauf von 30 Jahren
erhält,
6 | PKF Nachrichten | Mai 2015
das Kind sich die Schenkung auf seinen Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen muss, aber bei seinem Ausscheiden nicht den vollen Verkehrswert des Anteils
erhält,
das Kind bei Eheschließung das Gesellschaftsvermögen durch Vereinbarung von Gütertrennung oder modifizierter Zugewinngemeinschaft sichern muss,
der verwaltende Gesellschafter (Vater) vom Verbot des
Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit, zur Veräußerung und Belastung von Immobilien sowie zur Eingehung von Krediten bis zum Betrag von je 10.000 € ohne
Zustimmung des Sohns berechtigt ist.
Da das OLG außerdem die Vereinbarung einer Vergütung
für den verwaltenden Gesellschafter/Elternteil wegen der
(unentgeltlichen) elterlichen Pflicht zur Vermögenssorge
für sittenwidrig erachtete, bestätigte es die Entscheidung
des Familiengerichts.
Empfehlung: Bei Gründung einer Familiengesellschaft mit Minderjährigen – sei es aus Gründen der frühzeitigen Vermögensübertragung oder der asset protection der Eltern – ist auf eine ausgewogene Ausgestaltung
des Gesellschaftsvertrags und eine Haftungsbegrenzung
auf das Gesellschaftsvermögen zu achten.
Mehr zum Thema: Das Urteil finden Sie im Volltext
unter www.gesetze-bayern.de
[
CORPORATE FINANCE
]
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme – ein
Gewinn für Unternehmen und Mitarbeiter
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sind eine attraktive
Alternative, dem Unternehmen liquide Mittel zu beschaffen und zudem den Mitarbeitern in der aktuellen Niedrigzinsphase eine interessante Geldanlage zu bieten.
Damit tragen Mitarbeiterbeteiligungsmodelle sowohl zur
Finanzierung als auch zur Mitarbeiterbindung und -motivation bei. Im Rahmen der konkreten Ausgestaltung ist
wie nachfolgend näher ausgeführt auf einige wesentliche
Aspekte zu achten.
(1) Finanzierung: Unternehmen, die ihre Mitarbeiter durch
eine finanzielle Beteiligung am Erfolg teilhaben lassen,
gelten im Vergleich zu anderen Unternehmen als innova-
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tiver, offener, transparenter, robuster sowie
überlebensfähiger. Dies gilt insbesondere für
wirtschaftlich schwierige Zeiten. Durch die
zusätzliche monetäre Partnerschaft wird die
finanzielle Basis des Unternehmens gestärkt.
Kleine und mittelständische Unternehmen
können bei einer eigenkapitalähnlichen Ausgestaltung des Beteiligungsmodells ihre
Position gegenüber Kreditinstituten stärken
und zudem ein günstigeres Rating erwirken.
(2) Mitarbeiterbindung und -motivation:
Gerade bedingt durch das aktuelle Zinsniveau auf dem Anlagemarkt schätzen Mitarbeiter die Möglichkeit, ihre Eigenmittel dem
Unternehmen zu attraktiven Konditionen zur
Verfügung zu stellen und direkt am Erfolg
und der Verzinsung des eingesetzten Kapi-
Mitarbeiterbeteiligungen fördern den Zusammenhalt
tals mitzuwirken. Zusätzlich wirkt sich die Beteiligung
der Mitarbeiter positiv auf ihre Leistungsbereitschaft aus
und fördert bei Kenntnis der Unternehmensziele deren
unternehmerisches Denken. Mitarbeiter werden durch
gewährte Beteiligungen an das Unternehmen gebunden und potenzielle Mitarbeiter haben einen zusätzlichen
Anreiz, ein Arbeitsverhältnis einzugehen.
(3) Ausgestaltung: Als Formen der Mitarbeiterbeteiligung kommen grundsätzlich in Frage:
(partiarische) Darlehen,
virtuelle Beteiligung,
Genussrechte,
stille Beteiligung/atypisch stille Beteiligung,
Direktbeteiligung mit/ohne Einschränkungen
(z. B. Vorzugsaktien usw.).
Diese Formen unterscheiden sich insbesondere in der
Ausgestaltung als schuldrechtliche (Darlehen, partiarisches Darlehen, virtuelles Darlehen) und gesellschaftsrechtliche Beteiligungen (Direktbeteiligung) oder als
Mischformen (sog. „Mezzanine Kapital“ wie stille/atypisch stille Beteiligung, Genussrechte).
Genussrechte stellen hierbei meist eine Mischform von
schuld- sowie gesellschaftsrechtlichen Regelungen und
der Beteiligung im Erfolgsfall dar, während eine virtuelle
Beteiligung keine Beteiligung am Unternehmen selbst,
sondern nur am Erfolg garantiert. Virtuelle Beteiligungen
eignen sich beispielsweise für das Stehenlassen von Tantiemen, Überstunden usw.
(4) Entscheidungskriterien: Im Rahmen der Ausgestaltung eines Mitarbeiterbeteiligungsmodells ist insbesondere auf die Mittelherkunft auf Ebene der zu beteiligenden
Mitarbeiter zu achten, um diese bei Bedarf zu optimieren.
Während bei Darlehen, Direktbeteiligungen sowie sämtlichen nicht virtuellen Beteiligungen die Mittel aus versteuerten Einkünften des Mitarbeiters in das Unternehmen eingebracht werden, erfolgt die Finanzierung bei
virtuellen Beteiligungen aus unversteuerten Einnahmen
wie noch nicht ausbezahlten Tantiemen oder Überstunden. Dies kann zu lohnsteuerlichen Fragen führen.
Ein weiterer zu beachtender Aspekt liegt in der Qualifikation des Kapitals. Je nach Ausgestaltung führen diese
Programme zu Fremd- oder Eigenkapital und können
demzufolge positive Effekte im Rahmen eines Ratings
und somit eine Bonitätssteigerung der Gesellschaft
generieren.
Empfehlung: Die Stärkung der Mitarbeiterbindung, die
Teilhabe an der Unternehmensentwicklung sowie die Realisierung von Cashzuflüssen bzw. Vermeidung von Cashabflüssen (z. B. durch Verlagerung von Tantieme- oder
Überstundenauszahlungen etc. in Form von virtuellen
Beteiligungen) machen Mitarbeiterbeteiligungsmodelle
attraktiv. Für die Ausarbeitung, welches Modell für ein
Unternehmen vorzugsweise gewählt werden sollte, welche
Auswirkungen sich ergeben und wie die konkrete Ausgestaltung erfolgen kann, empfehlen wir eine frühzeitige Einbindung von Experten. Ihr PKF Team unterstützt Sie gerne
bei der Herausforderung, das für Sie individuell optimierte
Beteiligungsprogramm zu finden und einzurichten.
PKF Nachrichten | Mai 2015 | 7
Nachrichten
KURZ NOTIERT
]
Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergelds und des Kinderzuschlags
Die Bundesregierung hat folgende Anhebungen beschlossen (Gesetzentwurf vom 25.3.2015, Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen):
Grundfreibetrag
ab 1.1.2015: + 118 auf 8.472 €
ab 1.1.2016: + 180 auf 8.652 €
Kinderfreibetrag
ab 1.1.2015: + 144 auf 7.152 €
ab 1.1.2016: + 96 auf 7.248 €
Kindergeld
ab 1.1.2015: + 4 € monatlich je Kind
ab 1.1.2016: + 2 € monatlich je Kind
Kinderzuschlag
ab 1.7.2016: + 20 auf max. 160 € monatlich
Der aufschiebend bedingte Verkauf eines Grundstücks
innerhalb der gesetzlichen Veräußerungsfrist von zehn
Jahren unterliegt als sog. privates Veräußerungsgeschäft
der Besteuerung, auch wenn der Zeitpunkt des Eintritts
der aufschiebenden Bedingung außerhalb dieser Frist
liegt (BFH, Urteil vom 10.2.2015 – IX R 23/13).
[
BONMOT ZUM SCHLUSS
]
„Viele Kapitalisten verbringen ein Drittel ihres
Lebens damit, Kapital zu schaffen, ein weiteres
Drittel, ihr Geld zu bewahren, und im letzten Drittel befassen sie sich mit der Frage, wem sie es
vermachen sollen.“
André Kostolany (1906 – 1999), amerikanischer Börsenkolumnist
Impressum
PKF INDUSTRIE- UND VERKEHRSTREUHAND GMBH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
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* PKF INDUSTRIE- UND VERKEHRSTREUHAND GMBH ist ein Mitgliedsunternehmen des PKF International Limited Netzwerks und in Deutschland Mitglied eines Netzwerks
von Wirtschaftsprüfern gemäß § 319 b HGB. Das Netzwerk besteht aus rechtlich unabhängigen Mitgliedsunternehmen. PKF INDUSTRIE- UND VERKEHRSTREUHAND
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8 | PKF Nachrichten | Mai 2015
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Privates Veräußerungsgeschäft bei aufschiebend bedingtem Verkauf