Pressespiegel 13_15 vom 28.03. bis 03.04.2015

Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Loëstrasse 60
7000 Chur
081 257 11 00
www.gr-ref.ch
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Pressespiegel 13/2015
28.3. - 3.4.2015
Kontakt:
Stefan Hügli
[email protected]
Inhalt
1.
Bündner Tageszeitungen
mit reformierter Brille gelesen
2.
ausgewählte Kolumnen
aus den Bünder Lokal- und Regionalzeitungen
3.
Themen aus überregionalen Zeitungen
NZZ, RP und Zeit
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
1.
Bündner Tageszeitungen
mit reformierter Brille gelesen
Bündner Tagblatt vom 28.3.2015, Seite 5.pdf
GRAUBÜNDEN
S a m s t a g , 2 8. M ä r z 2 0 1 5
HINTERGRUND
Auf der Spur des Ulrich Campell
Er gilt als bedeutender Reformator, Vorkämpfer des Romanischen, Psalmist und Vater der Bündner Geschichtsschreibung.
Und doch gibt es nicht viel über ihn zu lesen: Wer aber war Ulrich Campell? Ein Annäherungsversuch.
U
Um seine Familie in Susch zu ernähren, zieht der Bauer Chasper Campell, ein harter und kräftiger Mann,
immer wieder für die Interessen anderer in den Krieg. Als er aber die
Predigten von Philipp Gallicius,
dem ersten Reformator des Engadins hört, lässt er vom Söldnertum
ab und wird selber zu einem Verfechter der Erneuerungsbewegung.
Als Laienprediger beginnt er, die
Botschaft der Reformation zu verbreiten und übt dabei harsche Kritik
an der Katholischen Kirche. Sein
Sohn Ulrich soll ihm nachfolgen
und Pfarrer werden. Der Vater übergibt den jungen Mann an Gallicius,
der ihn in der Theologie und den alten Sprachen ausbildet.
Reformator
Wegen seiner Predigten gegen die
scholastische Lehre, die vom Dekan
des Engadin als Ketzerei gewertet
werden, muss Gallicius das Tal
schliesslich verlassen. Seinen Schüler, der mittlerweile verheiratet ist,
nimmt er mit. In seiner Abwesenheit bringt Ulrichs Frau eine Tochter
zur Welt. Das Kind aber ist nicht lebensfähig und wird, weil kein proSerie Ortsgeschichte
Spurensuche: die Quellen
Neben Gesprächen mit Bündner
Historikern basiert dieser Artikel
auf Auszügen aus verschiedenen
Büchern, Festschriften, Aufsätzen
und Lexika. Darunter das Historische Lexikon der Schweiz, das Biographisch-Bibliographische
Kirchenlexikon, eine Festschrift von
Huldrych Blanke mit dem Titel «Die
vierfache Bedeutung Durich Chiampells», sowie einer deutschen,
stark gekürzten Übersetzung der
«Descriptio Raetiae Alpestris», aus
der die im Text angegeben Zitate
entnommen sind. Es bleibt dabei
festzuhalten, dass es bis heute keine
vollständige, wissenschaftlich aufgearbeitete moderne Edition des
Lebenswerks von Ulrich Campell
gibt. (AO)
5
Vizepräsident
startet verspätet
Die Bergüner haben zwar einen neuen
Gemeinde-Vizepräsidenten gewählt, doch e
ist noch im Visier des Regierungskommissär
BERGÜN Die Gemeindeversammlung von Ber
hat am Donnerstagabend Pascal Alter als n
Mitglied in den Gemeindevorstand gewählt. Di
satzwahl wurde nötig, weil der bisherige Gem
de-Vizepräsident Jürg Fasser per 1. April aus Ber
wegzieht. Zu seinem Nachfolger wurde Andrea
rinett gewählt, der bereits Einsitz im Gemeinde
stand hat. Er kann das neue Amt aber frühes
Ende Mai antreten, wie der Bergüner Gemeinde
sident Peter Nicolay erklärte. Andrea Florinet
Mitinhaber der einheimischen Florinett AG,
jüngst ins Interesse der kommunalen GPK ger
ist. Diese stellte eine für sie nicht nachvollzieh
Preiserhöhung der Holzschnitzel für die Fernw
meheizung der Gemeinde um rund 30 000 Fran
infrage. Die Regierung setzte zur Klärung der S
lage einen Regierungskommissär ein. Sein Ber
soll bis spätestens Ende Mai vorliegen (im BT).
Ferner hat die Gemeindeversammlung ei
Kreditbegehren in Höhe von 16 670 Franken für
neue Tourismusfinanzierung zugestimmt. Der
meindevorstand hat an seinen Sitzungen im
zember und Januar beschlossen, zusammen
der Gemeinde Filisur ein neues Tourismusgese
erstellen. Das Büro Wildhaber Beratung und
jektmanagement von Robert Wildhaber in F
wird den ersten Entwurf für die Tourismusfinan
rung erstellen. Die Gesamtkosten belaufen sich
rund 30 000 Franken. Bergün wird mit zwei Dri
und Filisur mit einem Drittel des Betrags bela
Das neue Tourismusgesetz soll gemäss der
schaft zur Gemeindeversammlung noch in die
Jahr von der Gemeindeversammlung geneh
werden und am 1. Januar 2016 in Kraft treten.
Einstimmig sprach sich die Versammlung
dem dafür aus, ab 1. Juli eine gemeinsame Adm
tration für die Gemeinden Bergün und Filisu
führen. (KE)
▸ A N D R E A S OV E R AT H
testantischer Priester in der Gegend
ist, kurz vor dem Tod vom Grossvater getauft.
Dieser Akt des Laienpredigers,
für den er von den Altgläubigen im
Dorf fast erschlagen, dann aber vor
das Gericht des Gotteshausbundes
gebracht wird, führt schlussendlich
zur Glaubensdisputation von Susch
im Jahr 1538. Ulrich Campell kehrt
ins Engadin zurück und dokumentiert den Verlauf der Religionsgespräche, aus denen die Prädikanten
als gefühlte Sieger hervorgehen.
Denn: Immer mehr Engadiner Dörfer bekennen sich in der Folge zum
protestantischen Glauben.
Ulrich Campells Spur verliert
sich zwischenzeitlich. Als sicher
aber gilt, dass er 1550 als Pfarrer in
sein Heimatdorf Susch – nun mehrheitlich protestantisch – zurückkehrt und seine Arbeit als Reforma-
B ü n d n e r Ta g b l a tt
KURZ GEMELDET
Eine verlorene Spur: Leider ist es uns nicht möglich, Ihnen eine Abbildung des Ullrich Campell (1510-1582) zu
präsentieren. Denn: Nach Meinung zeitgenösischer Historiker ist bis heute keine gefunden worden. (FOTO OLIVIA ITEM)
tor auch auf weitere Gemeinden
ausdehnt. Zernez etwa, oder Zuoz,
wo er als Nachfolger seines alten
Mentors Gallicius zwei Jahre verbringt.
Psalmist
Beeindruckt von Jachiam Bifrun,
dem Gemeindeschreiber von Samedan, der das neue Testament in die
Sprache des Tals übersetzte, und ermutigt von Gallicius verfasst Campell mit «Ün Cudesch da Psalms»
das erste Gesangbuch in rätoromanischer Sprache.
Obwohl zum Grossteil auf dem
Konstanzer Gesangbuch basierend,
fügt Campell aus dem Lateinischen
übersetzte und in singbares Versmass übertragene Bibelpsalmen sowie einige, teils selbst komponierte
geistliche Lieder hinzu. Dabei handelt der Reformator wohl weniger
aus Liebe zur Sprache als aus religiösen Beweggründen. Er will den
Menschen das Wort Gottes zugänglich machen. Denn eigentlich versteht Campell die Raetier als von
den Römern vertriebene Etrusker
edler Abstammung, die in der neuen Umgebung nach und nach «verbauert» seien. So schreibt er später:
«Dieses (…) brachte auch ihre Sprache auf denjenigen Grad der Barbarei herab, auf welchem sie sich heutzutage befindet.» An seiner Rolle als
Mitbegründer der romanischen
Schriftsprache ändert das freilich
nichts.
1570 wird Campell an die St. Regulakirche in Chur berufen. Es wird
eine schwere Zeit, besonders das
Predigen in der ihm wenig geläufigen deutschen Sprache belastet ihn.
Seine schwierige Situation beklagt
er in mehrere Briefe an den Zürcher
Antistes Heinrich Bullinger. Dessen
Schwiegersohn, der Theologe Josias
Simmler, der ein gross angelegtes
Geschichtswerk – die «Commentarii Rerum Helveticarum» – über die
Eidgenossenschaft plant, überträgt
Campell die Aufgabe, die Beiträge
über die Bünde Rätiens zu verfassen. In Chur entsteht so der erste,
heimatkundliche Teil der «Descriptio Raetiae Alpestris».
Campell wandert dabei literarisch von Tal zu Tal. Er beschreibt die
Berge, erläutert die Herkunft der
Flüsse, erzählt die Ahnengeschichte
der wichtigsten Geschlechter und
deren Fehden untereinander, versucht sich an der etymologischen
Deutung der Ortsnamen, beschreibt
Flora und Fauna, weiss aber auch
von Sagenfiguren und Legenden zu
berichten. Die er zu Lebzeiten aber
nicht immer als solche begreift. So
schreibt er etwa: «Unsere Alpen haben, obwohl sie von ewigem Schnee
bedeckt sind, doch an vielen Orten
sonnige Felsen und (…) den Sonnenstrahlen zugewandte Höhlen, die
für Drachen geeignet sind.»
Chronist
Bereits nach vier Jahren verlässt
Campell – nachdem man ihm in der
Affäre um den als Landesverräter
hingerichteten Johannes von Planta fälschlicherweise hetzerisches
Verhalten vorgeworfen hatte – tief
gekränkt Chur und zieht mit seiner
Familie über den Flüelapass zurück
ins Engadin. In Tschlin, wo er eine
Stelle als Pfarrer annimmt, findet er
schliesslich Zeit, den zweiten Teil
der «Descriptio Raetiae Alpestris»
zu verfassen. Darin arbeitet er die
Geschichte des rätischen Volkes
von Altertum bis in die Gegenwart
auf.
Während er sich bei weit zurückliegenden Ereignissen oft auf
klassische Autoren wie Aegidius
Tschudi, Johannes Stumpf oder
Joachim Vadian berufen muss, beruhen die Ausführungen zur Neuzeit auf eigenen Erfahrungen oder
den Aussagen von Zeitgenossen.
Dies macht seine Schriften zu einer
der wichtigsten Quellen der Bündner Geschichte des 16. Jahrhunderts.
Späte Anerkennung
Sein abgeschlossenes Werk legt
Campell schliesslich der Synode
und dem Bundestag vor, erhält aber
nicht das Geld – das er nach dem
Tod des eigentlichen Initiators
Simmler benötigt – um den Druck
zu finanzieren. So stirbt Campell
1582 mit der Befürchtung, sein Lebenswerk werde mit ihm untergehen. Und beinahe wäre es so gekommen. Denn spätere Chronisten
bedienen sich zwar alle seiner Manuskripte, doch verhalf keiner ihnen zum Druck.
So ist es erstaunlich, dass die
Schriften
beinahe
vollständig
wiedergefunden und dann, im 19.
Jahrhundert, erstmals publiziert
wurden.
So erlangte Ulrich Campell am
Ende doch noch die späte
Anerkennung
als
Reformator,
Psalmist, Vorkämpfer der romanischen Sprache. Und: als Vater der
Bündner Geschichtsschreibung.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Gemeindeversammlung Ferrera Die Jahresrechnung 2014 wurde mit einem Ertragsübersc
von 36 876.22 Franken genehmigt. Einem Landverkauf ab einer Gemeindeparzelle in Innerferr
wurde gemäss Mitteilung ebenso zugestimmt w
der Revision der Taxordnung. Neu wird dabei d
aufbereitete Brennholz nicht mehr zu stark
vergünstigten Preisen abgegeben. Weitere
Revisionspunkte waren Anpassungen bei den
Maschinenansätzen, die durch Ersatz- und Neu
anschaffungen verändert wurden. Die Statuten
Region Viamala wurden behandelt und genehm
INSERAT
Apfelschaumwein, das ideale
Apérogetränk.
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A p f e l s ä f t
«Ein unspezifischer Baukörper»
Walser erstaunt, wie wenig sich das
Architekturbüro mit dem Ort Vals
und seiner Landschaft befasst hat.
Die architektonische Auseinandersetzung sei «oberflächlich». Ein
Glashaus, 380 Meter hoch, ohne Bezug zur Umgebung und Geschichte
Europas bauen zu wollen. «Das hat
aber nichts mit Vals zu tun und wird
früher oder später von einem anderen Projekt übertrumpft. Da braucht
es mehr als Höhe.» Das Projekt
schaffe im 1000-Seelen-Ort eine
neue Welt, die sich nicht in die bestehende integriere. Da gebe es kei-
Anders die Valser Therme des Haldensteiner Architekten Peter Zumthor. Diese erachtet Walser als äusserst gelungen. Zumthor habe mit
der Felsentherme auch etwas Einmaliges schaffen wollen. Allerdings
sei er sensibel mit dem Ort umgegangen und habe sich eine Therme
Bündner Tagblatt vom 28.3.2015, Seite 3.pdf
Davos habe den Charakter einer
Stadt, ausserdem wäre der Turm
von 105 Metern eingebettet in eine
Landschaft mit anderen grossen
Bauwerken. «In Davos gäbe es einen
städtischen Kontext», erklärt Walser. «Doch selbst dieser würde niemals für 380 Meter ausreichen.»
TAG E B U C H VO M S C H I F F
Jedes Mal noch nervös vor dem ersten Ton
▸ A L I NA H E N D RY über die
Musikreise «Ut unum sint» des
Gymnasiums Kloster Disentis
Nach einem Tag Pause haben wir
am Donnerstagabend das siebte
Konzert auf unserer Reise gesungen
– im Hohen Dom zu Mainz. Als wir
in die Kirche einzogen, war ich extrem überrascht: mit so vielen Zu-
hörern hatte ich nicht gerechnet.
Das war eine tolle Motivation, wieder vom ersten Ton an alles zu geben. Auch wenn nach sechs Konzerten eine gewisse Routine eingekehrt
ist und uns das Stück vertraut geworden ist, bin ich aufgeregt, bevor
ich den ersten Ton gesungen habe.
Schliesslich ist jedes Konzert von
der Akustik her anders, und auch
Schlemmen nach dem Singen: Die Schüler erwartet nach dem Konzert zurück
auf dem Schiff ein reichhaltiges Buffet. (ZVG)
wie man selber gerade «drauf ist»,
spielt eine Rolle. Schon nach dem
dritten oder vierten Ton sehen wir
am Gesicht von unserem Dirigenten
Clau Scherrer, ob er zufrieden ist.
Das Konzert in Mainz war für
mich bisher das beste, das wir gesungen haben. Wir kamen total
«happy» zurück
auf das Schiff!
Wie jeden
Abend erwartete
uns dort
ein tolles
Buffet. Am
Donnerstag
gab es Bami Goreng mit gebratenem Tofu, Schweinefilet im Serrano-Mantel, Hoki-Filet mit Wok-Gemüse und ein riesiges Salat- und Dessert-Buffet – bestimmt haben wir alle während dieser Woche ein paar Kilo zugenommen. Ein bisschen Bewegung tat danach gut: Unser Sportlehrer Jacob
Berger lud im Salon zum TangoTanz ein. Nach einem Drink an der
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Bar gingen wir dann in die Kabinen
– schliesslich wollte ich früh an
Deck stehen, um die Ankunft in
Köln zu erleben. Wie wir auf die Kathedrale zugefahren sind – das war
ein toller Moment. Jetzt sind wir am
Ziel unserer Reise. Köln ist die grösste Stadt auf der Tournee, und der
Dom gefällt mir sehr gut. Ich bin extrem gespannt auf das Konzert.
ALINA HENDRY besucht die 6. Klasse
des Gymnasiums Kloster Disentis,
das mit seinem Chor rheinabwärts
zu Konzerten in Deutschland fährt.
INSERAT
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Nachtrag_Bündner Tagblatt vom 30.3.2015, Seite 10.pdf
B ü n d n e r Ta g b l a tt
«Hexenjagd» von
Arthur Miller am
Theater St. Gallen
Im bigotten Städtchen Salem ist der Teufel los:
Das Theater St. Gallen zeigt Arthur Millers
«Hexenjagd» als packendes Psychodrama um
Frömmlerei, Teufelsangst und Verfolgungshysterie.
Die Premiere vom Samstag bestach durch eindringliche schauspielerische Leistungen. Glaube, Fleiss
und Gehorsam herrschen in Neuengland im Jahr
1692: Die Männer und Frauen von Salem singen Kirchenlieder. Wer nicht regelmässig zum Gottesdienst kommt, wird angeprangert. Vergnügungen
sind verpönt. Doch die Fassade trügt: Mädchen tanzen nachts nackt im Wald, während die Haushälterin des Pfarrers am Feuer Beschwörungsformeln
murmelt. Und der Bauer John Proctor, sonst ein
senkrechter Mann, verfällt der sexuellen Begierde
und begeht Ehebruch mit seiner jungen Magd Abigail. Ausgerechnet Pastor Parris (Tobias Fend) wird
Zeuge des okkulten Rituals im Wald, bei dem auch
seine Tochter Betty (Wendy Michelle Güntensberger) und Abigail mitmachen. Um der Strafe zu entgehen, täuschen die Mädchen Schock, Ohnmacht
und Krankheit vor. Allen voran die kokett-durchtriebene Abigail, packend charakterisiert von Danielle Green. Bald macht in Salem das Gerücht von
Hexerei und einem Teufelsbund die Runde.
Dieses auf historischen Fakten basierende Szenario hat Arthur Miller in seinem Stück aus dem
Jahr 1953 psychologisch meisterhaft entworfen. Als
wäre dies nicht genug, setzt Regisseur Krzysztof
Minkowski noch einen drauf. «Hexenjagd» ist Arthur Millers meistgespieltes Werk. Der amerikanische Autor veröffentlichte es 1953 vor dem Hintergrund der hysterischen Kommunistenverfolgung
durch den Ausschuss des Senators McCarthy, von
der auch Miller persönlich betroffen war. (SDA)
K U LT U R NO T I Z E N
Brillante und ausdrucksstarke Sängerin u
KONZERTREZENSION
L
Ein grosser Konzertabend im Thea
setzten Gla
J
▸ CHRISTIAN ALBRECHT
20 Jahre nach ihrer ersten Titelrolle,
und neun Jahre nach der unverhofft
Besucherrekord in Freiburg Das 29. Intereingetretenen Möglichkeit zum
nationale Filmfestival Freiburg (FIFF) hat einen
Durchbruch in die internationale
neuen Besucherrekord aufgestellt: Über 40 000
Opernliga in einer tragenden Rolle
Filmfans besuchten das Festival in den
in einem renommierten Haus, feiervergangenen acht Tagen. Der mexikanische Film
te die Bündner Mezzosopranistin
«González» von Christian Díaz Pardo gewann den
am vergangenen Freitagabend ihr
Grossen Preis Regard d’or im Wert von
Bühnenjubiläum. Es entpuppte sich
30 000 Franken. Die Jury hält den Film für
als ein fast persönlich-familiäres
gesellschaftlich relevant, humorvoll, überraschend
Heimspiel vor vollen Rängen: «Ich
und provozierend. Den Publikumspreis heimste
möchte mit diesem Konzert jedem,
der Film «Corn Island» des georgischen Regisseurs
der heute da ist, und allen, die mein
George Ovashvili ein. Die nächste Ausgabe des FIFF
Leben mit der Musik geprägt haben
findet vom 12. bis 19. März 2016 statt.
und prägen, von ganzem Herzen
Danke sagen», schreibt Maria RicPressespiegel
M4Music sehr erfolgreich Die 18. Ausgabe des
carda Wesseling im Programmheft.
Evangelisch-reformierte
Landeskirche
Graubünden Ihre Familie, Angehörigen, ihre
Popmusikfestivals M4Music
des Migros-Kulturprozents ist erfolgreich über die Bühnen gegangen.
Fangemeinde mitsamt einem «RoVom 26. bis 28. März haben in Zürich und Lausanne
senkavalier», der ihr oftmals einen
neben
Sänge
ten au
gend g
zeptio
abend
rigen K
Belcan
Doch d
für die
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ausser
Arien
zetti (
Bolena
(«Norm
zu hör
Ein
Maria
eine so
Urnengang nur wenige Wochen nach
Fukushima stattgefunden und ihnen
die entsprechenden Sitzgewinne eingetragen hatte. Im Übrigen entspricht
Bündner Tagblatt vom
das Luzerner Resultat aber genau dem
zenden Mantel der Regierenden und
der Mächtigen zu flüchten – ein Trend,
der oft auch schon in den nahen übrigen europäischen Demokratien zu be30.3.2015,
Seite 2.pdf
obachten war. Genau diesem Trend
landete und mit einem deutliche
stand zum neuen SVP-Kandidate
auch zum politisch angeschla
parteilosen bisherigen Regierun
Schwerzmann in den zweiten
L E S E R B R I E F E Zu den Christenmorden, zu Fremdsprachenunterricht und zur AHV
Die Jahrhundertschande Europas
Die Ermordung von jährlich über 100 000
Christen (Zahlen von der OSZE) wird von
den europäischen Medien totgeschwiegen. Auch in der Schweiz zeigt sich kein
fundierter Widerstand gegen diese Barbarei, noch weniger als in den «christlichen
Ländern» von Nord- und Südamerika.
Eine Christianophobie dieser Grössenordnung müsste unsere sogenannten Eliten
unbedingt auf den Plan rufen.
Nach den Schätzungen der OSZE entfallen mehr als 90 Prozent dieser Massakrierungen aus Glaubensgründen auf Islamisten. Warum versteift sich die gesamte europäische Politkaste auf das Schönreden dieser Gräueltaten, ja auf die offensichtliche Förderung der Islamisierung
Europas? Der Islam darf nicht mit den
Landeskirchen gleichgestellt werden,
denn das würde gleichzeitig die Anerkennung der Scharia, also des islamischen Gesetzes bedeuten, das für jeden Moslem
über den schweizerischen Gesetzen steht.
Wer vor den Gräueltaten eines Boko Haram, des IS (Islamischer Staat), der El Kaida und andern islamistischen Untergruppen die Augen verschliesst, handelt grob
fahrlässig und hat den imperialistischen
Charakter des Islam nicht verstanden. Für
den Islam gibt es nie ein friedliches Miteinander mit andern Religionen. Er zielt seit
seinen Anfängen darauf ab, jede andere
Religion zu unterdrücken, sobald er dazu
zahlenmässig in der Lage ist. Mit diesem
Leserbrief sollen die heutigen Amtsträger
wachgerüttelt werden.
Die bisher geübte «Laissez-faire-Politik» ist für unsere Nachkommen brandgefährlich. Die Masseneinwanderung von
Moslems führt unweigerlich zu konfliktbeladenen Parallelgesellschaften, weil
diese Zuwanderer nicht assimiliert werden können, wie die bisherige Praxis deutlich zeigt.
▸ HEINZ KLAUS, MORISSEN
Wiederwahl statt
Kindeswohl
Wer auch nur im Entferntesten mit Schulkindern zu tun hat, steht zu 100 Prozent
hinter dem Anliegen der Initianten der
Fremdspracheninitiative. Eine Fremdsprache auf der Primarstufe ist eindeutig
genug! Es geht vergessen, dass für die
Deutschschweizer Kinder die in der Schule angewendete Schriftsprache nicht(!) die
Muttersprache ist, sondern bereits eine
erste Fremdsprache!
Abgesehen davon müssen ausländische Kinder, die in der multikulturellen
Schweiz leben, somit von Anfang an zwei
Fremdsprachen lernen. Das macht dann
insgesamt, bis Ende Primarschule, vier.
Macht das Sinn? Nun wollen einige Grossräte dieses überaus wichtige Anliegen
dem Volk vorenthalten und das miss-
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
glückte Fremdsprachenkon
tieren. Sie verstecken sich
rechtlichen Argumenten. Vo
bei nirgends die Rede. Das is
vertretung, sondern Volk
dung. Das Volk soll selber
Das Volk ist mündig und si
tens so klug wie ihre Vertret
ment. Es gibt keinen Grund
dieser Entscheidung aussen
ausser vielleicht die Eigenin
ger Grossrätinnen und Gross
len in ihren Kreisen schliessl
wählt werden und – das Ers
dabei –, sie sind dafür sog
Kindeswohl zu opfern.
▸ NICOLE SAAGER-WIDMER,
UND MUTTER, IGIS
Düstere Aussicht
für die AHV
Jetzt funktioniert das Umla
AHV nicht mehr, die Ausgab
ser als die Einnahmen. Die In
lionen-Erbschaften besteue
AHV» kommt genau im r
ment. Entgegen den häufige
gen, sind KMU nicht gefährd
tive sieht Ermässigungen fü
terbestand und den Erhalt de
ze vor.
▸ MARTIN A. LIECHTI, MAUR
Konzerngewinn auf rund 163.8 Millionen Franken. Ganz zur Freude der
PS-Inhaber und des Kantons, die
mit einer Dividende von 38 Franken
beziehungsweise einer Ausschüttung von 95 Millionen Franken am
Geschäftsergebnis beteiligt waren.
nalbank eine grosse Belastung für
die Bank. Diese treffe die GKB hart.
Dennoch könne man künftigen Herausforderungen mit Zuversicht
und aus einer Position der Stärke
entgegentreten. Entscheidend sei
jedoch weiterhin den Fokus auf die
Tobler für das leibliche Wohl der
Gäste. 600 Kilogramm Fleisch, 450
Kilogramm Gemüse und 450 Kilogramm Reis wurden dafür verwendet. Für Unterhaltung sorgte die die
Konzert Band der Fluggesellschaft
Swiss, die unter der Leitung von
Bündner Tagblatt vom 30.3.2015, Seite 3.pdf
Wechsel im Bankrat
das E
Mit Christoph Caviezel und
Thomas Huber präsentierte
die GKB zwei neue Bankräte. Sie
übernehmen das Amt per
1. April. (FLA)
len,
Idee
TAG E B U C H VO M S C H I F F
Musikalischer Hochgenuss im Kölner Dom
▸ G A B R I E L A T O M A S C H E T TB E RT H E R über die Musikreise
«Ut unum sint» des Gymnasiums
Kloster Disentis.
Ich hatte die Möglichkeit, an der
Reise von Basel bis Köln auf dem
Gästeschiff teilzunehmen. So ergaben sich enge Begegnungen mit den
Jugendlichen. Jeden Tag erwarteten
wir mit Spannung das nächste Konzert, wie das Werk sich in den
verschiedenen Kirchen mit deren
unterschiedlichen Akustik auswirken würde. Wir erlebten, wie alle
beteiligten Schüler, Musiker, die Solistinnen Judith und Letizia Scherrer, das Ensemble deCanto, der Dirigent Clau Scherrer, der Komponist
Lorenz Dangel sowie die Lehrer-
600 Zuhörer hatten die Schülerinnen und Schüler
am Freitag im Kölner Dom. (ZVG)
schaft immer enger zu einer Lebens- und Konzertgemeinschaft zusammenwuchsen. In den Besprechungen vor und nach den Konzerten hatten alle nur das eine Ziel: Das
nächste Konzert soll mindestens
ebenso gut gelingen wie das letzte.
In den Proben vor den Konzerten
wurde immer wieder an einigen
Stellen des Werks gefeilt. Die Jugendlichen und die Musiker befolgten dabei geduldig und präzise die
Wünsche von Clau Scherrer und Lorenz Dangel. Von Disentis bis Mainz:
Nach jedem Konzert waren alle sehr
glücklich, ihre sich selbst gestellten
hohen Anforderungen erreicht zu
haben. Am Freitagabend dann der
Höhepunkt, das Konzert in Köln.
Der Zuspruch war überwältigend:
600 Zuhörerinnen und Zuhörer kamen, um der Friedensvesper zu lauschen. Völlig euphorisiert über diesen grandiosen Abschluss der Chortournee liefen die Schülerinnen und
Schüler singend zum Schiff zurück
und feierten den Erfolg bis nach
Mitternacht. Wie an allen Orten
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
spendeten auch die Zuhörer in Köln
stehend einen grosszügigen Beifall.
Mich hat insbesondere die hervorragende musikalische Leistung
der Sängerinnen und Sänger sowie
der Musiker begeistert. Beeindruckt
war ich auch über
die Ordnung
und Disziplin
der Jugendlichen, die
eine Woche
auf engem
Lebensraum
miteinander
zurechtkommen
mussten und dazu noch eine dermassen grossartige Höchstleistung
vollbrachten. Dabei wurden sie von
der verständnisvollen, aber auch
einer Ordnung fordernden Lehrerschaft unterstützt. Die Tournee war
ein aussergewöhnlicher Erfolg mit
dem erreichten Ziel: Ut unum sint –
dass sie eins seien.
Gabriela Tomaschett-Berther
ist CVP-Grossrätin.
Rund
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Mich
die F
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ses a
Kind
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Alois
Grau
KU
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Jahr
Brüc
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Ende
musikalischer
estival Arosa am
et. Zum Abschluss
weizerischen
uhörer.
... . . . . ......... Seite 13
schlechter Leistungsausweis. Zufrieden ist Mario Davatz auch nicht
mit diesem Resultat seiner ersten
Saison als Direktor der Bergbahnen
Grüsch-Danusa. Als Quereinsteiger
im Tourismus hat der 40-jährige in
wenigen Monaten zu akzeptieren
Am Ostermontag geht die Saison
auf der Schwänzelegg zu Ende. Der
Verwaltungsrat und Ex-Banker Davatz haben das «Portfolio» für die
Zukunft geschnürt. «Die Beschneiung der Talabfahrt und die
G R A U B Ü N D E N . ................ Seite 3
S C H W E I Z ............
Fleischkons
in der Schw
leicht gestie
Farbenfrohe Tempel-Einweihung
In Zizers ist am Samstag ein neuer Hindu-Tempel eröffnet worden. Der Hindu-Verein
Graubünden hat dafür eine Langerhalle im Industriegebiet umbauen lassen.
Mit Musik, Tanz und Gebet wurde
am Samstag der neue Hindu-Tempel vom Hindu-Verein Graubünden
in Zizers eröffnet. In seiner Rede
lobte der eigens dafür aus Sri Lanka
eingeflogene Priester die Religionsfreiheit der Schweiz und zeigte sich
erfreut über den neuen Treffpunkt
für die rund 150 Familien aus der Region. Ebenfalls an der Feier anwesend war Regierungsratspräsident
Martin Jäger, der dem Hindu-Verein
die Glückwünsche und Grüsse der
Regierung überbrachte und sich
über die zahlreichen Jugendlichen
freute, die anwesend waren.
Entstanden ist der neue Tempel
aus einer ehemaligen Lagerhalle
im Industriegebiet Rheinrütenen.
Unterstützt wurde der Umbau unter
anderem mit Materialspenden der
beteiligten Handwerksunternehmen. Nebst Reden wurden aber
auch klassische Tempeltänze von
den Schwestern Sarvaganthasenay
und Ravaganthasenay Yohasenan
gezeigt. (BT)
E N . ........... Seite 3
cken
e ein Buch
welchem
te und deren
... . . . . ........ Seite 28
ands
Mal findet Ende
nda-Springur statt. 153
Bars sorgen für
ng – und das in
ten Freinacht.
... . . . . ......... Seite 11
h Thusis
... . . . . ......... Seite 17
ren Rückhalt in der B
hält. Laut den Organ
die neue Hymne auc
Feierlichkeit und e
wahren. (SDA)
Bündner Tagblatt vom 31.3.2015, Seite 1.pdf
wählte Bündner
ent Thomas
icht für die SVP
alratswahlkampf
möchte mich auf
nzentrieren.»
rd in Bündner
erste Ausgabe
016 ausgetragen.
in.
Danusa als Familienskigebiet weiterentwickeln möchte. Wo sich der
Danusa-Fuchs und (Oster-)Hase gute Nacht sagen, sollen sich auch
Grosseltern und Enkel wohlfühlen.
Farbenfroh und grazil: Ravanganthasenay Yohasenan lernt, seit sie drei Jahre
alt ist, die traditionellen Tänze. (FOTO SABINE-CLAUDIA NOLD)
GRAUBÜNDEN Seite 3
CHUR Seite 11
KULTUR Seite 13
SPORT Seite 15
LEBENSMITTEL 52
Fleisch haben Schwe
Schweizer im verg
durchschnittlich ver
460 Gramm oder 0,9
als im Vorjahr. Die St
sichtigt nur das in de
kaufte Fleisch – w
kaufstourismus dürf
Fleischkonsum noch
Trotzdem konsumie
im europäischen Ve
Fleisch. 2012 lag di
ihrem Pro-Kopf-Kon
viertletzten Platz. (SD
S C H W E I Z ............
INSERAT
ihre Bündn
adresse für
weinBeratu
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G R A U B Ü N D E N . ................ Seite 5
SCHWEIZ Seite 18
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
WELT Seite 20
RADIO/TV Seite 25
WETT
Die Programmkonzeption hingegen
hätte an Spannung gewonnen,
wenn darin mehr Gegensätze in Bezug auf Tempo, Ausdruck und Musikstil enthalten gewesen wären.
Nicht von ungefähr punktete das
Duo am meisten mit den drei atmo-
Bündner
Tagblatt vom 31.3.2015, Seite 13.pdf
Geschwisterduo: Die beiden Gitarristinnen Luana (links) und Elina Grenacher
spielen bereits seit vier Jahren mit grossem Erfolg zusammen.
eine breite Akzeptanz des Gebotenen fest. So dürfte auch das kommende Festival wiederum zu einem
lustvollen und unterhaltsamen
Spaziergang durch die Musik inmitten einer grossartigen Winter-Bergwelt werden.
Nobelpreisträger Tomas Tranströmer verstorben
Der schwedische Literaturnobelpreisträger Tomas Tranströmer ist tot. Der Lyriker starb am Donnerstag im Alter
von 83 Jahren. Seine Arbeiten zeichneten sich durch Schlichtheit, Korrektheit und treffende Metaphern aus.
Der Autor hatte im Jahr 2011 die
wichtigste Literaturauszeichnung
der Welt erhalten und zuvor seit
Jahren als einer der Favoriten gegolten. Die Arbeiten des Lyrikers wurden in rund 60 Sprachen übersetzt.
Das Gesamtwerk Tranströmers, der
nach einem schweren Schlaganfall
vor 24 Jahren sprechbehindert war,
ist mit rund 100 Texten auf 500 Seiten überschaubar.
Geboren wurde Tomas Tranströmer am 15. April 1931 als Sohn einer
Volksschullehrerin und eines Journalisten in Stockholm. Er widmete
sich dem Studium von Literaturgeschichte und Poetik, Religionsgeschichte und Psychologie an der Uni
Stockholm. Zu dieser Zeit veröffentlichte er auch seine ersten Gedichte
in verschiedenen Zeitschriften.
1954 erschien dann die erste Gedichtsammlung, eines der meistbeachteten Debüts des Jahrzehnts.
Dennoch sollte es noch fast drei
Jahrzehnte dauern, ehe die Kritik
auch international auf Tranströmer
aufmerksam wurde.
1958 heiratete Tranströmer Monica Bladh, mit der er ab dann in
Stockholm lebte. Mit den folgenden
Gedichtsammlungen Ende der
50er- und Anfang der 60er-Jahre
festigte er bei Kritik und Leserschaft
den Ruf als einer der bedeutendsten
Lyriker seiner Generation.
Meister der Verknappung
Zu dieser Zeit arbeitete Tranströmer
zunächst als Anstaltspsychologe für
jugendliche Strafgefangene. Von
1966 bis zu seinem ersten Schlaganfall schrieb er Gedichte, halbtags
war er als Berufsberater in verschiedenen Arbeitsämtern tätig. Robert
Bly machte den Dichter schliesslich
in den USA bekannt.
Heute liegen Texte von Tranströmer in über 60 Sprachen vor. Die
meisten der Arbeiten zeichnen sich
durch Schlichtheit, Konkretion und
treffende Metaphern aus. «Wo andere hundert Worte machen würden und zehn genügten, da gibt uns
Tranströmer ein einziges», meinte
der Kritiker Heinrich Detering in der
«FAZ» über Tranströmers «Das
grosse Rätsel».
Der schwedische Schriftstellerkollege Lars Gustafsson schrieb in
«Dagens Nyheter»: «Er ist ein Mystiker, ein Dichter, der Null gesehen
hat, den leeren Punkt im Zentrum,
ohne den nichts ist.»
Zur Rebellion ungeeignet
Im Gefolge der 68er-Bewegung hatten sich viele Leser von Tranströmer
abgewandt. Seine zuversichtliche,
wenig konfrontative Poesie leiste
keinen Beitrag zu den Tagesdiskussionen, lautete der Vorwurf der Kri-
tiker damals. Tranströmer hatte gekontert, dass sein Schaffen nicht auf
Ideologien, sondern auf Visionen
zurückzuführen sei.
In den vergangenen Jahren
war Tranströmers Genie jedoch
weitgehend unbestritten, laut
Schwedens grösster Zeitung «Aftonbladet» war er der «Poet, den alle lieben». Und bei der Bekanntgabe
des Nobelpreises brandete allgemeiner Jubel auf. (SDA)
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Meister der Verknappung: Nun ist der schwedische Lyriker und Nobelpreisträger Tomas Tranströmer im Alter von 83 Jahren verstorben. (KEYSTONE)
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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ten entschuldigen. Eine Entschuldigung den vom Kunden erwarteten Respekt Herausgeberin:
kann eine Verletzung nicht ungesche- entgegenbringen. Wenn die Schweiz Somedia (Südostschweiz Presse und
hen machen. Sie kann aber vielleicht zur nicht besser aufpasst, dann schiesst die- Print AG).
Heilung beitragen. Kurz: Es tut mir leid.
ses Mal der Tell daneben und tötet den Verleger: Hanspeter Lebrument.
Wenn ich das nächste Mal bete
«Und Knaben,
CEO:
Andrea Masüger.
und neue
Vögte
werden das GeBündner
Tagblatt
vom
31.3.2015,
Seite
2.pdf
Redaktionsleitung:
vergib uns unsere Schuld», dann weiss schick aller bestimmen.
Larissa M. Bieler
ich, dass ich diese Bitte ganz konkret und ▸ ARMIN BRÜSCH, THUSIS
(Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser
ganz persönlich nötig habe.
▸ RUEDI KUONI, LANDQUART
Dorf der Mächtigen?
Was ist bloss los mit
der Bankenwelt?
Es macht den Anschein, als verlieren die
Banken auch noch den kleinen Rest von
Anstand. Das Verhalten ist wie eine gejagte Herde Schafe, wenn das Erste über
die Klippe springt, dann folgen ihm alle
anderen in den Abgrund. Hinter vorgehaltener Hand spricht man von null Verzinsung auch für private Konten. Es ist
anzunehmen, dass die Negativ-ZinsEinführung für alle so sicher ist, wie das
Amen in der Kirche. Man weiss, dass die
grossen Konzerne längst das Gefühl für
Anstand und Wertschätzung verloren
haben. Man bekommt unweigerlich das
Gefühl, dass man ein Konto hat, das nur
noch dazu dient, die Geldgier anderer zu
stillen. Man erntet nur das, was man gesät hat, und das werden nicht Früchte im
Sinne der Kunden sein. Man wird Wege
finden, die Abzocke zu umgehen, indem
Es ist keine Überraschung, dass sich Remo Stoffel und Pius Truffer wie gewohnt
überall in Szene setzen: Sich in den Medien zum Mittelpunkt hervordrängen,
Verwirrung stiften, mit Ankündigungen
brüsten und hemmungslosen Versprechungen. Der Kern des Lebens eines Dorfes sind seine Einwohner. Vals ist nicht
der Besitz nur der Valser, die in Vals leben, Vals ist Heimat aller Valser! Auch
denen muss mit Respekt entsprochen
werden. Die Zukunft eines Bergdorfes
darf doch nicht in den Händen einzelner
Personen liegen, auch nicht von Finanzmagnaten. Noch ist es nicht zu, noch
läuten die Glocken vom Kirchturm, noch
dürfen Bauern, Bauern sein. Doch wir
wehren uns gegen eine Fremdbestimmung durch einen überdimensionierten
Turm, der von Reichen und Betuchten
bevölkert werden soll. Vals soll «enges
Tal – weite Welt» bleiben.
▸ GERDA SCHEU, VALS
(Stv. Chefredaktor, nw).
Redaktionsadressen:
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© Somedia
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
«wirtschaftlich lohnenden Anreizen» gehört laut den Initianten ein
Bundesbeitrag von einem Franken
pro Kuh und Tag, das heisst 365
Franken pro Kuh und Jahr.
Neutrale Haltung von Bio Grischun
Bio Grischun begrüsst die Haltung
von behornten Kühen und Ziegen
grundsätzlich. «Zur Initiative neh-
schiedene und langjährige Präsident des Bündner Bauernverbandes, Nationalrat Hansjörg Hassler,
ein Bio-Bauer der ersten Stunde,
nimmt bezüglich der Initiative «Für
die Würde der landwirtschaftlichen
Nutztiere»
(Hornkuh-Initiative)
ebenfalls eine neutrale Haltung ein.
«Ich bin nicht dagegen, vertrete
aber die Auffassung, dass der Markt
he und Rinder Mehrkosten zur Folge
haben können. Da behornte Tiere
infolge eines erhöhten Verletzungsrisikos grössere Ausläufe benötigten, komme der Neubau eines Laufstalls teurer zu stehen.
über, als er überzeugt ist, dass für
die Zukunft der Berglandwirtschaft
und der kleinen Verarbeitungsbetriebe die Wertigkeit der Produkte
von entscheidender Bedeutung
sein werden und nicht die Direktzahlungen des Bundes. Deshalb
würde auch für ihn ein Franken pro
Hornkuh und Tag in die falsche
Richtung führen.
Bündner Tagblatt
31.3.2015, Seite 5.pdf
Ein Rappen mehrvom
von der Sennerei
Martin Bienerth, der zusammen mit
seiner Frau Maria Meyer seit 2001
Hannes Ineichen als erfahrener Klassenlehrer die
Hauptverantwortung innehaben.
Profitieren werden die neuen Talentschülerinnen und Talentschüler auch von der räumlichen
Organisation. Gemäss Hauptschulleiter Martin
Flütsch wird die neue Talentklasse in den
Räumlichkeiten des Sportgymnasiums Davos
unterrichtet. Insgesamt hatten sich 22 Kinder aus
der ganzen Region für die erste Davoser Talentklasse angemeldet. (BT)
Neue Heimat für Götter und Menschen
Der Hindu-Verein Graubünden hat einen neuen Tempel in Zizers. Nach mehrmonatigen Bauarbeiten wird
die Einweihung mit zahlreichen Festlichkeiten begangen. So auch am vergangenen Samstag.
Der Hindu-Verein Graubünden begrüsste am Samstagabend geladene
Gäste aus Politik, Kirche und Wirtschaft
in seinen neuen Räumlichkeiten im Industriegebiet Rheinrütenen in Zizers.
Bei traditioneller Musik und im Schein
von Öllampen nahmen Gäste sowie
zahlreiche Vereinsmitglieder an der
hinduistischen Eröffnungszeremonie
teil. In den vergangenen Monaten ist
hier aus einer ehemaligen Lagerhalle
ein farbenfroher Tempel entstanden.
Trommeln, Holzblasinstrumente
und Glockengeläut begleiteten die
Mantren des eigens aus Sri Lanka eingeflogenen Priesters. Dieser betonte in
seiner Rede seine grosse Dankbarkeit,
dass jede Religion in der Schweiz frei
ausgeübt werden darf. Religion sei für
ihn ein Beitrag zu innerem Frieden und
zu vernünftigem, hilfsbereitem Umgang miteinander. Der Priester Kagendrasharma Nageswarakurukkal, der für
den Zizerser Tempel zuständig ist, zeigte sich hocherfreut über den neuen
Treffpunkt für rund 150 Familien aus
Graubünden, dem Glarnerland und
dem südlichen St. Gallen.
von profitieren können, dass auch im
neuen Versammlungshaus klassische
Werte gelebt und Traditionen gepflegt
werden, wozu auch Mehrsprachigkeit
und Bildung gehören. Die Integration
der tamilischen Bevölkerung in Graubünden habe der Verein in den vergangenen Jahrzehnten bereits «gut gemeistert».
Verschiedene Rednerinnen und
Redner der reformierten Landeskirche
erinnerten an die bald dreissigjährige
Der Tag der offenen Tür findet
am 30. Mai statt.
INSERAT
Grusswort der Regierung
Farbenfroh: Der neue Tempel in Zizers wurde unter anderem
mit klassischen Tänzen eingeweiht. (FOTO SABINE-CLAUDIA NOLD)
Geschichte der Flüchtlinge aus Sri Lanka in Graubünden. So betonte Daniela
Troxler von der Fachstelle Migration,
Integration und Flüchtlingsarbeit, dass
die offenen Türen und die Gastfreundschaft während der Renovation und der
Herstellung der Götterfiguren auf grosses Interesse in der Bündner Bevölkerung gestossen sind. MIRIAM NEUBERT
Regierungsratspräsident Martin Jäger
überbrachte dem Verein Grüsse und
Glückwünsche der Bündner Regierung. Er freute sich über die Anwesenheit zahlreicher Jugendlicher, die da-
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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Bündner
Kosten kommen. Von Rock über Pop bis
hin zu Disco wird alles abgedeckt. Internationale Top-Cover- und Tributebands
von Pink, Depeche Mode, den BeeGees,
AC/DC und
weiteren
Stars und weltbeTagblatt
vom
2.4.2015,
Seite
kannten Bands, werden die «Alpenwelt
in Davos Klosters zum Beben bringen»,
heisst es in einer Mitteilung (BT)
Musik und Lesung auf
der Lenzerheide
Mit Musik von Giovanni Battista Pergolesi stimmt das Ensemble le phénix
heute Abend um 20 Uhr auf der Lenzerheide in die Kar- und Ostertage ein. In
diesem Jahr wird in der evangelischen
Kirche das «Stabat Mater» von Giovanni Battista Pergolesi (1710 – 1736) dargeboten. Pergolesis letztes Werk wurde zu
einem der bekanntesten Stücke des
18. Jahrhunderts. Heute wird eine Version mit einer Sängerin und einem Sänger erklingen. Das Ensemble wird auf
Originalinstrumenten musizieren, in
historischer Stimmung und einem
schlichten, reinen, klaren Klangideal
folgen. Hinzu kommen biblische und literarische Texte, vorgetragen von
Pfrn. Ute Latuski-Ramm und Pfr. Markus Ramm. Die Lesung nimmt die Mütter und Väter mit ihrer Freude und
ihrem Leid in den Blick. Denn die Mutter Jesu ist in der Historie nicht die erste und die letzte Mutter, die den Tod
ihres Kindes beweint, so eine Mitteilung. Das Ensemble le phénix wurde
von dem Cellisten Mathias Kleiböhmer
mitbegründet und ist Graubünden beheimatet. Solisten sind Nuria Richner
(Sopran) und Stefan Wieland (Alt). (BT)
F R E I TAG
3. April
Start zur Buchmesse
auf der Lenzerheide
Zum siebten Mal verwandelt sich die
Lobby im Hotel «Schweizerhof Lenzerheide» in eine Bücherschau und internationale Kulturschaffende bringen
ihre Geschichten und Songs über Ostern auf die Heide. Es sei eine Art Höhepunkt der winterlichen Kultursaison
nach der Reihe «Talk am Berg», heisst es
in einer Mitteilung. Vom 3. bis 6. April
sind die Türen zu Anlässen und zum Büchermeer im Hotel für alle kostenlos geöffnet. Aus Österreich reist das Trio
«BaldWiena FolsWaisen» mit Wienerlieder an. Aus Münster (Deutschland)
kommt der Wilsberg-Erfinder Jürgen
Am Ostersamstag, 4. April, kann man im Hotel «Wa
bekannte Klavierkonzerte und drei bemerkensw
bekannte junge Pianisten erleben. Den Weg an de
philharmonie Graubünden finden Moye Kolodin (B
Choo über das «Klavierfestival Internationaler Kon
zwei Jahre junge Pianistinnen und Pianisten präsen
bewerbsgedanken in den Vordergrund zu stellen: D
durch (öffentliche) Meisterkurse und Auftritte unte
Kammerphilharmonie Graubünden gefördert. In Fl
in Ravensburg, Memmingen und Lindau) wollen sic
einem Konzerthighlight bewähren: Mozarts berühm
13.pdf
Kehrer und die Bestsellerautorin Sandra Lüpkes. Aus Basel findet die PoetrySlammerin Daniela Dill den Weg in die
Heide. Aus Rhäzüns und Zürich reisen
die Gebrüder Todisco an. Diese beiden
machen am Karfreitag, 3. April, den Auftakt zur Buchmesse. (BT)
▸ www.schweizerhof-lenzerheide.ch
S A M S TAG
4. April
Candinas und Sisera
stellen in Chur aus
In der Galerie Cuadro 22 in Chur wird
am Samstag um 18.30 Uhr eine Ausstellung mit Werken von Jacinta Candinas
und Luca Siserea eröffnet. Die bildende
Künstlerin und der Jazzmusiker zeigen
dabei gemeinsam entstandene Arbeiten aus den letzten Jahren, die sie unter
anderem nach Kairo und New York geführt haben. Durch poetische Klangobjekte, Videos und Gemälde werden dem
Besucher der gemeinsame Schaffensprozess wie auch die individuelle Handschrift der Künstler offenbart, so eine
Mitteilung. Das Bündner Künstlerpaar
lebt und arbeitet in Luzern. (BT)
Champian Fulton Trio
spielt in Klosters
Die New Yorker Sängerin und Pianistin
Champian Fulton ist am Samstag zu
Gast im Kulturschuppen Klosters. Das
Konzert beginnt um 20.30 Uhr. Die Vokalistin sei schon früh durch Talent und
künstlerische Reife aufgefallen, heisst
es in einer Mitteilung. Obwohl immer
noch erst Mitte 20, verfügt Champian
über die Stimme, die ihr in den klassischen Standards grosse natürliche
Durchsetzungskraft verleiht. Sie spielte
bereits mit Meistern wie Jimmy Cobb,
Lou Donaldson, Louis Hayes und anderen Jazzgrößen. Beeinflusst wurde
Champian Fulton nach eigenen Worten
von Dinah Washington, ebenso wie von
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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5. April
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gen», sag-
friedliche Präsidentschafts- und Parlamentswahl vom Wochenende als «historisch». Amtlichen Angaben zufolge
und dem scheidenden Präsidenten zu
seinem staatsmännischen Format gratulieren. Der christliche Amtsinhaber
mokratischen
ten. Die Amts
stattfinden.
Bündner Tagblatt vom 2.4.2015, Seite 2.pdf
r Fremdspracheninitiative, zu Ostern, zur Aufsicht über die Kesb und zur Erbschaftssteuerinitiative
Nein
sprachlich
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t Frau Berta anerkenm heutigen
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eptabel. Sie
ht. Namentassung zur
Bundesebekonzept inSchweiz in
doch nicht
nach einer
Annahme oder Ablehnung der Fremdspracheninitiative in Graubünden zeigen. Graubünden könnte sich also mit
einer Annahme der Initiative erst recht
sprachlich isolieren und müsste das
Sprachenkonzept im Nachhinein gegebenenfalls erneut ändern. Der Grosse
Rat befindet in der Aprilsession über die
Gültigkeit der Fremdspracheninitiative.
Wir sind überzeugt, dass er sich seiner
Verantwortung und der Tragweite seiner
Entscheidung bewusst ist.
Kor. 15,14). Wer sein Leben Jesus Christus
anvertraut und seine Erlösung annimmt,
wird nach dem Tod aufwachen und ewig
mit Gott leben. Dies ist die Botschaft von
Ostern, die jeder als Geschenk annehmen kann.
▸ URS CADRUVI, GENERALSEKRETÄR
LIA RUMANTSCHA
In den letzten Jahren wurde das Thema
der unmenschlichen Behandlung vieler
Mündel in der Vergangenheit viel diskutiert und auch bedauert. Die Frage ist:
Wie konnte es zu solchen Zuständen
kommen? Und die Antwort war ganz
klar, dass die Vormundschaftbehörden
eines Dorfes alle Machtbefugnisse hatten, um eine Massnahme zu verordnen,
durchzuführen und zu kontrollieren. Die
Opfer hatten keine Instanz, an welche
sie sich wenden konnten, wenn entweder die Massnahme oder der Vollzug
kritikwürdig war. So hat man die
von «Amateuren» geführten Vormundschaftbehörden ersetzt mit einer von
«Profis» geführten Kesb (Kinder- und
Erwachsenenschutzbehörde). Aber das
System ist gleich geblieben. Die Kesb definiert Massnahmen, ist zuständig für
die juristische Abklärung und die Überwachung der Massnahmen. Also wieder
ein System in dem der Bock den Gärtner
spielt. Die Kesb gehört also ganz klar
Ostern – Aufwachen
nach dem Tod
Viele freuen sich an Ostern auf das Aufwachen der Natur vom Winterschlaf.
Ostern ist aber ein Fest des Aufwachens
nach dem Tod. Jesus Christus ist drei Tage nach seinem Tod aufgewacht und auferstanden. Ein einmaliges Geschehen in
der Menschheitsgeschichte. Jesus starb
nicht wie ein anderer Mensch. Er starb
stellvertretend für die Sünden aller Menschen. Seine Auferstehung ist die Garantie für ein Leben nach dem Tod und der
Beweis seiner Erlösung. Der Glaube an
den auferstandenen Christus ist die
Grundlage des christlichen Glaubens.
Paulus schreibt den Korinthern: «Wäre
Jesus nicht von den Toten auferstanden,
so wäre euer Glaube völlig wertlos» (1.
▸ BERNHARD DURA, CHUR
Verdingkinder
und Kesb
einer Gerichtsbarkeit unterstellt, wie es
die Polizei auch ist. Will die Polizei jemanden länger als 48 Stunden inhaftieren, braucht sie einen Richterbeschluss.
Und genau dasselbe sollte auch bei der
Kesb so angewandt werden, jede Massnahme, der widersprochen wird, muss
vor dem Zivilgericht behandelt werden,
und die Kesb muss dann dem Richter belegen, wieso welche Massnahme angeordnet wurde, und die Opfer können ihre
Version vor einem neutralen Richter anbringen. So wird auch die Kesb diszipliniert, Kompromisse zu finden.
▸ STEPHAN WILDISEN, IGIS
Erbschaftssteuer
mildert Konzentration
Der Starökonom Thomas Piketty weist
zu Recht darauf hin, dass die Vermögenskonzentration hierzulande sehr
ausgeprägt ist. Hier kann die Erbschaftssteuerinitiative korrigierend eingreifen.
Dabei geht es nicht darum, Familienbetriebe zu bedrängen; der Gesetzgeber
wird die vorgesehenen Schutzklauseln
bestimmt angemessen umsetzen. Nein,
die Initiative hilft unserer AHV, die dringend zusätzliche Mittel braucht. Gefährdet sind weniger die KMU-Arbeitsplätze,
als die ausreichende Sicherung von Renten für eine Mehrheit, die nicht mit Millionen-Erbschaften rechnen kann.
▸ MARTIN A. LIECHTI, MAUR (ZH)
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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Print AG).
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CEO: Andr
Redaktio
Larissa M.
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Redaktio
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Sommerau
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gen entspricht. Der produzierte Strom wird vom
zusätzlich belasten», ist auch Jürg
staatlichen Förderprogramm KEV zu kostendeckenden Einspeisetarifen übernommen. Die InvesMichel, Direktor des Bündner Gewerbeverbandes, überzeugt. AuchBündner
tition von
rund 1.3 vom
Millionen
Franken soll
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Tagblatt
2.4.2015,
Seite
n
wenn es nur ein Tag sei, würde dieüber die nächsten 20 Jahre amortisiert werden. (BT)
Antrag ser trotzdem für Einbussen sorgen.
isation Zudem werde der 1. Mai in Graubüneiner den kaum begangen. «Viele Arbeitmittei- geber zeigen sich heute schon grosson, die zügig, wenn jemand den Tag der
wortet, Arbeit feiern will», so Michel.
BISTUM CHUR Der Rat der Laientheologen und
Diakone (RLD) im Bistum Chur hat sich kürzlich zur
konstituierenden Sitzung der Amtsperiode 20152018 eingefunden. Das berichtet «kath.ch». Auch
der neue Priesterrat hätte sich in diesem Frühling
konstituieren soll. Die Wahlen der Delegierten seiölfe, welche in den Zeitungen
en jedoch in verschiedenen Dekanaten noch nicht
durchgeführt worden. Der Churer Bischofsvikar Jon Leserinnen und Lesern.
seph Bonnemain hofft, wie er auf Anfrage von
«kath.ch» erklärte, dass der Priesterrat im Herbst
Grau- le Personen sich gestern wohl zur
konstituiert werden kann.
ch er- Eröffnung getroffen haben?
Auch die «Novitats» veröffentIn seiner Grussbotschaft an den RLD betonte Bilichte auf Facebook eine Sonderschof Vitus Huonder «wie sehr ihm die Bedeutung
meldung. Noch bevor der endgültides Glaubenszeugnisses zur christlichen Familie
ichtete ge Entscheid für den Hotelneubau
am Herzen liegt, und das gerade in der heutigen
abogen am Fusse der Rothornbahn in LenZeit, die Familie in ihrer Ursprungsform den Schutz
Calan- zerheide überhaupt gefallen ist,
der Kirche bedarf», heisst es auf der Homepage des
. Falls drohte dem Projekt das Aus. Grund
Bistums Chur. Angeregt durch diese Worte, werde
del an- sei ein äusserst seltener Laufkäfer
der Rat die Lehrverkündigung «Ehe und Familie» in
so auf «Carabus auratus canolensis», der
den Mittelpunkt seiner Beratungen stellen, hält der
Wie vie- sich angesiedelt habe. (ZC)
neue Präsident des Ausschusses des RLD, Martin
Pedrazzoli-Kälin, in der Mitteilung des Bistums fest.
Die Tagung wurde mit der Wahl des neuen Ausschusses fortgesetzt. Anschliessend konstituierte
sich der Ausschuss selber, Pedrazzoli wurde als
neuer Präsident des Ausschusses des RLD bestimmt. Der Bischof bestätigte diese Entscheidung.
Ende vergangenes Jahr hat der Bischof von
Chur den Priesterrat verkleinert und den Einfluss
der «Laientheologen und ständigen Diakone» auf
das Gremium unterbunden. Die Mitglieder des
Priesterrates sollen neu ausschliesslich durch Priester und Ordensleute bestellt werden. (BT)
mission
geführt
dem es legal ist, die Menschen absichtlich in die
n nützen dies mit Vergnügen aus. (YB)
Rat der Laientheologen und
Diakone konstituiert
KURZ GEMELDET
Osterfest in Lenzerheide Beim Schulhaus in
Lenzerheide findet am Ostersamstag von 14 bis
16.30 Uhr das Osterfest für die ganze Familie statt.
Ab 16.30 Uhr ist das Kinderkonzert mit
Liedermacher Linard Bardill in der
Mehrzweckhalle Lenzerheide.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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Bündner Tagblatt Bvom
2.4.2015,
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Christian Cebulj ist
neuer Rektor der THC
egion Viamala als Bike-Region
mer so motiviert wie am ersten Tag.
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zum Treffpunkt für Gleichgesinnte
entwickelt», erklärt Johannes Nidecker. Auch in Bezug auf dieses Ziel
seien sie auf einem guten Weg. «Wir
konnten eine gute Basis schaffen,
auf der es sich aufbauen lässt.»
Ausgedehnte Touren
So sind Johannes und Matthias Nidecker und Martin Gerber seit rund
einem Jahr aktive Mitglieder im
Mountainbike-Verein
Viamala.
«Wir wollen uns gemeinsam mit
anderen Interessierten für den BikeSport in der Region engagieren»,
sagt Martin Gerber. Und die drei
Männer bleiben auch auf persönlicher Ebene «am Puls des BikeSports». Alle drei haben inzwischen
die Ausbildung zum Swiss-CyclingGuide abgeschlossen. Die qualifizierten Guides bieten geführte Touren in der Region aber auch darüber
hinaus an. «Wir erachten den ganzen Kanton als Bike-Region», betont Martin Gerber. Mit Thusis als
Ausgangspunkt liessen sich tolle
Kombinationen für Bike-Touren in
der Region und mit Abstechern zum
Beispiel nach Davos oder ins Engadin zusammenstellen. Und nicht
zuletzt warten die Biker aus Leidenschaft auch regelmässig mit Events
am Schützenweg 1 auf.
Ein Frühlingsfest für Biker
Zum dritten Mal veranstaltet das
Team der Viamala Sportwerkstatt
am Samstag, 11. April, ein buntes
Frühlingsfest. Bereits um 5.45 Uhr
steht eine geführte Early-Bird-Tour
auf dem Programm. Tagsüber
werden in und um das
Geschäftslokal diverse Attraktionen
für Gross und Klein geboten. Auch
die neusten Mode- und Techniktrends werden präsentiert. Am
Abend wird die Sportwerkstatt zum
Konzertlokal und die Bühne für die
Band Äl Jawala freigegeben. (BT)
www.viamalasportwerkstatt.ch
CHUR Der Religionspädagoge Christian Cebulj ist
zum neuen Rektor der Theologischen Hochschule
Chur (THC) gewählt worden. Er folgt auf die Dogmatikerin Eva-Maria Faber, deren zweite Amtszeit
mit dem Frühjahrssemester 2015 zu Ende geht. Dies
teilte die THC gemäss dem
katholischen Medienzentrum kath.ch auf ihrer
Homepage mit.
Der Grosskanzler der
Theologischen Hochschule Chur, Bischof Vitus Huonder, ernannte Cebulj mit
Datum vom 19. März für die nächste Amtsperiode
2015 bis 2019. Sein Amt als Rektor tritt Cebulj am
1. August an. Er ist seit 2008 Inhaber des Lehrstuhls
für Religionspädagogik und Katechetik an der THC.
Zudem wirkt er als Dozent an der Pädagogischen
Hochschule Graubünden. (BT)
23-jähriger Arbeiter tödlich
verunfallt
ST. MORITZ Ein 23-jähriger Mann aus Italien ist
am Dienstagnachmittag in St. Moritz bei einem
Arbeitsunfall ums Leben gekommen. Er wurde in
einem Warenlift von einem umstürzenden Kühlschrank getroffen und tödlich verletzt, wie die Kantonspolizei gestern mitteilte.
Der Mann lud einen rund zwei Meter hohen
Kühlschrank in den Warenlift. Danach begab er sich
in den hinteren Teil des Liftes. Eine weitere anwesende Person schickte den Lift in das untere Stockwerk. Aus noch nicht geklärten Gründen stoppte
der Lift kurz vor der Ankunft im unteren Stockwerk.
Die Lifttüre war blockiert. Drei Arbeitskollegen die
von oben her in den Lift schauten, sahen, dass der
Kühlschrank waagrecht auf dem Verunfallten lag.
Die Kollegen versuchten den 23-Jährigen anzusprechen. Dieser reagierte jedoch nicht, wie es weiter
heisst. Die Lifttüre konnte mit Spreizwerkzeug
durch die Feuerwehr St. Moritz geöffnet werden.
Die anwesenden Notärzte der Rettung Oberengadin und der Rega konnten beim Verunfallten trotz
unverzüglicher Reanimation nur noch den Tod feststellen. Für die Betreuung der Arbeitskollegen und
der Angehörigen war ein Mitglied des Care Teams
Grischun vor Ort. (BT)
KURZ GEMELDET
Vorlesung im Kinderlab Das Kinderlab in Landquart lädt am Mittwoch, 15. April, um 18.30–19.30
Uhr zur Vorlesung «Bionik – geniale Erfindungen
Pressespiegel
der Natur abgeschaut»
in der Bibliothek Landquart.
Informationen: www.kinderlab-landquart.ch
Evangelisch-reformierte
Landeskirche Graubünden
legt werden soll, bleibt unbeantwortet. Die Kommission hat nun
zusätzliche Berichte beantragt,
die bei der Entscheidungsfindung
helfen sollen. Ziel der SGK ist, in
fünf Sondersitzungen die Vorlage
fertig zu behandeln, damit sie im
Herbst noch vor den Wahlen in
den Ständerat kommt. (wan)
ten, dass Frauen ein Jahr früher in
Rente gehen als Männer. Es handelt
sich um ein Powerplay der Sozialde­
mokraten. Dazu bemühen sie Argu­
mente, die nichts mit dem Renten­
alter zu tun haben. Zum Beispiel kann
die von ihnen verlangte Lohngleich­
heit nicht vom Staat hergestellt wer­
den.
Unterschätzen bürgerliche Politiker und die Arbeitnehmer die Befindlichkeit des Volkes?
Die Erfahrung mit gescheiterten Ren­
tenrevisionen zeigt, dass Vorlagen kei­
ne Chancen haben, die nicht ausba­
lanciert sind und bei denen nicht
Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Alte
und Junge einen Beitrag leisten.
Berset ein ausgewogenes Paket
präsentiert hat?
Ich persönlich finde die Vorlage sehr
gut. Sie versucht zu kompensieren
und die Verluste gleichmässig zu ver­
teilen. Sie ist modern, weil sie weg von
der Erhöhung der Lohnnebenkosten
will, hin zu einer stärker steuerfinan­
zierten Vorsorge.
Südostschweiz vom 28.3.2015, Seite 15.pdf
Flugzeugabsturz: Schockierend.
Auch weil CH AKWs nicht sicher
wären gegen gezielten Absturz
eines Flugzeugs. #Atomausstieg.»
Politische Propaganda am fal­
schen Platz. Dies löste einen Shit­
storm auf Twitter aus. (rit)
Expedition Europa
Im Bibelgürtel
Eine Kolumne
von Martin Leidenfrost *
D
en niederländischen Bibelgür­
tel suchte ich, weil ich an seine
Existenz nicht glauben konnte.
Da soll sich durch ein mehrheitlich
konfessionsloses Land, in dem nur
noch 16 Prozent Protestanten sind,
ein Siedlungsband streng calvinisti­
scher Gemeinden ziehen? Mit Sonn­
tagsruhe und Fluchverbot? Mit einer
tiefen theologischen Tageszeitung?
Mit einer stabil im Parlament ver­
tretenen Kleinpartei, die im Partei­
programm «alle Abgötterei und
falsche Religion abzuwehren und
auszurotten» gelobt?
Nun ja, mitten in den erzliberalen
Niederlanden fand ich genau das. In
den Buchhandlungen diente ein
Drittel der Erbauung des Christen­
menschen. Da die orthodoxe Calvini­
stin keine Hosen trägt, hatte ich mir
die Frauen wie die amerikanischen
Amish vorgestellt. Welch Irrtum: Die
Calvinistinnen, die mir lächelnd
entgegen radelten, trugen eng anlie­
gendes Tuch, perfekt tailliert, die
schwarzen Röcke endeten über dem
Knie. Der Bibelgürtel ist erotisch.
Auf Urk kam ich, weil die Partei der
strengen Calvinisten – ähnlich wie im
Iran – von einer geistlichen Autorität
geführt wird; der Ajatollah der
«Staatkundig Gereformeerden Partij»
predigt im Hafenstädtchen am Ijssel­
meer. «Auf Urk», so drücken sich auch
die Urker aus, denn das frühere
Fischerdorf war eine Insel.
Durch Trockenlegungen an die
Kunstregion Flevoland angeschlossen,
angrenzend an die Kunstgemeinde
«Nordoostpolder», beweist dieses
pittoreske Gassengewirr mit Leucht­
turm, dass man auch am Rande einer
Mega­Agglomeration ein Inselgefühl
leben kann. Urk hat die höchste
Geburtenrate in den Niederlanden.
93 Prozent der demnächst schon
20 000 Seelen gehen sonntags in die
Kirche.
Auch ich tat am Sonntag nichts
anderes. Die acht «hervormden»
Gotteshäuser liberal­calvinistischer
Richtung streifte ich nur. Weiter
besichtigte ich Kirchen der folgenden
Glaubensgemeinschaften: der «Refor­
mierten Gemeinde», der «Niederlän­
disch Reformierten Kirche», der
«Reformierten Gemeinde in den
Niederlanden», der «Freien Refor­
mierten Gemeinde» und der «Befrei­
ten Reformierten Kirchen».
Die Gottesdienste, die ich besuchte,
dauerten anderthalb Stunden. Das
war fast nur Predigt, das Kirchenvolk
sang nur ein Dutzend Psalmverse.
Manchmal stieg ein grosses Rascheln
aus Damenhandtaschen auf, und
dann naschten vor allem die Kinder
Bonbons. Ich bekam einmal Karamell
geschenkt, einmal Erdbeer, einmal
Traubenzucker. Ein weiteres Bonbon
verpasste ich trancebedingt.
In der «Eben Haëzerkerk» –
«Christlich Reformierte Kirchen»,
sechs Bethäuser in Urk – hörte ich
den Vertreter des Ajatollahs predigen.
Dominee Kater musste zwei Wochen
geprobt haben, so ausdifferenziert wa­
ren seine in den Himmel hinaufgezo­
gene, vom Himmel heruntergezärtel­
te, mit dem Zeigefinger in den Saal ge­
piekten Gesten. Inhaltlich ging es um
nichts, äusserlich sah der Sermon wie
eine Parodie auf Chaplins Hitler­Paro­
die aus. «Wofür brauuucht man die
Saat?», fragte Kater bebend. «Um Wei­
zen maaahlen zu können!», schrie er
ergriffen, «um Brooot backen zu kön­
nen.»
Orthodoxen Calvinismus reinster
Güte erfuhr ich in der «Alten Refor­
mierten Kirche»: Ich sass in einem
Meer schwarzer Damenhüte, vom
schwarz gekleideten Prediger auf der
Kanzel waren nicht einmal die Hände
zu sehen. Er bewegte sich kein einzi­
ges Mal, er sang die gesamte Predigt.
Auch dieser Gottesdienst endete mit
dem rituellen Auszug einiger Männer
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
in Schwarz, ernst und hager. Wir stan­
den alle bereit zum Hinausströmen,
froren in unserer Hinausgehbewe­
gung ein, auch unsere Blicke froren
ein. Wir wagten die Männer in
Schwarz nicht anzusehen. Erst als wir
sie hatten abgehen hören, lösten wir
uns aus der Starre.
All das war mir fremd, dennoch er­
trug ich Holland nirgendwo so gut
wie im Bibelgürtel. Abends flanierend,
zogen mich die einsehbaren Wohn­
zimmer der Calvinisten an. Ich sah
elegante Herrschaften in behaglichen
Idyllen sitzen, umgeben von unzähli­
gen Lampen. All diese Lampen spen­
deten warmes, gedämpftes, immerzu
gemässigtes Licht. Überhaupt diese
Mässigung! Wie ruhig die lesenden
Calvinisten in ihren Ohrensesseln sas­
sen, wie konzentriert! Ich suche jetzt
auch solche Lampen.
* Martin Leidenfrost, österreichischer Autor,
geboren 1972, streift kreuz und quer durch den
Kontinent und erzählt in seiner Kolumne
«Expedition Europa», was zusammenwächst
und was auseinanderstrebt, wo Europa
funktioniert und wo es kracht.
26
Südostschweiz vom 28.3.2015, Seite 26.pdf
KULTUR REGION
Südostschweiz
«Ich
gros
und
Vera
Kirc
Gem
E
von Christian Ruch
r hat viel vor – aber auch
viel zu bieten: Ulrich Weis­
sert, der neue Kirchen­
musiker der Evangelisch­
reformierten Kirchgemein­
de Davos Platz. Am 1.Februar hat er
seine Stelle angetreten, und bereits
morgen Sonntag wird er sein Antritts­
konzert geben (siehe Kasten). «Es wird
ein spritziges Programm zu hören,
aber auch zu sehen sein», verspricht
Weissert. Denn sein Orgelspiel wird
von Albrecht Volz’ üppiger Perkussion
begleitet, um Werke von der Barockzeit
bis zur Gegenwart zu Gehör zu bringen.
Die ungewöhnliche Kombination Or­
gel/Vibrafon/Schlagwerk verspricht
eine Begegnung mit Musik abseits aus­
getretener Pfade.
Drei Schwerpunkte
Bevor der 1960 geborene Weissert ins
Landwassertal kam, wirkte er 20 Jahre
in der Schwarzwälder Gemeinde Al­
pirsbach, wo er die renommierten
Kloster­ und Kreuzgangkonzerte leite­
te. «Aber nach so langer Zeit am glei­
chen Ort war es für mich wichtig, an­
derswo noch mal etwas Neues zu be­
ginnen», meint der neue Davoser Kir­
chenmusiker. Sein Pflichtenheft ent­
hält drei Schwerpunkte: das Wirken
als Organist, die Leitung des Chors
St.Johann und die Organisation der
Konzertreihe «Davoser Abendmusi­
ken».
Weissert ist in der traditionellen
Kirchenmusik ebenso zu Hause wie
im Schaffen heutiger Komponisten.
Berührungsängste mit der angeblich
so schwierigen zeitgenössischen Mu­
sik kennt er nicht. «Nehmen Sie zum
Beispiel den britischen Komponisten
John Rutter. Sein Werk bietet eine
wunderbare Mischung aus Jazz, Klas­
sik und Filmmusik. Am 19.Dezember
werden wir sein ‘Magnificat’ auffüh­
ren.» Wichtig sei, dass zeitgenössische
Kompositionen für und mit Laien rea­
lisierbar seien. Zudem seien auch als
modern geltende Komponisten be­
reits so etwas wie Klassiker. «Olivier
Messiaen wird heute als der Bach des
20.Jahrhunderts bezeichnet, und sein
Orgelwerk findet ein grosses Publi­
kum.»
Doch wie steht es um die Kirchen­
musik? Hat sie angesichts des fort­
Ulrich
Kirchen
Fünf
berei
Sein Arbeitsplatz: In der Kirche St. Johann in Davos gibt Organist Ulrich Weissert eine Kostprobe seines Könnens.
Bild Marco Hartmann
Abseits der
ausgetretenen Pfade
Die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Davos Platz hat einen neuen
Kirchenmusiker. Ulrich Weissert stammt aus dem Schwarzwald und sieht
Musik als Teil der Bildung.
schreitenden Bedeutungsverlusts der
Kirchen eine Zukunft? «Ich mache
mir da keine grossen Sorgen», ant­
wortet Weissert. «Kirchenmusik ist et­
was wunderbar Verbindendes. Denn
bei ihr geht es nicht so sehr um ka­
tholisch oder evangelisch, sondern
um richtige und falsche Töne.» Und
auch an Nachwuchs fehle es nicht.
«Hier in Davos melden sich immer
wieder neue Sängerinnen und Sänger
für den Chor, die Lust auf traditionel­
le Kirchenmusik haben und gerade
nicht das singen wollen, was ich als
‘Sacro­Pop’ bezeichne. Die Musik hält
jene Leute bei der Stange, die für die
Kirche sonst vielleicht bereits verlo­
ren wären.» Er glaube, dass die Musik­
geschichte entscheiden werde, was
überlebensfähig sei. «Das war in der
Vergangenheit auch schon so. Im
Pietismus gab es Gesangbücher mit
500 Melodien, im heutigen sind da­
von rund zwei Dutzend übrig geblie­
ben.»
«Musikpädagogik ist Sozialarbeit»
Ziel des neuen Davoser Kirchen­
musikers ist es, «traditionelle Eckpunk­
te» zu setzen, wie es Weissert nennt.
«Dazu gehören sicher Weihnachts­ und
Passionskonzerte. Ich plane beispiels­
weise, 2016 Johann Sebastian Bachs
berühmtes Weihnachtsoratorium auf­
zuführen.» Weissert geht es allerdings
nicht darum, nur Bekanntes zu bieten.
«Wer das macht, läuft Gefahr, dass die
klassische Musik nur noch Unterhal­
tung ist. Ich setze auf eine grosse Band­
breite und eine starke Verankerung
der Kirchenmusik in der Gemeinde­
arbeit.»
Ein ganz wichtiger Aspekt sei die
Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
«Musikpädagogik ist Sozial­ und Bil­
dungsarbeit», glaubt Weissert. «Ju­
gendliche, die ein Instrument lernen
oder in einem Chor singen, hängen in
dieser Zeit nicht am Bahnhof herum.
Und ausländische Kinder lernen leich­
ter Deutsch, wenn sie in dieser Sprache
singen können.» Musik fördere die so­
ziale Kompetenz, sie sei nicht nur
schmückendes Beiwerk, sondern gehö­
re zum Bildungskanon.
Wer Weissert sprechen hört, spürt
seine Begeisterung für die Musik. Und
so geht auch der Besuch der «Südost­
schweiz» nicht vorüber, ohne dass der
neue Davoser Kirchenmusiker an der
Orgel eine Kostprobe gibt und beweist,
dass er Jazz genauso beherrscht wie
Bach.
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Sind wir Heutigen noch beziehungsfähig?
Autor Stephan Mathys zeigt ab 7. April die Produktion «Alles ist gut» im Theater Klibühni in Chur. Das Stück ist ein Spiel
das den Beziehungsalltag zwischen Mann und Frau
thematisiert. Auf der Bühne stehen René Schnoz und Patricia Pasqua
Pressespiegel
von Maya Höneisen
Die Basis des Stücks «Alles ist gut» ist
eigentlich ganz einfach: Mädchen trifft
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
den in der Wirklichkeit und diskutieren
plötzlich über ihre eigene Beziehung,
bis die Fetzen fliegen.
versuchen. Als Mann sei er selber über­
zeugt, dass Beziehungsdiskussionen
eigentlich in der Katastrophe enden
würden, auch wenn er sein Stück in
den, ein
wanderu
chen Wie
schauer h
wissen nur wenige. Oft erhalten
ngsten Mitarbeiter kurz vor Mitht noch Mails vom Chef, die sie
end beantworten. Morgens um 4
eldet sich Burkhalter dann schon
mit Antworten und Fragen.
halter
egeben
agt SBB-Chef Andreas Meyer. «Es
ht die Frage, wie viele Schalter
len, sondern wie unsere Kunden
lette kaufen. Wir sehen ein sehr
Wachstum auf den automatiKanälen.» Die Schalter entwickelh immer mehr von der Verkaufsatungsstelle.
JAHREN soll der Swisspass Smartfähig sein, womit die Abos auf
andy mitgetragen werden könie Verlagerung hin zu elektroniKanälen erfolge also sowieso. «Ich
die Entwicklung ist dieselbe wie
gverkehr», sagt Meyer. «Am Aneines Berufslebens habe ich genicht mehr einzuchecken und
ket am Automaten zu holen, sei
kbar. Heute finde ich es mühsam,
ich das Ticket nicht auf dem
hone habe.» Die SBB stellten aber
n Zukunft genügend persönliche
stellen zur Verfügung.
mans, bis 2014 Aussenminister der Nie- Kontakte, hofft Burkhalter, werden helderlande und heute erster Vizepräsident fen, die Probleme der Schweiz mit der
und Stellvertreter Junckers, lernte Burk- EU zu lösen. Er pflegt zu sagen: «Das
halter im Zusammenhang mit dem Ab- Menschliche macht 60 Prozent der Beschuss derSüdostschweiz
Boeing 777 der Malaysia
Air- 29.3.2015,
ziehungen aus.»
Ein7.pdf
Schuss Clooney
vom
Seite
lines in der Ostukraine kennen. Jyrki Ka- kann dabei nur nützlich sein.
Freikirchler feiern Megaparty
im Hallenstadion
Zweitägige Plattform für konservative Wertvorstellungen
VON SARAH SERAFINI
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Am 14. und 15. Mai hält die umstrittene
Freikirche ICF (International Christian
Fellowship) ihre Jahreskonferenz im Hallenstadion ab. Über 4000 Evangelikale
aus ganz Europa werden erwartet, die an
diesen zwei Tagen ein ekstatisches Fest
feiern. Die «ICF Conference» findet in
dieser Form zum fünften Mal statt. Jedes Jahr ist die Zahl der Konferenz-Besucher gewachsen. Darum wird der Event
seit 2013 im Hallenstadion durchgeführt, wo die Miete rund 100 000 Franken pro Tag beträgt.
Unter den Hauptreferenten sind
Mike Pilavachi, ein Pastor aus England,
der in einem Interview angab, dass Homosexualität vor Gott nicht richtig sei,
und Dr. Robi Sonderegger aus Australien,
der laut Beschrieb «Wissenschaft mit den
Wahrheiten der Bibel kombiniert». Beide
Redner stehen in der Tradition der charis-
matischen Freikirche und vertreten konservative Wertvorstellungen.
Die neocharismatische Freikirche
ICF plant die zweitägige Konferenz im
Hallenstadion als bombastischen Event
mit Rockkonzerten, Elektrobässen und
hingebungsvollen Vorträgen.
DIE SEKTENFACHSTELLE Infosekta bewertet die ICF kritisch. Fachstellen-Mitarbeiterin Regina Spiess sagt: «Die an den Predigten erteilten christlichen Ratschläge
haben wenig mit der individuellen Situation zu tun. Viele Gläubige führen
die Schwierigkeiten bei der Umsetzung
auf ihr mangelndes Vermögen oder den
eigenen schwachen Glauben zurück.»
Nicolas Legler, ICF-Sprecher, sagt:
«Mit der jährlichen Konferenz haben wir
die Möglichkeit, einmal pro Jahr alle Leiter aus dem Movement zusammen zu
haben und als ICF-Familie gemeinsam
zu feiern.» (SAR)
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Schweiz am Sonntag, Nr. 86, 29. März 2015
Südostschweiz vom 29.3.2015, Seite 9.pdf
GESCHICHTSDEBATTE 9
|
«Die Neutralität kam nicht über Nacht»
Die Schweiz streitet über ihre Geschichte: Was taugen die Mythen? Kulturminister Alain Berset bezieht Stellung
Die Geschichte ist zum Wahlkampfthema geworden.
Linke und Rechte kämpfen
um Deutungshoheit – und
Bundesrat Alain Berset freut
sich über die Debatte.
dem Initiativ- und Referendumsrecht,
dem Proporzwahlrecht, der Meinungsfreiheit.
Aber ihre Wurzeln hat diese moderne
Schweiz doch vor dem 19. Jahrhundert.
Natürlich gab es Schutzverträge zwischen den Kantonen. Doch bis 1798 gab
es Kantone und Untertanen. Napoleon
machte dann die Schweiz zu einem zentralistischen Einheitsstaat. Das war ein
Schock. 1803 ermöglichte er mit der
Mediationsverfassung ein föderalistischeres Gebilde. Bis 1848 war die Situation sehr kompliziert. Es kam zum
Krieg. Stabilisiert wurde die Situation
erst mit der Gründung des Bundesstaats. Es sind in erster Linie die danach
entstandenen Institutionen, die unser
vielfältiges Land zusammenhalten und
die Grundlage unseres Erfolgs bilden.
Deshalb müssen wir diesen Institutionen besonders Sorge tragen.
VON OTHMAR VON MATT
UND ALAN CASSIDY
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Herr Bundesrat, ärgern Sie sich über
die Geschichtsdebatte?
Alain Berset: Nein, wieso sollte ich?
Es ist Wahljahr, es stehen grössere
Probleme an – und Linke und Rechte
machen Politik mit der Geschichte.
Es ist eine gute Sache, dass nun eine
solche Debatte aufkommt. Sie erzählt
viel über unser Land. Es ist interessant
zu sehen, wie wir alle die Vergangenheit
durchsuchen, um die heutige Welt zu
erklären. In einer Erinnerungsnation
wie der Schweiz ist es wichtig, dass sich
auch die Politik mit diesen Fragen befasst.
Wie wichtig sind Diskussionen über
Geschichte?
Ich finde es zentral, dass die Schweiz solche Diskussionen führt. In gewissen Ländern entscheidet die Regierung, was Geschichte ist. Bei uns hingegen diskutieren alle mit: Parteien, Politiker, Historiker und die Bevölkerung.
Darf man Geschichte
instrumentalisieren?
Über Geschichte darf, soll man diskutieren. Dazu gehören Mythen. Sie organisieren eine Gesellschaft. Wir sollten dabei aber die historische Realität nie ausblenden. Und es braucht das Eingeständnis: Am stärksten prägen uns heute
wohl Ereignisse, die gar nicht so weit zurückliegen. Den Fall der Mauer in Berlin
spüren wir viel direkter als Ereignisse,
die Jahrhunderte zurückliegen.
Und doch fragen sich viele: Was bringt
diese Diskussion?
Geschichtsbewusstsein ist unverzichtbar. Ohne Vorstellung der eigenen Herkunft kann eine Gemeinschaft wohl
nicht leben. Man muss wissen, wie man
wurde, wer man ist. Als Mensch und als
Land. Ohne Idee des Früher kein Halt im
Jetzt. Die Geschichte zeigt uns zum Beispiel, wie die Schweiz sich zum Land
von heute entwickelt hat. Ein kluger
Umgang mit unseren Nachbarn, auch
wirtschaftliche Verflechtung mit ihnen,
waren dabei zentral.
Und doch konzentriert sich die
Debatte in diesem Jubiläenjahr
auf die Schlachten von Morgarten
und Marignano, gefolgt vom Wiener
Kongress.
All die Ereignisse sind wichtig. Ich habe
diese Woche die Ausstellung im Landesmuseum über Marignano eröffnet. Die
historische Schlacht ist das eine, ihre politischen Folgen das andere. Auf Marignano folgte der «Ewige Frieden» mit
Frankreich. Er brachte der alten
Schweiz, die schon damals politisch
stark mit Europa verflochten war, eine
stabile Beziehung zu einem ihrer wichtigsten Nachbarn.
Welche Begriffe leiten Sie aus der
Schweizer Geschichte ab?
Realismus und Pragmatismus. In entscheidenden Situationen blieben unsere
Vorfahren immer sehr realistisch in der
Beurteilung ihrer Möglichkeiten. Sie waren pragmatisch im Umgang mit Nachbarn. Und sie suchten pragmatisch
Lösungen.
Was heisst das für die Gegenwart?
Dass die Schweiz bei Verhandlungen in
Brüssel bewusst nicht mit erhobenem
Zeigefinger auftritt, wie es derzeit die
Griechen tun?
Mit Marignano verbinden viele
Schweizer etwas anderes: den
Beginn der Neutralität.
Ich stamme aus Freiburg, einem Kanton, der noch lange nach Marignano
Söldner nach Frankreich schickte. Das
war nicht besonders neutral. Und in anderen Kantonen war es gleich. Das ist
eine historische Realität. Zu behaupten,
es seien nach Marignano keine Eidgenossen mehr an europäischen Schlachten beteiligt gewesen, ist falsch. Die Neutralität begann nicht über Nacht.
Schaltet sich in die
Geschichtsdebatte
ein: SP-Bundesrat
Alain Berset, Innenund Kulturminister.
SANDRA ARDIZZONE
Morgarten, Marignano und der Wiener
Kongress gelten bei den Linken als
nationalkonservativ besetzte Jubiläen.
Teilen Sie diese Einschätzung?
Jede Generation interpretiert aus ihrer
Situation heraus die Geschichte, zieht
ihre Schlüsse daraus, begründet auch
politische Sichtweisen. Das tat auch der
Bundesrat, als er Ende des 19. Jahrhunderts das Jahr 1291 als Ursprung der
Schweiz definierte. Er hätte auch ein anderes Datum wählen können. Das war
politisch bedingte Geschichte per Dekret – aber durchaus verständlich, angesichts der damaligen internen Spannungen.
Gerade das Kriegsende ist vielen Leuten
noch nahe – weil sie eine persönliche Beziehung dazu haben. Mein Grossvater
stand selber als Soldat an der Grenze.
Auch 1848 ist ein zentrales Datum für
die Schweiz: Die einzige liberale Revolution in Europa, die erfolgreich war. Das
mindert aber nicht die Bedeutung früherer Ereignisse.
Der Bundesrat macht aber selber eine
Abstufung: In Antworten auf Vorstösse
im Parlament wird klar, dass er 1848
eine höhere Bedeutung zumisst als
anderen Daten.
Alle Parteien, alle Parlamentarier und
Bundesräte ziehen ihre politische Legitimität aus der Bundesverfassung von
1848, die vom Volk mehrmals angenommen wurde. Natürlich ist ihre Bedeutung sehr gross.
«
● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●
Wir müssen uns vielleicht
stärker als andere Länder
immer wieder daran erinnern,
was uns verbindet.»
● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●
Die Linke versucht, der konservativen
Geschichtsdeutung eigene Jubiläen
entgegenzusetzen: das Ende des Zweiten Weltkriegs und 1848 als Beginn der
modernen Schweiz.
Generell und auch heute gehen wir
pragmatisch vor, versuchen, das Gegenüber zu verstehen und unseren Spielraum abzuschätzen. Wir wollen die beste Lösung finden für die Schweiz.
Unterscheidet uns die starke Beschäftigung mit Geschichte von anderen
Ländern?
Wir müssen uns – vielleicht stärker als
andere – immer wieder daran erinnern,
was uns verbindet. Denn wir sind ein
vielfältiges Land. Es gab Zeiten, in denen
der Zusammenhalt gefährdet war. Die
Bundesstaatsgründung war eine Revolution. Ich stamme aus einem Kanton, der
zu den Verlierern des Sonderbundkriegs
von 1847 gehörte. In Belfaux, wo ich
heute wohne, hatte General Dufour sein
Hauptquartier, dort nahm er die Kapitulation Freiburgs entgegen. Das waren
keine demokratischen und föderalistisch geordneten Verhältnisse, das war
Krieg. Und das machte es nötig, sich auf
Ereignisse zu besinnen, die weiter zurücklagen, die etwas Verbindendes hatten. Und zwar für alle, auch für die Verlierer.
Für viele Linke beginnt die Schweiz
erst im 19. Jahrhundert. Was bedeuten
die Alten Eidgenossen für Sie?
Die Reformation riss die alte Schweiz ab
dem 16. Jahrhundert fast auseinander.
Der Konfessionsstreit zwang die Kantone, sich aus den Religionskriegen in
Europa herauszuhalten, um nicht die
Allianzen untereinander zu gefährden.
Dieses «Stillesitzen» war für die Entwicklung der Neutralität von entscheidender
Bedeutung. Die Alten Eidgenossen waren da klug und pragmatisch. Eine grosse Leistung.
Im Schweizer Verständnis scheint es
nur zwei Varianten zu geben:
Entweder wird die eigene Geschichte
kleingeredet oder überhöht.
Die Wahrheit liegt in der Mitte. Doch
wir dürfen unsere eigenen Leistungen
nicht unterschätzen. Seit 1848 haben
wir eine eigene Rechtsordnung und Verfassung. Wir sind hier zu Hause, es ist
unser Land, wir können uns selber organisieren. Dafür haben wir unser politisches System aufgebaut mit der direkten Demokratie, der Gewaltentrennung,
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Aggressives Auftreten passt nicht zur
Schweiz?
Laut herumschreien hilft wenig. Wir
wollen eine Lösung mit dem wichtigsten Handelspartner finden, mit dem wir
auch kulturell eng verflochten sind.
Es ist aussergewöhnlich, dass sich ein
Bundesrat aktiv historisch zu Wort
meldet. Weshalb tun Sie das?
Die Historiker sind die Spezialisten, aber
die Regierung kann sich – wie die übrige
Bevölkerung auch – für Geschichte interessieren und sich in die Debatte
einbringen. Es ist unsere gemeinsame
Geschichte.
Welche geschichtlichen Ereignisse interessierten Sie als Kind in der Schule?
In der Primarschule haben mich die Helvetier besonders stark interessiert. Ich
fand es spannend, dass sie ihre Siedlungen und Felder zerstörten, bevor sie loszogen, um sich anderswo ein neues Leben aufzubauen. Ihr Auszug scheiterte.
Geprägt haben mich auch die Geschichten des 20. Jahrhunderts mit den beiden
Weltkriegen.
Und die Gründung der modernen
Schweiz von 1848?
Das Interesse für das 19. Jahrhundert
kam erst, als ich bereits Politiker war.
16
Südostschweiz vom 30.3.2015, Seite 16.pdf
KULTUR REGION
Südostschweiz | Montag, 30. März 2015
«Das Gebet ist die Waffe der
kämpfenden Kirche»
Im Rahmen der Reihe «Geistesgrössen Graubündens» erläutert der Historiker Jan-Andrea Bernhard die Bedeutung des
Engadiner Gelehrten Rosius à Porta (1734–1806).
D
von Jan-Andrea Bernhard*
as Unterengadin hat
durch rund vier Jahrhunderte mehr reformierte
Geistliche als alle anderen Gebiete Graubündens
hervorgebracht. Der in Ftan geborene
Petrus Dominicus Rosius à Porta ist
freilich eine Ausnahmeerscheinung in
jeder Hinsicht. Nach der ersten Schulbildung absolvierte er Studien in Bern,
zog dann aber weiter nach Ungarn
und Siebenbürgen. Nach seiner Rückkehr und Ordination wirkte er während 50 Jahren als Pfarrer in Deutsch-,
Italienisch- und Romanischbünden.
Bekannt geworden ist à Porta vor allem durch seine zweibändige «Historia
Reformationis Ecclesiarum Raeticarum» (Chur/Lindau, 1771–1777), die
bis heute Grundlage sämtlicher historischer Forschungen Graubündens vor
1770 ist.
So erstaunt es, dass im «Lexicon istoric retic» unter dem Abschnitt Istoriografia Rosius à Porta nicht einmal erwähnt wird. Während Nott da Porta
mit seiner «Chronica rhetica» (Scuol,
Geistesgrössen
Graubündens
suedostschweiz.ch/dossier
1742) – ein aus historiografischer Sicht
absolut unbedeutendes Werk – behandelt wird, wird die bahnbrechende
«Historia Reformationis» mit keinem
Wort bedacht. Auch in der «Istorgia
Grischuna» wird er kaum erwähnt. Die
jüngsten rätoromanischen historischen
Standardwerke räumen offenbar dem
Engadiner Gelehrten keine besondere
Stellung ein. Bereits im 19.Jahrhundert
fiel die Bedeutung à Portas immer
mehr der Vergessenheit anheim.
Von der Aufklärung beeinflusst
Die erste Schulbildung genoss à Porta
bei den beiden Ftaner Ortsgeistlichen
Sebastian Secca und Johann Rosius à
Porta, die beide durch herrnhuterisches Gedankengut geprägt waren.
Aufgrund seiner ausserordentlichen
Begabung zog er 1751 nach Bern und
später – als erster Student Graubündens und der Schweiz – nach Debrecen
(Ungarn) und Nagyenyed/Aiud (Siebenbürgen). Während à Porta bereits
fliessend Rätoromanisch, Deutsch und
Lateinisch sprach, eignete er sich in
Die umfassende
Bildung à Portas
ist bemerkenswert:
Setzte er
sich doch mit
sämtlichen geistigen
Strömungen
der Aufklärung
auseinander.
den Studienjahren auch die Sprachen
Griechisch, Hebräisch, Französisch,
Ungarisch und Walachisch (Rumänisch) an. Seine Korrespondenz ist bis
heute lebendiges Zeugnis dafür. Abgeschlossen hat à Porta seine Lehr- und
Studienjahre im Norden Siebenbürgens, wo er eine Buchdruckeranlehre
absolvierte. Später sollte er in S-chanf
eine eigene Druckerei betreiben.
Die umfassende Bildung à Portas ist
bemerkenswert: Setzte er sich doch
mit sämtlichen geistigen Strömungen
der Aufklärung auseinander. Theologisch eine liberale Haltung des altreformatorischen Glaubens vertretend,
widmete er sich der unitarischen
Theologie gleichermassen wie dem
französischen Rationalismus. So studierte er in Debrecen beim international bekannten Physiker und Mathematiker István Hatvani. Es erstaunt nicht,
dass er sich eine für seine Zeit bemerkenswerte Bibliothek von etwa 700 Titeln anschaffte, mit Werken aus allen
geistesgeschichtlichen Strömungen seiner Zeit wie auch früherer Zeiten. Die
Schüler seiner Privatschule wurden damit kenntnisreich unterrichtet. Kein
Geringerer als der Gründer der Bündner Kantonsschule, Peter Saluz (1758–
1808), war einst Schüler bei dem Polyhistor à Porta.
Ein wahrer Schatz an Quellen
Seit Beginn der Sechzigerjahre des
18.Jahrhunderts sammelte à Porta
Quellen zur Bündner Kirchen-, Geistesund Literaturgeschichte. Manche seiner historiografischen Werke blieben
ungedruckt, so zum Beispiel seine rätoromanische und italienische Literaturgeschichte, die bis heute von unschätzbarem Wert sind.
Dank ihm blieb
Material erhalten,
das ein reiches
Zeugnis abgibt,
wie das Leben
als reformierte
Minderheit in den
Untertanenlanden
in Wirklichkeit war.
Das Titelblatt eines seiner Werke: Das «Compendio» ist die italienische Zusammenfassung
von Rosius à Portas «Historia Reformationis» und war besonders für den Schulgebrauch
Pressebild
bestimmt.
Gedruckt wurden hingegen die beiden ersten Teile der bahnbrechenden
«Historia Reformationis», wobei à Porta unter «reformatio» auch katholische oder aufklärerische Reformbemühungen verstand. Bahnbrechend ist
das Werk darum, weil unzählige Quellen verwertet und extenso gedruckt
wurden, von denen viele heute als verloren gelten. Zudem hat er als erster
Bündner die Erkenntnisse der historisch-kritischen Methode seiner Zeit
angewandt. So verarbeitete er möglichst alle bekannten Quellen in möglichst umfassender Weise, wobei er besonders um eine unparteiische und ob-
jektive Geschichtsschreibung bemüht
war. Ein wahrer Schatz an Quellen bieten zudem seine Untersuchungen zur
(Kirchen-)Geschichte in den ehemaligen Untertanenlanden. Gerade die
Darstellung von historisch bis heute
schwer belasteten Ereignissen wie des
Veltliner Mordes beziehungsweise des
Sacro macello (1620) zeugen, im Vergleich mit seinen Zeitgenossen, von
einer erstaunlich objektiven Geschichtsschreibung.
Reformierte Bündner vertrieben
In die Geschichte eingegangen ist à
Porta schliesslich wegen seines Ein-
satzes für die letzten Reformierten
von Chiavenna. Als Pfarrer von Castasegna betreute er die rund 300 reformierten Gläubigen, die etwa 15 Prozent der Bevölkerung Chiavennas
ausmachten. Trotz Toleranzpatent
(1781) von Kaiser Joseph II. waren die
Reformierten immer mehr konfessionalistischen Anfechtungen ausgesetzt. Die Politisierung der konfessionellen Frage führte schliesslich dazu,
dass im Jahr 1793, im Angesicht europaweiter Forderungen nach Toleranz,
die reformierten Bündner unter mysteriösen Umständen aus ihren eigenen Untertanenlanden vertrieben
wurden.
À Portas Devise «Das Gebet ist die
Waffe der kämpfenden Kirche» verbot es ihm, deswegen politisch aktiv
zu werden. Dennoch hat er sich ein
bleibendes Verdienst erworben, da
durch seine erhaltene Korrespondenz, seine Berichte der dramatischen Ereignisse sowie seine kirchengeschichtlichen Studien unschätzbares Material erhalten blieb, das ein
reiches Zeugnis abgibt, wie das Leben
als reformierte Minderheit in den
Untertanenlanden in Wirklichkeit
war. Sonst wäre wohl auch dies vergessen worden.
* Jan-Andrea Bernhard ist evangelischreformierter Pfarrer in Castrisch/Riein sowie
Lehrbeauftragter an der theologischen und
philosophischen Fakultät der Universität
Zürich.
Im Rahmen der Reihe «Geistesgrössen Graubündens» schreiben Historikerinnen und
Historiker in loser Folge über Persönlichkeiten
aus der Geschichte Graubündens, die den
Kanton massgeblich geprägt oder sich
besonders hervorgetan haben – sei dies auf
sozialer, politischer, kultureller oder
wissenschaftlicher Ebene.
INS E R AT
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Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Dieses Inserat gilt nicht als Gutschein
B
Südostschweiz
vomdas
31.3.2015,
18.pdf
Vals,
DorfSeite
der
Mächtigen?
Ausgabe vom 27. März
Zum Artikel «Braucht es so ein
Projekt?»
Es ist keine Überraschung, dass sich
Remo Stoffel und Pius Truffer wie
gewohnt überall in Szene setzen:
sich in den Medien in den Mittelpunkt drängen, Verwirrung stiften,
sich mit Ankündigungen und hemmungslosen Versprechungen brüsten.
Der Kern des Lebens eines Dorfes sind seine Einwohner. Vals ist
nicht der Besitz nur der Valser, die
in Vals leben, Vals ist Heimat aller
Valser! Auch denen muss mit Respekt begegnet werden. Die Zukunft
eines Bergdorfes darf doch nicht in
den Händen einzelner Personen liegen, auch nicht von Finanzmagnaten.
Noch ist es nicht zu spät, noch
läuten die Glocken vom Kirchturm,
noch dürfen Bauern Bauern sein.
Doch wir wehren uns gegen eine
Fremdbestimmung durch einen
überdimensionierten Turm, der
von Reichen und Betuchten bevölkert werden soll. Vals soll «enges
Tal – weite Welt» bleiben.
bin ich schon sehr erstaunt, dass
schon nach wenigen Tagen der detaillierte Ablauf des Absturzes bekannt gegeben wurde. Es ist nicht
seriös, wenn der Staatsanwalt aufgrund einiger Wortfetzen und Geräusche auf dem Cockpit Voice Recorder ein Ablaufszenario bastelt.
Solange die Blackbox mit den Flugdaten nicht gefunden und ausgewertet ist, sind dies alles nur Speku-
Gasse
Ausga
Zum Ar
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Josias G
Nation
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(NFA) f
schen d
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die Geb
Leserbild: Was knipst da
Gerda Scheu aus Vals
Berichterstattung:
Auf Tadel folgt Lob
Ausgabe vom 30. März
Zum Kommentar «Der Wert der
Zeitung»
So wie ich die Berichterstattung
über den Absturz der HM 17 kritisiert habe, haben Sie mein volles
Lob für den Kommentar über den
Absturz von 4U9525. Als langjähriger Flugunfall-Untersuchungsleiter
Vom Auslöser der Kamera aufgeschreckt beäugt ein Rud
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Alberto Giacomettis Todestag zum
50.Mal. Vom 3. bis 12. April setzen sich
zwölf Anlässe mit dem Kulturerbe des
Tales auseinander, erinnern an die
Künstlerfamilie Giacometti und the­
matisieren kommende Ereignisse. So
entwickelt das Centro Giacometti der­
zeit eine interaktive App, auf der
Wohnorte und Staffeleistandorte der
Holzskulpturen von Ugo Giacometti
und Patrik Giovanoli vorgestellt. Viel­
versprechend klingt eine Veranstal­
tung im Hotel­Restaurant «Val d’Arca»
in Stampa. Iolanda Giovanoli erinnert
dort mit Anekdoten und Geschichten
an vergangene Zeiten. Ins Hotel
«Schweizerhof» in Maloja lockt eine
Begegnung mit dem zeitgenössischen
Giacometti nach.»
Eine geführte
Wanderung
Kunstfestival Bergell. Von morgen
Freitag, 3. April, bis Sonntag,
ermöglicht eine
12. April. Detailliertes Programm
unter www.kunstfestival.ch.
Entdeckungsreise
Die
Veranstaltungen
finden bis auf
Südostschweiz
vom
2.4.2015,
Seite
21.pdf
zu Bergeller Bauern
eine Ausnahme auf Deutsch und
Italienisch
statt.
und Tieren.
nua für die Zeit vom 2. Dezember bis
27.Februar 2016 an den Kunstschaf­
fenden Sven Egert. Der 34­Jährige ist
in Chur geboren und aufgewachsen.
Seit 2014 ist er Aktivmitglied bei
Visarte Graubünden, dem Berufsver­
band der visuell schaffenden Künstler.
Egert lebt und arbeitet heute in Chur
und Luzern. (so)
Klassikgrössen beehren das Flimsfestival
Die britische Sopranistin Emma Kirkby eröffnet am Sonntag zusammen mit dem Orchester Le Phénix das Flimsfestival.
Die Veranstalter laden zu insgesamt 26 Konzerten in Flims und Umgebung.
«Es gibt Künstler, die kann man nicht
einfach buchen, nicht für viel Geld
und nicht für Tausende Zusatzleistun­
gen – man kann sie nur überzeugen
mit einer Idee, einer Kombination,
einer Begeisterung, die sie spüren»,
schreibt Mathias Kleiböhmer, Inten­
dant des Flimsfestivals, in seiner Me­
dienmitteilung. Die deutsche Klarinet­
tistin Sabine Meyer zum Beispiel kön­
ne jeden Abend irgendwo auf der Welt
spielen, aber sie komme am 23.Juli
mit dem Carmina Quartett nach Flims.
Ebenfalls eine Grösse der Klassik­
szene konnte Kleiböhmer für den Auf­
takt des Flimsfestivals verpflichten: die
britische Sopranistin Emma Kirkby. Sie
wird zusammen mit dem Orchester Le
Phénix am Sonntag, 5.April, um 17 Uhr
in der reformierten Kirche in Flims
Werke von Antonio Vivaldi, Giovanni
Battista Pergolesi und Henry Purcell zu
Gehör bringen.
Musikalisch breit gefächert
Insgesamt 26 Konzerte umfasst das
diesjährige Flimsfestival. Die meisten
davon finden Mitte Juli statt. Musika­
lisch reicht das Spektrum von der Re­
naissance, dem Barock und der Klassik
über den Jazz, Flamenco und Salsa bis
zum Ländler. Den Bereich Flamenco
deckt beispielsweise Nina Corti ab. Zu­
sammen mit dem Flamencotänzer Ale­
jandro Granados, dem Flamenco­Sän­
ger Manuel Gago und weiteren Musi­
kern steht die Schweizer Flamenco­
Tänzerin am Sonntag, 24.Mai, um
17 Uhr im Hotel «Waldhaus» in Flims
auf der Bühne.
Ländler erklingt am Sonntag, 12.Ju­
li, um 17 Uhr auf dem Heuboden von
Biobauer Schmid in Scheia. Auf dem
Programm steht die Streichmusik Al­
der, die Appenzeller Volksmusik zum
Besten geben wird.
Einen Ausflug in die Welt der Klez­
mermusik unternimmt das Flimsfesti­
val mit dem Konzert der Band Shash­
likh. Das Trio aus Dresden tritt am
Mittwoch, 22.Juli, um 19 Uhr im Hotel
«Adula» in Flims auf. In der Besetzung
Klarinette, Gitarre und Bass spielt das
Ensemble Traditionals, Bearbeitungen
und Eigenkompositionen.
Heinz Holliger spielt Oboe
Als weiteren Höhepunkt des Festivals
erwähnt Kleiböhmer den Auftritt von
Heinz Holliger am Samstag, 15.August,
um 20 Uhr in der reformierten Kirche
in Flims. Der Schweizer Oboist, Diri­
gent und Komponist habe sowohl auf
dem Gebiet der Alten Musik als auch
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
für die Neue Musik Bahnbrechendes
geleistet, schreibt Kleiböhmer. «Er
machte die Oboe zum Star­Instrument,
dirigiert auf höchstem Niveau und
komponiert obendrein Erstaunliches.»
Oboist Holliger spielt seine Komposi­
tion «Meta Arca», Werke von Johann
Sebastian Bach, Sándor Veress und Jan
Dismas Zelenka. (so)
Das vollständige Festivalprogramm
findet sich im Internet unter
www.flimsfestival.ch.
Ticketreservation unter
www.starticket.ch und unter der
Telefonnummer 0900 325 325.
Südostschweiz vom 2.4.2015, Seite 25.pdf
Südostschweiz | Donnerstag, 2. April 2015
Die Chronologie der Karwoche
Was feiern Christen an Ostern? Regelmässige Umfragen zeigen, die Bedeutung des Osterfestes ist vielen
nicht geläufig. Dabei gründet sich die gesamte christliche Lehre auf die Geschehnisse der Osterwoche: Jesus
Kreuzigung und Auferstehung von den Toten. Der Versuch der Rekonstruktion eines historischen Krimis.
25
Tipps
Lebensstationen
in einem Buch
Wer sich für das Leben Jesu
interessiert, ist das Buch
«Jesus Christus – Die Biografie» von Peter Seewald
ein guter Lesetipp. Der
Journalist Seewald besucht die biblischen Stätten in Israel und beschreibt in einem Mix aus
Reisetagebuch, Interview
und Biografie die Lebensstationen von Jesus und
die religiösen Hintergründe der damaligen Zeit. (cb)
P
von Christian Bauer
almsonntag, April im Jahr
30 nach Christus: Zigtausende Pilger strömen aus
allen Teilen des Landes
nach Jerusalem, um das jüdische Pessachfest zu feiern, dem Gedenkfest an den schicksalshaften Auszug aus Ägypten unter Moses. Die Lage ist angespannt. Die römischen Besatzer und die jüdischen Hohenpriester befürchten Unruhen. Es brodelt im
Land, die Menschen erwarten den
Messias und die Befreiung von den
Römern. Jesus reitet auf einem Esel in
die Stadt – eine Provokation für die
Hohenpriester. Damit erfüllt er die
Prophezeiung aus dem Alten Testament, dass der Messias auf einem Esel
reitend erscheinen werde. Zuvor hat
er Lazarus von den Toten erweckt. Die
Menge strömt herbei, um den Mann
des Wunders zu sehen. Sie breiten ihre
Kleider und Palmzweige vor seinen
Füssen aus. «Gelobt sei der da kommt
im Namen des Herren», rufen sie. Die
Machthaber haben ein Auge auf ihn.
Jemand, der als der erwartete Messias
gefeiert wird, können sie nicht dulden.
Montag vor Ostern: Der Vorhof des
Tempels quillt über vor Menschen, die
Opferlämmer kaufen und Geld wechseln. Ein florierendes Geschäft, das
mehr der eigenen Bereicherung dient,
als zur Ehre Gottes. «Mein Haus soll
ein Bethaus sein, ihr aber macht eine
Räuberhöhle daraus», ruft Jesus und
vertreibt die Händler aus dem Tempel. Eine Provokation an die Priester.
Dienstag vor Ostern: Jesus predigt
im Tempel, wohin die Menschen kommen, um ihm zuzuhören. Sie wollen
wissen, was dieser charismatische
Wundertäter zu sagen hat. Pharisäer
und Schriftgelehrte versuchen, Jesus
mit theologischen Fangfragen zu einer
Gotteslästerung zu bewegen.
BÜCHERTIPP
Peter
Seewald:
«Jesus Christus
– Die Biografie». Droemer Knaur
Verlag. 704 Seiten. 45 Franken.
Ein Schaf erzählt
biblische
Geschichten
In den mehrteiligen Büchern erlebt die neugierige
Rica die bekanntesten biblischen Geschichten hautnah: Sie ist dabei, als Noah
die Arche baut und erlebt
auf ihr die grosse Flut. An
der Seite der Hirten erfährt sie von einem Engel
die Geburt des lang ersehnten Retters und kuschelt sich danach an den
kleinen Jesus. In einer der
neusten Geschichten – «Jesus und die Kinder» von
Katharina Mauder – erzählt Rica vom lieben Jesus und warum ihn die
Kinder mögen. Die Geschichten sind besonders
für Kinder ab drei Jahren
geeignet. (so)
Die grosse Kluft
Mittwoch vor Ostern: Jesus wird zur
Bedrohung für die Hohenpriester, die
in ihm eine Gefahr für ihre Macht sehen. Hohepriester Kaiphas beschliesst,
Jesus zu töten. Die Zeit drängt: «Es
darf auf keinem Fall während der
Festtage geschehen, damit es nicht zu
Unruhen im Volk kommt.» Am Abend
findet ein Festmal für Jesus und seine
Jünger im Hause Simon des Aussätzigen statt. Maria Magdalena salbt sein
Haupt mit wertvollem Öl. Judas Iskariot ist erbost über diese verschwenderische Tat. Mit dem Geld, so meint
er, hätte man Armen helfen können.
«Die Frau hat ein gutes Werk an mir
getan. Denn Arme habt ihr allezeit bei
euch, mich aber habt ihr nicht allezeit», weisst ihr Jesus zurecht. Die
Kluft zwischen Judas und Jesus wird
grösser. Er geht zu den Hohenpriestern und bietet an, Jesus zu verraten.
«Was wollt ihr mir geben?» Man bietet
ihm dreissig Silberlinge.
Gründonnerstag: Der Höhepunkt
des Pessachfestes, die Menschen kommen zusammen, um gemeinsam das
jüdische Festmahl zu zelebrieren. Jesus feiert mit seinen zwölf Jüngern.
Jesus weiss, es ist ein Abschiedsfest,
die Jünger ahnen von der der drohenden Gefahr nichts. Der Tisch ist mit
den traditionellen Speisen gedeckt:
ungesäuertes Brot, Bitterkraut, der
Brei Haroset und Wein. Als Zeichen
seiner Liebe wäscht Jesus den Jüngern die Füsse. «Liebet einander, wie
ich euch geliebt habe», trägt er ihnen
auf. Judas schleicht sich davon, um Jesus zu verraten. Jesus segnet das Brot:
«Nehmet, das ist mein Leib.» Er segnet
den Wein: «Nehmet, das ist mein
LEBEN
Ein bekanntest Bild für Christen: die
Kreuzigung von Jesus. Bild Christian Bauer
Blut.» Mit seinen zwölf Gefährten
zieht Jesus aus der Altstadt durch das
Kidron-Tal zum Garten Gethsemane.
Er ist verzweifelt. Inmitten der alten
Olivenbäume zieht er sich zum Beten
zurück. «Mein Vater, ists möglich, so
gehe dieser Kelch an mir vorüber», bittet er. Doch er erkennt: «Nicht wie ich
will, sondern wie du willst.» Derweil
zieht eine Kohorte mit Schwertern
und Stangen herbei, angeführt durch
Judas Iskariot, der seinen ehemaligen
Herrn durch einen Kuss verrät. Es
kommt zum Tumult, bei dem die Jünger Jesus zu verteidigen suchen. Petrus haut mit seinem Schwert einem
Knecht das Ohr ab. Jesus gebietet Einhalt. «Wer das Schwert nimmt, soll
durch das Schwert umkommen.» Jesus heilt den Knecht und geht mit ihnen.
Der qualvolle Tod
Karfreitag: Jesus vor dem Hohen Rat.
Die Verhandlung ist ein Schauspiel:
das Urteil ist schon getroffen. Falsche
Zeugen werden geladen, Jesus verhöhnt, geschlagen, doch er schweigt.
Nur einmal spricht Jesus. Hohepriester Kaiphas: «Bist du der Sohn Gottes?» – «Du sagst es!» Nun hat Kaiphas,
was er braucht: eine Gotteslästerung.
Kaiphas möchte den Tod des Aufwieglers, doch er darf nach römischem
Recht aber keine Todesurteile fällen.
Sie führen Jesus zum Stadthalter Pontius Pilatus, der allerdings keinen
Grund findet, Jesus töten zu lassen.
Doch Pilaus kann sich keine Unruhe
in Jerusalem erlauben. Was soll er ma-
Auf einen Felsen, der
aussieht wie ein
Totenschädel legen
die römischen
Knechte Jesus auf
das Kreuz und
treiben Nägel in
Handgelenke und
Füsse.
chen? Traditionell wird an diesem Tag
einem Gefangenen die Freiheit geschenkt. «Wen soll ich euch losgeben,
Barabbas oder Jesus?» Die Menge, angestachelt von den Hohenpriestern,
möchte Barabbas Freilassung. Jesus
wird verurteilt und gefoltert. Die
Knechte dreschen mit Peitschen auf
ihn ein, die Haut und Fleischstücke
aus seinem Körper reissen. Sie setzen
ihm eine Dornenkrone auf. Geschunden und erschöpft nimmt er sein
Kreuz und trägt es zur Richtstätte Golgatha ausserhalb der befestigten
Stadt. Jesus fällt mehrmals, die Menge hat sich am Zugweg versammelt. Simon von Cyrene trägt das Kreuz für
den erschöpften Jesus. Auf dem kleinen Felsen, der aussieht wie ein Totenschädel legen die römischen Knechte
Jesus auf das Kreuz und treiben Nägel
in Handgelenke und Füsse. Der Tod
am Kreuz ist qualvoll. Atemnot, Durchblutungsstörung, Erschöpfung. Ein
Unwetter zieht auf. Um drei Uhr nachmittags stirbt Jesus mit den Worten
«Vater, ich befehle meinen Geist in
deine Hände.» Die Sonne verdunkelt
sich, ein Erdbeben erschüttert Jerusalem. Dann legt man Jesus in ein neues
Grab und verschliesst es mit einem
Stein.
Ostersonntag: Maria Magdalena
geht zum Grab. Der Stein ist weggerollt, der Leichnam verschwunden.
«Was sucht ihr den Lebenden bei den
Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden.» Das Unerklärliche ist geschehen.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
BÜCHERTIPP
Katharina
Mauder:
«Jesus und die
Kinder». Ernst Kaufmann Verlag.
12 Seiten. 3.90 Franken.
Plädoyer für
Person Jesu
Seit über 2000 Jahren lässt
er die Menschen nicht los
und ist für viele ein täglicher Begleiter: Jesus Christus. Doch wer war er? Im
Buch «Jesus» hat der Heidelberger Professor Klaus
Berger ein Plädoyer für die
der Person Jesu geschrieben. (so)
BÜCHERTIPP
Klaus Berger:
«Jesus».
Pattloch Verlag.
704 Seiten. 29.90 Franken.
da musica Sedrun siu concert annual
2015 agl Eurovision Music Contest. Ils
concerts han liug sonda, ils 28 da mars e
dumengia da Pastgas, ilsQuotidiana
5 d’avrel min­
tgamai allas 20.15 en sala da scola a Se­
differentas tiaras dall’Europa, per las sicants giuvens ch’exerciteschan sut la
qualas ella ha mintgamai preparau in toc bitgetta da Hanspeter Bircher vegnan a
da musica. Tgi enconuscha buc il toc delectar vus cun entginas producziuns.
Barcelona
da Freddy Mercury
Mont­
Nus fagein in cordial beinvegni a nies
vom
27.3.2015,
Seite e13
(Nachtrag).pdf
serrat Cabaillé, ni il marsch Arnhem per concert annual ella Val Tujetsch.
Ils Russ a Sagogn
„ (abc) Cun perfecziun, ardur e pissiun:
Aschia savess ins circumscriver la moda da cantar dil quartet che sepresenta
vendergis proxim ella baselgia reformada da Sagogn. Igl ensemble vocal «Vi­
vat» da St. Petersburg interpretescha ovras
ord la liturgia ortodoxa e canzuns popula­
ras russas. Els ein gia stai pliras gadas en
Surselva. Ed era a Sagogn han els gia con­
certau. Ils quater cantadurs sesanflan da­
present sin ina turnea tras l’Europa centra­
la. Il menader e fundatur digl ensemble, il
bariton Victor Stupnev, vegn bugen puspei
en Surselva damai ch’el sa che la popula­
ziun ha ina affecziun pil cant. Il quartet se­
numna «Vivat» ed aschia presentan els era
lur repertori: Musica viva, virtuosa e voca­
la che vegn a far impressiun. Ils solists dal­
Il quartet che sepresenta vendergis proxim a Sagogn. Dretg il menader musical Victor
MAD
Stupnev che ha gia cantau pliras gadas en nossa regiun.
la metropola russa St. Petersburg vulan
schar tedlar en lur concerts ovras sacralas
da cumponists ch’ein buca schi enconu­
schents el vest. Igl ensemble da Victor
Stupnev s’auda tier ina uniun da canta­
durs solists che han absolviu il renomau
conservatori da St. Petersburg e che lavu­
ran sco docents e solists els megliers tea­
ters dalla tiara. Sin lur turneas retscheivan
els adina puspei ils medems lauds: segir­
tad stilistica, homogenitad ed accent sillas
pintgas caussas colligiau cun in volumen
vocal impressiunont. Il program ch’els
vegnan a presentar a Sagogn cumpeglia
ovras ord la liturgia ortodoxa naven dil
14avel tschentaner tochen tiel temps mo­
dern sco era musica sacrala e profana dil
baroc tochen tier canzuns da jazz e popu­
laras. L’entrada als concerts da «Vivat» ei
sco usitau libra. Ei vegn priu si ina collec­
ta. Igl ensemble rimna quella gada per la
staziun intensiva per neonatologia dil spi­
tal d’affons «St. Nikolaja Tschudotvorza»
a St. Peterspurg.
Igl ensemble vocal «Vivat» cun solists da St.
Petersburg concertescha vendergis, ils 27 da
mars 2015 allas 20.00 ella baselgia reformada
da Sagogn.
Tuns musica
fan surstar ig
tori. Quest
jamna con
scha Harpar
„ TRIN
Ap
(anr/hh) La
Trin dil mard
pli ils statuts
La vischnaun
las siat visc
quels. Dalla
meins quater
dil Plaun ei
Grischun ch’
pievel concer
constituziun
spectivamein
ziun regiuna
reclama
FREITAG & SAMSTAG
27.–28.03.2015
<wm>10CAsNsjY0sDQ30jUwMLE0NAAA_ATmTQ8AAAA=</wm>
<wm>10CFXKIQ7DQAxE0RPZmrG9sbaGVVgUVVVA2JKouPdH3ZYVfOmDt23VFL_u636szyJ6mgDRicre1bMc0EgruLmB7UYLI-f_caEjph1fI3AxH6QExZY5LdF8UR9njGvsD31frw_6y-4agAAAAA==</wm>
ANGEBOT GILT AN DEN ANGEGEBENEN DATEN.
Pressespiegel IN HAUSHALTSÜBLICHEN MENGEN UND SOLANGE VORRAT.
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
LA QUOTIDIANA
Quotidiana vom 31.3.2015, Seite 13.pdf
MARDI, IL
Il Fegl parochial grischun cumpara
Naven dil fenadur 2015 en 10 000 exemplars
„ (anr/gc) Suenter onns da prepara­
ziun – igl emprem sin impuls dil Cussegl
pastoral grischun e lu decisivamein,
era finazialmein, sut l’egida dil Corpus
Catholicum (baselgia catolica dil Gri­
schun) – e cun agid da gruppas da pla­
nisaziun e projectaziun cumpara il Fegl
parochial grischun inaga il meins na­
ven dil fenadur d’uonn. Entschiet vegn
cun 10 000 exemplars. L’ediziun vegni lu
a crescher en cuort sin 14 000. Purtadra
dil Fegl parochial grischun ei in’uniun gest
fundada. Sco redactura ei Sabine Claudia
Nold vegnida tscharnida. Il Fegl parochial
grischun triling serva sco organ d’informaziun per tuttas instituziuns dalla baselgia catolica dil Grischun.
Sabine Claudia Nold ei redactura
Sco redactura dil Fegl parochial grischun ei Sabine Claudia Nold, Favugn,
vegnida presentada. Ella ei teologa
evangelica, hagi denton era studegiau
teologia catolica e seigi sesocialisada
bein ella baselgia catolica. L’elecziun
d’ina teologa evangelica sco redactura
dil fegl parochial catolic ha – sco quei
ch’igl ei stau d’udir da pliras varts en la
radunonza – svegliau ton dubis sco damondas e schizun resalvas, schebein ella hagi il fundus necessari per redeger in
fegl parochial roman-catolic. Ella presenta las maximas da siu concept redacziunal. Finamira primara ei da rinforzar
la cardientscha persunala en loialitad
viers la baselgia catolica. In grond sustegn dat ad ella era la cumissiun redacziunala sut l’egida da Wally Bäbi ch’ei
s’engaschada era sco presidenta dil Cussegl pastoral grischun enormamein per
in fegl parochial cantunal. Lein sperar
ch’ei mondi tut bein e ch’adina dapli
pleivs fetschien part dil fegl parochial.
Coordinatura dalla part interna
(pleivs) ei Vreni Lötscher-Collenberg,
Aschera. La stampa procura l’interpresa
Casanova a Cuera. Siu menader, Stefan
Bühler, skizzescha co quei duei funcziunar. Sil fenadur ei l’emprema numera da
preparar ed edir. – A quels biars ch’ein
s’engaschai per la projectaziun, la realisaziun e la finanziaziun dil Fegl parochial
grischun vegn engraziau.
Ei entscheiva cun 20 pleivs
La radunonza da fundaziun dall’uniunpurtadra dil Fegl parochial grischun ha giu
liug venderdis vargau a Cuera sut l’egida dil
president dil di Edwin Büsser, Eigias/Landquart. 20 pleivs seigien sedeclaradas promtas da sustener ed han era abonnau tochen
ussa quei fegl parochial. Denter quellas secattan sis sursilvanas (Flem-Trin, Glion,
Lumnezia miez, Sagogn, Schluein e Val S.
Pieder – deplorablamein neginas sur Glion
e dalla Cadi). Per perschuader tuttas pleivs
da cooperar ei vegniu ediu igl atun vargau
ina numera d’emprova.
Statutas,
uniun­purtadra e suprastonza
La deliberaziun dallas statutas dall’uniun-purtadra dil Fegl parochial grischun dat buca gronda discussiun. Finamira dall’uniun ei d’edir mintga meins il
Fegl parochial grischun sco portavusch
dallas instituziuns catolicas cantunalas
(ordinariat, Corpus Catholicum, pleivs
ed ils posts specials dalla baselgia catolica). L’approbaziun dallas statutas succeda unanimamain.
Sco president dall’uniun-purtadra
vegn Edwin Büsser eligius. En suprastonza vegnan tscharni: Wally Bäbi, Flem
(che presidiescha era la gruppa redacziu-
nala); Maria Bühler, Favugn; Raimund
Städle, Cuera e sur Jürg Stuck, plevon a S.
Murezi. Revisurs da quen: Urs Bundi,
Cazas, e Helmut Bauschatz, Termin.
Grondas spetgas
Las spetgas el Fegl parochial grischun ein
– sco quei ch’igl ei secristallisau ella discussiun finala – fetg grondas. Buca meins
era il giavisch e la speronza
ch’el semovi
sper
puncto orientaziun ed informaziun sin
in ferm e solid funs roman-catolic per
rinforzar la cardientscha tier il singul ed
ellas pleivs grischunas.
■ RADIO
15.03 SOUNDCHECK (REP.)
20.03 RADIOARCHIV
■ RADIO RUMANTSCH
10.15 RADIONOVELA
Vic Hendry e sia ovra voluminusa
Paucs scrivents en Rumantschia han scrit
tant sco il tuatschin Vic Hendry. El ha bandunà il terrester la fin da l'onn passà en la
bella vegliadetgna da 94 onns. Eran ses texts
a l'entschatta anc bloccants e magari plain
sumeglias, sche eran ses texts l'atun da sia
vita splimads fin giu sin l'oss. Sut la pel va il
cuntegn da las «Brevs passas» ch’el aveva
scrit suenter la mort prematura da ses figl.
In bun ami dal scrivent tuatschin era
l'anteriur rectur da la scola chantunala
Lorenzo Chrubini, alias Jovanotti, ha in Arnold Spescha. Da ses contacts persunals e
Pressespiegel
disc nov: da Lorenzo 2015 udis in per sia correspundenza cun Vic Hendry ed intocs
novs. E musica nova datti er daLandeskirche Graubünden
Evangelisch-reformierte
Bibi Vaplan, Carlos Leal e Texas.
Redacziun: Jachen Prevost
Vita capita – episoda 657
Per tgi èn ils daners?
Mintga mais van dad in conto daners
sin in auter conto. Pajaments regulars na
duessan atgnamain betg far surstar in
banchier sco Remo Casty. Dentant
exact quai fan quests pajaments. Ma tge
pajaments?
Naven dil fenadur d’uonn cumpara el mintga meins.
«Cul vent» il disc nov da Bibi Vaplan
19.00 NOSS CHORS
MAD
06.00
06.06
06.30
06.40
06.50
07.00
07.06
07.30
07.40
07.50
08.00
08.06
08.30
08.40
09.00
09.05
09.15
09.30
09.45
10.00
10.15
10.30
10.55
11.00
Novitads
Actual la damaun
Novitads
Impuls dal di cun Silvio Camenisch
Revista da medias/Meteo
Novitads
Actual la damaun
Novitads
Kikeri6
Revista da medias/Meteo
Novitads
Actual la damaun
Novitads
Il chavazzin dal di
Novitads
La cuppina
Chalender
La truvaglia
Tge chaussas
Novitads
Radionovela
Famus e glorius
Rep. Impuls dal di
Novitads
rev
l’ord
„ (cc) L
ina revis
linguas. T
ta dal c
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ment da
nanza l
l’onn 201
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d’ina re
mancava
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za ussa se
l’ordinaz
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tisticas p
cretamai
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stica trad
tschient.
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pertschie
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Sco plur
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talianas.
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Retscher
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valan la
furmada
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main ent
ras visch
11.45
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14.03
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16.03
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21.03
22.00
Tota
Nov
Act
Pre
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Las
Nov
Rep
Nov
Rep
Nov
Sem
Pro
Pre
Nov
Act
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Nov
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Nov
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Nov
SURMEIR
Quotidiana vom 1.4.2015, Seite 11.pdf
MESEMNA, IL
Emigraziun e fugiteivs èn igl tema central
Origen Festival Cultural 2015
DA GION NUTEGN STGIER / ANR
„ La stad da giubileum è Riom igl li
da producziun digl Origen Festival
Cultural. Igl nov teater, igl casti ed igl
schler da schurmetg èn las tribunas
per las passa 100 producziuns. Per
veia è eneda daple er la gruppa «Commedia Origen» tgi dat magari allas
producziuns pi seriousas ena cunterpeisa divertenta. Antschet ò l’istorgia
da success digl Origen Festival Cultural
la stad 2005 cugl teater sot tschiel avert
«Francesco». Oz diesch onns pi tard è igl
festival la pi gronda occurrenza cultura­
la digl antier Grischun ed ena organisa­
ziun culturala tgi ò er sa fatg en nom sen
camp naziunal. An chel decenni ò Giovanni Netzer, igl iniziant digl festival,
adegna puspe fatg experimaints cun
preschentar las producziuns an lis sin­
gulars. Uscheia è el sto sen Gelgia, agl
Lai da Marmorera ed alla staziun da Tu­
ritg per numnar angal treis da chels lis
noua tgi las producziuns on attratg mel­
las e mellas aspectatours. Ossa chesta
stad mossa Giovanni Netzer l’attasche­
dadad tar Riom, cun aveir li, cun pacas
excepziuns, tot las preschentaziuns ain­
ten la vischnanca noua tgi Origen ò do­
micil siva digl 2011.
Adegna gia chella fegnameira
Graztga agl grond sustign da diversas
fundaziuns, da blers donatours generous
e la bagnvuglientscha digl mang public ò
Origen savia cumprar igl 2011 igl bagn
«Sontga Crousch» a Riom. Sen en grond
areal agl our dalla vischnanca da Riom sa
cattan ena gronda tgesa ed ena clavadei­
ra istorica. Gia biagia chels dus objects
veva avant 155 ons Lurintg Carisch, en
Surmiran tgi era emigro a Paris, nia retg
scu commersant e turno puspe an sies li
nateiv a Riom. Giovanni Netzer è allou­
ra er sto ple tgi ventirevel tgi Origen ò gia
l’occasiun da surpiglier igl bagn «Sontga
Crousch» dallas mongias domenicanas
da Menzingen. Pigl iniziant digl Origen
Festival Cultural era bagnspert cler tgi sia
fegnameira seia da far or dalla clavadeira
ena tgesa da teater per uscheia pudeir
giuier sur igl antier onn. Las lavours von
ossa gio ainten la fasa finala e per l’an­
tschatta dalla stad culturala duess igl nov
bietg da teater cun 210 plazs esser pront.
Er chesta stad èn dalla parteida a Riom saltunzas e saltunzs digls ballets statals d’Amsterdam, Hamburg e Vienna.
Fugiteivs: en tema siva tgi dat umans
Igls davos diesch onns ò Giovanni Netzer
adegna tscharnia en tema biblic per sias
producziuns ed adegna er fatg la punt tar
igl preschaint. Chegl fò el er chesta stad
cun deditgier las producziuns agl tema
«exodus», detg pi tgapibel all’emigraziun.
Oz seia chegl en tema mundial, en fatg tgi
succeda mintga de e la realitad per nun­
dumbrevlas persungas, ò detg Giovanni
Netzer ier tar la conferenza da medias a
Coira. Er igls Grischuns seian en pievel
d’emigrants, uscheia vegia per exaimpel
Alberto Giacometti, igl sculptour dalla
Bergiaglia, gia dad eir a Paris per daventar
en grond artist. La legenda da Gisep totga
tar egna dallas pi belas dalla litteratura
mundiala, ò accentuo Giovanni Netzer.
Er el vegia gia da bandunar igl sies datge­
sa cun vender igls sies diesch oters frars el
ed igl frar pitschen Benjamin an Egipta.
Solt survign planget
en post fix tar Origen
Muvimaint, chegl seia gio tschentaners
la pi simpla moda per s’exprimer, ò detg
Giovanni Netzer. An cumbinaziun cun
solt davainta igl muvimaint tar ena ex­
pressiun fitg particulara e cunzont tga­
pibla per mintgign. Uscheia realise­
schan quatter coreografs digls ballets
statals d’Amsterdam, Hamburg e Vien­
na aposta per Origen quatter produczi­
uns da solt tgi vignan preschentadas
chesta stad a Riom aint igl casti. Tottas
quatter producziuns on an ena moda u
l’otra er connex tar l’emigraziun. Egn
da chels coreografs è er Juanjo Arques,
igl Spagnol tgi vo ad Amsterdam da
success a success cun sies saltunzs e sal­
tunzas. Per el seia ena onour da pudeir
puspe neir a Riom cun ena gruppa. In­
augurada vign la «Clavadeira» a Riom
MAD
cun l’opra «Benjamin», messa an notas
da Gion Antoni Derungs ed interpre­
tada digl Ensemble Vocal Origen tgi
stat scu adegna sot la direcziun da Clau
Scherrer. Per Origen seia chegl er en
omagi agl cumponist sursilvan tgi vess
chest onn 80 onns, ò detg Giovanni
Netzer. Da Müstair anfignen Turitg sen
veia èn alloura er chesta stad igls cume­
diants dalla «Commedia Origen» tgi
rachintan l’istorgia dall’arca Noah an
ena moda divertenta. An sia moda ex­
prima alloura Peter Zumthor, egn digls
miglers batterists dalla Svizra scu tgi el
vei an tungs singulars l’emigraziun.
Scu adegna cumpeglia igl program
digl Origen Festival Cultural er la
«Laudes» e la «Complet», las occurren­
zas da cant gregorian dalla gruppa
«Cantori», noua tgi Rudi Netzer segna
per la direcziun.
„ SA
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Oster-Knaller!
Lammrack
im Kühlregal,
ca. 350 g,
per 100 g
Pressespiegel
Spargeln
weiss
Cantine Due Palme
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Herkunft siehe Verpackung,
1 kg
Selvarossa Salice
Salentino DOC Riserva Chesterfi
Quotidiana vom 1.4.2015, Seite 7.pdf
LEXICON ISTORIC RETIC
MESEMNA, ILS 1 DA AVRIGL 2015
7
Dals origins al temp modern tempriv
Istorgia da la diocesa da Cuira, part 1
„ L’uvestgieu da Cuira (episcopatus/
diocesis Curiensis) ha appartegnì il pli
tard – e probablamain senza interrup­
ziun – da ca. l’onn 451 fin al Contract da
Verdun (843) a l’archidiocesa da Milaun,
alura a quella da Magonza fin il 1803/18.
Patrocinis: 10avel tschientaner S. Gliezi,
dapi il 11avel tschientaner S. Gliezi e S.
Flurin. Sedia episcopala e catedrala:
Curt episcopala a Cuira.
Temp medieval
Dal 5avel tschientaner dateschan restanzas
d’ina baselgia al pe da la catedrala odierna
e d’ina chombra sepulcrala, reservada pro­
bablamain als uvestgs, da la baselgia da S.
Steivan a l’ost da la Curt episcopala. L’onn
451 ha signà l’uvestg da Com ina brev si­
nodala, redigida da l’uvestg da Milaun per
mauns dal papa Leo I, era en num da
l’uvestg absent Asinio da Cuira (pro [...]
Asinione ecclesiae Curiensis primae Rhae­
tiae episcopo). L’uvestgieu da Cuira, men­
ziunà per l’emprima giada en quest docu­
ment, è eventualmain vegnì fundà gia en il
quart tschientaner. El è sa sviluppà per
gronda part a l’intern dals cunfins da la
provinzia Raetia prima. En il 7avel tschien­
taner èn parts da la diocesa da Cuira, situa­
das al sid dal Lai da Constanza, vegnidas
attribuidas a l’uvestgieu da Constanza. Dal
6avel–8avel tschientaner han ils Zaccons/
Victorids occupà, per part en uniun persu­
nala, l’episcopat e l’uffizi dal preses. Suen­
ter il 806 ha Carl il Grond fatg da la Rezia
in contadi francon; el ha separà la pussan­
za ecclesiastica da quella civila ed ils bains
episcopals dal quels dal contadi. L’uve­
stgieu da Cuira ha ertà parts dals bains im­
perials carolingics en Rezia. L’imperatur
Otto I ha privilegià l’uvestg Hartpert sur­
tut a l’intern da la citad da Cuira ed en
Bergiaglia ed ha stgaffì las premissas per la
posiziun dominanta dals uvestgs da Cuira
sco signurs feudals e prinzis imperials du­
rant il temp autmedieval ed il temp medie­
val tardiv, savens en disfavur da la pastora­
ziun.
Il 1079/80, durant la dispita d’investi­
tura, è Norbert, il candidat imperial per
l’episcopat, sa fatg valair malgrà l’interdict
visavi Ulrich II, aderent dal papa; Ulrich II
è daventà il successur da Norbert. Ils
uvestgs suandants han pudì mitschar dals
embrugls d’investitura. L’uvestg Adelgott
(1151–60) ha refurmà las claustras da Ca­
zas, Müstair e Schänis ed ha promovì la
claustra da S. Gliezi a Cuira. Durant il
Rodel dals uvestgs da Cuira.
temp dals Hohenstaufens han ils uvestgs da
Cuira surveglià ils pass retics en servetsch
da la curt roiala, provocond qua tras tscher­
nas dublas e disturbis en la vita ecclesiasti­
ca. Durant l’interregn (1254/56–73) ha
l’uvestg Heinrich III de Montfort stuì sa
defender cunter la noblezza indigena. Il
1277 ha l’uvestg Konrad III de Belmont
clamà ils dominicans a Cuira ed ha promo­
vì, cunter la resistenza dal clerus secular, lur
activitad pastorala e la fundaziun da lur
claustra da S. Nicolai. Il 1300 ha l’uvestg
Siegfried von Gelnhausen cumprà liber la
chastellanaria imperiala da Cuira dals bar­
uns de Vaz ed è daventà nunzi da Heinrich
VII en l’Italia. Il 1347 ha l’uvestg Ulrich V
Ribi prendì partida per Carl IV e cunter
Ludwig il Bavarais, effectuond qua tras
l’annexiun parziala dal chapitel catedral
tras il marches Ludwig von Brandenburg e
garantind gronds privilegis a l’uvestg. Il
ferm schisma ha mess diversas giadas mal­
perina l’uvestgieu ed il chapitel catedral,
per exempel il 1388 en occasiun d’ina
tscherna dubla suenter la mort da l’uvestg
Johannes II Ministri. Numerus uvestgs ac­
tivs durant il 14avel e 15avel tschientaner
eran gronds cumbattants (per exempel
Hartmann II de Werdenberg­Sargans), au­
ters eran giurists e teologs cultivads (per
exempel Peter I Gelyto, Johannes III Am­
bundii, Johannes IV Naso, Leonhard Wis­
mair) en servetsch da l’Imperi ed enga­
schads durant ils concils da Constanza
(1414–18) e da Basilea (1431–49). Activs
savens a l’exteriur, stuevan els tralaschar lur
duairs spirituals e territorials u surlaschar
quels a vicaris generals. Lur privilegis ave­
van rinforzà il domini prinziepiscopal e gi­
dà a promover il traffic da transit en il ter­
ritori curretic; da l’autra vart avevan els pe­
rò era schendrà contracts cuntradictorics e
provocà confusiuns en dumondas da dretg.
Fitg cumplexa era la relaziun tranter ils
uvestgs e la Chasa d’Austria (Habsburgais)
che vuleva stabilir l’urden e far valair sia
predominanza entaifer il territori retic da­
vent da l’Austria e, suenter il 1363, era da­
vent dal Tirol.
Il 14avel tschientaner ha cumenzà ina
nova epoca en l’istorgia da l’uvestgieu e dal
chapitel catedral da Cuira. Las dretgiras au­
tas e la citad da Cuira aspiravan a l’autono­
mia, s’unind successivamain a la Lia da la
Chadé e cumbattond il domini episcopal
(il 1422 e 1435 han ils da Cuira assaglì il
chastè episcopal). In conflict prorut, surtut
en consequenza da la Faida da Schons,
(LIR)
La curt episcopala en il 17avel tschientaner. (Detagl d’ina tavla d’altar en la catedrala da
Cuira).
tranter il chapitel catedral e la Lia da la
Chadé d’ina vart e Heinrich von Hewen,
uvestg da Constanza ed administratur da
Cuira, da l’autra vart, ha mess la diocesa da
Cuira en ina gronda crisa enturn il 1450.
Anc pli fitg ha la Guerra svabaisa (1499)
sdarlossà la confidanza tranter l’uvestgieu e
la Lia da la Chadé. Al domini feudal dal
prinzi­uvestgieu da Cuira appartegnevan la
citad da Cuira, ils Quatter Vitgs, la Ber­
giaglia, il Surses, l’Engiadina, la Tumlea­
stga, il Puschlav, la Val Müstair ed il Vnu­
ost, en il temp autmedieval temporarmain
era Clavenna e Buorm, en pli bains spar­
pagliads a l’exteriur da quest territori, per
exempel en il signuradi da Flums. Tranter
ils vasals e ministerials dal prinzi­uvestgieu
eran las famiglias reticas las pli pussantas.
La diocesa spirituala tanscheva dal
Vnuost fin en la Val d’Ursera e dal Vorarl­
berg respectivamain da la Planira da la
Linth fin en il Mesauc, ma senza la Val
Puschlav. A la fin dal temp medieval era
l’uvestgieu da Cuira dividì en otg decanats
cun 183 pravendas. La pietusadad sa reflec­
tescha indirectamain en l’art sacral, en per­
duns ed en la liturgia. Menziun speziala
tranter las claustras reticas dal temp medie­
val meritan quellas da Mustér, Mariamunt,
Müstair, Faveras, Cazas, S. Gliezi, Curval­
da e S. Nicolai. Il chapitel catedral da Cui­
ra è attestà dapi l’onn 940. Lothar Deplazes
Temp modern tempriv
Sut l’uvestg Paul Ziegler era prorut in con­
flict avert, imminent dapi il temp medieval
tardiv, tranter l’uvestgieu e la citad da Cui­
ra. La refurmaziun, introducida a Cuira
enturn il 1525, aveva contribuì sia part a
quest conflict. Ils Artitgels da Glion dal
1524 e dal 1526 avevan limità il domini
episcopal a la Curt episcopala da Cuira
(part declerada anc il 1514 exemta da la ci­
tad da Cuira tras l’imperatur Maximilian I),
a la Fürstenburg en il Tirol, al signuradi da
Grossengstingen en Svevia (vendì il 1717 a
la claustra da Zwiefalten) ed a varsaquantas
restanzas da ses anteriur domini secular en
il Grischun, per exempel en la Val Müstair,
a Vaz ed a Farschno. Ils members dal chapi­
tel catedral, restads a Cuira, avevan admi­
nistrà la diocesa durant l’absenza da l’uvestg
en ils onns 1524–41 e garantì, sut circum­
stanzas disfavuraivlas, la survivenza da
l’uvestgieu. La Lia da la Chadé, da quel
temp anc prevalentamain catolica, aveva
pretendì en ses Sis Artitgels, stipulads en oc­
casiun da la tscherna da l’uvestg Lucius Iter
l’october 1541, ina vaira coadministraziun
da la diocesa. L’approvaziun dals artitgels
tras l’uvestg aveva garantì sia cuntinuitad ed
effectuà il 1543 la renconuschientscha da la
suveranitad episcopala sur la Curt episco­
pala a Cuira. Dapi il 1550 aveva ina maio­
ritad da las vischnancas grischunas adoptà
la cretta refurmada. La coadministraziun
seculara da la Lia da la Chadé è stada pia il
pretsch, acceptà era da la Sontga Sedia, per
la survivenza da l’uvestgieu da Cuira en la
Republica dividida politicamain e confes­
siunalmain. Ils ulteriurs territoris da la dio­
cesa en il Tirol, il Vorarlberg, il Principadi
dal Liechtenstein e la Val d’Ursera èn re­
stads catolics.
Las emprimas tentativas d’ina refurma
interna n’èn betg vegnidas interprendidas
dals uvestg da Cuira: Carlo Borromeo ha
visità il Mesauc (1581), ed ils emprims
nunzis papals a Lucerna han fatg pressiun
sin il chapitel catedral cun il sustegn dals
tschintg lieus catolics da la Confederaziun.
Pir l’uvestg Johannes V Flugi (1601–27) ha
però procurà per las refurmas necessarias
en il senn dal Concil da Trent: disciplina
dal clerus, nominaziun da missiunaris cha­
putschins, consolidaziun da la cretta cato­
lica. Ils chaputschins èn reussids a revivifi­
tgar la vita religiusa en diversas pravendas
bandunadas u mal pastoradas. A partir dal
1621 han operà, sut la protecziun da l’Au­
stria, chaputschins da la Germania dal Sid
(Fidelis von Sigmaringen) en la Lia da las
Diesch Dretgiras. En il Surmeir e Mesauc
èn stads activs numerus missiunaris
oriunds da las provinzas da Brescha e da
Milaun. Suenter il 1640 èn pliras baselgias
filialas vegnidas transfurmadas en praven­
das. Las recatolisaziuns, effectuadas durant
il temp dals Scumbigls grischuns sut cir­
cumstanzas favuraivlas, èn però stadas da
curta durada. L’intent d’eriger en Surselva,
sut l’avat da Mustér, ina quasidiocesa cun
18 pravendas ha chattà l’opposiziun da
l’uvestg il 1656 ed ha fatg uschia naufragi.
La situaziun finanziala n’ha betg permess
d’engaschar uvestgs auxiliars: ils uvestgs vi­
sitavan sezs lur diocesa.
L’intenziun da recuperar il possess
d’avant il 1524 n’è betg reussida: ni il Con­
tract da Lindau, conclus il 1622 sut pres­
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
siun da l’Austria, ni ils 18 artitgels stipulads
il 1623 tras il nunzi Alessandro Scappi
n’han pudì restituir l’uvestgieu. Sut l’uvestg
Johannes VI Flugi d’Aspermont (1636–
61) è sa stabilida la relaziun tranter las duas
confessiuns oravant tut en consequenza
dals stretgs contacts politics da las Trais Lias
cun l’Austria. L’engaschament dals missiu­
naris chaputschins en l’intschess da lingua
rumantscha ha permess da consolidar la
confessiun catolica en las vischnancas cato­
licas e per part era en quellas confessiunal­
main maschadadas. Las relaziuns cun l’Im­
peri, interruttas en il 16avel tschientaner,
èn puspè vegnidas stabilidas sut la protec­
ziun austriaca: a partir dal 1654 èn ils prin­
zi­uvestgs da Cuira puspè sa laschads repre­
schentar a las dietas imperialas. L’emprova
aventurusa d’occupar la Curt a Cuira cun
forza militara, interprendida dal colonel
Johann Peter Guler ils 18 da schaner 1656,
ha chattà la ferma resistenza da la citad da
Cuira refurmada. Las bunas relaziuns da las
Trais Lias e da l’uvestgieu da Cuira cun
l’Austria han manà ad in modus vivendi
vers la fin dal 17avel ed en il 18avel tschien­
taner e garantì la stabilitad en fatgs confes­
siunals. Ils uvestgs n’han betg pli giurà ils
Sis Artitgels dal 1541 e l’imperatur è sa la­
schà substituir a partir dal 1728 tras in cu­
missari a las tschernas da l’uvestg. Ils
uvestgs da Cuira han fatg frunt senza suc­
cess a la baselgia naziunala illuministica da
Joseph II en il Tirol ed en il Vorarlberg. Els
han stuì acceptar la plipart dals dictats,
tranter auter la liquidaziun da pliras clau­
stras. La tentativa austriaca da far da las
parts da l’uvestgieu da Cuira en il Tirol ed
en il Vorarlberg ina nova diocesa cun sedia
a Feldkirch n’è dentant betg reussida. Il re­
schim ecclesiastic dal prinzi ha provocà
cuntraversas era en il Principadi da Liech­
tenstein.
Divers plans d’instituir in seminari dio­
cesan a Cuira n’èn betg vegnids realisads.
Ils students da teologia dal Grischun han
perquai frequentà dapi l’entschatta dal
16avel tschientaner surtut ils collegis dals
gesuits a Lucerna ed a Friburg, ma era il
Collegium Helveticum a Milaun (a partir
dal 1579), il collegi dals gesuits a Dillingen
(1610) ed il Collegi da S. Barbara a Vien­
na (1624). Il 1649 è vegnida fundada a l’in­
tern da la diocesa da Cuira il collegi dals ge­
suits a Feldkirch. La recepziun en il chapi­
tel catedral pretendeva in origin aristocra­
tic u in titel academic. La refurmaziun ave­
va provocà ina gronda perdita d’entradas
ed il dumber dals canonis residenzials era
sa diminuì. Ils statuts, decretads il 1598
tras il nunzi Giovanni della Torre, avevan
fixà il dumber dals canonis catedrals (titu­
lars da las dignitads) a sis, ils ulteriurs 18
commembers dal chapitel catedral, che na
residiavan betg a Cuira (extraresidenzials),
avevan il dretg da participar a l’elecziun da
l’uvestg. Il prevost vegniva provedì da la se­
dia apostolica, il decan elegì dal chapitel, il
cantor ed il custos da l’uvestg. Ils Artitgels
da Glion dal 1524 e 1526 avevan limità fer­
mamain l’influenza da las dretgiras dioce­
sanas. Il vicari general era a medem temp
in canoni resident ed in uffiziant. El era en­
gaschà en il 16avel tschientaner mo tempo­
rarmain ed era entrà en uffizi pir en il
17avel/18avel tschientaner (puspè senza
interrupziun). Il Vorarlberg, il Vnuost, il
Mesauc, il Surmeir e la Surselva avevan
mintgamai in vicari ch’exortava il clerus a
la disciplina, infurmava la curia episcopala
ed organisava conferenzas pastoralas.
Pierre Surchat
Lexicon Istoric Retic
Il LIR cumpiglia bundant 3100 arti­
tgels (geografics, tematics, artitgels da
famiglias e biografias) davart l’istorgia
grischuna/retica e la Rumantschia.
Editura: Fundaziun Lexicon Istoric
Svizzer; versiun online: www.e­lir.ch;
versiun stampada: www.casanova.ch
u en mintga libraria.
26
Quotidiana vom 2.4.2015, Seite 27x.pdf
GIEVGIA, ILS 2 DA AVRIGL 2015
Pastgas ei dapertut
DAD URSICIN G. G. DERUNGS
S
criver aschia po parer naiv! Cu
il Proxim Orient e l’Africa settentriuala brischan e rescan da
purtar dapertut il fiug dil terrorissem dil Califat ded Al-Baghdadi,
la Isis. De quei Al-Baghdadi ch’ha
empriu siu mistregn ellas perschuns americanas digl Irak. En
quei Irak ch’ei ius en tocca cun la
davosa uiara e daventaus ina tauna
per il terrur.
T
uttina, Pastgas ei dapertut, e
duei era vegnir celebrau dapertut. Il terrorissem less ual ch’il
mund renunziass a Pastgas ed emblidass che quei ei ina fiasta de
pasch e d’empermischun de veta.
El less ch’il mund emblidass che
Pastgas ei dapertut. E de tuts.
Cert, la cardientscha pascala ella
levada de Jesus de Nazaret ha siu
origin en in liug precis, ed ei ligiada ad ina historia precisa, de quei
um ch’ha viviu el Proxim Orient,
ella Palestina avon duamelli onns.
Cun quella cardientscha ei Pastgas
ligiada. Pastgas ei perquei buc ina
«idea» neblusa senza temps e senza
liug, ina fantasia che nescha da
spiritualitads nundefinidas e nundefiniblas che savessen perquei era
buca resister all’uiara ch’il terrorissem declara a tut quei ch’ei bi.
P
astgas ei dapertut e de tuts,
perquei ch’ella transcenda era
quella cardientscha sezza. Pastgas
ei buca la proprietad ded ina religiun, ni ded ina confessiun. Quella fiasta ei buc ina proprietad cristiana. Ella ei buca serrada en in
dogma. Il sulet privilegi cristian,
sch’ins less schon discuorer de pri-
vilegis, ei quel d’astgar annunziar
che la levada de Jesus seigi de tuts.
Pastgas transcenda era il liug de siu
origin, sco quei ch’ella transcenda
nies temps, gie schizun nies calender. Igl ei significativ che Pastgas
croda buca sin in datum fix sco
Nadal. Ina naschientscha succeda
en in liug e dad in cert datum,
aschia ch’ei veva in senn, schebi
buca raschuns historicas, da fixar
la naschientscha de Jesus sils 25 de
december. Per Pastgas han ins anflau ina cunvegnientscha: l’emprema dumengia suenter l’emprema
glina pleina de primavera. Las fasas della glina daventan aschia enzatgei sc’in criteri «super partes»
per definir il «temps» de Pastgas.
vv. 64–66). La risposta ei fetg articulada, sil funs della teologia de
Tumasch d’Aquino, mo humanamein – vul dir, è senza referiment
a Diu – adina actuala. Detg en
moda scursanida: esser el dretg
liug, emporta buca sch’igl ei pli
ault ni pli bass, ni «cheu» ni «leu».
«Ault» ni «bass», quei ein insumma categorias che vegnan neu dal
dubius spért de rivalitads. La cardientscha metta Diu el giug e precisescha cul poet: «En sia voluntad
ei nossa pasch» (v. 85).
R
esta denton ch’il carstgaun secuntenta buc e cala buca da
desiderar. E duei è buca far quei!
Quei ch’ins ei e quei ch’ins sa e
duei esser – quei ei «il dretg liug»,
mo che quei ei in liug aviert, pér
a formulaziun «Pastgas ei dapertut» anfla ina analogia, ina da contonscher. «Identitad», quei
ei buc ina bastiun serrada si anocorrespondenza ed en in senn in
viars e definida inaga per adina. Il
ulteriur commentari el tierz cant
carstgaun
ei vivs – e perquei è pér
dil Paradiso della Divina Commesin
via,
buc
arrivaus. Sia identitad
dia de Dante: «…ogni dove in cieei
«avegnir»,
ed exista mo ensemen
lo è paradiso» (vv. 88–89: …mintga liug en tschiel ei paradis). Dan- cun auters, tuts quels auters che
san «restituir» a mintgin l’atgna
te sesanfla cun Beatrice all’entschatta dil viadi el Paradiso, cheu fatscha ch’ins vesa sez mai. Mo en
quei dar e retscheiver essan nus –
el «tschiel della glina», il pli bass
detg teologicamein – «en sia voscalem, concepius tenor il model
luntad ch’ei nossa pasch», essan
astronomic de lez temps. La danus
el «dretg liug». Denton aschia
monda de Dante ei enzaco tipica
stuein
nus era buc esser zatgei che
per il patertgar human, memia human, buca madirau o. Numnada- nus essan buc.
mein il patertgar el senn de rivaliein turnar, per finir, a Pastgas
tads e de concurrenza. Ils evangelis
ch’ei dapertut e de tuts. «Il
raquentan ch’ei deva quei schizun
dretg liug» per tuts. Ei dat, sco
denter ils giuvnals de Jesus, numnadamein la damonda tgi che seigi detg, buca «proprietaris» de quella
fiasta. Per tuts ei Pastgas era «aveil pli grond. El cant dil Paradiso
gnir» viers il qual ils cartents camidamonda Dante: «Vus ch’essas
nan ensemen cun biars auters
cheu beai, desidereis vus buc in
liug pli ault per veser pli bia ed es- ch’ein – sco els ein, era els en lur
identitad aviarta – «el dretg liug».
ser pli ‘amitgs’ de Diu?» (Par III,
L
La
mai
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Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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ils posts da
tut 564 recl
2.
ausgewählte Kolumnen
aus den Lokal- und Regionalzeitungen
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Europas samt 35 000 Quadratmeter grosser Parkanlage im Bergdorf
realisieren wollen. Doch auch für
Visionen braucht es Businesspläne.
K_Bündner
Stattdessen wurden aus 200 Millio-
Nicht einmal die Verfügbarkeit des
Bodens, auf dem gebaut werden
soll, scheint geklärt. Da kann man
nicht anders als ratlos staunen.
Tagblatt
vom 28.3.2015,
Sonderbar mutet auch Stoffels Äus-
würde sich Letzteres wünschen,
Ersteres ist anzunehmen.
Luzi Bürkli ist Redaktor.
Seite
2.pdf
[email protected]
Z U M S O N N TAG
Die sanfte Macht
▸ N I K L AU S S C H U B E RT über
Jesu Einzug in Jerusalem
E
s geht auf Palmsonntag zu, wo der Evangelist Jesus einen
König nennt, der in Jerusalem
einzieht. Ich sehe das Bild der
Zürcher Malerin Helen Dahm
vor mit, das bei meiner Mutter
hängt, und erinnere mich an die
Worte einer Betrachterin, die Jesu Ritt auf einer Eselin so kommentierte: «Wie feindselig die
Stadt über Jesus aufragt.»
Wenn ich an die Geschichte
von Jesu Einzug in Jerusalem
auf dem Rücken einer Eselin
denke, bin ich irritiert. Unter
einem König stelle ich mir etwas
anderes vor. Als Schweizer ist
mir zwar das Königtum unbekannt, ich weiss nur, dass ein
König heutzutage viel kostet,
nichts zu sagen hat und der
Klatschpresse als Seitenfüller
dient. Aber in der Zeit Jesu war
«König» ein bekannter Begriff
und verkörperte Macht und Einfluss. Der Evangelist Matthäus
brauchte den Begriff des Königs
für Jesus, um damit Jesu Machtfülle auszudrücken. Aber Jesus
zieht nicht mit einem Pferd, sondern auf einem Esel in Jerusalem ein, und Matthäus nimmt
bei der Beschreibung von Jesu
Einzug in Jerusalem die Worte
des Propheten Jesaja auf. Dieser
hatte geschrieben: «Sein König
kommt zu dir, sanft, und auf
einem Esel reitend.»
Das widerspricht den landläufigen Vorstellungen von der
Macht eines Königs. Man fühlt
sich an Auftritte eines Popstars
eines oder einer Staatslenkenden erinnert, wenn es heisst:
«Eine riesige Menschenmenge
hatte auf dem Weg ihre Kleider
ausgebreitet, einige schnitten
Zweige von den Bäumen und
breiteten sie auf dem Weg aus.»
Anders herrscht ein von Ludwig Uhland beschriebener König: «Dort sass ein stolzer König,
an Land und Siegen reich, er sass
auf seinem Throne, so finster
und so bleich; denn was er sinnt,
ist Schrecken, und was er blickt,
ist Wut, und was spricht,ist Geissel, und was er schreibt, ist Blut.»
Ein Blick ins vergangene
Jahrhundert gibt zu denken und
gibt der eingangs erwähnten Betrachterin des Bildes recht: Der
Friedensnobelpreisträger Martin Luther King wurde ermordet, Hitler vom Volk gewählt.
N I K L A U S S C H U B E R T ist Theologe.
Er lebt in Davos Dorf.
L E S E R B R I E F E Zum Hotel-Projekt in Vals und zur Wahl des Bauernpräsidenten
Stoffel und 300 Mio.
genügen nicht
Ein wenig Verrücktsein mag ab und
zu dem Leben sein gewisses Etwas
geben. Doch wenn eine Dorfgemeinschaft betroffen ist, sind Besonnenheit und Integrität gefragt.
Stoffel und Truffer präsentieren nun
als Investoren ein Hotel-Projekt
und wollen 300 Mio. Franken dafür
berappen – notabene ohne Banken.
Eine einfache Rechnung mit
den vorliegenden Angaben genügt,
um zu wissen, dass es sich um eine
billige PR-Kiste handelt: 18 m x 31 m
x 381 m = 212 598 m3 x 3000 CHF =
637 Mio. Die 3000 CHF/m3 sind bescheiden, angesichts der 5-SternTräume.
Würde es nicht um Vals gehen,
könnte man über diese Verrücktheit
schweigen. Aber es geht um die Zukunft eines Dorfes. Die Politiker, Behörden und die Justiz in Graubünden sind gefragt. Die Verantwortung
dem Stimmvolk zuzuschieben ist zu
einfach. Luftschlösser benötigen
bekanntlich keine Baubewilligun-
gen, aber Vals vielleicht bald einen
Wachtmeister Studer.
PS: Die Gemeinde Vals gewährt
Stoffels Priora ein Darlehen über
acht Millionen – ungesichert.
▸ MARCEL MEYER, VALS
Grossartige Vision
oder Hirngespinst?
Der Turmbau zu Vals wird momentan heiss diskutiert. Dabei gleicht
Remo Stoffel immer mehr der alten
Dame in Dürrenmatts Theaterstück.
Jene war allerdings mit einem Opfer zufrieden. Herr Stoffel aber will
ein ganzes Dorf. Skrupellos wird
eine ganze Gemeinde dem Profilierungswahn von Einzelnen geopfert.
Sie wollen sich ein Denkmal setzen,
koste es was es wolle.
Seit der Grossinvestor die Dorfjugend mit Chicken Nuggets und
Bier gekauft hat, geht ein tiefer Graben durch das Dorf. Gewisse Leute
grüssen sich nicht mehr, die Hotelübernachtungen sind seit den Wirren massiv
gesunken, es geht wirtPressespiegel
schaftlich bergab und es herrscht
Katzenjammer. Die Akteure haben
das einst prosperierende ZumthorProjekt an die Wand gefahren.
Turm hin oder her, könnte man mit
dem vielen Geld nicht etwas Besseres, Passenderes bauen – etwas für
alle und nicht nur für Schwerreiche?
▸ LYDIA BAPST-JÖRGER,
LUVEN/VALS
CVP enttäuscht
Die CVP Graubünden nimmt das Resultat der Wahl des Präsidenten des
Bündner Bauernverbandes (BBV)
enttäuscht zur Kenntnis. Der Kandidat der CVP, Curdin Capeder aus
Cumbel, hätte dem Verband frischen Wind gebracht. Die CVP Graubünden freut sich aber über die
Wiederwahl von Curdin Capeder in
den Vorstand des BBV und gratuliert
ihm herzlich dazu! Die CVP Graubünden wird sich weiterhin aktiv
für die Landwirtschaft engagieren
▸ RETO CRAMERI, MEDIENVERANTWORTLICHER CVP GRAUBÜNDEN
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
K_EngadinerPost vom 28.3.2015, Seite 15a.pdf
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
K_PrättigauerHerrschäftler vom 28.3.2015, Seite 13.pdf
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
K_Quotidiana vomGIEVGIA,
2.4.2015,
Seite 27.pdf
ILS 2 DA AVRIGL 2015
indemnisanova lingia ziun (tud.)
(latin)
citad en
Russia
s
„ PLAID PER LA DUMENGIA
s
s
7
chemic
nichel w
ad per
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d‘auto per
l‘Austria
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La crusch vegn –
mo buca persula
L
DA FR. SILVIO DERAGISCH,
CAPUTSCHIN, TUMEGL
C
ons da nus portan il segn dal­
la crusch entuorn culiez! Ei
quei mo moda, ni ei quei era in
confess? Saver confessar era la do­
lur e la mort ell’atgna veta, quei ei
nuota aschi lev. In cuort text d’in
autur nunenconuschent sa gidar
nus da capir il simbol dalla crusch
in tec pli profund.
L
hliaziun da la cruschera
s 6 da mars 2015
L
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V
E
N
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27
S
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O
5
oluziuns dal legn cruschà èn d’in­
n ils 30 d’avrigl 2015 a la:
acziun La Quotidiana, Via
erau 32, 7007 Cuira u per mail
a l’adressa redacziun@laquoti­
h
redacziun da La Quotidiana
scha a lecturas e lecturs bun
ment e buna fortuna a la tscher­
la solu­ ziun da la cruschera
tada.
Redacziun La Quotidiana
a crusch cun siu lenn ensi ed
engiu unescha il mund ed il
tschiel. Enras quella uniun restan
dolur e mort, per quel che sa crer,
buca mo ina caussa da quest
mund. Bein pitescha il carstgaun.
Mo el astga era sefidar che la
crusch cheu sin tiara vegn buca
persula sur da nus. Ei vegn era adi­
na quel che penda vid la crusch,
Jesus da Nazaret.
L
a crusch cun siu lenn envi ed en­
neu cumpeglia vargau e futur.
Contas vulneraziuns porta scadin
carstgaun en sesez dapi l’affonza! E
mirein nus oz viaden el futur fa la si­
tuaziun en nies mund malruasseivel
e plein disgrazias ed uiaras tema. Era
gl’affon Jesus ha dall’entschatta dalla
veta cheu sin tiara sentiu il stuschau
ora dalla cuminonza cun nescher en
ina paupra casa avon ils mirs da Bet­
lehem. Ed era suenter sia levada da
mort en veta ha el profetisau a ses
giuvnals buca mo bi e bien, mobein
era stuer pitir en num da sia buna
nuviala.
a crusch cun siu lenn che va
sin tuts mauns embratscha ils
vivs ed ils morts. Sco misericordei­
vel bab ella semeglia, che embra­
tscha siu fegl che retuorna puspei a
casa, aschia stenda era il crucifigau
o sia bratscha enviers il malfa­
tschent che roga Jesus per perdun.
Quei muossa a nus che Dieus ei
entras siu fegl Jesus Cristus pli
gronds che tutta cuolpa. EL offere­
scha al carstgaun l’embratschada a
vivs e morts – e nus carstgauns
cheu sin tiara envida el d’acceptar
quella embratschada.
H
endry Spescha da Domat ha
relaschau a nus 1958 ils
suandonts plaids:
En tes mauns
Nus curdein en Tes mauns
Bab en tschiel e sin tiara
ed essan salvai.
Nus clamein si tier Tei
dal profund dalla tiara
ed essan spindrai.
Nus cartein enten Tei.
En Tes mauns nus ensiara!
Nus essan semtgai.
V
enderdis sogn. Sogns ei quei
di perquei che Dieus fa nus
sogns e salvs entras il pitir e murir
da siu fegl Jesus. Ord quella per­
spectiva savein nus celebrar oz,
venderdis sogn, cun tutta per­
schuasiun la liturgia dalla crusch.
Ord quella perspectiva savein nus
purtar sco confess ina pintga
crusch entuorn culiez.
OVITADS WWW.RTR.CH
O da Transocean ha
udagnà il pli bler
ger da Transocean, Steven Newa gudagnà l’onn passà 14,2 mil­
nunspetgà ha era gì influenza sin las aczias. fegl ha descrit quel, uschia in pledader da
Lur valita è s’augmentada per 8,8%.Pressespiegel
la polizia. Dapli na vul la polizia betg com­
munitgar or da «raschuns
tacticas da re­
Evangelisch-reformierte Landeskirche
Graubünden
tschertga». In procuratur public ha inter­
rogà il delinquent probabel.
In mort ed otg blessads
en Svizra tras
3.
Themen aus überregionalen Zeitungen
NZZ, RP und Zeit
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
, die ich nach Kräften und so lange wie mögmeiner Erinnerung zu speichern suche –
wenn ich eigentlich glaube, dass man Freude
erinnern kann. Sie ist dem Vergessen geDenn aus irgendeinem unerklärlichen
bewahrt unser Gedächtnis Leid und Kumnd käut sie genüsslich wieder, während
smomente sich bald einmal im Nichts aufAls wäre das Glück seiner Natur nach zerch, kurzlebig, geneigt, mit dem ersten Winduf und davon zu fliegen, während die Trauer
uerhaft niederlässt und Wurzeln schlägt.
.........................................................................................
Eseddin, 1976 im Nildelta geboren, ist Schriftstellerin und
in. Auf Deutsch ist ihr Roman «Hinter dem Paradies» erhältüngstes Werk, «Jabal al-zumurrud», erschien 2014. – Aus
ischen von as.
ähne
Madrid auf den Cervantes-Effekt
ch wenn er und seine Mitarbeiter kaum weieweise brauchten.
rund einem Jahr machten sich Archäoloorensiker und Historiker unter internationaufsehen daran, die genaue Stelle des Grabes
hen. Zum Einsatz kamen unter anderem ein
dargerät und eine Endoskopie-Kamera.
ggeber und Träger des rund 115 000 Euro
Projektes war die Stadt Madrid, die zuvor
mit dem Orden und dem Erzbistum verhanatte. Die Nonnen fürchteten, sie würden in
Klausurleben gestört und müssten die Knoegen ihren Willen freigeben. Mit Recht, beKommentatoren. Sie nannten die Suche
Cervantes-Zirkus» oder forderten dazu auf,
der Schlagzeilen das Werk des Universalzu lesen. Die Stadt habe nur die Absicht, das
des Dichters kommerziell zu nutzen und als
ouristische Attraktion zu vermarkten.
ge es nach der Stadtverwaltung, stünde am
ril 2016 tatsächlich alles bereit für den ern weltweiten Andrang der Cervantes-Fans.
die Krypta mit der Grabnische ist Eigentum
initarierinnen-Ordens. Nun laufen erneut
ndlungen über die künftige Präsentation des
s, einen öffentlichen Zugang und die Verteier Einnahmen. Das Viertel, in dem das Klosht, ist als «Literaturviertel» bekannt. Wähes Siglo de Oro, des spanischen Barockzeitund danach lebten dort ausser Cervantes so
ge Autoren wie Quevedo, Gongora,
´
Caldela Barca oder Lope de Vega. Spaniens Kulister Jose´ Ignacio Wert träumt bereits von
nden wie in Stratford-upon-Avon: «Das wird
Stadt beleben wie Shakespeares Grab, das
ulturellen Pilgerstätte Englands geworden
Cervantes, seinerzeit in Armut gestorben,
ne grosse Feierlichkeiten bestattet worden.
tun, je nachdem, wie viel Druck unsere Fingerkuppen ausüben oder wie oberflächlich sie über
die Dinge hinwegfahren. Die Ausstellung macht
bewusst, wie viele Übersetzungsmöglichkeiten es
gibt. NZZ
Vielleicht
besteht
die Grundlage
von55.pdf
Vervom
28.3.2015,
Seite
ständnis ja darin, zu akzeptieren, wie schwierig es
ist, auch nur annähernd «fast» dasselbe zu sagen.
Presque la mˆeme chose, La Kunsthalle Mulhouse. Bis 10. Mai 2015.
Fussball in Basel, missraten
uha. V Wären die Ausstellungsmacher Fussballspieler, müsste man ihnen die rote Karte zeigen.
Ihre Schau zum Thema Fussball ist etwa so missraten wie Marco Strellers legendärer Strafstoss
gegen die Ukraine an der Fussball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Nur hatte der junge
Basler damals keine Zeit zum Überlegen. Was nur
hat das Historische Museum Basel, in der Schweiz
immerhin eines der führenden öffentlichen Häuser
für Vergangenheitsvermittlung, dazu bewogen, in
der Barfüsserkirche eine derart ahistorische und
oberflächliche Schau zu präsentieren, deren Ästhetik unweigerlich an die Werbebilder von Uefa und
Fifa erinnert? Will man einen Teil des Besucherstroms des St.-Jakob-Parks ins Museum umleiten?
Man sieht in der internationalen Koproduktion,
die für den Basler Standort mit Material zum FC
Basel angereichert worden ist, vor allem Spieler in
Siegerpose und entzückte Fans. Pflichtschuldig
werden das Problem der Gewalt und die Kommerzialisierung angeschnitten. Unter Letzterer verstehen die Kuratoren nicht mehr als die Werbespots der Ausrüsterfirmen, die man sich nochmals
anschauen kann. Die Geschichte der Fan-Kulturen
dagegen, der Spieltaktiken, des globalisierten Spielermarkts, der Trainingsmethoden, der sozialen
Herkunft des Publikums, ferner Themen wie
Doping, Frauenfussball, Männlichkeit, Regionalismus, Nationalismus und Homoerotik und so weiter
– keine Spur davon. Nur einen Gedanken hat sich
die Ausstellung gemacht: Sie vertritt die altbekannte und ausgereizte These, dass der Fussball eine
Religion sei. So sieht man also immer wieder
betende Fans und Spieler, die den Blick zum Himmel richten, einen neapolitanischen MaradonaAltar, prächtige neue Stadien, die eigentlich «Kathedralen» seien, und Fan-Friedhöfe (ja, die gibt es
tatsächlich). Dass die Ausstellung in einer umgenutzten Kirche untergebracht ist, ändert jedoch
nichts daran, dass die Analogie nicht trägt: Anders
als der Gläubige von seinem Gott erhofft sich der
Fan von seinem Klub weder das ewige Leben noch
Gesundheit. Er wünscht sich, dass sein Team Glück
hat und gewinnt. Gott hat Support nicht nötig.
Historisches Museum Basel, Barfüsserkirche: Fussball – Glaube. Liebe.
Hoffnung. Bis 16. August 2015.
KUNST- UND ARCHITEKTURREZENSIONEN
Aktuelle Besprechungen auf NZZ.CH.
www.nzz.ch/aktuell/feuilleton/kunstÂarchitektur/
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
58
Wissen NZZ vom 29.3.2015, Seite 58.pdf
NZZ am Sonntag 29. März 2015
Heilige
Sünderin
Sie liebte das Leben, wurde vom Papst als sittenlose Nonne
beschimpft und später zur Heiligen erklärt. Vor 500 Jahren
wurde die erste Kirchenlehrerin Teresa von Ávila in
Spanien geboren. Von Nina Streeck
U
nzüchtig sei sie, fröne ihren
«ausschweifenden Gelüs­
ten», diese «schmutzige
und sittenlose Nonne»: Was
Papst Gregor XIII. 1578 über
Teresa von Ávila sagt,
denken seinerzeit viele
kirchliche Würdenträger. Die Inquisition
verfolgt das Wirken der spanischen Ordens­
frau misstrauisch, der Ordensgeneral, ihr
Vorgesetzter, will sie in die Verbannung schi­
cken. Keine 45 Jahre später, 1622, erklärt
Gregor XV. sie zur Heiligen; 1970 ernennt
Papst Paul VI. sie zur Kirchenlehrerin, als
erste von vier Frauen, denen ein prägender
Einfluss auf die katholische Theologie zuge­
standen wird: eine besondere Ehre.
Heiligkeit hat die junge Teresa weniger im
Sinn, als sie sich zum Eintritt ins Kloster ent­
schliesst, sondern durchaus auch den
Wunsch, einer Ehe – und damit der Unter­
werfung unter einen Mann – zu entgehen. Sie
fürchte die Heirat, wird sie in ihren Lebens­
erinnerungen schreiben, das Bild ihrer Mut­
ter vor Augen, die als 14-Jährige heiratet und
20 Jahre später stirbt; da hat sie zehn Kinder
zur Welt gebracht. Teresa, geboren vor 500
Jahren, am 28.März 1515, ist ihr drittes.
Ehe oder Kloster? Als Nonne zu leben,
erscheint Teresa ebenfalls nicht sehr ver­
lockend. Wie die Mutter verschlingt sie
begeistert Ritterromane, sie ist lebenslustig,
schminkt sich gerne. Zwar ist sie als neunjäh­
riges Mädchen mit ihrem Lieblingsbruder
Rodrigo von zu Hause ausgerissen, um im
Land der Mauren als christliche Märtyrerin
zu sterben, sie hat mit ihren Freundinnen
gespielt, Einsiedlerin zu sein – doch sind das
bloss typische Kinderspiele damals; Ehre
und Rechtgläubigkeit werden Anfang des
16.Jahrhunderts in Ávila hochgehalten. Als
der Vater, ein adliger Kaufmann, die 16-Jäh­
rige nach dem Tod d er Mutter als Schülerin
ins Augustinerinnenkloster schickt, wird sie
bald krank und muss zum Vater heimkehren.
Innere Zerreissprobe
Vom geistlichen Leben fühlt sie sich angezo­
gen und abgestossen zugleich, leidet Gewis­
sensqualen und sieht sich als Sünderin. Ein­
einhalb Jahre schwankt sie, ob sie Nonne
werden soll. Schliesslich will sie sich «zum
Eintritt zwingen», obwohl sie den endgülti­
gen Schritt als «Gewalt gegen mich selbst»
empfindet, wie sie später schreibt. In einer
Novembernacht im Jahr 1535 schleicht sie
sich von daheim fort, denn der Vater hat
Angst um ihre Gesundheit und möchte sie
nicht gehen lassen. Sie wählt das Kloster zur
Menschwerdung in Ávila, weil dort schon
ihre beste Freundin lebt. Obwohl Teresa nun
zum Klosterleben fest entschlossen ist, bleibt
sie innerlich lange Jahre zerrissen. Erst mit
fast 40 Jahren wird sich das ändern.
Im Menschwerdungskloster gehört Teresa
zu den Bessergestellten, hat eine eigene
Wohnung und Bedienstete. Viele adlige
Familien aus Ávila bringen ihre Töchter dort
Leben wie
Eremiten
In einem Wohnhaus in Ávila
gründet Teresa
1562 das erste
Kloster der
unbeschuhten
Karmelitinnen.
Sie und ihre Mitschwestern wollten zur Ordensregel der Karmeliten zurückkehren, welche bereits die Eremiten auf dem
Berg Karmel
im 13. Jahrhundert befolgt hatten. (nst.)
unter, wenn sie sich nicht standesgemäss
verheiraten lassen. Die Nonnen leben nicht
in Klausur, sondern empfangen Besucher
und dürfen das Kloster auch verlassen.
Teresa ist beliebt, hat viele Freundinnen,
beteiligt sich rege an Klatsch und Tratsch –
und leidet doch unter der «Zerreissprobe, die
daher kam, dass ich gleichzeitig mit Gott und
der Welt verkehren wollte». Wieder wird sie
krank, schlimm diesmal. Die Ärzte wissen
keinen Rat, Teresa fällt in Ohnmacht, wird
schon für tot gehalten. Als sie nach drei
Tagen wieder erwacht, ist sie gelähmt. Es
dauert Jahre, bis die Lähmungen ganz ver­
schwinden; an ihrem inneren Zwiespalt
ändert sich nichts. Zwar vernimmt Teresa
einen hartnäckigen Ruf Gottes und fühlt sich
zum inneren Gebet hingezogen, doch locken
auch die angenehmen Seiten des Kloster­
lebens.
Freiheit im Kloster
Unerwartet kommt schliesslich die Wende.
Wegen eines Festes ist im Kloster eine Skulp­
tur des leidenden Jesus aufgestellt. Für
Teresa wird der Anblick zu ihrer ersten mys­
tischen Erfahrung, zahllose werden folgen.
Heute gilt sie als grösste christliche Mystike­
rin: «Aufgelöst in Tränen, warf ich mich vor
ihm nieder und flehte ihn an, mir ein für alle
Mal die Kraft zu geben, ihn nicht mehr zu be­
leidigen», schreibt Teresa. Von da an ist alles
anders. Die weltlichen Vergnügungen sind
nun belanglos, sie verlässt sich ganz auf Gott,
und das innere Gebet wird ihr lebenswichtig:
«Den Weg zu verlieren, bedeutet nichts an­
deres, als vom inneren Beten abzulassen.»
Sie sucht Beistand, einen geistlichen
Begleiter, mit dem sie über ihre Erfahrungen
reden kann. Ihr fällt es schwer, in Worte zu
fassen, was sie erlebt. Ein Engel habe ihr
Herz mit einem goldenen Pfeil durchbohrt
und sie «ganz und gar brennend vor starker
Gottesliebe» zurückgelassen, schreibt sie
und spricht von den «Augen der Seele». Bei
ihren Gesprächspartnern stösst sie teils auf
Verständnis, teils auf Unverständnis – doch
nichts mehr kann sie beirren. Mit einigen
Mitschwestern heckt sie die Idee aus, ein
neues Kloster zu gründen. Eines, in dem sie
ein gottgemässes Leben nach ihren eigenen
Vorstellungen führen können, nicht abge­
lenkt durch weltliche Versuchungen wie im
Kloster zur Menschwerdung: in Stille, arm,
und ohne Schuhe, wie es die Bettelmönche
vorgemacht hatten. Im Gebet wird Teresa
klar, dass sie den Plan umsetzen muss. Als
sich die Nachricht verbreitet, halten die
meisten in Ávila sie für verrückt oder lachen
sie aus. Und sie misstrauen der Sache: eine
Gemeinschaft von Frauen, von der Aussen­
welt abgeschirmt lebend? Ohne finanzielle
Absicherung? Würden sie, die Bürger Ávilas,
die Nonnen nicht durchfüttern müssen?
Listig plant Teresa die Gründung. Zwei
Mitschwestern geben ihre Mitgift, ihr Bruder
Lorenzo spendet weitere Gelder, die jüngste
Schwester Juana und ihr Schwager kaufen
ein Haus, angeblich, um es selbst zu bezie­
hen. Einige Ordensmänner unterstützen ihr
Vorhaben und verhelfen ihr zu einer päpst­
lichen Genehmigung. Als die Renovierung
des Hauses abgeschlossen ist, verlässt Teresa
am 24.August 1562 mit vier Mitschwestern
heimlich ihr altes Kloster und zieht in das
neue Haus ein. Sie feiern eine Messe, errich­
ten ein Tabernakel. San José soll das Kloster
heissen, «unbeschuhte Karmelitinnen»
nennen sich die Schwestern.
In Ávila herrscht grosse Aufregung. Aufge­
brachte Bürger werfen Steine gegen die Tür,
die Schwestern werden beim Rat der Stadt
angezeigt, Teresa muss unverzüglich ins alte
Kloster zurückkehren. Monatelang liegen
sich Teresa und ihre Helfer mit den Männern
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
der Stadt in den Haaren. Teresa bleibt stur
– und darf schliesslich zurück in ihr neues
Kloster. Zwar leben die Schwestern in Armut,
in kleinen Zellen mit Strohsack, Wasch­
schüssel und Bücherbrett, doch für Teresa
bedeutet ihr neues Leben Freiheit: von Stan­
desdünkel, Prestige, Titeln, Ehre, Konventio­
nen – und von der Bevormundung durch
andere, vornehmlich Männer. Zeitlebens
ärgert es sie, als Frau in Kirche und Gesell­
schaft nicht mitwirken zu dürfen wie ein
Mann: «Aber es wird die Zeit kommen, da
man starke und zu allem Guten begabte Geis­
ter nicht mehr zurückstösst, nur weil es
Frauen sind», hofft sie.
Abends bringt sie ihre Gedanken über
Geistliches zu Papier, obwohl sie Gefahr
NZZ vom 29.3.2015, Seite 59.pdf
AKG IMAGES
Gesunde...
Fortsetzung von Seite 57
Die Mystikerin
Teresa von Ávila
wurde am 28. März
1515 geboren. Gegen
den Widerstand der
Kirche und von der
Inquisition bedroht,
gründete sie ein
eigenes Kloster, das
der «unbeschuhten
Karmelitinnen». Am
27. September 1970
wurde sie zur ersten
Kirchenlehrerin der
katholischen Kirche
ernannt.
und Schlaganfall gelten. Wer dagegen Kohlenhydrate in der Ernährung reduziert, kann
mit sinkenden Blutfettwerten rechnen.
Uns mit diesem Umstand zu arrangieren,
wäre ganz einfach. «Wir müssten uns nur
wieder so ernähren wie in den 1960er
Jahren. Diese Massnahme alleine würde den
Leuten helfen, ihre Pfunde zu verlieren»,
sagt Teicholz.
Das bestätigt die Wissenschaft. Fütterungsversuche zeigen, dass Tiere, die dreissig oder mehr Prozent ihres täglichen Kalorienbedarfs mittels Kohlenhydraten deckten,
dick wurden. Senkten die Forscher die
Tagesdosis jedoch auf fünfzehn Prozent oder
weniger, waren sie normalgewichtig. «Es ist
schwierig zu sagen, warum das so ist», sagt
Christian Wolfrum vom Institut für Lebensmittelwissenschaften, Ernährung und
Gesundheit der ETH Zürich. Fest steht auch,
dass die Theorie von den bösen gesättigten
Fetten wissenschaftlich nicht haltbar ist.
«Die Idee, dass ihr Konsum zu Herz-Kreislauf-Krankheiten führt, konnte nicht bewiesen werden», sagt Teicholz.
«Gesättigte Fettsäuren an sich sind nicht
schlecht», sagt auch Wolfrum. Wer sie aber
teilweise durch die in Pflanzen und in Fisch
vorkommenden ungesättigten Fettsäuren
ersetzt, lebt gesünder. Darum präzisiert
Wolfrum: «Im direkten Vergleich schneiden
ungesättigte Fettsäuren besser ab. Die
wirken sich günstig auf den Metabolismus
aus.» Wie genau sie das machen, ist noch
unklar. Ihre Wirkung entfalten sie jedoch
nur, wenn sie im Originalzustand daherkommen. «Der regelmässige Konsum von Fisch
steigert die Lebenserwartung, aber ob die
Einnahme von Fischöl-Kapseln dazu führt,
ist unbekannt», sagt Ristow.
Nach einem halben Jahrhundert der intensiven Forschung gibt es erstaunlich wenige
gesicherte Fakten über die gesundheitlichen
Auswirkungen der Ernährung. Das liegt mitunter am komplexen Aufbau der täglichen
Nahrung und den noch komplexeren Vorgängen innerhalb unserer Körpers während
der Verdauung und der Aufnahme. Am
besten wäre es, wenn man einer Gruppe
Menschen zehn Jahre lang jeden Tag nur
Kohlenhydrate, der zweiten Gruppe nur
Fleisch und der dritten nur Fisch vorsetzen
würde. «Aber so etwas hält niemand durch.
Ausserdem wäre das ethisch nicht vertretbar», sagt Wolfrum. Darum lassen sich beim
Menschen durch Studien meist nur Korrelationen aufzeigen. Kausale Zusammenhänge
herzustellen, ist dagegen fast unmöglich.
Ebenso unsicher ist die Faktenlage beim
Cholesterin. Es gilt gemeinhin als ein Verursacher des Herzinfarktes. Darum war unter
anderem in den Ernährungsempfehlungen
der USA und der Schweiz jahrzehntelang
eine Obergrenze von 300 Milligramm (rund
zwei Eier) pro Tag festgesetzt. Wer mehr
59
davon zu sich nehme, schaufle sich sein eigenes Grab. Inzwischen zeigte sich jedoch, dass
der Konsum von cholesterinhaltigen Nahrungsmitteln wie Eiern, Butter oder Käse den
Cholesterinwert im Blut nicht ansteigen
lässt. «Der Körper reguliert die Aufnahme
selbst und blockt es bei Bedarf schon an der
Darmwand ab», sagt Wolfrum.
Das hat im Februar auch das Gesundheitsdepartement der USA eingesehen. In seiner
neusten Ernährungsempfehlung kippt es die
Tageslimite und schreibt stattdessen: «Cholesterin ist ein für die Überkonsumierung
unbedenklicher Nährstoff.»
In den Schweizer Ernährungsempfehlungen hat sich diese Erkenntnis fast unbemerkt
von der Öffentlichkeit bereits 2012 im
6.Schweizerischen Ernährungsbericht
durchgesetzt. Dort heisst es: «Aus wissenschaftlicher Sicht kann keine konkrete
Beschränkung der Zufuhr von Cholesterin in
mg/Tag empfohlen werden.» Grossmutter
hat es schon immer gewusst.
Und auch bei Margarine lag sie richtig. Sie
hat den Butterersatz nämlich nie gegessen.
Lange Zeit war das tatsächlich nicht zu empfehlen. Denn Margarinen enthielten bis vor
einigen Jahren noch die sogenannten Transfette. Sie entstehen als Nebenprodukt, wenn
Pflanzenöle chemisch so verändert werden,
dass sie bei Raumtemperatur fest sind.
In den letzten Jahren hat sich der Verdacht
bestätigt, dass Transfette Arterienverkalkung und Typ-2-Diabetes fördern. Darum ist
in der Schweiz gesetzlich festgelegt, dass
Öl- oder Fettprodukte nicht mehr als 2 Prozent künstlich erzeugte Transfette enthalten
dürfen. Die hiesigen Margarine-Produzenten
setzen stattdessen feste Bestandteile aus
Palmöl ein.
In den USA sind Transfette inzwischen
ebenfalls verboten. Die Industrie setzt beim
Ersatz jedoch nicht auf ein Naturprodukt,
sondern weiterhin auf die chemische
Umwandlung von pflanzlichen Ölen. Mit
einem alternativen Verfahren entstehen
dabei sogenannte interesterifizierte Fette,
die bei Zimmertemperatur hart sind. Ob sie
negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben, ist noch nicht untersucht. Damit bleibt die Margarine auch in
Zukunft ein umstrittenes Nahrungsmittel.
Die bescheidene Erkenntnis von jahrzehntelanger Ernährungsforschung lautet also
wie folgt: Grossmutters Küche ist die beste.
Oder, wie es die Bestsellerautorin Nina
Teicholz formuliert: «Esst, was ihr all die
Jahre vermieden habt: Butter, Eier, Käse,
Fleisch. Diese Nahrungsmittel machen satt,
und sie sind gesund.»
In den letzten Jahren
hat sich der Verdacht
bestätigt, dass
Transfette Arterienverkalkung und Typ-2Diabetes fördern.
So isst man gesund
Sechs Regeln, die als gesichert gelten
Kalorienzufuhr
Wer dem Körper mehr Kalorien
zuführt, als er verbraucht,
nimmt zu.
Übergewicht
In Kombination mit regelmässigem
Ausdauersport ist etwas Übergewicht
nicht schlimm, sondern wirkt HerzKreislauf-Erkrankungen entgegen.
Speiseplan
Ein abwechslungsreicher Speiseplan
ist besser als eine einseitige Diät.
läuft, die Aufmerksamkeit der Inquisition
auf sich zu ziehen, die solche Schriften verbietet, besonders wenn sie in Volkssprache
und von einer Frau ohne Studium verfasst
werden.
Berühmt wird ihre Schrift «Die innere
Burg», in der sie beschreibt, wie nach Durchschreiten von sieben Wohnungen der Seele
im eigenen Innersten Gott zu finden ist. Endlich findet sie die Stille, die sie in ihrem alten
Kloster vermisst hat. Doch allzu lange währt
die Ruhe nicht. 1567 fordert der Ordensgeneral der Karmeliten sie auf, weitere Klöster zu
gründen. Sie macht sich auf den Weg und
erschafft bis zu ihrem Tod 1582 15 Frauenund 16 Männerklöster in Spanien. Dies,
obwohl sie immer wieder krank ist, wohl
auch psychisch – sie spricht selbst von «qualvoller Melancholie» und «schwärzester Dunkelheit in der Seele» –, und obwohl sie unter
Kirchenleuten nicht nur Freunde hat. Zuletzt
gelingt es ihr und ihren Freunden auch, den
Papst zu überzeugen. Zwei Jahre nachdem
Gregor XIII. Teresa als «sittenlose Nonne»
verunglimpft hat, erlaubt er, dass sich die
unbeschuhten Karmeliten von den beschuhten ganz lösen und eine eigene Ordensgemeinschaft bilden.
Literatur:
Alois Prinz, Teresa von Ávila. Die Biografie,
Berlin 2014.
Linda Maria Koldau, Teresa von Ávila: Agentin Gottes 1515–1582, München 2014.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Mediterrane Ernährung
Eine mediterrane Ernährung wirkt
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
entgegen (Olivenöl, Nüsse, Fisch,
Gemüse, Früchte und etwas Wein).
Fisch
Fisch ist gesund und verringert das
Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Cholesterin
Cholesterinreiche Ernährung
erhöht das Risiko von Herz-KreislaufErkrankungen nicht.
Neuö Zürcör Zäitung
EINMAL UM DAS LEBEN GEREIST
NZZ vom 30.3.2015,
Seite 33.pdf
Zum Tod des schwedischen
OSTERFESTSPIELE BADEN-BADEN
OPERNHAUS ZÜRICH
Ein «Rosenkavalier» ohne
Lebenstiefe zum Auftakt
«Giselle» – ein Ballett
romantischer Geisterbräute
Dichters Tomas Tranströmer
Vertieftes Master-Studium
als Spezialität
Feuilleton, Seite 34
Feuilleton, Seite 34
Feuilleton, Seite 35
Seite 41
CAMPUS
Das Kopftuch und die Freiheit der Frauen
Der Entscheid des deutschen Bundesverfassungsgerichts ist ein falsches Signal. Von Necla Kelek
Das deutsche Bundesverfassungsgericht
hat kürzlich pauschale Kopftuchverbote
für Lehrpersonen in öffentlichen Schulen
für verfassungswidrig erklärt – und so
dafür gesorgt, dass ein alter Streit wiederaufflammt. – Die Soziologin Necla Kelek
nimmt Stellung.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden, dass das Grundrecht auf
Glaubensfreiheit es auch Lehrerinnen in öffentlichen Schulen grundsätzlich erlaubt, aus religiösen
Gründen ein Kopftuch zu tragen; Verbote dürften
nur in konkret zu prüfenden Einzelfällen ausgesprochen werden. Mit seinem Beschluss hat das
Gericht in die Debatte darüber, welcher Islam zu
Deutschland gehört, eingegriffen. Und es hat, wie
Regina Mönch in der «FAZ» schreibt, die Debatte
«ausgerechnet in jenen Teil des öffentlichen Raumes verlegt, in dem gerade nicht offen und fair und
folgenlos darüber gestritten werden kann: in die
Schulen». Auch Alice Schwarzer in der «Emma»
oder Andrea Seibel in der «Welt» empören sich
darüber, auf diese Weise ein «Symbol der Unfreiheit» zu legitimieren. Manche männliche Kommentatoren wie Heribert Prantl («Süddeutsche
Zeitung») sehen es hingegen ähnlich wie Ali Kizilkaya, Vorsitzender des konservativen deutschen
Islamrats, der sagte: «Eine kopftuchtragende Lehrerin ist ein positives Rollenmodell für muslimische Mädchen.» Prantl schreibt: «Wenn eine muslimische Lehrerin, die für diesen Staat und seine
Grundordnung einsteht, ein Kopftuch trägt – dann
ist das eine gute Botschaft.» Vertreter der Linkspartei begrüssen den Richterspruch ebenso wie die
Alternative für Deutschland (AfD) als «klug»,
während die Sozialdemokraten sich über dessen
Einschätzung streiten und die CDU ihn kritisiert.
Schlag ins Gesicht
Für mich ist dieser Entscheid ein Schlag ins Gesicht
aller muslimischen Mädchen, die ein selbstbestimmtes Leben führen wollen. Die Entscheidung ist lebensfremd, weil sie vorgibt, tolerant
gegenüber Religionen zu sein, dabei aber den
Schutz von Frauen und Kindern vernachlässigt. Es
bestärkt die konservativen und reaktionären Kräfte im Islam, die behaupten, das Kopftuch sei die
einer muslimischen Frau angemessene oder vorgeschriebene Kleidung. Es ist wie Asche im Mund,
aber der Jahrzehnte währende Streit um das Kopftuch ist aus mehreren Gründen eine Art Lackmustest für die Reformfähigkeit des Islams.
Das Gericht mischt sich zudem in die innermuslimische Debatte um die Frage ein, ob die Verschleierung eine Propheten- oder eine Pascha-Tradition ist. Selbst diejenigen, die den Koran wörtlich
nehmen, finden im Koran keine eindeutigen Verse
für die Verschleierung. Der die Brust schützende
Schleier, als nächtlicher Schutz der Frauen des Propheten gegen übergriffige Männer empfohlen, ist
längst das Manifest der Apartheid, ein besitzanzeigendes Stück Stoff geworden. Liberale muslimische Frauen in aller Welt wehren sich gegen diese
Bevormundung. Doch das Gericht hat sich auf die
Seite der konservativen Männer geschlagen und
fällt damit diesen Frauen in den Rücken.
Angesichts dessen, dass sich Schüler und Eltern
– wie ein anderer höchstrichterlicher Entscheid
vor zwanzig Jahren besagt – gegen Kruzifixe an
den Wänden von Klassenzimmern aussprechen
können, erscheint der neue Karlsruher Beschluss
verstörend. Zumal es um einen Ort geht, an dem
der Staat Kindern Freiheit, Selbstverantwortung
und Gleichberechtigung nahezubringen hat. Die
Befürworter des Urteils verweisen auf die vorgebliche Freiheit der Frauen, sich kleiden zu dürfen,
wie sie wollen. Sie argumentieren für Toleranz – in
Verkennung der autoritativen Texte, der Geschichte und der islamischen Tradition. Das Kopftuch ist in muslimischen Ländern wie Saudiarabien und Iran Zwang und zu keiner Zeit und
nirgendwo ein Zeichen von Emanzipation oder
Freiheit gewesen.
Wer meint, das Kopftuch sei eine Mode, sollte
auch zur Kenntnis nehmen, dass die Befreiung vom
Kopftuch in muslimischen Ländern seit mehr als
hundert Jahren ein Kampf um Frauenrechte war
und ist. Das Kopftuch sei nicht, so Heribert Prantl,
«aus gefährlichem Stoff», sondern nur «ein kleines
Bekenntnis, ein religiöses Symbol». Ja, das stimmt,
Führt das Kopftuch in Schulen zur Konfliktverschärfung? Blick in die Turnhalle einer Berliner Haupt- und Realschule.
es ist ein religiöses Symbol, aber nicht annähernd
so harmlos, wie Prantl meint. Die negative Wirkung der Verschleierung auf das gesellschaftliche
Miteinander wird bagatellisiert, ist aber gewiss. Ich
behaupte: Je mehr Frauen Kopftuch tragen, desto
weniger werden sie ihr eigenes Leben führen, berufstätig und selbständig sein können. Von den
politischen Funktionsträgerinnen, die ihr Kopftuch
als Uniform tragen und vor die Gerichte ziehen,
einmal abgesehen.
Indizien
Für Deutschland kann ich die negativen Auswirkungen nicht beweisen, weil es keine Studien dazu
gibt. Ich kann nur mit einer kleinen Beobachtung
dienen. Vor zwei Wochen habe ich in einem Nachhilfeprojekt in Berlin-Neukölln mit einem Dutzend türkischer und arabischer Mädchen zwischen
14 und 16 Jahren über ihre Zukunftsaussichten gesprochen. Alle gingen noch zur Schule und äusserten den Wunsch, eine Ausbildung zu machen oder
zu studieren. Aber fast alle waren sich darüber im
Klaren, dass dies nur ein frommer Wunsch bleiben
wird. Sie sahen ihre Zukunft eher so: Sobald sie
etwa 16 sind, werden die Väter sie von der Schule
nehmen, sie werden einen Cousin oder einen von
den Eltern ausgewählten Mann heiraten. Dann
werden sie Kinder bekommen und in ein paar Jahren arbeiten gehen müssen, weil das Geld für das
Auto, die Wohnung oder die Hochzeit der Schwester oder des Bruders gebraucht wird. Sie werden
Kopftuch tragen, weil die Familie es so will, und
putzen gehen müssen, weil sie nichts lernen durften. In Neukölln oder im Wedding sind das, wie ich
aus langjähriger Beobachtung weiss, die typischen
Lebensläufe junger muslimischer Frauen, die in
traditionellen Familien leben.
Ein anderes Indiz aus der Türkei. Seit dem
Regierungsantritt der AKP stieg die Zahl der kopftuchtragenden Frauen von geschätzt einem Drittel
auf zwei Drittel. Gleichzeitig sank die Erwerbsquote von Frauen im gleichen Zeitraum von knapp
50 auf derzeit 22 Prozent. (Zum Vergleich: In der
Schweiz lag sie 2012 bei 73,6 Prozent.) Das ist
direkte Folge einer Politik, die die Frauen unter
den Schleier zwängt und dorthin zurückhaben will,
wo sie nach traditionellem Verständnis «freiwillig»
hingehört, nämlich ins Haus. Je strenggläubiger die
Männer der Familie sind, desto weniger können
Frauen ohne die Erlaubnis der Männer das Haus
überhaupt verlassen.
Natürlich gibt es Frauen, die das Kopftuch aus
Überzeugung, mit Stolz oder aus Tradition tragen.
Solange sie es im privaten Rahmen für sich tun, ist
das ohne Frage ein Grundrecht. In Deutschland ist
man so frei, sich zu unterwerfen. Für andere
Frauen erscheint die Verhüllung identitätsstiftend.
In ihrer Wirkung ist sie eine Selbstausgrenzung,
wie etwa die zurzeit modischen Tattoos es auch
sind. Man will der Umwelt zeigen: Ich bin nicht wie
ihr. Bei einigen Frauen macht der zu knappen
Jeans und engem T-Shirt getragene «türban» auch
nicht den Eindruck, als wollten sich die Trägerinnen schamvoll verhüllen. Im Gegenteil: Die provozierend dekorativen Kopfaufbauten erscheinen
wie ein verborgenes erotisches Versprechen einer
noch gebändigten Mähne.
Irrtümer
Die Debatte um das Kopftuch im Schuldienst wird
seit 1998 vor Gericht geführt. Begonnen hat den
Streit die aus Afghanistan stammende Lehrerin
Fereshta Ludin, die mit und für Milli Görüs tätig
gewesen ist. Der konservative Islamverband versucht systematisch, islamischen Sitten und Regeln
auf allen Ebenen eine Art legalen Status zu verschaffen. Ob für das Kopftuch, das Schächten,
gegen den Schwimmunterricht für Mädchen, für
Gebetsräume in Schulen – stets wird durch die Anrufung von Gerichten versucht, in Musterprozessen religiöse Rechte einzuklagen. Was auf politischer Ebene wie in der Deutschen Islamkonferenz
nicht durchsetzbar scheint, wird vor Gericht gebracht. Der Weg scheint lang, aber wie der jüngste
Entscheid des Verfassungsgerichts zeigt, erfolgreich zu sein.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
MICHAEL TRIPPEL / LAIF
Auch auf politischer Ebene kommen die Vertreter des politischen Islams ihrem Ziel allmählich
näher. Es ist ihnen gelungen, dass die unabhängigen säkularen Kräfte aus der Deutschen Islamkonferenz entlassen wurden und nur noch die Verbände von der Regierung als Vertreter der Muslime akzeptiert werden. Die grosse Koalition – besonders die Sozialdemokraten tun sich da hervor –
agiert gegenüber den Verbandsvertretern verständnisvoll und wohlwollend. Das ist in der
gegenwärtigen Situation, in der der politische
Islam auf internationaler Ebene immer aggressiver und bedrohlicher vorgeht – und zum Beispiel
in der Türkei islamische Politiker die Demokratie
zu erdrosseln scheinen –, verwunderlich. Es wäre
wünschenswert, wenn auch die Sozialdemokraten
die unabhängigen muslimischen Kräfte an Universitäten und in der Öffentlichkeit stärkten. Die
Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU hat realisiert, dass es jetzt darum gehen muss, die muslimischen Kräfte, die eine Reform ihrer Religion
einfordern, zu stärken. Sie hat eine Konferenz
organisiert, in der unabhängige säkulare Muslime
ihre Positionen formulieren können. Durch den
Karlsruher Gerichtsbeschluss ist der Kampf gegen
das Kopftuch in der Schule wieder auf der
Agenda.
Die Verankerung des Kopftuchs im öffentlichen
Leben ist für den konservativen Islam von enormer
Bedeutung, symbolisiert es doch die Akzeptanz
der ungleichen Behandlung von Männern und
Frauen durch die westliche Gesellschaft. Und es ist
das Zeichen eines anderen Gesellschaftsmodells.
Wir sollten diese Auseinandersetzung ernst nehmen und nicht den Irrtum begehen, dies nur als
eine Auseinandersetzung um Toleranz und Vielfalt
zu deuten. Es geht um die Freiheit von Frauen und
den säkularen Staat.
.......................................................................................................
Dr. Necla Kelek, geboren in Istanbul, lebt als Sozialwissenschafterin
und Publizistin in Berlin. 2012 sind die Bücher «Chaos der Kulturen.
Die Debatte um Islam und Integration» sowie «Hurriya heisst Freiheit.
Die arabische Revolte und die Frauen – eine Reise durch Ägypten,
Tunesien und Marokko» (beide bei Kiepenheuer und Witsch) erschienen.
62 LITERATUR UND KUNST
NZZ vom 30.3.2015,
Seite 62.pdf
Neuö Zürcör Zäitung
Samstag, 28. März 2015 V Nr. 73
Im frommen Spiel mit Gott
Vor fünfhundert Jahren wurde die spanische Mystikerin Teresa von Avila geboren
Als Heilige und Kirchenlehrerin gilt sie
in der katholischen Kirche, aber auch
darüber hinaus hat die Mystikerin
und Karmelitin Verehrer gefunden: Vor
fünfhundert Jahren, am 28. März 1515,
wurde Teresa von Avila geboren.
Bernhard Lang
Der «Libro de la vida» ist das erste und zweifellos
lebendigste Werk der Teresa von Avila. 1565 entstanden, gehört es zu den grossen Autobiografien
der Weltliteratur. Die Autorin schildert ihre
Jugendstreiche, erzählt von ihrem Vater, der ihren
Eintritt in das Frauenkloster Santa Maria de la
Encarnacion
´ in ihrer kastilischen Heimatstadt
Avila nicht verhindern konnte, sie berichtet von
den Zuständen im Kloster und zuletzt von ihrem
Auszug und der Gründung eines eigenen kleinen
Konvents. Gleichzeitig erfahren wir vielerlei über
das Gebetsleben der Nonne. Mit dem von ihr ohnehin nur halb verstandenen lateinischen Stundengebet unzufrieden, ergänzt sie es durch «inneres
Gebet», durch stille Andacht zu Gott, den sie als
unsichtbaren Freund stets in ihrer Nähe weiss.
Teresa spricht nicht nur zu ihrem göttlichen Gegenüber, sondern vernimmt auch seine Worte, die sie
eifrig notiert. Es sind Worte des Trostes und der Ermutigung. Sie nimmt den Freund als schöne männliche Gestalt wahr, dessen Augenfarbe ihr – zu
ihrem Leidwesen – verborgen bleibt.
Den König fangen
Teresas Autobiografie bietet das Bild einer klugen,
tatkräftigen, im Umgang mit anderen geschickten
und vor allem selbstbewussten Frau. Auch ihrem
unsichtbaren göttlichen Freund gegenüber bleibt
sie erstaunlich stark. In dem «Weg der Vollkommenheit», einer ihrer geistlichen Schriften, vergleicht sie das heilige Spiel der Frömmigkeit mit
dem Schachspiel, das sie in ihrer Jugend gepflegt
hat. Da gilt es, den König mattzusetzen und einzufangen. Das muss der Dame gelingen, die alle
anderen Schachfiguren einsetzt, um dieses Ziel zu
erreichen. «Wie sehr ist es uns erlaubt, dieses Spiel
zu spielen!», belehrt sie ihre Mitschwestern. «Wie
schnell werden wir diesen göttlichen König schachmattsetzen, wenn wir es oft spielen, so dass er uns
nicht mehr entkommen kann. Ja es auch gar nicht
will.» Keine Spur von Unterwerfung, sondern ein
fröhliches Zugehen auf Christus. Man fühlt sich an
Mechthild von Magdeburg erinnert, eine Mystikerin des 13. Jahrhunderts, deren Umgang mit Christus von ähnlicher Unbefangenheit geprägt war.
Nach Teresas Tod im Jahr 1582 setzt eine intensive Beschäftigung mit ihren Schriften und ihrer
Person ein. 1622 wurde sie heiliggesprochen und
ihr Fest auf den 15. Oktober festgelegt. Im Zeitalter des Barock galt Teresa ihren katholischen
Verehrern als eine Heilige, die die fast handgreifliche Präsenz Gottes in der Welt belegt. Diese Auffassung fand ihren klassischen Ausdruck in Giovanni Lorenzo Berninis berühmter – 1652 fertiggestellter – Marmorskulptur, die eine Art Gottesrausch zur Anschauung bringt: Ein Engel zielt mit
einem Liebespfeil auf das Herz der Heiligen; sie
wirft den Kopf in den Nacken und öffnet den
Mund, verzückt und entrückt – wie beim Höhepunkt eines Liebesakts. Die Szene ist Teresas
Autobiografie entnommen und wurde zum Symbol
der Sinnlichkeit des barocken Katholizismus.
Teresa blieb keineswegs nur eine katholische
Kultfigur. Sie fand viele protestantische Verehrer.
Als gebildete, selbstverantwortliche Gläubige, die
von der priesterlichen Mittlerschaft zwischen Gott
und Mensch nichts hielt, erschien sie ihnen. Teresa
konnte kühne Sätze schreiben: «Wie wenig braucht
man bei Dir Mittelspersonen», sagt sie zu Christus.
Pietisten wie Gerhard Tersteegen (1697–1769)
haben Teresas «Vida» geschätzt und die Lektüre
Glaubensgenossen empfohlen. Tersteegen selbst
hat grosse Teile des Buches für seine «Auserlesenen Lebensbeschreibungen heiliger Seelen» übersetzt. Pietisten lasen keine Romane, sondern wahre
Geschichten von wahren Helden und Heldinnen
des Glaubens. Und manche waren sich sicher:
Hätte Teresa im 18. Jahrhundert im protestantischen Deutschland oder in der Schweiz gelebt,
wäre sie ohne Zweifel eine Pietistin geworden, an
der Lavater seine Freude gehabt hätte.
Zu Teresas Lebzeiten kam die «Vida» in die
Hände der Inquisition, die daran nichts Ungutes
fand. Strenger fällt Jahrhunderte später das Urteil
eines Harvard-Professors aus. Für die Gifford-Vorlesungen über «Die Vielfalt religiöser Erfahrung»,
die William James 1901 und 1902 in Edinburg hielt,
bot ihm Teresas «Buch des Lebens» viel Stoff. Der
Psychologe und Philosoph nutzte die eingehenden
Beschreibungen seelischer Zustände. So sehr er
Teresas feine Beobachtungsgabe, ihre fast unerschöpfliche Energie und ihren eleganten literari-
Verzückt und entrückt: Spaniens Schutzpatronin Teresa von Avila, wie Gian Lorenzo Bernini sie vor gut dreieinhalb Jahrhunderten imaginiert hat.
schen Stil bewunderte, so wenig kam er zu einem
freundlichen Urteil. Er hielt die Heilige für eine
Frau, die zwar über unglaubliches Talent verfügt,
doch ihre Schaffenskraft auf einen Gegenstand gerichtet habe, der James trivial und armselig erschien – nämlich auf die Gründung von Klöstern,
deren Insassinnen sich der Meditation hingaben,
aber sich keinen sozialen Aufgaben widmeten.
Nach William James ist Teresas Vorstellung von
Religion «die eines endlosen amourösen Flirts» mit
ihrem göttlichen Geliebten. Doch enthielt er sich
grundsätzlich eines Urteils über religiöse Liebesphantasien. Als Utilitarist und Pragmatiker wollte
er nicht Erlebnisse, sondern Ergebnisse bewerten;
und die Ergebnisse der Lebensarbeit der Heiligen
waren nun einmal die Klostergründungen. James
schrieb in einer Zeit, in der Religion in wissenschaftliche Kritik geraten war. Es ist die Zeit eines
Friedrich Nietzsche und eines Sigmund Freud, die
Zeit, in der Religionskritiker das geistige Leben
beherrschten. James wollte Religion nur dann gelten lassen, wenn sie gute Früchte bringt, und darunter verstand er einen Beitrag zur Schaffung einer
gerechten Gesellschaft.
Eine Psychoanalytikerin
Alle, die in der Gegenwart, hundert Jahre nach
James, über Teresa von Avila schreiben, bringen ihr
grösseres Wohlwollen und sogar Bewunderung
entgegen. Unsere Zeit ist toleranter geworden.
Man lässt auch Klostergründungen als Leistung
gelten, die zur geistigen und religiösen Kultur der
Welt beiträgt. Religionskritik ist nicht verstummt,
doch Spiritualität erfreut sich grosser Beliebtheit.
Klöster gelten als Horte der Stille, der Besinnung,
der spirituellen Einkehr, und damit als Alternative
zur hektischen, rastlosen Welt. Und Teresa wird als
starke Frau gefeiert, besonders von einer Pariser
Psychoanalytikerin – in einem Roman.
Angesichts der terroristischen Zerstörung der
Twin Towers in New York im September 2001
fängt die atheistische Psychoanalytikerin Sylvia
Leclercq an, sich mit Religion zu beschäftigen. Sie
stösst auf das Werk der spanischen Mystikerin,
einer Kranken, die im Glauben die ihr gemässe und
wirkungsvollste Therapie findet. Leclercq entdeckt, wie Teresas Liebesverlangen sich in der
Liebe zu Christus erfüllt. Christus erscheint als
idealer Partner im Innern der Seele, der «inneren
Burg», wie Teresa schreibt. Leclercq entziffert die
erotischen Bilder, die die Mystikerin nur wenig
verhüllt. Aus ihrer Beziehung zum menschgewordenen Gott gewinnt Teresa fast übermenschliche
Kraft, mit der sie einen neuen Orden organisiert
und vielen Menschen ihrer Zeit neue Lebensmöglichkeiten eröffnet. Religiöses Erleben kann
lebensdienliche Funktion haben. Leclercq will
nicht sagen, Teresa könne dem heutigen Menschen
als Vorbild dienen. Vielmehr lade die Begegnung
mit Teresa dazu ein, den Ort der idealen Liebe in
der Psyche neu zu durchdenken. Teresas Beheimatung in einer inneren Burg mache sie menschlicher
als unsere heimatlosen, nihilistischen Zeitgenossen. Wir könnten uns nicht mit ihr identifizieren,
sie aber doch – lieben. Leclercq bekennt sich zu
Teresa, bezeichnet sie als Mitbewohnerin und
nennt sie «mon amour».
Als Heldin und Ich-Erzählerin des 2008 erschienenen Romans «Ther
´ ese
` mon amour» von Julia
Kristeva ist Sylvia Leclercq eine fiktive Gestalt.
Mit ihrer Hilfe gelingt es der Autorin, Teresas
Leben und Werk mit psychoanalytischer Schärfe
zu durchdringen und die Bedeutung der Heiligen
für die heutige Zeit zu ermessen. Kristevas Roman
erhebt Teresa zur symbolischen Repräsentantin
der gläubigen Menschen. Er zählt in der Gegenwart zu den anspruchsvollsten Auseinandersetzungen mit der Mystikerin.
Bücher zum Geburtstag
Die Lektüre von Kristevas Roman ist indes nur
Fortgeschrittenen in Sachen Teresa von Avila zu
empfehlen. Eine Vorbereitung empfiehlt sich. Anfänger lesen mit Gewinn die kleine Anthologie
teresianischer Worte und Briefexzerpte, die Alois
Prinz zusammengestellt hat. Wer tiefer eindringen
möchte, kann jetzt auf eine gut ausgestattete zweibändige Werkausgabe zurückgreifen. Sie bietet
den Text von Teresas Gesamtwerk in der von
Ulrich Dobhan und Elisabeth Peeters besorgten
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
INTERFOTO
Neuübersetzung, die bisher nur in der Form von
Taschenbüchern erhältlich war. Diese Ausgabe
lädt zum Schmökern nicht zuletzt in Teresas Briefen ein. Und wer besonders mutig ist, mag sich an
Teresas spirituellen Klassiker wagen: «Wohnungen
der Inneren Burg».
Zwei neue Biografien – eine von Alois Prinz,
eine von Linda Maria Koldau – schildern das
Leben der kastilischen Karmelitin. Prinz würzt seinen Text mit philosophischen und psychologischen
Reflexionen, in denen Friedrich Nietzsche, Eugen
Drewermann und Peter Sloterdijk zu Wort kommen. Koldau bringt mehr wörtliche Zitate aus
Teresas Werk und würdigt die Heilige stärker als
theologische Denkerin – und als Mitbegründerin
der spanischen Literatur. Prinz hat ein biografisches Feuilleton geschrieben, Koldau ein klassisches Sachbuch; beide informieren präzise und in
lesbarem Stil.
Mehr noch als die Lektüre biografischer Darstellungen ist die Lektüre der Autobiografie zu
empfehlen. Nur sie vermag wirklich etwas von
Teresa von Avilas Freundschaft mit Gott, ihrer
Freundlichkeit im Umgang mit anderen und von
ihrer unbeirrbaren Willenskraft zu vermitteln. Die
«Vida» hat in früheren Zeiten geradezu als Werbeschrift für den Orden der Karmelitinnen gewirkt.
Junge Frauen, so heisst es, hätten mit dem Buch in
der Hand an die Pforte des Klosters geklopft und
um Aufnahme gebeten. Das mag in einzelnen Fällen noch heute so sein, doch fehlt dem Orden der
Nachwuchs. «Wohin können Menschen heute
gehen, die zu Teresas Zeiten ins Kloster gegangen
sind?», fragt Alois Prinz. Er lässt die Frage offen.
Teresa von Avila: Werke und Briefe. Gesamtausgabe. Herausgegeben
von Ulrich Dobhan und Elisabeth Peeters. Mit einem Geleitwort von
Mariano Delgado. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2015. Zwei
Bände, 1915 und 1344 S., Fr. 229.–.
Teresa von Avila: Was lieben heisst. Gedanken für ein gutes Leben.
Herausgegeben von Alois Prinz. Insel-Verlag, Berlin 2015. 120 S.,
Fr. 11.90.
Linda Maria Koldau: Teresa von Avila. Agentin Gottes 1515–1582.
Eine Biografie. Verlag C. H. Beck, München 2014. 316 S., Fr. 37.90.
Alois Prinz: Teresa von Avila. Die Biografie. Insel-Verlag, Berlin 2014.
267 S., Fr. 34.90.
42 FEUILLETON
NZZ vom 31.3.2015, Seite
42.pdf
Neuö Zürcör
Zäitung
Dienstag, 31. März 2015 V Nr
NEUE DVD
...............................................................................................
Walhalla!
owd. V In Zeiten von zum Grossteil computerge
rierten Fantasy-Spektakeln ist er rar geworden:
Abenteuerfilm alter Schule, mit echten Ker
einer holden Maid, sinistren Schurken und
Schwerterklirren. Der in Hollywood gesch
Schweizer Regisseur Claudio Fäh segelt im F
wasser des neuen Wikinger-Booms und hat
«Northmen – A Viking Saga» ein prächtiges St
Seemannsgarn vorgelegt. Im Jahre 873 landet
Trupp in ihrer Heimat verstossener Nordmän
nicht etwa in Lindisfarne, dessen Kloster sie
plündern gedachten, sondern wird in Schottl
nach einem Schiffbruch an die Küste gespült. D
nimmt die wilde Horde eine Königstochter als G
sel und behauptet sich mithilfe eines wehrha
Mönchs gegen die Schergen des auf Rache sinn
den Monarchen, wobei sich neue Allianzen
geben. Mit grosser kinematografischer Kelle an
richtet in Südafrika, das überzeugend die sch
schen Highlands mimt, bietet der Film krache
Unterhaltung – nicht mehr, aber auch nicht w
ger. Das Bonusmaterial, nicht ganz so «monum
tal» wie versprochen, enthält ein wenig Hin
grundwissen vom Set, kurze Interviews mit d
Regisseur und den Schauspielern sowie ei
Musikclip der schwedischen Heavy-Metal-B
Amon Amarth, welche für den Soundtrack ver
wortlich zeichnet – etwas für ganz harte Jungs.
Northmen – A Viking Saga. Regie: Claudio Fäh. Ascot Elite 2015.
Der Puls des Monumentalen
Sie nahen sich, die schwankenden Gestalten – das «Schutzbefohlenen»-Ensemble in der Weihestunde des Burgtheaters.
REINHARD MAXIMILIAN WERNER / BURGTHEATER
Das Nicken im Nacken
Flucht und Fluch – Michael Thalheimer am Tatort: «Die Schutzbefohlenen» von Elfriede Jelinek in Wien
Den Asylsuchenden, die vor über zwei
Jahren in der Wiener Votivkirche ihr
Lager aufschlugen, gibt Elfriede Jelinek
eine antikisierende Chorstimme. Unter
die Haut geht diese am Burgtheater nicht,
aller wortgewaltigen Lautstärke zum Trotz.
Barbara Villiger Heilig
Ist es die Angst davor, auf heiklem Terrain Fehler
zu machen? Der Regisseur Michael Thalheimer
will offenbar das Risiko minimieren, wenn er nun,
ein knappes Jahr nach der Mannheimer Uraufführung, «Die Schutzbefohlenen» auf die Bühne des
Burgtheaters bringt, das übrigens in Sichtdistanz
zum Ort jenes Geschehens steht, dem die österreichische Nobelpreisträgerin ihre flutende Wortgewalt widmet. Ein Blick zurück: Vor der Votivkirche auf dem Rasen des Sigmund-Freud-Parks
hatten Ende 2012 Asylbewerber ihre Zelte aufgeschlagen, um gegen die schlechten Bedingungen in
einem Auffangzentrum zu protestieren; nach der
polizeilichen Räumung zogen sie sich ins Kircheninnere zurück und froren dort eine Weile weiter.
Gebot der Correctness
Was danach mit ihnen geschah, rapportiert das
aktuelle Burgtheater-Programmheft. Seine Lektüre sei all jenen ans Herz gelegt, welche eines
haben für die Flüchtlinge, von denen mittlerweile
geschätzte 50 Millionen weltweit unterwegs sind.
Bloss darf man heutzutage gar nicht mehr «Flüchtlinge» sagen. Es gilt als politisch inkorrekt, weshalb
man sich entscheiden muss zwischen «Geflüchtete» und «Refugees». Momentan jedenfalls, denn
auch diese Begriffe dürften ihre Berechtigung bald
verlieren: Die Halbwertszeit wird immer kürzer.
Mehr als Verlegenheitslösungen bringt das Correctness-Gebot ja auch kaum hervor. Die Suche
nach der richtigen Bezeichnung dieser welthistorischen Opfermassen – Achtung, auch «Opfer» ist
problematisch, seit das Wort als Schimpfwort auftritt – bezeugt doch vor allem ein schlechtes Gewissen dem tatsächlichen Problem gegenüber. Und
wie lässt sich dieses Problem, das eine humanitäre
Katastrophe ist, auf der Bühne adäquat darstellen?
Der Text, den Elfriede Jelinek auf ihrer Homepage veröffentlicht hatte, erlebte seine «Urlesung»
in der Hamburger St.-Pauli-Kirche unter Beteiligung des Thalia-Theaters, das ihn später auch uraufführte (bei Theater der Welt in Mannheim). Die
Inszenierung von Nicolas Stemann, unterdessen im
Thalia-Repertoire, bezieht Laien mit ein: Migranten mit prekärem Status. Ein Kunstgriff in die
Wirklichkeit, der Kritik hervorrief – Betroffene
lösen Betroffenheit aus; aber hilft es ihnen, wenn
aus ihrer Selbstdarstellung vor allem Blossstellung
resultiert? Diese Zwickmühle dachte Michael
Thalheimer zu vermeiden, der sie in einem VorabInterview als «missratene Pose» oder «exhibitionistischen Porno» geisselte – und die Flucht nach vorn
ergriff: mit Volldampf in die Kunst.
Wäre es nicht verfänglich wie so manches in
dem Zusammenhang, der natürlich auch die Lampedusa-Tragödie einbezieht, man müsste sagen:
Thalheimer erleidet Schiffbruch. Das Schiff ist
beim Bühnenbildner Olaf Altmann ein Kirchenschiff. Das in die Rückwand geschnittene bühnenhohe Kreuz filtert nicht nur Licht ins Dunkel. Der
Spalt erlaubt auch den Figuren, einer nach der
andern, jeder individuell, auf die Bühne zu drängen – um dort sogleich ins Wasser zu fallen: Die
schwarzen Gestalten, deren Köpfe Plastic verklebt,
bringen das Planschbecken theatralisch effektvoll
in Wellenbewegung. Schön. Bereits mit dem Einsetzen der Musik aber, einem Minimalgemisch aus
Klassik und Pop, schleicht sich ein erster Verdacht
von Kunstgewerblichkeit ein; mit dem Aufdrehen
des Verstärkers bekräftigt er sich.
Und nach zehn Minuten ist so ziemlich alles vorgemacht oder durchgespielt, was Thalheimer zu
bieten hat. Wie Aischylos in den «Schutzflehenden», auf die sich Jelinek bezieht, installiert er den
Chor als eigentlichen Protagonisten – und schlittert
damit definitiv in die kunstgewerbliche Falle.
Sprechchöre erfreuen sich seit der Eroberung von
Profibühnen durch Doku-Laien einer wenig überraschenden Beliebtheit, denn dank ihnen lassen
sich schauspielerische Mängel verstecken – darum
erinnern sie auch stets an Schülertheater. Die Ausnahme von der Regel hiess einst Einar Schleef; ihn
wünschte man sich geradezu sehnlich herbei während der mit anderthalb Stunden vergleichsweise
kurzen Thalheimer-Übung. Und wehmütig konnte
man auch an Christoph Schlingensief denken. Jelinek plus Burg: Da gewinnt nur, wer etwas wagt.
Die Klage als Anklage
Thalheimer jedoch bleibt auf der sicheren Seite.
Natürlich: Was sein Ensemble chorisch intoniert,
kommt in ehrfurchterheischend perfekter Sprachgestaltung über die Rampe. Wir verstehen jeden
Kalauer des unbekümmert vor sich hin assoziierenden, auf sprachlich glitschigem Grund ingeniös
ausrutschenden und im nächstplacierten Fettnäpfchen zwischenlandenden Texts, für den die Autorin
nebst Aischylos und Ovid (Europa!) auch eine
Broschüre des Bundesministeriums plünderte, Titel: «Zusammenleben in Österreich», und Heidegger (er «muss sein, denn ich kann es nicht allein»).
Aber sei’s die geballte Wucht des Chors oder
seien’s solistische Passagen, wie sie Thalheimer zur
Abwechslung einrückt: Vor den immergleichen
Klagen, die, unterstützt von einer unzweideutigen
Gruppenchoreografie, als Anklage laut, lauter, am
lautesten ins Publikum schallen, bleibt niemandem
etwas anderes übrig, als unentwegt zu nicken.
Wer spricht eigentlich? Meistens sind es, sagen
wir’s korrekt, Refugees. Freilich tun sie es mit einer
Selbstsicherheit, die von jelinekschem Bewusstsein
kündet. Sie prangern die Verhältnisse an oder bitten um Hilfe; sie erzählen von den Grausamkeiten,
die zur Flucht aus der Heimat zwangen, und vom
Fluch der Demütigungen, die sie als Migranten erleiden. Vor lauter Nicken beginnt der Nacken zu
schmerzen. (Sorry, das war jetzt inkorrekt.)
Manchmal – an den seltenen Stellen, bei denen
Ironie das generell regierende Pathos durchbricht –
erklingt die gemeine Selbstgerechtigkeit der Einheimischen, und zwar gerne auch in Form einer
wienerisch gefärbten Einzelstimme, die das vorzügliche Burgtheaterensemble jeweils kurz aus
dem Korsett des Klage-Kollektivs befreit. Doch
grösstenteils verhindert Thalheimer individuelle
Figurenzeichnung. Sonst ein Meister darin, Figuren
auf ihren Kern zu reduzieren, stellt sich der Regisseur diesmal selbst ein Bein.
Und während man – immerfort nickend – noch
grübelt, warum sich nur Ermüdung einstellt und so
gar keine Traurigkeit über das überlaut heraufbeschworene Los der Migranten, trippelt langsam
eine raumgreifende Krinoline samt schulterfreiem
Decollet
´
e´ bis zur Mitte der Rampe (Kostüme:
Katrin Lea Tag): «Lascia ch’io pianga», beginnt die
Sängerin und bewirkt mit ihrer Arie, welche urplötzlich alle Trauer der Welt in sich einschliesst
und an den Saal weitergibt, einen sofortigen NickStopp. Bei Elfriede Jelinek kommen zwei Blitzeinbürgerungen vor; eine betrifft die im Kontext von
Opel, Magna und Sberbank auftauchende JelzinTochter (Thalheimer dampft zünftig ein), die
andere eine ungenannt bleibende russische Sopranistin, von der jeder weiss, um wen es sich handelt.
Ausgerechnet der Gesang dieser Diva schürt Emotionen, derweil Thalheimers Sprechchor sie verunmöglicht. Das mag vorsätzlicher Zynismus sein,
klingt aber täuschend ähnlich wie eine Kapitulation des Burgtheaters vor der Playback-Oper.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Hay. V Auf dem Betonplateau mit Ausblick auf
weite Meer, umgeben von einer kargen Naturla
schaft, ist der Geist ganz bei sich. Dies war das
sinnen des Architekten Louis Kahn, als er 1959
Grundriss des Salk-Instituts an der kalifornisc
Küste entwarf: eine Stätte der Wissenschaft,
den grossen Fragen des Menschseins Luft z
Atmen geben sollte. Wie sich eine Philosophie
Bauens in direkter emotionaler Erfahrbarkeit
drücken kann, offenbaren in monumentaler
schaulichkeit die Filmessays in «Die Kathedr
der Kultur». Bestehend aus sechs von Regisseu
wie Robert Redford, Margreth Olin und Mic
Madsen jeweils eigenständig gedrehten Hom
gen an Meisterwerke der Architektur, ist der F
eine sehr persönliche Sammlung. Ob die Sta
bibliothek in St. Petersburg inmitten eines tob
den Verkehrs-Hotspots oder das verblüffende K
turkraftwerk Centre Georges Pompidou in Par
immerzu nehmen die Gebäude die sie umgebe
Dynamik des Ortes auf. Dass wahrscheinlich
der Film dazu imstande ist, jene Ströme durch
Zement spürbar zu machen, liest sich allen vo
am kompositorisch stärksten Beitrag von W
Wenders zur Berliner Philharmonie ab. Ber
eine einzige Einstellung fängt die gesamte Idee
Indem die Kamera dem Lauf eines Knaben du
die weiten und sonnigen Flure folgt, wird man
Durchlässigkeit der organischen Gebäudean
nung gewahr. Es ist die Utopie einer offenen
gleichen Gesellschaft, gemeisselt in Stein.
Die Kathedralen der Kultur. Regie: Wim Wenders, Michael Glawo
Robert Redford, Karim Ainouz, Michael Madsen, Margreth Olin. N
2014.
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Muttertagskonzert mit
Khatia Buniatishvili
Luzerner Sinfonieorchester LSO
Lawrence Foster, Leitung
Khatia Buniatishvili, Klavier
Lisa Schatzman, Violine
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Cherubini: Ouvertüre aus «Ali-Baba ...»
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NZZ vom 2.4.2015, Seite 22.pdf
MEINUNG & DEBATTE
Donnerstag, 2. April 2015 V Nr. 77
Neuö Zürcör Zäitung
GASTKOMMENTAR
Bildung ist
keine Gulaschsuppe
Wo die Grenzen zwischen Schule und Leben
verwischen, wird Lernen möglich. Von Laura Saia
Die Frage danach, was an einer Volksschule gelernt werden
soll, ist hochpolitisch. Die Debatte über den Lehrplan 21 bestätigt die Komplexität bezüglich dieser Entscheidungen, wobei die Diskussionen darüber nahezu einem Verkaufsgespräch
an der Frischfleischtheke gleichen: Welche Sprachen dürfen es
denn sein? Möchten Sie noch ein wenig Geschichte oder lieber
Religionsunterricht? Darf ich Ihnen ein bisschen Werkunterricht zum Probieren geben, oder soll ich Ihnen gleich 500
Gramm Mathematik einpacken? Selbst das Beiziehen eines
Einkaufszettels würde wohl kaum Abhilfe verschaffen. Bildung kennt eben weder Aktionspreise noch Waagschalen. Bildung kennt kein Rezeptbuch, das minuziös vorgibt, wie viel
und was ein Kind braucht, um gebildet zu werden.
Sinnliches Lernen
PAOLO VERZONE / VU
ABLEAU: STOLZER DIENST AM VATERLAND 4/4
des Mediterranen – erst recht, wenn eine Akademie auch weibliche Kadetten ausbildet.
Rekrutinnen und Rekruten anwerben, dann käme ihr die wunderbar komponierte Aufaolo Verzone nahe der Ausbildungsstätte in Piräus geschossen hat, wohl bestens zupass.
andes lassen das frische Weiss und Blau und der weite Atem des Bildes nichts ahnen.
TEN VON LESERINNEN UND LESERN
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eeh
ins
or
g
es eine lapidare Antwort: Im BAG
(Bundesamt für Gesundheit) findet sich
im Kader kein einziger Arzt!
Daniel Schlossberg, Zürich
Facharzt FMH Innere Medizin
«Echte» und
«unechte» Schweizer
Rund um die Migrationsdebatte zur
Schweizer Fussball-Nationalmannschaft
(NZZ 30. 3. 15) stelle ich fest, dass sich
eine grosse Heuchelei ausbreitet: Die
Schweizer holen sich ausländische Gastarbeiter, um ihren Wohlstand zu mehren. Nach vielen Jahren meist harter
Arbeit werden diese und ihre hier geborenen Kinder möglicherweise eingebürgert. Die Schweizer machen dann aus
Nichtschweizern Schweizer. Und danach
sollen sie doch keine Schweizer sein oder
unterscheidbar zwischen «echt» und
«unecht»?
Wer macht denn diese Unterscheidung? Und wie viele von denen, die sich
als «echte» Schweizer aufspielen, haben
tatsächlich nur Schweizer Vorfahren bis
1848 oder 1291? Etwa ein Nationalspieler wie Stephan Lichtsteiner? Man bürgert die Migranten ein und sagt anschliessend: Eigentlich wollen wir euch
doch nicht so richtig. Dann sollte man
die Einbürgerung abschaffen.
Franz Liebermann, Feldmeilen
«Alkohol, Glace und
zu wenig Velowege»
Der Beitrag (NZZ 18. 3. 15) regt mich zu
einigen Bemerkungen aus Sicht eines
Velofahrers an. Ich fahre leidenschaftlich gerne Velo. Sei es in der Freizeit, sei
es für Besorgungen oder als Teil des
Arbeitsweges. Das Wort «Leiden» wird
allerdings recht gut bedient, von dem,
was unsere Verantwortlichen unter
«Velowegen» in den Agglomerationen
Winterthur (Wohnort) beziehungsweise
Zürich (Arbeitsort) verstehen: holprige
Kanten am Übergang zu anderen Verkehrsflächen, bei denen anzunehmen ist,
dass der Planer, der sie «verbrochen»
hat, noch nie selber mit einem Velo darübergefahren ist. Schlaglöcher oder ungeteerte Bereiche, die nach einem vollgefederten Mountainbike rufen. Besonders, wenn man einmal eine Schulteroperation hatte, bemerkt man, wie es auf
diesen «Holperpisten» dauernd schüttelt
und schlägt.
Es gibt noch viel zu tun, um die
Attraktivität des Radwegnetzes zu steigern – auch die Durchgängigkeit des
Netzes ist dabei ein wichtiges Argument.
Ich hoffe hier auch bei leeren Staatskassen auf baldige nachhaltige Besserung, denn im Umsteigen aufs Velo liegt
ein enormes Potenzial.
Olivier Ch. Kappeler, Wiesendangen
Zwei Bürgerliche
in den Ständerat
Den Einsatz von Leserbriefschreiber
Hans Rudolf Haegi (NZZ 19. 3. 15) für
Ständeratskandidat Ruedi Noser weiss
dieser sicher zu schätzen. Immerhin
würde kein bürgerlich denkender
Mensch im Kanton Zürich Ruedi Noser
von der Liste streichen. Das braucht die
bürgerlich denkenden Menschen jedoch
nicht zu hindern, auch den SVP-Kandidaten zu wählen. Damit wären wieder
zwei bürgerliche Vertreter des Kantons
im Ständerat. Und diese werden dort
dringend benötigt, besonders nach dem
Debakel über die Neugestaltung des
Finanzausgleichs zwischen Bund und
Kantonen (NFA), angezettelt und mitgetragen vom Freiburger SP-Ständerat
Christian Levrat. Ein vermehrt bürgerlich politisierender Ständerat ist ein Gebot der Stunde.
Und nun noch ein Wort zum Kandidaten der SVP: Hans-Ueli Vogt ist ein integrer, gradliniger, zurückhaltender, demokratisch denkender und handelnder
Mensch. Ausserdem verfügt er über eine
weit überdurchschnittliche Intelligenz
und einen beachtlichen Leistungsausweis. Die Verunglimpfung seiner Person
durch Hans Rudolf Haegi gleicht der
Diffamierung von Silvia Steiner durch
ein unbekanntes Komitee, was zu Recht
heftig kritisiert wird.
Kerim Volkovyskii, Zürich
Ganz grundlegend strebt der Lehrplan nach einer «elementaren und ganzheitlichen Bildung» – so steht es in dessen einleitenden Kapiteln. Geistige, gefühlsmässige und körperliche
Bildung sollen dabei uniform gefördert werden. Die Volksschule ist durchaus darauf bedacht, neben dem Unterricht in
klassischen Promotionsfächern wie Deutsch und Mathematik
einen Unterricht zu ermöglichen, der musische Fähigkeiten
fördert, dies unter anderem in den Fächern Handarbeit, Werken und Hauswirtschaft; bei Mangel an finanziellen Mitteln
aber wurden schon in der Vergangenheit und werden auch
gegenwärtig oft Letztere vom Bildungsangebot gestrichen.
Musisch kommt vom Griechischen «mousikos»,
´
was die
Beschäftigung mit der Kunst meint. Tendieren wir bei Geldmangel stets zur Abschaffung ebendieser musischen, sich mit
der Kunst beschäftigenden Fächer, so ist dies viel mehr als die
Abschaffung von Kunstunterricht an sich. Es meint die Abkehr vom sinnlichen Lernen, die Verabschiedung einer Pädagogik, welche eine ganzheitliche Bildung verfolgt. Es ist die
Abwendung von freudigem, lustvollem und sinnenhaftem Begreifen und Verstehen der Welt. Es ist die Negierung eines
Wissenskonstruktionsprozesses, welcher durch seine Fülle an
Kreativität und Lebendigkeit fühlbar, hörbar, riechbar und
deshalb wahrnehmbar werden könnte. Musische Fächer sind
Bildungsangebote, welche weitaus mehr umfassen als die simple Herstellung eines Kleiderbügels, das Nähen eines Kapuzenpullovers oder die Zubereitung von Älplermagronen.
Es ist durchaus möglich, dass ein Schüler im Werkunterricht mehr mathematisches Wissen erwirbt als im Mathematikunterricht selbst. Der Grund könnte darin liegen, dass er
plötzlich versteht, welche Bedeutung die Exaktheit des rechten Winkels beim Bauen seines selbstentworfenen Büchergestells bekommt. Es kann sein, dass eine Schülerin dank dem
Handarbeitsunterricht erstmals die Lust am Lesen entdeckt,
ist sie doch derart von Mode und Design angetan, dass sie nun
wöchentlich die von der Handarbeitslehrerin mitgebrachte
Modezeitschrift verschlingt. Die Förderung von Sprachfertigkeiten ist meines Erachtens nirgends so ergiebig wie beim gemeinsamen Zubereiten eines Mittagessens im Hauswirtschaftsunterricht. Ich selbst habe die Geschichte rund um die
Masseinheiten erst begriffen, als ich beim Herstellen des
Omelettenteigs Deziliter mit Litern verwechselte und der Teig
rein von der Menge und Konsistenz her dann eher einem
Mehlsuppen-Essen für hundert Soldaten der Schweizer
Armee glich.
Und ist es nicht so, dass fremdsprachige Kinder in den
musischen Fächern mehr an Wortschatz und Satzbaustrukturen lernen als beim Lösen des x-ten Arbeitsblattes? Nämlich deshalb, weil das, was sie gerade tun, im Moment des
Erlebens Sinn ergibt?
Schule und Leben
Musische Fächer werden im Volksmund nicht deshalb
«Plauschfächer» genannt, weil die Schülerinnen und Schüler
sich darüber freuen, nichts Anstrengendes tun zu müssen,
sondern weil das, was sie im Rahmen dieser Fachbereiche
hören, sehen, lesen, bauen, kochen, organisieren und vortragen, tatsächlich Plausch macht. Denn dort, wo etwas lebendig und echt wird, wo die Grenzen zwischen Schule und
Leben verwischen, wird lernen möglich. Kunstfächer sind
keine Plauschfächer. Es sind Bildungsangebote, in denen
Kinder und Jugendliche intensiv Mathematik und Sprache
betreiben. Es sind Fächer, in denen sie lernen, sich mitzuteilen und Gemeinschaftliches zu pflegen. Es sind Fächer, in
denen Kinder und Jugendliche die Fähigkeit erlangen, etwas
vorher nie Dagewesenes und somit Einzigartiges zu kreieren.
Es sind Fächer, in denen Schülerinnen und Schüler, angeregt
durch Kreativität und Erfindungsgabe, echte Fragen an das
Leben und die Menschen entwickeln können. Es sind Fächer,
in denen Kinder und Jugendliche zu kleinen fabelhaften
Künstlern werden, auch wenn dabei alles andere als «gepläuschelt» wird.
Bildung ist keine Gulaschsuppe, die nach Rezept gekocht
wird. Sie darf aber genauso viel Freude bereiten wie die Zubereitung eines Eintopfes. Mögen die Finanzvorsteher der jeweiligen Schulgemeinden daran erinnert werden.
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Laura Saia ist Sekundarlehrerin in Winterthur.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Neuö Zürcör Zäitung
DAS BUCH
AUF 49.pdf
DER BÜHNE
NZZ vom 2.4.2015,
Seite
SALZBURGER OSTERFESTSPIELE
NACH DER WENDE
Das Operndoppel «Cavalleria
rusticana» und «I Pagliacci»
Film nach «Als wir träumten»
von Clemens Meyer
Luc Perceval inszeniert «Die
Blechtrommmel» in Hamburg
General Motors bringt den
Onstar-Dienst nach Europa
Feuilleton, Seite 50
Film, Seite 51
Feuilleton, Seite 53
Seite 60
MOBIL V DIGITAL
Putins Dienerin
Die russisch-orthodoxe Kirche glaubt weiterhin an eine heilsgeschichtliche Auserwähltheit Russlands. Von Jörg Himmelreich
Wer meint, dass das russisch-orthodoxe
Denken jemals verschwunden war, irrt.
Selbst der religionsfeindliche Sowjetkommunismus war eine ins Weltlich-Politische verwandelte irdische Ideologie der
russischen Orthodoxie. Heute schafft diese
den Goldgrund für Putins autokratisches
Regime und sein Expansionsstreben.
In der kommenden Woche werden viele Millionen
Russen in mehrstündigen Gottesdiensten wie jedes
Jahr das russische Osterfest feiern. Es ist das
höchste Fest der russisch-orthodoxen Kirche. Im
Gegensatz zu den westlichen Kirchen braucht sich
die orthodoxe Kirche über den Zuspruch in der
Bevölkerung nicht zu beklagen. Mehr als zwei
Drittel der Russen bekennen sich zu ihr. Das zeigt
an, wie tief die Kirche heute wieder in Russland
verankert ist.
Ein übergreifendes Band
Ihr Verhältnis zum Staat war seit je ein fundamental anderes als in Westeuropa. Ja Putins wiederbelebter russischer Expansionismus heute ist gar
nicht zu verstehen ohne die elementare Bedeutung
der russischen Kirche und ihres orthodoxen Religionsverständnisses gerade für diese Politik. Putins
Aggression überrascht uns auch deswegen, weil wir
verkannt haben, wie tief die politische Theologie
der orthodoxen Kirche das politische Selbstverständnis Russlands auch heute wieder so prägt, wie
sie es schon Jahrhunderte zuvor getan hat. Die Verfolgung und Enteignung der Kirche zu Zeiten des
Sowjetkommunismus nimmt sich dagegen nur als
eine oberflächliche, temporäre und kurze Unterbrechung von siebzig Jahren aus.
Als der Kiewer Grossfürst Wladimir im Jahre
988 den orthodoxen Glauben des damaligen oströmischen Byzanz annahm und durch Massentaufen seine Bevölkerung zwang, ihm zu folgen,
war das eine historische Weichenstellung. Sie wirkt
bis heute nach. Zum einen begründete sie in Zeiten
der damaligen Konkurrenz mit anderen russischen
Teilfürstentümern und Städten in der Kiewer Rus
erstmals ein übergreifendes vereinigendes Band.
Denn der orthodoxe Glaube verbreitete sich
schnell. So stiftete er in den Wirren und Kämpfen
der einzelnen Teilfürstentümer in der Kiewer Rus
eine gemeinsame Identität, die es politisch und kulturell noch nicht gab. Und das gilt auch heute noch:
Wer sich in dem Vielvölkerstaat Russland als wahrer Russe versteht, bekennt sich zur orthodoxen
Kirche. Das Bekenntnis zur orthodoxen Kirche ist
oft mehr ein nationales denn ein religiöses.
Das «Dritte Rom»
Zum anderen begann mit der byzantinischen Taufe
die wesentliche Abweichung Russlands vom Weg
der westeuropäischen Geschichte. In Westeuropa
kämpften im Mittelalter machtbewusste weströmische Päpste mit deutschen Königen im Investiturstreit um die politische Vorrangstellung von Staat
und Kirche. Im oströmischen Konstantinopel galt
dagegen das von Kaiser Konstantin (270/288–337)
begründete Prinzip der Harmonie zwischen Staat
und Kirche, der «Symphonia». Zu den Zeiten der
Taufe Wladimirs sah sich die orthodoxe Kirche in
Byzanz schon derart von weströmischem Katholizismus im Westen und gleichzeitig vom osmanischen Islam im Osten religiös bedrängt, dass spätestens dann byzantinische Kaiser zu Schutzherren
der orthodoxen Kirche erwuchsen.
Ein Gang nach Canossa, mit dem der deutsche
König Heinrich IV. im Jahre 1077 den römischen
Papst Gregor VII. darum bat, seine kirchliche Verbannung aufzuheben – das war in Byzanz wie auch
später in Kiew undenkbar. Die die westeuropäische Geschichte so prägende und im Investiturstreit ausgefochtene Trennung von Staat und Kirche und die Unterscheidung zwischen der Gewalt
des Papstes und der des Kaisers waren dem orthodoxen Verhältnis von Staat und Kirche völlig
fremd. Wie die Kaiser in Byzanz verstanden sich
die Kiewer Fürsten von Anfang an auch als Schutzherren der orthodoxen Kirche.
Dies erst recht, als 1453 Konstantinopel in die
Hände der Osmanen fiel. Das Grossfürstentum
Moskau war unter Wassili II. (1415–1462) und Iwan
III. (1440–1505) dabei, die einzelnen Teilfürstentümer und Städte der Rus zu «sammeln», die sich
Die orthodoxe Kirche, die zu Sowjetzeiten und darüber hinaus in Ruinen lag (hier 1998 in Krapiviye), erstrahlt heute in neuer Pracht und Macht.
gerade von der Mongolenherrschaft der «Goldenen Horde» befreiten, und zur neuen russischen
Vormacht aufzusteigen. Moskau war damit zum
einzigen und letzten sicheren politischen Hort des
orthodoxen Glaubens geworden. Die russische
orthodoxe Kirche löste sich von der Vormundschaft des byzantinischen Patriarchats und wurde
autokephal. Dankbar pries die orthodoxe Kirche
Moskau als das «Dritte Rom». Der Mönch Filofej
(1465–1542) aus Pskow formulierte schon 1510
eine politische Theorie russischer Herrschaft, deren Kontinuität bis heute fortwirkt: «Alle christlichen Reiche sind vergangen und sind zusammen
übergegangen in das Eine Reich unseres Herrn:
Das ist das Russische Reich. Denn zwei Rome sind
gefallen, aber das dritte steht, und ein viertes wird
es nicht geben.»
So ruhten alle Hoffnungen, diese Welt zu erlösen, alleine auf Moskau – so zumindest der
Glaube von Kirche und Staat in Russland. Wie
schon der byzantinische Kaiser Justinian (482–565)
zuvor seine Herrschaft unmittelbar von Gott abgeleitet hatte, beanspruchten jetzt auch die Moskauer
Grossfürsten als Schutzherren der Kirche Vertreter Gottes auf Erden zu sein. Damit rechtfertigte
die russische Kirche die politische Autokratie aller
russischen Herrscher gleichsam religiös. Denn die
Autokratie war eben gottgewollt.
Das Erbe von Byzanz begründete auf diese
Weise das politische Selbstverständnis einer heilsgeschichtlichen Auserwähltheit Russlands – auch
das herrscht bis heute ungebrochen und ununterbrochen vor. Die Zaren kamen gleichsam einem
messianischen Auftrag nach, die Menschen zu er.......................................................................................................
«TANNHÄUSER»-VERBOT IN SIBIRIEN
(dpa) V Nach wochenlangem Streit um eine Inszenierung von Richard Wagners «Tannhäuser» hat
das Moskauer Kulturministerium den Direktor des
Theaters von Nowosibirsk entlassen. Boris Mesdritsch habe sich Anweisungen widersetzt, umstrittene Szenen in der Inszenierung von Timofej Kuljabin zu ändern. Das Ministerium reagierte damit
auf Kritik der russisch-orthodoxen Kirche, die dem
Theater eine absichtliche Verletzung religiöser Gefühle vorwirft. In einer Szene der Aufführung ist
Jesus als Filmfigur mit halbnackten Frauen zu
sehen. Als Nachfolger Mesdritschs, der die Produktion bis zuletzt verteidigte, wurde der Oligarch
Wladimir Kechman eingesetzt.
lösen und orthodoxe Christen zu schützen, wenn
sie das russische Zarenreich über die Jahrhunderte
hinweg in alle Himmelsrichtungen ausdehnten.
Besser liessen sich geopolitische Ambitionen nicht
verbrämen. Die orthodoxe Kirche lieferte die religiöse Rechtfertigung für zaristische Autokratie
und für russischen Expansionsdrang.
Orthodoxie und Sowjetkommunismus
Zwar gab es in der Kirche immer wieder Versuche,
dieses Verhältnis zum Staat zu reformieren. So forderte der einflussreiche Patriarch Nikon
(1605–1681) noch einmal den Primat der geistlichen Herrschaft und das Recht der Kirche, in
weltlich-politischen Fragen mitzusprechen, wurde
aber 1660 seines Amtes enthoben. Am Ende
änderte sich die grundsätzliche Unterwerfung der
Kirche unter die Zarenherrschaft nicht. Im Gegenteil: Ihre verbliebene Eigenständigkeit wurde fortwährend beschnitten. Peter der Grosse schaffte das
Amt des Patriarchen ganz ab, übertrug die Leitung
der Kirche 1721 dem «Heiligsten Dirigierenden
Synod», gliederte den Synod in die staatliche Verwaltung ein und beraubte damit die Kirche endgültig ihrer Unabhängigkeit. Diesen aufklärerischen
Kurs setzten seine Nachfolger, insbesondere Katharina die Grosse, fort. Die Kirche war ein selbstverständlicher Teil Russlands und der zaristischen
Autokratie geworden, in der Gesellschaft marginalisierte sie sich. Im aufkommenden Nationalismus
im Russland des 19. Jahrhunderts, dessen Bevölkerung nur zu 44 Prozent aus ethnischen Russen bestand, sah die übrige Bevölkerung sie zumeist als
Instrument zaristischer Autokratie zur Unterdrückung und Russifizierung.
Kein Wunder, dass die russische Revolution
1917 mit dem Zarentum auch die orthodoxe Kirche
hinwegfegte. Der Kirchenbesitz wurde eingezogen,
Geistliche wurden verfolgt und Religion zur Privatsache erklärt. Die Kirche fristete in der UdSSR ein
Schattendasein. Erst mit dem Millennium der
Christianisierung der Rus 1988 gewann sie unter
Gorbatschow wieder an Bedeutung und erhielt
ihren Grundbesitz zurück. Seitdem kann kein russischer Präsident auf sie verzichten, wenn es darum
geht, wieder eine nationale grossrussische Identität
zu stiften. Wie in der jahrhundertelangen Vergangenheit ist die orthodoxe Kirche auch heute wieder
Dienerin ihres Herrn.
Diese jahrhundertealte Staatsideologie der orthodoxen Kirche ist tief in die russische Herr-
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
ABBAS / MAGNUM
schaftspsychologie eingraviert. Auch die aufgeklärteren Zaren, wie Peter I. und Katharina II.,
haben mit ihren Expansionen des Zarenreichs im
18. Jahrhundert auf sie aufgebaut.
Selbst der Sowjetkommunismus trug orthodoxe
Herrschaftsmerkmale. Er war am Ende nichts
anderes als eine ins Weltlich-Politische verwandelte irdische Ideologie der russischen Orthodoxie,
so wie sie der Mönch Filofej schon 400 Jahre früher
formuliert hatte. Die messianische Heilserwartung
des «Dritten Rom» entspricht dem weltlichen Befreiungsgedanken der kommunistischen Ideologie.
Als «letztes Rom» der Christenheit allein im Besitz
der letzten absoluten Wahrheit zu sein, verweist
auf den totalitären Anspruch des Sowjetkommunismus. Die orthodoxe Rechtfertigung russischer
Autokratie setzt sich in der Sowjetdiktatur Lenins,
Stalins und ihrer Nachfolger fort. Und Trotzkis
Ideologie der kommunistischen Weltrevolution begründet den sowjetischen Imperialismus genauso
wie die russische Orthodoxie den Imperialismus
der Zaren. Wie schon seit Wladimirs Taufe 988 die
russische Orthodoxie auch dazu diente, Ziele politischer Macht der russischen Herrschaft nur zu verkleiden, so war auch unter Stalin die Ideologie des
Sowjetkommunismus nur noch notdürftige moralische Hülle nackter Gewaltausübung. Orthodoxie
und Sowjetkommunismus bilden als Zwillingspaar
über ein Jahrtausend hinweg die wesentliche Legitimationsquelle russischer Autokratie und russischer Expansion.
Im Besitz des rechten Glaubens
So bildet die historische, orthodoxe Herrschaftsideologie auch heute wieder den Goldgrund für
Putins autokratisches Regime und seinen wiederbelebten russischen Expansionismus. Wer im orthodoxen Alleinbesitz letzter Wahrheiten ist, kann
ernsthafte und dauerhafte Kompromisse nicht zulassen. Denn solche setzen Toleranz gegenüber
anderen, gleichberechtigten Wahrheiten voraus.
Das macht die fortdauernde Gefährlichkeit dieser
tief verankerten, orthodox gerechtfertigten russischen Herrschaftspsychologie aus. Wer im Rahmen
eines missionarischen Auftrags für sich das politische Recht in Anspruch nimmt, alleine den rechten
Glauben zu verbreiten, der kennt keine Grenzen.
.......................................................................................................
Jörg Himmelreich lehrt politische Wissenschaft an der JacobsUniversität in Bremen.
Vom Wert
des Lebens
DIE
ZEIT
Zeit vom 1.4.2015, Seite 1.pdf
Forscher, Philosophen und Künstler beschreiben: Gerade das
Wissen um den Tod ist der stärkste Antrieb, nach einem Leben
zu suchen, das diesen Namen auch verdient S. 29–31
PREIS DEUTSCHLAND 4,50 €
WOCHENZEITUNG FÜR POLITIK WIRTSCHAFT WISSEN UND KULTUR
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Ostern
Titelbild: Sandro Botticelli »Die Geburt der Venus« um 1482, Ausschnitt: Windgott Zephir und Brise Aura; Uffizien, Florenz; Foto: Erich Lessing/akg
Vom Wert
des Lebens
DACHZEILE
Forscher, Philosophen und Künstler erklären: Gerade das
Wissen um den Tod ist der stärkste Antrieb, nach einem Leben
zu suchen, das diesen Namen auch verdient S. 29–31
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DAS ECHO AUF DIE FLUGKATASTROPHE
Extremismus der Erregung
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Die Mediengesellschaft braucht Regeln zur Wahrung der Besonnenheit in besinnungslosen Zeiten
s ist ein Gefühl des Entsetzens, das
nun, da die Live‑Ticker wieder
schweigen, die Sondersendungen und
Spezialausgaben verschwunden sind,
zurückbleibt. Was ist eigentlich pas‑
siert? Der Pilot Andreas L. hat sein
Flugzeug zur Waffe gemacht, womöglich bewusst
149 Menschen und sich selbst getötet. Aber ganz
sicher kann man auch jetzt, in jenen Stunden, da
dieser Text geschrieben wird, nicht sein. Noch sind
die Ermittlungen nicht abgeschlossen. Noch ist
der zweite Flugschreiber nicht gefunden. Noch fehlt
ein erkennbares Motiv, das den Schrecken des
Unerklärbaren zumindest erklärbar machen und
damit scheinbar bannen könnte.
Aber was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass auf
die Katastrophe des Flugzeugabsturzes, online wie
offline, ein Ausbruch medialer Hysterie folgte, ein
allgemeines Ad‑hoc‑Reagieren und permanentes
Sofort‑Kommentieren, das niemanden sonderlich
gut aussehen ließ.
Die Journalisten nicht, die trauernde Angehö‑
rige und geschockte Schüler fotografierten und
filmten. Die Experten und Pseudo‑Experten
nicht, die wild über technische Ursachen, ein ver‑
meintliches Gewitter in den französischen Alpen
oder die Seelenlage des Piloten spekulierten. Aber
auch die Medienkritiker und die professionellen
Apokalyptiker der Branche nicht, weil auch ihre
Reaktionen im Angesicht der Katastrophe etwas
Kommentaren. Und jetzt, Tage nach der Kata‑ vakuum. Die Folge ist, dass man sich möglichst
rasch die Bilder beschafft, die man bekommen
strophe? Was wissen wir heute?
Offensichtlich geworden ist, dass die Bericht‑ kann, um Ereignisnähe zu simulieren – vom
erstattung in Zeiten der Katastrophe eine offene weinenden Nachbarn bis hin zu dem Wohnhaus
Flanke besitzt: Ungewissheit im Verbund mit des Piloten und seiner Eltern in Montabaur.
Die schlechte Nachricht lautet also, dass die
einem Geschwindigkeitsrausch, der im digitalen
Zeitalter eine neue Stufe erreicht hat und die böse Mediengesellschaft eine angemessene Katastro‑
Absicht gar nicht braucht. Diese doppelte Gemen‑ phendidaktik, einen klugen Umgang mit der
gelage – elementare Ungewissheit bei gleichzeitig plötzlichen, der totalen Präsenz des Schreckens erst
gefordertem Sofort‑Sendezwang – erzeugt unver‑ noch lernen muss. Es gilt in einer Zeit, in der uns
meidlich ein vierfaches Informationsvakuum, das aus einem globalen Pool der Daten und Doku‑
die Grenzüberschreitungen der letzten Tage mente täglich aufwühlende Bilder erreichen, auch
auf Extremereignisse gleicher‑
erklärbar (wenn auch nicht
maßen besonnen und mitfüh‑
»besser«) macht.
lend zu reagieren – sonst ent‑
Wer meint, pausenlos be‑
steht ein Stichflammen‑Jour‑
richten zu müssen, manövriert
nalismus und eine gesellschaft‑
sich in ein Nachrichtenvakuum
Die Belagerung von
liche Stimmung des letztlich
hinein, was dazu führt, dass
Montabaur, Wirtschaft, S. 23
folgenlosen Dauerentsetzens.
man Pseudo‑News präsentiert,
Restrisiko Mensch,
Das heißt: Die Mediengesell‑
aber doch vielleicht gar nicht
Feuilleton,
S.
40
schaft der digitalen Moderne
wirklich Neues zu sagen hat.
Leserbriefe, S. 77
braucht, paradox genug, Re‑
Was hilft es, wenn man gleich‑
geln zur Sicherung der Beson‑
sam live erfährt, dass die Web‑
nenheit in besinnungslosen
site von Germanwings gerade
nicht erreichbar ist oder Stefan Raab beschlossen Zeiten. Sie muss dem emotionalen Extrem – sei es
eine Flugzeugkatastrophe, ein Amoklauf, ein Ent‑
hat, seine Sendung ausfallen zu lassen?
Das Zusammentreffen von Katastrophe und hauptungsvideo, ein Attentat – auf eine Weise
rascher publizistischer Reaktion bedingt notwen‑ begegnen, die nicht selbst in einem Extremismus
dig ein Faktizitätsvakuum: Man weiß wenig sicher, der Erregung versinkt und sich in eine Art mentale
will aber doch Gewissheiten präsentieren. Das war Geiselhaft des Schreckens begibt.
Zum Thema
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
VON BERNHARD PÖRKSEN
gezeigt. Zum einen ist mir kein Beispiel der jünge‑
ren Katastrophenberichterstattung erinnerlich,
das auch branchenintern so viel Kritik und Kopf‑
schütteln ausgelöst hätte, so viele Debatten und
öffentliche Diskussionen über unverpixelte Fotos,
die Namensnennung des Piloten, die Macht und
Moral der Medien.
Zum anderen hat sich das Medienpublikum
selbst in einer bislang unbekannten Unmittelbar‑
keit zugeschaltet. Das muss man nicht pauschal
feiern, denn auch diejenigen, die sich da artikulie‑
ren, sind – wie alle Akteure in der öffentlichen
Arena – anfällig für Manipulationen, Einflüste‑
rungen, Stimmungen. Und doch verschieben sich
hier die Machtverhältnisse. Selbst die Chefredak‑
teure der größten deutschen Boulevardzeitungen
sahen sich in der vergangenen Woche gezwungen,
auf den Unmut im Netz zu reagieren. Noch
watschte man die Einsprüche selbstbewusst als das
Gerede von »Moralaposteln« ohne fundierte
Medienkenntnis ab, aber schon allein der Zwang
zur Auseinandersetzung macht deutlich, dass
neben die vierte Gewalt des Journalismus heute
die fünfte Gewalt der vernetzten vielen getreten
ist, die Medien beobachten und kritisieren.
Das mag manchmal mühsam sein, mitunter
brutal und ungerecht, aber auch inspirierend und
lehrreich. Im Idealfall entsteht so – Schritt für
Schritt – eine redaktionelle Gesellschaft (Cordt
Schnibben), die sich über ethisch‑moralische
Eros
Hunde
Eros‑C
Verdac
gestürm
schloss
tiers w
Pauli o
gelnatz
Abend,
nachts
liebens
schlafen
man do
Kleine Fot
Friz/photo
Zeitverla
20079 H
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DieZeit@
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WISSEN
1. APRIL 2015
D I E Z E I T No 1 4
Zeit vom 1.4.2015, Seite 29.pdf
Weltmacht Huhn
Vom bunten Dschungelvieh
zum globalen Nutztier – wie das
Huhn um die Welt ging S. 34
KinderZEIT
Hase, Frosch und Teddybär:
Das sind Eure (Zer-)Kuscheltiere
S. 37
29
Titel: Vom Wert des Lebens
Wie ist das Leben entstanden? Darauf haben Forscher keine Antwort. Sie können sich kaum einigen, was das ist – und sind gerade deshalb erfolgreich
D
en Test kennt jedes Kind:
Lebt die reglose Fliege da auf
der Fensterbank noch? Einfach mal anstupsen. Fliegt sie
davon, lebt sie. Bleibt sie sitzen, ist sie tot. So sieht intuitive Verhaltensforschung aus
zu der zentralen Frage: Was ist das, Leben?
Für den Chemiker ist Leben ein einfacher
Cocktail: Man nehme viel Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff mit reichlich Stickstoff, dazu
eine Prise Phosphor und Schwefel, ein paar Salze,
ein Gran Kobalt, Zink und Mangan – und fertig
sind wir alle. Für den Evolutionsbiologen entsteht
daraus ein Erfolgsrezept: Kaum zeigen sich erste
primitive Lebensformen, wimmelt es schon allerorten – Bakterien, Einzeller, Pilze bevölkern den
Planeten, schließlich auch Pflanzen und Tiere.
Eine ausgewogene Mischung der Elemente Feuer,
Wasser, Luft und Erde sei die Voraussetzung für die
Entstehung von Leben, glaubte der griechische Philosoph Empedokles. 2500 Jahre später will es Stanley
L. Miller genauer wissen: Es ist das Jahr 1951, und
der Chemiestudent hat das Glück, einen Platz in der
Vorlesung des Nobelpreisträgers Harold Urey an der
Kent Hall University von Chicago zu ergattern. Der
Starprofessor für Chemie referiert darüber, wie in der
Uratmosphäre der frühen Erde aus Gasen wie Wasserstoff, Methan und Ammoniak organische Verbindungen entstanden sein könnten.
Eine überzeugende Definition des
Lebens gibt es bis heute nicht
Urey äußert nur Mutmaßungen, aber sie entfesseln
den Ehrgeiz des jungen Miller. Der 22-Jährige bittet
den Nobelpreisträger, einen Laborversuch durchführen zu dürfen, der später als »Ursuppenexperiment« in die Wissenschaftsgeschichte eingehen wird.
Das Ergebnis ist sensationell: Schafft man eine energiereiche Atmosphäre aus Gasen und Wasserdampf,
entstehen tatsächlich organische Verbindungen,
unter anderem Aminosäuren. So ließen sich die Anfänge des Lebens auf der Erde erklären. Aus Molekülbausteinen, so die Theorie, werden komplexe Moleküle. Sie stehen am Anfang einer Kette von Zufällen
und Zwischenfällen, die schließlich zu etwas Unvorstellbarem führen: zu Leben.
»An welcher Stelle setzt der entscheidende pflanzen, sie stehen in Wechselwirkung mit ihrer
Übergang von toter zu lebender Materie ein?«, Umwelt und stellen ein stabiles Fließgleichgewicht
fragt der Chemiker Helmut Schwarz von der Tech- dar, das dem thermodynamischen Drang zur Unnischen Universität Berlin, einer der Besten seines ordnung, der Entropie, widersteht. Doch kein einFaches. »Das können wir bis heute nicht sagen.« ziges dieser Kriterien ist exklusiv nur Lebewesen
vorbehalten. Auch Kristalle
Und auch Stanley Miller lüftekönnen wachsen, auch Robote das letzte Geheimnis nicht:
ter können sich reproduzieren,
»Wir wissen nicht, wie das Leauch ein Wasserfall stellt ein
ben begann.«
Fließgleichgewicht dar. Nur
Lange haben Biologen diewenn mehrere Eigenschaften
se Leerstelle mit allerhand Vozugleich erfüllt sind, gilt etwas
kabeln gefüllt: Vis vitalis, eine
als »lebendig«.
geheimnisvolle »Lebenskraft«
Was bedeutet das eigentlich,
Während die Biologen seitpostulierte 1774 der Mannlebendig sein?
her einen beständigen Indiheimer Botaniker Friedrich
Vier Antworten aus vier
zienbeweis führen, bei dem alCasimir Medicus. Im 18.
Disziplinen S. 30
lein die Verdichtung der ArguJahrhundert stritten die Namente den Verdächtigen dingturforscher wütend darüber,
Ein Gespräch mit dem
fest macht, fallen einige ihrer
ob es nicht zwei völlig vonBiologen und Philosophen
zentralen Gewissheiten gerade
einander getrennte WissenAndreas Weber über das
in sich zusammen.
schaftsbereiche geben müsse:
Leben auf der Kippe S. 31
Jahrhundertelang haben
den des Belebten und den des
Forscher versucht, das Leben
Unbelebten.
Wir sehnen uns im Alltag
zu ordnen. Doch in ihren ArAls »Lehre vom Leben« ernach Lebendigkeit.
chiven lösen sich die Etiketten
findet der Bremer Arzt GottDoch die Philosophie weiß:
auf. Heute ist unklarer denn je,
fried Reinhold Treviranus
Sie lässt sich weder planen
was eigentlich eine »Art« ist.
1802 das Fach Biologie. Er
noch festhalten S. 31
Das lange Zeit entscheidende
schreibt: »Die Gegenstände
Kriterium war aus dem Leben
unserer Nachforschungen solgegriffen: Ein und derselben
len die verschiedenen Formen
und Erscheinungen des Lebens seyn, die Bedin- Art gehört an, wer miteinander fruchtbare Nachgungen und Gesetze, unter welchen dieser Zu- kommen zeugen kann. Jetzt finden Genetiker imstand statt findet, und die Ursachen, wodurch mer häufiger Zwischenformen, Übergänge, Unschärfen. Was Anatomen über Jahrhunderte wederselbe bewirkt wird.«
Sollte man nicht vermuten, dass die Biologie gen seiner Ähnlichkeit als verwandt einordneten,
mehr als 200 Jahre später zu sagen wüsste, was enttarnen Genetiker als verschiedenen Arten anLeben eigentlich ist? Doch genau das ist der wunde gehörig. Wo historisch eine Art zu existieren aufPunkt der Disziplin: Eine überzeugende Definition hörte und die Evolution eine andere an ihre Stelle
des Lebens gibt es bis heute nicht. Der französische rückte, ist ebenso schwer zu entscheiden.
Auch das »Buch des Lebens«, wie euphorisierte
Molekularbiologe und Nobelpreisträger François
Jacob meinte sogar, »Leben« sei gar kein wissen- Molekularbiologen das Genom nannten, ist keine
schaftlicher Begriff, den man für die Forschung strukturierte Lektüre. Mögen wir auch das Buchstabieren immer rasanter beherrschen, die Sätze
nutzbar machen könne.
Natürlich gibt es einschlägige Definitionen. verschwimmen vor unseren Augen. Der Mönch
Üblicherweise wird Leben phänomenologisch be- Gregor Mendel schrieb seine Vererbungsgesetze
schrieben, also als Sammlung verschiedener Eigen- auf, ohne zu wissen, dass es Gene gibt. Der dänische
schaften: Lebewesen haben einen Stoffwechsel, sie Botaniker Wilhelm Johannsen formulierte das
können wachsen, sich differenzieren und fort- Prinzip des Gens, ohne zu wissen, dass die DNA
Inhalt
die Erbsubstanz ist. Heute kennen wir alle molekularen Details. Und wieder gilt: Je genauer wir
hinsehen, desto rigoroser entziehen sich uns einst
klar definierte Begriffe. Was ist ein Gen? Die Einheit, die Mendels Erbsen gelb oder grün, rund
oder schrumpelig werden lässt? Ja, es gibt solche
Gene – aber es gibt auch ganz andere. Solche, die
gleich mehrere Eigenschaften beeinflussen, solche,
die andere Gene kontrollieren. Solche, die nur im
Kontext anderer Gene zum Gen werden.
Mögen sich Art- und Genbegriff auch in Auflösung befinden, in der Praxis sind sie gewaltige
Motoren der Biologie, der Wissenschaft vom Leben. Im Mai 2010 veröffentlichte der amerikanische Molekularbiologe J. Craig Venter ein spektakuläres Experiment. Er hatte das Erbgut eines
Mikroorganismus in einen Datensatz überführt.
Venter gelang die Rückübersetzung der digitalen
Information in ein Biomolekül. Übertragen in die
Zellhülle einer fremden Bakterienart, übernimmt
das Kunstmolekül das Kommando und verwandelt die fremden Mikroben in jene Art, von der die
Vorlage für die synthetische DNA stammte.
»Mein Gott – es lebt«, kommentiert die Frankfurter Rundschau. Das Leben gehe zwar weiter,
heißt es im Naturwissenschaftler-Onlineforum
Edge, doch es werde »nie mehr wie vorher sein«.
Der konvertierte Organismus, befindet Venter, sei
»die erste sich selbst replizierende Spezies, deren
Eltern eine Computerdatei« seien. Ist Leben nichts
anderes als Information?
21 Gramm – ist das die Differenz
zwischen Leben und Tod?
Venter habe gar kein neues Leben erfunden, widerspricht der Nobelpreisträger David Baltimore, »er
hat es nachgemacht«. Auch der Wissenschaftshistoriker Hans-Jörg Rheinberger betrachtet das
Experiment pragmatisch: »Das ist nicht die Erzeugung von Leben, sondern nur die Erzeugung eines
Makromoleküls von erheblicher Dimension.«
Wenn sich Leben durch seine Neukonstruktion
nicht fassen lässt, dann vielleicht durch die Erforschung seines Verlöschens. Was geschieht im Tod?
Entflieht das Leben? Kann man das nachweisen?
Im Krankenhaus von Haverhill stellte der amerikanische Mediziner Duncan MacDougall ein
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
VON ULRICH SCHNABEL UND ANDREAS SENTKER
Krankenbett auf eine große Balkenwaage. Es ist der
10. April 1901, einer der Patienten liegt im Sterben.
Der Mann hat eingewilligt, mit seinem Tod der
Wissenschaft zu dienen. Um 17.30 Uhr beginnt das
Experiment, MacDougall protokolliert penibel jede
Veränderung. Um 21.10 Uhr tritt der Tod ein. »Genau mit der letzten Bewegung seiner Atemmuskeln
und im selben Moment mit der letzten Bewegung
seiner Gesichtsmuskeln fiel das Ende des Waagebalkens auf die untere Begrenzungsmarke«, notiert
der Arzt. »Um die Waage wieder auszugleichen, war
später das Gewicht von zwei Silberdollar nötig.« 21
Gramm – das Gewicht des Lebens?
MacDougalls Messung – das zeigen spätere Versuche – erweist sich als großer Irrtum. Die moderne
Medizin versteht den Tod ohnehin längst nicht mehr
als Zeitpunkt, sondern als Prozess (siehe Seite 30).
Das hat Folgen: Über die Frage, wann ein Mensch
tot ist, streiten Philosophen, Juristen und Mediziner
seit Jahrzehnten. Reicht es aus, dass das Gehirn seine
Aktivität einstellt? Oder muss das Herz stehen bleiben? Der Begriff Hirntod wird 1968 geprägt. Jetzt
können Mediziner einen Körper, der lebende Organe
birgt, für tot erklären und die Organe für verfügbar.
Beendet ist die Debatte damit ebenso wenig wie
der Streit um den Anfang des Lebens. Jede Weltregion, jede Kultur hat darauf eigene Antworten.
In Deutschland beginnt das menschliche Leben
mit der Verschmelzung der Kerne von Ei- und Samenzelle. In Großbritannien und Israel sieht man
es anders, denn schließlich wird aus einer befruchteten Eizelle gar nichts, lässt man sie im Labor einer Fortpflanzungsklinik liegen. Juristisch beginnt
das Leben in London und Tel Aviv, wenn sich die
Zelle in die Gebärmutterschleimhaut eingenistet
hat, wenn sie tatsächlich auf dem Weg zur Menschwerdung ist – und nicht nur Potenzial bleibt.
Ist Leben also nur eine Frage der Perspektive?
»Was ist der Unterschied zwischen meinem Leben
und dem Leben meiner Zellen?«, fragt sich der
Wissenschaftshistoriker Rheinberger. »Mein Leben ist ein permanenter Selbstvergewisserungsprozess, geprägt dadurch, dass die Zukunft nicht antizipierbar ist. Stellen Sie sich vor, Sie wüssten am
Anfang schon, was am Ende rauskommt. Dann
würden Sie sich nicht lebendig fühlen.«
www.zeit.de/audio
Fotos (Ausschnitte): S. Tetu/Ag. Focus; C. von Enzberg (2.+ 4. o.); A. Ackermann/Ag. Focus; O. Mark/Ag. Focus; M. Sher/Anzenberger; E. Kashi/VII; H. Eisenberger/Look-Foto (v. o. l.)
Wir, mittendrin
Wir haben ein intuitives
Gespür für Lebendigkeit – sie
berührt uns, auch beim
Betrachten dieser Bilder
Zeit vom 1.4.2015, Seite 30.pdf
30 WISSEN
Vom Wert des Lebens
1. APRIL 2015
D I E Z E I T No 14
Trauern, Entdecken, Spüren –
bei intensiven Erfahrungen sind
Menschen besonders lebendig
Was heißt das eigentlich, lebendig sein?
Sich mit der Welt verändern
Lebendig sein kann man nicht für sich alleine
Bis zum letzten Augenblick genießen
M
Fotos (Ausschnitte): Joker/SZ Photo; Christiane von Enzberg (2); Dorothee Deiss/Ostkreuz (v. o. l.); Jürgen Bauer, ddp (m.); privat (2, u.)
Wer tagtäglich mit dem Tod konfrontiert ist, feiert umso mehr sein Dasein
VON HARTMUT ROSA
echanisierte Versteinerung, schrieb der So­ stehn wie Klöster, in denen ich gefangen war«, dichtet
ziologe Max Weber im Jahre 1905, drohe Rilke im Stundenbuch: Das ist der Zustand der De­
unserem Zeitalter. Um zu verstehen, was pression, des Nicht­Lebendigen. »Da draußen ist alles
Lebendigkeit bedeutet, ist es hilfreich, sich die Gegen­ stumm, tot, bleich und leer und in mir selbst ist eben­
begriffe vor Augen zu führen. Das Steinerne und das so alles kalt und starr«: Das ist die Welterfahrung me­
Mechanische. Das Tote, Verknöcherte, Erstarrte, Verding- chanisierter Versteinerung.
lichte. Lebendigkeit ist eine Beziehungsform, eine Art
Lebendigkeit ist eine Beziehungsform, die sich der
und Weise, auf die Welt, auf die Menschen und Din­ Logik der Steigerung und Optimierung, der Beherr­
ge bezogen, mit ihnen in Kontakt zu sein.
schung und Kontrolle widersetzt. Wer
Lebendigkeit ist ein Austauschverhältnis.
sein Leben unter Kontrolle hat, ist tot.
Lebendigsein kann man nicht für sich
Wer sein Leben systematisch darauf
alleine, sondern nur in Beziehung – das
anlegt, seine Weltreichweite zu vergrö­
Andere muss aber kein Mensch sein, es
ßern – mehr Wissen, bessere Kontakte,
kann auch ein Tier, ein Wald, ein Buch
einen leistungsfähigeren und attrakti­
oder ein Lied sein. Aber die Beziehung
veren Körper, ein höheres Einkommen
muss über das Instrumentelle und Kausa­
zu haben –, verliert Stück für Stück
le hinausgehen.
seine Lebendigkeit, denn das Leben, das
Der Soziologe
Etwas zu brauchen oder zu nutzen, Hartmut Rosa
ist das Unverfügbare, Nicht­Akkumu­
auch etwas zu gestalten oder von etwas forscht in Jena
lierbare. Eine Gesellschaftsform, die die
beeinflusst zu werden stiftet noch keine und Erfurt über
unablässige Akkumulation und Opti­
Lebendigkeit. Lebendig werde ich erst, Resonanzen
mierung von sozialen, ökonomischen,
wenn das Andere da draußen mit mir so
kulturellen und körperlichen Ressour­
in Beziehung tritt, dass ich durch diese
cen erfordert, um die schimärische Ver­
Beziehung selbst verändert werde, dass ich mich dabei heißung lebendiger Weltbeziehungen aufrechterhal­
und darin verwandle. Lebendigkeit ist deshalb Anver- ten zu können, führt zu mechanisierter Versteinerung.
wandlung von Welt, nicht bloß Aneignung von Stoff. Das Nachdenken über Lebendigkeit führt deshalb
Lebendigkeit ist ein erotisches Weltverhältnis. Für zur Systemfrage.
Herbert Marcuse bestand das größte Verhängnis der ka­
pitalistischen Moderne darin, Eros und Libido auf das
sexuelle Erleben zu reduzieren. Dabei gehe die Erfahrung
verloren, dass auch die Arbeit, dass die Kunst, sogar die
Pflege und die Trauer uns lebendig mit der Welt ver­
binden können.
Lebendigsein bedeutet, über vibrierende Resonanz­
drähte verbunden zu sein, in einem Antwortverhältnis
zum Leben zu stehen. »Ich bin ein Blasser, allem Abge­
löster, und ein Verschmähter jeder Schar, und alle Dinge
E
igentlich wollte ich Mediziner werden, hängt mit der Unschuld des Kindes zusam­
aber das Einzige, vor dem ich wirklich men, mit seiner Chancenlosigkeit gegenüber
Angst hatte, war die Anatomie, das dem Täter.
Wie man so etwas emotional verarbei­
Präparieren von Leichen. Um zu sehen, ob
ich das kann, habe ich mich gleich im ersten tet? Ehrlich gesagt: Einen besonderen Ver­
oder zweiten Semester als Student im rechts­ arbeitungsprozess habe ich gar nicht. Das
medizinischen Institut verdungen. Dort gehört eben zum Job. Und man setzt seine
musste ich die Leichen annehmen, sie regis­ Betroffenheit ja um, gibt sich besonders
viel Mühe, das Geschehen mi­
trieren und so weiter. Die ersten
nutiös zu analysieren und zur
Tage waren nicht einfach. Aber
Aufklärung beizutragen, bis
mit der Zeit gewöhnt man sich
hin zum Auftritt in der Ge­
daran. Im Umgang mit Leichen
richtsverhandlung. Dieses Auf­
hilft es am meisten, sie anzufas­
klärenkönnen schafft ein emo­
sen und sich selbst daran zu
tionales Gegengewicht, das
schaffen zu machen. Später habe
immer stärker wird, während
ich das auch bei Staatsanwälten
die psychische Last im Laufe
immer wieder beobachtet: Um Rechtsmediziner
der Zeit geringer wird.
zu verhindern, dass denen die Bernd Brinkmann
Wie lange dauert der Tod?
Knie weich werden, ist es das hat in seinem
Der Laie denkt meist, der Über­
Beste, sie bei der Sektion einzu­ Alltag tausende
gang vom Leben zum Tod sei
spannen. Die bekommen dann Leichen gesehen
eine scharfe Grenze. Dabei ist es
einen Kittel, Handschuhe und
ein gradueller Übergang. Der
müssen zum Beispiel Organe
Sterbeprozess kann innerhalb von Sekunden
wiegen. Das hilft.
Im rechtsmedizinischen Institut in Ham­ stattfinden, kann aber auch Minuten, Stun­
burg, wo ich später gearbeitet habe, hatten wir den oder Tage dauern. Am empfindlichsten
etwa 3000 Leichen im Jahr, da sah man am ist das Gehirn. Wird jemand fünf oder sechs
Tag acht bis zehn Tote. Aber natürlich berührt Minuten lang gewürgt, bekommt das Hirn
keinen Sauerstoff mehr und stirbt. Danach
nicht jeder Tod gleichermaßen.
Am schlimmsten ist es bei Kindern. sterben die einzelnen Organe in einer gestaf­
Wenn die einem Gewaltverbrechen zum felten Ordnung. Die Muskeln leben zum
Opfer gefallen sind, ist man auch als Rechts­ Beispiel noch acht bis zehn Stunden, deshalb
mediziner extrem berührt, manche fangen kann bei der Sektion einer Leiche plötzlich
an zu weinen. Viele packt die Wut. Das der Herzmuskel anfangen zu zucken. Auch
Hautzellen überleben relativ lange. Und die
Spermien sind sogar noch bis zu zwei Tage
nach dem Tod zeugungsfähig.
W
Wenn man sich diesen graduellen Übergang vor
Augen führt, dann ist das in meinen Augen auch ein
gutes Argument für die Organtransplantation. Da­
durch kann man einem anderen Menschen zu mehr
Leben verhelfen und zugleich dafür sorgen, dass die
eigenen Organe weiterleben. Das sind aus meiner
Sicht zwei Aspekte, die ich extrem reizvoll finde.
Nein, niedergedrückt bin ich durch so viel Be­
schäftigung mit dem Tod nicht. Ich meine sogar,
sagen zu können: Man lebt bewusster. Aus Sicht
der Rechtsmedizin ist Leben eine wunderbare Al­
ternative. Angesichts dieses grausamen, unabän­
derlichen und gnadenlosen Ereignisses Tod
nimmt man das freudige Leben, mit allem, was
dazu gehört, bewusster wahr. Ich habe kaum ein­
mal Menschen irgendwo ausgelassener feiern se­
hen als bei Feiern in der Rechtsmedizin oder der
Pathologie. Ich kann zwar nicht genau sagen, wa­
rum, aber vielleicht hängt das mit dem Beruf zu­
sammen. Man genießt all das Schöne, das das
Leben zu bieten hat, bis zum letzten Augenblick.
»Lebendigkeit« ist für mich übrigens etwas deut­
lich anderes als nur biologisches »Leben«. Nehmen
Sie etwa die Liebe: Beziehungen, in denen man so
vor sich hin lebt, gibt es viele, aber eine lebendige
Beziehung fühlt sich anders an. Dazu gehört die
ganze Palette der Emotionen, auch der Streit, sonst
wäre die Beziehung nicht lebendig. Andererseits
kann natürlich gerade das zu Überreaktionen führen,
zu Eifersucht, vielleicht sogar am Ende zu einem
Tötungsdelikt. Ein Mord aus Eifersucht wäre damit,
wenn Sie so wollen, ein Ausweis besonderer Leben­
digkeit. Das heißt, Lebendigkeit ist nicht nur schön,
sie kann auch ganz schrecklich sein.
Die Balance halten
Die Nähe in der Ferne spüren
Für Kinder kann Mama auch auf dem Bildschirm lebendig sein
VON BERND BRINKMANN
Das Leben ist ohne die dauernde Gegenwart des Todes nicht zu haben
VON VERA KING
Im Alltag von Jugendlichen wiederum sind
as wir als lebendig empfinden, verändert
sich, auch die Vorstellung von kindlicher Gleichaltrige virtuell immer dabei, und nicht nur das:
oder jugendlicher Lebendigkeit. Kinder In den Netzwerken Aufmerksamkeit zu erzeugen,
gelten in der Vorstellung Erwachsener noch als unver­ den anderen zu folgen und zu prüfen, wie man an­
stellter lebendig, als besonders authentisch oder natür­ kommt, ist für viele unabdingbar. Jugendliche finden
lich. Zur Spontaneität gehören in diesem Bild von das mitunter zweischneidig: Da ist der Genuss, im­
Kindheit der lebendige Ausdruck, Spiel und Bewe­ mer begleitet zu sein, sich selbst in den digitalen
gung. Mit dem Bild der Jugend verbinden sich dann Reaktionen der anderen zu erleben. Aber beklagt wird
vitaler Aufbruch und Erneuerung: »Gute Jugend der Verlust des lebendigen Austauschs, in den Worten
glaubt, dass sie Flügel habe und dass alles Rechte auf einer Jugendlichen: »Ich find’s zum Beispiel so scha­
ihre herbrausende Ankunft warte«,
de, dass alles über WhatsApp passiert und
schrieb der Philosoph Ernst Bloch.
nicht mehr persönlich.«
Heute tragen die Flügel immer mehr
Aber digitale oder reale Ferne bedeu­
in virtuelle Erfahrungen und digital er­
ten, ob nun bei jungen oder älteren
schließbare fremde Welten. Fernes wird
Menschen, eben nicht einfach Verlust
digital in Nahes verwandelt. Damit ver­
oder Gewinn. Der ferne Mensch kann
ändert sich der Charakter von Erfahrung
sich leiblich nah und lebendig anfühlen,
als Kern des Lebendigen, und es wandelt
kann auch digital starke Empfindungen
sich auch der lebendige Zugang zur Welt, Bildungsforscherin
auslösen. Folgenreich ist dabei, dass sich
der Bezug zum anderen Menschen. Wir Vera King geht
in der digitalen Epoche die Bedeutungen
wissen noch wenig darüber, wie sich etwa der Frage nach,
von Nähe und Distanz verschieben, etwa
die Kommunikation über Skype auswirkt, wie aus Kindern
für das, was man Ablösung von den El­
wenn Mutter und Kind länger getrennt Erwachsene werden tern nennt.
sind. Entfernung wird jedenfalls insofern
Wenn Heranwachsende ferne Welten
überwunden, als das Kind die Mutter zu
und neue Beziehungen im virtuellen
sich herholen kann, das bedeutet eine neue Form von Raum erkunden, während sie daheim sind, entstehen
Lebendigkeit. Aber die Präsenz ist zugleich beschränkt. neue innere Bilder von Getrenntheit und Bezogen­
Wie frustrierend dies sein kann, lässt sich bei Klein­ heit, von Verlorenem und Bewahrtem. Wenn alles
kindern beobachten, die ihre Eltern am Bildschirm zu schnell vergeht, aber gespeichert bleibt, wenn Formen
umarmen versuchen.
von An­ und Abwesenheit sich vervielfältigen, wirkt
Allerdings ist leibliche Anwesenheit auch kein Garant sich das auf Bindungen, Selbstständigkeit und den
für kommunikative Zuwendung. In Hessen werden Bezug zur Welt aus: Und die Erfahrung von Leben­
Eltern auf Plakaten aufgefordert, häufiger mit ihren digkeit wandelt sich.
Kindern zu sprechen, statt in deren Beisein per Handy
mit anderen zu kommunizieren.
S
ie, die nicht atmet, beginnt doch zu dem die Bildhauer durch das Studium der
atmen!«, rief der griechische Sophist Anatomie und der Gefühlsregungen perfek­
Callistratos angesichts einer Bronze­ te Abbilder des Lebens zu erzeugen ver­
statue des Praxiteles voller Bewunderung. mochten, verzichteten sie auf die lebensnahe
Seit der Antike kreist das Kunstgespräch um Bemalung ihrer Skulpturen.
Die Kunst verspricht Lebendigkeit, um
die Lebendigkeit von Malerei und Skulptur.
Die italienische Renaissance schließt daran dieses Versprechen sogleich zu brechen, und
leidenschaftlich an. In seinem Malereitraktat gewinnt gerade dadurch Autonomie – vor
von 1435 fordert der Humanist Leon Battista allem gegenüber der lebendigen Präsenz der
Alberti, lebende Körper lebendig darzustel­ Ikonen und Reliquien. Francesco Petrarca
fand für diese Brechung schon
len. Die Toten hingegen sollten
im 14. Jahrhundert die passen­
ganz und gar tot erscheinen; alles
den Worte. In seinen Gedich­
an ihnen hänge schlaff herab.
ten an Laura lobt er den Maler
Doch was sind die Merkmale des
Simone Martini für das Bildnis
Lebendigen? Für Alberti ist die
der Verstorbenen, in dem nicht
Antwort klar: autonome Bewe­
nur ihre Seele sichtbar werde.
gung und Wahrnehmung. Da­
Die Geliebte scheine sogar zu
mit folgt er der unbestrittenen
sehen und zu hören. Umso
naturphilosophischen Autorität
Der Kunsthistoriker
schwerer wiegt die bittere Frage
des Aristoteles.
Frank Fehrenbach
des folgenden Sonetts: Aber
Die Kunst der Frühen Neu­
spürt in Hamburg
warum antwortet das Porträt
zeit hat Alberti nicht den Gefal­
der Lebendigkeit
denn nicht?
len getan, säuberlich das Tote
in der Kunst nach
vom Lebendigen zu unterschei­
Im fiktiven Leben des Kunst­
den. Zahlreich sind stattdessen
werks erfahren die Betrachter ihre
Bilder und Skulpturen, die diesen Unter­ eigene Lebendigkeit – mal gesteigert, mal ge­
schied aushebeln – tanzende Skelette, unru­ fährdet. Wie die schrecklich­schöne Medusa
hige Verstorbene. Genau in dem Moment, in entzieht das scheinbar zum Leben erweckte
Kunstwerk dem bewundernden Betrachter
Lebenskraft und verwandelt ihn in einen be­
wegungslosen Stein. Diese Wirkung haben
etwa Michelangelos Skulpturen im 16. Jahr­
hundert auf den Florentiner Anton Francesco
Doni. Die lebendigen, wie weiche Haut er­
scheinenden Farben Tizians hingegen besitzen
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
VON FRANK FEHRENBACH
die Kraft, sogar das erkaltete Blut der Alten wieder zu
erwärmen und in Wallung zu versetzen, meint der
Venezianer Lodovico Dolce.
Die Lebendigkeit von Kunstwerk und Betrachter
ist seither Gegenstand eines komplexen Tausch­
handels. Auch im Körper des Betrachters, betont
Leonardo da Vinci, halten sich Tod und Leben in
einer labilen Balance. Das Leben ist ohne die dauern­
de Gegenwart des Todes nicht zu haben. Auch darin
sind Bilder – vorbildlich.
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Das scheinbare Leben der Bilder ermöglicht
jene Distanz, die Aby Warburg prägnant in die
Formel fasste: »Du lebst und thust mir nichts.«
Heute verschwindet diese Distanz; lebendiges Vor­
bild und Abbild verschmelzen zunehmend. Noch
nie waren lebende Tiere und Pflanzen als künstle­
risches »Material« so präsent. In jeder ihrer For­
men aber kreist die Kunst, solange es sie gibt, um
ihr rätselhaftes Zentrum: das Leben.
Zeit vom 1.4.2015, Seite 31.pdf
1 . A P R I L 2015
Vom Wert des Lebens
D I E Z E I T No 14
WISSEN 31
Auf der Kippe
Nicht zu fassen
»Leben muss scheitern können, sonst ist es kein Leben«,
sagt der Biologe und Philosoph Andreas Weber
Wenn einem mal wieder alles versteinert und grau vorkommt, sucht man nach Lebendigkeit.
Aber sobald man sie festzuhalten versucht, zerrinnt sie sofort VON ELISABETH VON THADDEN
DIE ZEIT: Viele Biologen meiden den kein Interesse an seinem Überleben, wäre ihm
Begriff der Lebendigkeit, Sie halten ihn das egal.
für zentral. Was ist das für Sie: lebendig? ZEIT: Interesse, Bedeutung, Identität – sind das
Andreas Weber: So schwer sich die Wissenschaft nicht einfach nur andere, poetischere Begriffe für
mit der Definition tun mag, so sehr haben altbekannte biologische Prozesse?
wir doch alle ein intuitives Grundgefühl, was Weber: Nein, denn erst diese Betrachtung schafft
es heißt, lebendig zu sein. Das können wir in eine Verbindung zwischen dem Forscher und
der Regel nämlich ziemlich schnell erkennen: seinem Gegenstand. Wir verstehen die Verletz­
Wir gehen hin und fassen es an. Und wenn es lichkeit eines anderen Lebewesens, weil wir selbst
dann wegspringt oder uns angreift, dann ist es in einem verletzlichen Körper stecken und diese
lebendig.
Sorge um die eigene Identität kennen. Für mich
ZEIT: Wie ist das bei Pflanzen? Oder bei Mikro­ ist das ein wichtiges Instrument der Erkenntnis
– das aber heute überhaupt nicht genutzt wird.
organismen? Die rennen ja nicht weg.
Weber: Doch, auch sie reagieren, wenn auch in Die Biologie steht damit am selben Punkt, an
anderen Zeiträumen. Wenn ich an einer Pflanze dem die Physik Anfang des 20. Jahrhunderts
ein Blatt abreiße, wächst vielleicht ein neues stand: Es geht darum, festzustellen, dass es zwi­
nach. Selbst bei Bakterien sehen wir, dass sie vor schen dem Beobachter und dem, was er beobach­
unangenehmen Reizen fliehen. Allgemein ge­ tet, eine Verbindung gibt, die das Beobachtete
sprochen: Das Lebendige ist das, was ein Interes­ zugleich verändert.
se an sich selbst hat, das um sich besorgt ist und ZEIT: Ist das lediglich ein Wechsel der philoso­
dementsprechend reagiert. Und das berührt uns: phischen Perspektive, oder hat das auch prak­
Weil wir nämlich selber lebendig sind und diese tische Auswirkungen?
Sorge um die eigene Verletzlichkeit teilen.
Weber: Im Rahmen des derzeitigen biowissen­
ZEIT: Aber ein moderner Biologe fühlt sich von schaftlichen Paradigmas erklären wir das Leben,
indem wir es auf kausal­mechanische Prinzipien
seinen Experimenten wohl kaum noch berührt.
Weber: Das ist ja das Problem. Für mich leidet zurückführen. Man könnte sagen: Um das Leben­
die Biologie darunter, dass sie das zentrale Faszi­ dige zu verstehen, übersetzen wir es in tote Mecha­
nosum des Lebens ausgeklammert hat. Sie nennt nismen. Und auf der anderen Seite stellen wir fest:
sich zwar »Lebenswissenschaft«, aber ausgerech­ Unsere Zivilisation produziert Tod. Tierarten
sterben aus, die natürliche Vielfalt
net mit dem Begriff des Lebendig­
stirbt, die Natur wird weggefressen ...
seins kann sie nichts anfangen. Je­
Weil wir das Leben nicht richtig ver­
denfalls nicht im Labor. Vom Leben
stehen, verstehen wir auch nicht, was
berühren lässt man sich hauptsäch­
uns mit anderen Lebewesen verbin­
lich privat und zu Hause – von den
det. Und wir verstehen uns letztlich
Kindern, dem Partner, dem Haus­
selbst nicht richtig.
tier, gerne auch im Urlaub. Aber in
der Wissenschaft hat das angeblich
ZEIT: Das klingt jetzt aber sehr nach
nichts zu suchen.
Öko­Romantik.
ZEIT: Damit ist die Biologie aber Von Andreas Weber Weber: Überhaupt nicht. Ein tiefe­
erscheint
im
Mai
sehr erfolgreich.
res Verständnis des Lebens garan­
das
neue
Buch
tiert keine heile Welt. Es konfron­
Weber: Sicher, in den vergangenen
hundert Jahren hat die Biologie gro­ »Enlivenment. Eine tiert uns eher mit etwas, wovor wir
als Individuen immer weglaufen:
ße Fortschritte gemacht. Und mit Kultur des Lebens«
ihrer kausal­mechanischen Erklärung
des Lebens hat die moderne Biologie
ja durchaus recht, die ist ja nicht falsch. Aber es
ist eben nur die halbe Wahrheit. Dabei wird et­
was Wesentliches ausgeblendet, das wir brauchen,
um zu verstehen, was Leben ist und was es heißt,
lebendig zu sein.
ZEIT: Üblicherweise wird Leben über seine Ei­
genschaften – Stoffwechsel, Reproduktion,
Wachstum – definiert. Reicht das nicht?
Weber: Das Entscheidende fehlt. Der Biologe
und Philosoph Francisco Varela hat den Begriff
der Autopoiesis eingeführt. Er sagte: Leben ist
ein Prozess der Herstellung einer Identität.
ZEIT: Inwiefern hat eine Zelle eine Identität?
Weber: Damit ist nicht gemeint, die Zelle hätte
ein Bewusstsein oder so etwas. Aber sie hat eine
Tendenz, in der Form, in der sie existiert, wei­
ter zu existieren oder diese Form noch zu ver­
größern.
ZEIT: Viele Biologen würden sagen: Das ist das
Prinzip der Selbstorganisation.
Weber: Nein, das ist eben mehr. Es ist eine Form
der Selbstorganisation, bei der etwas auftaucht,
was bei chemischen Reaktionen nicht da ist:
Nämlich das Interesse eines eigenen Zusammen­
haltes. Eine Zelle muss sich immer wieder selbst
aufbauen, weil sie sich sonst auflöst.
ZEIT: Warum sollte sie sich auflösen?
Weber: Aus der Physik wissen wir, dass Materie
aufgrund des Dranges zur Entropie immer dem
niedrigsten Energiezustand zustrebt. Dagegen
muss die Zelle ständig anarbeiten. Ein lebender
Organismus ist gewissermaßen ständig auf der
Kippe und darum besorgt, sich selbst aufrecht­
zuerhalten. Damit entsteht ein Interesse an der
eigenen Identität. Und es kommt die Kategorie
der Bedeutung ins Spiel: Der um sich selbst be­
sorgte Organismus bewertet alles, was von außen
kommt, entweder als gut oder schlecht. Hätte er
nämlich mit dem Sterben.
ZEIT: Dem Sterben?
Weber: Ja. Unser System hat sich doch auf die
Fahnen geschrieben, den Tod zu beseitigen. Wir
versuchen, ihn durch medizinischen Fortschritt
zu bannen, durch Ablenkung, Arbeit, Konsum
oder Zudröhnen zu verdrängen. Und gerade
diese krampfhafte Negierung des Todes beraubt
uns unserer Lebendigkeit. Denn zum Leben ge­
hört nun mal der Tod. Leben ist untrennbar
damit verbunden, dass es scheitern kann, ja,
dass es irgendwann scheitern muss! Sonst ist es
kein Leben.
ZEIT: Gerade das Scheitern versuchen wir mit
großem Aufwand zu vermeiden ...
Weber: ... und müssen die Erfahrung machen,
dass das nicht geht. Leben ist immer auf der Kip­
pe, ist immer vom Zerfall bedroht, ist nie voll­
kommen. Und gerade dieses ständige Scheitern­
Können ist ein Motor von Imagination, von
Kreativität, von möglicher Schöpfung.
ZEIT: Leben als Drahtseilakt, der immer schief­
gehen kann?
Weber: Ja, und das ist schon auf der grundlegen­
den biologischen Ebene so. Denn auch unser
Körper ist ja keinesfalls stabil. Wir haben zwar
das Gefühl einer dauerhaften Identität, dabei
verwandeln wir uns auf materieller Ebene per­
manent. Ich nehme Kohlenstoff aus der Nah­
rung auf und baue ihn in meine Körperzellen
ein. Ich atme Kohlenstoff aus, der zuvor Teil
meines Körpers war. Ich setze mich immer wie­
der neu zusammen. Was stabil bleibt, ist meine
Identität und das Interesse, weiter zu existieren.
Auf materieller Ebene dagegen bin ich ständig
im Durchfluss, ich sterbe dauernd und
werde zugleich neu geboren. Das ist
doch irre!
Das Gespräch führte ULRICH SCHNABEL
W
as ist das Leben? Weder
die Medizin weiß es
noch die Chemie, und
auch für die Biologie ist
es ein Rätsel. Für Phi­
losophie, Kunst, Reli­
gion und Literatur aber
ist das Leben eine immer wieder offene Frage, sie
drängen danach, seinen Wert, sein Gelingen, seine
Schönheit und seinen Schrecken zu ergründen.
Aus der Frage entstehen existenzielle Bilder:
Adam, der in der Kuppel der Sixtinischen Kapelle
durch eine Berührung seines Schöpfers erwacht.
Oder die Vorstellung, dass das Leben ein Kuss des
Himmels sei und der Atem des Schöpfers das Ge­
schöpf lebendig mache.
Aber was heißt lebendig? In einer Gesellschaft,
die den Tod nicht akzeptieren will, wird allent­
halben nach dem lebendigen Leben gefahndet.
Leben heißt beschwörend der jüngste preisgekrön­
te Roman von David Wagner, der ohne Pathos von
einem Schwerkranken erzählt und von dessen
Gefühl der Lebendigkeit. Liebes Leben heißt der
letzte Erzählungsband der Nobelpreisträgerin Alice
Munro, in dem sie die »ersten, letzten und per­
sönlichsten Dinge« aufspürt. Und in ihrer Kampf­
schrift Du sollst nicht funktionieren macht Ariane
von Schirach gegen Leute mobil, die so leblos und
oberflächenflach sind wie ihre Bildschirme.
Lebendigkeit? Ist das etwas Spürbares, eine Art
Kraft, Trieb oder Drang? Fühlt es sich gut an? Ge­
hören Ekel und Verfall dazu? Trauer, Verzweiflung,
Angst und Wut? Hassen auch? Heißt es vielleicht:
nicht wissen, was morgen passiert?
Oder kann man Lebendigkeit sehen? Atmen,
rosige Haut, Herzschläge, Nervenströme. Ethik­
kommissionen sammeln solche Merkmale, um
Argumente für oder gegen die Entnahme von Or­
ganen nach dem Hirntod zu finden. Doch Ein­
deutigkeit ist nicht zu haben, es bleibt eine Abwä­
gung in ausgeklügelten Verfahren.
Vielleicht bedeutet Lebendigkeit berührt wer­
den. Aber wie? Viele unmittelbare Begegnungen
mit körperlicher Lebendigkeit sind bei uns nicht
mehr unmittelbar, sondern unter Kontrolle: Berüh­
rung gibt es als risikolose Massage für Geld, körper­
liche Pflege als Versicherungsleistung, in der Ro­
mantrilogie Shades of Grey ist das sexuelle Leben
bürokratisch geregelt, in Hüpfkursen können sich
Kinder nachmittags von 15 bis 17 Uhr planmäßig
austoben, gegen Grippe lässt man sich impfen. Das
Leben funktioniert leidlich als abgespulter Tag,
gefaketes Event, eingehegte Angst, umzäunter
Schmerz, gezähmter Exzess. Lebendigkeit, ahnt
man, wird etwas anderes sein.
Ein Schritt zurück: »Das lebendige Leben muss
etwas unglaublich Einfaches sein, das Alltäglichste
und Unverborgenste, etwas Tagtägliches und All­
stündliches«, schreibt Fjodor Dostojewski 1876 in
seiner Erzählung Der Jüngling, »etwas dermaßen
Gewöhnliches, dass wir einfach nicht glauben
können, dieses Einfache könnte es sein, und deshalb
gehen wir schon so viele Jahrtausende an ihm vo­
rüber, ohne es zu bemerken und zu erkennen.«
Lebendigkeit also ist einfach.
Etwa zur selben Zeit aber verzweifelt in der Er­
zählung Der Tod des Iwan Iljitsch von Leo Tolstoi
der im Sterben liegende Titelheld. Iljitsch, ein
knapp 50­jähriger Justizjurist, fragt sich, ob er denn
überhaupt je gewagt habe zu leben? Richtig zu le­
ben? »Was willst du denn jetzt? Leben? Wie leben?«
Am Ende stirbt Iljitsch mit der Einsicht, nie gelebt
zu haben. Sein Leben war – falls es je begonnen hat
– lange vor dem Tod zu Ende. Ihm fehlte es, um
sich lebendig zu fühlen, am Mut zur Entscheidung!
Manch einer weiß nicht, ob er lebt oder tot ist.
Diese existenzielle Ungewissheit wird schon in den
biblischen Schriften verhandelt. Da kann die Unter­
welt mitten ins Leben dringen und einer tot sein,
der noch atmet. Und umgekehrt, einer der tot ist,
bleibt doch lebendig, das ist Ostern.
In der aufgeklärten Moderne dann beschäftigt
die Frage »Bin ich eigentlich noch am Leben?« die
Menschen immer mehr. »Das Leben ist die Arbeit
nicht wert, die man sich macht, es zu erhalten«,
klagt müde der Revolutionär Danton in Büchners
Drama Dantons Tod von 1835. Da klingt an, dass
Lebendigkeit sich nicht erarbeiten lässt, und Dan­
ton wirkt vom ersten Akt an wie ein Toter angesichts
der sinnlosen Monotonie der Geschichte. »Wann
endet ein Leben, wenn das Herz nicht mehr schlägt
oder es sinnlos erscheint, dass es noch schlägt?«,
fragt im allerersten Satz Bodo Kirchhoffs aktueller
Roman Verlangen und Melancholie.
Wenn man Menschen heute fragt, wann sie sich
besonders lebendig fühlen, sagen viele: Lebendig
fühle ich mich bei der Arbeit. Wo man sich ausdrü­
cken und verwirklichen kann, wo sich die Schlag­
zahl erhöht, das Tempo verdichtet, der Puls schnel­
ler geht. Bis er jagt. Bis man sich plötzlich durch
Routinen, durch Erschöpfung leer fühlt und er­
starrt. Bis man ein stimmungsaufhellendes Pillchen
nimmt, für die Arbeit, zum Durchhalten, um sich
zu spüren, lebendig zu sein. Das tun immer mehr,
geschätzte drei Millionen allein in Deutschland.
»Was willst du denn jetzt? Leben? Wie leben?«, fragt
sich Iwan Iljitsch erst auf dem Sterbebett. Doch so
lange muss man nicht warten.
Lebendig ist, wer Hoffnung hat. Lebendig ist,
wer in Beziehung zu anderen steht. So lauten in der
Gegenwart philosophische Antworten. Aber kann
es sein, dass die moderne Gesellschaft immer wieder
vergisst, was Lebendigkeit ist, und deshalb immer
neu fragen muss?
Die Unsicherheit verstärkt sich in Krisenepo­
chen. Der Kulturphilosoph Georg Simmel schrieb
vor hundert Jahren: »Während alles Unlebendige
schlechthin nur den Augenblick der Gegenwart
besitzt, streckt sich das Lebendige in einer unver­
gleichlichen Art über Vergangenheit und Zukunft.«
Damit ist als Zeitdiagnose gemeint: Lebendigkeit
will sich in Neuem ausdrücken, will unbedingt Zu­
kunft werden. Doch paradoxerweise stellt die Le­
bendigkeit moderner Individuen genau dabei tote
Objekte her: Weil sie sich immerfort anders aus­
drücken will, schafft sie neue Gegenstände, Orte,
Institutionen, und eines Tages gucken all diese
Dinge fremd und leblos zurück, als »entseelte Ob­
jektivität«. Gerade noch war das rote Wollkleid der
Ausdruck des lebendigen Ichs, schon muss es in den
Altkleidersack, weil es sich abgelebt anfühlt. Eben
war der Schreibtisch, Pinie lasiert, noch angesagt,
jetzt soll er raus, er wirkt irgendwie tot. Und die
Schallplatten, die einst so kostbar waren, bedeuten
jetzt nichts mehr.
M
an könnte sagen: Die schöpfe­
rische Lebendigkeit moderner
Gesellschaften baut sich selbst
mit Requisiten zu, bis sie sich
aus dem ganzen Krimskrams,
den Sachzwängen, Dingen, Routinen ihrer Kul­
tur halb erstickt wieder ausgraben muss. Die
Fenster öffnen, den Kragen lockern und alles in­
frage stellen. Was einmal lebendig war, ob ein
Gebäude, ein Design, eine Ehe, eine Idee, eine
Zeitung, ein Beruf, zeigt sich plötzlich als Zwangs­
vollzug von Erstarrtem. Dann stellt sich die Frage
wieder: Was heißt hier lebendig?
So führt die Suche nach der Lebendigkeit, wie
Georg Simmel es in Zur Philosophie der Kultur na­
helegt, tief hinein in ihre Geschichte. In eine Zeit,
als es das Wort noch nicht gab, nur die nahe Ver­
wandte, das Leben. »Leben, ist dreyerley«, wusste
Zedlers Universallexikon im Jahr 1737: »Das erste
ist das natürliche Leben (...), das andere ist das geist­
liche Leben, wenn wir im Glauben in Christo, in
Gott und dem heiligen Geist leben (…). Das
dritte ist das ewige Leben, die Empfindung der
göttlichen ewigen Freude (…).« Ein »Organismus«
sei wenig oder gar nicht von dem »Mechanismo«
unterschieden: Damit ist eine gute und stetige Ord­
nung verschiedener Teile gemeint, die sich zu ei­
nem Ganzen zusammenfügen. Lebendigsein be­
deutete damals also, sich demütig in Gottes Ord­
nung zu bewegen.
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
Doch dann bebt kulturell die Erde: Jetzt sind die
modernen Entdeckungen des Lebens nicht mehr
aufzuhalten, die Gottes Ordnung durcheinander­
werfen: 1740 weist der Zoologe Abraham Trembley
am Polypen die Selbstreproduktionsfähigkeit eines
zerteilten Organismus nach, aus dessen Bestand­
teilen wieder komplette Exemplare wachsen.
Der Naturforscher Albrecht von Haller entdeckt
1753, dass Muskelfasern reizbar sind, sie können
sich bei Berührung zusammenziehen und Nerven­
fasern gar Impulse ans Gehirn weiterleiten und in
Empfindung verwandeln. Und der Mediziner Jo­
hann Friedrich Blumenbach denkt über einen
Bildungstrieb als Motor alles Lebendigen nach: Der
sei eine Art Zeugungskraft, die ganz neue Lebe­
wesen entstehen lasse.
S
o steht dann 1798, passend zur revolu­
tionären Epoche, im Adelungschen
Lexikon, das Leben sei etwas völlig
anderes als die unbelebten Dinge,
nämlich: »zu Empfindungen und Ver­
änderungen fähig«. Sensibilität! Veränderung!
Alles, was fühlt, kann neu werden! Nun passen
die Biologie und die empfindsame Seele zusam­
men und bilden um 1800 ein fruchtbares Paar.
Leben und Lebendigkeit sind eng verwandt: in
der schöpferischen Empfindung.
Doch sobald man festhalten und benennen
will, was Leben ist, zerrinnt es im selben Augen­
blick. Diese Gewissheit wird seit der frühen Auf­
klärung zum Topos. »Das Leben ist eine Sache,
die man nicht beschreiben, in keine Methode
und Systema bringen oder Kennzeichen dafür
geben kann«, schreibt 1755 der Pietist Graf Zin­
zendorf, der Gottes Geist überall am Werk sieht.
Das pure Leben mag organisch einzigartig sein,
Lebendigkeit aber ist jene Kraft, die irgendwo
zwischen Geist, Seele, den Eigenschaften alles
Organischen, der Fantasie und der sexuellen Lust
oszilliert, und sie ist vor allem eins: nicht zu fas­
sen. Unverfügbar.
Hier klingt der religiöse Ton an, wie er zuerst im
Prolog des Johannes­Evangeliums zu hören ist.
Leben, Atem, Licht, Geist, Vernunft und Seele, so
lauteten in der abendländischen Tradition die
Grundbegriffe dessen, was ohne Gott – und sei er
noch so verweltlicht – nicht sein kann: Lebendig­
keit. Auch dieser Ton wird von 1750 an durch die
Biologie grundlegend modernisiert: Lebendigkeit
wird zu einer atemberaubenden Mischung – atmen­
der Geist, schöpferische Empfindung, erregbarer
Körper, Zeugung, Zittern der Nerven, Zellteilung,
alles in eins. Etwas unsagbar Kostbares.
Doch zu diesem Gedanken gesellt sich das mo­
derne Missverständnis des »Lebens um jeden Preis«:
In Zeiten politischer Erstarrung und Ohnmacht
fühlt sich nur vital, wer grausam ist zu sich und
anderen! Rücksichtslos, durch Schmerzen, mit Ge­
walt. Der fatale Kriegskitzel, gegen die moderne
Entfremdung, lässt vermeintlich erst in Todesnähe
das Leben spürbar sein. Aus diesem Material woben
die Nationalsozialisten ihre Ideologie, und bis
heute weben sie mörderische Systeme wie der »Isla­
mische Staat«.
Ostern allerdings fasst die Todesnähe des Lebens
ganz und gar anders auf. Ostern feiert die Über­
windung des Todes durch das Leben. Die abend­
ländische Bildtradition hat den Löwen – den Herr­
scher über Leben und Tod – als Symbol erkoren:
Seit dem zweiten Jahrhundert kennt die frühchrist­
liche Naturlehre das Bild des Löwen als Oster­
Allegorie. Im Freiburger Münster etwa ist das
Motiv zu sehen: Ein erwachsener Löwe atmet seine
Neugeborenen an, bis sie belebt sind. Drei Tage
dauert es, so glaubte man, bis der eingehauchte
Geist die Körper beseelt. Im Wiener Physiologus aus
dem 12. Jahrhundert klingt das so: »Am dritten Tag
aber kommt der Löwenvater und brüllt oder bläst
sie an, und davon erwachen sie zum Leben. So er­
weckt der allmächtige Gott seinen Sohn am dritten
Tag wieder aus dem Tod.« Drei Tage, von der Nacht
des Karfreitags bis zum Osterlicht.
Fotos (Ausschnitte): Holde Schneider/Visum; Robert Kluba/Visum; Andrea Obzerova/Fotolia; Toufic Beyhum/Anzenberger (v. l. o.); Valentina Bosio (u.)
Lebendig ist, wer in Beziehung
zu anderen Menschen
steht und sich berühren lässt
Zeit vom 1.4.2015, Seite 33.pdf
1. A P R I L 2015
Thema: Glockengießen GRAFIK 33
D I E Z E I T No 14
Großes Geläut
Am Karfreitag fliegen die Glocken nach Rom, um am Ostersonntag zurückzukehren – so
sagt man zumindest. Aber wie werden Glocken eigentlich gemacht? Nicht anders als schon
vor 300 Jahren: Mit viel Handarbeit, noch mehr Erfahrung und einer Menge Schweiß
Henkel
Ob der Guss gelungen ist, weiß
man erst nach mehreren Tagen
(manchmal sogar: Wochen),
wenn die Bronze abgekühlt ist
und aus der Form geholt wird
Krone
Die Themen der
letzten Grafiken:
301
Korrelationen
300
Inschrift
Der Guss der Glocke
302
No
Crowdfunding
299
Im Ofen wird die Bronze auf etwa 1100
Grad Celsius erhitzt. Diese sogenannte
Glockenspeise besteht zu 22 Prozent aus
Zinn und zu 78 Prozent aus Kupfer
Formel-1-Wagen
Weitere Grafiken
im Internet:
Wolm
www.zeit.de/grafik
Schärfe
Klöppel
Schlagring
Meist werden bei einem Guss mehrere Glocken
gegossen (nur eine davon zeigen wir hier im
Anschnitt). An den Formen stehen dann Glockengießer, die den Metallfluss lenken und die Luft abfackeln, die aus dem Hohlraum entweicht
»Gossen« heißen die Rinnen,
durch die das flüssige Metall
rinnt. Vor dem Guss werden
sie mit glühenden Kohlen
angewärmt
Negativform für Krone
Mantel
(dritte Glocke)
innere Glockenform
(erste Glocke)
Die Vorbereitung
Jede Glocke ist ein Unikat, deren Herstellung
größte Präzision verlangt. Beim Ausgießen mit
flüssiger Bronze werden gigantische Kräfte frei.
Deshalb müssen die Gussformen makellos
sein, nur ein kleiner Haarriss genügt, und die
Arbeit misslingt. Der wichtigste Schritt
kommt gleich zu Beginn: Aus Holz wird die
»Rippe« ausgesägt. Sie rotiert um eine Achse,
gibt so der Gussform ihre Gestalt – und damit
der späteren Glocke ihren Klang
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Mit Ziegeln wird eine grobe
Form gemauert, um welche die
Rippe rotieren kann. Der
Zwischenraum wird mit Lehm
aufgefüllt und immer wieder
von der Rippe glatt gestrichen
Die erste Glocke wird gebrannt,
darauf wird ein Trennmittel aufgetragen. Dann wird eine zweite
Glocke, die »falsche«, geformt
wie die erste – mit der Außenlinie der Rippe als Vorlage
Nach erneutem Brennen werden die Inschriften und Ornamente als Wachsbuchstaben
aufgetragen. Danach wird auch
die zweite Glocke mit einer
Trennschicht überstrichen
Die dritte Glocke besteht aus
Lehm, Stroh und Eisenbändern
und wird auf die falsche Glocke
aufgetragen. Sie ist massiv, weil
sie beim Guss enorme Kräfte
aushalten muss
Nun wird die dritte Glocke
abgehoben, und die falsche
Glocke wird zerschlagen. Sie
hat bereits die Form der
späteren, metallenen Glocke
Dann wird die dritte Glocke zurück auf die erste gestellt. Der
entstandene Hohlraum kann
mit Metall aufgefüllt werden. In
der Grube stehen meist mehrere
Glocken nebeneinander
Rippe
Illustration:
Jochen Sturmann
Recherche:
Fritz Habekuß
Rekordverdächtig
1858
Die schwerste Glocke ist stumm, die größte klingende steht in Asien
wurde Big Ben, die berühmteste
Glocke der Welt, gegossen. Sie
hängt im Elizabeth Tower des Palace
of Westminster in London
75 000
Glocken aus Deutschland und
den besetzten Gebieten wurden
im Zweiten Weltkrieg zur Rohstoffgewinnung eingeschmolzen
202
Tonnen wiegt die Zarenglocke auf
dem Moskauer Kreml. Sie zerbrach
jedoch beim Gießen und konnte nie
geläutet werden
24
Tonnen wiegt der »dicke Pitter«, wie
die Petersglocke im Kölner Dom
genannt wird. Sie ist die größte frei
schwingende Kirchenglocke der Welt
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
3,7
Meter hoch ist die MingunGlocke in Myanmar, die größte
intakte Glocke der Welt
Quellen:
Kirchenglocken.de;
Wikipedia.de;
Philippuskirche.de/
Glocken/Glockenguss.html;
www.glocken-online.de/glockenkultur/formguss.php
www.planet-wissen.
de/kultur_medien/
architektur/glocken/
glockenguss.jsp
www.kirchenglocken.de;
www.whitechapelbellfoundry.co.uk/
bigben.htm;
www.glocken.impactev.de/glockenin-deutschland.pdf
1. A P R I L 20 1 5
Zeit vom 1.4.2015, Seite 53.pdf
D I E Z E I T No 1 4
GLAUBEN & ZWEIFELN
53
Ecce homo: Schaut auf diesen Menschen!
Am Karfreitag geschieht, was Jesus seinen Jüngern angekündigt hat: Man werde ihn verspotten, foltern, töten – doch am dritten Tag werde er auferstehen. Die Jünger sind verwirrt.
Sie fragen, was das sei, die Auferstehung der Toten. Wir zeigen auf zwei Seiten, was Ostern heute bedeutet
Abb.: Mathias Grünewald »Kreuzigung Christi« (Szene aus einem Altarbild); Unterlinden-Museum, Colmar; Foto: J. S. Martin/Artothek
Gott opfert sich selbst
Als Kind war mir der Kreuzweg unheimlich. Später verstand
ich den Sinn der Passion VON ULRICH GREINER
E
Das Martyrium
M
atthias Grünewalds Darstellung der Kreuzigung Christi ist das zentrale
Bild, die Mitteltafel eines Altars, der von 1512 an für die Hospitalkirche
des Antoniterklosters in Isenheim entstand. Es gibt drei weitere
Kreuzigungsdarstellungen des Künstlers, es wird überhaupt viel gekreuzigt in der
Kunst dieser Zeit der religiösen Spannungen – und entsprechend emotional aufgeladenen Bilder. Aber allein Grünewald beschreibt dieses Martyrium in einer
gnadenlos akzentuierten, erschreckenden Genauigkeit.
Da ist der Querbalken des Kreuzes, durchgebogen weniger vom Gewicht des Toten
als von der Last der Schmerzen. Die zahllosen Wunden und Narben auf dem Körper
scheinen sich fortzusetzen in dem löcherigen, zerfetzten Lendentuch. Die im Todeskampf erstarrten, gespreizten Finger sind zu Klauen regrediert; das Haupt Christi,
umzingelt von den Stacheln der Dornenkrone, ist groß und schwer zur rechten Seite
gesunken; die Lippen sind geöffnet, die Augen geschlossen. Das Martyrium dieses
Toten, durch die fahle Farbigkeit seines Leibes betont, wird scheinbar aufgefangen durch
die von Johannes, dem Lieblingsjünger, gehaltene Mutter und die am Boden kniende,
die Hände ringende Maria Magdalena sowie durch den rechts stehenden Apostel
Johannes. Mit seinem Finger weist er auf den Toten und verkündet: »Illum oportet
crescere me autem minui« (Er muss wachsen, ich aber abnehmen). Johannes kommt aus
der Wüste, hat das Lamm Gottes dabei, das die Sünde der Welt tragen sollte.
Von der triumphierenden Himmelfahrt Christi in einer Aureole, dem
leuchtenden Gegenbild zur düsteren Kreuzigung, zu sehen auf einer anderen
Altartafel, wusste er noch nichts.
PETRA KIPPHOFF
ine bizarre Religion, die den gefolterten Leib zum Bild ihrer Botschaft macht! Läge es nicht näher,
den allmächtigen, den siegreichen
Gott zu zeigen? In der Tat sieht man in den
Apsiden normannischer Kathedralen, etwa
in Cefalù oder in Monreale auf Sizilien, den
Pantokrator, den strahlenden Weltenherrscher – und nicht den Gekreuzigten.
Erst in der Gotik trat die Passion in den
Vordergrund. Sie war mir lange Zeit unheimlich. Ich erinnere mich an die Kreuzwegandachten, als ich noch ein Junge war,
der wenig von alldem verstand. Ich betrachtete die seltsamen Gemälde, die an den
Wänden meiner Pfarrkirche angebracht waren. Sie waren nazarenisch inspiriert, also
nicht sehr realistisch, und doch ließ sich
nicht übersehen, dass sie eine schreckliche
Leidensgeschichte illustrierten.
Wozu sollte das gut sein? Ich mochte die
blutrünstigen Szenen ganz und gar nicht. Auch
der Passionsenthusiasmus, wie er im Gefolge
der Reformation entstanden ist, blieb mir
fremd. Eine Aufführung der ungeheuren und
auch monströsen Matthäus-Passion Bachs empfand ich meinerseits als eine Passion, und Paul
Gerhardts berühmtes Lied O Haupt voll Blut
und Wunden erschien mir als schwülstig und
schwül. Die morbide Erotik in den Zeilen »Die
Farbe deiner Wangen / Der roten Lippen
Pracht / Ist hin und ganz vergangen ...« – war
das nicht nahezu heidnisch?
Es dauerte lange, bis mir der Sinn der
Passionsgeschichte näherkam, bis ich begriff, dass sie der Kern des Christentums ist.
Es war der Meister der Paradoxie, es war
Gilbert Keith Chesterton, der mich auf die
Spur brachte. Den englischen Schriftsteller
kannte ich als Verfasser der Pater-BrownGeschichten und des genialen Romans Der
Mann, der Donnerstag war. Als ich seinen
theologischen Essay Orthodoxie las, der seine
spätere Konversion zum Katholizismus
(1922) vorbereitet hat, verstand ich die Radikalität der biblischen Erzählung.
Chesterton schreibt: »In der dramatischen
Geschichte vom Leidensweg Christi gibt es
eine deutliche Gefühlsäußerung, die zeigt,
dass der Schöpfer aller Dinge nicht bloß
Todesqualen, sondern auch Qualen des
Zweifels gelitten hat. Es steht geschrieben:
›Du sollst den Herrn deinen Gott nicht versuchen.‹ Du nicht, aber der Herr dein Gott
kann Sich Selbst versuchen; und allem Anschein nach ist genau das in Gethsemane
geschehen. In einem Garten versuchte Satan
den Menschen; in einem Garten versuchte
Gott Gott. Auf eine übermenschliche Art
und Weise durchlitt Er das menschliche
Grauen des Pessimismus. Als die Erde erbebte und die Sonne am Himmel erlosch,
geschah es nicht wegen der Kreuzigung, sondern wegen des Schreis, der vom Kreuz kam
und bekannte, dass Gott von Gott verlassen
war.« Chesterton fügt hinzu, kein Atheist
werde in der Geschichte der Religionen eine
einzige Religion finden, »in der Gott eine Sekunde lang Atheist zu sein schien«.
Indem Gott Mensch wird, erleidet er
augenblicksweise die ganze menschliche Erbärmlichkeit. Indem er unschuldig umgebracht wird, ist er der Stellvertreter aller
unschuldig Umgebrachten. Indem er sich
selbst opfert, bricht er jene furchtbare Tradition, die die Opferung anderer Menschen
gebietet, um sich selbst oder die eigene
Sippschaft zu retten. Der Aufhebung des
Menschenopfers begegnen wir schon in der
Geschichte von Abraham und Isaak: Anstelle des Sohnes lässt der Widder sein Blut.
Mit Kreuzestod und Auferstehung wird der
Opfermechanismus von Grund auf widerlegt – und transformiert. Diese grandiose
Idee ist wahrhaft unfassbar. Das Unheimliche der Passion, so wurde mir klar, hat mit
diesem Geheimnis zu tun.
Im zweiten Buch seiner Politeia entwickelt Platon den Gedanken (ich folge hier
der Darstellung Joseph Ratzingers), dass der
wahrhaft Gerechte leiden müsse, weil er sich
nicht der Mehrheit anbequeme. Sokrates
sagt, dass diejenigen, welche die Ungerechtigkeit mehr lobten als die Gerechtigkeit,
voraussähen, dass man den Gerechten foltern und ans Kreuz schlagen werde. Wer in
unserer Welt »gerecht« ist, nämlich das
Richtige tut und das (göttliche) Gesetz achtet, muss mit Unterdrückung und Verfolgung rechnen – nicht zwangsläufig, aber
sehr oft. Die Passionsgeschichte führt das
vor Augen, doch endet sie mit einem Triumph. Den kann man nur glauben.
Die christliche Religion, so kommt es mir
zuweilen vor, ist überaus komplex und nicht
immer leicht zu verstehen. Doch bietet ihr
Reichtum an Bildern und Andachtsformen,
der ganze Epochen der Kunst- und Musikgeschichte beflügelt hat, eine Chance, über
jene Erbärmlichkeit zu trauern, wie sie uns
allabendlich in den Nachrichten begegnet. Die
vierzehn Stationen des Kreuzwegs betend abzuschreiten bedeutet, sich der Unermesslichkeit irdischen Leids zu stellen. Alle Stationen
enden mit der Bitte: Herr Jesus Christus, erbarme dich über uns und die ganze Welt.
Die Passion, ihre Vergegenwärtigung in
Andacht und Gebet, gehörte lange Zeit zum
festen Bestand der Christenheit. Er ist weitgehend verschwunden, verbindliche Rituale
der Trauer gibt es kaum noch. Dies mag ein
Grund für jenen heimatlosen Trauerüberschuss sein, wie man ihn bei öffentlichen
Katastrophen erleben kann.
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Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
1. APRIL 2015
D I E Z E I T No 1 4
Zeit vom 1.4.2015, Seite 54.pdf
GLAUBEN & ZWEIFELN
54
Ecce homo: Schaut auf diesen Menschen!
Die Bibel lenkt unseren Blick auf ein Folteropfer. Pontius Pilatus präsentiert dem Volk von Jerusalem einen blutenden Jesus, den das Kreuz erwartet. »Ecce homo!«, ruft der römische
Statthalter, der Jesus für unschuldig hält: »Seht, dieser Mensch!« Wir fragen, warum das Leid Unschuldiger heute ungern gezeigt wird
Die Angst
vor dem Kreuz
Zu Ostern feiern wir die Überwindung
der Gewalt. Warum wollen wir die Opfer
nicht sehen? VON EVELYN FINGER
Foto: Christoph Bangert/www.christophbangert.com; aus: »War Porn«; kleines Bild unten: privat
W
Ein afghanischer
Junge wird im Juni
2011 im Bost
Hospital in der
Stadt Lashkar Gah
behandelt. Er hatte
einen Blindgänger
aufgehoben, der
in seinen Händen
explodierte
»Warum sind Sie von meinen Fotos schockiert?«
Der deutsche Kriegsfotograf
E
CHRISTOPH BANGERT
kritisiert, dass die ungeschönte, blutige Realität in den westlichen Medien nicht gezeigt wird
igentlich sollten Sie dieses Bild nicht Geschehene im Gedächtnis speichern? Woran wir
sehen. Niemand sollte das. Normaler­ uns nicht erinnern, das hat nicht stattgefunden.
weise bleiben solche Bilder ungedruckt.
Ich bin ein höflicher Mensch. Aber wenn
Ich selber kann mich bei vielen Fotos ich höre, dass jemand meine Bilder nicht an­
kaum erinnern, sie gemacht zu haben – als hätte sehen kann, werde ich wütend. Ich sage zwar:
jemand die Löschtaste in meinem Kopf ge­ »Oh, kein Problem, ich verstehe.« Aber das ist
drückt. Du wachst morgens auf und kannst dich eine Lüge. Tief im Innern schreie ich aus voller
an den Albtraum nicht erinnern.
Lunge: »Du kannst nicht hin­
Aber du weißt, er war da. Ich war
schauen? Dann streng dich an,
da. Ich bin der, der alles fotogra­
du verweichlichte Erste­Welt­
fiert hat. Ich weiß es.
Heulsuse! Wach auf! Das hier
Dies sind nicht meine besten
sind echte Menschen! Wenn dir
Fotos. Ich habe wunderschöne,
das auf den Magen schlägt,
dramatische, wohlkomponierte
scher dich verdammt noch mal
Bilder von Kriegen und Kata­
runter von diesem Planeten!«
Aber wie gesagt, ich bin höflich.
strophen. Landschaften, Porträts,
Und ich weiß, man braucht
Details; das ganze boom and bang.
Christoph Bangert, 37,
Mut, das Schreckliche zu be­
Aber hier geht es nicht um das
fotografierte unter
trachten. Aber ist Ihnen eigent­
Drama des Krieges, auch nicht
anderem im Irak, in
lich klar, wie schrecklich es ist?
um den Mythos des Kriegsfoto­
Pakistan, in Afghanistan
Ja? Warum sind Sie dann von
grafen, sondern um unseren Um­
meinen Fotos schockiert?
gang mit den Bildern grauenhaf­
Was Sie hier sehen, ist meine persönliche
ter Ereignisse.
Wir alle üben Selbstzensur. Ich tue es. Die Erfahrung. Aber Ihre auch, denn es geschieht
Bildredakteure tun es. Ihr üblicher Refrain lau­ in Ihrer Lebenszeit. Sie entscheiden, ob Sie es
tet: »Leider geht das zu weit, um es zu drucken.« ignorieren.
Ich habe erlebt, wie ein stark verbrannter
Und Sie, die Betrachter, zensieren auch. Sie
fürchten, Hinschauen könnte voyeuristisch sein. Mann, den ich 2005 in Bagdad in einer Unfall­
Sie fürchten sich vor der eigenen Furcht. Sie ver­ aufnahme fotografierte, mehrmals ohnmächtig
wechseln Pietät mit Nichtwissenwollen. Mein wurde vor Schmerzen. Die Brandopferstation
Großvater, der als überzeugter Nazi an der Ost­ des Krankenhauses war wegen Korruption ge­
front gedient hatte, beschloss, zu vergessen. Sei­ schlossen worden. Nun wartete der Verletzte auf
ne Kriegsgeschichten waren abenteuerlich, gla­ den Transport in ein anderes Hospital, aber der
mourös, heroisch – und handelten alle von sei­ Arzt sagte, weil die Wunden so furchtbar und
alle anderen Stationen überfüllt seien, werde der
nem Pferd.
Wir erinnern uns in Bildern. Wenn wir uns Mann wohl sterben. Auf dem Foto schaut er uns
verbieten, Bilder anzusehen, wie sollen wir das an. Es ist mir nicht leichtgefallen, die Kamera
auf ihn zu richten. Und Sie? Schauen Sie ihm in
die Augen?
Fast alle meine Kollegen, die in Krisengebieten
arbeiten, haben Massen solcher Bilder. Sie liegen
auf unseren Festplatten, ungedruckt. Dabei sind
auch das nur Ausschnitte der Realität, unvoll­
ständige Momentaufnahmen des wahren Chaos.
Es wäre leicht, »den Medien« die Schuld zu
geben. Aber ich selbst bin ein Teil der Medien­
maschine. Und Sie als Publikum sind es auch.
Ja, Gewaltbilder können uns schockieren,
enthemmen und verrohen, genau wie Pornogra­
fie. Schon tausendmal wurde über diesen Aspekt
der Kriegsfotografie geschrieben, die Ästhetisie­
rung der Gewalt, den Voyeurismus und die düs­
tere Anziehungskraft fremden Leids. Doch ich
überlasse die klugen Debatten anderen. Ich bin
Fotograf und empfinde es als meine Pflicht, das
Gesehene zu veröffentlichen. Wenn mir das
nicht gelingt, habe ich versagt. Mir ist egal, wie
Sie meine Fotos nennen. Wenn Sie wollen, nen­
nen Sie sie Kriegspornografie.
Ich kann den Horror aus den Horrorbildern
nicht eliminieren. Genauso wie ich das Subjekt­
Objekt­Dilemma nicht auflösen kann. Natür­
lich beuten Fotografen aus, was sie fotografie­
ren. Natürlich ist das war porn! Aber solche Ein­
wände sind auch wunderbare Ausreden, um
wegzuschauen.
Übrigens. Meine Bilder sind real, nicht fik­
tional wie die supergewalttätigen Kinofilme,
Fernsehserien und Videospiele, die wir beden­
kenlos anschauen. Ich dokumentiere und inter­
pretiere reale Ereignisse. Wie kann diese Arbeit
bedeutungslos oder nichtssagend sein? Wie kön­
nen wir uns weigern, das bloße Abbild eines
Schreckens zur Kenntnis zu nehmen, den ande­
re Menschen gezwungen sind, am eigenen Leib
zu erleben?
Im letzten Jahr habe ich die Bilder, die von
den Redaktionen immer aussortiert werden,
selber als Buch veröffentlicht. Viele Medien
haben darüber berichtet. Nur einige haben Fo­
tos gedruckt.
Letztlich ist das kleine Buch meine Versiche­
rungspolice für den Tag, an dem meine Enkel alt
genug sind, um zu fragen, was Kriege und Ka­
tastrophen sind. Ich werde dann nicht über
Pferde erzählen, sondern die Bilder aus dem
Regal ziehen und sagen: »So war es für mich.
Daran erinnere ich mich. Schaut es euch an.«
Der Text ist eine überarbeitete Version des Vorworts
von Christoph Bangert zu seinem Bildband
»War Porn«; Kehrer Verlag 2014; 186 S., 29,95 €
Mehr Glauben
Kann Papst
Franziskus seine
Kirche wirklich
erneuern? Die
wichtigsten Artikel
aus der ZEIT und
Christ & Welt gibt
es jetzt als E­Book
www.zeit.de/ebooks
Pressespiegel
Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
enn Jesus heute gekreuzigt würde – kaum
eine seriöse Zeitung würde die Bilder seines
Martyriums zeigen. Vielleicht im kleinen
Format, auf einer hinteren Seite. Vielleicht in einer
gepixelten Version. Und es könnte passieren, dass nicht
nur die Wundmale, sondern auch das Gesicht des Hei­
lands gepixelt würden. Denn westliche Qualitäts­
medien scheuen sich heute, die Opfer von Krieg und
Folter abzubilden, hat sich doch in unserer Gesellschaft
die Meinung durchgesetzt, es sei pietätlos oder, wie die
Amerikaner sagen, inappropriate, den Gemarterten ins
Gesicht zu sehen. Jesus, der gewaltsam starb, um den
Kreislauf der Gewalt zu durchbrechen, hätte es schwer,
heute zur Ikone des Friedens zu werden.
Das ist bitter. Denn am Karfreitag verkehrte sich
die Absicht der Mörder ins Gegenteil. Am Kreuz wur­
de sichtbar, wie erbärmlich im Unrecht diejenigen
waren, die gerufen hatten: »Kreuziget ihn!« Jesus, in­
dem er den Opfermechanismus an sich selbst vollzie­
hen ließ, entlarvte ihn. Das ist das eigentliche Wunder
von Ostern. Es bedurfte der Auferstehung kaum
mehr, um die symbolische Niederlage der Gewalt zu
besiegeln. Mit den Worten des Paulus an die Kolosser:
»Christus hat die Gewaltigen ihrer Macht entkleidet
und sie öffentlich zur Schau gestellt.« Man kann es
auch moderner ausdrücken, so wie der französische
Religionsphilosoph René Girard: »Die Gewalt offen­
bart unwissentlich, was sie verbergen will.«
Heute wollen wir die Gewalt lieber verbergen, ob­
wohl die Tötungsart der Kreuzigung in Syrien und im
Irak wieder Konjunktur hat. Offenbar glauben wir nicht
mehr an die zivilisierende, abschreckende, kathartische
und, religiös gesprochen: die erlösende Kraft des Kreuzes.
Das ist bemerkenswert, weil Christen heute immer noch
recht hingebungsvoll das Osterfest feiern. Einige nehmen
den Karfreitag noch gern als Anlass zum Fasten, andere
hören rituell die Matthäus-Passion, aber die allermeisten,
auch viele gläubige Christen, überspringen gern das
Kreuzigungsgeschehen, um gleich zur Auferstehungs­
freude überzugehen. Nun ist gegen Freude nichts ein­
zuwenden. Und in einer freien Gesellschaft wird nie­
mand gezwungen, zu glauben, dass Gott seinen Sohn
am Kreuz opferte, um die Menschheit zu erlösen. Aber
Ostern ist kein lustiges Ostereierfest. Und die Angst vor
dem Karfreitag, nennen wir es ruhig pathetisch die
Kreuzesvergessenheit, hat auch etwas Mitleidloses und
Antiaufklärerisches.
Vor wenigen Jahrzehnten provozierten Kriegsfotos
aus Vietnam noch Tausende Amerikaner zum Demons­
trieren gegen diesen Krieg und trugen so zu dessen Ende
bei. Heute sehen wir uns den Sieg über die Gewalt am
liebsten in gewalttätigen Filmen an, weil das nun mal
bequemer ist. In der Realität möchten wir, dass das
Gesicht des amerikanischen Journalisten James Foley vor
seiner Enthauptung durch den IS gepixelt wird – so als
müsste der Ermordete sich seiner Ermordung schämen.
Und nicht nur Propagandabilder, auch die Fotos von
Kriegsreportern, die unter Einsatz ihres Lebens das Leid
Unschuldiger dokumentierten, werden von vielen
Redaktionen und Lesern abgelehnt. Begründung: Wir
wollen keine Voyeure des Grauens sein.
Voyeuristisch wäre es in der Tat, jene Toten zu zeigen,
wie wir sie nach Flugzeugabstürzen, Erdbeben oder
Tsunamis beklagen. Es gibt kein seriöses Erkenntnisinte­
resse an solchen Bildern, allenfalls können Fotos von
Naturkatastrophen Hilfe mobilisieren. Ganz anders bei
jenen Opfern, die heute noch ihren Karfreitag erleben:
die dem Mord aus Prinzip, dem politisch oder religiös
motivierten Hass zum Opfer fallen. Ihre Mörder wollen
Macht demonstrieren, und wo sie foltern, treiben sie die
Machtdemonstration ins Extrem. Haben wir Angst, der
Folterpropaganda zu erliegen? Oder haben wir Angst vor
der blutigen Wahrheit?
Am Abend vor seiner Kreuzigung spricht Jesus zu den
Jüngern: »Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.«
Diese Wahrheit aber ist schmerzhaft. Sie handelt weniger
von Jesus als von uns – und besagt, dass Menschen an­
dere Menschen zu Sündenböcken machen; dass die
Menge sich im Hass verbündet, um den »Anderen« zu
töten; und dass Mord gemeinschaftsstiftend wirken
kann. Jesus Christus überwindet das Leiden, indem er
es zeigt. Er erträgt die Qualen und bittet sogar um Ver­
gebung für seine Mörder. Eine extreme Provokation. Das
Osterparadox aber besteht darin, dass die Erlösungstat
am Kreuz eben nicht alles irdische Leiden beendet.
Gelitten wird weiterhin, auch unter Folter. Die Wun­
den nicht sehen wollen heißt, nicht verstehen wollen,
um nicht handeln zu müssen. Vielleicht fällt es uns so
leicht, Mitgefühl für die Opfer des Flugzeugabsturzes in
Frankreich zu empfinden, weil aus ihrem tragischen Tod
kein moralischer Imperativ folgt. Wenn wir hingegen
einen Mann sehen, der in Syrien ans Kreuz geschlagen
wurde, oder ein verstümmeltes Kind im Irak, stellt sich
die Frage: Was müssen wir tun, um dies zu beenden? Die
Frage ist nicht leicht zu beantworten. Sie konfrontiert
uns mit unserer eigenen Hilflosigkeit, Verletzlichkeit,
Sterblichkeit. Deshalb schauen wir lieber weg.