Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Loëstrasse 60 7000 Chur 081 257 11 00 www.gr-ref.ch [email protected] Pressespiegel 14/2015 4.4. - 10.4.2015 Kontakt: Stefan Hügli [email protected] Inhalt 1. Bündner Tageszeitungen mit reformierter Brille gelesen 2. ausgewählte Kolumnen aus den Bünder Lokal- und Regionalzeitungen 3. Themen aus überregionalen Zeitungen NZZ, RP und Zeit Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 1. Bündner Tageszeitungen mit reformierter Brille gelesen 2 Bündner Tagblatt vom 4.4.2015, Seite 2.pdf KLARTEXT B ü n d n e r Ta g b l a tt Samstag, 4. April 2015 O S T E R B E T R A C H T U N G Sr. Ingrid Grave (OP) über die Osterbotschaft Ostern – mit verwundeten Füssen O Ostern, das ist Leben! Das ist weg von hier, aus diesem Tal der Tränen, wo man sich die Füsse wund gelaufen hat. Das ist aufstehen, sich erheben, auferstehen. Alles, was als tot erlebt wurde, hinter sich lassen. Oder mitnehmen ins neue Leben. Aber verwandelt. Das ist Ostern. Nichts anderes wollen uns die Ostergeschichten erzählen. Da ist einer, der sich in den letzten drei Jahren seines jungen Lebens die Füsse wund gelaufen hat, weil er überzeugt war: Das Elend dieser Welt, das ist nicht alles. Hinter diesem Leben, das uns Menschen oft so schwer fällt, leuchtet etwas anderes auf. Dieses Andere, Jenseitige soll durchleuchten, spürbar werden im Hier und Jetzt! Nicht selten ist es uns nur als Jenseitsvertröstung vorgestellt worden, als jenseitiger Lohn dafür, dass wir in die- sem Leben die Mühe des Alltags geduldig erlitten und Schicksalsschläge gottergeben hingenommen haben. Das deckt sich nicht mit der Botschaft Jesu. Er sagt, es darf und soll uns schon jetzt – hier auf Erden – gut gehen. Er hat sein Zuhause verlassen, ist auf die Strasse gegangen und hat es allen erzählt, die es nur hören wollten: Das Elend dieser Welt ist weitgehend die Folge einer unguten Lebensweise. Das gilt für mich persönlich wie für ein gesellschaftliches System. Jesus hat die Menschen aufgerufen, ihren Lebensstil zu überdenken und konnte dabei sehr radikal werden: Verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen. Das heisst nicht – auch für Jesus nicht – alle müssten das tun. Es heisst vielmehr: Überdenke, mit welchen Ansprüchen du lebst im Vergleich zu jenen, die ihr Brot in der Mülltonne suchen. Ist das ein Osterthema? Ja, ich meine schon! Jesus hat sich im wahrsten Sinne des Wortes die Füsse wund gelaufen im Palästina jener Zeit. Er hat aufgrund seiner tiefen Verbundenheit mit dem, der im Jenseits waltet, aus innerster Überzeugung sagen können, dass dieser Jenseitige Liebe ist. Er nannte ihn Vater. Aus diesem Gott der Liebe ist er hervorgegangen, und dieser Gott hat auch uns ins Dasein gerufen – aus seiner Liebe heraus. Daher rührt «Verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen» unsere Liebesfähigkeit. Wir vergessen es so oft! Wir vergessen, woher wir kommen. Wer seine Herkunft vergisst oder verleugnet, schneidet sich von seinen Wurzeln ab. Der Wurzelsaft der Liebe kann nicht mehr in unser Wesen einfliessen. Das ist der Moment, wo der Egoismus sich breit zu machen be- ginnt. Hier setzt Jesus an. Dafür läuft er sich die Füsse wund, die Menschen daran zu erinnern, woher sie sind. Ihnen zu sagen, zu verkünden, dass sie befähigt sind, ihr Leben anders zu gestalten, nämlich aus dem Fluss der Liebe heraus. Wer es schafft, diese Liebe fliessen zu lassen, dem geht es besser und ganz sicher auch den Menschen seiner Umgebung. Jesus ist Realist. Er weiss, Leid und Schmerz werden dadurch nicht aus der Welt geschafft. Aber «angeschlossen» an den Fluss der Liebe können wir besser damit umgehen. Mein eigener Schmerz wird erträglicher, wenn ein Mitmensch sich mir mitfühlend und liebevoll zuneigt. Vielleicht hat dieser Mitmensch sich die Füsse wund gelaufen, um gerade jetzt in meiner Nähe zu sein, wo ich ihn brauche. Seine Nähe hilft mir, mich zu erheben, mich aufzurichten. Seine Nähe ist für mich wie ein Auferstehen zum Leben hin. Mein Auferstehen wiederum beglückt und beflügelt ihn. Er vergisst seine wehen Füsse. Ein kleines Ostern für beide, für ihn und für mich. Und Jesus? Nur wenige Menschen haben ihn verstanden. Das bedeutete seinen Tod, seinen physischen Tod. Hier beginnen die Ostergeschichten. Diejenigen, die mit Jesus gegangen sind bis zum Kreuz und seine durchbohrten Füsse gesehen haben, sie erfuhren ihn in seiner Lebendigkeit am Ostermorgen. Die Wundmale sind noch da, aber sie bluten nicht mehr. Dieser «Tote» befindet sich im Prozess einer Verwandlung ins Leben. Wo seine verwundeten Füsse den Erdball liebend berühren, da grünt es. Ob wir es sehen mitten im Kriegsgeschrei unserer Tage? Er geht ein in ein Licht, in das kein Schatten der Bosheit ihm folgen kann. Denn Liebe erwartet ihn – im gleichen leuchtenden Rot wie seine Wundmale. Da hinein ist er auferstanden. Sein Tod wird für uns zu einer Verheissung. Wagen wir es zu glauben? SR. INGRID GRAVE ist Dominikanerin des Klosters Ilanz. M A R I N A L U T Z zu Ostern Vermutlich wissen wir alle, dass hinter Ostern mehr steckt als leckere Schokoladehasen und bunte Eier, selbst wenn wir weder kirchlich sozialisiert noch an Religion interessiert sind. An Ostern feiern wir Christen die Auferstehung Jesu Christi. Wir feiern den Sieg des Lebens über den Tod. Diese Aussage bleibt ein Mysterium. Ein Geheimnis, das unserer Ratio widerspricht und sich nicht in Worte fassen lässt. Doch gerade weil sich die Aussage von Ostern mit dem menschlichen Geist nicht erschliessen lässt, sind Symbole und Bilder nicht die schlechteste Variante, uns Menschen an die tiefere Aussage heranzuführen. Gerne wird angeführt, dass Meister Lampe als ein unchristliches Fruchtbarkeitssymbol im 17. Jahrhundert erstmals im deutschen Raum in Legenden auftrat. Auch andere Legenden, die sich um die Herkunft des Osterhasen ranken, haben nichts mit der christlichen Botschaft von Ostern zu tun. L E S E R B R I E F E Zum Wolf und zum Front National in Frankreich Entmündigung der Bevölkerung durch Umweltverbände In den Medien kann ich die ungerechtfertigte Kritik an Bundesrätin Leuthard lesen. Wenn Herr Lienhard schon zum Angriff auf den Bundesrat pfeift, sollte er sich zuerst richtig mit der Materie befassen. Seine Behauptungen sind schlichtwegs falsch. Die Naturschutzverbände spielen mit gezinkten Karten. Es geht ihnen gar nicht um die Tiere sowie Flora und Faune. Die Umweltverbände WWF, ProNatura , Pro Wolf und STS sind ein Bombengeschäft mit Millionenumsätzen. Pro Natura kann sich in der Juraweid locker unter höchst schleierhaften Umständen 41.5 Hektaren Landwirtschaftland für 3.6 Millionen kaufen . Die mitbietenden Landwirte wurden einfach ausgetrickst und überboten. In Mutten ist Pro Natura mit rund 33 Hektaren der grösste Landbesitzer. Wo ist hier das landwirtschaftliche Bodenrechtsgesetz. Wo sind hier die Grundbuchverantwortlichen? Es ist kein Wunder, dass immer mehr Leute in der Schweiz von Korruption und Vetternwirtschaft sprechen. Herr Lienhard schreibt von Trick bei der Bundesrätin. Die schleierhaften Tricks der Naturschutzverbände stinken bis zum Himmel, weil ihnen zur Durchsetzung ihrer Ziele alle Mittel recht sind und mit den Millionensummen von Spendengeldern locker alles «gekauft» werden kann. Keiner dieser selbsternannten Tierschützer kann mir einen Nutzen der Grossraubtiere aufzeigen. Die Wölfe versetzen die Landbevölkerung in Angst und Schrecken, weil sie im Bündnerland schon in unseren Dörfern spazieren. Die Wölfe reissen alle Lebewesen zur Futterversorgung. Die Wölfe sind keineswegs vom Aussterben bedroht, haben aber in unserer Zivilisation keinen Platz. ▸ HERMI PLUMP, TAMINS Frankreich und der Front National Der Schreiber dieser Zeilen weilt seit über zwanzig Jahren immer wieder in Frankreich, so auch zwischen den zwei Wahlgängen vom 22. und 29. März und kann den Beitrag «Angst, dass Frankreich am Front National zerbricht» vom 16. März nicht nachvollziehen. Die beiden Parteien PS (Sozialisten) und UMP (konservativ) regieren das Land seit 40 Jahren und sind für die heutige Misere verantwortlich. Der UMP wird angelastet, dass sie die masslosen Forderungen der Sozialisten wie zum Beispiel die 35 Stundenwoche nach einigem Zögern immer mitgetragen hat. Daher kommt auch das Schimpfwort UMPS, also die bürgerlichen Sozialisten. Aus den Wahlreden von Valls und Sarkozy ergibt sich, Vergessen wir aber nicht, dass bereits der Kirchenlehrer Ambrosius (4. Jh.) den Hasen als Auferstehungssymbol deutete. Der Ursprung des Brauchs, die Eier zu färben, ist nicht bekannt. Als Erklärung dient oft die Gepflogenheit, während der Fastenzeit keine Eier zu essen: Um diese haltbarer zu machen, seien sie gekocht und zwecks Unterscheidung der nicht gekochten Eier gefärbt worden. In der christlichen Theologie wird aber seit Alters her Bezug auf die Eiersymbolik genommen: Aus dem vermeintlich toten Rund bricht neues Leben hervor. Das Leben bricht sich durch die harte Schale den Weg ans Licht. Ob sich nun jemand lediglich an süssen Häschen und bunt verzierten Eiern erfreut oder in ihnen Symbole für die christliche Frohbotschaft erkennt: Ihnen allen wünscht das BT-Team von Herzen frohe und gesegnete Ostern. Die nächste BT-Ausgabe erscheint am Dienstag, 7. April. (NOL) IMPRESSUM Wo bleibt die Vernunft? dass es in Frankreich offenbar nur ein Problem gibt, nämlich den Front National. Die Philosophin Chantal Delsol schrieb daraufhin im Figaro: «PS und UMP streiten sich darüber, ob die Engel männlichen oder weiblichen Geschlechts sind, nur um von den echten Problemen abzulenken.» Diese heissen Masseneinwanderung unqualifizierter Leute aus dem Maghreb und Afrika, Arbeitslosigkeit, riesige Staatsdefizite, aggressiver Islam und so weiter. Einzig der Front National benennt diese Probleme, hat aber ein unausgewogenes und praxisfernes Parteiprogramm, das ganz links beginnt mit dem Ausbau des Staatsdienstes, Erhöhung des Mindestlohnes und auf der rechten Seite endet mit dem Austritt aus der EU, Schaffung eines neuen Franc, Stopp der uferlosen Zuwanderung. Der französische Wähler steht also vor der Wahl von zwei schlechten Lösungen: Fortsetzung des Lotterbetriebes PS/UMP mit einer jährlichen Neuverschuldung von mindesten 90 Milliarden Euro bis zum Ende der Präsidentschaft Hollande im Mai 2017, von Brüssel bereits abgesegnet, oder Wahl von neuen Amtsträgern aus dem FN für die 101 Departemente bei gleichzeitiger Weiterführung der sozialistischen Politik bis Mai 2017. Nein, Frankreich zerbricht keineswegs am FN, sondern an der Unfähigkeit der Regierung, die echten Probleme anzugehen und zu lösen. Was in den Leserbriefspalten hin und wieder über den Wolf allgemein und über das Rudel im Calanda-Gebiet im Besondern geschrieben wird, entbehrt oft jeglicher Sachlichkeit. Eine der wohltuenden Ausnahmen ist für mich der Beitrag von Jürg Paul Müller, der in seinem Internet-Blog unter anderem geschrieben hat: «… sind massvolle Eingriffe notwendig, wie der Abschuss eines einzelnen Wolfes, der sich fast nur in Siedlungen aufhält. Damit erhöht man die Akzeptanz für die betroffenen Arten bei grossen Teilen der Bevölkerung und sichert langfristige ihre Erhaltung.» Am Schluss führt Müller weiter aus: «Fundamentalistische Haltungen führen nicht weiter. Sie dürfen nicht dazu dienen, sich mit einem interessanten Thema in der Öffentlichkeit zu profilieren. Gesucht sind verantwortungsvolle Lösungen. Wir Menschen haben die ursprünglichen Lebensräume der Tierwelt verändert, um das eigene Überleben zu sichern. Heute sind die Grundbedürfnisse längst garantiert. Unsere Ansprüche an Wohnraum, Mobilität und Güter aller Art gehen weit darüber hinaus. Schon darum sollten wir der freilebenden Tierwelt einen ihr gebührenden Platz einräumen können, Schritt für Schritt und mit pragmatischen Lösungen.» ▸ HEINZ KLAUS, MORISSEN ▸ HANS SCHMOCKER, CHUR Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Herausgeberin: Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG). Verleger: Hanspeter Lebrument. CEO: Andrea Masüger. 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April 2015 Insz Phil WA S D I E C H U R E R G R A B M Ä L E R E R Z Ä H L E N Bischof Georg Schmid von Grüneck 1851-1932 G ▸ H A N S M A RT I N S C H M I D Georg Schmid von Grüneck stammte aus der Nebenlinie des bekannten Ilanzer Geschlechtes der Schmid von Grüneck. Dieser erfolgreichen Familie entstammten ursprünglich zahlreiche Söldnerführer, Landrichter des Grauen Bundes, hohe Amtsleute in den bündnerischen Untertanenlanden und Gelehrte. Im 16. Jahrhundert wurde das Geschlecht von Kaiser Karl V. in den Adelsstand erhoben und durfte seinem Namen das «von Grüneck» gemäss dem Namen einer Burgruine in der Nähe von Ilanz beifügen. In späteren Jahren verzweigte sich aber die Familie über halb Graubünden, so nach Sumvitg-Surrein, Duvin, Tiefencastel und Ftan, wobei sich einige Zweige auch in nicht direkter Linie weiterhin mit dem Beinamen «von Grüneck» schmückten. So auch der Vater des nachmaligen Bischofs von Chur, der als Major in der päpstlichen Armee im damaligen Kirchenstaat diente. Geboren wurde Georg Schmid von Grüneck allerdings in Sumvitg. Die internationalen Kontakte seines Vaters ermöglichten dem Sohn Georg das Studium der Theologie in London beim damals bekannten englischen Kardinal Henry Edward Manning. Später setzte Georg Schmid seine Studien aber am Priesterseminar in Chur und an der päpstlichen Hochschule in Rom fort, wo er zum Das Grab des Bischofs Georg Schmid von Grüneck auf dem Hof in Chur. (FOTO OLIVIA ITEM) Badusstrasse10 Chur · 081 258 34 34 STADT Dr. iur. promovierte. Nach Chur zurückgekehrt, begann Georg Schmid seine kirchliche Karriere, wurde bischöflicher Kanzler, Generalvikar des Bistums Chur und dann Regens des Priesterseminars. 1908 erfolgte dann seine Wahl zum Bischof von Chur – ein Amt, das er bis zu seinem Tode volle 24 Jahre lang ausübte. Georg Schmid war eine kraftvolle Gestalt, ein echter Vertreter der ecclesia militans, der kämpferischen Kirche, der im damals beginnenden «zweiten Bündner Kulturkampf» vehement für die katholische Konfessionsschule und für katholisch geprägte Lehrmittel stritt. Er war weitgereist und sprachgewandt und unterhielt zahlreiche persönliche Kontakte in Europa, so beispielsweise zum österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand, einem häufigen Gast in St. Moritz, oder dem deutschen Zentrumspolitiker Matthias Erzberger. Deshalb war er auch Teilhaber an der letztlich erfolglosen Friedensinitiative von Papst Benedikt XV. während des Ersten Weltkriegs 1917. Georg Schmid von Grüneck war vielseitig begabt und trat auch als Textdichter und Komponist hervor, so 1906 mit der Liedsammlung «Flurs alpinas», die unter anderen auch das Lied «Tgalavaina» über die Schlacht an der Calven enthält, das bis heute von romanischen Chören gesungen wird. Georg Schmid von Grüneck starb im Mai 1932 und überlebte damit seinen Weihbischof und designierten Nachfolger Anton Gisler um vier Monate. präsen mit ein minalr (Stand re wäh Livemu stärkt. währen Neben gen de Roman lig neu seinen rechne dieses Der ein sch lingsta veruns währen Churer schont polizei schrec Eine An oder w S TA Melect der me umgeb Monat umges währen auf End Konzep Online Aus de vor Ku das Res Kornpl den Ers Heizun Kredit Churer Kinoprogramm 081 252 07 07 · Radio Grischa täglich 15.50 Uhr QUADER - STUDIO - STAD in 2D (normale Eintrittspreise) Deutsch Sa 12.00 ab6 J Kinocenter Sa 15.00 in 2D (normale Eintri So 18.30 in 3D (erhöhte Eintri Deutsch ab 14 J Kin in 3D (erhöhte Eintrittspreise) Deutsch So 14.00 Kinocenter Sa 13.30, 18.00 Pressespiegel Mo 14.30, 19.00 Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Sa 15.15 Mo 12.45 ab 6 empf 10 J Kin nssten nten. bei shalt er in ntin urs in aus- Nachtrag_Bündner Tagblatt vom 4.4.2015, Seite 32.pdf BÜNDN ER LETZTE Samstag, 4. April 2015 DAMALS IM BT Drei neue Kirchenglocken für Fürstenau Drei neue Glocken im Kirchturm von Fürstenau. In einem gelungenen, zugleich fröhlichen und würdigen Festlein wurden sie am Sonntag, 4. Oktober 1981, von der Bevölkerung begrüsst und aufgenommen. «Am Freitag, 2. Oktober, wurden die Glocken in Aarau abgeholt, am Samstagvormittag auf einem geschmücken Wagen zur Besichtigung durch Sils, Scharans, St.Agatha nach Fürstenaubruck gefahren, von wo sie dann am Nachmittag die Musikgesellschaften Inner-Domleschg und viel Volk in festlichem Zug zur Kirche Fürstenau begleiteten.» So berichtet das BT am 5. Oktober 1981. Es hätte einen Mangel an Personen gegeben, die das Läuten zuverlässig übernehmen konnten, wurde berichtet. An die Stelle der beiden alten Glocken sollten drei automatisch zu betätigende, auf den Klang der Geläute aus den Nachbargemeinden abgestimmte Glocken treten. Die grosse Glocke, auf B gestimmt, heisst «Glauben» und trägt die Inschrift: «Land, Land, Land höre das Wort des Herrn!» Die mittlere erklingt in Des und heisst «Hoffnung». Die kleine auf Es heisst «Liebe». Inschrift: «Singet dem Herrn ein neues Lied. (TS) ch- ung her n il e CK he öpfe e belzimdem achen Abweeinem nbrees aus sorgte e des ür BeFrau öst an änen, habe orden Müller, n den erfügt denen eingeh einzeibeüber- Diebm ein er. Der ceptiGang enehnach dabei achte Frontalkollision fordert mehrere Verletzte RONA Auf der Julierstrasse sind gestern zwei Autos frontal kollidiert. Vier Personen wurden verletzt, wie die Kantonspolizei mitteilt. Ein 55-jähriger Autofahrer geriet auf der schneebedeckten Strasse ins Schleudern und auf die Gegenfahrbahn. Dort kollidierte er frontal mit einem entgegenkommenden Auto. Der Lenker des schleudernden Wagens und seine 52-jährige Beifahrerin wurden eingeklemmt und schwer verletzt. Die Feuerwehr musste sie mit Brechwerkzeug befreien. Der Lenker wurde ins Spital Savognin und die Beifahrerin ins Kantonsspital nach Chur überführt. Der 56-jährige Lenker und die 53-jährige Beifahrerin des entgegenkommenden Wagens wurden leicht verletzt und ins Spital Savognin gefahren. Die beiden total beschädigten Autos wurden abgeschleppt. (BT) DIE FÜNF BESTEN DES BT: OSTERNEST-VERSTECKE 1. Auf einem Baum Der Klassiker aus Kindheitstagen. Am besten man schickt einen Onkel, das Osternest vom Baum zu holen. 2. In Nachbars Garten Ein Osternest-Versteck in Nachbars Garten macht die Eiersuche zur Schnitzeljagd im ganzen Wohnquartier. 3. Der Milchkasten Das Gute am Milchkasten ist, dass das Osternest spätestens bei der nächsten Paketabholung gefunden wird. 4. Im Sandkasten oder unter dem Schnee Je nach aktueller Wetterlage dieser Tage bietet sich entweder der Sandkasten oder ein Schneehaufen als Versteck an. 5. Dort, wo man es am schnellsten vergisst So wird die Nestsuche zum Spass für die ganze Familie. (LUB) WETTER Aussichten heute Temperaturen: Nachmittag/Morgen früh Ilanz 10°/5° Disentis 5°/2° Landquart 10°/5° 10°/5° 5°/2° Davos 3°/–1° Aussichten heute Samstag Pressespiegel Die Schweiz liegt zwischen einem 3°/–1° Zernez Hoch bei den Britischen Inseln und Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 10°/5° Thusis Splügen Scuol Chur Trüber Samstag, die Schneefallgrenze sinkt Arosa 3°/–1° 3°/–1° St. Moritz 3°/–1° Sta. Maria einem Tief bei Genua. Eine Warmfront zieht langsam nach Süddeutschland und kommt hier zum Prognosen für die nächsten Tage Der Sonntag beginnt mit ausgedehnter Bewölkung. Entlang der Bergkämme fällt wiederholt Schnee. In den Tälern lässt der Schneefall nach. Die Wolkendecke 2 Bündner Tagblatt vom 7.4.2015, Seite 2.pdf KLARTEXT B ü n d n e r Ta g b l a tt D i e n s t a g , 7. A p r i l 2 0 1 5 G A S T K O M M E N T A R Mariano Tschuor über die Sexualmoral rechtskonservativer Kreise in der Katholischen Kirche Nein, Homosexualität ist keine Krankheit W Wie krankhaft besessen muss Raymond Burke sein? Besessen von der Vorstellung, Homosexualität sei des Teufels. Ja, homosexuell orientierte Menschen seien «wie Mörder, die nett tun». Damit nicht genug! Er versteift sich zur Aussage: «Homosexuelle, wiederverheiratete Christen und Mörder sind dasselbe.» Spricht so ein Kardinal der Römisch-katholischen Kirche? Er tat es. In einem Interview mit der konservativen Internetseite Life Site News äusserte sich Burke zur Sexualmoral der Katholischen Kirche. Burke ist der neue Star der extrem rechtskonservativen und traditionalistischen Katholiken weltweit, zu denen auch allerhöchste Prälaten aus Liechtenstein und der Schweiz zu zählen sind. Wer ist dieser Burke? Ein 1948 geborener amerikanischer Geistlicher, der, bevor er 2008 von Benedikt XVI. zum Präsidenten des päpstlichen Gerichts- hofs ernannt und 2010 zum Kardinal kreiert wurde, Bischof von La Crosse/Wisconsin und Erzbischof von St. Louis/Missouri war. Dort förderte er die Messfeiern in der ausserordentlichen Messform des römischen Ritus, jene lateinische Liturgie, die vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil praktiziert wurde und die Papst Ratzinger 2007 wieder zuliess. Papst Franziskus entfernte den umstrittenen Kardinal nach und nach aus allen wichtigen Funktionen an der römischen Kurie: aus der Kongregation für die Bischöfe sowie aus jener der Heiligsprechungsprozesse. Schliesslich rief der Papst ihn auch als Präsidenten des Gerichtshofs ab und ernannte Burke zum Kardinalpatron des Malteserordens, ein rein dekorativ-zeremonielles Amt, wo Burke seine Vorlieben für die Cappa magna und das Hermelin voll ausleben kann. Burke entwickelte sich zu einem der schärfsten Kritiker von Papst Bergoglio, kritisierte dessen Amtsführung öffentlich und stellte sich gegen ihn anlässlich der ausserordentlichen Synode zur Pastoral der Familie im Herbst 2014. Wir könnten uns damit begnügen, Burke als einen dieser «Radikal- oder Extremkatholiken» abzutun, der, wie Kardinal Christoph Schönborn in einem persönlichen Gespräch sagte, «sich in eine Ecke manövriert hat, die nur noch Schaden erzeugt». Burke aber reist wiederverheiratet sind oder ihre Sexualität in gewachsener Freiheit und bewusster Verantwortung leben, mit Mördern. Burke ist brandgefährlich. Er stigmatisiert und radikalisiert. Wer radikalisiert, ist an Lösungen nicht interessiert. Weil es im Radikalismus nicht um Auswege, sondern um Positionen, schliesslich um Ideologien geht. Wie kann man einem solchen Kirchenmann zu verstehen geben, dass Homosexualität «Menschliche keine Krankheit und kein Triebe machen nicht Übel ist? Wie soll ein solcher Mann verstehen wolvor bischöflichen len, dass Homosexualität Pforten Halt» eine Lebensform zwischen mündigen Partnern ist und zuerst einmal keine – wie zuweilen durch alle Kontinente und sammelt sei- vermutet oder fantasiert – exzessiv gene Anhänger, die allein schon die Dis- lebte Sexualpraktik. Homosexualität kussion über eine pastorale Sexualmo- nur darauf zu reduzieren ist wie, als ob ral der Katholischen Kirche ablehnen. man ernsthaft behaupten würde, PriesIn den extrem rechtskonservativen Fo- ter seien perverse Pädophile. Das ist ren, wie etwa «katholisches.info» oder unstatthaft. kath.net, breitet Burke seine Positionen Seit der Enzyklika «Humanae Vi– ohne Gegen- oder Widerrede – aus tae» (Über die rechte Ordnung der Weiund vergleicht gläubige Katholikinnen tergabe des menschlichen Lebens), und Katholiken, die geschieden und volkstümlich auch «Pillenenzyklika» genannt, von Papst Paul VI. aus dem Jahre 1968 hat die Katholische Kirche ihre Autorität in Fragen der Sexualmoral sukzessive verloren. Vollends bachab gegangen ist die katholische Sexualmoral, als das Ausmass der sogenannten Missbrauchsskandale von Geistlichen und Ordensschwestern an Schutzbefohlenen bekannt wurde. Wie soll eine Organisation glaubwürdig zum Umgang mit Sexualität Stellung beziehen können, wenn in ihren eigenen Reihen nicht nur Verwerfliches an Kindern passiert, sondern es auch – ganz im Sinne eines lustvollen Lebens – zu partnerschaftlichen Beziehungen in alle Richtungen kommt? Ob ganz oben oder ganz unten in der Hierarchie: Menschliche Sinne (und Triebe) machen nicht vor bischöflichen Pforten, nicht vor Klostermauern, nicht vor Priesterseminaren und auch nicht vor Pfarrhäusern Halt. Burke und seinesgleichen mögen den ersten Stein werfen. Was, wenn er sie in ihrem Wahn selbst trifft? MARIANO TSCHUOR ist Leiter Stabsbereich Märkte und Qualität SRG SSR. H I N T E R G R U N D Philipp Gian Fontana, SDA, über die geplante Hinrichtung von zwei Australiern in Indonesien Indonesien weist Berufung australischer Todeskandidaten zurück Z Zwei in Indonesien zum Tode verurteilte Australier sind mit einem letzten Versuch gescheitert, ihre bevorstehende Hinrichtung zu verhindern. Ein Gericht in Jakarta wies am Montag einen erneuten Berufungsantrag von Andrew Chan und Myuran Sukumaran zurück. Präsident Joko Widodo hatte das Gnadengesuch der beiden zum Tode verurteilten Drogenhändler ohne Begründung abgelehnt. Die Anwälte der beiden Männer legten daraufhin Beschwerde ein und forderten eine Be- gründung der Entscheidung. Die Justiz wies die Beschwerde im Februar aber ab. Gegen diese Entscheidung legten die Anwälte Berufung ein, die nun jedoch ebenfalls vom Richter Ujang Abdullah zurückgewiesen wurde. Er habe keine Handhabe, den Umgang des Präsidenten mit Gnadengesuchen zu prüfen. Die australische Regierung protestiert seit Wochen gegen die geplante Hinrichtung. Indonesien argumentiert wiederum, die strengen Gesetze gegen Drogenschmuggel müssten mit aller Härte angewendet werden. Die beiden Männer waren 2006 zum Tode verurteilt worden. Im Februar wurden sie aus einem Gefängnis auf der Insel Bali auf die Hinrichtungsinsel Nusa Kambangan südlich von Java verlegt. Nor- malerweise bleiben Häftlinge dort nur wenige Tage, bevor sie vor ein Erschiessungskommando gestellt werden. Die Anwälte verhinderten die Exekution aber mit weiteren Anträgen vor Gericht. Gestern kündigten sie weitere juristische Schritte an, wie australische Medien berichteten. Die Anwälte wollen gemeinsam mit der indonesischen Menschenrechtskommission bis vor das oberste Gericht ziehen. Ihr Argument: Die beiden Verurteilten hätten sich vollständig gewandelt und bereuten ihre Taten zutiefst. Chan und Sukumaran galten als Anführer der «Bali Neun»-Gang – neun Australier, die im April 2005 versucht hatten, 8,3 Kilogramm Heroin von der Ferieninsel Bali nach Australien zu schmuggeln. An- « Die australische Regierung protestiert seit Wochen gegen die geplante Hinrichtung » fänglich stritten sie jede Schuld ab, zeigten aber später Reue. Die Gefängnisverwaltung in Bali bescheinigte ihnen exzellente Führung. Sukumaran habe Malkurse angeboten, Chan Gottesdienste geleitet und sie hätten einen hervorragenden Einfluss auf Mitgefangene. Präsident Widodo hat sich aber jede Einmischung in Justizangelegenheiten verbeten. Zur Empörung der Indonesier hatte Australiens Premierminister Tony Abbott die Milliardenhilfe seines Landes für Indonesien nach den verheerenden Tsunami vor zehn Jahren ins Gespräch gebracht und eine Begnadigung als angemessene Geste der Dankbarkeit dargestellt. Die australische Regierung bot auch vergeblich einen Gefangenenaustausch an. L E S E R B R I E F E Zum Wolf, zur Erbschaftssteuer und zur Pauschalbesteuerung Der Wolf und die sieben Schäflein Ein Märchen zum Leserbrief von Beat Deplazes, WWF Graubünden, im BT vom 25. März 2015. Es war einmal ein alter Mann. Dieser wohnte in einem kleinen Bergdorf. Er war ein Naturfreund und begeisterter Jäger und besass eine kleine Hütte auf der Alp. Während des Sommers und Herbstes verbrachte er viele schöne Tage in seiner Hütte. Als er einmal in der Hütte sass, hörte er ein unbekanntes Geräusch. Er trat ins Freie und sah ein seltsames Ding am Himmel. Ein Flugzeug war es nicht, obwohl es fliegen konnte. Das Ding flog bis zuhinterst ins Tal. Dort wo das Gelände steil ansteigt und eine Stufe bildet, blieb das Ding irgendwie in der Luft schweben. Der Feldstecher des alten Mannes war aber nicht für diese grosse Distanz geschaffen. Nach geraumer Zeit flog das Ding wieder zum Tal hinaus und verschwand. Der alte Mann hatte nichts Genaues gesehen und deshalb sprach er kein Wort darüber. Die Tage vergingen. Auf einmal hiess es, man habe gerissene Schafe auf der Alp gefunden, sicher das Werk eines Wolfes. Die Leute im Dorf schüttelten den Kopf. Einen Wolf hat es seit Menschengedenken bei uns nicht mehr gegeben. Das muss sicher ein grosser Hund gewesen sein. Wolf? Hund? Doch nach Wochen wurde erzählt, die italienischen Wölfe würden langsam wieder in die Schweiz einwandern. Sie würden durch das Tessin, vermutlich dann über die Greina ins Bündner Oberland gelangen. Wie hat der Wolf diese lange Wanderung vom Tessin bis ins Bündner Oberland geschafft, ohne ein einziges Schaf in der Greina oder im Val Sumvitg zu reissen? Eines Nachts hatte der alte Mann einen bösen Traum. Er sass vor seiner Hütte und genoss die letzten Strahlen der Abendsonne. Plötzliche sah er einen Wolf auf sich zukommen. Rasch entschlossen griff er zum Gewehr und erschoss den Wolf. Als er diesem später den Bauch aufschlitzte, hüpften sieben Schäflein heraus. Und wenn sie nicht gestorben sind, grasen sie heute noch auf der Alpweide. ▸ PIA THOMA, RUEUN Erbschaftssteuer rettet AHV nicht Zum Leserbrief «Erbschaftssteuer mildert Konzentration» von Martin A. Liechti, Maur (ZH), im BT vom 2. April 2015. Die Erbschaftssteuerinitiative, über die wir am 14. Juni 2015 abstimmen, soll die AHV sanieren. Das ist Augenwischerei. Die Initianten rechnen damit, dass bei Annahme der Initiative der AHV jährlich rund zwei Milliarden Franken zufliessen würden. Der Bundesrat prognostiziert deutlich weniger. Die strukturellen Pro- bleme der AHV wie beispielsweise die steigende Lebenserwartung und weniger Erwerbstätige würden dadurch nicht gelöst. Die jährlichen Ausgaben der AHV steigen gemäss Prognose von heute rund 42 Milliarden auf über 60 Milliarden im Jahr 2030. Deshalb könnten die zusätzlichen Mittel aus der Erbschaftssteuer die Finanzierungslücke nicht annähernd schliessen. Bei zusätzlichen Einnahmen besteht aber die Gefahr, dass das heute noch vorhandene Zeitfenster für Strukturreformen ungenutzt verstreicht. Die Erbschaftssteuerinitiative ist die falsche Lösung für die AHV-Sanierung, aber sie gefährdet viele KMU-Betriebe. Deshalb nein zur Initiative. ▸ RETO NICK, IGIS Warum eine Erbschaftssteuer? Die Volksinitiative zur Erbschaftssteuer betrifft nur Erbschaften über zwei Millionen Franken, bei Familienunternehmen und Bauernbetrieben gelten noch höhere Freibeträge. Damit wird der allergrösste Teil der Bevölkerung die Erbschaftssteuer nie zu spüren bekommen. Die Initiative hat aber eine moderate Wirkung auf eine allzu krasse Ungleichverteilung von Vermögen in unserem Land. Die finanziellen Mittel dieser Steuerreform werden zum Stopfen von drohenden Finanzlöchern bei der AHV IMPRESSUM verwendet. Ohne Erbschaftssteuer wird die AHV in naher Zukunft mit zusätzlichen Steuern, zum Beispiel einer Erhöhung der Mehrwertsteuer, oder einem Leistungsabbau bei der AHV, saniert werden müssen. Dies werden dann speziell Personen mit niedrigen Einkommen zu spüren bekommen. Eine nationale Erbschaftssteuer macht deshalb sehr viel Sinn, da sie nur bei ganz grossen Erbgeschäften anfällt, für welche die Erbempfänger nichts dazu geleistet haben und trotz Besteuerung von 20 Prozent noch sehr, sehr viel für sich behalten können. ▸ GERTRUD ERNST, SAMEDAN Pauschalsteuer Lange hat es gedauert, aber nun ist der Groschen doch noch gefallen im Kanton Zug. Endlich hat man zu spüren bekommen, dass die Steuererleichterungen für die Superreichen doch nicht fruchten. Es wird noch manchem Kanton und mancher Gemeinden so ergehen. Sobald sie Veränderungen zu ihrem Nachteil nur schon hören, schrillen alle Alarmglocken, und sie werden wegziehen. Zurück bleiben Kantone und Gemeinden mit hohen Defiziten, welche dann die Einheimischen berappen können (müssen). Merke: Man kann halt immer noch nur ernten, was man gesät hat. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden ▸ ARMIN BRÜSCH, THUSIS Herausgeberin: Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG). Verleger: Hanspeter Lebrument. CEO: Andrea Masüger. Redaktionsleitung: Larissa M. Bieler (Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser (Stv. Chefredaktor, nw), Luzi Bürkli (lub). Redaktionsadressen: Bündner Tagblatt, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Telefon 081 255 50 50, E-Mail: [email protected]. Verlag: Somedia, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Tel. 081 255 50 50, E-Mail: [email protected]. Kundenservice/Abo: Somedia, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Tel. 0844 226 226, E-Mail: [email protected]. Inserate: Somedia Promotion, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Telefon 081 255 58 58, E-Mail: [email protected] Reichweite: 167000 Leser (MACHBasic 2014-2). Abopreise unter: www.buendnertagblatt.ch/aboservice Die irgendwie geartete Verwertung von in diesem Titel abgedruckten Inseraten oder Teilen davon, insbesondere durch Einspeisung in einen Online-Dienst, durch dazu nicht autorisierte Dritte, ist untersagt. Jeder Verstoss wird von der Werbegesellschaft nach Rücksprache mit dem Verlag gerichtlich verfolgt. © Somedia D i e n s t a g , 7. A p r i l 2 0 1 5 SCHWEIZ Bündner Tagblatt vom 7.4.2015, Seite 23.pdf Ostermärsche fordern Solidarität mit Menschen auf der Flucht Über 1000 Menschen haben gestern an Ostermärschen der Friedensbewegung in Bern und in der Bodenseeregion teilgenommen. Sie riefen zu einem Ende von Waffenexporten und zu Solidarität mit allen Menschen auf der Flucht auf. I «D ko er Heik erob den K ▸ R E T O WAT T E N H O F E R In Bern stand der diesjährige Ostermarsch unter dem Motto «Frieden schafft Raum – dem Frieden Raum schaffen». Nur staatenübergreifende Regelungen könnten den Frieden sichern, schreiben die Veranstalter in ihrer Mitteilung. Deshalb müsse man das Völkerrecht stärken. Weltweit befinden sich laut den Aktivisten 51 Millionen Menschen auf der Flucht. Viele fliehen demnach vor Gewalt und Kriegen, die von politischen Machtinteressen und Profitgier angeheizt werden. Auch die Schweiz sei daran beteiligt, «Grenzen zu schliessen und durch Waffenexporte Milliardengewinne zu erzielen». Doch anstatt den Krieg zu planen, «müssen wir den Frieden vorbereiten», schreiben die Veranstalter. Der Aare entlang Die Kundgebungsteilnehmer hatten sich um 13 Uhr am Zeltplatz Eichholz versammelt. Sie spazierten dann der Aare entlang in Richtung Innenstadt. Unterwegs schlossen sich dem Zug weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Insgesamt beteiligten sich rund 450 Menschen am Ostermarsch. Die Schlusskundgebung fand auf dem Münsterplatz statt, wo Referate gehalten wurden. Verschiedene Organisationen hatten zudem JUBI Hunderte Friedensaktivisten beteiligen sich am traditionellen Ostermarsch auf der Kirchenfeldbrücke vor dem Hintergrund des Bundeshauses am Ostermontag in Bern. (FOTO KEYSTONE) Stände aufgebaut, um über ihre Anliegen zu informieren. Der Berner Ostermarsch wird von zahlreichen Organisationen und von Kirchen unterstützt. Dazu gehören etwa die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) oder die Erklärung von Bern. Der Ostermarsch in Bern fand erstmals 2003 statt, damals als Protest-Aktion gegen die US-Invasion im Irak. Mehr als 600 Menschen trafen sich gestern auch in Bregenz zum Internationalen BodenseeFriedensweg. Auf Transparenten forderten die Aktivisten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz ein Ende von Waffenexporten und einen humanen Umgang mit Flüchtlingen. Der Ostermarsch stand dieses Jahr unter dem Eindruck der Konflikte in der Ukraine und Syrien und fand zum Thema «Krieg ächten Frieden schaffen» statt. Traditionell richtet sich die Veranstaltung gegen die Zuliefererbetriebe der Rüs- tungsindustrie, die um den Bodensee angesiedelt sind. Die Kundgebungsteilnehmer versammelten sich um 11 Uhr am Bahnhof von Bregenz und wanderten durch die Stadt und dem Bodensee entlang in Richtung Festspielhaus. Unter den Teilnehmern waren zahlreiche Familien mit Kindern. Laut den Organisatoren haben seit der ersten Ausgabe im Jahr 2009 noch nie so viele Menschen am Internationalen Bodensee-Friedensweg teilgenommen. gen «Sch chen Habs sich d tie de A zeit d selbe Mach tieren auf d dem Erleb mand D se vo burg, ton s sche gram A anlas Berne Stadt Aarga Habs Mach ehem Frage Im che K siert Uvek hält an Tariferhöhung per 2017 fest Neues Spionage-Auswertesystem – Absage an den VöV «Achat» für die Armee BAHN Das Verkehrsdepartement hält an der Erhöhung der Trassenpreise auf 2017 fest. Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) hatte die Tariferhöhung in einem Brief kritisiert und den Bundesrat ersucht, den Aufschlag um ein oder zwei Jahre aufzuschieben. Das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) habe seine abschlägige Antwort an den VöV in der ausklingenden Woche abgeschickt, sagte Sprecher Harald Hammel. Er bestätigte einen Bericht der «NZZ am Sonntag». Bestandteil der Fabi-Vorlage struktur gewesen seien. Der VöV ha- KABELAUFKLÄRUNG Die Schweibe sich für ein Ja eingesetzt und ar- zer Armee investiert in ein neues gumentiert, dass auch ÖV-Nutzer Spionage-Auswertesystem. Nach ihren Beitrag an die Finanzierung Angaben des Verteidigungsdeparleisten müssten. Die Trassenpreise tements (VBS) bringt das neue Syswurden per 2013 insgesamt um 200 tem namens «Achat» keinen AusMillionen Franken pro Jahr erhöht – bau. Auch ein Zusammenhang mit damit setzte der Bundesrat die erste dem neuen Nachrichtendienst-GeStufe der Erhöhung vorzeitig um, setz wird verneint. Mit dem System wie Hammel ausführte. Auf 2017 «Achat» sollen Daten aus der Funksteht nun die zweite Stufe von jähr- aufklärung aufbereitet und ausgelich 100 Millionen Franken Pressespiegel an. Diese wertet werden. Es sei teilweise beAnpassung wurde mit der Fabi-Vor- reits in Betrieb, sagte VBS-Sprecher Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden lage genehmigt. Renato Kalbermatten. Er bestätigte Diese Einnahmen seien für die auf Anfrage eine entsprechende ohnehin unter Druck stehenden In- Meldung des «Sonntags Blick». frastruktur-Sparten der Unterneh«Achat» ersetze schrittweise Leistungserbringung». Gemäss VBS besteht auch kein Zusammenhang zwischen «Achat» und dem neuen Nachrichtendienstgesetz. Dieses soll es unter anderem ermöglichen, grenzüberschreitende Signale aus Internetkabeln zu erfassen. Der Nationalrat hat diese sogenannte Kabelaufklärung bereits gutgeheissen. Die Architektur des neuen Systems sei so ausgelegt, dass man künftigen Anforderungen gerecht werden könne, schreibt das VBS dazu. Die Beschaffung von technischen Infrastrukturen zur Kabelaufklärung werde aber erst erfolgen, nachdem das neue Gesetz in Die H gesch und A ter. E auf se D neng es am die S wähn in die m gten em t und r n zu ung g en esew sei nlte n Sep- aker alia ie renzr des eien n der en, s dem kein ige ur e ngs- WBündner E LTagblatt T vom 7.4.2015, Seite 24.pdf D i e n s t a g , 7. A p r i l 2 0 1 5 Zehntausende Christen feiern Ostern Zehntausende Pilger sind zu den Osterfeiern in Rom und Jerusalem gepilgert. Der Aufruf zum Frieden stand im Zentrum der Osterbotschaft von Papst Franziskus. P ▸ C L AU D I O D U L I O Papst Franziskus würdigte den Atomdeal mit dem Iran, bat um Schutz für verfolgte Christen und erinnerte an die Situation im Nahen Osten. Die Botschaft und der traditionelle Segen «urbi et orbi» am Sonntag waren der Höhepunkt der Feiern. Franziskus feierte auf dem Petersplatz in Rom mit rund 150 000 Gläubigen, die im strömenden Regen mit Schirmen ausharrten, die Messe zur Auferstehung Christi. Die Botschaft und den Segen verfolgten Millionen Menschen in aller Welt im TV und im Internet. Der Papst lobte in seiner Botschaft das Atomabkommen mit dem Iran. Er hoffe, dass die Vereinbarung «ein endgültiger Schritt in Richtung auf eine sicherere und brüderlichere Welt» sei. Der 78-Jährige sagte, er sei angesichts der am Donnerstag erzielten vorläufigen Übereinkunft «voll Hoffnung». Papst warnt vor Tatenlosigkeit Der Papst rief zum Ende von Kriegen und Gewalt in den Krisenregionen der Welt auf und betete für Frieden im Nahen Osten. «Möge zwischen Israelis und Palästinensern die Kultur der Begegnung wachsen und der Friedensprozess wieder Bei strömendem Regen harren die Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom aus. (FOTO KEYSTONE) aufgenommen werden», sagte er. Der Pontifex rief die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, angesichts der «immensen menschlichen Tragödien» in den Konfliktländern und vor dem Hintergrund der vielen Flüchtlinge nicht tatenlos zu bleiben. Auch in Libyen herrsche «barbarische Gewalt». In Ländern wie Nigeria und Sudan seien Menschen auf der Flucht. An die Konfliktparteien im Jemen, im Nahen Osten sowie in der Ukraine schickte der Papst seinen Wunsch nach Frieden sowie einen Aufruf zur Versöhnung. Auch in Jerusalem erinnerte der lateinische Patriarch Fuad Twal in seiner Osterbotschaft daran, dass im Nahen Osten täglich «tragische Ereignisse» passierten. «Als Christen müssen wir im Herzen des Nahen Ostens, der von Kriegen und Gewalt erschüttert wird, andere Zeichen der Hoffnung setzen.» Das Oberhaupt der katholischen Kirche im Heiligen Land hatte am Sonntag in der Grabeskirche in Jerusalem die Messe zur Auferstehung von Jesus Christus gefeiert. Nach christlichem Glauben steht die Grabeskirche am Ort der Kreuzigung und Wiederauferstehung Jesu. Das israelische Tourismusministerium rechnete während der Osterwoche sowie des jüdischen Passahfests mit rund 130 000 Besuchern. e r den e von app goni und hen aher t» gerin leout ise as ist m ge- ten Mindestens 35 Tote bei Sturm in Bangladesch Kletterunfall im Atlas: Einer von drei Verunfallten lebend geborgen UNWETTER Bei heftigen Stürmen im Nordwesten Bangladeschs sind mindestens 35 Menschen ums Leben gekommen. Tausende Häuser wurden bei dem Unwetter in der Nacht zu Sonntag zerstört, wie Behördenvertreter gestern mitteilten. Bäume wurden entwurzelt, Strommasten umgeworfen und Reisfelder beschädigt. Allein im nördlichen Bezirk Bogra kamen 19 Menschen durch umstürzende Bäume oder MAROKKO Bei einer komplizierten Rettungsaktion für drei spanische Wanderer in Marokko ist nur einer lebend geborgen worden. Der 27-jährige Polizeibeamte wurde in ein Spital gebracht. Die zwei anderen – ein weiterer Polizist und ein Anwalt – starben. Sie erlagen während des Wartens auf ihre Bergung ihren Verletzungen, die sie beim Absturz in eine Atlas-Schlucht erlitten hatten. Der überlebende Wanderer einstürzende Dächer und Mauern ums Leben. Hunderte weitere Menschen wurden verletzt. Auch aus den Bezirken Rajshahi und Kushtia wurden Todesopfer sowie zahlreiche zerstörte Häuser gemeldet. Im Frühsommer gibt es regelmässig heftige Stürme in Bangladesch. Die als Kalboishakhi bekannten Unwetter gehen dem Monsun voraus, der gewöhnlich in der ersten Juniwoche beginnt. (SDA) Schwere Kämpfe in Aden Pressespiegel wies Unterkühlungen und psychischen Stress auf. Die drei Spanier hatten Höhlen in den Bergen zwischen Marrakesch und Ouarzazate erkunden wollen. Dabei waren sie in eine Schlucht abgestürzt und am Mittwoch als vermisst gemeldet worden. Nach einer mehrtägigen Suchaktion wurden sie von der Besatzung eines marokkanischen Polizeihelikopters auf dem Grund der Schlucht entdeckt. (SDA) Die Kämpfe um die südjemenitische Hafenstadt Aden haben eine humanitäre Krise ausgelöst. IKRK-Mitarbeiter sahen Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden gestern nach eigenen Angaben eine «Geisterstadt», in der sich keine Zivilisten zeigten. Bündner Tagblattwww.buendnertagblatt.ch vom 8.4.2015, Seite 1.pdf 8. April 2015 CHF 3.30 30015 0844 226 226, [email protected] | INSERATE Somedia Promotion, Telefon 081 255 58 58 9 771424 754008 Die kriegerischen Ergeignisse im Prättigau 1622 GEDENKTAG Am 24. April gedenkt die Katholische Kirche dem Prättigauer Aufstand im Jahre 1622, als die Habsburger im Prättigau eine Gegenreformation durchsetzen wollten. Federführend war der Kapuzinerpater Fidelis von Sigmaringen. Innerhalb weniger Tage vertrieben die aufständischen Prättigauer die Besatzungstruppen und ermordeten in Seewis den ihnen verhassten Fidelis. Daniel A. Ludwig – er war Lehrer an der Evangelischen Lehranstalt Schiers und Pfarrer von Schuders – schreibt im «Prättigauer Freiheitskampf» über Fidelis: «So fand dieser Mann, der uns in vielen Stücken gerühmt wird, nicht bloss als gelehrt und beredt, sondern auch als fromm und sittenrein und menschenfreundlich, ein bedauernswertes Ende, weil er eben doch mitgeholfen hatte beim Versuch, die Reformation im Prättigau gewaltsam zu unterdrücken. Er büsste, wie es oft geht, was andere AG musste gestern die Bilanz deponieren. (ZVG) haus Flims» stand or der Schliessung s Flims Mountain Resort AG hat die Bilanz as Hotel wird aber dennoch weitergeführt. det, welche den Betrieb vorerst sichern soll. So kann das Traditionshaus im Mai auch wie geplant in die Sommersaison starten. Um die Zukunft langfristig gewährleisten zu können, wird die Suche nach einem Investor intensiviert. «Zukunft nicht in Gefahr» Das «Waldhaus Flims» schrieb schon seit mehreren Jahren nur noch dank dem Verkauf von Zweitwohnungen schwarze Zahlen. Die- ses Geschäftsfeld wurde in letzter Zeit aber immer weniger rentabel. Nach einer Neubewertung sämtlicher Anlagen wurde ein Abschreibungsbedarf von 30 Millionen Franken festgestellt. Weil dies neues Aktienkapital in der Höhe von rund 20 Millionen erforderte, wurde ein Kapitalschnitt verunmöglicht. Die Zukunft des Hotels sei nicht in Gefahr, hiess es gestern in Flims. G R A U B Ü N D E N ................. Seite 3 will US-Präsident werden e republikanische US-Senator Rand Paul hat gestern bei e (Kentucky) seine Kandidatur für die Wahl 2016 erklärt. Jeb Bush, der Bruder und Sohn der Ex-Präsidenten George W. Bush und George Bush. Bei den Demokraten steht bisher nur die ehemalige Aussenministerin, Senatorin und First Lady Hillary Clinton erkennbar in den Startlöchern. Die Ehefrau von Ex-Präsident Bill Clinton könnte ihre Kandidatur bereits in den kommenden Tagen erklären. Es ist offen, ob sie innerparteiliche Konkurrenz bekommt. (SDA) W E L T .................. . . . . . . . . . . . Seite 19 te 10 KULTUR Seite 11 SPORT Seite 13 Kandidiert: Rand Paul. (KY) SCHWEIZ Seite 17 Denkmal für den Pater: Das FidelisBrünneli wurde 1922 errichtet. (ZVG) mehr als er verschuldet, und litt, was andere, namentlich Baldiron, verdient hatten.» Heute erinnert ein Denkmal in Seewis an die kriegerischen Ereignisse. «Den tapfern und hochgesinnten Ahnen, die anno 1622 für ihre geistige und leibliche Freiheit im Vertrauen auf Gott alles gewagt haben ...» Das Fidelis- Brünneli, das an den Heiligen erinnert, wurde 1922 erstellt. Seewis dürfte die einzige Ortschaft in der Schweiz sein, in der es ein Denkmal für das Opfer und die Täter gibt. (EW) G R A U B Ü N D E N ................. Seite 5 Pressespiegel Seite 24 Evangelisch-reformierteWETTER Landeskirche Graubünden WELT Seite19 RADIO/TV Seite 21 2 Bündner Tagblatt vom 8.4.2015, Seite 2.pdf KLARTEXT B ü n d n e r Ta g b l a tt M i ttwo c h , 8. A p r i l 2 0 1 5 G A S T K O M M E N T A R Eva-Maria Faber über erfahrbar gelingendes Menschsein Menschliches Leben ist nicht harmlos B «Bessere Lieder müssten sie mir singen, dass ich an ihren Erlöser glauben lerne. Erlöster müssten mir seine Jünger aussehen» (Friedrich Nietzsche). Wenn ein Fest wie Ostern, ganz gleich ob christlich oder säkular begangen, sich nicht in der etwas infantilen Banalität von Osterhasen erschöpfen soll, lohnt sich eine Auseinandersetzung mit Nietzsches Christentumskritik, die ja gleichzeitig die Frage aufwirft, in welche Richtung denn «Erlösung» oder erfahrbar gelingendes Menschsein zu suchen wäre. Nehmen wir an, Nietzsche denke an Menschen, die mit sich selbst, ihrer Umgebung, der Welt im Ganzen und vielleicht sogar mit Gott ins Reine gekommen sind und von denen dadurch ein gewisser Friede ausstrahlt. In der Regel steht eine solche «Harmonie» am Ende eines langen Weges. Denn Men- schen kämpfen mit ihren Schatten und tragen manchmal schwer am Leben. Ambivalente Motive und Antriebsschwäche blockieren den Lebensfluss. Ängste erschweren die Entscheidung für Etappenziele. Erlöst zu empfinden und auszusehen ist vielen Menschen nicht ohne Weiteres erschwinglich. Die entscheidende Frage wird sein, wie sie (wir) damit umgehen und welche Orientierung ihnen (uns) dafür gegeben ist. Nun finden Personen, die mit den Herausforderungen des Lebens nicht zurechtkommen, in unserer Gesellschaft glücklicherweise in vielfältigen Zusammenhängen Unterstützung und Begleitung. Was aber befördert im grösseren Ganzen der Gesellschaft und nicht erst in Notlagen den Weg in erfülltes menschliches Leben? Wie an prekären Lebenssituationen wahrnehmbar wird, hängt das Gelingen menschlichen Lebens nicht zuletzt davon ab, ob Menschen sich an Sinn- und Wertvorstellungen orientieren und sich für bedeutsame Ziele entscheiden und einsetzen können. Die liberale Demokratie muss sich hier selbst beschränken, da sie sich nicht nur gegenüber Religionen, sondern gegenüber jeglichen Weltanschauungen neutral verhält und somit den Bürgern und Bürgerinnen Freiheit lässt, sich für unterschiedliche Auffas- sich mit keinem von ihnen. Fatal wäre es jedoch, wenn dadurch statt der gewünschten Pluralität von Wertsystemen ein Vakuum entstehen würde. Die Genugtuung über Errungenschaften der pluralen und liberalen Gesellschaft sollte nicht verkennen lassen, dass blosse Liberalität noch nicht die alte Frage nach gutem Leben beantwortet. Denn Leben ist nach erfolgter Enttraditionalisierung und Liberalisierung nicht schon als «Blosse Liberalität solches harmlos geworden. beantwortet noch Gerade in jenen Lebensbereichen, die traditionell mit nicht die alte Frage engmaschigen normativen nach gutem Leben» Vorgaben reglementiert waren – zum Beispiel Partnerschaft, Sterben, Tod –, wird erfahrsungen gelungenen Lebens zu ent- bar, wie sehr Menschen sich und einanscheiden. Zwar verlangt die weltan- der tiefgreifende Verletzungen zufügen schauliche Neutralität keine völlige Ab- können. Die traditionellen Rahmenbedinstinenz von Werten, ist doch auch der liberale Staat zum Beispiel den Perso- gungen konnten dies nicht verhindern, nenrechten und der Menschenwürde haben es allzu oft nur kaschiert und soverpflichtet. Um aber Wertsystemen gar ermöglicht, was ihren Wegfall beRaum geben zu können, identifiziert er schleunigt hat. Wertfrei sind gerade die sensiblen Lebenskontexte aber gewiss nicht. Hier tragen alle Akteure Verantwortung. Der weltanschaulich neutrale Staat fördert unbeschadet seiner Neutralität ein Bewusstsein für die Bedeutsamkeit von Sinn- und Wertvorstellungen. Andere Akteure müssen versuchen, die von ihnen vertretenen Werte und Ideale unter den Bedingungen von Liberalität und Pluralität in den Raum der Gesellschaft hineinzukommunizieren. Nietzsches Christentumskritik trifft Kirchen, wenn sie Ideale nur normativ vorstellen und sich nicht hinreichend mit deren Umsetzung in die alltägliche und immer auch gebrochene Lebenswirklichkeit der Menschen befassen. Auch die Gesellschaft muss sich aber darum sorgen, wie Individuen, die nicht auf bestimmte religiöse oder weltanschauliche Traditionen festgelegt werden, die Frage nach gelingendem Leben hinreichend fundiert angehen können. EVA-MARIA FABER ist Rektorin der Theologischen Hochschule Chur (THC). A R C H I V D E R G E G E N W A R T David Eugster über den Wolkenkratzer als Symbol Stadt üben I In der Schweiz hatten hohe Bauten lange einen schweren Stand – Büro- und Wohngebäude, die höher als 100 Meter sind, sind hierzulande rar, man assoziierte sie mit sozialen Problemen, mit zu viel Dichte, zu viel Stadt. Doch seit 2000 baut man wieder vermehrt in die Höhe. In den ersten Wolkenkratzern träumte das Geld, öffentlich, für alle sichtbar. Sie verdrängten die sieben Weltwunder aus der Erinnerung. Gleichzeitig waren Wolkenkratzer ein logisches Resultat der Verstädterung im 19. Jahrhundert: Die Bodenpreise in den urbanen Zentren stiegen in die Höhe – wollte man noch rentabel bauen, musste man den Platz maximal ausnutzen. In den hohen Geschäftsgebäuden, wie sie um 1900 in Chicago und New York in die Höhe schossen, erwuchs die Regel der höchstmöglichen Rendite zu monumentaler Grösse. Insbesondere Manhattan ist eine Insel, die beinahe ganz auf dieser maximalen Ausschöpfung von Grund, Boden und Luft aufgebaut ist – nur da, wo das Fundament aus unverlässlichem Sand besteht, findet man noch niedrige Bauten. Doch es gibt noch eine andere, weit weniger nüchterne Geschichte des Hochhauses. Der holländische Architekt Rem Koolhaas hat behauptet, dass insbesondere das weltweit ikonisch gewordene Manhattan nicht aus dem Geist der Sparsamkeit und der Finanzplanung entstanden ist, sondern aus dem des städtischen Vergnügens. Die Skyline von Manhattan sei vor ihrem sich im Stil der Zeit: Man installierte am Strand riesige Lampen, die es erlaubten, auch Nachts im Meer zu planschen – so konnte man sprichwörtlich im elektrischen Licht baden, das später die Nächte der Grossstadt ausmachen sollte. Eine wei«Der Hochbau ist tere Vergnügung waren die ein Bekenntnis zur «Zylinder der Liebe»: LangGrossstadt, auch wenn sam drehende Fässer, in die auf der einen Seite Männer, sie noch nicht da ist» auf der anderen Seite Frauen eintreten konnten. Durch das langsame Rotieren wurde distanBau in einem nahen Laboratorium ge- ziertes Stehen unmöglich – unweigertestet worden: In Coney Island, dem lich fiel man sich in die Arme. In den Luna-Park an der Atlantikküste New Vergnügungen von Coney Island übte Yorks. Dort übte man, in einer Gross- man die Grossstadt vor ihrem endgültistadt zu leben, bevor es sie wirklich gab gen Bau ein. Die Kulisse dazu boten ho– umragt von hohen, leuchtenden Bau- he Türme, sie rahmten dieses Stadttraiten. In Coney Island vergnügte man ning ein. Insbesondere einer, der Be- L E S E R B R I E F E Zu den Kosten für Grossraubtiere, Schwarzarbeit, Erbschaftssteuer und Frieden Hobby Grossraubtiere Gemäss den Ausführungen im Jahresbericht 2014 des AJF GR ( Amt für Jagd und Fischerei Graubünden) vom 3. März 2015 haben die Bären und Wölfe allein einen unglaublichen Personalmehraufwand von 237 000 Franken verursacht. Wegen Bären wurde für Risse ein Betrag von 15 260 Franken ausbezahlt. Weitere Schäden von 500 Franken waren bis Ende 2014 noch nicht abgerechnet. Für das sogenannte Monitoring wurde ein Personalmehraufwand von 924 Stunden mit Kosten von 74 000 Franken verursacht. Für Schäden durch Wölfe an Nutztieren wurden 2050 Franken abgerechnet. Da die Wölfe vorwiegend das Wild im Calandagebiet rissen, haben sie nicht so viel Schaden an Nutztieren angerichtet. Demzufolge wurde sogar eine Nachjagd am Calandagebiet überflüssig. Der Personalmehraufwand für die Wölfe betrug 1936 Stunden, was einem Betrag von 163 000 Franken entspricht. Hier handelt es sich nur um die separat ausgewiesenen Kosten. Alle weiteren, verdeckten Kosten für Kameras, Sender, Nachtsichtgeräte usw., welche in der Gesamtrechnung verschwinden, kann der aussenstehende Bürger nicht nachvollziehen. Ebenfalls wird man den unsinnigen Aufwand für Herdenschutz, mit allen Zweigstellen und seinen Nebenkosten, nie ehrlich erfahren. Sicher frage ich mich nicht allein, wie lange der Steuerzahler be- reit ist, solche riesige Summen kommentarlos zu schlucken. ▸ HERMI PLUMP, TAMINS Schwarzarbeit Das Problem der Schwarzarbeit hätte schon seit Langem effizient bekämpft werden können, hätte man den Sozialpartnern die Hand zu echter Zusammenarbeit gereicht. Das Problem wurde aber seitens der Politik und Wirtschaft stets als Einzelfälle abgetan und verharmlost. Nun kann man es nicht mehr unter den Teppich kehren, denn wenn die Schwarzarbeit 6,9 Prozent ausmacht und eine Schadenssumme von 45 Milliarden Franken entstanden ist, dann ist es allerhöchste Zeit, endlich gemeinsam die Auswüchse in aller Deutlichkeit und mit allen Mitteln zu unterbinden. Es muss endlich Schluss sein mit den Methoden «Eine Hand wäscht die andere» und dem Prinzip «Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen». ▸ ARMIN BRÜSCH, THUSIS bürger eine zweite Chance, einzugreifen. Mit einem Ja zur Erbschaftssteuer werden übermässige Bezüge zumindest nachträglich korrigiert, sofern diese Grossverdiener ihren Lebensabend in der Schweiz verbringen. ▸ MARTIN A. LIECHTI, MAUR (ZH) Ein Vorbild für die Welt? Die Åland-Inseln zwischen Schweden und Finnland sind ein wunderbarer Ferienort, ein Ort auch, um dem Frieden entgegenzusegeln. Die finnischen Åland-Inseln zwischen Schweden und Finnland sind nämlich seit dem Krimkrieg, seit 1856, demilitarisiert. Internationale Abkommen verbieten Finnland, in der Region der Åland-Inseln irgendwelche feste militärische Einrichtungen zu bauen, Militärflugplätze oder andere für militärische Zwecke dienende Einrichtungen zu unterhalten. In Åland, oder finnisch Ahvenanmaa, besteht auch keine Militärdienstpflicht wie in Finnland. Die Åland-Inseln könnten ein Vorbild werden für eine Welt ohne Militär, ohne Krieg. 2011 wurden 1738 Milliarden US-Dollar für die Rüstung vergeudet. Das sind 289mal mehr als das Budget des Welternährungsprogramms von sechs Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2010 wurden aber nur 3,82 Milliarden US-Dollar gespendet. acon Tower, erleuchtete alles: Er war mit über 100 Metern Höhe der Leuchtturm dieser kleinen Übungsstadt. Er sollte 1930 zum Vorbild des über 300 Meter hohen Chrysler Building werden, das in Manhattan steht. Koolhaas historische Thesen sind steil, doch sie machen eines deutlich: Wolkenkratzer entstehen nicht bloss aus ökonomischer Notwendigkeit. Sie waren von Anfang an auch gewollt gesetzte Zeichen der Grossstadt. Drängte um 1900 die Dichte zum hohen Bauen, so haben sich die Verhältnisse spätestens heute verkehrt: Im Wolkenkratzer drückt sich der Wunsch aus, auch zu den Zentren der Welt zu gehören. Der Hochbau ist ein Bekenntnis zur Grossstadt, selbst wenn die noch gar nicht da ist. DAVID EUGSTER ist Kulturhistoriker. IMPRESSUM Herausgeberin: Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG). Verleger: Hanspeter Lebrument. CEO: Andrea Masüger. Redaktionsleitung: Larissa M. Bieler (Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser (Stv. Chefredaktor, nw), Luzi Bürkli (lub). Redaktion: Sarah Blumer (Beilagenredaktion, blu), Gieri Dermont (Aussenredaktion Surselva, de), Denise Erni (dni), Kerstin Hasse (ha), Silvia Kessler (ke), Flurina Maurer (fm), Nadja Maurer (nm), Marc Melcher (mm), Sabine-Claudia Nold (nol), Cornelius Raeber (Beilagenredaktion, cr), Julian Reich (Leitung Ressort Kultur, jul), Thomas Spinas (ts), Claudio Willi (Wi). Redaktion Sport: René Weber (Leitung, rw), Hansruedi Camenisch (Stv., ca), Kristian Kapp (kk), Johannes Kaufmann (jok), Jonas Schneeberger (jos), Jürg Sigel (js). Bildredaktion: Marco Hartmann (Leitung, ham), Yanik Bürkli (yb), Theo Gstöhl (thg), Olivia Item (oi). Redaktionelle Mitarbeiter: Juscha Casaulta (jc). Redaktionsadressen: Bündner Tagblatt, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Telefon 081 255 50 50, E-Mail: [email protected]. Verlag: Somedia, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Tel. 081 255 50 50, E-Mail: verlag@ somedia.ch. Kundenservice/Abo: Somedia, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Tel. 0844 226 226, E-Mail: [email protected]. Inserate: Somedia Promotion, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Telefon 081 255 58 58, E-Mail: [email protected]. Verbreitete Auflage (Südostschweiz Gesamt): 81 302 Exemplare, davon verkaufte Auflage 78 482 Exemplare (WEMF-/SW-beglaubigt, 2014). Reichweite: 167 000 Leser (MACH-Basic 2014-2). Erscheint sechsmal wöchentlich Abopreise unter: www.buendnertagblatt.ch/aboservice Eine zweite Chance mit Pressespiegel der Erbschaftssteuer Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Offensichtlich hat die Minder-Initiative nur Umtriebe aber nicht den erwünschten Effekt gebracht: Noch immer beziehen einzelne Konzern-Chefs über zehn Millionen Franken jährlich. Jetzt hat der Stimm- ▸ HEINRICH FREI, ZÜRICH Bekanntgabe von namhaften Beteiligungen i.S.v. Art. 322 StGB: Südostschweiz Radio AG, Südostschweiz TV AG, Südostschweiz Emotion AG, Somedia Distribution AG, Somedia Partner AG. Die irgen dwie geartete Verwertung von in diesem Titel abgedruckten Inseraten oder Teilen davon, insbesondere durch Einspeisung in einen Online-Dienst, durch dazu nicht autorisierte Dritte, ist untersagt. Jeder Verstoss wird von der Werbegesellschaft nach Rücksprache mit dem Verlag gerichtlich verfolgt. © Somedia GRAUBÜNDEN Bündner Tagblatt vom 8.4.2015, Seite 5.pdf M i ttwo c h , 8. A p r i l 2 0 1 5 Der Prättigauer Aufstand Im Jahr 1622 wollten die Habsburger im Prättigau eine gewaltsame Gegenreformation durchsetzen. Federführend war der Kapuzinerpater Fidelis von Sigmaringen. Doch die Prättigauer wehrten sich am 22. April 1622 mit einem Aufstand. D stand. Als dann noch eine grosse Wallfahrt durchgeführt wurde, kam es zum Eklat. ▸ E DY WA L S E R Ein Wink mit dem Zaunpfahl Der Kapuzinerpater Fidelis von Sigmaringen hatte den Auftrag, die Prättigauer in den Schoss der Alleinseligmachenden Kirche zurückzuführen. In Anbetracht der Tatsache, dass das Tal seit Ende 1621 von einer österreichischen Soldateska besetzt war, kam es bei diesem Vorhaben immer wieder zu gewaltsamen Ausschreitungen. Am 24. April 1622 war das tragbare Mass dieser politischen und religiösen Demütigungen überschritten. Es kam zum Prättigauer Aufstand, dem dann der «sittenreine und menschenfreundliche Pater Fidelis» zum Opfer fiel. Fidelis war von einer österreichischen Kohorte von Grüsch nach Seewis begleitet worden. Die Seewiser sollten der Predigt beiwohnen und sich mit ihrem Namen auf einem Rodel eintragen lassen. Fidelis gab sich alle Mühe, die Kirchenbesucher zum katholischen Glauben zu bekehren. Als er sie schliesslich fragte, ob sie bereit und willens seien, seinem wohlmeinenden Rat zu folgen, antworteten sie: «Nein». Auf der Kanzel soll er dann seine Sandalen ausgezogen haben, diese in die Hand genommen und mit den Worten «so wahr der Staub von meinen Sandalen fällt, werdet ihr wieder katholisch» zusammen geschlagen haben. In Schiers war in der Zwischenzeit der geplante Aufstand ausgebrochen. Die österreichischen Bewacher hatten sich mit ihren Pulvervorräten in die Kirche zurückgezogen. Dabei kam es zu einer Explosion, sodass das Deckengewölbe einstürzte, wobei viele Soldaten den Tod fanden. Die Rauchsäule, die in Schiers aufstieg, löste in Seewis den Aufstand aus. Fidelis soll anfänglich versucht haben, die Leute zu beruhigen. Dann wandte er sich mit den Soldaten zur Flucht. Zwei Versionen Wie Johannes Flury, der ehemalige Rektor der Pädagogischen Hochschule Graubünden, in seinem 2010 erschienenen Fidelis-Buch festhält, gibt es zum Tod des Kapuzinerpaters eine protestantische und eine katholische Version. Nach der protestantischen hätte er sich am Palmsonntag 1622 selber retten können, wenn er auf den Rat besorgter Seewiser gehört hätte und in der Kirche geblieben wäre. Stattdessen soll er Die Seewiser sprachen von einer «mutwilligen Störung des konfessionellen Friedens», und rieten den Kapuzinern dringend von der Einrichtung einer Pilgerstätte ab. In einer Stellungnahme heisst es: «Zwar beabsichtigen wir keineswegs etwa, irgendwelche Tätlichkeiten gegen die Wallfahrer zu veranlassen, würden vielmehr solche selber bedauern und verurteilen. Aber sagen wollen und müssen wir, wie unser gesamtes Volk das ansieht und aufnimmt.» Die «Übung» wurde infolge der Proteste abgeblasen, das heimlich gekaufte Heimwesen Saglianes wurde wieder verkauft. Einzig die Wiese unterhalb der Dorfkirche, auf der Fidelis umgebracht worden war, blieb im Besitz des Kapuzinerordens. Eine Folge war dann die Errichtung des Denkmals im Juni 1902 in Erinnerung an den Prättigauer Freiheitskampf. Das Fidelis-Brünneli wurde 1922 erstellt. GLP sag Radio- u PAROLENFA len für die Abs Diskussionen A Fernsehgesetz der Bündner G SRG als Institu Josias Gasser. und gewerbef gründet. Konk eine externe G über den Bund Die Erbsch gen der ersch Stipendieninit GLP eine föde eines minim will. Zur Zula tik wurde die J kantonalen Vo ohne Kohlekra sagt die GLP ei HEIZÖLP Markt Heizö Mitgeteilt vo 100 Liter (inkl am Tag der Be Heizöl extra le Liter Der Kapuzinerpater Fidelis Im Prättigau predigte der Kapuzinerpater Fidelis in den Kirchen und wollte die Menschen von der Richtigkeit der katholischen Lehre überzeugen. (ZVG) die vor der Kirche postierten Truppen zum Kampf angestachelt haben. Nach der katholischen Version ist der Kapuzinerpater von den aufständischen Seewisern aufgefordert worden, ihren Glauben anzunehmen. Diese Aufforderung lehnte er ab, mit der Folge, dass er unterhalb der Kirche von Bauern erschlagen wurde. Dazu nur noch soviel: Die Seewiser haben von allen Prättigauer Gemeinden am längsten Romanisch gesprochen und waren am längsten katholisch geblieben. Gleich nach seinem tragischen Tod setzte die Verehrung ein. Schon im Herbst 1622, in einer Phase der klaren Übermacht der Österreicher, wurde das Grab des Kapuzinerpaters geöffnet und sein Körper in zwei Etappen, Kopf und linke Hand nach Feldkirch, der Rest des Leichnams nach Chur gebracht. Auf der Zwischenstation Maienfeld geschah im Oktober 1622 das Wunder, das sein Märtyrertum gleichsam besiegelte. Als ein Grossbrand das Städtlein verwüstete, blieb der Turm mit den Pulvervorräten der österreichischen Truppen ver- schont. Der österreichische Kommandant, Graf Sulz, soll Fidelis um Schutz angerufen haben. Der Kapuzinerpater wurde dann von Papst Benedikt XIV. im Jahr 1746 heilig gesprochen. In Seewis dürfte man davon kaum Kenntnis genommen haben. Ein Thema wurde es aufgrund Flurys Recherchen erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Als die Grafschaft Hohenzollern-Sigmaringen 1850 an das mehrheitlich protestantische Preussen kam, besannen sich die Sigmaringer ihres Stadtheiligen. Fidelis wurde zur Leitfigur im Kampf gegen den protestantisch-liberalen Staat. So kam es, dass der Stadtpfarrer von Sigmaringen 1886 nach Seewis pilgerte und vorerst die Kanzel kaufte, auf der Fidelis an jenem verhängnisvollen Palmsonntag zum letzten Mal gepredigt hatte. Als die Sigmaringer dann später auf Vermittlung des Kräuterpfarrers Künzle in Zizers noch heimlich das Grundstück kaufen, auf dem der Heilige ums Leben gekommen war, und noch das in der Nähe gelegene Heimwesen Saglianes erwarben, regte sich Wider- INSERAT Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Fidelis kam 1577 unter dem Namen Markus Roy als Sohn des Sigmaringer Bürgermeisters zur Welt. Er studierte in Freiburg Philosophie, weltliches und kirchliches Recht und erwarb in allen Disziplinen einen Doktorgrad. Anschliessend arbeitete er als Rechtsanwalt und erwarb sich schnell den Beinamen «Advokat der Armen». Enttäuscht über Fehlurteile und die fehlende Unabhängigkeit des Gerichtswesens gab Roy seine Kanzlei schon nach knapp zwei Jahren auf. Er empfing die Priesterweihe und trat dem Orden der Kapuziner bei. Nach einem Noviziat war er unter dem Ordensnamen «Pater Fidelis» fortan als Prediger und Seelsorger in Baden, im Vorarlberg, im Elsass und in Graubünden tätig. Er widmete sich ganz besonders der Busse und der Sühne, setzte ganz auf die Kraft des Gebetes, verlängerte die Gebetszeiten, betete auch bei der Arbeit und fastete streng über Monate hin. Am 24. April 1622 stirbt Fidelis nach den gewaltsamen Auseinandersetzungen in Seewis. Am 29. Juni 1746 wird Fidelis von Sigmaringen von Papst Benedikt XIV. heilig gesprochen. Fidelis heisst im Lateinischen «treu» und «zuverlässig». (EW) 500-1 000 1 001-2 000 2 001-3 000 3 001-6 000 6 001-9 000 9 001-14 000 Öko-Heizöl na Liter 500-1 000 1 001-2 000 2 001-3 000 3 001-6 000 6 001-9 000 9 001-14 000 Tägliche Preisä LSVA-Zuschlag Preise verstehe KURZ GE Vortrag von N Donnerstag, 9 öffentlicher Vo Candinas statt sammlung der Candinas im K Erlebnisvortr Donnerstag, 9 von Orelli, Dip Dipl. Bewegun «Gesunde Gele findet im Frau D o n n e r s t a g , 9. A p r i l 2 0 1 5 Bündner Tagblatt GR A U vom B Ü9.4.2015, N D ESeite N 7.pdf B ü n d n e r Ta g b l a tt 7 ÜBER DIE KANTONSGRENZE GEBLICKT (4) Im Gedenken an den glarnerischen Freiheitskampf gegen Habsburg Die Näfelser Fahrt erwuchs aus einem kirchlichen Gedenk- und Dankestag. 1388 besiegte eine kleine eidgenössische Truppe das zahlenmässig weit überlegene Habsburger Heer. Seit über 600 Jahren wird dieses Ereignisses mit der Näfelser Fahrt gedacht. Farbenfroh und prächtig: Seit über 600 Jahren wird die Näfelser Fahrt ununterbrochen gefeiert. An diesem Festtag gedenken die Glarner des wundersamen Sieges über das zahlenmässig überlegene Habsburger Heer am 9. April 1388. (FOTOS KANTONSMARKETING GLARUS / SAMUEL TRÜMPY) F ▸ S A B I N E - C L AU D I A N O L D Für das Haus Habsburg war die Sachlage klar: Die Eidgenossen waren abtrünnig geworden und ein militärischer Vergeltungsschlag war die logische Konsequenz. Die Eidgenossen hatten das habsburgische Städtchen Weesen nach der Schlacht bei Sempach am 9. Juli 1386 besetzt. Die Glarner hatten überdies die habsburgische Burg Windegg zerstört und sich eigene Landessatzungen gegeben. Zwar hatten die habsburgischen Truppen im Februar 1388 Weesen in der sogenannten «Mordnacht von Weesen» dank der Hilfe aus der Bevölkerung zurückgewonnen, doch die Verhältnisse waren noch nicht geklärt. So zogen am 9. April 1388 rund 600 Reiter und 6000 Mann Fussvolk in Richtung Letzimauer unterhalb Näfels, um die Eidgenossen zur Räson zu zwingen. Dem Heer gehörten Truppen aus Winterthur, Schaffhausen, Rapperswil und weiteren habsburgischen Gebieten an. Regen, der sich immer wieder mit Schneetreiben mischte, durchnässte die Kämpfer – auch die knapp 300 Män- ner hinter der Mauer, die vom Ansturm der habsburgischen Streitmacht überrannt wurden. Die Habsburger drangen plündernd vor, überfielen Näfels, Mollis, Netstal und Glarus. Ein Sturmgeläut ging durchs ganze Land und rief rund 600 glarnerische Kämpfer zusammen, zu denen auch einige über den Pragelpass zu Hilfe gekommene Urner und Schwyzer gehörten. Als sich diese Streitmacht am Rautiberg versammelt hatte, wurde sie vom habsburgischen Heer angegriffen. Den Glarnern gelang es jedoch, mit Steinlawinen Panik und Verwirrung bei den heranstürmenden Reitern zu schaffen. Trotz ihrer Überzahl wurden die Habsburger in die Flucht geschlagen. Viele von ihnen fanden im Ried (mooriges Gebiet) den Tod oder ertranken, als bei ihrer Flucht nach Weesen die Brücke über den Walensee-Ausfluss zusammenbrach. Für die Eidgenossen war dieser Sieg ein Wunder. Nach der Schlacht suchten beide Parteien den Frieden. Noch vor Ablauf dieses Friedensabkommens wurde der Friede verlängert und Habsburg verzichtete auf alle Rechte in den acht alten Orten. Die Schlacht bei Näfels war somit die letzte der eidgenössischen Freiheitskämpfe gegen Habsburg. Seit jener denkwürdigen Schlacht und dem un- Jahrhundertealte Tradition: Der Fahrtsbrief wird während der Näfelser Fahrt jedes Jahr öffentlich verlesen. erwarteten Sieg der Eidgenossen über Habsburg, ist jeder erste Donnerstag im April ein kantonaler Feiertag, an dem die Näfelser Fahrt weltlichem Zug und Prozession nach Näfels zu politischer Festansprache, Predigt und Gedenkgottesdienst durchgeführt wird. Serie Über die Kantonsgrenze Fällt die «Fahrt»– wie die Glarner den Festtag vereinfacht nennen – in die Karwoche, wird sie in der Osterwoche abgehalten. Der Fahrtsbrief Im sogenannten Fahrtsbrief, der wenige Jahrzehnte nach dem historischen Ereignis verfasst wurde, werden Vorgeschichte und Ablauf der Schlacht geschildert. Dieser Fahrtsbrief wird jedes Jahr anlässlich der Feierlichkeiten verlesen. Einer der Männer, denen diese Ehre zuteil wird, ist Sepp Schwitter. Aufgewachsen in Näfels, ist ihm die «Fahrt» seit frühester Kindheit ver- traut. «Als Custos des Kirchenschatzes Glarus begann ich mich für die Prozessionsstatue ‘Fridolin und Ursus’ und deren Geschichte zu interessieren», erzählt Schwitter. So habe er sich immer stärker in die Thematik eingearbeitet und sich intensiv mit der Näfelser Fahrt und deren Geschichte auseinandergesetzt. «Vermutlich wurde bereits ein Jahr nach dem Sieg über die Habsburger, im Jahre 1389, die Erinnerung an die erfolgreiche Schlacht im Land Glarus gefeiert und der Gefallenen in einem Gedenkgottesdienst gedacht», erklärt er. «Somit wird dieser Tag seit 1389 bei uns ununterbrochen gefeiert – auch die Helvetik brachte keinen Abbruch.» Dass es nach der Reformation zu Unstimmigkeiten rund um den Gedenktag kam, hatte mit der erwähnten Prozessionsstatue zu tun, weiss Schwitter. Diskussionen um Prozessionsstatue «Die Ausgestaltung mit Prozession, Gedenkgottesdienst und politischer Ansprache entwuchs der kirchlichen Jahrzeitfeier, erzählt er. «Vor der Reformation war die Teilnahme für alle Männer obligatorisch. Im 17. Jahrhundert kam es aber zu Spannungen, weil die Altgläubigen – also die Katholiken – die Offen für alle: Auch wenn es in der Geschichte der «Fahrt» ab und zu Spannungen gab, heute wird der Tag wie in den ersten Jahren von allen gemeinsam begangen, Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden neu geschaffene Reliquiarstatue des Landespatrons mittrugen.» Dies sei für die Reformierten eine ungeheure Provokation gewesen, die Fahrt zu einer «götzedienerischen» Feier verkommen. Der Ärger über diese Reliquiarstatue war so gross, dass die Reformierten der «Fahrt» zwischen 1655 und 1835 fern blieben und den Tag in ihrer Kirche als Danktag begingen. «1835 beschloss die Landsgemeinde jedoch per Gesetz, dass die ‘Fahrt’ von Reformierten und Katholiken wieder gemeinsam gefeiert werden solle – wie vor der Trennung». so Schwitter. «Das passte dann aber dem Bischof von Chur nicht, und es kam erneut zu erheblichen Spannungen», erzählt Schwitter. Die Gedenkfeier, an der jeweils mehrere Hundert Personen teilnehmen, war und ist seit diesem Landsgemeindebeschluss staatlich geregelt. Die Näfelser Fahrt ist ein kantonaler Feiertag, gefüllt mit weltlichem Zug, frommer Prozession, politischer Ansprache, christlicher Predigt, heiterer Musik, dröhnendem Trommelwirbel, lobendem Gesang, festlichem Gedenkgottesdienst sowie fröhlichem Markttreiben und Beisammensein. «Für mich ist das Glarnerland und die ‘Fahrt’ wie ein verkleinertes Abbild der Schweiz», erklärt Schwitter. «Wir haben im Glarnerland Alpwirtschaft und Industrie, verschiedene Mundarten und Konfessionen, aber immer wurde ein Weg gefunden, gemeinsam vorwärtszugehen. Auch bei der ‘Fahrt’ wurde trotz aller Unterschiede und Spannungen ein Weg gefunden, dass alle dabei sein können.» Die «Fahrt» sei ein sehr offener Anlass, was ihn sehr freue, beschreibt Schwitter das jahrhundertealte Fest. «Jeder und jede kann mitlaufen.» In der ganzen Schweiz werden Volksbräuche gepflegt. Das BT blickt dieses Jahr über die Kantonsgrenzen hinaus und berichtet monatlich über einen Schweizer Brauch und seinen Hintergrund. Heute erscheint der vierte Teil. einem Farbtopf gebadet hat, gleichen sich die vermummten Skifahrer auf sonderbare Art und Weise. Da gibt es keine Haar- oder Augen- Bündner Tagblatt vom 10.4.2015, Seite 2.pdf B R I E F E Zur Ehrung von Luzius Hassler, den Islamischen Staat und «Vorteil Schweiz» e Verdienste für ner Chorwesen el «Zum Abschied ein musikalizurück» im BT vom 7. April 2015. m Interesse durfte ich den BeChristian Albrecht lesen, dessen denkwürdige Konzert in Savoge, mit welchem der Chor viril nen Dirigenten Luzius Hassler edete. Besondere Freude vere Tatsache zu bereiten, dass mit nzert dem Dirigenten und sein Verdiensten um das Bündner n die adäquate Würdigung und zung zuteil wurde!» GRAZIOLI, CHUR rangriff der IS r kontrolliert wen? Wer immer bt, der IS sei eine technisch ickelte Horde, hat sich geie lange will Europa noch zuseie Infiltration immer schneller t. Spätestens jetzt müsste allen ass sie uns mit unseren eigenen hlagen wollen und werden. Der n ist an sich schon ein Pulvererisch), das man nicht aus den ieren darf. Was der IS ins Rollen at, ist kaum mehr zu unterbinwir laufen Gefahr, durch die ng der Medien und Kommuni- kationsgeräte eine Welle des Kontrollverlustes in unermesslicher Dimension zu erleben. Man weiss, diese schrecken vor nichts zurück. Denken wir an alle Stromkraftwerke, Atomkraftwerke, Verkehr, und und … Schweiz, wappne dich, denn sie werden dich nicht verschonen. ▸ ARMIN BRÜSCH, THUSIS Richtigstellungen zu Othmar Caviezel, Tomils Zum Artikel «Der Safranbauer, Baumeister und Legendenschreiber aus Tomils» im BT vom 16. Januar 2015. Zu verschiedenen Aussagen im Artikel wie der angeblichen «Rufmordkampagne», dem «Verhältnis mit einer Kirchgemeindepräsidentin», der Aussage, «seine Frau sei ihm davongelaufen» sowie «Konkurs seines Baugeschäfts» bedarf es Richtigstellungen. Othmar Caviezel wurde als Kirchgemeindepräsident von Tomils nicht wiedergewählt, da das Verhältnis mit einer Kirchgemeindepräsidentin aus der Gegend an der Versammlung öffentlich thematisiert wurde. Es handelte sich also nicht um eine «Rufmordkampagne», wie Othmar Caviezel im «Bündner Tagblatt» darstellte. Er selbst verbreitete daraufhin im Tal, «seine Frau leide an Depressio- nen», was aber ärztlich nie bestätigt wurde. Othmar Caviezel verschwand daraufhin plötzlich, niemand kannte seinen Aufenthaltsort. Nach Aufenthalten in Deutschland in einem Kloster und in Churwalden, wo er Religionsuntericht gab, kehrte er nach einem halben Jahr wieder ins Domleschg zurück. Nicht die Tomilser Einwohner sind an der Pleite seines Bauunternehmens schuld, noch ist ihm seine Frau einfach davongelaufen. Gerecht wäre, wenn er zu seinen Fehlern stehen könnte. ▸ ROSA SCHWITTER, FÜRSTENAUBRUCK «Vorteil Schweiz» Ausgezeichnet, dass jetzt das europapolitische Vakuum hierzulande gefüllt werden soll und Mäzene im neuen Verein «Vorteil Schweiz» mit Engagement und viel Geld eingreifen wollen. Eine proeuropäische Kampagne ist dringend nötig. Hoffentlich weckt sie auch unsere kleinlauten, zögerlichen Politiker. Klar, im Vordergrund steht die Erhaltung der Bilateralen. Aber die Europäische Union ist mehr, ein Friedensgarant und eine Stimme in der Weltpolitik. Die Schweiz ist gefordert. ▸ MARTIN A. LIECHTI, MAUR ZH Leserbriefe sind beim BT willkommen. Mail an: [email protected] Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden als auf der Skipiste. Denn w normalen Leben die Kleidung Menschen und dessen Stellu der Gesellschaft konstituiert, IMPRESSUM Herausgeberin: Somedia (Süd Verleger: Hanspeter Lebrumen Redaktionsleitung: Larissa M (Stv. Chefredaktor, nw), Luzi Bür Redaktion: Sarah Blumer (Beila daktion Surselva, de), Denise Ern Flurina Maurer (fm), Nadja Maur Nold (nol), Cornelius Raeber (Bei sort Kultur, jul), Thomas Spinas ( Redaktion Sport: René Weber Kristian Kapp (kk), Johannes Ka Sigel (js). Bildredaktion: Marco Hartman Theo Gstöhl (thg), Olivia Item (oi Redaktionelle Mitarbeiter: J Redaktionsadressen: Bündne Telefon 081 255 50 50, E-Mail: red Verlag: Somedia, Sommeraustr E-Mail: verlag@ somedia.ch. Kundenservice/Abo: Somedia Tel. 0844 226 226, E-Mail: abo@s Inserate: Somedia Promotion, S Telefon 081 255 58 58, E-Mail: ins Verbreitete Auflage (Südostsc verkaufte Auflage 78 482 Exempl Reichweite: 167 000 Leser (MA Erscheint sechsmal wöchentlich Abopreise unter: www.buend Bekanntgabe von namhaften Beteiligungen Südostschweiz Emotion AG, Somedia Distribut Die irgendwie geartete Verwertung von in diese durch Einspeisung in einen Online-Dienst, durc dia. en im er eit einer det, . Minihülern S) im (YES) er ein . Das , Drin Antöm daellen. somit . «Die schied Briee von heidet h. oduk», sagt Schükauft. lecht, ooXen en die wenn Seite 24.pdf B Ü N D N Bündner E R Tagblatt L EvomT10.4.2015, ZTE Fre i t a g , 1 0. A p r i l 2 0 1 5 KOPF DER WOCHE Der Hüter der Feldiser Dorfgeschichte Vor Kurzem feierte Plasch Barandun seinen 90. Geburtstag. Der gebürtige Feldiser hat im Laufe seines Lebens etliche Bücher herausgegeben, betreibt ein Museum und wünscht sich mehr Bescheidenheit von der Gesellschaft. P erklärungen. So präzis, wie es sonst kaum der Fall ist. Seine wirkliche Leidenschaft gilt aber der Geschichte. Schnell kommt er auf Rhäzüns zu sprechen. Jahrelang mussten die Feldiser einen unwegsamen Pfad unter die Füsse nehmen, um dort zur Kirche zu gehen. Auf die Kirche St. Hippolytus, die nach einem griechischen Heiligen benannt wurde. Und auf den Krieg zwischen den Österreichern und Napoleon, dessen Truppen sogar nach Veulden fanden und brandschatzten. All dieses Wissen schüttelt Barandun sprichwörtlich aus dem Ärmel, erzählt die Ereignisse so, als ob er selbst dabei gewesen wäre. ▸ VIRGINIA RITTER Plasch Barandun will eigentlich nicht über sich reden. Was habe er schon geleistet, fragt er – und stellt lieber selber Fragen. Von seinen Gästen könne man vieles lernen, da sei es wichtig, dass man viele Fragen stelle. Seit Generationen lebt seine Familie in Veulden, wie Feldis auch genannt wird. Seit Generationen bewirtschaftet sie als Bauern die steilen Hänge und Wiesen. Als es für den jungen Plasch Barandun an der Zeit war, einen Beruf zu wählen, entschied er sich zuerst anders – und arbeitete, gegen den Wunsch seiner Eltern, auf dem Postamt. «45 Jahre lang war ich als Postbeamte tätig», sagt Barandun. Erinnerung an die Geschichte Vom Ochsen zur Maschine Später übernahm Plasch Barandun den elterlichen Hof, für ihn eine Tätigkeit, der er mit Herz und Seele nachging. Hautnah habe er damals die Entwicklung in der Landwirtschaft miterleben können, von dem Zeitpunkt an, als Pferde die Ochsen als Zug- und Lasttiere ablösten bis hin zu dem Moment, als die Maschinen in der Landwirtschaft Einzug hielten. Diese Entwicklung, bedauert Barandun, sei jedoch nicht immer von Vorteil. «Die heutige Gesellschaft ist eine schnelllebige, eine Konsumgesellschaft.» Früher sei alles wiederverwendet worden, ein kaputter Schnürsenkel sei ersetzt worden, genauso wie eine fehlende Zinke im Heurechen. «Ich würde mir wünschen, dass die Leute wie- Will lieber von der Feldiser Historie sprechen als von sich selbst: Plasch Barandun, Historiker, Künstler und Buchautor. (FOTO OLIVIA ITEM) Die Liebe zur Geschichte, zur eigenen Vergangenheit, sie zeigt sich in all seinen Erzählungen. Und auch in seinem Museum Sontg Hippolytus. Aber auch das Museum, mit seinen zahlreichen Ausstellungstücken sei nicht sein Verdienst, insistiert Barandun. «Die Dinge waren ja bereits hier, danken sollte man unseren Vorfahren, die sie uns hinterlassen haben.» Trotzdem beeindruckt die Sorgfalt, mit der Plasch Barandun die Alltagsgegenstände aus vergangener Zeit in den oberen Stockwerken seines Hauses aufbewahrt. Beeindruckend sind auch die präzisen Zeichnungen sämtlicher Feldiser Ställe, die er angefertigt hat. «Jeder einzelne Stall in Veulden», sagt er auf Romanisch, seiner Muttersprache. Eine immense Arbeit, die dahinter steckt – Lob will Barandun dafür keines. Nur etwas wünscht er sich: «Die Geschichte soll weiterleben. Es ist wichtig, dass die Menschen ihre Vergangenheit kennen.» der etwas bescheidener leben. Früher war man zwar arm, aber man war zufrieden mit dem, was man hatte.» Heute strebten die Menschen nach mehr, immer mehr, und seien trotzdem nicht glücklich. Dass Plasch Barandun sein Dorf am Herzen liegt, ist bereits erkennbar, wenn man in Feldis einfährt. Wohl jedes Haus trägt seine Schrift. In seinem langen Leben hat er sich ein beachtliches Kalligrafie-Wissen angeeignet. Heute sind nicht nur die Feldiser Häuser mit seinen Werken verziert, im ganzen Kanton hat Barandun seine Handschrift hinterlassen. Plasch Barandun: ein Tausendsassa. Zig Bücher hat er geschrieben, nicht nur über die Häuserinschriften, sondern auch über Flurnamen und über Feldis. Eines seiner Bücher enthält sämtliche Flurnamen seines Heimatdorfes – mit den dazugehörenden Namens- Landquart Viel Sonne und frühlingshafte Temperaturen Museumsbesichtigung auf Anfrage: 081 655 10 66 WETTER Aussichten heute Temperaturen: Nachmittag/Morgen früh Ilanz 22°/13° Disentis 15°/8° 22°/13° 22°/13° 15°/8° Davos 12°/3° Aussichten heute Freitag Pressespiegel Das wetterbestimmende Hoch14°/3° Zernez druckgebiet zieht langsam gegen Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 12°/3° 22°/13° Thusis Splügen Scuol Chur Arosa St. Moritz 12°/3° 14°/3° Sta. Maria Osten ab. Zum Wochenende streift eine schwache Störung die Schweiz. Sonniges und mildes Frühlingswet- Prognosen für die nächsten Tage Am Samstagmorgen zieht eine schwache Störung über die Schweiz. Es bleibt in der Südostschweiz weitgehend trocken. Mit wechselnder Bewölkung herrscht tagsüber meist | Samstag, 4. April 2015 Südostschweiz vom 4.4.2015,Südostschweiz Seite 2.pdf «Die Frau galt schlicht nicht als vollwertig» N Konservativ-kirchliche Vorstellungen etwa der Rolle der Frau oder der Homosexualität hätten oft mit mangelndem Bewusstsein historischer Entwicklungen und kultureller Einflüsse zu tun, sagt Eva-Maria Faber, Rektorin der Theologischen Hochschule Chur. e h/ mit Eva-Maria Faber sprach Gion-Mattias Durband Bild Theo Gstöhl S m Strassen eitag Nerven aus Stahl. o-Route biete eine gute war einmal mehr auf A13 ab Chur Richtung olizei Graubünden erst auch Ausweichrouten uptstrasse durch Do- rleute befreiten die beimit Brechwerkzeugen. Lenker und die Beifahn des entgegenkommenAutos wurden leicht etzt. (so) dschaftsschutz en Valser Turm n allfällige Bewilligunzum Valser Turmprozieht die Stiftung Landftsschutz Schweiz tliche Schritte in Erwäg. Man erachte das Voren der 7132 AG als ht bewilligbar», schreibt ungs-Geschäftsleiter mund Rodewald in m Brief an die Gemeinals, der auch an die Megeschickt wurde. Der ntourismus und im iellen der Tourismus in brauche «alles andere Hochhäuser und unnütürme». Die Stiftung rde es begrüssen, wenn Gemeinde den Mut aufgt, zu einem solchen exzess frühzeitig klar zu sagen.» ( jfp) eit gut zwei Jahren ist Papst Franziskus im Amt. Progressive Kirchenkräfte haben sich von dem neuen Pontifikat viel erwartet – und wohl auch mit rascheren Veränderungen gerechnet. Im Gespräch erklärt Eva-Maria Faber, wieso sich Papst Franziskus zu konkreten Fragestellungen zurückhält – und wieso sie das für klug hält. Frau Faber, mit dem Ende dieses Frühlingssemesters geben Sie das Rektorat der Theologischen Hochschule Chur an Nachfolger Christian Cebulj ab. Sieben Jahre zuvor haben Sie als erste Frau dieses Amt übernommen. Die Stellung der Frau in der Katholischen Kirche ist seit jeher ein Streitpunkt. Wie haben Sie das Thema während Ihrer theologischen Laufbahn erlebt? EVA-MARIA FABER: Negative Erfahrungen im Sinne einer Ausgrenzung habe ich nicht viele gemacht. Allerdings wurde ich erst im Laufe der Zeit aufmerksamer auf die Frage der Stellung der Frau. So habe ich nie selbst bei einer Professorin studiert – und hatte somit auch kein Vorbild mit Blick auf meine spätere Tätigkeit. An der Universität Freiburg im Breisgau war ich die erste Frau, die sich in Theologie habilitierte. Da wird es einem schon etwas unheimlich. Was hat sich da seit Ihrem Studium geändert? Oder: Wo steht die Kirche heute in der Frauenfrage? In akademischen Bereichen sind Frauen nun selbstverständlicher, in anderen weniger. Höhere Leitungsfunktio- nen in der Kirche setzen die Ordination – die Priester- oder Bischofsweihe – voraus, die nach katholischem Verständnis Frauen immer noch verwehrt ist. Auch Papst Franziskus zeigte sich bekümmert darüber, dass Frauen im kirchlichen Leben eine grosse Rolle spielen, jedoch am Rande stehen, sobald es um Verantwortung in leitender Funktion geht. Dies ist gemäss Franziskus zu ändern. Die Frage ist nur, wie sich diese Absicht unter den gegebenen Bedingungen realisieren lässt und aus den schönen Worten Fakten werden. Wie sind Sie der Frauenrolle als Theologin begegnet? Ich bin dem Thema zu Beginn manchmal ausgewichen, weil mich die Beschäftigung damit bedrückt hat. Bei der Arbeit an einem Artikel über die Frau in der Theologiegeschichte habe ich dann untersucht, was Theologen aus allen Jahrhunderten zum weiblichen Geschlecht schrieben. Und ich erschrak ob dieser – ich will nicht gleich sagen Verachtung – Minderschätzung der Frau: Sie wurde schlicht nicht als vollwertiger Mensch betrachtet. Das «Wir sind als Kirche immer kulturell geprägt worden – und das muss auch heute gelten.» zeigt sich etwa in der Gott-Ebenbildlichkeit der Frau: Wenn die Bibel das auch nicht so festhält, wird sie doch so ausgelegt, dass Adam direkt nach dem Vorbild Gottes geschaffen wurde, währenddessen Eva – aus einer Rippe Adams geformt – nur in abgeleiteter Form Gott ebenbildlich ist. Woher kommt diese Geringschätzung der Frau in der Kirche? Das sind Auslegungsfragen. Der Bibel nach hatte Jesus einen für jene Zeit sehr unbefangenen Umgang mit Frauen. Zudem dürften in frühchristlichen Zeiten, als man sich in kleinen Kreisen in Wohnhäusern traf, meist Frauen die Einladenden gewesen sein. Bei Paulus ist dann aber zu lesen, Frauen sollten während des Gottesdienstes schweigen – wobei man sich fragen kann, ob dies nicht ein nachträglicher Einschub ist. Generell spielen kulturelle Einflüsse eine wichtige Rolle: Wenn die Frauen in der Gesellschaft keinen Platz haben, dann wirkt sich das auf das Frauenbild in der Religion aus. Nun hat sich das Frauenbild in unserer Gesellschaft seither aber weiterentwickelt. In einer Gesellschaft, in der Frauen zumindest rechtlich gleichgestellt sind, muss sich die Kirche fragen, wie sich dies im Geschlechterverhältnis der Kirche niederschlagen soll. Wir sind als Kirche immer kulturell geprägt worden – und das muss auch heute gelten. Auch Homosexualität wird in der heutigen Gesellschaft in einem anderen Licht gesehen als noch vor 100 Jahren. Aber auch hier tut sich die Kirche schwer. Woher rührt dies? Ruchs Rubrik Ostern mit Oskar Christian Ruch fühlt sich skandinavisch Ursprungs. Das prognostizierte Osterwetter für uns Mitteleuropäer präsentiert sich allerdings noch garstiger als für Skandinavier. Temperaturmässig bewegen wir uns alle ungefähr auf Polarkreisniveau, aber wenigstens dürfen sich die Leute in so traurigen Käffern wie dem ostfinnischen Outokumpukau- egal ob uns das nun passt oder nicht – was Tiefdrucksysteme immer wieder eindrucksvoll unter Beweis stellen. Übrigens bin ich heilfroh, dass der Orkan Niklas und nicht Christoph hiess. Denn die Schlagzeile «Christoph hinterlässt eine Spur der Verwüstung» hätte SVP-Anhänger nur unnötig düpiert. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden orgestern berichtete die Pendler-Postille «20 Minuten», es Südostschweiz vom 4.4.2015, Seite 24.pdf 24 LEBEN Südostschweiz | Samstag, 4. April 2015 Spaniens aussergewöhnliches Osterfest Während der «Semana Santa», der Heiligen Woche vor Ostern, treffen sich in Städten und Dörfern von Andalusien tausende von Menschen, um mit schweren Heiligenfiguren und viel Musik durch die Gassen zu prozessieren. S von Roland P. Poschung emana Santa: In diesen eindrücklichen Prozessionen werden die Bruderschaften von Musikgruppen und Trommlern begleitet sowie von den Einheimischen wie auch von zahlreichen Touristen bestaunt. Die eindringliche Melodie klingt eintönig, und doch entsteht eine ehrfürchtige Stimmung. chen Treiben zu schauen darf. Zur Überraschung, zwischendurch werden dabei feine salzige oder süsse Tapas sowie der typische Osterwein, Bodegas Jesus Nazareno, im Geschmack erinnert dieser Wein an Sherry gemischt mit Weisswein, aufgetischt und serviert. Schnelle Hilfe für Verirrte Und wenn man sich in den hügeligen Ortschaften und Gassen verläuft, so sind bald hilfsbereite Einheimische zur Seite, die wieder den Anschluss an die Touristengruppe organisieren: Mit dem Privatauto zu gewünschten Orten fahren oder die Verirrten individuell bis zur Reiseleiterin durch die verwinkelten Gassen begleiten. Man zögert beim Fehlen von verloren geglaubten Gästen seitens der Tourismusorganisationen auch nicht die Polizei und den Zivilschutz aufzubieten, um die vermissten Personen schnell wieder zu finden. Wir staunen, sind dankbar und finden die Zuwendungen absolut liebenswürdig. Nur kein Geld Trinkgeld zu geben, wäre für diese wohlwollenden Einheimischen eine Beleidigung, sie haben es von Herzen gerne gemacht: «Die Begleitung der Vermissten zurück zu ihrer Reisegruppe war für uns wie ein Abendspaziergang durch unsere Ortschaft. Und wir haben dabei nette Leute kennengelernt», sagt das einheimische ältere Ehepaar lachend. Die Thronfiguren sind beliebte Fotosujets, wenn aber die «Semana Santa»-Prozession zu Ende ist, ist das Fotografieren beispielsweise bei der heiligen Mutter Maria, bei deren Entkleidung, verboten. Die wichtige, religiöse und ethische Haltung und die Erinnerung an das prächtige Erscheinungsbild sind dadurch gewährleistet. Traditionelle Prozessionen «Im ersten Augenblick wirken die Männer, und übrigens immer mehr auch Frauen, mit ihren langen Spitzhüten und Tüchern, die ihr Gesicht bedecken, unheimlich», meint die Reiseleiterin Estela Gonzalez. «Sie wirken dabei als Büsser wie Mitglieder des Ku-KluxKlans. Die Büsser tragen diese Masken und Hüte seit dem 14. Jahrhundert, damals hatte der Papst öffentliche Selbstzüchtigungen verboten» erklärt Gonzales weiter. Weil es damals in Spanien jedoch dazugehörte, sich in der Karwoche Schmerzen zuzufügen, zogen die Büsser die Haube mit dem Gesichtsschutz über, um nicht erkannt zu werden. «Venga! Auf geht’s!» rufen sich die Männer zu. In Baena spielen über 3500 Trommler an der Hermandad. Reisetipps Mit dem Flugzeug: Die beiden internationalen Flughäfen von Malaga und Sevilla werden von den meisten Fluggesellschaften direkt angeflogen. Mit dem Zug: Sehr gut ausgebaut ist zudem das Eisenbahnnetz: Der Hochgeschwindigkeitszug AVE verbindet regelmässig die Städte Madrid und Sevilla. Mit dem Auto: Andalusien besitzt ein gut ausgebautes Strassennetz mit Schnellstrassen und Autobahnen. Bruderschaften geben Kraft Bei den Häusern haben sich inzwischen die Touristenscharen im murmelnd lauten Gassengewirr eingereiht. «Besuche bei den Bruderschaften sind durch gute Kontakte möglich, dabei erlebt man bei ihnen einen intensiven Zusammenhalt, wo man sich freudig vor dem Ereignis umarmt, sich verpflegt, gemeinsam betet und motiviert, um danach die schwere Last der Thronfiguren über weite Strecken zu tragen. Schon in jungen Jahren nehmen Väter ihre Buben mit und führen sie so Jahr für Jahr in diese Prozessionen und Traditionen ein», sagt Encarnacion Giraldez, die Mitarbeiterin bei Caminos de Pasion. Für Spaniens Tourismus bilden die regionalen Prozessionen einen wichtigen Teil im touristischen Leben und frühlingshaften Programm. Die wirklich sehr herzliche und unkomplizierte Gastfreundschaft ermöglicht manchmal auch Besuche in den Häusern von Einheimischen, wo man vom Balkon aus dem symbolhaften und besinnli- Nützliche Links zu Andalusien: www.spain.ch www.andalucia.org/de www.juntadeandalucia.es www.turismodepriego.com Die Karwoche in Andalusien: Eine Woche lang wird in jeder Stadt und in jedem Dorf dem Leiden Christi und der Mutter Gottes mit viel Bilder Roland P. Poschung Musik und eindrücklichen Prozessionen gedacht. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Insider-Tipp: Brigitte und Roger Schläpfer sind mit ihren Kindern vor wenigen Jahren von Wil SG nach Montoro ausgewandert. Ihr gepflegtes Guesthouse mit Swimmingpool ist der ideale Ausgangsort um Andalusien und die Prozessionen während der Karwoche kennenzulernen. Mehr Informationen dazu unter www.olivetum-colina.ch. Südostschweiz | Samstag, 4. April 2015 Es gibt biblische Stellen, die den Eindruck erwecken, als würde Homosexualität schlechthin verurteilt. Bei näherem Hinsehen ist das nicht so gegeben, wenn der Kontext berücksichtigt wird. Zum Beispiel die Geschichte zu Sodom: Zwei Engel in Männergestalt sollen in Gottes Auftrag prüfen, ob die Stadt tatsächlich der Sünde anheimgefallen sei. Als sie von Abrahams Neffe Lot als Gäste aufgenommen werden, fordern die Einwohner Sodoms von Lot die Aushändigung der Gäste, um mit ihnen sexuell zu verkehren. Diese Geschichte wurde jahrhundertelang als eine Verurteilung der Homosexualität gelesen; tatsächlich geht es aber um die Verletzung des Gastrechts und Fremdenfeindlichkeit. Interessanterweise ist im Übrigen meist nur von gleichgeschlechtlicher Liebe zwischen Männern die Rede. Darin spiegelt sich die Einstellung wieder, dass bei der Homosexualität ein Mann die Rolle der Frau übernehme – und dass das nicht gehe. Wegen der angenommenen Ungleichheit der Geschlechter? Ja. Mann darf doch nicht die Rolle der Frau übernehmen. Hinzu kommt die Frage, inwiefern man sich in den verschiedenen Epochen bewusst war, dass es Menschen mit einer dauerhaft «Wir Theologen forschen und schreiben zwar vor uns hin, aber wir haben eigentlich keine Bedeutung mehr.» homosexuellen Veranlagung gibt, es sich also nicht um Heterosexuelle handelt, die spielerisch homosexuell aktiv werden. So wurde bei der Verurteilung homosexueller Handlungen wohl eher an Heterosexuelle gedacht. Andererseits wurde Homosexualität lange als Krankheit gesehen. Heute wird auf Kirchenseite eingestanden, dass wir das Phänomen noch nicht ganz durchschauen. In dieser Hinsicht folgt man humanwissenschaftlichen Erkenntnissen, denen zufolge es sich nicht um eine therapierbare Krankheit oder eine willkürliche Entscheidung handelt, sondern um eine bleibende Veranlagung. Und diese Einsicht hat sich in der Kirche durchgesetzt? Ja. Aber als Theologen müssen wir auf die Unstimmigkeit hinweisen, dass sich die theoretische Einordnung der Homosexualität geändert hat – aber immer noch die alte praktische Konsequenz gezogen wird, dass die Ausübung dieser Veranlagung nicht sein darf. Dass hier auch noch offene Fragen sind, sehen wir im zivilrechtlichen Bereich wie auch in anderen Kirchen. Doch mit dem Theologen und Kardinal Yves Congar gespro- Südostschweiz vom 4.4.2015, Seite 3.pdf chen: Man kann Lösungen verurteilen – nicht aber die Probleme. Die theologische Debatte findet statt. Aber inwiefern besteht eine Wechselwirkung zwischen dieser theologischen Forschung und der kirchlichen Position zu einzelnen Fragen? Wie findet diese statt? Hier sprechen Sie einen wunden Punkt an. Noch auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil hatte jeder Bischof einen theologischen Berater, und es gab offizielle Konzilsberater. Nach dem Konzil hat die Theologie permanent an Bedeutung verloren. Wir forschen und schreiben zwar vor uns hin, aber wir haben eigentlich keine Bedeutung mehr. Die strukturelle Verbindung zwischen Theologie und Kirchenlehre ist verkümmert. Es gibt wohl Kommissionen – hierzulande etwa eine theologische Kommission für die Bischofskonferenz. Die Theologie sollte so in kirchenamtliche Texte einfliessen – so die Absicht. Aber oft fragt man sich im Nachhinein: Wo sind die Theologen gewesen? Für Überraschungen sorgte vor zwei Jahren erst der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. – ein historisches Novum – und die anschliessende Wahl Jorge Bergoglios als dessen Nachfolger. Eine Wahl, die unter progressiven Kirchenangehörigen mit vielen Hoffnungen verbunden war. Was macht das neue Pontifikat für Sie aus? Es ist ein anderer Stil, eine Abkehr von Pomp und Äusserlichkeiten, die ich begrüsse. Und was die Reformen angeht: Wichtig ist nicht, dass ein Papst kommt und verkündet: «Ich mache alles anders.» Wichtig ist, dass sich die Art, wie wir in dieser Kirche zu Entscheidungen kommen, verändert. Und da hat Franziskus durchaus etwas eingeleitet. Das zeigt sich etwa darin, dass Franziskus den beiden Synoden 2014 und 2015 eine Umfrage unter Gläubigen ohne kirchliche Ämter vorangehen liess. Das ist ein neuer Stil. Man möchte echte Beratungsprozesse und nicht von oben herab entscheiden. Aber wir kennen es aus der Schweiz: Wenn sich mehr Menschen an Entscheidungen beteiligen, dauern die Prozesse länger. Ich hoffe aber schon, dass er den Mut hat, diesen Beratungsprozessen auch konkrete Schritte folgen zu lassen. Da haben wir nun einen Papst, der die Kirche öffnen will und eine Debatte wünscht in einer Institution, die auf eine lange Tradition von strikter Hierarchie und von oben gefällten Entscheiden zurückblickt. Statt Anweisungen zu geben, sagt das Kirchenoberhaupt nun: Macht selbst. Und unten macht sich Ratlosigkeit breit. Genau so ist es. Man ändert seine Gewohnheiten nicht so schnell. Und unter Amtsträgern hat man sich daran gewöhnt, das zu tun, was von oben gesagt wurde – auch mit Blick auf die eigenen Aufstiegschancen. Eben diesen Karrieregeist hat Franziskus kritisiert. Man hat in der Kirche vergessen, was freie Rede bedeutet. Und dieser Papst fordert uns nun auf zu sagen, «Man hat in der Kirche vergessen, was freie Rede bedeutet. Und dieser Papst fordert uns nun auf zu sagen, was wir denken.» was wir denken. Und das trägt erstaunliche Früchte, etwa Bischöfe, die plötzlich die freie Rede für sich entdecken. Anderen gefällt das natürlich weniger. Parallel dazu scheint der Konservativismus in hiesigen Kirchenkreisen auch in jüngster Zeit im Aufwind zu sein. Oder ist das nur ein medial vermittelter Eindruck? Von aussen wird die strikt traditionelle Seite wohl stärker wahrgenommen, als sie in Wahrheit ist, weil sie sich medial stark darstellt – und Medien eine Vorliebe für polarisierende Positionen haben. Das grosse Mittelfeld von Menschen, die weder radikale Veränderungen noch strengen Konservatismus suchen, wird aber kaum wahrgenommen. Zudem haben die Kirchen in unseren Breitenkreisen enorm an Einfluss verloren: Die Zahl der kirchlich praktizierenden Menschen ist zurückgegangen. Die Christen werden zur Minderheit – und Minderheiten neigen dazu, ihre Identität schärfer zu profilieren. Das Bild einer Kirche, in der klar ist, dass wir in der Geschichte und einer sich verändernden Gesellschaft leben und Positionen immer wieder neu überprüfen müssen, wird in diesen Kreisen nicht gern gesehen. Ein Papst, der nachfragt und Entscheidungsbefugnisse nach unten weiterreicht, gibt auch Macht aus der Hand – und schwächt die Stellung Roms in der Kirche. Da ist Widerstand vorprogrammiert. Dieses Phänomen war bereits während des Zweiten Vatikanischen Konzils zu beobachten: Die grösste Verteidigerin der päpstlichen Vorrangstellung ist die römische Kurie – weil sie an dieser Macht partizipiert. Andererseits sind nun erstaunliche Entwicklungen zu beobachten. Gewisse Kreise, die bisher stets Papsttreue bis zum Letzten beschworen, zeigen sich nun von einer neuen Seite: etwa der amerikanische Kardinal Leo Burke, der den ganzen Synodenprozess dezidiert ablehnt und Widerstand in Aussicht stellte, sollte der Papst einen neuen Kurs einschlagen. Auch wenn er sich zu vielen umstrittenen Themen äussert: Klare Stellungnahmen zu konkreten Fragen wie dem Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen in der Kirche lässt Franziskus vermissen. In der Folge bemühen sich Konservative wie Progressive, ihn als einen der Ihren darzustellen. REGION Wenn es um wichtige Fragen geht, müssen wir uns um eine sorgsame Beratung bemühen. Da finde ich es klug, dass der Papst sich zurückhält und nicht von Anfang an eine klare Position bezieht. Wie die Katholische Kirche gestrickt ist, würden sich viele mit einem «Ja, so denke ich auch» zufriedengeben – an eine wirkliche Debatte wäre dann nicht mehr zu denken. Dieser Papst will, dass man auch ihn kritisieren kann. Daher ist es müssig, sich auf die angebliche päpstliche Haltung zu berufen. Bei vielen, die sich von Franziskus’ Pontifikat einen raschen Wandel erwartet haben, ist heute eine gewisse Ernüchterung spürbar. Gewisse Leute empfinden das als mühsam und finden, jetzt müssten doch endlich etwa in Sachen Wiederverheiratete konkrete Schritte gemacht werden. Wenn es auch manchen zu langsam gehen mag: Vielleicht ist die Veränderung der Gesprächskultur wichtiger, als dass bei diesem oder jenem Punkt schnelle Entscheidungen getroffen werden. Aber natürlich müssen irgendwann einmal auch Entscheidungen gefällt werden. Franziskus will eine Kirche, die zu den «Rändern» hinausgeht, fordert, den Menschen ins Zentrum zu stellen. Sind ihm die einzelnen Regeln demgegenüber zweitrangig? Franziskus lenkt den Blick fortwährend weg von Strukturen und Sätzen und hin zur Lebenswirklichkeit der Menschen. Nach meinem Dafürhalten ist das nicht nur eine Stilfrage, sondern etwas, was das Leben der Kirche verändern wird. Tatsächlich herrscht derzeit eine Fixierung auf Sätze, als könne man den Glauben sauber in bestimmte Formulierungen verpacken. Nicht, dass dem Papst Regeln unwichtig wären – aber das Leben der Menschen ist ihm viel wichtiger. Und Franziskus weiss, dass das Leben komplizierter ist, als Regeln sein können. Es geht ihm um die Würde des Menschen, darum, dass man den Menschen als Menschen respektieren muss, bevor Fragen über die Lebensführung gestellt werden. Eva-Maria Faber … … wurde 1964 in Osnabrück/Niedersachsen geboren. In den Achtzigerjahren studierte sie katholische Theologie in Münster, Toulouse und Freiburg im Breisgau, wo sie sich später als erste Frau in Theologie habilitierte. Ab Mitte der Neunzigerjahre war Faber als Dozentin tätig. 2000 folgte die Berufung als ordentliche Professorin für Dogmatik und Fundamentaltheologie an die Theologische Hochschule Chur (THC). 2007 wurde sie als erste Frau zur Rektorin der THC ernannt. Am 1. August übergibt sie das Amt an Christian Cebulj. Faber bleibt als Dozentin an der THC. Bild Marco Hartmann Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 3 Südostschweiz vom 5.4.2015, Seite 1.pdf Die Schweiz wird von Katholiken regiert Eine Auswertung zeigt, wie Kantonsregierungen konfessionell zusammengesetzt sind VON OTHMAR VON MATT W RDB/Sabine Wunderlin Abschiedsbrief an seine Frau, Kinder und Brüder geschrieben, ese nach seinem Tod entgegenen. «Seid nicht traurig», sei die haft in dem Brief. > SEITEN 16/17 er es in eine Kantonsregierung schafft, ist in den allermeisten Fällen Mitglied einer Landeskirche: Während in der Bevölkerung nur 64 Prozent katholisch oder reformiert sind, sind es in den Kantonsregierungen rund 90 Prozent. Dies zeigt eine Umfrage der «Schweiz am Sonntag». Daraus geht hervor, welcher Konfession die Regierungsräte angehören. 19 der befragten 26 Kantone haben Angaben gemacht. Demnach sind 63 Regierungsvertreter katholisch, 38 reformiert und nur acht konfessionslos. Auffällig ist die Dominanz der Katholiken. Selbst wenn man die Zahlen um jene sieben Kantone hochrechnet, die nicht mitmachten, bleibt eine deutliche katholische Mehrheit. Die Auswertung zeigt, dass katholische Kantone nach wie vor von soliden katholischen Mehrheiten in der Regierung geführt werden. Überraschungen ie Katastrophe überlebt m 6. April 1975 eine grosse Lawine Weiler Acla am Fusse des Lukrpasses zerstörte, war Antonia or aus Obersaxen im wahrsten des Wortes mittendrin. Zwischen ilen gefangen, erlebte sie die e Nacht ihres Lebens. Es war eine zwischen Bangen und Hoffen, wie ute, 40 Jahre danach, erzählt. AnTschuor überlebte die Katastrophe schwere Verletzungen. Weil ein tergestürzter Balken aber die fuhr abgeschnürt hatte, musste stellen die Kantone Aargau und St. Gallen dar. Der Aargau ist zwar ein religiös geteilter Kanton, aber in der fünfköpfigen Regierung dominieren die Katholiken mit vier Vertretern. Susanne Hochuli (Grüne) ist konfessionslos. In der St. Galler Bevölkerung gibt es deutlich mehr Katholiken als Reformierte, doch in der siebenköpfigen Regierung stellen die Reformierten vier Vertreter. Traditionell reformierte Kantone wie Bern und Zürich sind in der Regierung nach wie vor reformiert geprägt. In Bern sitzen mindestens vier Reformierte im Regierungsrat. Drei Mitglieder wollten nichts sagen. Im Kanton Zürich sind sechs von sieben Regierungsräten reformiert, Regine Aeppli (SP) ist konfessionslos. Damit bestimmt eine klare reformierte Mehrheit über einen Kanton, der nur noch eine knappe Mehrheit an Reformierten hat (31 Prozent Reformierte, 28 Prozent Katholiken). Dazu äussert sich Michel Müller, Kirchenratspräsident der Reformierten Kirche des Kantons Zürich, kritisch. > SEITEN 2/3 Tritt Britannien aus der EU aus? Die kommenden Wahlen in Grossbritannien sind auch eine Vorentscheidung über die Frage, ob das Land in der EU bleibt. Premierminister David Cameron hat angekündigt, im Fall einer Wiederwahl bis 2017 ein Referendum über den Ausstieg aus der Union abzuhalten. Pressespiegel Und Linke wie Rechte sind inzwischen der Überzeugung: Kommt es zur AbEvangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden stimmung, ist der «Brexit» wahrscheinlicher denn je. (AC) > SEITEN 10/ 11 70014 MEINUNGEN 15 Südostschweiz vom 5.4.2015, Seite 15.pdf | ORLANDOS WOCHENSCHAU KOLUMNE VON ALINE TREDE Veränderungsfreie Schweiz Warum nur hat die Schweiz so Angst vor Ver änderung, mehr als jedes andere Land? Warum bleibt die Veränderung immer kleiner als in anderen Ländern? Sei das in der Familien, Sicher heits, oder Aussenpolitik oder in gesellschafts politischen Fragen. Die Schweiz ist stabil und unbeweglich und oft hinkt das Gesetz der Realität hinterher. Muss politisch wirklich immer nur geerntet werden, muss immer nur nachvollzogen werden, was andere schon lange als Realität kennen? Ich finde, nein. Wir könnten auch mal vorausschauende Politik machen. nur? Hat die Hetzkampagne von rechts wirklich erreicht, dass wir die EU hassen? Es ist mir klar, dass ein EUBeitritt nicht mehrheitsfähig ist und das vielleicht auch nicht so schnell der Fall sein wird. Indem wir aber die EU verteufeln, bringen wir die Schweiz kein Schrittchen weiter. Beliebt ist die EU nur, wenn es ums billige Einkaufen geht. All jene, die zu Hause und am Stammtisch rufen: Nicht in die EU, niemals im Ausland ein kaufen, Schweiz stärken, Schweizer Produkte kaufen, Schweiz, Schweiz, Schweiz! Und am Wo chenende fahren sie über die Grenze und packen sich das Auto, welches ja auch importiert ist, voll mit Billigprodukten aus dem nahen Ausland. Beispiel Familienpolitik: Es gibt Patchworkfami lien, Einkindfamilien, Regenbogenfamilien, kin derlose Familien und vieles mehr. Aber das Gesetz Beispiel Umweltpolitik: Wir wissen alle, dass die Klimaveränderung voranschreitet. Und was tut kennt praktisch nur die traditionelle Familie. SUV, Offroader, Autos mit grossem Langsam, ganz langsam wurden Scheidungsrecht, die Schweiz?Pressespiegel CO2Ausstoss sind weiterhin Sorgerecht, Vorsorge etc. angepasst. Aber es gibt im Trend. Der CO2 Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden noch viel zu tun. Bereits heute gibt es gleichge Ausstoss der Autoflotte wird sich dieses Jahr nicht reduzieren, soweit meine Prognose. Es ist normal, schlechtliche Paare mit adoptierten Kindern, was in der Schweiz eigentlich gesetzlich nicht vorgese ein Wochenende nach London zum Shopping zu hen ist. Bereits heute gibt es Kindern mit mehr als jetten, es gehört zum guten Ton in die «Winterfe TWEETS DER WOCHE «Hier eine Liste von Frauen, die mit aufgespritzten Lippen besser aussehen als zuvor:» Goldvreneli (@froumeier) sucht noch nach passenden Beispielen. «Vielleicht lasse ich mir die sen Sommer kurze Hosen tätowieren.» Soll Petrus doch machen, was er will. Marc Tetrapak (@ MarcTetrapak) nimmt das Wetter selbst in die Hand. «Ist ja klar schneits an Ostern. Weshalb hätte sonst einer das Eierfärben erfinden sollen?» Peter Peyer (@pptrin) geht den Ursachen des Wetters auf den Grund. «Ohne Twitter und Face book, würde man mich vergessen?» Während alle über das Wetter reden, treiben C.M.E. Pinky (@Kari_Enna) wichtigere Fragen um. Südostschweiz vom 5.4.2015, Seite 15a.pdf TWEETS DER WOCHE gsfreie «Hier eine Liste von Frauen, die mit aufgespritzten Lippen besser aussehen als zuvor:» Goldvreneli (@froumeier) sucht noch nach passenden Beispielen. nur? Hat die Hetzkampagne von rechts wirklich erreicht, dass wir die EU hassen? Es ist mir klar, dass ein EUBeitritt nicht mehrheitsfähig ist und das vielleicht auch nicht so schnell der Fall sein wird. Indem wir aber die EU verteufeln, bringen wir die Schweiz kein Schrittchen weiter. Beliebt ist die EU nur, wenn es ums billige Einkaufen geht. All jene, die zu Hause und am Stammtisch rufen: Nicht in die EU, niemals im Ausland ein kaufen, Schweiz stärken, Schweizer Produkte kaufen, Schweiz, Schweiz, Schweiz! Und am Wo chenende fahren sie über die Grenze und packen sich das Auto, welches ja auch importiert ist, voll mit Billigprodukten aus dem nahen Ausland. Beispiel Umweltpolitik: Wir wissen alle, dass die Klimaveränderung voranschreitet. Und was tut die Schweiz? SUV, Offroader, Autos mit grossem CO2Ausstoss sind weiterhin im Trend. Der CO2 Ausstoss der Autoflotte wird sich dieses Jahr nicht reduzieren, soweit meine Prognose. Es ist normal, ein Wochenende nach London zum Shopping zu jetten, es gehört zum guten Ton in die «Winterfe rien» auf die Seychellen zu fliegen. Eine Auszeit in Thailand oder Afrika gehört einfach dazu. Über Umweltpolitik will nicht mehr geredet werden – bis zur nächsten Katastrophe. Wie bei spielsweise die AtomKatastrophe in Fukushima. Die war genau vor den Nationalratswahlen 2011. Damals haben sich über 100 PolitikerInnen, wel che heute im Parlament sitzen, für den Atomaus stieg bis 2034 ausgesprochen. Wie wir alle wissen, hatte dieser Antrag in der Wintersession 2014 im Parlament keine Chance mehr. Das heisst, über 50 Prozent der ParlamentarierInnen halten ihre Wahlversprechen nicht. Ist das dem Wahlvolk einfach so egal? Dass das Parlament der Realität hinterherhinkt und die PolitikerInnen in der Mehrheit nicht tun, was sie versprechen? Leider gehen viele progressive junge Menschen nicht an die Urne. Die Wahlbeteiligung bei den letzten kantonalen Wahlen vor einer Wo che in Luzern sank unter 40 Prozent. Liebe Leute, geht wählen am 18. Oktober 2015 – und zwar alle! *Aline Trede ist Umweltwissenschaftlerin ETH und Nationalrätin der Grünen Bern. Sie ist verheiratet, hat ein Kind und wohnt in Bern. «Vielleicht lasse ich mir die sen Sommer kurze Hosen tätowieren.» Soll Petrus doch machen, was er will. Marc Tetrapak (@ MarcTetrapak) nimmt das Wetter selbst in die Hand. «Ist ja klar schneits an Ostern. Weshalb hätte sonst einer das Eierfärben erfinden sollen?» Peter Peyer (@pptrin) geht den Ursachen des Wetters auf den Grund. «Ohne Twitter und Face book, würde man mich vergessen?» Während alle über das Wetter reden, treiben C.M.E. Pinky (@Kari_Enna) wichtigere Fragen um. «Ich fürchte, nicht ein ein ziger unserer Tweets wird 2050 zur Pflichtliteratur an Universitäten zählen» Grantscherm (@Grantscheam) über die Vergänglichkeit aller, wirklich aller Dinge. «Gott sagt, Tanzen ist erlaubt» Provokante These von Dingenskirchen (@hubertsrevier) zum Tanzverbot in der Karwoche. «Wenn mir langweilig ist an Tagen wie heute, mache ich bei @Migros mit beim beliebten Spiel 52 Kunden und ein Metzger» Markus Felber (@Frechgeist) über die kleinen Freuden, die ein Besuch beim Detaillisten mit sich bringen kann. «Frohe Ostern euch allen!» Fromme Wünsche gibt es selbst von den Toten Hosen (@dietotenhosen). Punk ist deswegen aber noch lange nicht tot. Nur etwas manierlicher. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden LETZTE MELDUNGEN ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● esserstecherei Pratteln Südostschweiz 5.4.2015, Seite 2.pdf 2 KIRCHE UND vom POLITIK | ATTELN BL Bei einer Messercherei sind in der Nacht auf freitag in Pratteln vier Jugende verletzt worden. Ein mutsslicher Täter konnte im Lauf Tages festgenommen werden, die Baselbieter Polizei gestern teilte. Es handelt sich um en 19-jährigen Schweizer, der Kanton Bern wohnhaft ist. Die einandersetzung ereignete h zwischen Mitternacht und hr auf einem Parkplatz an der nkendörferstrasse. Eine Grupsoll in einem Gartenhaus am ern gewesen sein, als die zweiGruppe dazustiess. Laut der zei war es eine Auseinanderzung zwischen einer Schweizer einer kosovarischen Gruppe. kam zu Tätlichkeiten, bei deein Messer und Schlaggegennde zum Einsatz kamen. Die Verletzten im Alter von 14 bis ahren mussten in Spitalpflege racht werden. (FB) nanzvorsteher Monnard bt dem Druck nach CHAUX-DE-FONDS Der Finanzister von La Chaux-de-Fonds, re-André Monnard, ist von seim Amt zurückgetreten. Dies teilte Staatskanzlei gestern mit. Mond war über einen Monat krankgerieben gewesen. Seinen Rücktritt ründet Monnard mit seinem Gedheitszustand. Der FDP-Politiker ht seit Februar in der Kritik, als Stadt die Rechnung des Jahres 4 mit einem Defizit von fast 12 onen Franken vorlegte. Der Fizvorsteher hatte einen Überuss von 2 Millionen budgetiert abt. Monnard wird vorgeworfen, abe die Steuereinnahmen zu h eingeschätzt. Er selbst sieht Verantwortung nur teilweise bei h selbst. Sämtliche Parteien usive der FDP hatten Monnards ktritt gefordert. (FB) ann erschiesst seine efrau bei Genf NF Eine Frau ist am Karfreitag im ton Genf an ihrem Wohnort get worden. Als Tatverdächtiger genommen wurde ihr Ehemann. s schreibt die Kantonspolizei f am Samstag in einer Medienteilung. Der 42-jährige, aus dem ton Waadt stammende Mann die Frau am Freitagabend kurz h 18 Uhr im gemeinsamen Zuse in der Gemeinde Collongeerive erschossen haben. Die minalpolizei eröffnete eine Unterhung zu dem Vorfall. (FB) WETTER ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● cht und kühl chselhaft eunfreundlicher Mischung aus ersonntag. Im Gebiet ken und sonnigen rus, senAlpstein, prägt denPrättigau Sonntag.sowie Mit der Engadin Schneefall möglich. igen Bise bleibt es heute kühl bei mperaturen bis 7 Grad.............. 44 ss 7 Grad. ................................ 29 ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● iss Lotto: 14 17 20 30 31 cks-Zahl 2 play-Zahl 1 Gewinne: Z Z Z Z 0 à CHF 0 à CHF 9 à CHF 81 à CHF 622 à CHF 2902 à CHF 9205 à CHF 43 289 à CHF Herr Müller, in der Schweiz gibt es eine deutliche katholische Übermacht in den Regierungen. Überrascht Sie das? Michel Müller: Auf den ersten Blick schon. kpot 18,1 Mio. Franken er: 8 0 1 9 9 0 à CHF 4 à CHF 30 à CHF 185 à CHF 1803 à CHF 10 000.00 1000.00 100.00 10.00 o Millions: 29 37 39 49 Sterne 2 / 4 VON OTHMAR VON MATT E ● Allerdings gibt es viel mehr katholisch geprägte Kantone als reformiert geprägte und damit auch viel mehr katholisch geprägte Regierungen. In den bevölkerungsreichsten Kantonen Zürich und Bern wohnen allein mehr als die Hälfte aller Reformierten. Acht Kantone wollten nichts sagen zur Konfessionsfrage. Was bedeutet das? Das e rstaunt mich nicht. Es gibt die Angst in den Kantonen, die religiöse Neutralität des Staates könnte verletzt werden, wenn Regierungsräte ihre Konfession bekannt geben. Katholische Kantone sind nach wie vor stark von katholischen Regierungsräten geprägt. Warum hält sich das? Die katholischen Kantone sind bis heute Auswandererkanton e geblieben. Seit 150 Jahren wandern Zentralschweizer und Walliser aus wirtschaftlichen Gründen in reformierte Kantone aus. Sie wollen am Wirtschaftsboom partizipieren. Damit mischen sie diese Kantone stärker durch, als es die katholischen werden. Mit einer Ausnahme. Genau. Bern ist reformiert geblieben. Die e inzigen Einwanderer, die es dort in den letzten Jahren gab, waren eigentlich Staatsbeamte. Sie führten den Katholizismus in Bern überhaupt erst ein. Es gibt aber auch einen klassischen CVP-Kanton, der inzwischen mit 4:3 reformiert regiert ist: St. Gallen. 12 719.35 1000.00 143.80 76.95 24.50 10.40 Mindestens 11 Kantone sind katholisch regiert – und nur noch 7 Kantone reformiert Der Zürcher Kirchenratspräsident über Politik und Kirche Sie sprechen den Kanton Bern an? GEWINNZAHLEN Weshalb die Kath holiken im «Protestanten haben Nachwuchsproblem» St. Gallen war religiös betrachtet immer ein paritätischer Kanton. Das Land ist katholisch geprägt, die Stadt und ein Teil des Toggenburgs reformiert. Glarus hat 3 reformierte und 2 katholische Regierungsräte. Das könnte auch umgekehrt sein. Glarus ist geschichtlich betrachtet ein paritätischer Kanton. Genauso wie der Aargau, der klar reformiert und katholisch beeinflusste Gebiete hat. Im Aargau sind 4 von 5 Regierungsräten katholisch. Das ist untypisch. Bei nur fünf Regierungsräten kann es aber natürlich auch einen statistischen Ausreisser geben. In Zürich sind von 7 Regierungsräten 6 reformiert, obwohl die Zahl der Katholiken im Kanton fast so gross ist wie jene der Reformierten. Weshalb? Michel Müller von der evangelisch-reformierten Kirche Zürich. KEY Das zeigt: Die angestammten Zürcher sind in der Kantonsregierung noch viel stärker vertreten, sozusagen die Ureinwohner. In der Stadt Zürich ist das deutlich anders. Da gab es schon vor Jahren einen katholischen Stadtpräsidenten. Man müsste sich diese Entwicklung im Kanton Zürich einmal selbstkritisch ansehen. Auch die Parteien müssen sich fragen, wie offen sie für Migranten aus der Schweiz selbst eigentlich sind. Zürich wie Bern lieferten die Angaben nur anonym. Ist das der richtige Weg? Es wäre einfacher, wenn die Regierungsräte offen und entspannt zu ihrer Religion oder Konfessionslosigkeit stehen würden. Sonst wecken sie nur einen Verdacht. Religionszugehörigkeit ist aber nichts Verdächtiges. Die reformierten Kantone haben praktisch nur katholische Zuwanderung. Sterben die Reformierten aus? Schweizer Protestanten und Katholiken haben beide e in Problem mit der Überalterung. Die Katholiken können aber auf ein weltweites Reservoir zurückgreifen. Die Protestanten hingegen haben in der Tat ein Nachwuchsproblem. Wir sterben zwar nicht aus, werden aber konstant weniger. Was können die Protestanten tun? Wir müssen die nächsten Jahre nutzen, uns international stärker zu vernetzen. Das ist unsere Schwäche. Pfingstchristentum und das Wachstum der christlichen Bewegungen in China und Korea sind sehr stark protestantisch beeinflusst. Insgesamt nimmt das protestantische Christentum nicht ab. Es lohnt sich auch, reformierte Werte wie Gleichberechtigung und Demokratie in die Zukunft zu tragen. Es gibt kaum eine Religion, die so basisdemokratisch und gleichberechtigt organisiert ist, wie es die Protestanten in der Schweiz, Mittel- und Nordeuropa und INTERVIEW: OTHMAR VON MATT England sind. ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● s war eine Frage, die in verschiedenen Kantonsregierungen Hektik ausbrechen liess. Gehören die Regierungsräte einer Konfession an? Und wenn ja: welcher? Dies wollte die «Schweiz am Sonntag» von den 26 Kantonen wissen. Nur wenige antworteten so transparent und selbstbewusst wie Markus Dörig, Ratsschreiber von Appenzell Innerrhoden: «Wie von einem katholischen Kanton zu erwarten, sind derzeit alle sieben Regierungsmitglieder katholischen Glaubens.» Gleich sieben Kantone geben keine Informationen zur Konfession ihrer Regierungsmitglieder. Nidwalden erachtet die Religionszugehörigkeit als «nicht politischen Teil des Regierungsratsamtes». Als Privatsache der Regierungsräte wird die Konfession in den Kantonen AR, BL, BS, GE, OW und VD bezeichnet. Doch selbst wer Angaben macht, liefert sie teilweise nur anonym. Wie die Kantone Wallis (vier katholische Regierungsräte, ein konfessionsloser) und Zürich (sechs reformierte Regierungsmitglieder, ein konfessionsloses). Oder der Kanton Bern: Vier Mitglieder bestätigen – anonym – evangelisch-reformiert zu sein. Drei Mitglieder «verzichten auf eine Teilnahme an der Umfrage», wie Kommunikationschef Christian Kräuchi schreibt. Sie sagen selbst anonym nichts. Meist wurde die Umfrage zum Thema auf höchster Stufe. Sie könne nicht rückmelden, wer in Zürichs Regierung konfessionslos sei, schrieb Susanne Sorg-Keller, Leiterin Kommunikation des Regierungsrates, auf Nachfrage. Die Regierungsräte wünschten, «dass die Antworten summarisch bleiben und nicht einzelnen Personen zugeordnet werden». Und Obwaldens Landschreiber Stefan Hossli hielt fest: «Der Regierungsrat wird Ihre Fragen anlässlich der nächsten Regierungssitzung besprechen.» Er entschied, nichts zu sagen. Die Auswertung der Umfrage selbst ergibt das Bild einer deutlich katholisch regierten Schweiz. 156 Regierungsratssitze gibt es in den 26 Kantonen. Mindestens 63 Regierungsvertreter sind katholisch, nur gerade 38 reformiert. Selbst wenn man diese Angaben um jene sieben Kantone hochrechnet, die keinerlei Angaben machen, bleibt die katholische Mehrheit komfortabel. Als konfessionslos bezeichnen sich gemäss Umfrage nur gerade acht Regierungsräte, obwohl die Konfessionslosen inzwischen in den Kantonen Genf, Neuenburg und Basel-Stadt die grössere Gruppe bilden als jene jeder anderen Religionsgemeinschaft. Das zeigt die Auswertung der Strukturerhebung 2013 des Bundesamts für Statistik (BFS) zur ständigen Wohnbevölkerung ab 15 Jahren nach Religionszugehörigkeit. Auch in den Städten Zürich, Genf und Basel bilden sie 2013 die grösste Gruppe. Zu den Konfessionslosen in Schweizer Regierungen gehören Susanne Hochuli (Grüne, AG), Marie Garnier (Grüne, FR), Marcel Schwerzmann (parteilos/LU), Manuele Bertoli (SP/TI) und Manuela Weichelt-Picard (Alternative, Grüne, ZG). Dazu ein Walliser Staatsrat. Regine Aeppli (SP) ist gemäss Recherchen das konfessionslose Mitglied der sonst reformierten Zürcher Regierung. Und Norman Gobbi (Lega) ist, neben dem aktuellen Regierungspräsidenten Bertoli, das zweite konfessionslose Mitglied der Tessiner Regierung, wie er bestätigt. «Ich wurde zwar katholisch getauft», sagt er, «doch ich bezeichne mich als konfessionslos, habe auch nie Kirchensteuern bezahlt.» Die Regierungsräte in der Schweiz haben in Sachen Religion aber noch mehr zu bieten, zeigen Recherchen. Vor allem die Regierungsräte aus Basel-Stadt, die sich an der Umfrage nicht beteiligten. Hans-Peter Wessels (SP) ist Atheist, wie e r 2012 in der «Basler Zeitung» betonte. Damit ist e r wohl der einzige atheistische Regierungsrat der Schweiz. Und Baschi Dürr (FDP) engagierte sich zwar in der katholischen Jungwacht und las als Ministrant in der katholischen Kirche aus der Bibel vor. Der katholischen Kirche gehöre er aber nicht mehr an, schrieb die «Basler Zeitung» in einem Porträt über ihn. Und Basels Regierungspräsident Guy Morin (Grüne) sagt von sich, er spiele jeweils ein «Unser Vater» und singe dazu, bevor er auf der Orgel übe. Morin ist Mitglied der evangelisch-reformierten Landeskirche und hat vor seinem Medizinstudium zwei Semester Theologie studiert. Sogar promovierter Theologe ist der Solothurner Bildungs- und Kulturminister Remo Ankli (FDP). BESONDERS SPANNEND präsentiert sich die Ausgangslage zurzeit im Kanton Zürich. Dort wird sich bei den Wahlen vom 12. April auch zeigen, wie der Regierungsrat nach den Abgängen von Ursula Gut (FDP) und Aeppli konfessionell zusammengesetzt sein wird. Wahrscheinlich ist, dass ihm wieder ein konfessionsloses Mitglied angehört. Jacqueline Fehr Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden (SP) wie Carmen Walker Späh (FD konfessionslos, obwohl Fehr aus reformierten Elternhaus stamm Steiner (CVP) ist katholisch. Mar schof (Alternative Liste) ist zwar lisch getauft, zahlt aber keine K steuern: «Ich würde mich als Agn bezeichnen, glaube nicht an Gott Reformiert ist Nik Gugger Der Gesamtleiter der reformiert rikkirche Winterthur erzählt Er ches. Ab und zu habe er in Pau Wahlkampfs religiös-spirituelle D onen mit Regierungsrats-Kandida führt. «Spirituelle Intelligenz» sei in der Wirtschaftswelt sehr gefra der Unternehmensberater. In na kunft könnte die christliche diskussion «auch in der Politik mehr Wert sein», denkt er: «Di Gebote sind jedenfalls ein guter scher Leitfaden.» EINE UNTERSUCHUNG des Statis Amtes des Kantons Zürich zur E lung der reformierten und katho Kirche kam 2012 zu einem für di mierten alarmierenden Befund 1850 vereinigte die evangelisc mierte Kirche im Kanton Zürich Prozent der Bevölkerung auf sich misch-katholische Kirche verdopp ren Anteil erst von 1900 bis 1970 auf 37 Prozent. Heute bilden die ken in der Stadt Zürich die grös im Kanton Zürich nur knapp die grösste Religionsgemeinschaft. Die BFS-Strukturerhebung vo zeigt, dass heute nur noch gerade Kantone reformiert geprägt si (hauchdünn), TG, AR, BL, ZH, SH (sehr deutlich). Noch 2000 waren Kantone. Gekippt sind in den let Jahren BL, NE und VD. Der Zürcher Bericht zeichn die Reformierten ein wenig erfre Bild. «Bei den Reformierten, zu zent schweizerischer Nationali der Anteil älterer Menschen durchschnittlich hoch, jener der Erwachsenen aber unterdurch lich», heisst e s. «Im Schnitt si Reformierten 45 Jahre alt, drei Jah als die national bunter gem Katholiken.» ■ FRAGE DER WOCHE ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● SOLLEN REGIERUNGSRÄTE IHRE K SION ÖFFENTLICH BEKANNT GEBEN Stimmen Sie ab www.schweizamsonntag.ch oder E-Mail: leserbriefe@schweizamsonn Schweizam amSonntag, Sonntag,Nr. Nr. 14, 92, 5. Schweiz 5.April April2015 2015 Südostschweiz vom 5.4.2015, Seite 2.pdf SILVAN WEGMANN Es waren besorgte Worte, die Kurt Koch wählte, als wir ihn vor fünf Jahren zu einem Interview trafen. Der damalige Bischof von Basel und heutige Kardinal sagte, Religion werde aus unserer Gesellschaft «abgedrängt», die Schweiz verstehe sich «nicht als ein besonders christliches Land». Gar von «Entchristlichung» sprachen in den letzten Jahren einzelne Kirchenvertreter. egiert – osen in SchweiSusanne HochGarnier (Grüne, n (parteilos/LU), und Manuela ive, Grüne, ZG). at. gemäss Rechere Mitglied der her Regierung. ga) ist, neben ngspräsidenten ssionslose Mitung, wie er bekatholisch gebezeichne mich auch nie Kir- in der Schweiz on aber noch echerchen. Vor aus Basel-Stadt, nicht beteiligSP) ist Atheist, er Zeitung» behl der einzige at der Schweiz. engagierte sich en Jungwacht n der katholibel vor. Der kae er aber nicht sler Zeitung» in Und Basels ReMorin (Grüne) weils ein «Unser evor er auf der ied der evangekirche und hat um zwei Semesgar promovierolothurner Biler Remo Ankli präsentiert sich im Kanton Züen Wahlen vom wie der Regiegen von Ursula onfessionell zud. Wahrscheinein konfessionsacqueline Fehr Patrik Müller ller ktor Chefredaktor Wie christlich ist die Schweiz? Kath holiken immer dominanter werden dt die grössere jeder anderen Das zeigt die erhebung 2013 Statistik (BFS) evölkerung ab szugehörigkeit. Zürich, Genf 13 die grösste EDITORIAL TORIA AL KONFESSIONEN IN DER BEVÖLKERUNG UND DER REGIERUNG REGIERUNG BEVÖLKERUNG 79,8% UR (SP) wie Carmen Walker Späh (FDP) sind konfessionslos, obwohl Fehr aus einem reformierten Elternhaus stammt. Silvia Steiner (CVP) ist katholisch. Markus Bischof (Alternative Liste) ist zwar katholisch getauft, zahlt aber keine Kirchensteuern: «Ich würde mich als Agnostiker bezeichnen, glaube nicht an Gott.» Reformiert ist Nik Gugger (EVP). Der Gesamtleiter der reformierten Fabrikkirche Winterthur erzählt Erstaunliches. Ab und zu habe er in Pausen des Wahlkampfs religiös-spirituelle Diskussionen mit Regierungsrats-Kandidaten geführt. «Spirituelle Intelligenz» sei zurzeit in der Wirtschaftswelt sehr gefragt, sagt der Unternehmensberater. In naher Zukunft könnte die christliche Wertediskussion «auch in der Politik wieder mehr Wert sein», denkt er: «Die Zehn Gebote sind jedenfalls ein guter politischer Leitfaden.» EINE UNTERSUCHUNG des Statistischen AI 76,4% 74,3% 5,8% OW 74,2% 7,8% 69,4% JU TI 68,7% NW 68,7% NE 23,9% ■ FRAGE DER WOCHE SH 23,1% ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● 22,6% 43,4% SO 35,5% GE 35,4% GL 34,6% AG 34,2% TG 32,9% AR 31,3% 15,4% 15,3% 27,3% 37,5% 15,9% 26,8% 23,5% 34,9% 18,3% 25,6% 33,2% ZH 27,7% 31,1% 22,4% 27,9% Keine Auskunft. 14,9% 14,4% 12,3% 15,3% 25,4% 25,0% 12,9% Keine Auskunft. Keine Auskunft. Keine Auskunft. 16,1% 40,1% 37,1% 13,4% 15,4% 17,7% 38,0% 28,6% 7,5% 17,6% 34,7% BL 9,8% 12,7% 14,7% 23,8% 9,4% 6,1% Keine Auskunft. 20,1% 34,4% 31,2% VD 14,9% 14,3% 46,7% 13,4% 11,2% 12,9% Claudio Zali gibt keine Erklärung ab, weil es sich um eine Privatsache handelt. 9,5% 14,2% 62,5% GR 17,2% 10,4% FR Keine Auskunft. 9,0% 15,5% 11,9% SG 12,7% 7,3% 10,7% 62,8% 52,9% 8,2% 10,7% 11,7% SZ ZG ● 4,6% 6,0% 6,4% 5,7% 11,7% 8,9% 63,2% LU 8,6% 11,5% VS Amtes des Kantons Zürich zur Entwicklung der reformierten und katholischen Kirche kam 2012 zu einem für die Reformierten alarmierenden Befund. Noch 1850 vereinigte die evangelisch-reformierte Kirche im Kanton Zürich über 95 Prozent der Bevölkerung auf sich. Die römisch-katholische Kirche verdoppelte ihren Anteil erst von 1900 bis 1970 von 18 auf 37 Prozent. Heute bilden die Katholiken in der Stadt Zürich die grösste und im Kanton Zürich nur knapp die zweitgrösste Religionsgemeinschaft. Die BFS-Strukturerhebung von 2013 zeigt, dass heute nur noch gerade sieben Kantone reformiert geprägt sind: GL (hauchdünn), TG, AR, BL, ZH, SH und BE (sehr deutlich). Noch 2000 waren es zehn Kantone. Gekippt sind in den letzten 13 Jahren BL, NE und VD. Der Zürcher Bericht zeichnet für die Reformierten ein wenig erfreuliches Bild. «Bei den Reformierten, zu 95 Prozent schweizerischer Nationalität, ist der Anteil älterer Menschen überdurchschnittlich hoch, jener der jungen Erwachsenen aber unterdurchschnittlich», heisst e s. «Im Schnitt sind die Reformierten 45 Jahre alt, drei Jahre älter als die national bunter gemischten Katholiken.» ● 5,6% Laurent Kurth ist «nicht praktizierender» Protestant. 13,6% 22,5% 17,3% ● ● SOLLEN REGIERUNGSRÄTE IHRE KONFESSION ÖFFENTLICH BEKANNT GEBEN? BS Stimmen Sie ab www.schweizamsonntag.ch oder E-Mail: [email protected] BE 18,9% 17,1% 16,3% Katholisch 45,5% 53,9% Reformiert Konfessionslos Andere 18,5% 16,9% 12,9% Keine Auskunft. Im Kanton Bern gaben vier Regierungsräte ihre Konfession bekannt, drei nicht. Recherchen von «Schweiz am Sonntag» Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Gewiss, die Gotteshäuser sind, ausser am heutigen Ostersonntag und an Weihnachten, meist ziemlich leer. Aber ist das gleichbedeutend mit «Entchristlichung»? Zumindest in einem wichtigen Teil der Gesellschaft, der Politik, sitzen überwiegend Mitglieder der Landeskirchen an den Schalthebeln der Macht. Während in der Bevölkerung gesamtschweizerisch 64 Prozent katholisch oder reformiert sind, sind es in den Kantonsregierungen eindrückliche 90 Prozent. Nun lässt sich nicht eruieren, ob die Regierungsräte nur ihre Kirchensteuern zahlen oder ob sie religiös sind. Aber Tatsache ist: In den Exekutiven gibt es nur vereinzelt Konfessionslose, und Angehörige anderer Religionen sind keine bekannt. Die Kirchen verloren insbesondere nach 1968 in der Schweiz und in anderen westlichen Demokratien an politischem Einfluss. Die Trennung von Kirche und Staat ist in einer liberalen Gesellschaft eigentlich eine Selbstverständlichkeit (hierzulande aber nur teilweise erfüllt). Doch die Erosion, so scheint es, wurde in der jüngeren Vergangenheit zumindest gestoppt. Ironischerweise ist es auch der Zeitgeist – also das, was die Kirche gerade nicht verkörpert –, von dem die Kirchen profitieren: In unserer Gesellschaft herrscht eine konservative Grundstimmung, Traditionen werden wieder wichtiger, das zeigt auch die Polit-Debatte um Marignano und Morgarten. Hinzu kommen der Vormarsch des Islam in Europa, der vielen Bürgern Angst macht, und die Gräueltaten des sogenannten Islamischen Staats, die «unsere christlichen Werte», wie e s dann auf einmal heisst, bedrohten. Vielleicht regt sich im Westen gerade ein Gegentrend zur «Entchristlichung». In der aktuellen Ausgabe des US-Magazins «Newsweek» wird prognostiziert, im Präsidentschaftswahlkampf 2016 werde der Glaube der Kandidaten ein grosses Thema sein. Gestern las man, leicht verdutzt, in der linksliberalen «Süddeutschen Zeitung» einen Kommentar des Politikchefs Heribert Prantl, der fürs Beten plädierte («Beten kann heilen und wieder mit dem Lebenswillen verbinden»). In unserer Zeitung wurden kürzlich Zahlen veröffentlich, die zeigen: Zwar geht die Zahl der kirchlichen Trauungen seit langem zurück. Aber bei den Kindern, da geht man auf Nummer sicher: Die werden wie eh und je getauft. In diesem Sinn: Frohe Ostern. [email protected] Twitter: @patrik_mueller Südostschweiz vom 5.4.2015, Seite 43.pdf Schweiz am Sonntag, Nr. 92, 5. April 2015 LIFESTYLE 43 | Die Kampfschwimmerin für die Freiheit Ruth Schäfer ist reformierte Pfarrerin in Scharans. Das Licht der Welt hat sie als Katholikin im Ruhrpott erblickt. Dazwischen hat sie unter anderem drei indonesische Bücher geschrieben. Ruth Schäfer nimmt sich die Freiheit, so zu leben, wie es ihr passt. Die Kosten für ein selbstbestimmtes Leben zahlt sie gern. An der Theologischen Hochschule der evangelischen Kirche Kalimantans (STT GKE) blieb Schäfer eine exotische Figur. «Ich war jahrelang die einzige weisse Frau an der Universität», gibt sie zu bedenken. Speziell gut gefallen hat ihr der Eifer der Studentinnen. Diese erkannten im Studium oft ihre Chance, der Armut und dem Elend ihrer Herkunft zu entfliehen. «Die Studentinnen lechzten nach Wissen», erinnert sich Schäfer. Sie hat Einheimische zu Pfarrerinnen und Pfarrern ausgebildet. Unter anderem mit einer feministischen Bibelauslegung brachte sie den begeisterten Studentinnen neue Sichtweisen nahe. Wenn sie davon erzählt, wie sie mit ihrer Ausbildung zu mehr Offenheit beigetragen hat, wird klar: Die Missionarin ist stolz. Entstanden sind in jener Zeit zudem drei Bücher auf Indonesisch. Eines befasst sich mit dem Scheidungsverbot Jesu. «Es geht im Buch darum, das Scheidungsverbot der christlichen Kirchen in Indonesien aufzubrechen, zum Beispiel bei Gewalt in der Ehe.» VON MILENA CADERAS D as Telefon klingelt. «Mein Beileid». Ein über 80-jähriges Mitglied der evangelischen Kirchgemeinde Scharans ist gestorben. Die Tochter informiert Frau Pfarrer über das Ableben. Geboren – und als Katholikin getauft – wurde Ruth Schäfer 1966 in Essen. «Damals bei meiner Berufswahl Anfang der Achtzigerjahre gab es zwei Berufe, die Frauen nicht offen standen: Kampfschwimmer bei der Bundeswehr und Priesterin in der katholischen Kirche», erinnert sie sich in der evangelischen Pfarrwohnung in Scharans. DASS FRAUEN IN DER KATHOLISCHEN Kir- che von gewissen Ämtern ausgeschlossen sind: Für Schäfer eine klare Verletzung der Menschenrechte. «Der Vatikan hat die Europäische Menschenrechtskonvention nicht unterschrieben.» Bei den Katholiken als Frau habe sie «mit viel Frustrationstoleranz und Humor» überlebt. Als «langen Entfremdungsprozess» beschreibt die promovierte Theologin, wie es dazu kam, dass sie 2003 aus der katholischen Kirche austrat. «Je mehr man über die Stellung der Frau weiss, desto schlimmer wird es», verwirft sie die Hände. SCHEIDEN LASSEN sich indonesische Christen nur in Ausnahmefällen. Das ist aber nur einer der vielen Unterschiede zu Schäfers Heimat. Das Westliche gilt als Unmoralisch. Frauen müssen grundsätzlich in der Obhut eines männlichen Erwachsenen stehen. Wenn der Ehemann fehlt, springen oft Brüder oder Cousins ein. In Schäfers Fall war es ein Nachbar, der meinte, die Rolle des Aufpassers übernehmen zu müssen. Ein Beispiel: Für alleinstehende Frauen schickt es sich nicht, abends Besuch zu empfangen. «In meinen Augen zeigt, das Beispiel, wie sexualisiert die Gesellschaft dort ist», so Schäfer. Was sie an der vermeintlichen Fürsorge stört: die «latente Gewaltandrohung». So habe sie mehrfach beobachtet, wie Frauen wegen unliebsamen Verhalten bestraft wurden. NACH DEM KIRCHENAUSTRITT blieb sie konfessions- und orientierungslos zurück. Als Konfessionslose bewarb sie sich bei der Mission 21. Ein Inserat aus Afrika zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Aus der Stelle in Kamerun wurde nichts. Die Verantwortlichen bei Mission 21 fanden einen Posten in Indonesien passender. Lange musste die junge Theologin nicht überlegen. «Warum nicht!» Ihr erster Eindruck von Indonesien? Das feucht-schwüle Wetter, dass man wie eine heisse Wand die ganze Zeit vor sich herschiebt – und eine sehr arme und indigene Kirche. Am Anfang des Indonesien-Aufenthalts standen dreieinhalb Monate Sprachschule. «Indonesisch ist keine sehr schwere Sprache», meint die Theologin aus dem Ruhrpott. Nach dem Sprachaufenthalt reiste sie nach Banjarmasin, eine Provinzhauptstadt mit rund 600 000 Einwohnern. Etwa 90 Prozent der Einheimischen dort sind Muslime. «DIE MEISTEN INDONESIER denken, dass Angekommen: Pfarrerin Ruth Schäfer ist nach ihrer Zeit in Indonesien auch mit dem Herzen in Scharans angekommen. OLIVIA ITEM alle Weissen reich sind», erzählt Schäfer heiter. Wer kann, kauft sich ein Auto. Dass sich Dozentin Schäfer für die kurze Strecke von ihrer Wohnung bis zur Universität aufs Velo setzte, stiess bei den Einheimischen auf grosses Unverständnis. Sie als Westlerin müsste sich doch ein Auto leisten können. Nicht nur durch das Velofahren unterschied sich Schäfer von den Einheimischen. Um ihren Haushalt zu organisieren, war die Lehrbeauftragte auf eine Haushaltshilfe angewiesen. In der Anfangsphase hätte sie unglaublich viel Zeit auf Märkten und mit Kochen versäumt. «Ich habe kein junges Mädchen, sondern eine Frau in meinem Alter an- gestellt und fair bezahlt.» Viele engagieren billige junge Mädchen vom Land. IN INDONESIEN SIND UNGEFÄHR zehn Pro- zent der Bevölkerung Christen. «Meine eigene, deutsche Missionsgeschichte ist von grösserer Gewalt geprägt», stellt Schäfer klar. Der Feldzug des fränkischen Königs Karls des Grossen gegen das Volk der Sachsen endete mit der Unterwerfung der Sachsen. Karl dem Grossen haben sie den Ruf des Sachsenschlächter eingebracht. «Indonesiens Missionsgeschichte dagegen kennt keine rohe Gewalt», sagt Schäfer. NACH SECHS JAHREN in Indonesien hätte Ruth Schäfer auf eine der über 17 000 Inseln, die zu Indonesien gehören, in eine sehr abgelegene Gegend ziehen sollen. Die Bereitschaft, in ein verlassenes Gebiet zu ziehen, noch eine lokale Sprache zu lernen, fehlte. «Da bin ich dann doch zu sehr vom Luxus verwöhnt.» « Je mehr man über die Stellung derFrau weiss, desto schlimmer wird es.» RUTH SCHÄFER Schäfer zog es zurück nach Europa. An diesem Wendepunkt wandte sie sich endgültig der evangelischen Kirche zu. Vor allem eröffnete sich in der Schweiz eine Möglichkeit, Pfarrerin zu werden. So landete Schäfer nach einem Zwischenhalt in Basel 2013 im Domleschg, in Scharans. Im Bergdorf «mit der schlichten Kirche» fühlte sie sich nach dem anfänglichen Kulturschock in Indonesien auf der Stelle fast schon wie zu Hause. «Auch wenn man sofort hört, woher ich komme», sagt sie und grinst. Mindestens theoretisch steht seit dem Jahr 2000 Frauen auch nichts mehr im Wege, für die deutsche Marine in den Krieg zu ziehen ... Bisher gibt es noch keine Kampfschwimmerin oder Minentaucherin in der Deutschen Marine. Vor einigen Wochen ist Libby Lane zur ersten anglikanische Bischöfin gewählt worden. Auch die Hürde des Eignungstests für die deutsche Marine wird das Weibliche früher oder später nehmen. Derweil schimpft Ruth Schäfer in ihrer Küche in Scharans: «Das dauert einfach alles so lange». Und macht sich derweil an die Vorbereitungen für die nächste Beerdigung. HOROSKOP WASSERMANN 21.1.–19.2. Diese Woche ist es wichtig, mehr auf Ihre Gesundheit zu achten und die Finanzen kritisch zu beobachten. Meiden Sie, gewagte Spekulationen, sie könnten ins Auge gehen. Partnerschaften und Freundschaften bekommen am Wochenende eine Frischzellenkur. Reservieren Sie Zeit für Ihre Lieben! FISCHE 20.2.–20.3. Eine Woche, die allen einsatzfreudigen Fischen beruflich und privat Fortschritte bringen kann. Doch Mitbewerber zu unterschätzen ist gefährlich, denn die Zeiten werden härter. Manche Projekte laufen zwar nur zaghaft an, aber mit Intelligenz, Diplomatie und Charme meistern Sie alle Hürden. WIDDER 21.3.–20.4. Stress kann aufs Gemüt schlagen. Sportlich abreagieren, sonst müssen Ihre Lieben darunter leiden und das wollen Sie sicher nicht. Nette Gesten können hier Wunder wirken. Zuviel Arbeit schadet auch der Gesundheit. Weniger heikle Angelegenheiten an bewährte Menschen zu delegieren, entlastet spürbar. STIER 21.4.–21.5. Diese Woche haben Sie sehr viel Kraft, das bringt einen Anstieg Ihrer Belastbarkeit mit sich und auch die Möglichkeit, aus Wettbewerben siegreich hervorzugehen. Wenn es im Job oder privat Ärger geben sollte, so können Sie schnell wieder einlenken und mit Ihrem Charme für gutes Einvernehmen sorgen. ZWILLINGE 22.5.–21.6. Nicht alles läuft diese Woche nach Plan. Das kann aber auch an einer Überschätzung einer Idee liegen. Zu viel Idealismus verzerrt die Wahrnehmung der Fakten. Am Boden bleiben. In der Liebe heiter bis wolkig. Überlegen Sie, was Sie wirklich wollen. Mit Charme alleine kommen Sie nicht weiter. KREBS 22.6.–22.7. Diese Woche könnten manche Krebse in Versuchung kommen, mit den Früchten in Nachbars Garten zu liebäugeln. Neues scheint verlockender, als Bestehendes. Bei kritischer Betrachtung stellt sich jedoch viel davon als Illusion heraus, schenken Sie lieber dem was Sie haben Ihre volle Aufmerksamkeit. LÖWE 23.7.–23.8. Anfang der Woche sind Sie möglicherweise emotional unausgeglichen, Ihre Stimmung könnte durchhängen und Sie sind verletzlicher als sonst. Das könnte Ihre Mitmenschen irritieren und unnötig Konflikte schaffen. Keine Angst, schon ab Mittwoch pendelt sich Ihr Stimmungsbarometer ein. JUNGFRAU 24.8.–23.9. Viele Jungfrauen träumen diese Woche von Liebeshighlights. Dafür müssen Sie allerdings auch selbst einiges tun. Es ist eine gute Zeit für Romantik und emotionalen Überschwang. Solange Sie dabei nicht den Boden unter den Füssen verlieren, ist alles in Ordnung. WAAGE 24.9.–23.10. Es sollte Sie diese Woche nicht küm- mern, was andere über Sie erzählen. Pressespiegel Wenn man Sie provoziert, dann halten Sie sich mit Abwehrmassnahmen etwas zuEvangelisch-reformierte Landeskirche rück, vieles kommt ganzGraubünden anders als gedacht und so mancher scheinbare Nachteil könnte sich als Vorteil erweisen. SKORPION 24.10.–22.11. Diese Woche werden Skorpione von den Sternen beflügelt. Nichts kann schnell genug gehen. Auch erotisch sind Sie nicht zu bremsen. Drosseln Sie das Tempo, sonst versäumen Sie viele genussvolle Momente. Sonnentage unbedingt zum frische Luft schnappen nutzen! SCHÜTZE 23.11.–21.12. Nun können Sie mit innovativen Ideen Furore machen. Dabei können Sie recht ungeduldig reagieren, wenn Ihre Umwelt das Potenzial Ihrer Gedanken nicht gleich erfasst. Nicht alle sind so flott wie Sie, manche brauchen etwas länger und das ist gut so. Das Wochenende sollten Sie der Liebe widmen. STEINBOCK 22.12.–20.1. Diese Woche könnte eine unerwartete Nachricht für Aufregung sorgen. Bewahren Sie einen kühlen Kopf. Denn oft stellt sich heraus, dass es doch nicht so ist, wie anfänglich befürchtet hatten. Das Liebesleben erhält bei vielen Steinböcken neuen Schwung. Es fällt leicht, neue Impulse zu setzen. TUR REGION mit mia Chur tritt um 20.30 Uhr Weekly Jazz In Rhythmia aus Massimo Marcel Waldn Widmer er (Gitarre) Bass). Ihre icht laut rosse Experie. Sie trägt n Funk- und ärme des Soul Südostschweiz | Dienstag, 7. April 2015 Südostschweiz vom 7.4.2015, Seite 14.pdf Meisterhafte Musik in misslicher Lage Mit einer beeindruckenden Darbietung barocker Musik eröffneten die Sopranistin Emma Kirkby und das Orchester le phénix am Ostersonntag das diesjährige «flimsfestival». overs en arten in rstag, 9.April, visierende overs aus Hemmungslos en sich die as her, was Dabei rücken hre eigene, eise die Dinge ung hur Standort Gurt am 19.30 Uhr aus «Insomnia» rarbeitete Die Tochter ur zur Zeit der delt sich laut enierte rraschungen. Michael häftigen sich en mit der erstücken für ei Jahren. Am Uhr und 0 Uhr gastiem Theater Mitteilung Theater für fünf Jahren, Theater gehen. inem Ei, das ht fallen darf, ährend das Ei elen Florcharmante öglichkeiten durch. (so) Trotz gesundheitlichen Problemen: Emma Kirkby überzeugte mit ihrem Auftritt am «flimsfestival». W von Christian Ruch ie singt es sich mit gebrochenem Fuss? Diese Frage dürften sich so manche Besucher des Konzerts gestellt haben, mit dem am Ostersonntag das «flimsfestival» begann. Denn die renommierte englische Sopranistin Emma Kirkby sass sichtlich bandagiert vor ihrem Publikum. Ein falscher Schritt hatte die Sängerin vor zwei Wochen in diese missliche Lage geraten lassen, und das schlechte britische Gesundheitssystem hatte es nicht zustande gebracht, sie in der Zwischenzeit mit einem Gips zu versehen – für die Konzertbesucher ein Glück, denn mit Gips hätte Emma Kirkby nicht fliegen dürfen und den Auftritt in der reformierten Kirche Flims Dorf absagen müssen. Hinzu kam, dass die Künstlerin nur sitzend singen konnte und das Programm daher etwas umgestellt werden musste. Auch das erwies sich für das Publikum als glücklicher Umstand, denn das Konzert war nun länger als geplant. Und dieses Konzert hatte es in sich – denn was Emma Kirkby und das in Graubünden bestens bekannte Orchester le phénix präsentierten, war Kunst auf allerhöchstem Niveau. Passend zur an diesem Abend doch noch zum Vorschein kommenden Sonne eröffnete le phénix den Reigen mit der Ouvertüre zu «La Sena Festeggiante» von Antonio Vivaldi. Mimik und Gestik Ihr folgten drei Lieder der italienischen Komponistin Barbara Strozzi (1619–1677), die sich als erster Höhepunkt des Konzerts erwiesen. Emma Kirkby, von Sam Chapman an der Laute begleitet, interpretierte die Kompositionen mit einer lebhaften Mimik und Gestik. Das Liebesleid als eines der Liedthemen wurde durch diese ausdrucksstarke Emphase des Mitgefühls geradezu greifbar. Besonders eindrücklich war dabei die Modulation des Klangvolumens, indem die Sopranistin einige Phasen bis fast zur Unhörbarkeit leise und dennoch immer noch gut verständlich sang. Das Publikum honorierte diese grossartige Leistung mit begeistertem Applaus. Der Einfall, in eine Suite aus «Abdelazer» von Henry Purcell Lieder des Komponisten einzustreuen, erwies sich als eine sehr glückliche Idee, fügten sich die Vokal- und Instrumentalmusik doch sehr organisch zu einem Ganzen. Perfekte Harmonie Ihm folgten Lieder der Brüder William und Henry Lawes, wobei Emma Kirkby Letzteren als «Vater der englischen Musik» vorstellte, dessen Œuvre rund 700 oft sehr humorvolle Lieder umfasst – für die grosse Herzlichkeit ausstrahlende Sängerin ein mehr als geeigneter Stoff. Beim anschliessenden Violinkonzert «Il piacere» op. 8 Nr. 6 von Antonio Vivaldi war es dann ganz am Orchester le phénix, sein Können unter «Wie singt es sich mit einem gebrochenen Fuss?» Bild Theo Gstöhl Beweis zu stellen. Einmal mehr präsentierte es sich als Ensemble hervorragender Interpreten für Barockmusik, und auch die Soloviolinistin Olivia Schenkel wusste zu begeistern. Die abschliessende Interpretation von Kompositionen aus dem «Orfeo» von Giovanni Battista Pergolesi zeigte dann noch einmal, wie perfekt Emma Kirkby und die Musik des Orchester le phénix harmonieren, indem selbst das Tutti des Ensembles Kirkbys Stimme nichts von ihrem Volumen einbüssen liess. Lebhafter Applaus Auch jetzt honorierte das Publikum das Gehörte mit lebhaftem Beifall und wurde dafür mit einer sehr eindrucksvollen Interpretation des kurzen Werkes «Dido’s Lament» von Henry Purcell belohnt. Die lange Stille nach dem letzten Ton liess deutlich werden, wie ergriffen Künstler und Konzertbesucherinnen und -besucher gleichermassen waren. Umso mehr hätte man den Mitwirkenden und Organisatoren des «flimsfestivals» gewünscht, dass die Kirchenbänke zum Konzert restlos gefüllt worden wären. en «konservierten» Liedern der Rumantschia Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden m Donnerstag in Trun seine langjährige Forschungsarbeit zur Volksliedersammlung von Alfons Maissen vor. Süd Südostschweiz vom 9.4.2015, Seite 15.pdf LEBEN Ratgeber Der Protest gegen die Allmacht des Todes von Georg Schmid Sektenexperte E iner meiner Freunde behauptet, Religion sei aus purer Angst vor dem Tod geboren. Würden sich die Menschen vor dem Tod nicht mehr fürchten, so gäbe es auch keine Religion mehr. Ich bin kein Freund simpler Erklärungen. Wir Menschen tun, was wir tun, zumeist aus verschiedenen Gründen. Also suche ich gerne auch noch nach anderen Gründen für die ersten religiösen Regungen des Menschen. Bedrohte Meere Über den Tod hinaus Die frühesten Zeugnisse für religiöses Empfinden stammen aus der Neandertalerzeit. In einer Höhle im Zagrosmassiv im Irak fand man ein Grab eines Mannes, der vor 60 000 Jahren zusammen mit acht verschiedenen Blumenarten beerdigt worden war. (Ihre Pollenkörner hatten sich in der feuchten Erde erhalten). Der Tote muss seinerzeit auf einem grünen Bett von Waldfarn und überhäuft mit bunten Blumen in seinem Grab gelegen haben, bevor man ihn mit Erde zudeckte. War es nur Angst vor dem Geheimnis des Todes, das die Umstehenden dazu bewegte, ihre Blumen ins Grab zu legen? Oder waren die Blumen ein letztes Zeichen ihrer Liebe? Sieben von den acht Blumenarten, mit denen man den Verstorbenen begrub, sind noch heute im Irak als Heilpflanzen bekannt. Nun – heilen konnte man den Verstorbenen mit diesen Blumen nicht mehr. Aber ihm Gesundheit und gutes Leben wünschen über diesen Tod hinaus, das konnte man noch tun. Die traumhafte Unterwa unserer Meere ist bedroh durch die Verschmutzun immer mehr Plastik. Wa wissen: Der Grossteil der stammt von Textilien. SE Protest gegen den Tod Religion ist zu einem Teil vielleicht auch Angst vor dem Tod. Darin mag mein Freund recht haben. Aber sie ist zu einem grossen Teil sicher auch Protest gegen den Tod, ein Ja zum Leben gerade dort, wo ein Leben anscheinend völlig zerfällt. Dieses Ja zum Leben, dieser religiöse Einspruch gegen Tod hat sich zum Teil in wilden Formen ausgelebt. Aus Protest gegen den Tod wurden Pyramiden gebaut, Grabinschriften verfasst, Rituale entwickelt, Hügelgräber, Pagoden, Tempel und Kathedralen errichtet und Klöster gestiftet. Die Erkenntnis der radikalen Vergänglichkeit alles Seienden hat den Buddha zum meditativen Aufbruch ins für sein Empfinden einzig Unvergängliche, ins Nirvana angespornt. Auch die Überzeugung, dass Jesus aus seinem Grab auferstanden ist, ist nicht einfach die christliche Variante religiöser Todesangst, sondern der möglichst handfeste christliche Protest gegen die Allmacht des Todes. Diesem Protest und allen anderen, die ihm vorausgegangen sind, schliesse ich mich auch heute noch gerne an, wenn ich vor einem offenen Grab stehe. Über die Kanäle der Südostschweiz (Twitter, Facebook und Online) sind Facebook Südostschweiz ragos/Keystone Bleiben SiePressespiegelTwitter @suedostschweiz tagsüber auf Evangelisch-reformierte dem Laufenden Landeskirche Graubünden us Flims». t auf Pistengaudi?» z.ch/umfragen a Rumantscha inakzeptabel. rletzt übergeordnetes Recht. ntlich Artikel 8 der Bundessung zur Rechtsgleichheit. ch auf Bundesebene wird das dsprachenkonzept intensiv tiert. Wohin die Schweiz in dieage hinsteuert, ist jedoch nicht bar und wird sich erst nach Annahme oder Ablehnung emdspracheninitiative in ünden zeigen. Graubünden e sich also mit einer Annahr Initiative erst recht spracholieren und müsste das Spraonzept im Nachhinein gegebells erneut ändern. r Grosse Rat befindet in der ession über die Gültigkeit der dspracheninitiative. Wir sind eugt, dass er sich seiner twortung und der Tragweite Entscheidung bewusst ist. druvi, Generalsekretär der mantscha mdspracheninitiative: ksrecht respektieren e Grossrätinnen und Grossräte en, das Volk erneut um eine mmung zu berauben. Geht es hnen, soll die in Form einer meinen Anregung eingereichte dspracheninitiative für ungülklärt und der Volksabstimentzogen werden. Geschätzte rätinnen und Grossräte, eine nitiative kommt dann zustanenn etwas nicht gut läuft, die heitsverhältnisse im Parla- suedostschweiz.ch/blogs im März überraschend an Südostschweiz vom 9.4.2015, Seite 16.pdf ment aber keine Besserung erwarten lassen. Wenn nun aber genau diese Mehrheit das Volksbegehren im Keim abwürgt, wird das Initiativrecht wertlos. Nur weil einem das Anliegen politisch nicht passt, dürfen Initiativen nicht für ungültig erklärt werden. Wer die demokratischen Werte respektiert, stimmt für Gültigkeit der Initiative. Hanspeter Hunger, ehemaliger Schulleiter und Vater von zwei Kindern, aus Chur Christlich geprägte Ethik wird mit Füssen getreten Ausgabe vom 26. März Zum Artikel «Bundesrat prüft Ehe-Alternativen». Das lässt sich nicht vergleichen, höre ich sagen. Hier geht es um Bedrohung von Gut, Leib und Leben. Das Eherecht ist etwas ganz anderes. Ich muss zugeben, dass das leider stimmt; das aber nur, weil unsere christlich geprägte Ethik mit Füssen getreten wird. Unsere Gesetzgeber wollen sich nicht mit christlichen Grundwerten blamieren. Mittlerweile gibt es immer mehr Fachleute, die besagen, dass die traditionelle Familie die gesündeste Basis für die Entwicklung der Kinder ist. Alles andere gefährdet unsere Kinder seelisch, das heisst letztlich auch an Leib und Leben. Warum tritt unser Gesetzgeber hier nicht auch ein und gebietet Einhalt? Martin Stolz aus Flerden Das Eherecht muss den aktuellen Gewohnheiten angepasst werden. Es geht nicht an, dass der Gesetzgeber die Definition der Ehe festlegt. Für mich sind solche Aussagen eine Kapitulation. Liege ich falsch? Ich denke nicht. Eben erst wurde uns erklärt, dass die Massnahmen zur Bekämpfung der Kriminalität erfolgreich waren. Niemand dachte nur im Geringsten daran, die Gesetzgebung der zunehmenden Kriminalität anzupassen. Dasselbe im Bereich der Wirtschaftskriminalität, bei der Steuerhinterziehung, der Alkoholproblematik. Auch im Strassenverkehr werden die Raser immer härter angepackt und nicht das Gesetz den schnelleren Autos und rücksichtslosen Fahrern angepasst. Hotline 0848 299 299 Leserbetreuer Mario Engi nimmt von Montag bis Freitag von 10 bis 12 Uhr Ihre Informationen, Hinweise und Anregungen entgegen. Kontakt Leserbriefe suedostschweiz.ch/forum [email protected] Leserbild/-reporter Schicken Sie uns Ihre Schnappschüsse an [email protected] oder laden Sie die Fotos auf suedostschweiz.ch/community hoch. In der Zeitung veröffentlichte Fotos werden mit 50 Franken honoriert (Ausnahme: Wettbewerbsfotos). serbild: Aus dem Wald auf die grüne Wiese Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden ner meint, es seien gefährliche Zeiten, man müsse aufpassen. Doch er will, dass diese verdammte Korruption jetzt endlich aufhört. Er glaubt, es gehe auch anders. Stimmige Anspannung Das Milieu, in das Chandor in «A Most Violent Year» eintaucht, ist mithin nicht das prickelnde der Paten und Politiker. Und es ist nicht die Kulisse für ein mafiöses Feuerwerk: Entgegen den im Titel geweckten Erwartungen wird hier kaum einmal geschossen, und wenn, dann auf einen angefahrenen Hirsch, um ihn zu erlösen; es werden auch keine gepfefferten Sprüche vom Stapel gelassen, wiewohl die Nebenrol- len fast komplett mit vierschrötigen Kerlen von zweifelhaftem Ruf besetzt sind. Dafür ist Chandor die Sache zu ernst. Wie in seinem Wall-Street-Thriller «Margin Call» geht es ihm auch hier um die Strukturen, um die Machenschaften und die Verstrickungen, um den Filz. Das ist bisweilen durchaus technisch: etwa in den vielen Gesprächen mit Anwälten und Ermittlern, Lieferanten und Bankiers, wo bis in die Filmmitte hinein noch vieles im Vagen bleibt; und immer dann, wenn Chandor gänzlich auf Musik und andere gängige Schmiermittel verzichtet. Sprö- Südostschweiz vom 9.4.2015, Seite 19.pdf nigt, hinschaut, wegschaut, hochschaltet, zurückschaltet und schliesslich die angekündigten Mini-Eskalationen endlich zündet – das zeugt von jenem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und sein Material, das wahre Könner auszeichnet. Und wie er uns immer wieder mit grandiosen Aufnahmen überwältigt – das ist es, was Kino magisch macht. Die intensive Suche nach der Frage des Glaubens In ihrem Projekt «Like a Prayer» geht die Regisseurin Corinne Maier dem Phänomen des Glaubens nach. Als Projektionsfläche der Frage nach dem Glauben dient das Kloster Sankt Josef im Muotathal. von Alfred Ziltener Der Glaube ist in Verruf geraten. In unserer säkularen Welt scheint er keinen Platz mehr zu haben. Wer sich öffentlich zu seinen religiösen Überzeugungen bekennt, läuft Gefahr belächelt zu werden. Der IS führt uns vor, wie Religion in sinnlose Brutalität umschlägt, und auch die Geschichte des Christentums ist von Gewalt geprägt. Auf der Suche nach dem Glauben Dem Phänomen des Glaubens geht die Basler Regisseurin Corinne Maier in ihrem neuen Projekt «Like a Prayer» nach, das in der Kaserne Basel erstmals zu sehen war. Warum glauben Menschen? Wie verändert sie ihr Glaube? Das sind ihre Fragen. Sie ist mit ihrer kleinen Crew in die Innerschweiz gereist, ins Minoritin- «Wir sind Corinne Maier»: Julia Bihl und Pressebild Johannes Dullin auf der Bühne. nenkloster Sankt Josef zuhinterst im Muotathal. Sechs Nonnen leben dort: Sie sind alle nicht mehr jung, die meisten wohnen schon seit Jahrzehnten im Kloster. Die Theaterleute habe einige Tage im Kloster gewohnt, sich mit den Schwestern unterhalten und sich in Küche und Garten nützlich gemacht. Gernot Wöltjen hat das in eindrücklichen Videosequenzen festgehalten, die auf einer grossen Leinwand über der Spielfläche zu sehen sind. Darunter hat die Bühnenbildnerin Valerie Hess eine Wand mit einem schmalen Eingang gestellt, hinter dem man manchmal, wie hinter Milchglas, vage Bewegungen ahnt. Trat Maier in ihren früheren Arbeiten noch selbst auf, so schickt sie nun in ihrem Namen zwei Performer auf die Bühne. «Wir sind Corinne Maier» stellen sich Julia Bihl und Johannes Dullin vor. Quasi improvisierend, einander ins Wort fallend, erzählen sie von zwei Hardcore-Gläubigen. Konzentration auf das Wesentliche Bihl und Dullin verkörpern demgegenüber Positionen des aufgeklärten Menschen. Bihl ringt um den Glauben, doch manchmal ist ihr Jesus auch «richtig peinlich». Trotzdem ist sie überzeugt, dass Gott ihr Handeln lenkt. Dullin ist der Agnostiker, der gern auch mal provoziert. «Zeig mal, wie du betest», fordert er Bihl einmal auf. Maiers Inszenierung konzentriert sich, ohne aufgesetzte Theatralik, ganz auf das Wesentliche. Getragen wird sie ohnehin von den Schwestern von Sankt Josef, die natürlich nur im Video zu sehen sind. Es wäre einfach gewesen, sich über die frommen Frauen lustig zu machen, doch Maier lässt ihnen ihre Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Würde und respektiert ihre Überzeugungen. Sie zeigt, wie Dullins kleine Provokationen an der selbstverständlichen Glaubensgewissheit von Schwester Marie-Luise wirkungslos abgleiten. Sie habe keine Wahl gehabt, antwortet diese auf die Frage, ob sie das Leben draussen nicht vermisse: Schon als Kind habe sie die geistliche Berufung gespürt. Maier zeigt die Nonnen beim Gebet und Bihl erklärt, dass die Frauen ihre Aufgabe darin sehen, stellvertretend für alle Menschen zu beten. Dass sie es sich in ihrem religiösen Idyll einfach machen, wird klar, wenn Schwester Rita erklärt, dass Gott das Gute sei und das Böse im Menschen. Trotzdem sind wir berührt, wenn am Schluss die greise Schwester Scholastika sich verabschiedet mit der Versicherung, dass die Nonnen für uns beten würden, und der Bitte auch für sie zu beten. Die FDP-Fraktion des Grossen Rates hat den St.Moritzer Grossrat und früheren FDP-Präsidenten Michael Pfäffli für das Standesvizepräsidium nominiert, wie die Partei mitteilt. Die Wahl findet in der Augustsession statt. Im Sommer 201610.4.2015, könnte Pfäffli dann Standespräsident und Südostschweiz vom Seite 2.pdf damit höchster Bündner für ein Jahr werden. (so) S-CHANF Aus dem Pfarrhaus wird ein Wohnhaus Am Mittwoch hat die Gemeindeversammlung von S-chanf einen Kredit in der Höhe von 220 000 Franken für die finanzielle Unterstützung an die Evangelische Kirchgemeinde S-chanf ohne Zins- und Rückzahlungsverpflichtung bewilligt. Der Kredit steht im Zusammenhang mit dem Umbau des ehemaligen Pfarrhauses. Die Stimmbürger haben zudem einen Kredit von 1,7 Millionen Franken für die Erneuerung der Infrastruktur des letzten Teilstücks in S-chanf Somvih genehmigt. ( fh) THUSIS Bauland in Compogna wird verkauft Die Thusner Gemeindeversammlung hat am Mittwochabend dem Verkauf einer Baulandparzelle im Gebiet Compogna zugestimmt. Erwerber der 1844 Quadratmeter grossen Fläche ist gemäss Gemeindekanzlist Räto Müller die Churer Allod Immobilien AG, sie zahlt dafür 900 000 Franken. Auf dem Bauland können Wohnbauten erstellt werden. ( jfp) DAVOS Abwasser kostet jetzt weniger In Davos werden rückwirkend per 1.Januar 2015 die Abwassergebühren gesenkt. Der Davoser Grosse Landrat hat diese Tarifreduktion an seiner gestrigen Sitzung einstimmig bewilligt. Gesamthaft umfasst die Gebührensenkung rund eine halbe Million Franken pro Jahr. Zum entsprechenden Antrag der Exekutive hatte auch eine Motion des Grossen Landrats Christian Stricker (GLP) geführt. Zugestimmt wurde zudem einer Teilrevision der Ortsplanung für die Bikestrecke Chörbschhornhütte zur Stafel Alp. (béz) LANTSCH / LENZ Schulhaus erhält neues Dachgeschoss Die Gemeindeversammlung von Lantsch/Lenz hat am Mittwoch einen Grundsatzentscheid für Tempo 30 gutgeheissen. Genehmigt wurde auch ein Kredit von 200 000 Franken für den Ausbau des Dachgeschosses im Schulhaus sowie ein Kredit von 100 000 Franken für die Postautohaltestelle Sozas. (so) DAVOS Am Jakobshorn wird eine Person vermisst In Davos ist am Montag ein 35-jähriger Hotelgast als vermisst gemeldet worden. Weil die Polizei sein Handy abseits der markierten Pisten am Jakobshorn geortet hat, muss befürchtet werden, dass der Mann in eine Lawine geraten ist. Gemäss Kantonspolizei läuft eine Suchaktion. (so) Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden E von Jano Fel r au M en M berichten vo gefeiert am Tag zwische co, bei Kilom Passo del San tunnel, der e dichtete Fels und Süd gefu geschafft, die barriere dur Alfred Fu war ja der offi eigentlich ha schon einen ben da eine an einem Ab Jung un Alte Luca Tench über neue Ide zur Senkung Alterspflegek U nsere lung m Zuna tung verbun tiefen Gebur immer deutl teils der älte Gesellschaft, will – auch e oder bereits lung wird da sozialen Syst AHV – absich stehen zu kö fungen zu ve bald sehen, w Räte die Bots Altersvorsorg umsetzen we Alfred Furger, 74, schmunzelt. «Das Millionen war ja der offizielle Durchschlag. Aber eigentlich hatten die Mineure im März Arbeitsstunden wurden auf den schon einen Verbindungsgang, die haBaustellen des San-Bernardinoben da einen Streich gespielt. Es war Tunnelsvom bis zur 10.4.2015, Eröffnung am Seite Südostschweiz an einem Abend zur Zeit des Schicht1. Dezember 1976 geleistet. lungselemente, half aus an den Pumpen, führte Beton. «Es war ein Murks und ein Krampf», erinnert er sich. «Regulär hat man 66 Stunden in der Woche gearbeitet, 11-Stunden-Schichten, 2a.pdf sechs Tage hintereinander. Einmal wa- Jung und Alt Alterspflege: Zeit soll kein Geld sein Luca Tenchio über neue Ideen zur Senkung der Alterspflegekosten U nsere demografische Entwicklung mit der stetigen Zunahme der Lebenserwartung verbunden mit einer tendenziell tiefen Geburtenrate führt zu einer immer deutlicheren Zunahme des Anteils der älteren Menschen in unserer Gesellschaft, wozu wir alle – so Gott will – auch einmal gehören werden oder bereits gehören. Diese Entwicklung wird dazu führen, dass wir die sozialen Systeme – vorab jenes der AHV – absichern müssen, um bestehen zu können und soziale Verwerfungen zu vermeiden. Wir werden bald sehen, wie die eidgenössischen Räte die Botschaft zur Reform der Altersvorsorge 2020 aufnehmen und umsetzen werden. Neben den Reformen der Sozialsysteme gilt es, die immer stärker steigenden (Betreuungs-)Kosten des Alters möglichst aufzufangen. Hierzu gehören neue Formen des Zusammenlebens, aber auch der gegenseitigen Pflege im Alter. Rüstige Rentner sollen in Zukunft – sofern sie mögen und leistungsfähig sind – anderen betreuungsbedürftigen Rentnern helfen können und dafür sogenannte Zeitgutschriften erhalten, die sie – sollten sie selber pflegebedürftig werden – einlösen können. St.Gallen ist Mitte 2014 mit einem guten Beispiel vorangegangen, indem von der Stadt, dem kantonalen Amt für Soziales, den städtischen Kirchgemeinden, der Pro Senectute, der Spitex, dem Roten Kreuz und der Frauenzentrale ein entsprechendes Pilotprojekt über eine Stiftung als Betreiberin in Angriff genommen worden ist. Erfahrungen im Kanton Obwalden und Sarnen sind bereits positiv ausgefallen. Die stetig steigenden Pflegekosten, über die die betroffenen Gemeinwesen ächzen, müssen mit verschiedenen Mitteln angegangen werden – auch im Kanton Graubünden. Ich bin der Überzeugung, dass bei entsprechend ausgefeilter und steuerbefreiter Ausgestaltung von Zeitguthaben auch in Graubünden derartige Modelle Zuspruch fänden und die Pflegekosten nicht unmassgeblich positiv nach unten beeinflussen würden. Es bleibt zu hoffen, dass aus privater Initiative, allenfalls verbunden mit staatlicher Anschubfinanzierung, auch bei uns Strukturen entstehen, die den genannten Kostensenkungsbeitrag zur Folge haben und gleichzeitig jedem Einzelnen die eigenen Pflegekosten senken. Das Alter und die damit einhergehenden Kostenbelastungen bedürfen neben kluger Anpassung bestehender Sozialwerke neuer, innovativer Ideen, um den anstehenden Herausforderungen Herr zu werden. * Luca Tenchio ist Präsident des Corpus catholicum, Grossrat und Rechtsanwalt in Chur. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Quotidiana vom 8.4.2015, Seite 12.pdf 12 LEXICON ISTORIC RETIC MESEMNA, ILS 8 DA AVRIGL 2015 L’uvestgieu en il 19avel e 20avel tschientaner Istorgia da la diocesa da Cuira, part 2 Dal 1800 al temp preschent La Dieta confederala dal 1804 aveva renunzià a la secularisaziun da Cuira, decidida en il Recess da la Dieta imperiala, essend che las valurs da facultad avant maun na tanschevan betg per indemnisar l’uvestgieu ed il chapitel catedral. L’uvestg aveva pers ils dretgs suverans seculars ed ils possess da la diocesa en il Tirol (Fürstenburg e.a.) eran passads a l’Austria. Sulettamain la Curt episcopala a Cuira era restada en possess da l’uvestgieu ed aveva mantegnì ina posiziun speziala fin il 1852. A l’entschatta dal 19avel tschientaner ha subì il territori diocesan midaments considerabels: il 1805 èn passads il Tirol ed il Vorarlberg a la Baviera ch’ha scumandà il 1807 a l’uvestg d’ademplir ses duairs en questas regiuns. Il 1808 ha l’uvestg Karl Rudolf von Buol-Schauenstein renunzià a sias obligaziuns visavi las parts diocesanas oramai bavaraisas (ca. 80 000 catolics), attribuidas il 1809 provisoricamain, il 1816 definitivamain a las diocesas da Brixen e da Trent, uschia che Cuira cumpigliava, cun excepziun dal Liechtenstein, mo pli regiuns svizras. Il 1819 ha la Sedia apostolica transferì la plipart dals territoris da l’anteriura diocesa da Constanza en Svizra a l’uvestgieu da Cuira. Il 1823 è vegnì fundà l’uvestgieu da Son Gagl e collià en uniun persunala cun Cuira. La regiun da Sargans, ch’appartegneva al chantun da Son Gagl, è passada da l’uvestgieu da Cuira a quel da Son Gagl. Da las regiuns oriundamain en possess da la diocesa da Constanza è s’associà il chantun Sviz definitivamain a Cuira il 1824. Ils chantuns Uri (la Val d’Ursera fascheva gia part da Cuira), Sutsilvania, Glaruna e Turitg èn restads fin oz provisoricamain tar Cuira, Schaffusa fin il 1841 (alura attribuì a Basilea), ils dus chantuns d’Appenzell fin il 1867 (alura a Son Gagl). Il 1867 ha Com cedì las pravendas da Brüsch e da Poschiavo a Cuira (incorporadas il 1871), uschia che l’entir chantun Grischun suttasteva uss a Cuira. L’uvestgieu dubel da Cuira e Son Gagl è puspè vegnì abolì il 1836 sut pressiun da las duas regenzas chantunalas. Vers la fin dal 1840 èn il directori diocesan ed il chantun Grischun vegnids malperina pervi da las scolas: il 1850 ha il Cussegl grond fusiunà las duas scolas chantunalas, quella catolica e quella refurmada; il 1856 è il Seminari episcopal per mats a Mustér sa schlià suenter sis onns d’operusitad ed è vegnì substituì tras il Collegium Maria Hilf Sviz, fundà il 1856 e suttamess a la direcziun suprema da l’uvestgieu da Cuira. Las tractativas cun ils chantuns Sutsilvania ed Uri en vista a lur integraziun definitiva en la diocesa da Cuira han durà l’entir 19avel tschientaner. Ellas n’han betg chattà in consens, essend che la Svizra Centrala n’ha mai renunzià a l’idea da fundar in’atgna diocesa e ch’il Grischun è s’opponì a quella, sa referind a privilegis presumtivs ed al tractament egual da tut ils stadis diocesans. Ils dus chantuns da la Svizra Centrala èn vegnids renconuschids pir il 1928 sco parts egualas, els èn però restads incorporads vinavant mo provisoricamain a l’uvestgieu da Cuira. La revoluziun industriala e las restructuraziuns socialas han alura midà fermamain las relaziuns confessiunalas dapi la mesadad dal 19avel tschientaner. Il dumber dals catolics domiciliads en regiuns refurmadas è s’augmentà considerablamain, cuntrari a quel dals refurmads en la Svizra Centrala ch’è creschì mo levamain. Il pli ferm è sa midada la relaziun confessiunala en il chantun da Turitg: il 1900 faschevan ils catolics 19%, il 1960 32% da l’entira populaziun; il 1970 abitavan 59% da tut ils members da la diocesa da Cuira – Alpsu – pli u main lung ils cunfins actuals tranter ils chantuns Uri/Grischun e Glaruna/Grischun – Kerenzerberg – cunfin tranter Mollis/Näfels e Niederurnen/Bilten – cunfin dal chantun Sviz – Reichenburg – nord da Benken – Steinenbach (al nord da Kaltbrunn) – Churfirsten – Thur ad Alt St. Johann/ Wildhaus – lung il crest – Montlingen – lung il Rain – nord dal Vorarlberg – lingia da l’Iller. Il territori da la claustra da Son Gagl, incorporada a l’uvestgieu da Constanza probablamain en il 12avel tschientaner, cunfinava cun la diocesa da Constanza en la planira da la Linth a Schänis ed a Montlingen. Il cunfin tranter las diocesas da Constanza e da Cuira furmava gia en il temp medieval tempriv in cunfin linguistic tranter l’intschess dals colonisaturs alemannics dal nord e dals welschs, quai vul dir dals Rumantschs domiciliads al Lai Rivaun ed en la Val dal Rain Songagliaisa (Hirschensprung). Quest cunfin ecclesiastic ha pussibilità al rumantsch da surviver en questas regiuns durant plirs tschientaners. Il cunfin dinamic en il temp medieval è era resultà d’intervenziuns da vart dal duca d’Alemannia. Suenter il Congress da Vienna (1815) è la diocesa da Constanza vegnida separada da la provinza ecclesiastica da Magonza-Regensburg e schliada il 1818. La part svizra è vegnida attribuida a la sedia apostolica ch’ha suttamess la gronda part da quella a l’administraziun tras l’uvestgieu da Cuira, tranter auter en cumpensaziun per las perditas dal 1816 en la part austriaca da la diocesa. Il 1823 è vegnida fundada la diocesa dubla da Cuira-Son Gagl. Il 1836 è la diocesa da Son Gagl daventada independenta suenter grevs cumbats politic-ecclesiastics. in grad academic. La refurmaziun ha provocà ina gronda perdita d’entradas ed ina diminuziun dal dumber da canonis residents. Ils statuts, relaschads dal nunzi Giovanni della Torre il 1598, han fixà il dumber da canonis residents (purtaders da las dignitads) a sis, ils ulteriurs 18 commembers dal chapitel catedral da Cuira betg residents en la curt episcopala avevan il dretg da participar a l’elecziun da l’uvestg. Il prevost vegniva provedì da la Sontga Sedia, il decan dal chapitel catedral, il cantor ed il custos vegnivan elegids da l’uvestg. Ils Artitgels da Glion dal 1524 e 1526 han limità fermamain l’influenza da las dretgiras episcopalas. Il vicari general era in canoni resident ed occupava savens era la funcziun da l’uffizial (mo temporarmain en il 16avel tschientaner, senza interrupziun pir a partir dal 17avel tschientaner). En il Vorarlberg, il Vnuost, il Mesauc, il Surses ed en Surselva admoniva in vicari il clerus a la disciplina, infurmava la curia episcopala ed organisava conferenzas pastoralas. Fin il 1941 vegnivan ils uvestgs elegids dal chapitel catedral e confermads da la Sontga Sedia. Cun Johannes Vonderach (uvestg dal 1962–90) ha il papa nominà il 1957 per l’emprima giada in coadjutor cun dretg da successiun, il 1988 ha el accordà il medem dretg a Wolfgang Haas (1990–97). La nominaziun da quel ha provocà il 1998 la separaziun ecclesiastica dal Liechtenstein e da l’uvestgieu da Cuira. Ils canonis exequeschan mo anc funcziuns spiritualas, oravant tut en l’administraziun sco vicaris generals ed uffizials. Dapi il Segund Concil vatican han els pers in pau da lur impurtanza sco cussegliaders dals uvestgs tras autras instituziuns, sco per exempel ils cussegls dals prers. Pierre Surchat Chapitel catedral da Cuira Il chapitel catedral è la cuminanza corporativa dal clerus d’ina baselgia episcopala (catedrala, dom). Las emprimas menziuns da chapitels catedrals en ils uvestgieus svizzers ed en la diocesa da Com – responsabla per parts dal Tessin, la Vuclina e (fin il 1869) la Val Puschlav – dateschan dal 9avel tschientaner. Lur funcziuns essenzialas eran l’arranschament solen dals cults divins en la catedrala, la tscherna da l’uvestg (savens en concurrenza cun il papa u cun pussanzas secularas), la cussegliaziun da l’uvestg sco era la participaziun a l’administraziun ecclesiastica e civila (a partir dal temp medieval tardiv). Scola auta da teologia Cuira Il decret davart ils seminaris, relaschà dal Concil da Trent ils 15 da fanadur 1563, n’ha l’emprim betg pudì vegnir concretisà en l’uvestgieu da Cuira. Ils teologs catolics pudevan – grazia ad uschenumnadas plazzas libras – studegiar al Collegium Germanicum a Roma, al Collegium Helveticum a Milaun, a Vienna ed a Dillingen (Baviera). L’instituziun d’in seminari da spirituals en il chastè da Rapertg ha fatg naufragi il 1798 en consequenza dals scumbigls da guerra helvetics. L’emprim seminari da spirituals da la diocesa da Cuira è vegnì avert il 1800 da Gottfried Purtscher a Meraun (Tirol dal Sid). Suenter la serrada sfurzada dal seminari il 1807, ha cuntinuà l’abazia premonstratensa da S. Gliezi/Cuira anc il medem onn cun l’instrucziun da spirituals. La Scola auta da teologia, instituida il 1968 a Cuira e purtada da l’uvestgieu, ha schlargià il 1974 ils dretgs graduals per il licenziat ed ha introducì il 1975 la terza via da furmaziun per laics en il servetsch ecclesiastic en uffizi cumplain; il 1991 è quella vegnida separada dal Seminari da spirituals. L’Institut per il perfecziunament e la scolaziun supplementara dals catechets, fundà il 1985, ha entant stuì vegnir schlià. Dumber da students 2007/08 47. Adolf Collenberg Adolf Collenberg Svilup territorial da l’uvestgieu da Cuira. en il chantun da Turitg. Il 1863 han quatter pravendas catolicas, tranter quellas Turitg, obtegnì l’approvaziun da dretg public. Gia il 1873, durant il Cumbat cultural, è la pravenda catolica da Turitg vegnida cedida als cristiancatolics. Ils catolics romans, numericamain bler pli ferms, han stuì s’organisar a basa dal dretg privat. Suenter il Cumbat cultural han ins pudì rinforzar la diaspora turitgaisa cun il sustegn finanzial da la missiun naziunala. Il 1928 dumbrava il chantun da Turitg 41 pravendas catolicas. A l’entschatta dal 20avel tschientaner furmava el in decanat, dividì pli tard en trais decanats che suttastevan ad in cumissari episcopal. Suenter lungas tractativas han ins erigì il 1956 in vicariat general per Turitg. Pir l’approvaziun da dretg public ha manà il 1963 a l’egualitad legala da las duas baselgias naziunalas, quella catolica e quella evangelic-refurmada. Fin il 1941 èn ils uvestgs (tuts Grischuns) vegnids elegids dal chapitel catedral e confermads da la Sedia apostolica. Johann Vonderach (1962–90) il 1957 e Wolfgang Haas (1990–98) il 1988 èn stads ils emprims coadjuturs cun dretg da successiun, tschernids da la Sontga Sedia. La nominaziun da l’uvestg Haas ha provocà grondas cuntraversas tranter ils catolics da la diocesa. Il 1998 è il Principadi da Liechtenstein vegnì separà ecclesiasticamain da Cuira ed è daventà in’archidiocesa; Haas è vegnì nominà archuvestg da quella ed è vegnì substituì a Cuira tras l’uvestg Amédée Grab. Il 1917 han ins stgaffì definitivamain ils uffizis d’in vicari general e d’in uffiziant. Ultra dal vicariat general a Turitg (1956) èn vegnids stgaffids il 1970 mintgamai in vicariat general per ils chantuns da la Svizra Interna respectivamain per il LIR Grischun, il Glaruna ed il Principadi da Liechtenstein. Il 1800 ha la diocesa da Cuira avert l’emprim seminari da spirituals a Meraun. Suenter esser vegnì schlià da la regenza bavaraisa il 1807, ha el cuntinuà anc il medem onn cun l’instrucziun en l’anteriura abazia premonstratensa da S. Gliezi a Cuira. La Scola auta da teologia, averta il 1968, ha introducì il 1974 il licenziat ed il 1975 l’instrucziun sin terza via per laics en servetsch ecclesiastic a temp cumplain (il 1991 è questa instrucziun vegnida separada da la scolaziun al seminari). La plipart dal clerus da Cuira derivava da la Svizra Interna e dal Grischun catolic (oravant tut da la Surselva). Fin al Segund Concil vatican (1962–65) era la gronda part dal clerus grischun da lingua rumantscha. Suenter il 1965 han ins laschà translatar tut ils cudeschs liturgics en ils divers idioms rumantschs. Gia en il 19avel tschientaner e surtut suenter il 1970 han ins sentì la mancanza da sacerdots: il 1850 pastorava in spiritual diocesan 533 olmas, il 1980 1184. La missiun dals chaputschins, survegliada da la Congregaziun (romana) da propaganda, è vegnida abolida il 1920. Singuls missiunaris èn restads activs fin il 1955. Per mancanza da sacerdots s’occupan dapi il 1970 pli savens conventuals da las pravendas: paders da las abazias benedictinas da Nossadunnaun, Engelberg e Mustér dattan era succurs en la pastoraziun da la diocesa. Pierre Surchat Constanza Diocesa fundada enturn l’onn 600 en la culegna romana Constantia. Sedia da l’uvestg da Constanza, supprimida il 1821 e schliada il 1827. Cunfin meridiunal da la diocesa: Grimsel – Scalina Il chapitel catedral da Cuira en il temp medieval Quel è attestà en la diocesa da Cuira dapi il 940. En la confruntaziun cun l’uvestgieu chattava el savens sustegn en la Lia da la Chadé. Durant l’epoca dals uvestgs esters (14avel/15avel tschientaner) segirava il chapitel catedral ils dretgs da l’uvestgieu. Statuts dateschan dals onns 1273, 1282, 1321 (capitulaziun electorala per la tscherna da l’uvestg), 1349 e 1414. Dumber da canonis: 1237 38; 1283 24; 1416 17; 1472 23. Dignitaris: prevost, decan, scolasticus, cantor (dapi il 1235), custos. A partir da la fin dal 13avel tschientaner na fascheva l’uvestg betg pli persunalmain dretgira en cas ecclesiastics, ma numnava in derschader clerical che s’orientava oravant tut al dretg processual canonic roman (uffizialat). En il Vnuost lontan occupava l’archiprer l’uffizi dal derschader clerical, en l’Engiadina, savens inaccessibla, il decan. Lothar Deplazes Il chapitel catedral da Cuira en il temp modern Premissas per vegnir recepì en il chapitel catedral eran ina derivanza nobla u Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Lexicon Istoric Retic Il LIR cumpiglia bundant 3100 artitgels (geografics, tematics, artitgels da famiglias e biografias) davart l’istorgia grischuna/retica e la Rumantschia. Editura: Fundaziun Lexicon Istoric Svizzer; versiun online: www.e-lir.ch; versiun stampada: www.casanova.ch u en mintga libraria. 2. ausgewählte Kolumnen aus den Lokal- und Regionalzeitungen Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 2 K_Bündner Tagblatt vom 4.4.2015, Seite 2.pdf KLARTEXT B ü n d n e r Ta g b l a tt Samstag, 4. April 2015 O S T E R B E T R A C H T U N G Sr. Ingrid Grave (OP) über die Osterbotschaft Ostern – mit verwundeten Füssen O Ostern, das ist Leben! Das ist weg von hier, aus diesem Tal der Tränen, wo man sich die Füsse wund gelaufen hat. Das ist aufstehen, sich erheben, auferstehen. Alles, was als tot erlebt wurde, hinter sich lassen. Oder mitnehmen ins neue Leben. Aber verwandelt. Das ist Ostern. Nichts anderes wollen uns die Ostergeschichten erzählen. Da ist einer, der sich in den letzten drei Jahren seines jungen Lebens die Füsse wund gelaufen hat, weil er überzeugt war: Das Elend dieser Welt, das ist nicht alles. Hinter diesem Leben, das uns Menschen oft so schwer fällt, leuchtet etwas anderes auf. Dieses Andere, Jenseitige soll durchleuchten, spürbar werden im Hier und Jetzt! Nicht selten ist es uns nur als Jenseitsvertröstung vorgestellt worden, als jenseitiger Lohn dafür, dass wir in die- sem Leben die Mühe des Alltags geduldig erlitten und Schicksalsschläge gottergeben hingenommen haben. Das deckt sich nicht mit der Botschaft Jesu. Er sagt, es darf und soll uns schon jetzt – hier auf Erden – gut gehen. Er hat sein Zuhause verlassen, ist auf die Strasse gegangen und hat es allen erzählt, die es nur hören wollten: Das Elend dieser Welt ist weitgehend die Folge einer unguten Lebensweise. Das gilt für mich persönlich wie für ein gesellschaftliches System. Jesus hat die Menschen aufgerufen, ihren Lebensstil zu überdenken und konnte dabei sehr radikal werden: Verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen. Das heisst nicht – auch für Jesus nicht – alle müssten das tun. Es heisst vielmehr: Überdenke, mit welchen Ansprüchen du lebst im Vergleich zu jenen, die ihr Brot in der Mülltonne suchen. Ist das ein Osterthema? Ja, ich meine schon! Jesus hat sich im wahrsten Sinne des Wortes die Füsse wund gelaufen im Palästina jener Zeit. Er hat aufgrund seiner tiefen Verbundenheit mit dem, der im Jenseits waltet, aus innerster Überzeugung sagen können, dass dieser Jenseitige Liebe ist. Er nannte ihn Vater. Aus diesem Gott der Liebe ist er hervorgegangen, und dieser Gott hat auch uns ins Dasein gerufen – aus seiner Liebe heraus. Daher rührt «Verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen» unsere Liebesfähigkeit. Wir vergessen es so oft! Wir vergessen, woher wir kommen. Wer seine Herkunft vergisst oder verleugnet, schneidet sich von seinen Wurzeln ab. Der Wurzelsaft der Liebe kann nicht mehr in unser Wesen einfliessen. Das ist der Moment, wo der Egoismus sich breit zu machen be- ginnt. Hier setzt Jesus an. Dafür läuft er sich die Füsse wund, die Menschen daran zu erinnern, woher sie sind. Ihnen zu sagen, zu verkünden, dass sie befähigt sind, ihr Leben anders zu gestalten, nämlich aus dem Fluss der Liebe heraus. Wer es schafft, diese Liebe fliessen zu lassen, dem geht es besser und ganz sicher auch den Menschen seiner Umgebung. Jesus ist Realist. Er weiss, Leid und Schmerz werden dadurch nicht aus der Welt geschafft. Aber «angeschlossen» an den Fluss der Liebe können wir besser damit umgehen. Mein eigener Schmerz wird erträglicher, wenn ein Mitmensch sich mir mitfühlend und liebevoll zuneigt. Vielleicht hat dieser Mitmensch sich die Füsse wund gelaufen, um gerade jetzt in meiner Nähe zu sein, wo ich ihn brauche. Seine Nähe hilft mir, mich zu erheben, mich aufzurichten. Seine Nähe ist für mich wie ein Auferstehen zum Leben hin. Mein Auferstehen wiederum beglückt und beflügelt ihn. Er vergisst seine wehen Füsse. Ein kleines Ostern für beide, für ihn und für mich. Und Jesus? Nur wenige Menschen haben ihn verstanden. Das bedeutete seinen Tod, seinen physischen Tod. Hier beginnen die Ostergeschichten. Diejenigen, die mit Jesus gegangen sind bis zum Kreuz und seine durchbohrten Füsse gesehen haben, sie erfuhren ihn in seiner Lebendigkeit am Ostermorgen. Die Wundmale sind noch da, aber sie bluten nicht mehr. Dieser «Tote» befindet sich im Prozess einer Verwandlung ins Leben. Wo seine verwundeten Füsse den Erdball liebend berühren, da grünt es. Ob wir es sehen mitten im Kriegsgeschrei unserer Tage? Er geht ein in ein Licht, in das kein Schatten der Bosheit ihm folgen kann. Denn Liebe erwartet ihn – im gleichen leuchtenden Rot wie seine Wundmale. Da hinein ist er auferstanden. Sein Tod wird für uns zu einer Verheissung. Wagen wir es zu glauben? SR. INGRID GRAVE ist Dominikanerin des Klosters Ilanz. M A R I N A L U T Z zu Ostern Vermutlich wissen wir alle, dass hinter Ostern mehr steckt als leckere Schokoladehasen und bunte Eier, selbst wenn wir weder kirchlich sozialisiert noch an Religion interessiert sind. An Ostern feiern wir Christen die Auferstehung Jesu Christi. Wir feiern den Sieg des Lebens über den Tod. Diese Aussage bleibt ein Mysterium. Ein Geheimnis, das unserer Ratio widerspricht und sich nicht in Worte fassen lässt. Doch gerade weil sich die Aussage von Ostern mit dem menschlichen Geist nicht erschliessen lässt, sind Symbole und Bilder nicht die schlechteste Variante, uns Menschen an die tiefere Aussage heranzuführen. Gerne wird angeführt, dass Meister Lampe als ein unchristliches Fruchtbarkeitssymbol im 17. Jahrhundert erstmals im deutschen Raum in Legenden auftrat. Auch andere Legenden, die sich um die Herkunft des Osterhasen ranken, haben nichts mit der christlichen Botschaft von Ostern zu tun. L E S E R B R I E F E Zum Wolf und zum Front National in Frankreich Entmündigung der Bevölkerung durch Umweltverbände In den Medien kann ich die ungerechtfertigte Kritik an Bundesrätin Leuthard lesen. Wenn Herr Lienhard schon zum Angriff auf den Bundesrat pfeift, sollte er sich zuerst richtig mit der Materie befassen. Seine Behauptungen sind schlichtwegs falsch. Die Naturschutzverbände spielen mit gezinkten Karten. Es geht ihnen gar nicht um die Tiere sowie Flora und Faune. Die Umweltverbände WWF, ProNatura , Pro Wolf und STS sind ein Bombengeschäft mit Millionenumsätzen. Pro Natura kann sich in der Juraweid locker unter höchst schleierhaften Umständen 41.5 Hektaren Landwirtschaftland für 3.6 Millionen kaufen . Die mitbietenden Landwirte wurden einfach ausgetrickst und überboten. In Mutten ist Pro Natura mit rund 33 Hektaren der grösste Landbesitzer. Wo ist hier das landwirtschaftliche Bodenrechtsgesetz. Wo sind hier die Grundbuchverantwortlichen? Es ist kein Wunder, dass immer mehr Leute in der Schweiz von Korruption und Vetternwirtschaft sprechen. Herr Lienhard schreibt von Trick bei der Bundesrätin. Die schleierhaften Tricks der Naturschutzverbände stinken bis zum Himmel, weil ihnen zur Durchsetzung ihrer Millionensummen von Spendengeldern locker alles «gekauft» werden kann. Keiner dieser selbsternannten Tierschützer kann mir einen Nutzen der Grossraubtiere aufzeigen. Die Wölfe versetzen die Landbevölkerung in Angst und Schrecken, weil sie im Bündnerland schon in unseren Dörfern spazieren. Die Wölfe reissen alle Lebewesen zur Futterversorgung. Die Wölfe sind keineswegs vom Aussterben bedroht, haben aber in unserer Zivilisation keinen Platz. ▸ HERMI PLUMP, TAMINS Frankreich und der Front National Der Schreiber dieser Zeilen weilt seit über zwanzig Jahren immer wieder in Frankreich, so auch zwischen den zwei Wahlgängen vom 22. und 29. März und kann den Beitrag «Angst, dass Frankreich am Front National zerbricht» vom 16. März nicht nachvollziehen. Die beiden Parteien PS (Sozialisten) und UMP (konservativ) regieren das Land seit 40 Jahren und sind für die heutige Misere verantwortlich. Der UMP wird angelastet, dass sie die masslosen Forderungen der Sozialisten wie zum Beispiel die 35 Stundenwoche nach einigem Zögern immer mitgetragen hat. Daher kommt auch das Schimpfwort UMPS, also die bürgerlichen Sozialisten. Aus den Wahl- dass es in Frankreich offenbar nur ein Problem gibt, nämlich den Front National. Die Philosophin Chantal Delsol schrieb daraufhin im Figaro: «PS und UMP streiten sich darüber, ob die Engel männlichen oder weiblichen Geschlechts sind, nur um von den echten Problemen abzulenken.» Diese heissen Masseneinwanderung unqualifizierter Leute aus dem Maghreb und Afrika, Arbeitslosigkeit, riesige Staatsdefizite, aggressiver Islam und so weiter. Einzig der Front National benennt diese Probleme, hat aber ein unausgewogenes und praxisfernes Parteiprogramm, das ganz links beginnt mit dem Ausbau des Staatsdienstes, Erhöhung des Mindestlohnes und auf der rechten Seite endet mit dem Austritt aus der EU, Schaffung eines neuen Franc, Stopp der uferlosen Zuwanderung. Der französische Wähler steht also vor der Wahl von zwei schlechten Lösungen: Fortsetzung des Lotterbetriebes PS/UMP mit einer jährlichen Neuverschuldung von mindesten 90 Milliarden Euro bis zum Ende der Präsidentschaft Hollande im Mai 2017, von Brüssel bereits abgesegnet, oder Wahl von neuen Amtsträgern aus dem FN für die 101 Departemente bei gleichzeitiger Weiterführung der sozialistischen Politik bis Mai 2017. Nein, Frankreich zerbricht keineswegs am FN, sondern an der Unfähigkeit der Regierung, die echten Probleme anzugehen und zu lösen. Vergessen wir aber nicht, dass bereits der Kirchenlehrer Ambrosius (4. Jh.) den Hasen als Auferstehungssymbol deutete. Der Ursprung des Brauchs, die Eier zu färben, ist nicht bekannt. Als Erklärung dient oft die Gepflogenheit, während der Fastenzeit keine Eier zu essen: Um diese haltbarer zu machen, seien sie gekocht und zwecks Unterscheidung der nicht gekochten Eier gefärbt worden. In der christlichen Theologie wird aber seit Alters her Bezug auf die Eiersymbolik genommen: Aus dem vermeintlich toten Rund bricht neues Leben hervor. Das Leben bricht sich durch die harte Schale den Weg ans Licht. Ob sich nun jemand lediglich an süssen Häschen und bunt verzierten Eiern erfreut oder in ihnen Symbole für die christliche Frohbotschaft erkennt: Ihnen allen wünscht das BT-Team von Herzen frohe und gesegnete Ostern. Die nächste BT-Ausgabe erscheint am Dienstag, 7. April. (NOL) IMPRESSUM Wo bleibt die Vernunft? Was in den Leserbriefspalten hin und wieder über den Wolf allgemein und über das Rudel im Calanda-Gebiet im Besondern geschrieben wird, entbehrt oft jeglicher Sachlichkeit. Eine der wohltuenden Ausnahmen ist für mich der Beitrag von Jürg Paul Müller, der in seinem Internet-Blog unter anderem geschrieben hat: «… sind massvolle Eingriffe notwendig, wie der Abschuss eines einzelnen Wolfes, der sich fast nur in Siedlungen aufhält. Damit erhöht man die Akzeptanz für die betroffenen Arten bei grossen Teilen der Bevölkerung und sichert langfristige ihre Erhaltung.» Am Schluss führt Müller weiter aus: «Fundamentalistische Haltungen führen nicht weiter. Sie dürfen nicht dazu dienen, sich mit einem interessanten Thema in der Öffentlichkeit zu profilieren. Gesucht sind verantwortungsvolle Lösungen. Wir Menschen haben die ursprünglichen Lebensräume der Tierwelt verändert, um das eigene Überleben zu sichern. Heute sind die Grundbedürfnisse längst garantiert. Unsere Ansprüche an Wohnraum, Mobilität und Güter aller Art gehen weit darüber hinaus. Schon darum sollten wir der freilebenden Tierwelt einen ihr gebührenden Platz einräumen können, Schritt für Schritt und mit pragmatischen Lösungen.» Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Herausgeberin: Somedia (Südostschweiz Presse und Print AG). Verleger: Hanspeter Lebrument. CEO: Andrea Masüger. Redaktionsleitung: Larissa M. Bieler (Chefredaktorin, lmb), Norbert Waser (Stv. Chefredaktor, nw). Redaktionsadressen: Bündner Tagblatt, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Telefon 081 255 50 50, E-Mail: [email protected]. Verlag: Somedia, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Tel. 081 255 50 50, E-Mail: [email protected]. Kundenservice/Abo: Somedia, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Tel. 0844 226 226, E-Mail: [email protected]. Inserate: Somedia Promotion, Sommeraustrasse 32, 7007 Chur, Telefon 081 255 58 58, E-Mail: [email protected] Reichweite: 167000 Leser (MACHBasic 2014-2). Abopreise unter: www.buendnertagblatt.ch/aboservice Die irgendwie geartete Verwertung von in diesem Titel abgedruckten Inseraten oder Teilen davon, insbesondere durch Einspeisung in einen Online-Dienst, durch dazu nicht autorisierte Dritte, ist untersagt. Jeder Verstoss wird von der Werbegesellschaft nach Rücksprache mit dem Verlag gerichtlich verfolgt. K_DavoserZeitung vom 10.4.2015, Seite 19.pdf Davoser Zeitung Klosterser Zeitung Prättigauer Post R E G I O N Freitag, 10. April 2015 19 KIRCHENFENSTER Ostern geht weiter Ostern liegt hinter uns. Doch Ostern ist nicht vorbei, Ostern geht weiter. Es ist bei allen christlichen Festen so, sie gehen weiter. Sie rufen die Basisbotschaften des Glaubens aus. Die Fundamente, auf denen die Kirche und das Lebenshaus des Glaubens errichtet wurden. Unfassbar Die Auferstehung des gekreuzigten Jesus von Nazareth ist mit unserem naturwissenschaftlichen Denken allein nicht zu fassen. Sie ist das absolute Wunder Gottes, mit nichts zu vergleichen. Ohne jede Analogie. Man spricht in der heutigen Physik bereits von vielen Dimensionen, die sich im Ganzen der Natur überkreuzen, durchdringen, umfassen, auch wenn wir es subjektiv nicht fühlen, begreifen und wahrnehmen können. Die Errechnung vieler Dimensionen im Universum zeigt uns, wie begrenzt und endlich unser Wissen ist. Sie gehört jedoch nicht zu den befreienden Glaubenswahrheiten. Sie verweist uns lediglich auf das Unendliche und Ewige – letztlich – das Wirken Gottes. Gottes Dimension Doch wenn schon Dimension, dann ist dieses einzigartige Wunder, das wir an Ostern feiern, die Dimension Gottes, des Schöpfers und Erlösers aller Menschen. Er hat seinen Sohn für unsere Erlösung am Kreuz sterben lassen und ihn aus dem Tod erweckt. Wer an dieses Wunder über allen anderen Wundern glauben kann, der ist «wahrhaft frei», wie Papst Franziskus den österlich lebenden Christen nennt. Man darf sich wie in eine Liebe, so auch in diese zentrale Glaubenswahrheit fallen lassen. Nicht unter Verzicht auf seine Vernunft, wohl aber im Wissen darum, dass Gottes Handeln weit über alle irdische Dimension hinausgeht. Das Staunen über die möglichen vielen Dimensionen zwischen uns und um uns herum, mag uns ein wenig nachdenklich machen im Blick auf unsere allzu vielen subjektiven Zweifel. Es gibt wirklich mehr, «als sich unsere Schulweisheit träumen lässt». Denn das Handeln Gottes ist grösser und rettender als alles andere zwischen Himmel und Erde. Was an Ostern geschehen ist, das kann nur Gott allein aus sich bewirken. Neue Menschen «Neue Menschen sein» heisst, Menschen sein, die wirklich an «Christus Glaubende» genannt werden, die in einem «neuen Leben leben» – «österlich leben». So wird aus der Gabe Aufgabe. Ostern hat Konsequenzen. Österlich leben heisst: – Die Osterfreude spüren lassen und sie verbreiten in unsrer oft so pessimistischen und egoistischen Zeit. – Ein Mutmacher sein. Andere aus ihren Grenzen und Lebensängsten herausholen in ein zuversichtliches Leben. – Widerstand leisten gegen alle Menschenverachtung und Ungerechtigkeit in unserem Lebensumfeld. «Christen sind Protestleute gegen die Kultur des Todes.» – Die Sonntagskultur wertschätzen. Jede sonntägliche Eucharistiefeier ist Erinnerung an das umstürzende Ereignis von Ostern. Es war eine revolutionäre Entscheidung der frühen Christenheit, dass sie sich vom Sabbat verabschiedete und den «ersten Tag» der Wo- che, also den Sonntag feierte. – Weitersagen, was uns erfreut und begeistert. Christen sind aus dem Wesen des Glaubens heraus bereits Menschen für andere. Sie sind Zeugen für Christus mitten in der Welt. Der Heilige Geist wird in ihren Worten und Taten präsent. nes Unrecht. Christen kommen Sonntag für Sonntag weltweit als Kirche zusammen, weil Menschen den Ruf Gottes gehört haben und als getaufte und gefirmte Jesus Christus bezeugen, der unser Freund und Bruder und Erlöser ist. Kirche Jesu Wenn am kommenden Weissen Sonntag unzählige Kinder weltweit ihre Erstkommunion feiern dürfen, dann ist dies wahrhaft ein Zeichen für österliches Leben. Das Sakrament der Eucharistie ist sichtbares und wirkmächtiges Zeichen des österlichen Mysteriums. Kommunion ist immer mystische Vereinigung mit dem real im Zeichen der verwandelten Gestalten gegenwärtigen auferstandenen Herrn. Immer wenn wir das Sakrament der Eucharistie empfangen, gehen wir ein in die Dimension Gottes, die als österliche Kirche lebt und fortbesteht im hier und heute. Ostern geht weiter… Der auferstandene Herr ist der, der Menschen zusammenbringt. Es gibt auf Dauer keine Gemeinschaft mit Christus ohne Gemeinschaft mit anderen Menschen. Das gilt seit Ostern endgültig. Und wer irgendwo in der Welt wegen seines christlichen Glaubens verfolgt und diskriminiert wird und in einem dunklen Gefängnis sitzt, gehört dennoch zur «communio sanctorum», der Gemeinschaft der Kirche. So darf man überall weltweit als Kirche zu Hause sein. Ein Freundeskreis kommt durch persönliche Sympathien zusammen. Ein Sportverein durch die Initiative Gleichgesinnter. Bürgerinitiativen entstehen durch den gemeinsamen Widerstand der Menschen gegen empfunde- Kommunion Dekan Kurt B. Susak ist Kath. Pfarrer von Davos und den Kirchgemeinden des Albulatales Wie viel Schnee liegt Ende des 21. Jh.? Bis zum Ende des laufenden Jahrhunderts wird es wärmer. Das wirkt sich auf die Schneehöhe aus. Auf 1000 bis 1700 m ü. M. dürfte sie um rund 85 Prozent abnehmen. pd | Bleibt im Winter der Schnee aus, leidet der Wintertourismus. Winterliches Verkehrschaos oder Lawinentote erinnern aber immer wieder daran, dass zuviel Schnee auch problematisch sein kann. Zu wissen, mit wie viel Schnee eine Region rechnen kann oder wann die Schnee- decke ausapert, ist daher aus verschiedensten Gründen wichtig – nicht zuletzt interessieren die Veränderungen im Hinblick auf den Klimawandel. Was passiert bis 2099? Im Rahmen einer Doktorarbeit untersuchten Forschende des WSL-Institut für Schneeund Lawinenforschung in Davos (SLF), wie sich die Klimaerwärmung auf wichtige Grössen der Schneedecke in der Schweiz auswirken wird, zum Beispiel die mittlere Schneehöhe, die Anzahl der Tage mit Schneefall, den Beginn und das Ende der Schneebedeckung oder den Anteil der Winter mit durchgehender Schneedecke. Diese Werte berechneten sie mithilfe von Klimamodellen an elf Stationen in verschiedenen Klimazonen und Höhenbereichen der Schweiz, unter anderem für die letzten 30 Jahre am Ende dieses Jahrhunderts: 2070 bis 2099. Die weisse Pracht wird deutlich rarer Die Analyse ergab, dass Stationen zwischen 1000 und 1700 Metern über Meer unabhängig von ihrer Höhenlage recht ähnlich reagieren. Die in den Klimamodellen vorhergesagten höheren Temperaturen werden sich viel stärker auf die Schneebedeckung auswirken als die leicht zunehmenden Niederschlagsmengen. Die Folge davon: Die mittlere Schneehöhe dürfte am Ende des 21. Jahrhunderts in dieser Höhenzone um rund 85 Prozent abgenommen haben. Sogar in hohen Lagen (2500 Meter) wird die Niederschlagszunahme die höheren Temperaturen nur zu einem kleinen Teil kompensieren. Es ist deshalb zu erwarten, dass die mittlere Schneehöhe auf dieser Höhe um rund 35 Pro- zent geringer sein wird. Eine durchgehende Winterschneedecke dürfte nur oberhalb von rund 2000 Metern erhalten bleiben, wobei in mittleren Höhenlagen (1000 bis 1700 Meter) in ungefähr 50 Prozent aller Winter keine geschlossene Schneedecke mehr erwartet werden kann. Im Schweizer Mittelland wird Ende des Jahrhunderts gar nur noch an zwei Tagen pro Jahr Schnee fallen. Starke Schwankungen Die Resultate machen deutlich, dass die winterliche Schneemenge auch in einem wärmeren Klima von Jahr zu Jahr stark schwanken kann. Jedoch zeigen alle berechneten Schneegrössen bis Ende des Jahrhunderts eine klare Abnahme, trotz Unsicherheiten aufgrund der verwendeten zehn Klimamodelle und der zukünftigen KohlendioxidEmmission. Am ausgeprägtesten sind die relativen Abnahmen in tiefen Höhenlagen. Die Resultate der Modellrechnungen tragen dazu bei, dass Entscheidungsträger bei zukünftigen Investitionen für touristische Infrastrukturen oder Lawinenschutzmassnahmen über bessere Grundlagen verfügen. DANKSAGUNG Traueranzeigen HERZLICHEN DANK für die grosse Anteilnahme beim Abschied von Verena Giovanoli-Andreoli 4. August 1918 – 22. März 2015 Wir danken Dr. Sven Schulz für die langjährige hausärztliche Begleitung und allen Pflegenden der Abteilung Seeblick der Hochgebirgsklinik Wolfgang für die liebevolle Betreuung in den letzen 11⁄2 Jahren, allen Verwandten, Freunden und Bekannten für die Begleitung auf ihrem letzten Weg, Frau Pfarrerin Cornelia Camichel für die einfühlsamen Worte und Mario Giovanoli für die berührende Flötenmusik an der Abdankungsfeier. Vielen Dank auch für die zahlreichen Beileidskarten, Briefe und Spenden zu Gunsten von Amnesty International, Gruppe Davos. Davos Platz, im April 2015 Die Trauerfamilie Trauerzirkulare Bei uns erhalten Sie Unterstützung und Ratschläge. Wir nehmen uns Zeit für Sie. Auf unserer Homepage (www.budag.ch/Anzeigenservice/Im Trauerfall) finden Sie zudem unsere Wegleitung mit nützlichen Adressen, Öffnungszeiten, Hinweisen und Textformulierungen. für dienstags in der Davoser Zeitung oder für freitags im Davoser/Klosterser/Prättigauer Kombi Selbstverständlich platzieren wir die Anzeige auch in weiteren von Ihnen gewünschten Zeitungen. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die Trauerzirkulare zukünftige suchen wir. Hebräer 13, 14 innert 8 Stunden Buchdruckerei Davos AG Promenade 60, 7270 Davos Platz T 081415 8191, F 081415 8192 [email protected], www.budag.ch Montag bis Freitag 08.00 – 12.00 Uhr, 14.00 – 17.00 Uhr K_Quotidiana vom 10.4.2015, Seite 19.pdf VENDERDI, ILS 10 DA AVRIGL 2015 19 PLAID PER LA DUMENGIA Dil buca veser e tonaton crer radicalitad e pussonza. Ei Jesus levaus, lu ei sia nuvia umasch ei in dils giu 1981 ein Elisa e Carli la da veta nova ed ina veta vnals che nus entupein gi in da l’auter tras la perpetna per tuts carst nsort. Cul temps han onn per onn en la liturgia gauns era realistica. Muort ndau sezs famiglias ed dil temps pascal. El ei quel talas immensas consequen gau guder d’esser tatta che para da ver sias diffi zas vul Tumasch esser se dis. Fetg bugen e savens cultads cun la nova dalla omat tier la feglia Lilia girs e perquei exprima el miglia. Segir fuss Elisa levada da Jesus. El sa buc e aviartamein ses dubis. von cun nus. Mo il vul buca crer ch’in che fuva uliu auter. Ils 21 da fe morts e satraus viva tutte o con pigns vegn Tu is ella vegnida prida tut nina puspei; quei survarga masch quei mument amein ord questa veta. sia fantasia. El pretenda che Jesus cumpara avon el. lisa, ruaussa uss en perquei mussaments vesei El che veva avon fatg tonta hen Tia e nossa beada vels e palpabels. «Sche jeu canera ch’el creigi nuot to esus Cristus. Nus lein vesel buca vid ses mauns la chen ch’el vesi buca, da l Tutpussent per quei noda dallas guotas e sai bu mogna ussa mo aunc viado u als Tes ed a nus tras etti forza als tralaschai ca tschentar miu det el liug ils plaids «Miu Signur e dallas guotas e miu maun uei cumiau. miu Diu». Ussa crei el per dolein da cor ad els. en sia costa, creiel jeu buc». quei ch’el vesa e sto laguo Elsa Caprez, Trin Quei ei tenor il text ord igl ter la reproscha dil Segner: evangeli da dumengia pro «Seigies buca nuncartents, xima (Gn 20, 19–29) sia mobein cartents!» recaziun sin igl entusias sem dils auters giuvnals ner ls dubis da Tumasch ein speronza, che raquentan da lur mi meinsvart era nos dubis. en mai steriusa sentupada cun il Gie, era nus fussen magari mpaus. magister che seigi levaus da leds sch’il Segner dess ier il Tedeum) mort en veta. Il fatg ei me mintgaton pli claras enzen mia sensaziunals e nuncar nas da sia preschientscha, teivels che Tumasch savess sch’el rispundess pli con us cumiau da miu crer mo sin fundament da cret sin nossas damondas. tat, frar e figliol perdetgas che pretendan da ver viu el. o cheu stuein nus se fidar dallas perdetgas ch’igl ei ver che Jesus ei dils evangelis e secuntentar cun la ductrina dalla basel levaus, lu ha quei con gia. Denton crer vul dir: sequenzas per la veta dils a, el liug nua che Esser perschuadius dalla carstgauns. Eis els levaus, petna. caussa senza haver mussa lu munta quei era che la ments veseivels e palpabels. mort ei buca pli nunsur ventscheivla, ella piarda sia Ina tala cardientscha pre DA SUR GIUSEP VENZIN T M I S sora ochiala a Surrein. M tenda Jesus sez sch’el di: «Beai quels che vesan buc e creian tuttina.» E veramein beai, v.d. ventireivels, savein nus esser sche nus vivin e per severein cun Cristus ch’ei levaus da mort en veta. Pertgei cun el savein nus pertgei che nus vivin e tgei ventira che spetga sin nus suenter questa paupra veta. E vein nus sco Tumasch era nos dubis e nossas difficul tads da crer, lu savess quei era esser in’enzenna che nus vivin buc avunda cun Cristus e sia nuviala, per tgei a quels che vivan propi seriusamein cun el, a quels dat el la grazia dalla per schuasiun. B uca veser e tonaton crer – quei ei la via dil cristifideivel, la via che meina inagada mintga car tent dalla fossa a nova veta. Tumasch, il giuvnal, ei se scarpitschaus sin quella via ed ei curdaus, mo Cristus ha alzau el en pei, alzau el a nova e ferma cardientscha. Cristus aulza era nus en pei, dat era a nus malgrad fleivlezias e dubis adina pu spei nova forza da crer e sperar sche nus confessein cun Tumasch: «Miu Signur e miu Diu!» O schei vus caras steilas El firmament Pertgei viv’ins sin tiara mo in mument? Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Annunzia da mort Nunspitgadamein ha in bien cor calau da batter. Trests e commuentai, denton engrazieivels stuein nus prender 3. Themen aus überregionalen Zeitungen NZZ, RP und Zeit Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Neuö Zürcör Zäitun der vom 4.4.2015, 1.pdf NZZ –NZZ ZEITUNG FÜR Seite DIE SCHWEIZ 5. April 2015 V Nr. 78 V 236. Jg. llen Ste Ka für www.nzz.c gegründet 1780 vor nz Chinas Verwandlung und Erneuerung se» im Fokus Religionen schärfen den Blick für die Verkehrtheit des Menschen – sie helfen aber auch, Heilung und Transformation anzustreben. Dabei sollten sie ihre eigenen Ambivalenzen nicht übersehen. Von Niklaus Peter ner «neuen SeiAsien, Europa d zu Wasser gePriorität. Peking ven aussenpolitiwill unter Präsier die dominieielen. Die NachA verfolgen den orge. Es besteht le – wie einst die -Plan – die Voregion zementieedoch zurück. rnational, Seite 6 ngel Handels» versprechen rodukte mit dem werden in der Idee des «fairen me Kleinbauern rodukte erhalten ein Sicherheitswicklungsländern ungspille für das menten in den en vergangenen omische UnterDie Ergebnisse igen aber auch Bewegung auf. ohwaren, Seite 31 ichtigkeit shaushalt m Interview langem hat der geschrieben. Die ltspläne für die umgestellt werstagnierende Erndessteuer: Der s, wonach diese üchsen wie die mehr, sagt der ssischen Finanzlard. Vorbei seier teilweise sehr desaufgaben bei nabbau. Schweiz, Seite 9 ederschläge Wallis stark be- Die Botschaft des Osterfestes ist mehr als ein «Stirb und werde!», mehr als die Freude an Vitalität, an der Erfahrung, dass der Naturzyklus nach der winterlichen Totenstarre wieder in frühlingshaftes Wachstum übergegangen ist, dass Farbenvielfalt, Blütendüfte und Vogelgesänge unsere Sinne erfreuen. Der religiöse Kern dieses Festes ist ein Geheimnis und ein Ereignis, das nur auf dem Hintergrund eines Gottesglaubens seinen Sinn und seine Kraft entfalten kann. Die Entstehung des Christentums und das schnelle Wachstum seiner kleinen Zellen und Gemeinden zeugen von der Energie dieser religiösen Erfahrung, der allerdings starke Erfahrungen und eindrückliche Wachstumsprozesse in anderen Religionen an die Seite zu stellen sind. Wie verhalten sich die Erfahrungen der verschiedenen Religionen zueinander? Vor über einhundert Jahren hat William James, einer der bedeutendsten amerikanischen Philosophen und Psychologen, in seinem Buch «Die Vielfalt religiöser Erfahrung» die verblüffende Pluralität und Unterschiedlichkeit religiöser Zustände, Ideen, Phänomene und Ausdrucksweisen beschrieben. Unvoreingenommen hat er ethnologisches, religionswissenschaftliches, historisches und psychologisches Material aus der ganzen Welt gesichtet. Und so liest man von Geisterbegegnungen, Heilungszeremonien, Dämonentreiben und Jenseitsflügen, von wilden, ekstatischen Grenzerfahrungen, kurzum: Man bekommt die ganze Palette dessen in den Blick, was es im Bereich des Religiösen so alles gibt. Nicht nur für Protestanten zwinglianischer Prägung zweifellos eine Horizonterweiterung. Ein doppelter Blick auf die Realität Das leitende Interesse des Philosophen James bei seiner Reise in wunderbare und auch wunderliche Regionen des Geistes war die Beantwortung der Frage: Gibt es auch etwas Durchgängiges und Verbindendes? Gibt es einen gleichbleibenden Kern religiöser Erfahrung in dieser verwirrenden Vielfalt? Die positive Antwort im Schlusskapitel lautet: Zwei Erfahrungen seien es, die innerlich zusammenhingen. Erstens finde man fast überall ein in religiösen Traditionen gespeichertes Gefühl von uneasiness, ein Unbehagen im Hinblick auf uns selbst, die tiefe Ahnung, dass etwas mit uns nicht stimme. Zweitens aber die Erfahrung: Wenn man mit höheren Mächten in Verbindung trete, könne man von der Verkehrtheit (wrongness) befreit und geheilt werden. Mag diese umgreifende Interpretation biografisch geprägt sein und also mit dem liberal-christlichen Glauben von William James zusammenhängen, Erschliessungskraft besitzt seine These allemal, dass Religionen mit ihrem doppelten Erfahrungskern auch einen gewissermassen doppelten Blick auf die Welt ermöglichen: Eine zutiefst realistische, nüchtern pessimistische Perspektive aufgrund des beschriebenen Unbehagens an uns selbst – wir sind ambivalente Wesen und verstrickt in ungute Dinge. Aber eben zugleich auch eine hoffnungsvolle Perspektive, dass es Befreiung und Heilung gibt. Oder andersherum formuliert: Religionen sind auf Transformation, auf Überwindung und Heilung angelegte geistige Traditionen. Ihre in Geschichten, Ritualen, Gebeten, Geboten und Verheissungen verdichteten Erfahrungen zielen auf Veränderung, auf Verwandlung, auf Erlösung. INTERNATIONAL Realistische Selbstwahrnehmung und Transformation, Umdenken und Erneuerung – das jedenfalls sind Stichworte, mit denen sich die Kerngehalte des christlichen Glaubens beschreiben lassen. Wer die Gleichnisse und die Bergpredigt Jesu liest, wer die Passionsgeschichte und die Ostertexte kennt, wird in ihnen die doppelte Perspektive in der Wahrnehmung der Realität wiedererkennen: Der selbstkritische Blick darauf, wie wir verstrickt sind in Rücksichtslosigkeiten, Egoismen und schuldhafte Zusammenhänge. Zugleich ist es jedoch eine mit dem Gottesglauben verbundene Erfahrung, dass das Böse, dass die Gewalt und der Tod nicht das letzte Wort haben; dass Hass sich in Versöhnung verwandeln, dass Unheiles heil werden kann und zerrüttete Gemeinschaften sich neu bilden können, wenn Gottes Geist der Erneuerung wirkt. Zivilisierungsprozesse Und wenn es denn stimmt, dass Religionen mit diesem doppelten Blick auf die Welt etwas Wichtiges teilen, so ist es vielleicht genau das, was ihre andauernde Attraktivität ausmacht. Entgegen allen Prognosen von Grosstheoretikern des 19. und 20. Jahrhunderts sind religiöse Traditionen nicht am Verschwinden und Absterben, sondern zeigen sich, jedenfalls wenn man den Blick über Europa hinaus weitet, überaus lebendig. – Aber ist das nicht ein geschöntes Bild der Wirkung von Religion in der heutigen Welt? Sind nicht fundamentalistische Strömungen innerhalb der grossen Religionen am Wachsen? Wirken Religionen nicht allzu oft als Brandbeschleuniger in Konflikten? Religionen selbst sind, wie alles Menschliche, ambivalent. Gerade das, was sie so attraktiv macht, die Kraft, Menschen zusammenzubringen, Gemeinschaft, Hoffnung, Perspektiven für das ganze Leben und darüber hinaus zu stiften, gerade das macht sie anfällig für Instrumentalisierungen durch politische Bewegungen und machthungrige Akteure. Deshalb müssen Religionen das von William James beschriebene Unbehagen auf sich selbst beziehen lernen. Sie müssen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass auch etwas mit ihnen selbst nicht stimmen könnte. Das jedenfalls wäre der Ausgangspunkt für Erneuerung und Heilung. Man könnte es auch so formulieren: Religionen müssen Zivilisierungsprozesse durchlaufen, sie müssen Institutionen aufbauen, die transparent sind, in denen Ambivalenzen beobachtet und kontrolliert werden können, in denen der Machtwille sich nicht hinter dem Heiligen verstecken kann. Sie müssen ein vitales Interesse an selbstkritischen Theologien haben. Deren Aufgabe ist es, den doppelten Blick auf die Welt und auf das Leben zu pflegen. Für die Denktraditionen christlicher Theologie ist es der spannungsvolle Zusammenhang von Karfreitag und Ostern. Am Kreuz wird mit grösster Härte menschliche Verkehrtheit offenbar; bei sich, nicht bei anderen sollte man sie suchen. Im Licht der Osterbotschaft zeigt sich, dass dies nicht die einzige Realität ist: Erneuerung und Heilung haben immer schon begonnen und können deshalb gefeiert und gelebt werden. Der ehemalige deutsche Bundespräsident Johannes Rau pflegte mitunter daran zu erinnern, dass es in der Bibel nicht heisse: «Seid getrost, es bleibt alles beim Alten», sondern: «Siehe, ich mache alles neu!» Niklaus Peter ist Pfarrer am Zürcher Fraumünster Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Shabab-Miliz verübt MEINUNG & DEBATTE un lis ezia hsp ac dF FOKUS DER WIRTSCHAFT Die Lage der Schweizer Die Geschichte des Vertrag rück «Lausanne» l A. R. V Mit Grundsatzverein des Atomstreits handlungspartne tiges Zwischenz sie die selbstge März verpasst h Gründonnerstag provisorische E erhält damit die der internation dafür aber sein langen Einschrä kontrollen unte schluss eines def sich die beteili Iran eine Frist b Die Einschä handlungsergeb auseinander. W sche Präsident sches Abkomm die israelische R torischen Fehle dent Rohani lob Lausanne als Sch serter Beziehun der übrigen Wel zwei Jahren auf tion in der Bevö schenden Verhä nun kann er eine weisen. Aber so Obama sehen s konfrontiert, die giebigkeit vorwe Ein von Put Ramsan K tst. V Ramsan K tschenien wie se Sein Regime b Frömmigkeit, ts nalismus und t Putin. Solange P er alles für Putin row zitieren. Se litätsbekundung als Drohungen Dass die Bezieh und Moskau s auch die Speku tschenische Spu Pilsen Samstag, 4. April 2015 V Nr. 78 Neuö Zürcör Zäitung NZZ vom 4.4.2015, Seite 13.pdf SCHWEIZ 13 Arbeit an der Heftlade wie anno dazumal: In Mönchaltorf wird das Faksimile des Einsiedler Heilsspiegels gebunden und in Pergament gefasst. BILDER SIMON TANNER / NZZ Eine fast perfekte Illusion Wie eine prächtige Handschrift aus Einsiedeln nach einem halben Jahrtausend zu neuem Leben erwacht das sich genauso anfühle wie Pergament und beim Blättern genauso töne, schwärmt Rothacker. Pergament hat viele Qualitäten; es hat eine glatte Oberfläche, es ist dauerhaft, Geschriebenes lässt sich leicht entfernen und wieder überschreiben, was die Existenz der Palimpseste, also der überschriebenen alten Texte, erklärt. Für den Druck ist Pergament allerdings ungeeignet. Die Reproduktion im Rahmen eines Faksimiles erfolgt deshalb auf Spezialpapier. Der relativ schmucklose Einband wiederum wird in echtes Pergament gefasst und später von Hand beschriftet. Der Buchbinder ist zufrieden mit dem Resultat. Auf allen Seiten strahlen die Bilder und funkelt das Gold, das – im Unterschied zum Original – natürlich kein echtes Gold ist, aber eine für das Auge des Betrachters schier perfekte Kopie davon. In einem tristen Industriegebiet erhält eine alte Prachthandschrift den letzten Schliff für ihr neues Leben. Nach allen Regeln der Buchbindekunst entstehen 680 Faksimile-Exemplare des mittelalterlichen Bilderreigens. Es bleiben Rätsel. Claudia Wirz Was hat der österliche Christus mit einem Walfisch zu tun? Der belesene mittelalterliche Ritter und das andächtige französische Burgfräulein wussten es auf jeden Fall. Wer nur moderne Mittelalterfilme zu Rate zieht, dürfte es trotz allen Fantasy-Elementen schon schwerer haben, diese Frage zu beantworten. Wer es dennoch wissen will, wird im Heilsspiegel des Klosters Einsiedeln mit Sicherheit die Antwort finden, und zwar in Text, Gold und Bild, sozusagen den Spezialeffekten des späten Mittelalters. Allein, eine goldverzierte, rund 560 Jahre alte Handschrift ist im Unterschied zum MittelalterBlockbuster kein massentaugliches Produkt. Es schlummert gut geschützt vor den Zeichen der Zeit mit vielen anderen Kostbarkeiten in der Einsiedler Stiftsbibliothek. Wie es hierherkam und wem es einst gehörte, ist unbekannt. Zugänglich ist der lichtscheue Band nur einem äusserst begrenzten Publikum. Nicht einmal die Mitbrüder könnten es «einfach so» anschauen, sagt Pater Justinus, der über die reichen Schätze der Stiftsbibliothek wacht. Zu verletzlich und kostbar ist das prächtige Werk eines unbekannten Meisters. Rätselhaft Innovation und Premiere Wer nun meint, diese Kostbarkeit sei zu ihrem Schutze auf alle Zeiten weg vom Fenster, irrt. Clarissa Rothacker gehört zu den wenigen Privilegierten, die das Werk in jüngster Zeit in den eigenen Händen halten durften, sein Gewicht spüren, den im Vergleich zum Innenleben schlichten Pergament-Einband beäugen konnten. Dass sie das durfte, hat seinen guten Grund. Rothacker arbeitet beim Luzerner Quaternio-Verlag, der auf die Herstellung von Faksimile-Editionen spezialisiert ist. Eine perfekte Illusion eines ebenso kostbaren wie unerreichbaren Originals herzustellen, das ist sozusagen der Ehrgeiz des Verlags. Und dafür investiert man viel Zeit, Aufwand und Innovation. Für den jungen Verlag ist es die erste Handschrift aus der Schweiz, für das Kloster Einsiedeln das erste Faksimilierungsprojekt überhaupt. Zwar hat das Kloster viele Handschriften bereits digitalisiert und im Internet für Öffentlichkeit und Forschung zugänglich gemacht, aber eine originalgetreue gedruckte Kopie einer Handschrift, die man halten und in der man blättern kann, ist für das Kloster Einsiedeln ein Novum. Bernhard Minder hat sich ein Exemplar gesichert. Noch hat er es nicht in den Händen. Erst im Frühsommer wird der Band fertig sein, in echtes Pergament gebunden und in Handarbeit wie anno dazumal gefertigt. Der Heilsspiegel ist für ihn nicht das erste Fak- Die Verkündigung an Maria (links) und das alttestamentliche Pendant mit Moses und dem Dornbusch. simile. Die Fibel der Claude de France zum Beispiel, ebenfalls im QuaternioVerlag erschienen, steht schon in seiner Bibliothek. Für Minder, der Freude an schönen Büchern hat, ist das Eintauchen in ein Faksimile wie eine Zeitreise. Was gab es damals für eine theologische Denkwelt? Auf welchem Stand war die handwerkliche Kunst? Wie hat der mittelalterliche Mensch ein solches Buch benutzt, das schon damals unendlich kostbar war? Wie gross und wie schwer war das Buch, wie fühlte sich das Pergament an, und wie tönte es, wenn man in den Seiten blätterte? Dieses sinnliche Erleben eines alten Buches kann das Internet mit den vielen digitalisierten Versionen nicht bieten, ebenso wenig ist am Bildschirm die originalgetreue Wiedergabe der Farben und der Goldtöne möglich. Das gelingt nur dem spezialisierten Fachmann, der auch winzigste Farbunterschiede feststellen und korrigieren kann. Und das gelingt nur mit einem Medium wie Pergament – oder zumindest etwas Ähnlichem. Das Ganze hat natürlich seinen Preis. Mehrere tausend Franken kostet ein Faksimile-Exemplar des Einsiedler Heilsspiegels. Kunst im Industriegebiet Die Buchbinderei Burkhardt liegt mitten in der eher tristen Industriezone von Mönchaltorf hinter dem weitläufigen Parkplatz eines Discounters. Dass ausgerechnet hier die alte Handwerkskunst des Buchbindens gepflegt wird, erschliesst sich erst auf den zweiten Blick, dann aber umso deutlicher. Gekonnt führt Buchbinder Cyril Mougin die Nadel mit dem gewachsten Heftfaden durch die Heftlöcher der gefalzten Bögen. An fünf Bändern aus echtem Per- QUATERNIO-VERLAG LUZERN gament macht der Buchbinder die in der Heftlade zu Lagen zusammengeführten Bögen fest. Die Bögen, die hier gebunden werden, haben schon einen langen Produktionsprozess hinter sich. Im Kloster wurden die Originalseiten digital fotografiert. Das Fotografieren sei für das Buch keine besondere Strapaze gewesen, versichert Pater Justinus. In Graz wiederum wurden die Bögen gedruckt und später mit dem Original verglichen und nötigenfalls korrigiert. Der bedruckte Träger ist zwar kein Pergament wie im Original, aber ein Papier, das diesem Ideal sehr nahe kommt. Dieses Papier, das bei der Faksimilierung des Heilsspiegels zum ersten Mal zur Anwendung kommt, ist der ganze Stolz des Quaternio-Verlages. Endlich sei es gelungen, ein Papier herzustellen, das mit der typischen Wellung genauso aussehe wie Pergament, Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Wo wir nun eine zwar fast perfekte Kopie vor Augen haben, bleibt das Original aus über 500 Jahren Distanz doch fremd und voller Rätsel. Die erste Seite ist verloren und damit jede mögliche Information über seinen ehemaligen Besitzer. Zwar nährte der Verlag die Hoffnung, der wissenschaftliche Kommentar, der jede Faksimile-Edition begleitet, könnte Licht ins Dunkel bringen, doch diese Hoffnung hat sich zerschlagen, wie Rothacker sagt. Was bleibt, sind die Kraft und die Schönheit der Bilder und Verzierungen. Die reichen architektonischen Details, das Spiel mit dem Licht, das immer von links kommt, die Darstellungen der zeitgenössischen Kleidung, von Ritterrüstungen, des Alltagslebens und des Handwerks – all das reicht für den modernen Betrachter weit über die theologische Bedeutung des Werkes hinaus. Der Heilsspiegel präsentiert sich als Buchtypus, der im späten Mittelalter im Umfeld reicher und aufstrebender Städte entstanden ist und sich vor allem nördlich der Alpen etwa in Paris und im boomenden burgundischen Flandern rund um den Hof Philipps des Guten durchgesetzt hat. Dem spätmittelalterlichen Leser führte ein Heilsspiegel das ganze Spektrum von der Erlösung der Menschheit vor Augen, im Falle der Einsiedler Ausgabe illuminiert mit einem überaus bunten Bilderreigen aus 176 Miniaturen. In aller Regel war der Besitzer eines solchen Heilsspiegels ein Laie, kein Geistlicher, und der Erschaffer war ein städtischer Handwerker und kein Mönch. Kräftiges Rot, leuchtendes Blau, zarte Grisaille-Zeichnungen prägen die Einsiedler Miniaturen. Eine davon zeigt – wie könnte es anders sein – einen «Walfisch». Für den heutigen Betrachter ist der Heilsspiegel eine Einladung zum Schwelgen und zum Revidieren von Klischees über das «finstere Mittelalter». Dem zeitgenössischen Leser wiederum erklärte der Heilsspiegel die Erlösung mit Geschichten aus dem Alten Testament. Was den Propheten im Alten Testament passiert, kündigt schon den Heiland an: Genauso wie Jona nach drei Tagen dem Bauch des Walfischs entsteigt, aufersteht Christus am dritten Tag aus dem Grab. NZZ vom 4.4.2015, Seite 16.pdf 16 ZÜRICH UND REGION Neuö Zürcör Zäitung Samstag, 4. April 2015 V Nr. 78 «Zwingli war gar kein Zwinglianer!» Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist will, dass am Reformations-Jubiläum der Funke überspringt reformierte Kirche hat ein grosses Kapital: das Vertrauen der Leute. Die Zürcher Bevölkerung hat mit überwältigendem Mehr Ja gesagt dazu, dass Firmen Kirchensteuern zahlen. Weit über die Kirchenmitglieder hinaus. Das ist ein Vertrauensbeweis, den wir nutzen müssen. Halbleere Kirchen, weniger Geld und eine unsichere Identität: Ist die reformierte Kirche in einer Krise? Nein, sagt Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist. Als Botschafter des Reformations-Jubiläums will er das Kapital nutzen, das die Kirche hat. Wie? Wir müssen den Kern der Botschaft so vermitteln, dass die Leute sie verstehen. Wir müssen übersetzen, dolmetschen. Das ist gute reformierte Tradition. So wie Zwingli im Chor des Grossmünsters die Bibel übersetzte, so müssen wir die zentralen Botschaften vermitteln. Herr Sigrist, an Ostern werden die Kirchen wieder voll sein. Aber sonst sind sie meistens halb leer. Warum? Sie sind auch sonst nicht halb leer! Kommen Sie an einem ganz normalen Sonntag oder Werktag in eine Altstadtkirche. Da sehen Sie ganz anderes. Was sind die zentralen Botschaften? Was heisst für Sie heute reformiert sein? Es geht nicht nur um Glaubenssätze, es geht um Prozesse, um Beteiligung. Für mich heisst reformiert sein: innovativ sein, qualitativ sein und nachhaltig sein. Aber im Ganzen verliert die Kirche Mitglieder, sie hat finanzielle Probleme und sucht ihre Identität. Sind die Reformierten in einer Krise? Nein, das glaube ich nicht. Nicht nur die Kirche hat diese Schwierigkeiten. Die Menschen wollen sich heute nicht mehr an Institutionen binden. Deshalb gehen sie auch der Kirche aus dem Weg. Aber das Gleiche sehen sie auch bei der Armee, bei den Parteien . . . überall. Das klingt sehr abstrakt. Das ist konkret. Innovativ sein heisst: den Mut haben, alte Zöpfe abzuschneiden. Zwingli hat die alte Messe abgeschafft und eine neue Liturgie an ihre Stelle gesetzt. Qualitativ sein heisst: ein Bewusstsein haben für die Ernsthaftigkeit unseres Auftrags, aber auch für die Freiheit, die wir beim Umsetzen haben. Reformiert sein heisst auch Augenmass haben. Zwingli feierte nach dem Grundentscheid des Rates 1523 noch anderthalb Jahre lang die alte Messe, weil er sich der Obrigkeit fügte. Diese gebot wegen der politischen Lage und angesichts der Grösse der Umwälzung Zurückhaltung. Und nachhaltig sein heisst: Versöhnung im Umgang mit Minderheiten. Dass sich die reformierte Kirche 2004 mit einem Schuldbekenntnis im Grossmünster mit den Täufern versöhnte ist ein Beispiel dafür. Vielleicht ist ja auch das Bedürfnis nach Glauben nicht mehr da? Im Gegenteil. Ich erlebe laufend anderes. Die Leute wollen keinen verordneten Glauben mehr. Aber es gibt ein grosses Bedürfnis nach Spiritualität, nach religiösem Empfinden. Wo spüren Sie das? An den Besucherzahlen in den Stadtkirchen zum Beispiel. Die explodierten regelrecht in den letzten Jahren. Die Leute kommen wieder zu uns. Aus religiösen Gründen? Was heisst das? Die einen kommen, weil sie ein atmosphärisches, ein ästhetisches Erlebnis suchen. Sie suchen einen Ort, an dem sie Ruhe finden, einen Unterbruch vom Alltag. Und die finden sie im Kirchenraum, das erlebe ich im Grossmünster oft. Das ist eine Art von atheistischer Spiritualität. Damit meine ich: Religion beginnt nicht erst bei der Dogmatik und ihren Formeln. Es gibt niederschwellige Formen von religiösem und spirituellem Erleben. Solche Erfahrungen werden gesucht, das nimmt zu, und das ist auch legitim. Dann gibt es Leute, die das historische Potenzial der Kirchen interessiert – Reformierte aus aller Welt, aber auch Orthodoxe oder andere Christen. Und dann kommen Leute, die aus ihrer persönlichen Religiosität heraus ein individuelles oder kollektives rituelles Erlebnis suchen. Das sind sehr verschiedene Bedürfnisse. Kann die Kirche sie befriedigen? Wir stehen tatsächlich vor ganz neuen Herausforderungen. Schauen Sie, vor einigen Wochen wollte ich in der Zwölfbotenkapelle des Grossmünsters eine ANZEIGE «Unsere familieninterne Nachfolge war nur ohne Erbschaftssteuer möglich!» <wm>10CAsNsjY0MDQx0TU2Nzc3tQQAsCD8kA8AAAA=</wm> <wm>10CFWKKw6AMBAFT7TNfnmUlaSOIAi-hqC5v-LjEJNMMrMsGYU_5rbubUthcScDEDUlrDAkFSiokWwKZYnpCWKj1_r7yV0HZ-nvQ2yk6I8Ykw_dRct1nDdlA6tvcgAAAA==</wm> Magdalena Martullo, Unternehmerin, Verwaltungsratsdelegierte EMS-CHEMIE, Domat/Ems GR Komitee nein-zur-bundeserbschaftssteuer.ch Plädiert für den Mut, alte Zöpfe abzuschneiden: Christoph Sigrist. SIMON TANNER / NZZ Kerze anzünden für jemanden, den ich seelsorgerisch betreue. Dort traf ich auf einen Mann, der gerade seinen Gebetsteppich ausrollte. Ich stellte mich vor. Er erschrak ein wenig und entschuldigte Grossmünster, Prediger, St. Peter, alle Kirchen. Der Kirchenraum ist wie die Verkörperung des religiösen Empfindens, ein gebauter Text des Glaubens. Damit müssen wir arbeiten, darauf können wir aufbauen. «Die reformierte Kirche hat ein ganz grosses Kapital: das Vertrauen der Menschen. Das müssen wir nutzen.» Aber das allein trägt eine Kirche nicht. Daraus kann wieder etwas entstehen. Und das geschieht bereits. Wir stehen mitten in einer grossen Umwälzung, davon bin ich überzeugt. Mir macht das Beispiel Holland Mut. Dort ist man rund zwanzig Jahre weiter als bei uns. In den Städten, in Rotterdam, in Amsterdam entstehen neue Kirchgemeinden. Die kirchlichen Strukturen sind fast zusammengebrochen. Aber jetzt bilden sich neue Gemeinden und Oasen der Menschlichkeit: um soziale Brennpunkte und charismatische Menschen herum. sich, er habe keinen anderen Ort für das Gebet gefunden. Ich sagte ihm, das sei kein Problem; die Zwölfbotenkapelle ist ja der Gebetsraum. Dann beteten wir nebeneinander, der Muslim und der Christ. Das ist eine typische Szene für die heutige religiöse Realität. Aber die reformierte Kirche kann ja nicht zu einer Universalkirche werden. Die Welt verändert sich. Und wir müssen darauf reagieren. Das ist unser Auftrag, besonders als Reformierte. Zwingli stand vor einer ähnlichen Aufgabe. Auch er musste einen Schritt nach vorn machen, ohne zu wissen, wohin er führte. Bei ihm war nicht das Verhältnis der Menschen zur Institution das Problem. Aber die Rituale waren leer geworden. Und er wagte es, etwas Neues an ihre Stelle zu setzen. Das müssen wir auch tun. Wir müssen uns an einer neuen Landkarte der Religionen orientieren. Und wir müssen Wege finden, Menschen zu integrieren, die nicht mehr institutionell an die Kirche gebunden sind. Was ist heute das Neue? Für mich sind die Kirchenräume zentral. Die Leute identifizieren sich heute vielleicht weniger über die Institution Kirche, aber sie identifizieren sich stark über die Kirchenräume. Und in Zürich haben wir da ein Potenzial, das wir nützen können: Fraumünster, Also ist es auch eine Chance, dass die reformierte Kirche kleiner wird? Die reformierte Kirche wird von einer Staatskirche, die sie einmal war, zu einer «Die Kirche muss auch die Menschen integrieren, die nicht mehr institutionell an die Kirche gebunden sind.» Kirche, für die sich die Menschen wieder bewusster entscheiden. Das heisst auch, dass wir je länger, desto mehr aus einer Minderheitsposition heraus arbeiten müssen. Und wir müssen das Erbe der reformierten Kirche aus dieser heraus bewahren, im Zusammenspiel mit den anderen konfessionellen und religiösen Minderheiten. Das klingt resigniert. Überhaupt nicht. Aber man darf sich nicht selber kleinreden. Das machen wir leider. Dafür gibt es keinen Grund. Die Wie wird das im Jubiläum umgesetzt? Das Jubiläum muss Gelegenheit zu Begegnungen bieten, mit den Schwesterkirchen und mit religiösen Minderheiten. Natürlich arbeiten wir die Geschichte auf und die mit der Reformation verbundene Kultur. Wichtig ist aber vor allem, dass das Jubiläum keine rein innerkirchliche Angelegenheit wird. Ich selber plane ein Mysterienspiel zu Zwingli aus Sicht seiner Frau Anna Reinhart. Der Funke muss überspringen. Wir müssen fiebrig werden. Fiebrig? Beim sinnenfeindlichen Zwingli? Stopp mit diesem Klischee! Jetzt sage ich Ihnen, wer Zwingli wirklich war. Zwingli war ein sinnenfreudiger, lustvoller Mensch. Ein Beispiel: Als Pfarrer in Zürich verliebte er sich in Anna Reinhart, die Tochter des «Rössli»-Wirtes. 1522 heirateten sie heimlich. In Zürich, das damals ein Kaff mit knapp 5000 Einwohnern war! Und nach zwei Jahren sagte ihm ein Freund, er solle sie jetzt doch endlich offiziell heiraten, die Sache werde auffällig. Oder: Vor seiner Wahl ans Grossmünster 1519 musste Zwingli einem Chorherrn beichten, er habe in Einsiedeln ein Verhältnis mit der Tochter eines Coiffeurs gehabt. Es sei damals einfach durchgegangen mit ihm, schreibt er. Er war den schönen Seiten des Lebens gar nicht abgeneigt. Woher dann der hohe Sockel? Auf den wurde er erst später gestellt. Und man bringt ihn kaum mehr herunter. Zwingli war gar kein Zwinglianer! Er liebte das Leben, die Musik, konnte sehr gut singen, spielte mehrere Instrumente, unter anderem Hackbrett – er war ja ein Toggenburger. Zwingli war ein sehr emotionaler Mensch. Warum gestaltete denn ausgerechnet er den Gottesdienst so spartanisch? Da war er radikal. Er war überzeugt, dass er die «Festplatte» der Kirche und der Liturgie auswechseln musste, weil er glaubte, dass das Virus nur so ausgemerzt werden konnte. Da steht er im Gegensatz zu Luther. Luther wollte flicken und schrauben. Zwingli wollte einen Neuanfang. Und das müssen wir heute auch wieder wagen. Interview: rib. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden ZÜRCHER KREATIONEN Fürs tägliche Abenteuer Kinderrucksack von Vermala Natalie Avanzino V Bei den erwachsenen Stadtnomaden sind sie längst zurück: schlichte Rucksäcke, wie sie früher beim Wandern oder im Militär getragen wurden, gefertigt aus robustem Canvas mit Verschlüssen und Riemen aus Leder. Kinder tragen zwar ebenfalls vermehrt Rucksäcke anstatt Schultheken, diese werden optisch aber von Figuren aus der poppigen Welt von Walt Disney oder Marvel-Comics dominiert. Dem wollten Eliane Buck und Ani Antunovic abhelfen und kreierten modische Retro-Rucksäcke mit klingenden Namen wie Blue oder Red Mountain. «Es ist unübersehbar, Erinnerungen an Schulreisen in unserer Kindheit standen dabei Pate», sagt Eliane Buck schmunzelnd. Ende 2013 hat die Modedesignerin zusammen mit der OnlineJournalistin Ani Antunovic das Label Vermala gegründet. Die beiden Frauen kennen sich seit ihrer Jugend im luzernischen Ebikon. Die Freude an der Bergwelt haben sie sich auch im städtischen Zürich bewahrt, wo die Freundinnen seit bald 20 Jahren wohnen – nun spiegelt sie sich in ihren Kinderrucksäcken. «Wir wollten ein nachhaltiges Produkt herstellen, das sowohl den Kindern als auch den Eltern gefällt», so die 38-jährige Buck. Produziert werden die Rucksäcke in Kleinserien in Hongkong. Damit sie für die Kinder spannend bleiben, verkaufen Buck und Antunovic auf ihrer Homepage eine Fülle an Patches und Pins, die aufgebügelt oder angesteckt die Modelle individualisieren. Die witzigen Motive sind von internationalen Illustratoren eigens für Vermala entworfen worden und lassen sich ganz nach dem Geschmack des Nachwuchses für jedes Abenteuer neu kombinieren. Kinderrucksack Vermala, Bio-Canvas (mit Rindsleder), Modell in Blau und Rot erhältlich, für 135 Fr. online zu beziehen unter www.vermala-bag.ch. Retro für die Kleinsten. SIMON TANNER / NZZ Sohn legt Geständnis ab fbi. V Im Tötungsdelikt von Pfäffikon hat der 19-jährige Sohn gestanden, seinen Vater erschossen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat Antrag auf Untersuchungshaft gestellt. Am Dienstagabend hatte sich der Mann bei der Polizei gemeldet und erklärt, er habe seinen Vater in der gemeinsamen Wohnung im zürcherischen Pfäffikon umgebracht. In der Zwischenzeit hat ihn die Staatsanwaltschaft befragt. Dabei gestand der junge Mann, seinen Vater erschossen zu haben. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der 19-Jährige vorsätzlich handelte. Er hatte die Tat gegenüber den Ermittlungsbehörden geschildert. Zum Tathergang und zum Motiv wollte sich der zuständige Staatsanwalt Markus Oertle aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äussern. Der Staatsanwalt bezeichnete das Verhältnis zwischen Vater und Sohn aber als gespannt. Neuö Zürcör Zäitung NZZ vom 4.4.2015, Seite 31.pdf Samstag, 4. April 2015 V Nr. 78 ROHWAREN 31 Die nicht so heile Welt des «fairen Handels» Ein Zwitter zwischen einem Sicherheitsnetz für arme Kleinbauern und einer Beruhigungspille für das Gewissen westlicher Konsumenten Organisationen werden teilweise wenig effiziente Kleinteiligkeit und Produktionsmethoden wie der Bio-Anbau gefördert. Ausserdem müssen die Kleinbauern-Kooperativen die Kosten der Zertifizierung tragen. Fair Trade verweist darauf, dass die Produzenten 2013 3,5 Mio. € dafür bezahlt haben, die Prämie in diesem Jahr habe aber insgesamt mehr als 86 Mio. € betragen. Manche Kooperativen sind jedoch Mitglied mehrerer Label-Organisationen. Die Idee des «fairen Handels» ist, dass arme Kleinbauern höhere Preise für ihre Produkte erhalten sollen. Der Mechanismus wirkt nur bedingt. Gerald Hosp, London Was ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass sich Ostern nähert? Hilfswerke verschicken gehäuft Mitteilungen, in denen es um Schoggi geht. Die österliche Zeit, in der viele zartschmelzende Hasen und Nougateier verschlungen werden, ist besonders dazu geeignet, um auf die Konsequenzen des Konsumverhaltens hinzuweisen – und um die Spendentätigkeit anzuregen. Dabei ist laut der Max-Havelaar-Stiftung die Schweiz mit einem Pro-Kopf-Konsum im Gegenwert von 53 Fr. jährlich bereits FairTrade-Weltmeister. Am Schweizer Markt sind mehr als 2100 Produkte mit dem internationalen Fair-Trade-Gütesiegel von Max-Havelaar verfügbar. Daneben gibt es noch weitere Nachhaltigkeits-Zertifikate anderer Anbieter. Nord-Süd-Abhängigkeiten Geringe Produktivität mit einer nur kleinen Preisprämie kann Kleinbauern in einer Armutsfalle halten. Auch innerhalb der Fair-Trade-Gemeinschaft gibt es eine Diskussion darüber, wer unterstützt werden soll. So verliess Fair Trade USA die Dachorganisation Fair Trade International und beschränkt sich beim Kaffeeanbau nicht mehr nur auf Kleinbauernorganisationen – mit dem Hinweis, dass auch Wanderarbeiter, die auf Plantagen arbeiten, bessergestellt werden sollen. Dieser Schritt rührt am Prinzipiellen: Mithilfe der freiwilligen Standards sollen die Ärmsten der Armen Zugang zu den Weltmärkten erhalten. Wenn ein Überangebot herrscht, haben aber die Produzenten die Nase vorn, die das Gut Nachhaltigkeit am günstigsten herstellen können – und dies sind meist die schon relativ bessergestellten Kaffeebauern. Aus dieser Sicht können Standards eine zusätzliche Hürde für den Markteintritt der ärmsten Produzenten sein. Zudem wird kritisiert, dass ein grosser Teil der Wertschöpfung im Norden, in den Konsumländern, und nicht im Süden, in den Produzentenländern, anfällt. Eine Studie der Ökonomen Valkila, Haaparanta und Niemi zeigt, dass trotz Prämie bei «fairem» Kaffee ein grösserer Anteil des Verkaufspreises im Konsumland bleibt als bei «konventionellem» Kaffee. Nachhaltigkeits-Zertifikate können die Nord-Süd-Abhängigkeiten zementieren. Die Bereitschaft der Konsumenten, höhere Preise für ein «faires» Produkt zu zahlen, zeigt aber die Nachfrage nach glaubwürdigen Labels auf. Die Frage ist, ob direkte Transfers an die Produzenten nicht effizienter wären als der Umweg über die Produktmärkte. In Fortführung der Idee der Sozialprämie ist Bauern vor allem dann geholfen, wenn sie Managementfähigkeiten erlernen und Zugang zu Krediten erhalten. Der Abbau von Handelsbarrieren im Norden wäre ein weiterer Schritt, um die Wertschöpfung im Süden zu vergrössern. Uneinheitliches Gesamtbild Die Grundidee des fairen Handels ist, dass Kleinbauern und Plantagenarbeiter in Entwicklungs- und Schwellenländern ihre Situation aus eigener Kraft verbessern sollen. Dadurch sollen Armut und Hunger bekämpft werden. Weitere Ziele sind der umweltschonende Anbau und verbesserte Arbeitsbedingungen. Über die NachhaltigkeitsLabels erhalten vor allem Kleinbauern einen direkteren Zugang zu den Märkten in den Industrieländern. Zwischenhändler, die auch «Coyotes» genannt werden, werden ausgeschaltet. Utz Certified, Rainforest Alliance und Fair Trade sind die drei grossen Gesellschaften, die dafür Standards setzen – mit unterschiedlichen Ansätzen. Die Fair-Trade-Organisation geht dabei am weitesten: Im Gegensatz zu den anderen Standards sieht Fair Trade einen Mindestpreis für die Produzenten vor, um sie vor den Preisschwankungen am Weltmarkt zu schützen (vgl. Grafik). Zudem wird eine Prämie für Entwicklungsprojekte sowie Investitionen in Produktivität und Qualität ausbezahlt. Für den Bio-Anbau gibt es zusätzliche Zahlungen. Wenn etwas gut klingt, muss es jedoch nicht bedeuten, dass es auch funktioniert. Der britische Entwicklungsökonom Paul Collier kritisierte in seinem Buch «Die unterste Milliarde» das Prinzip: «Sie (die Produzenten) bekom- Nicht immer sind die Vereinbarungen mit einer Fair-Trade-Organisation für die Kleinbauern nur von Vorteil. men Wohlfahrt, solange sie das anbauen, was sie in der Armut festhält.» Neben den Wirkungsstudien der Gütesiegel-Organisationen ist in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an ökonomischen Untersuchungen erschienen. Ein Übersichtsartikel im Fachmagazin «Journal of Economic Perspectives» kam jüngst zu einem vorsichtig positiven, aber sehr uneinheitlichen Gesamtbild. Dabei wird vor allem der Kaf- feemarkt beleuchtet. Auch die grössten Kritiker würden dem Fair-Trade-Modell zugestehen, dass in der Regel die Produzenten einen – wenn auch wenig – höheren Preis bekommen. Zudem erhalten die Kleinbauern einen besseren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. Mit der Sozialprämie konnten Investitionen in die Ausbildung und in die Produktion getätigt werden. Wenn Kleinbauern zertifiziert werden, heisst dies aber noch nicht, dass sie ihre ganze Ernte zu einem höheren Preis verkaufen können. Sie müssen auch Abnehmer finden, die bereit sind, einen solchen zu zahlen. Seit je übersteigt das Angebot von Kaffee nach Regeln des «fairen Handels» die Nachfrage. Die zertifizierten Bauern produzieren dann aber relativ teuer, wenn sie nur für einen Teil der Ernte höhere Preise bekommen. Aufgrund von Vorgaben der Gütesiegel- Angebot sucht Nachfrage Es wird fleissig produziert Anteil an weltweiten Volumina 2012, in % Schutz gegen einen Preiszerfall am Kaffeemarkt US-Cents pro Pfund Kaffee 360 1989: Zusammen320 bruch des 280 internationalen 240 Kaffee-Abkommens 200 2011: 30-Jahre-Hoch Kaffee Kakao Palmöl Tee Baumwolle Bananen Zucker <1 Soja 160 120 80 40 0 5 10 15 zertifizierte Produktion 2001: 30-Jahre-Tief 0 1990 95 Fairtrade-Preis (Mindestpreis plus Prämie) 2000 05 Marktpreis (New York) 10 5500 270 14 4500 schlechter A S O N D J F M 2500 J A S O N D J +30 TR/J CRB Commodity TR Index LMEX Index +10 Kaffee (+73,00% seit 4 Wochen) Benzin +20 3000 250 2800 J A S O N D J F M Der ThomsonReuters Jefferies CRB Index (CRB) setzt sich aus 19 Rohwaren-Futures zusammen. Energie- und Agrargüter sind mit rund 40% gleich stark vertreten. Rohöl ist der Einzelwert mit der grössten Gewichtung. Der Vorläufer CRB war erstmals 1957 berechnet worden. 2600 A M J J A S O N D J F M besser 3200 schlechter als der Gesamtindex 3400 In den vergangenen 4 Monaten (%) Gasoil 300 Gewinner in 4 Wochen in 4 Monaten aufholende Werte in 4 Wochen in 4 Monaten Bloomberg Commodity TR Index (–1,97% seit 4 Wochen, –2,16% seit 4 Monaten) F M Der Standard & Poor's Goldman Sachs Commodity Index (S&P GS CI) umfasst derzeit 24 Rohwaren-Futures, die nach der Grösse der durchschnittlichen Produktionsmenge der vergangenen fünf Jahre ausgesucht werden. Der Index ist energielastig. 350 zurückfallende Werte in 4 Wochen in 4 Monaten Index Verlierer in 4 Wochen in 4 Monaten besser als der Gesamtindex +40 A M J Der Bloomberg Commodity TR Index (früher DJ UBS CI) bildet sich aus 20 verschiedenen Rohwaren-Futures. Der Anteil eines Rohstoffsektors (Energie, Agrargüter, Industriemetalle, Edelmetalle, Lebendvieh) darf die Grenze von 33% nicht übersteigen. J 40 In den vergangenen 4 Wochen (%) 3500 210 M 35 NZZ-INFOGRAFIK / efl. 240 200 30 Das Vier-Felder-Diagramm illustriert die Performance ausgewählter Rohstoffe und Rohwaren in zwei verschiedenen Zeiträumen im Vergleich zum Rohstoffindex Bloomberg Commodity TR Index. Die vertikale Achse zeigt die Veränderung in den vergangenen 4 Monaten, die horizontale Achse die Veränderung des vergangenen Monats. Die Rohstoffe und Rohwaren mit der relativ gesehen besten Performance befinden sich in dem Quadranten rechts oben, diejenigen mit der relativ gesehen schlechtesten Performance links unten. Die Grösse der Kreise, mit denen die Rohstoffe und Rohwaren dargestellt sind, richtet sich nach der Volatilität der letzten 30 Tage. S&P GSCI TR Index 300 J 25 zertifizierte Verkäufe Relative Gewinner und Verlierer bei Rohstoffen und Rohwaren Bloomberg Commodity Index TR A M J 20 In die Kategorie zertifizierte Produktion fallen auch die Labels von Lebensmittelkonzernen und nicht nur die Labels von Organisationen wie Fairtrade, UTZ oder Rainforest Alliance. QUELLEN: JOURNAL OF ECONOMIC PERSPECTIVES, INTERNATIONAL INSTITUTE FOR SUSTAINABLE DEVELOPMENT Rohstoffindizes 180 CHRIS RATCLIFFE / BLOOMBERG 0 Aluminium Erdöl Kupfer Silber Heizöl Zucker Gold Palladium Nickel –10 Zinn Kakao –20 Reis Mais Sojaöl Platin Orangensaft Sojabohnen Zink Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Der London Metal Exchange Index (LMEX) basiert auf den Preisentwicklungen der sechs Nicht-Edelmetalle Aluminium, Kupfer, Blei, Nickel, Zinn und Zink an der London Metal Exchange. Die Auswahl berücksichtigt das Produktions- und Handelsvolumen. Baumwolle Weizen Erdgas –30 –12 Volatilität 30 Tage –10 –8 –6 –4 –2 0 +2 +4 +6 +8 +10 QUELLE: VWD/CME GROUP/ICE/LME Schweiz NZZ am Sonntag 5. April 2015 NZZ vom 5.4.2015, Seite 15.pdf Ins Zentrum statt zum Pfarrer Pan Nac des Zürcher Protestanten wollen kirchliche Dienstleistungen zentralisieren Verkehrsgünstige Seelsorge: Kapelle im Flughafen Zürich. (18. Februar 2013) Rita Famos Wer heute einen Seelsorger suche, der gehe nicht in die Kirche, sondern google im Internet, sagt die Zürcher Pfarrerin. sorgezentren verspricht sich Famos auch mehr Fachkompetenz. Dass Freiwillige die Hausbesuche übernehmen, bedeutet für die Pfarrerin keinen Nachteil. «Das ist heute schon gängige Praxis», meint sie. Wichtig sei aber, dass die Freiwilligen geschult sind und ihre Kompetenzen kennen. Wenn SP startet neuen Versuch für die 35-Stunden-Woche Die SP nimmt einen neuen Anlauf für die 35-Stunden-Woche. An der kommenden Delegiertenversammlung vom 25. April debattieren die Genossen die kürzeren Arbeitszeiten im Rahmen eines Schwerpunkts zur Lohngleichheit. Die 35-Stunden-Woche sei eine Massnahme, um Familie und Beruf besser zu vereinen. Männer könnten so mehr Zeit zu Hause verbringen, Frauen vermehrt arbeiten. Zudem brächten kürzere Arbeitszeiten einen besseren Ausgleich von bezahlter und unbezahlter Arbeit, schreibt die Geschäftsleitung in der Einladung zur DV. Dies trage zur Lohngleichheit bei. Freilich ist die Forderung nach kürzeren Arbeitszeiten nicht neu. 2002 lehnte das Volk eine entsprechende Initiative ab. (ald.) Wortkontrolle jemand einen Besuch vom Pfarrer wünsche, dann komme dieser nach wie vor zu Hause vorbei. Überzeugt von der Idee der Seelsorgezentren ist auch Roman Angst, Pfarrer an der Bahnhofkirche im Zürcher Hauptbahnhof. «Die Pfarrer haben für vieles Zeit, nur nicht für Seelsorge», stellt er fest. Dabei gehöre die Seelsorge mit der Verkündigung zu den wichtigsten Angeboten der Kirche. Angst macht die Erfahrung, dass Ratsuchende lieber an einen anonymen Ort kommen, als dass sie zum Ortspfarrer gehen. Auch die Konfession spiele keine Rolle. «Die Seelsorgezentren müssen darum unbedingt ökumenisch geführt sein», meint er. Kritisch bis ablehnend werden die Seelsorgezentren jedoch von einigen Pfarrkapiteln beurteilt. Dazu gehört auch der Bezirk Pfäffikon mit Dekan Konrad Müller, der Pfarrer in Illnau-Effretikon ist. «Bei Leuten, die mit der Kirchgemeinde verbunden sind, ist der Ortspfarrer die Bezugsperson», ist er überzeugt. Aber auch über die Kirchgänger hinaus seien selbst in Agglomerationsgemeinden die Pfarrer mit vielen Personen in Kontakt. Abgesehen davon, dass der seelsorgerliche Bezug am Wohnort verloren gehe, würde den Gemeindepfarrern mit den Präsenzdiensten in den Seelsorgezentren noch mehr Arbeit aufgebürdet. «Es kann nicht sein, dass weitere Ressourcen von den Gemeinden abgezogen werden», sagt Müller. Das Pfarrkapitel Pfäffikon habe sich daher «mit grosser Mehrheit» skeptisch zu den Seelsorgezen- tren geäussert. In städtischen Bezirken stösst die Idee dagegen auf Zustimmung. Dennoch gibt es auch dort offene Fragen: «Wir bezweifeln, dass die Zentralisierung der Seelsorge kostenneutral ist, wenn nicht in den Gemeinden Kapazitäten abgebaut werden», sagt der Stadtzürcher Dekan Theo Haupt. Doch dagegen wehren sich auch die Stadtgemeinden. In jedem Fall betritt die Zürcher Landeskirche mit den Seelsorgezentren Neuland. Beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund heisst es, eine solche Bündelung der Seelsorge sei in keiner anderen Landeskirche geplant. Wie sich der Zürcher Kirchenrat zu den Zentren stellt, wird im Sommer bekannt, nachdem er die Vernehmlassung ausgewertet hat. Kampagne unterbrochen Mit Plakaten hat ein Komitee von Muslimen im März in Zürich für den Propheten Mohammed geworben. Jetzt fehlt der Gruppe das Geld. Andreas Schmid An 30 zentralen Standorten in der Stadt Zürich haben Passanten bis Anfang letzte Woche Grossplakate mit Versen des Propheten Mohammed angetroffen. Etwa im Hauptbahnhof, am Bellevue oder am Bahnhof Stadelhofen waren die Texte zu lesen. Mit der Informationsoffensive will ein «Komitee Muhammad-Kampagne» die Wahrnehmung des Islams in der Nachtsch Osterfeie gebracht Zürcher auf seine zuschlag per SMS z Doch be Gründon funktion den Nac ZVV-Spre ger auf A Der D Drittunte Am Donn schalten der SMS Testsyste lenberge der Pann Kellenbe entsprec finanziel rechnen einzeln a das Nach betreiben ne Busse den, wiss terfeierta Bussen a funktion ausgespr nachträg Rechnun lenberge In La Ch ohne Pierre-A Finanzv de-Fond in die Kr tiker rei in der N nachde über ein hatte. E heitlich sagte M Der Fina wegen e letzten Als Nati der End war, im hören. ( Bund für K PASCAL MORA Wer Rat sucht, klingelt heute nicht mehr an der Pfarrhaustür, und auch die Pfarrer gehen immer weniger auf Hausbesuch. Die traditionellen Seelsorgeangebote der Kirche sind immer weniger gefragt. Dennoch sind es häufig Krisensituationen, in denen Menschen nach einem religiös-spirituellen Gesprächspartner suchen. Dies zeigen die Erfahrungen mit der Zürcher Bahnhofkirche, wo jährlich über 1500 Menschen ein Seelsorgegespräch wünschen. Eine Pfarrkonferenz der reformierten Kirche des Kantons Zürich schlägt nun vor, die Seelsorge künftig auf Seelsorgezentren zu konzentrieren. In den Regionen sollen niederschwellige Kompetenzzentren errichtet werden, die für Pendler gut erreichbar sind. Ratsuchende sollen dort nicht nur einen Pfarrer für ein Gespräch finden. Vielmehr sollen die Seelsorgezentren eine breite Palette von spiritueller über soziale bis hin zu juristischer Beratung anbieten und mit medizinischtherapeutischen Fachpersonen zusammenarbeiten. Schliesslich soll ein Pikettdienst dafür sorgen, dass rund um die Uhr ein Seelsorger erreicht werden kann. Pfarrer in der Region sollen diese Pikettdienste wahrnehmen. Die traditionellen Hausbesuche hingegen sollen vor allem von Freiwilligen und nicht wie bisher von Pfarrern übernommen werden. Pfarrerin Rita Famos, Leiterin der Abteilung Spezialseelsorge der Zürcher Landeskirche, begrüsst den Vorschlag: «Wenn heute jemand einen Seelsorger sucht, dann googelt er und geht nicht ins Pfarrhaus.» Dazu komme, dass im Rahmen der geplanten Zusammenlegung von Kirchgemeinden künftig nicht mehr an jedem Ort ein Pfarrer wohnt. Von den Seel- GAËTAN BALLY / KEYSTONE Seelsorgezentren an leicht erreichbarer Lage sollen einen Teil der kirchlichen Dienste von den Pfarreien übernehmen. Landpfarrer warnen vor einer zunehmend anonymen Kirche. Matthias Herren Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Mohammed-Plakat am Zürcher Bahnhof Stadelhofen. (31. März 2015) Der Bun mehr Ge arbeit v ben für eigene Z klärung um eine Millione Staatsre Dafür b zeitstell Beamte Frau Genf Eine 42Karfreit (GE) ers st sich beziebeföreit. äre (fem.) k che ab, der en er Entrkehrsfertigt uletzt en e Polianken, le erzahertauerden, gen en? stiger napp. kandal, r ts.) en welher ist verd. So zwei abei Einer n anzuuder, ufkorrekt, u einten s.) NZZ vom 5.4.2015, Seite 19.pdf Der externe Standpunkt Auferstehung? Das glaubt natürlich kein vernünftiger Mensch! Die Überwindung des Todes durch den Sohn Gottes ist das wichtigste christliche Fest. Und es ist eine Zumutung für eine rationale und zunehmend säkulare Gesellschaft, schreibt Christina Aus der Au D ie Frauen wieder einmal. Warum konnten sie auch dieses Grab nicht in Ruhe lassen? Der war doch tot, mausetot. Endlich zum Schweigen gebracht, der Umstürzler. Der die kleinen Leute zum Aufstehen anstiftete, diejenigen ohne Stimmrecht dazu ermunterte, das Wort zu ergreifen und diejenigen ohne Einfluss dazu, die Welt zu verändern. Endlich Schluss mit den suggestiven Geschichten, die uns dazu bringen sollten, die Verhältnisse anders zu sehen, auf den Kopf zu stellen, neu zu denken. Nach der turbulenten Zeit, nach den Unruhen und den umstürzlerischen Aktivitäten lag der Anstifter endlich und endgültig hinter Stein und Fels. Ein dicke Tür davor, und dann hätte wieder Frieden sein sollen. Frieden – wieder so, wie es immer war. Der Realität ins Auge zu blicken, ist anstrengend genug. Alles andere ist Schwärmerei und hat unabsehbare Konsequenzen. Dann könnte es schlimmer sein als zuvor. Und zwar für alle schlimmer, auch und gerade für diejenigen am unteren Ende der Leiter. Deswegen ist es auch in ihrem Interesse, dass wir nun wieder zum Status quo zurückkehren. Kapitel abgeschlossen. Aber diese Frauen! Können sich nicht damit abfinden, dass die Revolution jetzt zu Ende ist. Tot und begraben. Müssen da unbedingt nochmals hingehen, am Sonntagmorgen. Was wollen sie denn dort noch herumheulen? Irgendwann ist auch Schluss. Es war schön, solange es gedauert hat. Aber dann muss man das Vergangene auch loslassen können. Träume platzen, so ist das nun mal. Wir sind doch erwachsene Menschen und können damit umgehen. Jetzt also zurück zum Alltag. Wo sind wir stehengeblieben? Ach ja, bei den Weltproblemen. Krieg überall, Krisen, Machtkämpfe. Ringen um Finanzen und Kontrolle, Streiten um Einfluss und Unterstützung, um Hilfeleistungen und Hilfspakete, um CO2-Ausstoss und Rohstoffe. Wir erleben internationale und persönliche Katastrophen. Da haben wir doch genug zu tun. Ich weiss gar nicht, wo anfangen. Manchmal, abends vor dem Einschlafen, erdrückt es mich fast. So viele Probleme. Und es wird nicht besser – ganz im Gegenteil! Manchmal scheint es richtig aussichtslos. Da kommen wir millimeterweise voran, und dann passiert etwas, das uns wieder drei Meter zurückwirft. Es ist zum Verrücktwerden. Was hat dieser Umstürzler noch gesagt? Dass mit ihm das Reich Gottes angebrochen sei? Da zeigt sich ja wirklich, wie abgedreht der war! Das Reich Gottes, ausgerechnet! Wo denn? Etwa in Jemen oder in Syrien? Oder in der Ukraine? Im Sudan? Oder etwa in Nigeria oder in Kenya? Ein komischer Gott das, wenn sein Reich so aussehen soll. Er hat es ja auch nicht geschafft, sondern wurde aufgehängt, am Kreuz. Eine ziemlich fiese Todesart. Aber jetzt ist es auch wirklich vorbei mit ihm. Ganz sicher, der ist tot. Auch wenn diese Frauen jetzt Stress machen. Die waren wohl heute morgen noch einmal dort. Beim Grab, das sie extra noch Christina Aus der Au Christina Aus der Au, 49, hat über Neuro wissenschaften und Theologie habilitiert und arbeitet seit 2010 als theologische Geschäftsführerin am Zentrum für Kirchen entwicklung der Universität Zürich. Sie ist im Vorstand des Deutschen Evangelischen Kirchentags und Präsidentin des Kirchen tags 2017 in Berlin/Wittenberg. hatten bewachen lassen. Die Oberen haben sich schon gedacht, dass seine Anhänger sich nicht damit abfinden würden. Dabei war es doch wirklich fertig mit ihm. Toter kann man gar nicht sein. Und mit ihm begraben wurden auch seine grossen Reden und Geschichten. Es ist halt nicht so in dieser Welt, dass die Friedlichen belohnt werden und die Bescheidenen gewinnen. Wer etwas erreichen will, muss sich durchsetzen. Muss Macht haben, stark sein. Alles andere geht unter. Von wegen andere Wange hinhalten! So machen die andern mit einem doch, was sie wollen. Da kannst du gleich auf Verlierer machen. Wie die Geschichte auch diesmal gezeigt hat. Tot und begraben und fertig. Wenn nur diese Frauen nicht wären. Kamen soeben daher und erzählten irgendetwas Unzusammenhängendes von einer offenen Türe, einem weggerollten Stein und einem leeren Grab. Und von einem Gärtner, der dann gar kein Gärtner gewesen sein soll. Sondern eben Er. Wieder lebendig. Das glaubt natürlich kein Mensch – jedenfalls kein vernünftiger Mensch. Tote werden nicht wieder lebendig. Da muss irgendetwas anderes passiert sein. Vielleicht sollte ich doch mal vorbeigehen und nach dem Rechten sehen. Wer weiss, was da noch daraus werden kann, wenn die das noch weiter herumerzählen. Und wenn es einige dann auch noch glauben! Ich dachte, wir hätten jetzt Ruhe. Wo kämen wir denn hin, wenn man nicht mehr darauf vertrauen könnte, dass etwas mit dem Tod erledigt ist. Dass die Toten tot bleiben. Und dass die Realität so ist, wie sie ist, und alles bleibt, wie es war. Tot ist tot, oben ist oben, und unten ist unten. Es gibt doch einfach Grenzen! Wenn da die Dinge erst mal in Bewegung kommen – wer weiss, wo das noch hinführt. Aber zum Glück kommen die Dinge nicht von selber in Bewegung. Dafür brauchte es Menschen, die das wirklich glaubten, dass da einer von den Toten wieder auferstanden sei. Aber das glaubt den Frauen ja sowieso keiner. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 22 Z eremonienmeister! Daniel Stri cker mag den Ausdruck über haupt nicht. Obwohl er selber ei ner ist. «Ich nenne mich Zere monienleiter oder Zeremoniar.» Denn das Wort Meister, die Vor stellung, von oben herab eine Zeremonie zu zelebrieren, behagen ihm nicht. Das klingt zu sehr nach Kirche und Kanzel und Predigt. Er aber will nur begleiten, nicht im Zentrum stehen, dorthin gehört das Brautpaar oder derjenige, der nicht mehr ist, der begra ben oder beigesetzt wird. Daniel Stricker hält Traureden an Hochzei ten und Trauerreden an Gräbern. Aber ein Pfarrer ist er nicht. Mit Gott hat er es nicht so. Mit Ritualen lange Zeit auch nicht. «Ich habe Zeremonien gehasst», sagt Stricker. Und zwar von jenem Augenblick an, als sein bester Freund beerdigt wurde, vor über 20 Jahren. Als der Pfarrer erklärte, er würde gerne etwas über das Leben des Verstorbenen erzählen – nur gebe es nichts zu sagen, weil der so jung gestorben sei. Dabei hätte e s jede Menge zu sagen gegeben, fand Stricker. Mit 18 trat er aus der Kirche aus und ver mied es, wenn möglich, an kirchlichen Zere monien teilzunehmen. Er liess sich bei der Swissair als Luftverkehrsleiter ausbilden, lei tete den Kundendienst von Sony, dann betrieb er eigene Videotheken mit Pizzakurierdienst. Er hatte gerade seine drei Läden verkauft und dachte darüber nach, was er sonst noch so ma chen könnte im Leben – da wurde e r von ei nem Kollegen gefragt, ob er jemanden kenne, der ausserkirchliche Trauungen durchführe. Er hat es dann gleich selbst gemacht. Das war vor fünf Jahren. Heute verdient Daniel Stri cker sein Geld, eben, als Zeremonienmeister. Er ist nicht der Einzige. Überall dort, wo die Kirche früher omnipräsent war und heute nicht mehr sehr gefragt ist, hat sich für diese spezielle Berufsgattung ein neues Feld eröff net: wenn Menschen zur Welt kommen, hei raten, sterben, wenn sie an Lebenswende punkten stehen, die traditionsgemäss nach ei nem Ritual verlangen. Vor 20 Jahren liessen sich in der Schweiz rund 60 Prozent der Braut paare in der Kirche trauen. Heute sind es ge rade noch 20 Prozent. 55 Prozent der neuge borenen Kinder werden nicht mehr kirchlich getauft. An Abdankungen haben die Pfarrer zwar immer noch oft das Sagen – 78 Prozent der Verstorbenen werden in der Schweiz kirchlich bestattet –, doch auch hier ist die Tendenz sinkend. So wurden beispielsweise in der Stadt Zürich vor zehn Jahren knapp 10 Prozent der Verstorbenen ohne Pfarrer beige setzt – 2014 waren es 13 Prozent. Bei der nächsten Generation wird der Anteil wohl weiter steigen; schon jetzt sind mehr als jeder Fünfte in der Schweiz konfessionslos. Ex-Pfarrer, Esoteriker, Schamanen Das Bedürfnis nach Ritualen ist mit der Ent fremdung von der Kirche nicht verschwunden (siehe Interview). Viele verzichten auf die Hochzeit in der Kirche, wünschen sich aber mehr als das formelle Ja auf dem Zivilstands amt. Und wenn jemand stirbt, ist ein ritueller Abschied für die Angehörigen ein wichtiger Schritt im Trauerprozess. Auch dann, wenn man nicht oder nicht mehr an einen Gott glaubt – oder sich nicht länger mit der Institu tion Kirche identifizieren kann. Entsprechend wächst die Nachfrage nach Zeremonienmeis tern, nach Personen, die weltliche Rituale durchführen. Mit der Nachfrage vergrössert sich auch das Angebot: Mit ein paar Klicks im Internet findet man mehr oder weniger seriö se Ausbildungslehrgänge und eine ganze Pa lette von Ritualbegleitern. Da ist vom ehema ligen Pfarrer über die Sozialtherapeutin bis zum Esoteriker und der Schamanin alles zu buchen; jeder nach seinem Gusto, lautet die Devise. Und trotzdem: Obwohl alles Denkbare möglich wäre, finden viele der ausserkirchli chen Rituale in ähnlichem Rahmen statt, wie NZZ vom 5.4.2015, Seite 22.pdf Hintergrund Gesellschaft sie seit Generationen abgehalten werden: zwar ohne Gott, ohne Kirche, ohne Pfarrer – aber mit einem Ring, der getauscht wird, mit dem Vater, der die Braut zum Bräutigam führt, und mit einem blütenweissen Brautkleid. Daniel Stricker fährt mit seinem schwarzen Sportwagen vor. Er besucht ein Brautpaar für das Vorbereitungsgespräch, Andy und Pas cale, beide sind über 40, beide haben schon Kinder. Und ja, beide haben auch schon eine kirchliche Heirat hinter sich; sie kannten sich damals bereits und sind sich sogar gegenseitig Spalier gestanden. Sie wissen also, wie es geht – und eben auch, was diesmal anders sein soll. Andy ist aus der Kirche ausgetreten. Pascale ist katholisch und dürfte als Geschiedene gar nicht mehr in der Kirche heiraten. Und der Gang zum Zivilstandsamt allein hätte beiden nicht genügt für den für sie grossen Moment. Darum haben sie Daniel Stricker engagiert. «Ich möchte einfach eine schöne Trauung haben, es soll eine Mischung sein aus stilvol ler Feier und fröhlichem Fest», sagt Pascale, die Braut. Sie wird von ihrem Vater zum Altar geführt werden. Es wird Musik gespielt wer den. Es werden Ringe getauscht werden. Alles fast so wie beim ersten Mal, ausser dass die Religion keine Rolle spielt. Das Eheverspre chen wird das Paar nicht vor Gott ablegen, sondern sich im Stillen zuflüstern. Worte, die beide selber auswählen. «Wir halten jedoch an einem klassischen Ablauf fest, weil wir mit dieser Tradition aufgewachsen sind», sagt Andy. «Wenn man alles auf den Kopf stellt, können die Leute gar nicht mehr folgen.» Pas cale fände es respektlos, die Rituale beliebig abzuändern. bote, die es heute gibt. «Wir sind einfach da, um mit unseren Gedanken und Worten einen besinnlichen Moment zu schaffen, wenn ein Mensch eine Weichenstellung im Leben zele briert.» Personen, die sich an die atheistische FreidenkerVereinigung wenden, haben sich von der Kirche distanziert. «Oft merken sie beim Todesfall eines Elternteils, dass es für sie nicht stimmt, jetzt plötzlich die Kirche anzu rufen, die in ihrem Leben keine Rolle mehr spielt», sagt Reta Caspar. Nicht nur die Tradi tion, auch die Wahrhaftigkeit sei wichtig. Zwischen den Generationen besteht laut Geschäftsführerin Caspar ein markanter Un terschied. Die 80jährigen Mitglieder der Frei denker wünschten sich Beisetzungen im engs ten Familienkreis, im Gemeinschaftsgrab, eine stattliche Anzahl gebe den Körper gar für die Forschung frei, ohne dass eine Zeremonie stattfinde. «In dieser Generation gibt es Men schen, die mit Ritualen gar nichts zu tun haben wollen», sagt Caspar. «Unter jüngeren Leuten hingegen gewinnen Rituale wieder an Bedeutung.» So habe ihr Sohn sie damit über rascht, dass er sich verlobt habe – während NZZ am Sonntag 5. April 2015 seine Eltern gar nie geheiratet hätten. Es scheint ein Trend zu sein, dass man sich selber feiern will, man heiratet in Weiss, weil das die schönsten Bilder gibt, man will sich darstellen und zelebrieren vor einem grossen Publikum, als Teil einer Gruppe. «In der allgemeinen Ver unsicherung durch den rasanten Wandel, der in der Welt und der Gesellschaft stattfindet, macht man sich gewisse Versatzstücke von Ri tualen wieder zu eigen und will sich mit einer Tradition verbunden fühlen», sagt Caspar. Die Kirchen können von diesem Revival nicht profitieren. Sie laufen Gefahr, sich ins Abseits zu manövrieren. Und ihnen erwächst in ihrem einstigen Monopolgebiet starke Kon Ohne Gott, ohne Kirche, ohne Pfarrer – aber mit einem Ring, mit einem blütenweissen Kleid, mit dem Vater, der die Braut zum Bräutigam führt. 25 Stunden Aufwand für eine Heirat «Wie war das, als ihr euch verliebt habt?», fragt Daniel Stricker. «Erinnert ihr euch an den Moment? Und warum habt ihr euch ineinan der verliebt? Was liebt ihr am anderen beson ders?» Er will alles wissen über ihre Geschich te. Pascale und Andy müssen sich zuweilen vorkommen wie bei einer Einvernahme. «Es ist persönlicher als dazumal beim Pfarrer», sagt Pascale, und das findet sie gut so. Aus dem, was er zu hören bekommt, wird Stricker seine Rede stricken. «Anekdoten sind wich tig», sagt er. «Damit hast du die Aufmerksam keit des Publikums sofort.» Glaubwürdig soll die Trauung sein, aus dem Leben gegriffen, auch Schwieriges soll nicht verschwiegen werden. «Und ich versuche stets, einen feinen Humor in meine Reden einzustreuen.» 20 bis 25 Stunden Aufwand rechnet Daniel Stricker für eine Trauung; für das Erst und das Vorbereitungsgespräch, das Schreiben und schliesslich das Halten der zirka 40 Minu ten langen Rede. Insgesamt 50 bis 60 Zeremo nien für 1600 bis 2000 Franken führt er pro Jahr durch. Heute, sagt Stricker, wisse er, dass eine Zeremonie ein Bedürfnis befriedige, dass man mit den richtigen Worten einen Tag zum schönsten Tag im Leben eines Menschen ma chen könne. «Ein guter Tag ist es für mich, wenn die Menschen weinen und lachen und glücklich sein können, alles in einem.» Wer sich früher gegen die Kirche entschied, hatte e s schwerer. Man wurde vor die Wahl ge stellt: eine kirchliche Feier oder gar keine Ze remonie. Die Ersten, die vor rund 50 Jahren ausserkirchliche Beerdigungen anboten, wa ren freischaffende Theologen; sie führten re ligiöse Zeremonien durch, aber ohne offizielle Kirche im Hintergrund. Sie galten als schwar ze Schafe. Auch die FreidenkerVereinigung der Schweiz bietet schon lange eine Alterna tive zur Kirche an: Ihre Mitglieder halten athe istische Rituale ab. Geschäftsführerin Reta Caspar bildet Ritualbegleiter aus und führt selber seit 15 Jahren Zeremonien durch: Hoch zeiten, Beerdigungen, aber auch Kinderbe grüssungsFeiern oder gar Trennungsrituale, wenn es eben nicht geklappt hat mit der Ehe. «Wir bieten kein Spektakel an», sagt Caspar mit Blick auf die zum Teil kunterbunten Ange «Ein guter Tag ist es für mich, wenn die Menschen weinen, lachen und glücklich sein können, alles in einem»: Zeremoniar Daniel Stricker, 44, bei einer Trauung. (Tobel TG, 1. 4. 2015) Geheiratet wird ausserhalb der Kirche, und auch bei einem Todesfall wird nicht immer nach dem Pfarrer gerufen. Di Ritualen bleibt. Davon profitieren Menschen wie Daniel Stricker, die sich mit Trau- und Trauerreden das Leben ver DerZeremon Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 23 NZZ vom 5.4.2015, Seite 23.pdf tuale durchgeführt. «Es ist extrem befreiend, so zu arbeiten, wie ich heute arbeite – im Ver gleich zu meiner Zeit als stellvertretender Pfarrer», sagt er. «Ich stehe nicht mehr im Dienst der Kirche, sondern ausschliesslich im Dienst der Angehörigen und kann etwas ma chen, das ihnen und dem Verstorbenen wirk lich entspricht.» Grabrede für zwei Zuhörer Die meisten Menschen, die Thomas Gröbly begleitet, haben mit der Kirche als Institution ein Problem. Manche sind zwar noch Mitglied der Kirche, wollen aber auf eine Abdankung durch einen Pfarrer verzichten. 30 bis 50 Pro zent wünschen sich auch ein Gebet, etwa 30 Prozent wollen eine rein atheistische Feier. Für alle aber gelte: «Sie kommen immer wie der auf alte Muster zurück, sowohl bei den Trauungen als auch bei den Beerdigungen.» Beerdigungen gehen dem Zeremonienleiter Daniel Stricker länger nach als Trauungen. Da war zum Beispiel die Feier für einen promi nenten Lokalpolitiker, mit 350 Trauergästen. «Fast alle haben geweint.» Und dann eine ganz andere Beisetzung: Stricker stand mit dem Friedhofgärtner und dem Testaments vollstrecker, der ihn gebucht hatte, allein an einem Grab. Oder die Beerdigung eines 23jäh rigen Mannes, gestorben an Krebs. Dessen Mutter hatte ihren Job gekündigt, um ihn zu pflegen. Daniel Stricker verzichtete auf das Sa lär, weil sie ihn nur in kleinen Raten hätte ab bezahlen können. «Im Moment, in dem ich meine Arbeit mache, bin ich professionell und lasse die Schicksale nicht zu nahe an mich herankommen», erzählt er. «Aber langfristig bleibt da immer etwas hängen, ich bekomme die Menschen ja auch gern, mit denen ich zu tun habe.» Manchmal erhalte er allerdings Einblick in Familien, in denen es nicht nur friedlich zu und her gehe. Man lerne in seinem Beruf den Menschen sehr gut kennen. «Bei den Hochzeiten habe ich interessante Kun den; sie beschäftigen sich eingehend damit, wie sie ihre Heirat und ihr Leben gestalten wollen», sagt Daniel Stricker. «Und bei den Be erdigungen habe ich oft das Gefühl, zu spät zu kommen – ich hätte den Menschen gerne zu Lebzeiten kennengelernt.» GIAN MARCO CASTELBERG kurrenz. «Plötzlich merkt man: Wenn man sich die kirchlichen Dienste andernorts kau fen kann, dann braucht es die Kirche gar nicht mehr», sagt Thomas Gröbly, freier Theologe und Ethiker aus Baden. Auch er hat sich von der Institution Kirche abgewendet, «weil ich einfach kein kirchlicher Mensch bin». Auch er ist heute Ritualbegleiter. Einer mit theologi schem Hintergrund, wie die meisten, die die se Dienstleistung anbieten: Auf der Liste von Zeremonienleiter.ch, auf der sich Ritualbe gleiter eintragen können, sind Theologen und ehemalige Pfarrer klar in der Überzahl. Gröbly führt Beisetzungen und Trauungen durch, re ligiöse und weltliche und atheistische. «Ich bin offen für alles – ausser für Trauungen im freien Fall und unter Wasser.» Er lacht. Interessanter und bewegender als Trauun gen findet Thomas Gröbly aber Trauerfeiern; die Gespräche mit den Hinterbliebenen, für die er sich viel Zeit nimmt, bevor er seine Rede schreibt. «Man begleitet Menschen in einer schwierigen Situation – und es stellen sich für einen selbst existenzielle Fragen.» Einst hat Gröbly als stellvertretender Pfarrer solche Ri Leben ohne Religion Mit der Kirche werde es rasant bachab gehen, glaubt Autor Naef. «Rituale können uns retten» NZZ am Sonntag: Die Kirche scheint für Hochzeiten und Beerdigungen weniger gefragt zu sein. Trotzdem halten viele an den Ritualen fest. Warum wird nicht ganz darauf verzichtet? Adrian Naef: Der rituelle Übergang in eine neue Lebens phase ist ein Urbedürfnis von uns Menschen. Wir wollen wissen, wer wir sind und wie wir heissen. Eltern wollen, dass die Gemeinschaft anerkennt: Das hier ist unser Kind. Werden wir erwachsen, wollen wir zeigen: Wir haben eine neue Stellung in der Gemeinschaft. Bei der Trauung machen zwei Personen deutlich: Wir gehören jetzt zusammen. Und letztlich wollen wir auch nicht einfach begraben werden wie ein toter Hund. An diesen Wendepunkten im Leben sind Rituale für uns wichtig. Es geht dabei auch darum, von den anderen wahr und ernst genom men zu werden. Auffallend viele privat abgehaltene und unreligiöse Rituale sind jenen der Kirche sehr ähnlich. Für Rituale braucht es nicht wilde, neue Ideen. Man will zwar auf Gott und Glaube und Schuld und Sünde verzichten – das heisst aber nicht, dass man auch die schönen Teile einer Zeremo nie weglassen muss. Jede Reli gion ist aus einem Patchwork Schon die Kelten trugen Ringe, die Neandertaler kannten Rituale für Begräbnisse. Die Religion verschwindet, doch das Bedürfnis nach erdienen. Von Christine Brand onienmeister Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden vorangegangener Vorstellungen herausgewachsen. Wir sollten uns nicht zurückhalten, aus dem heute Vorhandenen jeweils das zu übernehmen, was wir für brauchbar und verständlich halten. Sind die neuen Rituale einfach Ersatz für die kirchlichen Rituale, die nicht mehr zeitgemäss sind? Die Kirche ist tatsächlich «aus der Zeit gefallen». Es ist unglaub lich, was in den letzten zwanzig Jahren passiert ist. Und wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung; es wird mit der Kirche rasant bachab gehen. Die allermeisten Menschen wollen ihre Rituale nicht mehr in der Kirche abhalten. Aber es wäre falsch, von Ersatzritualen zu sprechen. Es ist viel eher so, dass es Rituale schon vor den Religio nen und Kirchen gab – diese sind nur auf den Zug aufgesprungen. Schon die Kelten trugen Ringe, bereits Neandertaler kannten Begräbnisrituale. Neben den grossen pflegen wir im Alltag auch kleine Rituale. Sind wir einfach Gewohnheitstiere? Der Übergang zwischen Gewohnheiten und Ritualen ist fliessend. Sicher ist: Alltägliche Rituale sind sehr wichtig, auch wenn uns das nicht bewusst ist. Sie können uns retten, wenn es uns schlecht geht und alles aus den Fugen gerät. Wenn wir den Glauben und die Hoffnung ver loren haben, sind alltägliche Rituale und Strukturen das Letzte, was uns durch das Leben trägt. Interview: Christine Brand Adrian Naef ist Autor und arbeitete früher als konfessionsloser Religionslehrer. 2014 erschien «Rituale», sein neues Buch heisst «Religion ohne Religionen». NZZ vom 7.4.2015, Seite 14.pdf MEINUNG & DEBATTE Dienstag, 7. April 2015 V Nr. 79 19 Neuö Zürcör Zäitung Dass sich im Gesundheitswesen Schieflagen abzeichnen, ist ein öffentliches Geheimnis, also gar keines. Diese Schieflagen werden politisch gerne beschwiegen. Dennoch mehren sich die Hinweise auf fallweise Überbehandlung und Unterbehandlung, was nichts anderes heisst, als dass wir es mit einer ungerechten und buchstäblich ungesunden Verteilung eingesetzter Ressourcen zu tun haben. Auch um die Rationierung, also um das Vorenthalten von medizinischen Leistungen und um deren gerechte bzw. solidarische Verteilung im Rahmen notwendiger Begrenzungen, wird immer wieder ein Bogen gemacht. Und gleichzeitig wachsen die Ansprüche und die Erwartungen der Patientenschaft und ihrer Angehörigen. Ist uns das Mass abhandengekommen? Die Entwicklungen in den medizinischen Wissenschaften, in der Medizintechnologie und der pharmazeutischen Industrie haben allesamt einen grenzverlegenden Charakter. Diese Dynamik ist unvermeidbar und bildet ein Kennzeichen hochmoderner Gesellschaften. Aber vielleicht haben wir es mittlerweile mit einer Grenzenlosigkeit zu tun, die uns auf Dauer nicht bekommen wird. Zwei Beispiele seien genannt: In der Reproduktionsmedizin und in der Neonatologie haben wir seit Jahrzehnten mit ständigen Grenzverschiebungen zu tun. Was noch vor wenigen Jahren undenkbar oder in moralischer Hinsicht hochproblematisch war, wird zunächst technologisch «eingeholt», dann irgendwann zum Alltag und auf diesem Wege gleichsam moralisch neutralisiert. Aber auch am Ende des Lebens findet eine ständige Grenzverlegung statt: Das Sterben wird mittels invasiver Techniken gedehnt, nicht selten unter Inkaufnahme schweren Leidens der betreffenden Personen. «Früher, länger und mehr» lautet offenbar die Devise. In dieser Entwicklung spielt die «Patientenautonomie» eine eigentümliche Rolle. Sie wird zunehmend zum Einfallstor für eine Anspruchsmentalität, welche die genannte Grenzverlegung noch zu dynamisieren vermag. Gleichzeitig ist eine tiefe Verunsicherung aufseiten der Leistungserbringer hinsichtlich der Frage entstanden, wo und wie gegebenenfalls eine Grenze gezogen werden sollte. Ein kurzer Blick in den Werdegang jenes Autonomieparadigmas lohnt sich. Sie ist uns lieb und teuer geworden – die Patientenautonomie. Seit mindestens vier Jahrzehnten steht sie im Zentrum der medizinethischen Debatten und wird als wichtige Emanzipationsformel gewürdigt. Der Patient ist mündig geworden und hat sich – fallweise oder beides zugleich – aus der Vormundschaft einer zum Paternalismus neigenden Ärzteschaft oder aus seiner passiven Rolle in der Gesellschaft und der Politik zu befreien gewusst. Die beiden berühmten amerikanischen Medizinethiker Tom L. Beauchamp und James F. Childress hatten im Jahre 1977 in ihrem akademischen Bestseller «Principles of Biomedical Ethics» vier ethische Prinzipien unterschieden, die für das Gesund- Was noch vor wenigen Jahren undenkbar war, wird irgendwann zum Alltag und gleichsam moralisch neutralisiert. heitswesen fundamental sind: den Respekt vor der Autonomie des Patienten («Respect for Autonomy»), die Schadenvermeidung («Nonmaleficence»), die Verpflichtung zum Patientenwohl («Beneficence) und die Gerechtigkeit («Justice»). Die beiden mittleren Prinzipien gehörten seit je zum moralischen Kanon ärztlichen Verhaltens. Solange die medizinische Kunst nur eine geringe und oftmals gar problematische Wirkung erzielte, galt Vorsicht, also die Schadenvermeidung, als primäre Tugend. Und indem die Medizin erfolgreicher wurde, war eine zweite Tugend, die der Hebung des Patientenwohls, gefragt. Die «Patientenautonomie» kam sehr spät hinzu und legte eine Erfolgsgeschichte hin, die dazu führte, dass sie alle Aufmerksamkeit auf sich zog, andere Wichtigkeiten zu absorbieren schien und zum Angel der medizinethischen Auseinandersetzungen wurde. Das vierte Prinzip – die «Gerechtigkeit» – konnte eine solche Karriere keineswegs verzeichnen. Letztere blieb gleichsam das Mauerblümchen der Medizinethik. Und mit ihr wurde der Solidaritätsgedanke für lange Zeit marginalisiert. Gerechtigkeits- und Solidarfragen waren zweitrangig geworden. Weshalb? Weil auf sie eine unbequeme Antwort gegeben werden muss, wie Ressourcen angemessen verteilt und medizinische Interventionen gegebenenfalls begrenzt werden. Vielleicht sollten wir zunächst zweierlei Dinge unterscheiden – den Patienten und dessen Autonomie. Demnach lautet die erste Frage: Was ist ein Patient? Dem lateinischen Ursprung des Begriffs gemäss ist der Patient ein Ertragender. Er hat seine Erkrankung nicht frei gewählt, und diese führt im Patientenautonomie und ihre Fallstricke Der Umgang mit Patienten, aber auch deren Selbstverständnis ist heute von einer Kultur der Freiheitsrechte geprägt. Es fehlen dabei aber die Kriterien für ein gerechtes und solidarisches Gesundheitswesen. Gastkommentar von Jean-Pierre Wils und Ruth Baumann-Hölzle Einzelfall zu einer gravierenden Einschränkung seiner aktiven Lebensbezüge. Oftmals ist er nämlich ein Leidender, ein Hadernder, ein Passiv-Gewordener – jedenfalls gemessen an dem, was er als Gesunder kann und konnte. Patienten verlangen nach einer Zuwendung, sind auf unsere Sorge angewiesen. Für die Dauer ihrer Erkrankung haben sie gewissermassen die Seite gewechselt. Es dürfte fraglos stimmen, dass die Hinwendung, das offene Ohr und das Gespräch mit ihnen einen essenziellen Beitrag zu ihrer Gesundung leisten. Vertrauen heilt. Was bedeutet Autonomie? So lautet die zweite Frage. Im Zusammenhang mit ihrem Subjekt – dem Patienten – kann man auf zwei Merkmale hinweisen: auf die Entscheidungsautonomie und auf die Autonomie als moralisches Recht. Auf die Entscheidungsautonomie kommen wir zu sprechen, sobald ein Patient seine Zustimmung zu einem Behandlungsplan erteilen muss. Eine solche Entscheidung nennt man bekanntlich eine «informierte Zustimmung». Der Patient ist über den Ablauf und die Risiken einer Behandlung aufgeklärt worden und hat zugestimmt. Er hat selber bestimmt. Das moralische Recht auf Autonomie wiederum bedeutet, dass Personen ein einklagbares Recht auf diese Entscheidung haben. Ihre Bestimmung darüber, wie medizinisch zu handeln sei, kann nicht um- oder übergangen werden. Etwas technischer ausgedrückt: Autonomie stellt das negative Recht bzw. das defensive Recht des Patienten dar, dass Handlungen oder Eingriffe seitens Dritter unterlassen werden müssen – es sei denn, es ist eine Zustimmung erteilt worden. Das Recht auf Autonomie korrespondiert demnach mit einer Unterlassungspflicht seitens der behandelnden Instanz. Diese Autonomie des Patienten ist ein normatives Prinzip, das unserer Meinung nach unhintergehbar ist. Seine Geltung darf nicht hinterfragt werden. Von diesem Prinzip bzw. von diesem Recht zu unterscheiden sind die tatsächlichen und oftmals beschränkten Autonomiefähigkeiten eines Menschen. Zwar sind Patienten in vielen Situationen urteils- und entscheidungsfähig. Wo dies aber nicht der Fall ist, wie beispielsweise bei kleinen Kindern oder bei urteilsunfähigen Erwachsenen, gelten die Stellvertretungsregeln des Kinderund Erwachsenenschutzgesetzes. Aber woraus besteht nun die anfangs erwähnte grenzverlegende Dynamik der Patientenautonomie? Auf dem Weg zu einer Überforderung? Diese Problematik lässt sich am besten nachvollziehen, wenn wir die Wandlungen der Patientenautonomie in aller Kürze rekonstruieren. Seit den 1960er Jahren ist die Formel in aller Munde. Historisch gesehen war der Nürnberger Kodex (1947) ihre Geburtsstunde. Im Falle medizinischer Versuche, so heisst es im ersten Punkt dieses Kodexes, muss bei Patienten oder Probanden die freiwillige und informierte Zustimmung eingeholt werden. Dieses Recht auf Selbstbestimmung wurde in der Deklaration von Helsinki, im Jahre 1964 von der World Medical Association verabschiedet, übernommen. Aber erst in der modernen Medizinethik, wie sie Anfang der 1960er Jahre in den USA entstanden war, wurde jenes Prinzip der Einwilligung in die nicht-experimentelle medizinische Praxis eingeführt. Diese Patientenautonomie ist seitdem ein ethischer Standard, dessen Geltung – zu Recht – unumstritten ist. Und seit Einführung dieser «informierten Zustimmung» sind Patienten in der Tat aufgeklärter geworden. Autonomie heisst hier Selbstbestimmung: Aufklärung und Zustimmung mittels Information. Der nächste Schritt führt uns zum mündigen Patienten. Dieser Patiententypus kennt seine Interessen, gilt als Partner im Laufe des Behandlungsprozesses und ist in der Lage, Abwägungen hinsichtlich der Mittel, des Zwecks und des Sinns einer Behandlung anzustellen. Hier soll gleichsam auf Augenhöhe im Sinne des «Shared-Decision-Making» zwischen Ärztin und Patient kommuniziert werden. Es ist zu fragen, inwiefern dieses Modell die ungleichen Positionen und das Kompetenzgefälle zwischen den Parteien berücksichtigt. Autonomie heisst hier Mündigkeit mittels Kommunikation. Der dritte Schritt bewegt sich auf den sich optimierenden Patienten zu. Dessen Anspruchsniveau hat sich nun erheblich gesteigert. Nicht die Behandlung einer Erkrankung steht im Vordergrund, son- Wir verlieren das Gespür für das Gewicht unserer Endlichkeit und für das notwendige Mass der Solidarität. dern die Verbesserung der Gesundheit. Dazu benötigt man eine Strategie, in der immer mehr alterstypische Einschränkungen potenziell als Krankheit, jedenfalls als verbesserungsbedürftig und verbesserungsfähig betrachtet werden. Autonomie heisst hier Selbstperfektionierung mittels optimierender Intervention. Der vierte und letzte Schritt hängt mit dem vorhergehenden unmittelbar zusammen: Jetzt wird der Patient als Marktteilnehmer entdeckt. Er soll sich nun als Einkäufer auf dem Gesundheitsmarkt ver- Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden halten. Strategische und rationale Kompetenzen werden von ihm verlangt. Auch noch als Patient sollten uns die Motive des «homo oeconomicus» nicht abhandenkommen. Gesundheit wird eine Ware, um die es sich lohnt zu konkurrieren. Autonomie heisst hier Rationalisierung mittels Kalkulation. Diese Skizze nimmt eine gewisse Vereinfachung bewusst in Kauf. Die angedeutete Entwicklung ist keineswegs im Ganzen negativ zu beurteilen. Aber sie ist einseitig. In ihr droht die wichtigste Perspektive abhandenzukommen – die des Patienten als eines abhängigen, leidenden, auf die Sorge anderer angewiesenen Menschen. Und mit ihm droht auch die Solidarität zu verschwinden. Das ist gemeint, wenn wir von einem «Fallstrick» der Autonomie sprechen. Diese könnte zur Selbstüberforderung und Isolierung der Patienten führen. Der autonome Patient wäre dann ein einsamer und vernachlässigter Mensch. Der Umgang mit Patienten, aber auch deren Selbstverständnis ist heute von einer Kultur der Freiheitsrechte geprägt. Dabei verwechselt man in zunehmendem Masse die Wichtigkeit, selber in einigen wichtigen Situationen bestimmen zu dürfen, mit dem Anspruch, alles selber bestimmen und einfordern zu wollen und zu können. Wir verlieren zunehmend das Gespür für das Gewicht unserer Endlichkeit und für das notwendige Mass der Solidarität. Die einseitige Ausrichtung grosser Bereiche der Medizinethik an der «Autonomie» hat das Anspruchsniveau ins Kraut schiessen lassen. Im Bewusstsein nicht weniger Patienten (oder potenzieller Patienten) hat sie sich als eine Lizenz zum Wünschen entwickelt – nicht selten zu ihrem eigenen Schaden. Im Zusammenhang mit dem Erwachsenenschutzgesetz lässt sich diese Entwicklung illustrieren: Im Schweizerischen Zivilgesetzbuch Artikel 377 ist vorgesehen, dass im Falle einer urteilsunfähigen Person, die sich nicht in einer Patientenverfügung geäussert hat, der behandelnde Arzt bzw. die Ärztin einen Behandlungsplan erstellt, der mit der vertretungsberechtigten Person umfassend abgeglichen werden muss. In der «Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches» vom 28. Juni 2006 wird im Falle einer Entmündigung und der Installierung einer Beiratschaft eine grössere staatliche Zurückhaltung angemahnt als in der Vergangenheit: Der durch die Entmündigung hervorgerufene Verlust der Handlungsfähigkeit sei ein starker Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, weshalb der Staat zu «Massarbeit» aufgefordert wird, welche das Selbstbestimmungsrecht bzw. die Autonomie der betroffenen Person weitestmöglich wahren sollte. So weit, so gut. Bei Stellvertreterentscheidungen in der Medizin führt diese Bestimmung – ungewollt – zu gravierenden Problemen. Der Therapieplan liegt in der Verantwortung der Ärzte, und über Die seitens des Staates auferlegte «Massarbeit» hat demnach zur Folge, dass der Patient tendenziell schutzlos wird. medizinisch sinnvolle Massnahmen hinaus kann die Stellvertretung im Prinzip keine Forderungen stellen. Ist die Stellvertretung allerdings nicht mit dem Therapieplan einverstanden, weil sie ihn als zu geringfügig beurteilt, wird die Erwachsenenschutzbehörde eingeschaltet. Ihre «Massarbeit» hat in aller Regel eine starke Zurückhaltung zur Folge – im Zweifelsfall zugunsten der maximalistischen Forderungen der Angehörigen. Der Ärzteschaft ist die Entscheidungskompetenz im Hinblick auf den Abbruch einer von ihr als sinnlos empfundenen Behandlung faktisch genommen worden. Niemand will das Risiko eingehen, wegen fahrlässiger Tötung angeklagt zu werden, zumal die Entscheidungen der Behörde mit Einspruchsfristen belegt sind. Das kann im Einzelfall zu massiven Überbehandlungen und zu vermeidbarem Leiden führen. Die seitens des Staates auferlegte «Massarbeit» hat demnach zur Folge, dass der Patient tendenziell schutzlos wird. Weil bei dieser Gesetzeslage oftmals niemand sich dazu durchringen kann oder will, Grenzen zu ziehen, werden Behandlungen, gemessen am medizinisch Sinnvollen und am menschlich Vertretbaren, übergriffig. In anders gelagerten Fällen kann jene «Massarbeit» zu Unterbehandlung führen. Offenbar fehlen uns die Kriterien. Ein gerechtes und solidarisches Gesundheitswesen muss aber über solche Kriterien verfügen. ........................................................................................................ Jean-Pierre Wils ist Professor für Praktische Philosophie an der Radboud-Universität Nimwegen (NL) und wissenschaftlicher Beirat der Stiftung Dialog Ethik, Zürich; Ruth Baumann-Hölzle ist Theologin und Leiterin des interdisziplinären Instituts für Ethik im Gesundheitswesen der Stiftung Dialog Ethik, Zürich. Dienstag, 7. April 2015 V Nr. 79 NZZ vom 7.4.2015, Seite 5.pdf INTERNATIONAL 5 Neuö Zürcör Zäitung Die wenigsten kommen nach Lampedusa Instabile Länder wie Libanon, Pakistan oder Tschad nehmen viel mehr Flüchtlinge auf als Europa fur-Konflikts im Sudan waren, die in Tschad Sicherheit suchten, sind es in der jüngeren Vergangenheit vor allem auch Staatsbürger aus der Republik Zentralafrika, dem Südsudan und aus Nordnigeria. Die meisten Flüchtlinge gehen nicht nach Europa, sondern fliehen in eine andere Region ihrer Heimat oder finden in einem Nachbarland Unterschlupf. Oft sind es sehr arme Länder, die die Hauptlast des Flüchtlingsproblems zu tragen haben. Rundum Konflikte David Signer Oft wird angesichts des Dramas vor Lampedusa oder angesichts der Asylsuchenden hierzulande gefragt, warum denn alle diese Fremden ausgerechnet nach Europa oder in die Schweiz kommen müssten. Warum suchen sie nicht in den Nachbarländern Schutz? So lautet die kritische oder polemische Frage. Ein Vergleich von internationalen Zahlen zeigt jedoch in der Tat, dass der weitaus grösste Teil der Flüchtlinge lediglich in einen andern Teil des Heimatlandes oder in ein sichereres Gebiet in der Nähe der Grenze flieht. Zerreissprobe in Libanon Laut dem Uno-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) gab es Mitte 2014 mehr als 51 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene. So viele Menschen waren seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nie mehr auf der Flucht. Rund 33 Millionen von ihnen sind «intern Vertriebene», das heisst, sie leben immer noch in ihrem eigenen Land. Fast 17 Millionen sind in einen anderen Staat geflüchtet. Etwas mehr als eine Million hat Asyl in einem anderen Land beantragt. 600 000 von ihnen haben im letzten Jahr einen Asylantrag in Europa gestellt, 24 000 in der Schweiz. Von ihnen erhielten 6199 Asyl, 7924 wurden vorläufig angenommen. Das macht insgesamt über 14 000. Das ist einerseits die höchste Zahl der letzten paar Jahre. Andererseits: Vergleicht man die Zahl mit den 51 Millionen Flüchtlingen, so hat die Schweiz im letzten Jahr 0,0003 Prozent von ihnen aufgenommen. In absoluten Zahlen beherbergt die Schweiz 57 700 Flüchtlinge, das ist weniger als 1 Prozent der Schweizer Bevölkerung. Verglichen mit der Last, die die meist armen Nachbarländer von Kriegsnationen tragen müssen, ist das recht wenig. Weltweit am meisten Flüchtlinge nimmt laut dem Bericht «UNHCR Midyear Trends 2014» Pakistan auf (1,6 Millionen), danach folgt Libanon (1,1 Millionen). Das bedeutet, dass im kleinen Land Libanon jeder Vierte ein Flüchtling ist (vor allem aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien); Muslime auf der Flucht in der Zentralafrikanischen Republik in Richtung Tschad. hinzu kommen noch fast eine halbe Million Palästinenser, die seit Jahrzehnten in Libanon leben. Dies setzt das sowieso schon von religiösen und politischen Spannungen zerrissene Land enormem Druck aus. Iran beherbergt 980 000 Flüchtlinge, die Türkei 824 000, Jordanien 736 600, Äthiopien 588 000 und Kenya (mit dem weltgrössten Lager Dadaab, für somalische Flüchtlinge) 537 000. In relativen Zahlen folgen auf Libanon das ebenfalls an Syrien grenzende Land Jordanien (mit 11 Prozent Flüchtlingen) und Tschad (mit 3,9 Prozent). Von den Industrieländern liegt – abgesehen vom winzigen Malta – lediglich Schweden unter den ersten zehn (mit 1,2 Prozent). Der Anteil der Flüchtlinge an der Schweizer Bevölkerung beträgt 0,7 Prozent. kerung kann praktisch nur durch Subsistenzlandwirtschaft überleben. Aber die Wüste breitet sich aus, der Tschadsee schrumpft, und Wasser wird knapp. Auf dem Human-Development-Index liegt der Wüstenstaat auf dem 184. Platz – das ist der drittletzte. Etwa die Hälfte der Einwohner sind Analphabeten. Es gibt gerade einen Arzt auf 23 000 Personen, die Kindersterblichkeit liegt bei 20 Prozent, die Müttersterblichkeit bei 1 Aufgenommene Flüchtlinge In Millionen Aufgenommene Flüchtlinge Prozentualer Anteil an der Landesbevölkerung Pakistan 1,60 1,10 Libanon 0,98 Iran 0,82 0,74 Jordanien Der Fall von Tschad ist besonders prekär. Das Land beherbergt 454 000 Flüchtlinge, gehört selbst jedoch zu den ärmsten der Welt. 80 Prozent der Tschader leben in absoluter Armut, das heisst, sie müssen mit weniger als 1 Dollar 25 pro Tag auskommen. Die Bevöl- Prozent. 1966 brach der erste Bürgerkrieg im Land aus, und seither kam Tschad kaum je zur Ruhe. Erst seit fünf Jahren herrscht halbwegs Frieden. Das Land ist mehr als doppelt so gross wie Frankreich, verfügt aber nur über 11 Millionen Einwohner. Das sind im Schnitt gerade einmal neun Menschen pro Quadratkilometer. Während es lange Zeit in erster Linie Flüchtlinge im Gefolge des Dar- Flüchtlinge weltweit Türkei Paradebeispiel Tschad SIEGFRIED MODOLA / REUTERS 0,59 Äthiopien 0,54 Kenya 0,45 Tschad 0,36 Uganda 0,057 Schweiz 0 25 Libanon Jordanien Tschad Djibouti Südsudan Malta Mauretanien Iran Kenya Schweden Schweiz 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 11 3,9 2,5 2,4 2,3 2,2 1,3 1,3 1,2 0,7 0 5 10 15 20 25 NZZ-INFOGRAFIK / efl. QUELLE: UNHCR In Zentralafrika kam es 2013 zu einem Umsturz. Die Banden des neuen Präsidenten Djotodia, die sogenannten Seleka-Rebellen, terrorisierten die Christen des Landes, bis diese ebenfalls zu den Waffen griffen, sich fortan AntiBalaka nannten und die Muslime verfolgten. Djotodia musste bald schon selber das Feld räumen, aber zur Ruhe gekommen ist das Land trotz der Präsenz von französischen und afrikanischen Truppen nicht. Eine Million Menschen, etwa ein Fünftel der Bevölkerung, ist auf der Flucht. Im Südsudan, dem jüngsten Staat des Kontinents, tobt ein Kampf zwischen dem Präsidenten Salva Kiir (und seinen Anhängern vom Volk der Dinka) und seinem ehemaligen Stellvertreter Riek Machar (und seinen Nuer-Anhängern). In Nordnigeria ist der Terror der jihadistischen Gruppe Boko Haram immer blutiger geworden. Viele Nigerianer versuchten Unterschlupf in Tschad zu finden. Nun unterstützt das Land Nigeria im militärischen Kampf gegen Boko Haram und wird selber zur Zielscheibe von Angriffen. Schliesslich grenzt auch noch das zerfallende Libyen an Tschad. Dort bahnt sich bereits das nächste Flüchtlingsdrama an. Folgen für innere Stabilität Die Tatsache, dass ein Land an einen kriegs- und krisengeschüttelten Nachbarn grenzt, erhöht das Risiko von gewaltsamen Konflikten im Innern enorm. Durch einen massiven Zustrom von Flüchtlingen kann diese Gefahr noch potenziert werden. Das Paradebeispiel dafür ist Kongo-Kinshasa. Nach dem Genozid an den Tutsi im Nachbarland Rwanda im Jahr 1994 flüchteten etwa eine Million Hutu aus Angst vor Rache in den Osten von Kongo, bewaffneten sich dort zum Teil und bedrohten Rwanda, das schliesslich einmarschierte. Eine totale Destabilisierung der Region war die Folge, die immer noch nicht ganz ausgestanden ist. Es ist eine traurige Ironie der Geschichte, die in den ganzen Migrationsund Asyldebatten oft vergessen geht, dass gerade die ärmsten und instabilsten Länder oft die grösste Flüchtlingslast zu tragen haben. THE ESSENCE OF BRITAIN Made in Switzerland by BREITLING <wm>10CAsNsja1NLU01DU3MDUyNAEA3EFdxw8AAAA=</wm> <wm>10CFXKMQ6DQAxE0RN55bFnyILLiA6liNJvg6hz_ypAl-JLv3jbVmp-91xfn_VdmjXDHq4Aqwdb71EptkyUZygcWiCKmDz-vJEx0TEuY54WGueQhhiA2nc_fnnMFdNyAAAA</wm> Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden BENTLEY B05 UNITIME SCHWEIZ Dienstag, 7. April 2015 V Nr. 79 9 Neuö Zürcör Zäitung NZZ vom 7.4.2015, Seite 9.pdf Blick zurück zum letzten Geleit von General Guisan Seite 10 Vier Zentralschweizer auf dem Sprung nach Bern Seite 11 Mit Löwenherz und Tigermut Kindern das Sterben erklären Seite 12 Die feinen Nadelstiche von Berns umtriebigstem Störefried Seite 12 Fernziel Familie Die Öffnung der Ehe für Homosexuelle ist von der Kinderfrage nicht zu trennen Ob die grünliberale Idee, ohne Umwege direkt auf die Ehe für Homosexuelle hinzusteuern, in den eidgenössischen Räten Erfolg haben wird, muss sich erst noch weisen. Eine Nationalratskommission will Homosexuellen die Ehe erlauben – ohne sich an der Frage, ob damit auch Adoptionsrecht und Fortpflanzungsmedizin verbunden sind, die Finger zu verbrennen. Doch das eine hängt mit dem anderen zusammen. CVP dafür, FDP dagegen Katharina Fontana Das Familienrecht scheint die neue Spielwiese der Politiker zu sein. Es gibt derzeit kaum einen Bereich rund um Partnerschaft, Ehe und Kinder, in dem nicht über Neuerungen diskutiert wird – wobei die Vielfalt der Möglichkeiten mitunter zu etwas widersprüchlichen Signalen führt. Das zeigt sich etwa beim Umgang mit homosexuellen Partnerschaften. So hat die Staatspolitische Kommission des Nationalrates jüngst eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt, welche die Stellung ausländischer Partner bei der erleichterten Einbürgerung verbessern und sie den ausländischen Ehegatten gleichstellen will. Gleichzeitig fordert die Rechtskommission des Nationalrates, dass homosexuelle Paare heiraten dürfen. Was nun: Soll es für homosexuelle Paare bei der eingetragenen Partnerschaft bleiben, oder will man ihnen die Ehe öffnen? Zunehmender Druck Seit Annahme des Partnerschaftsgesetzes im Jahr 2005, als 58 Prozent der Stimmenden sich in einer Referendumsabstimmung für die eingetragene Partnerschaft und damit für ein Institut zur rechtlichen Absicherung gleichgeschlechtlicher Beziehungen aussprachen, ist das Thema der Ehe für homosexuelle Paare nie verschwunden. Bald nach dem Urnengang wurde bereits wieder darüber diskutiert, ob die Gleichstellung homosexueller Paare mit Ehepaaren im Steuerrecht, im Erbrecht oder bei der AHV tatsächlich ausreichend sei oder ob nicht eine weitergehende Angleichung an die Ehe bezie- Ob man auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Familiengründung erlauben will, ist umstritten. hungsweise eine völlige Gleichstellung anzustreben sei. Seither wurde das Institut der eingetragenen Partnerschaft schrittweise weiterentwickelt und beispielsweise das Namensrecht angepasst: Schwule und Lesben können heute wie Verheiratete den Familiennamen des Partners annehmen. Werden nun noch die Regeln zur erleichterten Einbürgerung angeglichen, gibt es zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft – was die Lebensgemeinschaft der beiden Partner betrifft – nur noch geringe Differenzen (namentlich im Vermögensrecht, wo Gütertrennung statt Errungenschaftsbeteiligung gilt). Der grosse und entscheidende Unterschied zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft liegt darin, dass Erstere über die Zweierbeziehung hinausreicht und für das Paar auch das Recht auf Adoption und auf Zugang zur Fortpflanzungsmedizin umschliesst, Letztere nicht. Ob die Elternschaft Mann und Frau vorbehalten bleiben soll oder ob man auch gleichgeschlechtlichen Paaren die Familiengründung erlauben will, ist umstritten. Die Grünliberalen, die mit ihrer parlamentarischen Initiative «Ehe für alle» das Thema angestossen und in der nationalrätlichen Rechtskommission einen ersten Erfolg erzielt haben, scheuen denn auch davor zurück, die Ehe- mit der Familienfrage zu verknüpfen. So wird betont, dass der Vorstoss dieses ALEX HINDS / IMAGEBROKER / OKAPIA Thema gerade ausklammere. Diese Argumentation ist allerdings wenig glaubhaft. Zum einen machen Schwule und Lesben kein Geheimnis daraus, dass für sie die vollständige Gleichstellung samt Adoptionsrecht und Zugang zur Fortpflanzungsmedizin das Fernziel ist, von dem sie nicht abrücken werden – Heirat hin oder her. Zum andern liegt es auf der Hand, dass, wenn der Staat heterosexuellen und homosexuellen Paaren neu dasselbe Rechtsinstitut für ihre Verbindung zur Verfügung stellt, sich eine unterschiedliche Behandlung nur noch schwer rechtfertigen liesse. Der Druck, auch homosexuellen Verheirateten das Recht auf Familiengründung zuzugestehen, würde zweifellos steigen. Von linker Seite ist ihr Unterstützung sicher, von der SVP kommt Widerstand. Die FDP und auch die CVP müssen ihre Position erst noch finden: Dem Vernehmen nach haben die Freisinnigen den Vorstoss in der Rechtskommission abgelehnt, die CVP-Vertreter haben ihm zugestimmt. Als Nächstes wird sich die ständerätliche Rechtskommission mit dem Anliegen befassen; erst wenn sie Ja sagt, kann eine Vorlage ausgearbeitet werden. Der Bundesrat seinerseits verfolgt beim Umgang mit homosexuellen Partnerschaften einen pragmatischen Kurs und will den Anliegen gleichgeschlechtlicher Paare schrittweise entgegenkommen. So hat er kürzlich eine Gesetzesvorlage zuhanden des Parlaments verabschiedet, die es homosexuellen Paaren erlaubt, das Kind des Partners zu adoptieren; die gemeinschaftliche Adoption soll dagegen weiterhin Verheirateten vorbehalten bleiben. Sollte das Parlament die «Ehe für alle» unterstützen, dürfte sich der Bundesrat allerdings kaum querstellen. Ob die «Ehe für alle» Zukunft hat, hängt aber in erster Linie davon ab, wie sich Volk und Stände verhalten werden. Dann nämlich, wenn die CVP-Initiative zur Heiratsstrafe an die Urne kommt, welche die Ehe ausdrücklich Mann und Frau vorbehalten will. Sofern die Christlichdemokraten, die wegen ihres Begehrens mit massiver Kritik eingedeckt werden und sich als mittelalterlich bezeichnen lassen müssen, nicht noch einknicken und ihr Begehren zurückziehen, wird voraussichtlich nächstes Jahr darüber abgestimmt. Der Entscheid über die Initiative wird dann zumindest indirekt zeigen, wie die Bevölkerung den familienrechtlichen Sinneswandel beurteilt und ob sie die Zeit für homosexuelle Elternschaft bereits für reif erachtet. Werbung mit immer mehr Verbotsschildern Auf kommunaler wie eidgenössischer Ebene wird Werbung mit völlig unterschiedlichen Instrumenten eingeschränkt Ob bei Zigaretten, Alkohol oder erotischen Darstellungen – in vielen Bereichen wird Werbung beschränkt. Nun zeichnen sich neue Regeln ab. Davide Scruzzi Ein Produkt kaufen, sich für eine Dienstleistung entscheiden, eine Partei wählen – die Ziele von Werbung sind stets klar. Schwer überblickbar ist hingegen ihre Regulierung. Das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb verbietet «täuschende» Botschaften oder unrichtige Herabsetzungen von Konkurrenten. Daneben gibt es aber weitere Leitplanken, etwa zur Vermeidung von Gesundheitsrisiken und für die politisch korrekte Darstellung der Geschlechterrollen. In mehreren Bereichen werden die Regeln verschärft. Branchenlösung bei Krediten Ein parlamentarischer Vorstoss, der ein Verbot «aggressiver Werbung» für Konsumkredite forderte, löste eine Revision des entsprechenden Bundesgesetzes aus. Dabei setzte sich die Meinung durch, dass ein staatliches Werbeverbot die Wirtschaftsfreiheit zu stark einschränkt. Zitiert wurden Gerichtsurteile, wonach ein Zusammenhang zwi- schen Werbung für Kleinkredite und Überschuldung zwar bestehe, das staatliche Ziel des Schutzes vor Überschuldung aber auch mit sanfteren Mitteln erzielt werden könnte. Das vor einigen Wochen von den eidgenössischen Räten angenommene Gesetz überlässt es denn der Branche, allzu verführerische Werbeformen einzudämmen; dem Bundesrat ist es aber erlaubt, bei unbefriedigenden Resultaten dieser privaten Vorkehrungen eigene Regeln zu erlassen. In den nächsten Monaten werden der Verband Schweizerischer Kreditbanken und Finanzierungsinstitute und der Leasingverband mit der 1966 vom Werbeverband gegründeten Lauterkeitskommission eine Konvention abschliessen. Der Kommission wird es obliegen, bei Beschwerden von Einzelpersonen oder Firmen einzuschreiten. Die Regelung ist weit reichend: So sollen Leute unter 25 Jahren nicht ausdrücklich angepeilt werden; entsprechend untersagt wird Werbung in gewissen Freizeiteinrichtungen. Nicht gestattet sind dereinst Begriffe wie «Expresskredite», die auf eine unbedachte Kreditvergabe hindeuten, oder Werbeblätter mit Banknoten-Sujets. Für die Lauterkeitskommission sei es das erste Mal, dass ihre Tätigkeit gesetzlich definiert sei und nicht freiwillig erfolge, erklärt der Anwalt Marc Schwenninger, Sekretär der Kommission. Mit dem Verweis auf diese akzeptierte Rolle der Lauterkeitskommission wendet sich denn der Branchenverband Schweizer Werbung gegen den Entwurf zum neuen Tabakproduktegesetz, zu dem der Bundesrat nun eine Botschaft ans Parlament verfasst. Im bundesrätlichen Vorschlag ist ein vollumfängliches Werbeverbot auf Plakaten, in Printmedien sowie in elektronischen Medien vorgesehen. Gesundheitsorganisationen fordern zusätzlich ein Werbeverbot in Verkaufsstellen sowie ein Verbot von Sponsoring. Begründet wird dies mit Studien, laut denen solche Werbeformen gerade Junge zum Rauchen animierten. Dazu verweist aber Schwenninger auf die vom Bund wenig beachtete bestehende Regulierung der Tabakwerbung, die über die heutigen gesetzlichen Bestimmungen rund um die Warnhinweise auf Zigarettenpackungen hinaus noch eine private Vereinbarung kennt, welche die Lauterkeitskommission überwacht. Da geht es um Regeln, wonach etwa keine Plakate in der Nähe von Schulen aufgehängt werden, keine Inserate in Jugendzeitschriften erscheinen sollen oder keine Werbung mit sportlichen Attributen anzureichern ist. Bei der Lauterkeitskommission betrafen 2014 rund 10 Prozent der Fälle den Bereich Tabak. Die Aufsicht über die SpirituosenWerbung ist hingegen weitgehend bei der Eidgenössischen Alkoholverwaltung angesiedelt – und dies wird auch nach der Revision der Alkoholgesetzgebung so bleiben. Mit dem neuen Gesetz solle die Schnapswerbung dabei etwas vielfältiger sein dürfen und neben dem Produkt auch dekorative Elemente zeigen können, etwa Weihnachtsschmuck, sagt Nicolas Rion von der Alkoholverwaltung. Sex als städtisches Gebiet Im Gegensatz zu den Suchtmitteln und zu den Kleinkrediten hatten Versuche, sexistische Werbung landesweit gesetzlich zu bremsen, im Bundeshaus bisher keinen Erfolg. Entsprechend spielt die Lauterkeitskommission als privatwirtschaftliche Organisation ohne gesetzliche Sanktionsmöglichkeit hier weiterhin eine zentrale Rolle. Die Regelung der Kommission ist breit. Sie umfasst die übertriebene Darstellung von Geschlechter-Stereotypen, Akte der Unterwerfung, die Darstellung aufreizender Posen ohne Bezug zum Produkt und die «unangemessene Darstellung» von Sexualität. Unter diesen breiten Bannstrahl fällt damit keineswegs nur Werbung mit zu viel Nacktheit. Die Zürcher Gleichstellungs-Fachstelle bezeichnete auch ein Shoppingcenter-Plakat als sexistisch, auf dem eine Reihe von Stewardessen Spezialitäten anbieten, unter dem Motto «Für jeden Geschmack etwas». Kein Wunder, ist dieser Bereich bei der Lauterkeitskommission nun mit Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 13,4 Prozent der Fälle nach den Verstössen gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb das zweitwichtigste Thema. Dieser Anteil steigt im Übrigen seit Jahren kontinuierlich an. Der Wert lag noch 2011 bei rund 3 Prozent. Einige Städte vertrauen aber nicht nur auf die Rekursmöglichkeit bei der Lauterkeitskommission, sondern intervenieren bei bestimmten Plakaten sofort, sei es basierend auf eigenen Gesetzestexten oder auf Verträgen mit Plakatfirmen über die Aushänge auf öffentlichem Grund. So ist Werbung für Erotiksalons in Basel verboten, allerdings eben nur bei Plakaten auf öffentlichem Grund. Die Städte Bern, Basel, St. Gallen, Luzern, Solothurn, Zürich, Genf und Lausanne tauschen zudem über den Städteverband bei umstrittenen Plakaten die Beurteilungen aus, um der Werbebranche einheitliche Vorgehensweisen zu bieten. Diese Praxis habe sich nach dem Abstimmungskampf zur Minarett-Initiative mit den von einigen Städten als diskriminierend beurteilten Plakaten etabliert, erklärt Martin Tschirren vom Städteverband. Mittlerweile erfasse die gemeinsame Beurteilung der Städte auch Inhalte mit «anderem Bezug». So seien etwa die erotischen Plakate der umstrittenen Stop-Aids-Kampagne des Bundes von den Städten schliesslich als tolerabel beurteilt worden, so Tschirren. Donnerstag, 9. April 2015 V Nr. 81 NZZ vom 9.4.2015, Seite 13.pdf Neuö Zürcör Zäitung SCHWEIZ 13 Willst du mich ein bisschen heiraten? Die «Ehe light» als Alternative für Menschen, die sich nicht ganz trauen Wohnung bleiben? Ausserhalb des Konkubinatsvertrags kann beispielsweise auch in einer letztwilligen Verfügung, in einer Patientenverfügung oder in einer Lebensversicherung der unverheiratete Partner berücksichtigt werden. Die Beratung und das Aufsetzen eines Konkubinatsvertrages kosten bei Marc Peyer je nach Aufwand zwischen 1000 und 3000 Franken. Ihn erreicht jeden zweiten Tag eine telefonische Anfrage zum Thema Konkubinat, doch nur ein Teil der Anfragenden komme schliesslich in eine konkrete Beratung und lasse einen Konkubinatsvertrag aufsetzen. Viele Personen würden ihre Vereinbarung selbst entwerfen, vermutet Peyer. Informationen und Musterverträge gibt es im Internet, diese sind jedoch nicht sehr detailliert. Die Durchsetzung dieser gegenseitigen vertraglichen Ansprüche vor Gericht erfolgt über eine Zivilklage. In diesem Verfahren werden abhängig vom Streitwert teilweise recht hohe Kostenvorschüsse verlangt. Der Zugang zu erleichterten Familienrechts-Verfahren bleibt allerdings verwehrt. Wer mittels Konkubinat eine Kampfscheidung vermeiden wollte, könnte spätestens an diesem Punkt merken, dass dies ein Trugschluss war, resümiert Marc Peyer. In der Schweiz leben mehr Ledige als Verheiratete. Warum der vertragslose Zustand Nachteile haben kann und für wen die «Ehe light» nach französischem Vorbild infrage kommen könnte. Nadine Jürgensen Die Erinnerung an die Kampfscheidung der Eltern, die Rebellion gegen das Establishment, die Angst, sich für immer festzulegen – die Gründe, nicht zu heiraten, sind unterschiedlich. Einige sagen aus Steuergründen erst Ja, wenn sie Kinder bekommen. Anderen sind gemeinsame Kinder schon Beweis genug für ihre Liebe. Manche sind geschieden und wagen keinen zweiten Versuch. Vielen ist das Institut der Ehe zu verstaubt und zu religiös geprägt. Nein, ich will nicht heiraten Auch wenn es scheint, als sei Heiraten bei jüngeren Generationen wieder mehr in Mode, die Zahl der Paare, die den Bund fürs Leben schliessen, hat in den letzten Jahrzehnten stetig abgenommen. Fast jede zweite Ehe wird geschieden. Ledige, Geschiedene und Verwitwete sind gegenüber den Verheirateten in der Überzahl. Waren 1970 in der Schweiz bloss 3500 Mütter ledig bei der Geburt ihrer Kinder (total 99 200 Geburten), waren es 2013 schon 15 000 ledige Mütter (total 82 700 Geburten). Noch bis in die 1970er Jahre war das Konkubinat verboten, im Kanton Wallis gar bis 1995. Das als liederlich angesehene Zusammenleben war ein öffentliches Ärgernis, das es «auf Anzeige hin durch Trennungsbefehl mit Androhung der Ungehorsamsstrafe» zu beenden galt. So abwegig und moralisch veraltet das Verbot des Konkubinats heute anmutet, es hatte zu Beginn des letzten Jahrhunderts einen berechtigten Grund, der bis heute wirkt: Das Institut der Ehe ist als Schutzgemeinschaft ausgestaltet, damit familiäre Verpflichtungen nicht umgangen werden können. Vielleicht, zu welchem Preis? Paare, die im Konkubinat leben, verzichten auf einen staatlichen Rechtsschutz. Das ist eine freie Entscheidung. Kommen gemeinsame Kinder zur Welt oder wird ein Haus gekauft, hat ein Ja, ein bisschen schon Um den Heiratsantrag kam lange nicht herum, wer legal als Paar zusammenleben wollte. Die «wilde Ehe» war bis in die 1970er Jahre verboten. ARCHIVE PHOTOS / GETTY Partner den anderen lange gepflegt oder auf ein Einkommen verzichtet, dann stellen sich im Fall einer Trennung, beim Tod oder bei einer schweren Krankheit plötzlich Fragen, die nicht geregelt sind. Viele Paare sichern sich deshalb mit einem Konkubinatsvertrag ab. Oft seien es die Frauen, die Rat suchten, sagt Rechtsanwalt Marc Peyer von der Kanzlei Bürgi Nägeli Rechtsanwälte, der sich auf solche Verträge spezialisiert hat. Auch wenn sie jahrelang Kinder betreut und dafür ihren Job aufgegeben haben, steht ihnen bei einer Trennung BUNDESGERICHT Tessiner Steueramnestie ist verfassungswidrig Wegweisendes Urteil mit Wirkung auch auf andere Kantone tö. V Wer sein Schwarzgeld selber bei den Steuerbehörden deklarierte, sollte bevorzugt behandelt werden. So hatte es das Tessinervolk gewollt und sich vor einem knappen Jahr für die Einführung einer weitgehenden Steueramnestie ausgesprochen. Schwarzgeld sollte während zweier Jahre straffrei bei den Steuerbehörden gemeldet werden können. Für die Nachsteuern an Kanton und Gemeinden wurde ein grosszügiger Erlass von 70 Prozent beschlossen. Nur die direkte Bundessteuer sollte in vollem Umfang bezahlt werden müssen. Diese kantonalrechtlichen Bestimmungen hat das Bundesgericht nun kassiert und damit die Beschwerde unter anderem der SP-Politikerin Pelin Kandemir Bordoli gutgeheissen. Die Richter kommen zum Schluss, dass die Steueramnestie weder mit dem Bundesgesetz über die Harmonisierung der Kantons- und Gemeindesteuern noch mit der Bundesverfassung zu vereinbaren ist. Das Gericht verweist insbesondere auf ein 2010 in Kraft getretenes Bundesgesetz, welches die straflose Selbstanzeige einer Steuerhinterziehung re- gelt. Gemäss dessen Bestimmungen bleibt die erstmalige Selbstanzeige einer Steuerhinterziehung zwar straflos, aber die ordentliche Nachsteuer samt Verzugszins ist nach einer Selbstanzeige in vollem Umfang zu entrichten. Nicht nur die Bundes-, sondern auch die Kantons- und Gemeindesteuern müssen laut Bundesgericht also voll bezahlt werden. Den Kantonen bleibe kein Spielraum, um auf kantonaler Ebene weitere Reduktionen einzuräumen. Die Tessiner Amnestie verletzt gemäss dem Urteil auch die in der Verfassung statuierten Prinzipien der Rechtsund Steuergleichheit. Steuerpflichtige, welche Einkommen und Vermögen nicht angegeben hätten, würden durch die Amnestie eine unzulässige Bevorzugung erfahren gegenüber korrekt deklarierenden Steuerpflichtigen. Das Urteil wird weitreichende Folgen haben. Verschiedene Kantone wie Freiburg, die vorgesehen hatten, vergleichbare kantonale Amnestien einzuführen, werden über die Bücher gehen müssen. oder beim Tod des Partners kaum etwas zu. – Normalerweise wird in einem Konkubinatsvertrag zuerst das faktische Zusammenleben auf Papier festgehalten. Beispielsweise, wer wie viel verdient, wer die Kinder betreut und wer was an den Unterhalt beisteuert. Geregelt werden zudem die Eventualitäten einer Trennung: Wer erhält unter welchen Umständen nachpartnerschaftlichen Unterhalt, einen Vermögensoder Altersvorsorgeausgleich, wer bekommt zu welchen Konditionen das Haus oder darf in der gemeinsamen Der zunehmenden Zahl von Paaren, die nicht heiraten, aber dennoch nicht in ungeregeltem rechtlichem Zustand leben möchten, könnte in Zukunft ein neues, staatliches Institut zur Verfügung stehen. In einem kürzlich vorgestellten Bericht zur Modernisierung des Familienrechts hat der Bundesrat die Möglichkeit eines neuen Zivilstands für Konkubinatspaare als prüfenswert bezeichnet, der als «Ehe light» bezeichnet wird. Vorbild ist der in Frankreich beliebte Pacs (pacte civil de solidarite). ´ Der Pacs ist als zivilrechtlicher Vertrag ausgestaltet, begründet aber keine familiären Bindungen. Die Franzosen «pacsen» mit grosser Freude: 41 Prozent der formalisierten Paarbeziehungen in Frankreich sind ein Pacs. Das Institut war ursprünglich für gleichgeschlechtliche Paare gedacht. 2013 wurden über 95 Prozent dieser Verträge zwischen Mann und Frau geschlossen. Auch den Paaren hierzulande soll mit einem schweizerischen «pacte de solidarite» ´ der Alltag rechtlich vereinfacht werden. Kern des Instituts wäre die Zusammenleben ohne Mythos Noch sind die Modalitäten eines staatlichen Konkubinatsvertrags erst skizziert. Das richtige Mass zwischen freiheitlichem Vertrag und staatlichem Schutz zu finden, dürfte dabei nicht einfach werden. Kritiker wenden überdies ein, dass der Staat nicht für jede Lebensform ein Institut zu gründen brauche, und auch die Anerkennung im Ausland wirft Fragen auf. Rechtsanwalt Marc Peyer sieht für den standardisierten Konkubinatsvertrag trotzdem eine Chance. Seiner Erfahrung nach entspricht das neue Institut dem Bedürfnis vieler seiner Klienten nach einer «Entmythisierung» der Ehe und des partnerschaftlichen Zusammenlebens. Die «Ehe light» wäre rational, ein Vertrag, der aus freien Stücken geschlossen würde, mit viel Freiraum zur eigenen Gestaltung. Anders als das Eherecht, das eher einem traditionellen Familienbild entspricht, könnte der «pacte de solidarite» ´ neuen Familienformen entgegenkommen. Ob der Antrag dereinst «Veux-tu me pacser?» wie in Frankreich lauten könnte oder «Willst du mich ein bisschen heiraten?», wird sich zeigen. Jetzt liegt der Ball, den der Bundesrat gespielt hat, bei der Politik. Die SP hat bereits einen Vorstoss in Aussicht gestellt. Im Zeichen von «Bio» Die Nachfrage nach biologischen Produkten steigt ungebrochen an Auch im letzten Jahr hat Bio Suisse einen Anstieg bei der Nachfrage nach biologischen Produkten verzeichnen können. Der Bio-Trend geht dabei verschiedene Wege. gia. Bern V Das Interesse an biologischen Produkten nimmt weiterhin zu, wie von Bio Suisse am Mittwoch vor den Medien aufgezeigt worden ist. Im vergangenen Jahr legte der gesamte Biomarkt um 7,5 Prozent zu, auf insgesamt 2,2 Milliarden Franken. Damit wurde das Spitzenjahr 2013 geschlagen. Der Bio-Marktanteil liegt nun bei 7,1 Prozent, das sind 0,2 Prozentpunkte mehr als letztes Jahr. Wichtigstes Segment bleiben weiterhin die Frischprodukte, die im gesamten Bio-Warenkorb fast zwei Drittel ausmachen. Zunahme der Biobetriebe Die Grossverteiler Coop und Migros konnten beim Bio-Sortiment nochmals zulegen und bestätigten somit ihre Rolle als Wachstumstreiber. Durch neue Produktelinien hat beispielsweise Migros dem Markt neue Impulse verliehen. Aber auch der übrige Detailhandel sowie der Bio-Fachhandel haben ihre Um- sätze gesteigert. Dabei ist nicht nur die Käuferzahl konstant gewachsen, der Einzelne kauft auch häufiger biologisch ein. Relativ gesehen ist die Deutschschweiz zwar Vorreiterin in Sachen «Bio», die Entwicklung erfolgt aber in allen Landesteilen etwa gleich. Auch auf der Produktionsseite ist der Trend hin zu «Bio» unübersehbar. Die Zahl der Biobetriebe ist mittlerweile auf 6387 angestiegen und nimmt seit 2010 jährlich um 2 Prozent zu – obwohl die Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Betriebe kontinuierlich rückläufig ist. Die biologisch bewirtschaftete Nutzfläche hat 2014 um 3000 Hektaren zugenommen und macht mittlerweile 12,3 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche aus. Davon befindet sich ein Fünftel in Bergzonen. Als grösster Dachverband in der ökologischen Landwirtschaft hat auch Bio Suisse 2014 Jahr stark vom Aufschwung profitiert. Nicht nur weil mehr Betriebe nach den Kriterien von Bio Suisse arbeiten (sogenannte KnospeBetriebe), sondern auch weil vermehrt Verarbeitungs- und Handelsbetriebe in die Wertschöpfungskette eingebunden werden. Die Nachfrage nach Bioprodukten ist höher als die Angebotspalette, welche zurzeit mit Importen komplettiert wird. Daneben weist die Schweiz generell einen tiefen Selbst- Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Urteile 2CÂ1194/2013, 2CÂ645/2014 vom 7. 4. 15 gegenseitige Beistandspflicht und Unterstützung während der Dauer des Vertrags. Enthalten wären nach Vorstellungen des Bundesrats zudem Vorschriften zur gemeinsamen Wohnung sowie ein gesetzliches Besuchs- und Informationsrecht des Partners in medizinischen Belangen. Nur freiwillig und nicht Teil des standardisierten Vertrags wären gemäss dem bundesrätlichen Bericht nachpartnerschaftliche Unterhaltsverpflichtungen, ein gesetzliches Erbrecht, Kinderbelange, das Güterrecht und ein Anspruch auf die berufliche Vorsorge des Partners. In Frankreich verleiht der Pacte civil dem Paar hingegen gewisse Ansprüche im Fall von Krankheit, Mutterschaft oder Tod. Auch Renten- und Kapitalansprüche im Todesfall sind vorgesehen. Die Franzosen schliessen den Pacte vor Gericht oder dem Notar. Die Auflösung erfolgt durch gemeinsame oder einseitige Erklärung, die dem Partner zugestellt wird. Stirbt oder heiratet einer der beiden, endet der Pacte von Gesetzes wegen. versorgungsgrad von rund 60 Prozent auf. Daniel Bärtschi, Geschäftsführer von Bio Suisse, sieht hier deshalb noch Wachstumspotenzial für Schweizer Biobetriebe. Bio Suisse versucht dies nicht nur durch die Erweiterung des eigenen Netzwerkes, sondern auch durch die Förderung von Bildung und Forschung zu erreichen. Die Sensibilisierung der Bevölkerung für die biologische Landwirtschaft und Nachhaltigkeit ist ein Kernpunkt des Dachverbandes. Geplant ist deshalb unter anderem auch die Teilnahme an der Entwicklung von Lehrmitteln. Limitierte Ausbildungsplätze Die meisten Biobauern kommen heute über den zweiten Bildungsweg zur biologischen Landwirtschaft. Mittlerweile übersteigt die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen das Angebot in den Biobetrieben. Auch hier sieht Bärtschi noch Entwicklungsmöglichkeiten. Die kantonale Bildungshoheit sei aber teilweise hinderlich, da die Kantone die Bio-Verordnung unterschiedlich handhabten, so dass mancher keinen Zugang zu eigentlich vorhandenen Stellen erhalte. Bio Suisse wolle sich dafür einsetzen, dass Jugendliche künftig ihre Lehre flexibler gestalten könnten. REGION Neuö Zürcör Zäitung NZZ vom 9.4.2015, Seite 16.pdf Donnerstag, 9. April 2015 V Nr. 81 e den Was gehört in eine Kirche? aketen Studierende der Hochschule der Künste schmücken reformiertes Gotteshaus in Altstetten mit Bildern und Skulpturen ch: 4442 ben die ughafen Wochen Drogenh je gen Blätter ackt und e deklader beür Empmt. Der amerika, erschickt nia und achsen. um den ert kurm Flugeschlagum Vorenge geletzten gerade illegalen i einer ie ZollPakete Empfänen indes eien nur eben, so retender ughafen. die an dressiert gsbehörantonen aus, dass m versieder neue . erate atin kampf Zürich en WahFranken Steiner nen Zürne Kan-Tickets sten um entsprebestätigt d Heer. Markus iger und p.) auch zu brinn Justizverdräncqueline nehmen ernst», ktion für artei. Er tändlich ter den tatsäch- VP ihren : Martin ans Holeer die CVP die gerliche Regie- Die Grosse Kirche in Altstetten wird bis August zu einem Haus der jungen Kunst. Ab Freitag präsentieren Studentinnen und Studenten der Hochschule der Künste Arbeiten aus einem Ausbildungsmodul mit dem Thema «Was kommt in die Kirche?». Alois Feusi Was soll in eine Kirche hinein, wie kann sie zu einem Raum werden, der bewegt? Diese Frage ist alt, und über die passende Antwort darauf lässt sich trefflich streiten. 22 Studierende im zweiten Semester des Studiengangs Art Education – also Kunstvermittlung – der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) haben sie auf Anregung der Pfarrerin Ulrike Müller von der reformierten Kirche Zürich Altstetten in einem siebenwöchigen Kursmodul für sich beantwortet und die grosse Kirche beim Lindenplatz mit ihren Werken geschmückt. Radierungen und Installationen Entstanden ist ein faszinierendes Kaleidoskop aus Plastiken, Installationen, Textilarbeiten und Tiefdruckbildern, die sich alle mit der Schöpfung als Kernthema, dem Glauben, der biblischen Geschichte und der Kirche auseinandersetzen. Diesen Freitag findet die Vernissage statt. Ab 17 Uhr 30 werden die 18 jungen Frauen und 4 Männer an Ort und Stelle ihre Arbeiten vorstellen. Diese werden bis August dort bleiben. Ausserdem werden an der Vernissage Videoaufnahmen gezeigt, die den Entwicklungsprozess – oder die Schöpfung – der an der linken Wand des Kirchenschiffs hängenden Radierungen der 22 Studierenden vom ersten Versuch bis zur Endfassung dokumentieren. «Damit geht ein kleiner Traum von mir in Erfüllung», erklärt der Dozent Aldo Mozzini, der für den druckgrafischen Teil des Ausbildungsmoduls mit dem Titel «Was kommt in die Kirche?» zuständig war. «Man sieht jeden Bearbeitungsschritt der Druckplatte. Man glaubt kaum, wie viel die jungen Leute gearbeitet haben.» Die Vorgabe seien mindestens 16 Drucke gewesen. Alle hätten ihre Platte mindestens 30-, 35-mal oder noch öfter überarbeitet. Gianin Conrad, der für die dreidimensionalen Arbeiten zuständige zweite Dozent des Moduls, hilft derweil den jungen Frauen und Männern an diesem Gründonnerstagmorgen bei der Suche nach dem passenden Ort und der idealen Präsentationsform für ihre Arbeiten. Danach werden die Werke wieder weggeräumt oder mit Tüchern verhüllt, damit der Karfreitags- und der Ostergottesdienst in einer Kirche ohne Bilder gefeiert werden können. Einzig Junge Frau stirbt nach Sturz aus Tram 29-Jährige in Zürich 2 verunfallt urs. V Eine junge Frau ist am frühen Mittwochabend ihren Verletzungen erlegen, die sie am Morgen desselben Ein überraschender Anblick in einem reformierten Gotteshaus: die Allegorisierung einer der sieben Todsünden. ein in der Mitte des Kirchenschiffs schwebender filigraner Schwarm von 120 Tauben, mit Kunstharz fixiert und an feinen Nylonfäden aufgehängt, darf bleiben; sein Ab- und Wiederaufbau wäre zu aufwendig. Adam und Eva im Ei Gottes Gleichfalls in der Luft über den Kirchenbänken hängt ein riesiges Ei Gottes, aus dem Adam und Eva in enger Umarmung ganz und gar gleichberechtigt schlüpfen. Das Taufbecken wird zum Opferstein mit drei göttlichen und vier irdischen Drahtfiguren. Hoch auf der Empore dräut ein düsterer Eingang zur Unterwelt, ein paar Bankreihen weiter graben sich die gipsernen Finger der Schöpfung aus einem Acker aus Blumenerde. Der Stall von Bethlehem ist eine Spielecke mit handgenähten Puppen wie einem knuddeligen Christkind und Adam und Eva samt Schlange, einem fetten Opferlamm, einem freundlichen Herrgott mit Rauschebart und einem Heiligen Geist aus Flattertüchern, Und die Bibel ist ein grosses Ruhekissen. Vor dem Altar grüssen auf Stangen gesteckte Pappmache-Köpfe, ´ die für die sieben Todsünden stehen. Auf manchen Stühlen liegen wie zufällig placierte Fingerzeige und Schwurhände aus Gips. Dreizehn grelle Tiefzug-Fratzen sind als multiples «memento mori» über die Bankreihen verteilt. Es gibt eine an Tin- guely erinnernde Skulptur aus Fahrradteilen und allerlei weiterem Altmetall, und in der Truhe mit den Gesangbüchern liegen derb-sinnliche Fleischklumpen aus bemaltem Gips und Silikon. Sie sei beeindruckt, was für tiefgehende Gedanken zum Glauben und zur Kirche sich die Studierenden gemacht hätten, erklärt Ulrike Müller: «Das ist faszinierend und bewegend.» Die Arbeiten sollten den Kirchgängern Denkimpulse geben und dürften durchaus auch provozieren: «Kunst und Religion sind verwandt im Stellen von neuen und ungewohnten Fragen.» Nicht alles ist fix Tatsächlich ist einiges, was in der Grossen Kirche Altstetten zu sehen ist, gewöhnungsbedürftig und gewiss nicht für alle Betrachter als Sakralkunst erkennbar. Das führte auch im Pfarramt zu Diskussionen. Dass die jungen Künstler freie Hand geniessen sollten, war unbestritten, aber mit ihrem Wunsch, dass sämtliche Arbeiten bis Mitte August permanent in der Kirche ausgestellt sein sollten, stiess Ulrike Müller als Zuständige für Kultur, Spiritualität und Bildung bei ihren beiden Mitpfarrern auf Widerstand. In manchen Gottesdiensten müsse man ganz besonders auf die Gefühle der Gläubigen Rücksicht nehmen, erklärt etwa Markus Saxer, einer der Kollegen Müllers. Die Gesichter der Innovative Kollaboration Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 60 Startups unter einem Zürcher Dach deu. V Die Zürcher Innovationszentren Impact Hub und Colab Zürich haben sich zum Impact Hub Zürich zusammengeschlossen und beziehen ab Juni der voneinander gelernt werden kann: in Weiterbildungen und Veranstaltungen, aber auch im Gespräch beim Kaffee. Laut Mitinitiator Christoph Birk- CHRISTOPH RUCKSTUHL / NZZ sieben Todsünden beispielsweise dürfe man den trauernden Gästen einer Abdankungsfeier keinesfalls zumuten. Das gemeinsame Projekt seiner Kirchgemeinde mit der ZHdK findet Saxer aber grundsätzlich gelungen, und eine der Skulpturen will er sogar zum Thema einer Predigt machen. Dies wiederum passt bestens zu Müllers Absicht, den perfekt renovierten, nüchtern-kühlen und konsequent auf das Wesentliche reduzierten, bilderlosen Sakralraum mit Lebensspuren zu füllen und die Menschen in der Kirche zu Gesprächen und zum Nachdenken zu bewegen. Das «evangelische Bilderverbot» sieht die Pfarrerin dabei nicht angekratzt. Bei diesem gehe es nämlich darum, dass nicht eine oder einige wenige Vorstellungen zu fixen, fest zementierten Bildnissen des Göttlichen würden, sondern dass viele verschiedene solcher bildlicher Vorstellungen zugelassen blieben. «Die Bibel ist voller Sprachbilder. Doch wer sich von Gott und dem Göttlichen ein starres Bild macht, läuft Gefahr, ihn zu instrumentalisieren, weil er oder sie aufhört, sich überraschen zu lassen.» Insofern seien die Arbeiten der jungen Künstler hochwillkommen. «Denn nicht Bildlosigkeit, sondern eine Vielfalt der Bilder erfüllt das Bilderverbot», betont die Pfarrerin. Bis Mitte August kann man sich in der Grossen Kirche Altstetten selber ein Bild machen. Diese ist täglich von 8 bis 17 Uhr geöffnet. Vernissage ist am 10. April. IN KÜRZE ................................................................................. Kandidat für Tourismus-Präsidium urs. V Guglielmo Brentel, der Vizepräsident von Zürich Tourismus, dürfte zum Präsidenten aufsteigen: Der Vorstand schlägt ihn laut Communique´ an der Generalversammlung im Sommer als 46 FEUILLETON Neuö Zürcör Zäitung NZZ vom 9.4.2015, Seite 46.pdf Do Warm, klug und unbestechlich ARCH ......................... Ljudmila Ulitzkajas Essaysammlung «Die Kehrseite des Himmels» Reissversch lpf. V Mit d Littlehampto nach Gebrau der Londone einen Namen Heatherwick Sein Büro gl in dem mit n ungewöhnlic entwickelt w therwick Stu lung «Provo Angeles und Entwurfspro und Materia sentiert, wä und Fotos e Saaltexte er Lösungsvers ven Frageste of a machine out of a tube öffentlichen «Provokatio fende Intere kleinen Mas Projekt reich champ kreie Handtasche champ Store die rotierend men. Seltsam de» machen gänglich und Umkehrstrat ironische un Ilma Rakusa V Als Verfasserin zahlreicher Erzählungen und Romane – wie «Maschas Glück» (2007), «Daniel Stein» (2009) oder «Das grüne Zelt» (2012) – gehört die 1943 geborene Ljudmila Ulitzkaja zu den bedeutendsten russischen Gegenwartsautorinnen. Mit ihrer Essaysammlung «Die Kehrseite des Himmels», die vierzig Texte aus zwei Dezennien versammelt, zeigt sie sich nun von einer neuen, sehr persönlichen Seite. In autobiografischen Skizzen berichtet sie über ihre jüdischen Vorfahren, Thora lesende Uhrmacher, fesche Schauspielerinnen und hochgebildete Leseratten. Leicht hatten sie es meist nicht. Grossvater Jakow Ulitzki verbrachte insgesamt sechzehn Jahre in Gefängnissen und Lagern. Ein Teil der Verwandten kam in Babij Jar um. Literatur als Gegengift Ulitzkaja weiss sich vor allem ihrer Grossmutter Maria Petrowna Ginsburg verbunden, in deren Bibliothek sie schon früh Gedichtbände von Mandelstam, Achmatowa und Zwetajewa entdeckte und begriff, dass die Literatur ein Gegengift gegen die ideologiebestimmte Wirklichkeit sein kann. Zwar studierte sie zunächst Genetik, doch die Welt der Worte liess ihr keine Ruhe. Bis sie eines Tages zur Feder griff. An Vorbildern mangelte es nicht. Ein Essay beschreibt ihre Bewunderung für Vladimir Nabokovs Roman «Die Gabe» – und nebenbei für dessen Fähigkeit, seine schriftstellerische und wissenschaftliche Begabung gleichermassen auszuleben. Stichwort: Schmetterlingskunde. Ljudmila Ulitzkaja fand ihre literarischen Stoffe in komplexen Familiengeschichten, die das Einzelschicksal vor dem Hintergrund widriger politischer Verhältnisse zeigen. Auch davon erzählen ihre Essays: vom Widerstand gegen ideologische Bevormundung, von der Suche nach moralischer Integrität, von Schuld und Sühne, von Glück und Ohnmacht. Nur bringt die Autorin sich diesmal selbst ins Spiel. Wir erfahren von ihren Begegnungen mit Freunden und Fremden, von ihrem Verhältnis zu Mann, Sohn und Enkelkindern, und detailliert von ihrer metaphysischen Unruhe, die sie immer wieder Zuflucht bei der Religion suchen liess. Nicht der jüdischen, sondern der christlichen, in einer Zeit, als die russisch-orthodoxe Kirche sich in der Rolle einer Untergrundkirche befand. Nun, da die Kirche im Begriff ist, «zu einer riesigen vergoldeten Dekoration zu verkommen», wählt Ulitzkaja den Alleingang, ohne die Grundregeln des Christentums, dieser «Religion des Unmöglichen», zu leugnen. In all ihren Essays erweist sich die Autorin als kluge, warmherzige, einfühlsame und moralisch unbestechliche Zeitgenossin, die Selbstkritik ebenso beherrscht wie die Entlarvung unhaltbarer politischer Zustände. Ulitzkaja nimmt kein Blatt vor den Mund, ob sie von ihrer schweren Brustkrebserkrankung oder von Putins Russland spricht. Das nennt sich im besten Sinne des Wortes schonungslos. Berührt ist man als Leser freilich mehr von den privaten, fast tagebuchartigen Aufzeichnungen, die ohne jede Sentimentalität in Abgründe von Angst und Zweifel blicken lassen, um handkehrum das Glück eines «moment de grace» ˆ zu beschwören. Nicht zuletzt die Krankheit hat Ulitzkaja Achtsamkeit, Gelassenheit und Dankbarkeit gelehrt und ihr Gespür für Lügen aller Art geschärft. So fällt ihr Urteil über Putins Politik – im Essay «Leb wohl, Europa!» (2014) – gnadenlos aus. Zur Disposition stehe Russlands Zugehörigkeit zur «europäischen Völkerfamilie» und Kultur: «Dreihundert Jahre haben wir Kulturschaffenden uns aus densel- Bis 24. Mai im Ha 21. Juni bis 25. O Museum in New Making. Thames Ein Arp-Kub Die grosse alte Dame der russischen Gegenwartsliteratur – Ljudmila Ulitzkaja. ben Quellen genährt – es waren auch unser Bach und unser Dante, unser Beethoven und unser Shakespeare – und nie die Hoffnung aufgegeben. Heute können wir russischen Kulturschaffenden, der kleine Teil von ihnen, zu dem ich gehöre, nur noch eines sagen: Leb wohl, Europa!» Eine andere Form von Stärke Das klingt bitter und resigniert, was so gar nicht zu Ljudmila Ulitzkajas kämpferischem Temperament passen will. Aber sie weiss, wovon sie redet. Einmal mehr ist sie zur Dissidentin geworden, während die Mehrheit um sie herum Vladimir Putins «starke Hand» bewundert. Ulitzkajas Ethos vertritt eine andere Form von Stärke. Diese hat mit Wahrhaftigkeit, Mitgefühl und Liebe zu tun. Viele Essays erzählen von Be- ISOLDE OHLBAUM gegnungen – mit Obdachlosen, verwahrlosten Kindern, Todkranken, von sozialen Missständen und den Versuchen, im Kleinen Abhilfe zu schaffen. Andere Texte reflektieren über das Verhältnis der Geschlechter, über Lüge und Toleranz, Schlaflosigkeit und «die Kunst des Nichtstuns». Oder über das Nein-Sagen und die Vorstellung, «wenn Gott eine Frau wäre». Nicht immer hält Ulitzkaja Antworten bereit, doch ihre Fragen – die Fragen einer ruhelosen Sucherin – bewegen und regen zum Nachdenken an. Nennen wir «Die Kehrseite des Himmels» ein Buch lebenszugewandter, grundehrlicher Recherche, in dem – zugegeben – leise Desillusion mitschwingt. Oder ist es Altersweisheit? holl. V Imme in den letzte Investoren a gefallen, wie besonders dr in Solduno h sches Wohnq ten Kamelie grandiosen F trifft man a Hans Arp un lerin Margu Zypressen w fühlen konn 1994 war die zufällig hing nur Forscher 1965 anlässl Locarno «ein stück visioni Arps Nachla Schenkungen Locarno im Fondazione M Ziel, diesen zu machen. N jüngst volle bäude der Z Ljudmila Ulitzkaja: Die Kehrseite des Himmels. Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Verlag Carl Hanser, München 2015. 223 S., Fr. 34.90. Pressespiegel Bücherfrauen Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Einst waren sie Exotinnen, heute stellen die Frauen die Mehrheit der Beschäftigten in der Buchbranche Andrea Lüthi V Friederike Helene Ungers Einstieg in die Buchbranche ist typisch für ihre Zeit. 1805 auf gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Ereignisse ein, die das Berufsleben der Frauen be- sich Eduard von Keyserling, einer der erfolgreichsten Autoren des S.-Fischer-Verlags, über den Ein- Arp-Museum 9. APRIL 2015 D I E Z E I T No 1 5 GESCHICHTE »Den schweigen sie tot!« Im Alleingang versuchte Georg Elser, Hitler in die Luft zu jagen. Nun kommt seine Geschichte neu verfilmt ins Kino: Lange Zeit wäre das hierzulande undenkbar gewesen VON JOHANNES TUCHEL Fotos (Ausschnitte): Heinrich Hoffmann/Bayerische Staatsbibliothek/bpk (o.); Bernd Schuller/Lucky Bird Pictures W enige Wochen vor Kriegs ende, am 9. April 1945, wurde der Schreiner Georg Elser nach mehr als fünfjähriger Isola tionshaft von der SS auf Befehl des »Führers« im Konzentrationslager Dachau erschossen. Er hatte am 8. November 1939 einen Anschlag auf Hitler verübt. Doch als die Zeitzünderbombe explodier te, die er in einen Pfeiler des Münchner Bürger bräukellers genau über dem Rednerpult eingebaut hatte, war Hitler schon aus dem Raum – ein wenig früher als geplant. 13 Minuten später, und Elser hätte »die Welt verändert«, wie es im Untertitel des Spielfilms von Oliver Hirschbiegel heißt, der jetzt in allen größeren deutschen Städten angelaufen ist. Bereits 1989 inszenierte Klaus Maria Brandauer die Geschichte des mutigen Einzelgängers: Georg Elser. Einer aus Deutschland – mit sich selbst in der Hauptrolle, eine überraschend leise, beeindruckende Arbeit. Nun führte Hirschbiegel Regie: Nach dem Untergang (2004), einer Chronik der letzten Tage im Berliner »Führerbunker«, hat er bewährt gekonnt und effektvoll Hitlers Münchner BeinaheUntergang in szeniert; das Drehbuch schrieb Fred Breinersdorfer (Sophie Scholl. Die letzten Tage) zusammen mit seiner Tochter LéonieClaire. Der spannende Film richtet sich an ein breites Publikum; Elsers Tat und seine Motive stehen im Mittelpunkt – und man könnte meinen, dass die Geschichte dieses einfachen Mannes, der den Mut aufbringt, es mit einem Tyrannen aufzunehmen, die Deutschen schon immer fasziniert hat. Doch das Gegenteil ist der Fall. Mehr als 40 Jahre dauerte es, ehe diese nur mit Stauffenbergs Attentat vergleich bare Tat überhaupt ins öffentliche Bewusstsein drang, und weitere 30 Jahre mussten vergehen, bis sie es nun ins BlockbusterKino schaffte. Undenkbar wäre dieser Film in der unmittelbaren Nachkriegszeit gewesen, da all jene, die sich der NS Diktatur widersetzt hatten, im westlichen Deutsch land als »Verräter« galten. Überzeugte Nazis diffa mierten – vielfach ungestraft – Widerstandskämpfe rinnen und Widerstandskämpfer, und erst 1952, nach dem Prozess gegen den ehemaligen Wehrmacht general Otto Ernst Remer, einen rechtsextremen Politiker und späteren HolocaustLeugner, begann man zaghaft, den Widerstand überhaupt zu »akzep tieren« und zu würdigen. Ein weiteres wichtiges Datum war der 17. Juni 1953, der Volksaufstand in der DDR. Fortan war es in der Bundesrepublik eher möglich, an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus zu er innern. Doch ebenso, wie der Widerstand die Sa che einer kleinen, oft verzweifelten Minderheit gewesen war, blieb auch die Erinnerung an seine Helden lange Zeit umstritten und mit zähen Ste reotypen behaftet. Erst im Jahr 2004 (!) setzte sich – einer repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung zufolge – eine überwiegend positive Bewertung des 20. Juli 1944 durch. Zeit vom 9.4.2015, Seite 16.pdf D G eorg Elser traf das Schweigen be sonders. Über ihn, den Attentäter vom 8. November 1939, hatten die Nationalsozialisten eine Vielzahl von Lügen, Gerüchten und Missdeu tungen in Umlauf gebracht. Diese blieben noch lange nach 1945 wirksam, und sie waren weitaus zäher als die über die Gruppe um Stauffenberg. So nutzte Propagandachef Joseph Goebbels den Anschlag Ende 1939 sofort, um in der aufgeheizten Phase der ersten Kriegsmonate antibritische Parolen zu verbreiten: Elser sei ein Werkzeug des Geheim dienstes gewesen, so tönte er, das Attentat sei »zwei fellos in London erdacht« worden. Die Organisation des Ganzen, fabulierte Goebbels weiter, habe, in eng lischem Auftrag, der in Ungnade gefallene Otto Strasser übernommen, der Führer einer frühen inner nationalsozialistischen Oppositionsgruppe, der sich zum Zeitpunkt des Attentats schon längst nicht mehr in Deutschland aufhielt. Um ihre Verschwörungstheorie zu untermauern, lenkte die NSPropaganda die Aufmerksamkeit auf zwei britische Geheimagenten, die am 9. No vember 1939 im niederländischen Grenzstädtchen Venlo vom deutschen Auslandsgeheimdienst ge kidnappt worden waren. Die beiden Entführten wurden kurzerhand zu Hintermännern des Münchner Anschlags erklärt. Die NSFührung plante gegen Elser und die beiden britischen Offi ziere einen Schauprozess, der nach dem siegreich beendeten Krieg geführt werden sollte. Der gleichfalls beschuldigte Strasser ging von der Schweiz aus sofort in die Offensive. Er nannte das Attentat eine Inszenierung des Regimes. Nur so sei es möglich gewesen, dass Hitler den Anschlag über lebt habe. Diese Sicht wurde von vielen ausländischen Zeitungen übernommen und fand unter der Hand auch in Deutschland durchaus Zustimmung. Das Regime habe auf diese Weise den Mythos von Hitlers Unverwundbarkeit und seiner angeblichen Begüns tigung durch die »Vorsehung« zu stärken versucht. Elser als Handlanger der Engländer oder gar als willfähriges Instrument der Nazis selbst: Beide Inter pretationen begriffen ihn nicht als Handelnden, sondern als Werkzeug anderer. Dass er autonom dachte und agierte, war nicht vorstellbar. Und so ver wundert es auch nicht, dass die NSFührung nach den ersten Verhören, in denen Elser seine Alleintäter schaft gestanden hatte, ein weiteres Vernehmerteam einsetzte, um die »Drahtzieher« doch noch zu finden. Die aber gab es nicht, es gab nur den zu allem ent schlossenen, umsichtig handelnden Georg Elser. Wie sorgfältig er seine Tat geplant hatte, zeigt ein Detail unter vielen: Bei seiner Festnahme an der Schweizer Grenze trug er eine Ansichtskarte des Bürgerbräukellers, ein Abzeichen des Roten Frontkämpferbundes, Aufzeichnungen über Rüs tungsfertigungen sowie einige Teile des Zeitzün ders bei sich. Beweisstücke, mit denen er in der Schweiz seine Opposition gegen das Regime, mög licherweise auch seine Urheberschaft am Münch ner Attentat beweisen wollte, um sich vor einer Auslieferung ins Reich zu schützen – und um zu verhindern, dass ein anderer in Deutschland der Tat beschuldigt wurde. Die Öffentlichkeit erfuhr bis 1945 nichts mehr über Elser. Auch danach wurden nur die alten Lügen über ihn verbreitet. Tief verletzt kämpfte seine Mut ter Maria (1879 bis 1960) in der Nachkriegszeit um die Ehre ihres Sohnes und gegen abstruse Legenden, die selbst bedeutende Historiker über ihn verbreite ten. Wichtigtuerisch erzählte auch der bekannte evangelische Theologe Martin Niemöller die Ge rüchte über Georg Elser weiter, die er als Mithäftling im KZ aufgeschnappt hatte: Er bezeichnete Elser als »SSUnterscharführer«, der »1939 das Attentat im Bürgerbräukeller auf Hitlers persönlichen Befehl durchzuführen hatte«. Ein Handwerker mit heldenhaftem Mut: Georg Elser, der im November 1939 das Attentat auf Hitler wagte, bei seiner Vernehmung in Berlin. Unten: Filmbild mit Christian Friedel in der Rolle des Widerstandskämpfers er Lagertratsch, den der angesehene Kirchenmann hartnäckig kolpor tierte, fand alsbald seinen Weg in Memoiren und die wissenschaft liche Literatur. Ebenso verhielt es sich mit den 1950 erschienenen Erinnerungen von Elsers Mithäftling in Sachsenhausen und Dachau, dem britischen Geheimdienstmann Sigismund Payne Best. Dessen Darstellung The Venlo Incident stellte Elsers Attentat ebenfalls als ein abgekartetes Spiel der NSPropaganda dar, nach dem Muster des Reichstagsbrands 1933 oder des Überfalls auf den Sender Gleiwitz zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Bests Buch wimmelt nur so von Fehlern und Unge reimtheiten. Dennoch wurde seine Version der Er eignisse für Historiker wie Gerhard Ritter, Hans Rothfels, Alan Bullock oder Gerhard Reitlinger maßgeblich – schließlich passte sie gut in die gängi gen Erklärungsmuster für den Nationalsozialismus. Die zahlreichen Gerüchte aber hatten noch einen tieferen Ursprung als nur das Unwissen über den Hergang der Tat. Der Chef der Reichskriminalpoli zei Arthur Nebe, der 1941 an Massenmorden in der Sowjetunion beteiligt gewesen war, später aber Kon takte zu den Männern des 20. Juli pflegte und noch im März 1945 in Plötzensee hingerichtet wurde, brachte es gegenüber dem nationalkonservativen Widerständler Hans Bernd Gisevius auf den Punkt. 16 »Du wirst sehen«, soll Nebe über Elser gesagt haben, »den Mann machen sie noch hinterher fertig: den schweigen sie tot [...], der Mann wollte einfach nicht den Krieg [...]. Gerade deswegen werden deine feinen Leute nichts von ihm wissen wollen, auch nicht hinterher [...]. Sie haben übrigens ganz recht damit; sie handeln völlig instinktsicher. Der paßt nicht zu ihnen.« Dies galt sowohl vor als auch nach 1945. Denn in einer Gesellschaft, die beharrlich die NSVerbre chen leugnete und den Widerstand gegen die Dik tatur nur mühsam zu akzeptieren begann, passte der Einzeltäter und überzeugte Kriegsgegner nicht ins Bild. Zudem konnte Elser für keine Tradition bean sprucht werden: Er wählte kommunistisch, war aber kein Parteimitglied und folgte auch nicht der Par teilinie. Er war Christ, engagierte sich aber nicht in der Amtskirche. So kann er weder in ein kommunis tisches noch in ein konservativnationales, noch in ein christliches oder bürgerlichliberales Schema des Kampfes gegen die Diktatur integriert werden. E rst Mitte der sechziger Jahre verloren die Spekulationen und Diffamierungen an Wirkung: als der Münchner Histori ker Lothar Gruchmann Elsers Verhör protokolle in den Akten des Reichs justizministeriums fand. Sie sind bis heute der wichtigste Zugang zu Elsers Denken und Handeln. Und auch wenn sich in ihnen über weite Strecken die Sprache der Gestapo spiegelt, verdeutlichen sie doch die Motive und Details der Tat. Zwischen dem klaren Beweis der Alleintäterschaft, der nun erbracht war, und einer öffentlichen Anerkennung verging indes noch eine lange Zeit. Nur sehr lang sam setzte sich ein neues Bild durch, ein Bild, das Elser Handlungsautonomie zugesteht und die Tat als seine eigene wertet. Bundeskanzler Helmut Kohl war es, der Georg Elser 1984 in seiner Berliner Gedenkrede zum 20. Juli 1944 erstmals staatsoffiziell würdigte. Damit war ein Bewusstseinswandel markiert. Endlich erschienen nun auch Biografien Elsers, und Brandauer fasste den Entschluss, seinen Film zu realisieren. Im Februar 1998 schließlich eröffnete die ElserGedenkstätte in Königsbronn, wo er aufgewachsen war. Bewegt lauschten die Menschen in der überfüllten Turnhal le des Dorfes den Worten des Stuttgarter Staatssekre tärs Christoph Palmer: »Das Land BadenWürttem berg ist stolz auf einen seiner größten Söhne.« Jetzt waren auch die Königsbronner stolz auf jenen Mann, für den noch wenige Jahre zuvor die Worte seines Bruders Leonhard galten: »Man gönnt ihm seine Tat nicht, dem kleinen Bauernbuben.« Ein kluges Fazit der langjährigen Mühen zog 2008 der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble bei der Enthüllung einer Büste Elsers im Berliner Spree bogen direkt am Innenministerium: »Wir Deut schen«, sagte er, »haben uns mit dem Widerstand schwergetan. [...] Es fiel nicht leicht, anzuerkennen, dass es Menschen gab, die ein klareres Urteil und den Mut hatten, sich dem HitlerRegime zu widersetzen. Das gilt schon für Stauffenberg und seine Mitver schwörer. Das gilt aber noch viel mehr für Elser, den schwäbischen Handwerker, der viel früher ein klares Urteil fasst und einfach handelt. [...] Heute endlich erinnern wir uns mit Dank an Georg Elser. Er gehört zu denen, die es uns leichter machen, auf die Ge schichte unseres Landes zurück und hoffnungsvoll nach vorne zu blicken.« Bei der ElserBüste im Spree bogen blieb es nicht. Seit 2011 steht in Berlin eine 17 Meter hohe, filigrane, nachts leuchtende Stahl skulptur, die Elsers Silhouette nachzeichnet – an der Wilhelmstraße, mitten im Regierungsbezirk. Zwei Jahre zuvor bekam endlich auch München, das von Elser viele Jahrzehnte nichts wissen wollte, ein kleines ElserDenkmal in einem Winkel in Schwa bing, der tatsächlich GeorgElserPlatz heißt. Jeder mann bekannt aber ist der mutige Schreiner aus Königsbronn noch immer nicht. Oliver Hirschbiegels Film hat gute Chancen, daran etwas zu ändern – sofern er nur halb so gut läuft wie Der Untergang. Der Autor leitet die Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin (www.gdwberlin.de) Das Epochenjahr in Deutschland und der Welt Jetzt am Kiosk! Oder online bestellen 1945: Krieg und Frieden Von der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz im Januar bis zum Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki im August: In den Monaten vor und nach dem 8. Mai 1945 überstürzten sich die Ereignisse – nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen Teilen der Welt. 70 Jahre danach widmet sich ZEIT GESCHICHTE dem Ende des Zweiten Weltkriegs in globaler Perspektive. www.zeit.de/zg-geschichte 18352_ZG_ZD_1945OnlNord_ANZ [P].indd 1 Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden 30.03.15 11:13 WISSEN 9. A P R I L 2015 D I E Z E I T No 15 Zeit vom 9.4.2015, Seite 33.pdf Vom Hä? zum Aha! Können Babys überrascht sein? Ja, zeigt eine neue Studie. Staunen hilft ihnen sogar beim Lernen S. 36 KinderZEIT Darth Vader, Lord Voldemort, der Joker: Ein Hoch auf die Bösewichte S. 41 33 Titelgeschichte Das Geheimnis, ein Menschenrecht E So sehr die Schweigepflicht zu verteidigen ist – es gibt auch Ausnahmen VON EVELYN FINGER Fotos: Kniel Synnatzschke/plainpicture [M]; Jiri Hera (r.) igentlich hätte William Whitaker sofort aus dem Verkehr gezogen werden müssen. Aber dann wären jene 102 Passagiere abgestürzt, die der Pilot durch ein halsbreche risches Flugmanöver vor dem Ab sturz bewahrte. Jeder Therapeut hätte Whitaker als Sicherheitsrisiko eingestuft: Er trank vor dem Flug, er trank während des Fluges, er kokste und schlief kaum. Trotzdem rettete er, als seine Maschine in Turbulenzen geriet, geistes gegenwärtig Besatzung und Passagiere. Whitaker ist ein Held und zugleich der unzu verlässigste Pilot der Welt. So spielt ihn der Holly woodstar Denzel Washington in dem Film Flight. Der fiktive Pilot verkörpert ein reales Dilemma: Ein Mensch mit verborgenen Defiziten oder ge heimen Süchten und Krankheiten kann versagen und etwas fürchterlich Falsches tun. Derselbe Mensch kann sich aber auch bewähren und als Einziger das Richtige tun. Wie wollen wir mensch liches Handeln vorhersagen? Jede Forderung nach Aufhebung der Schweige pflicht eröffnet die grundsätzliche Debatte über das Recht auf ein Geheimnis. Bei Ärzten und an deren Geheimnisträgern – Geistlichen, Anwälten, Bankern, Psychiatern – findet der Einzelne Schutz vor dem Kontroll und Strafbedürfnis der Allge meinheit. Wir müssen akzeptieren, dass wir uns mitunter selbst ein Geheimnis sind und nicht ein mal vorhersagen können, was wir demnächst tun – oder anrichten. Nach dem Absturz der GermanwingsMaschine treten Sachverständige aus den Kulissen mit allerhand Vorschlägen zur Herstellung absoluter Sicherheit. Sie fordern jetzt strengere psychologische Checks für Piloten und auch die Aufhebung der Schweigepflicht für behandelnde Ärzte und Therapeuten. Sie wollen in den staatlich geschützten Vertrauensraum hinein horchen und Verdächtige präventiv denunzieren. Sie hoffen, verborgene Pläne der Menschen früh zu er kennen wie einen Tumor. Diese Hoffnung geht Hand in Hand mit dem Wunsch der BigDataTransparenzgesellschaft nach totaler Vorhersagbarkeit. Ein Psychoanalytiker ehepaar aus München schrieb in einem Leserbrief an den Spiegel: »Vielleicht liegen die Wurzeln des Unglücks darin, dass bei der Pilotenausbildung nur das Kognitive geprüft und das Unbewusste völlig außer Acht gelassen wird.« Wirklich? Und wer bitte soll das Unbewusste »prüfen«? Depressionsforscher halten Depressive nicht für gemeingefährlich. Im Gegenteil: Depression könne das Mitgefühl für andere verstärken. Die Kranken seien keineswegs prädestiniert für den er weiterten Suizid. Trotzdem sucht man nun nach den vielen Ärzten, die der Unglückspilot in seiner Verzweiflung um Hilfe bat. Man will wissen, was diese wussten. Als hätte ein Arzt das Geheimnis des Unglückspiloten, seine Depression, bloß ent hüllen müssen, um ihn als potenziellen Mörder zu enttarnen. Als könnte man aus der Abweichung von einer medizinischen Norm auf kommende Untaten schließen. Das ist die Stimmung nach dem Sturz: ein tränenblinder Aufklärungsfuror, der Verfehlungen für medizinisch vorhersagbar hält – und die Schweigepflicht für ein Risiko. Plötzlich erscheint sie als sinistre Verabredung, in deren Schutz sich das Allerschlimmste anbahnt. Wollen wir uns diese Angst zu eigen machen und nur noch bei geöffneten Türen miteinander Kein Wort! Ärzte, Journalisten, Pfarrer, Anwälte und Banker verteidigen die Pflicht zu schweigen S. 34–35 reden? Offenbar hält die Transparenzgesellschaft, die das Durchsichtige und Helle so liebt, die gern in Glastürmen lebt und hinter Glastüren arbeitet, nicht allzu viel vom Menschen. Sie misstraut ihm und damit sich selbst. Der Philosoph Manfred Schneider schreibt in seinem Buch Transparenztraum: »In der Forderung nach Transparenz haben sich die alten Verspre chen von Wissen, Gleichheit, Freiheit, Gerechtig keit eine neue Parole gegeben. Sie ist ein politi sches Psychopharmakon.« Diese Droge lässt uns davon träumen, Menschen so gut zu überwachen, dass sie nichts Böses mehr tun. Ja, es gar nicht mehr versuchen. Das ist paranoid. Denn die geschlossene Tür des Arztes, des Priesters und des Rechtsanwalts dient gerade nicht dazu, das Böse oder Kranke zu verber gen, sondern ihm zu begegnen: im schonungslosen Gespräch, das bei offener Tür unmöglich wäre – weil es der Selbsthinterfragung, dem Eingestehen von Fehlern und manchmal der Reue dient. Der Jesuit und Schulrektor Klaus Mertes sagt: »Wahrheit wird nur in Vertrauensräumen ausgespro chen.« Deshalb sind Schweigeräume in unserer De mokratie gesetzlich geschützt. Die Gesetze sind ein Schutz auch gegen den totalitären Wahn, wie wir ihn aus dem Überwachungsstaat kennen. Trotzdem sind Vertrauensräume nicht sakrosankt. Es gibt auch fal sche SchweigeKomments, die den Sinn der Schweigepflicht pervertieren. Klaus Mertes, der selbst zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch durch Priester und Lehrer offenlegte, sagt: »Die Schweige pflicht kann benutzt werden, um in ihrem Schutz Verbrechen zu begehen. Selbst das katholische Beicht geheimnis, das absolut und unverletzlich ist, muss gebrochen werden, wenn es missbraucht wird.« Das ist provokant. Denn jeder Beichtvater, der das Beichtgeheimnis bricht, wird automatisch ex kommuniziert. Er darf zwar die Absolution ver weigern und muss Verbrecher zur Selbstanzeige ermuntern. Doch was, wenn ein Reuloser die Beichte zur Reinwaschung nutzt? Dann, sagt Mer tes, habe dieser selbst das Geheimnis verletzt. Ihn an weiteren Untaten zu hindern sei nicht nur mo ralische Pflicht, sondern schütze die Institution des Beichtgeheimnisses. »Die Übertretung der Schweigepflicht aus zwingenden Gründen ist kei ne Infragestellung dieser Pflicht.« Welche Gründe sind zwingend? In der weltli chen Sphäre würde man sagen: wenn das beider seitige Vertrauen von einem der Partner verraten wird. Geheimnisverrat ist geboten, wenn im Schutz des Geheimnisses Unrecht geschieht. Trotzdem bleibt der Geheimnisverrat juristisch strafbar. WikiLeaks und VatiLeaks, Julian Assange und Edward Snowden haben gezeigt, wie schwer sich die Öffentlichkeit tut, zwischen Verrätern und Enthüllern zu unterscheiden. Denn die Schweige pflicht bleibt ein ethisches Paradox: Das Schwei gen muss gewahrt, manchmal jedoch gebrochen werden. Den Extremfall des Bruchs kann man ge setzlich nicht regeln. Er bleibt eine Gewissensent scheidung. Dazu gehört Mut. Für Johannes zu Eltz, katho lischer Stadtdekan in Frankfurt am Main, hat das falsche Verschweigen immer mit Angst zu tun. Angst haben und Angst machen. »Zur echten Schweigepflicht gehört auch Geistesgegenwart. Zum Beispiel, wenn ein Lebensmüder damit droht, sich nach der Beichte umzubringen – die Tür von innen versperren und den Schlüssel ver stecken bis Hilfe kommt.« Zu Eltz kennt eine sol che Beichtgeschichte und findet sie großartig. »Die Androhung, etwas Schlimmes zu tun, ist immer auch die Bitte, es nicht tun zu müssen.« Deshalb sind Geständnisse und Beichten so wich tig: Sie ermöglichen Umkehr. Hätte der Pilot Andreas L. umkehren können, bevor er sich und 149 andere tötete? Ja. Aber nicht aufgrund präventiver Verdächtigungen eines Thera peuten. Sondern nur, wenn L. einen Menschen in seinen Plan eingeweiht hätte, der schweigen darf und muss. Man hätte dem Piloten einen solchen Beistand gewünscht, um seine Not, seine Angst, seine destruk tiven Fantasien auszusprechen. Dazu wäre Vertrauen nötig gewesen. Es lässt sich durch Misstrauen nicht erzwingen. Der evangelische Theologe Wolfgang Huber sagt: »Im Rechtsstaat geht es nicht ohne Ver trauen. Vertrauen ist die von Hoffnung getragene Erwartung, von denjenigen, auf die man vertraut, nicht enttäuscht zu werden.« Denn eine von Misstrauen und Angst be herrschte Gesellschaft funktioniert nicht. Das gilt auch nach Abstürzen. Gegen die Angst aber lässt sich etwas tun: die Freiheitsräume des Schweigens verteidigen und professionelle Geheimniswahrer nicht zur Denunziation verpflichten. www.zeit.de/audio GESTRESSTE BRAUCHEN Ruhezeiten, um kreativ zu bleiben. Deshalb erhalten sie jetzt EINE LIZENZ ZUM NICHTSTUN. ALS AUCH APP WWW.PSYCHOLOGIE-HEUTE.DE Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Der Schurke von gestern Das lange verteufelte Cholesterin wird in den USA rehabilitiert Nur wenige Ernährungsregeln haben über Jahrzehnte Bestand. Eine davon war: Zu viel Cholesterin im Essen ist ungesund. Nun wird dieser Fels des Diätwissens gesprengt. Wie alle fünf Jahre hat das staatliche amerikanische Beratergremium für Ernäh rungsrichtlinien (DGAC) neue Empfeh lungen abgegeben. Und, oh Wunder: Cho lesterin ist plötzlich kein Schurke mehr. Es sei nicht mehr nötig, das mit Nahrungs mitteln aufgenommene Cholesterin zu begrenzen, sagen die Experten. Das bedeutet aber nicht, dass man den Cholesterinspiegel im Blut nicht mehr kon trollieren muss. Denn schwappt dieser Stoff zu lange und in zu hoher Konzentration in den Adern, erhöht dies das Herzinfarkt und Schlaganfallrisiko. Wie erklärt sich dieses Paradox? Ganz einfach: Es ist nicht das mit der Nahrung aufgenommene Cho lesterin, das den Blut spiegel steigen lässt. Vielmehr produziert der Körper diesen an sich lebenswichtigen Fettige Pommes Stoff aus bestimmten bitte nur in Nahrungsfetten selbst. Maßen genießen Deshalb sollte man zwar auf den Choles terinspiegel achten, muss aber nicht zu cho lesterinfreien Produkten greifen. Gleichzeitig nehmen die amerikanischen Ernährungswächter den nächsten Übeltäter ins Visier: Zucker. Zum ersten Mal empfehlen sie, Erwachsene sollten nicht mehr als zehn Prozent ihrer Kalorien am Tag in Form von zugesetztem Zucker zu sich nehmen. Doch am Ende bringt es wenig, auf einzelne Fak toren wie Cholesterin oder Zucker zu starren. Es kommt auf die Mischung an: von allem ein wenig und nicht zu viel. Dieser Rat klingt zwar langweilig, ist aber wirkungsvoll. Und er wird auch die nächste Revision der Ernährungstipps überstehen. HARRO ALBRECHT WISSEN HALB Zum Vergessen Vor Kurzem wurde ein Paper veröffentlicht, also ein Fachaufsatz. Darin stand: Es würden zu viele Paper veröffentlicht. Tatsächlich werden ihm allein in diesem Jahr noch 1 627 397 folgen, grob geschätzt. Und das führe dazu, schreiben die Autoren, dass Pu blikationen nach immer kürzerer Zeit nicht mehr von anderen Forschern zitiert würden – einfach wegen InfoÜberfluss. Die Arbeit erlaubt aber auch zwei Schlüsse auf mögliche tiefer liegende Phänomene. Erstens: Das Wissen explodiert in einem Maße, dass Erkenntnisse nach immer kürzerer Zeit ver alten. Zweitens: Die Qualität wissenschaft licher Arbeiten implodiert in einem Maße, dass Vergessen oft das Beste ist. SAM Zeit vom 9.4.2015, Seite 34.pdf 34 WISSEN 9. APRIL 2015 D I E Z E I T No 15 Die Orte des Das Vertrauen in den Arzt ist zentrale Voraussetzung einer erfolgreichen Therapie. Was aber, wenn es untergraben wird? Am Bankschalter In den vergangenen Jahren ist das Bankgeheimnis ins Wanken geraten. Doch neugierige Behörden sind längst nicht mehr die größte Gefahr D Foto [M]: Your Photo Today ie Hamburger Kaufleute wollten Sicherheit für ihr Geld, aber sie mussten drängeln, bis die Hansestadt 1619 beschloss, die Hamburger Bank zu gründen. Die florierte schnell. Doch natürlich wollte kein Kaufmann, dass der andere davon erfuhr, wie viel er selbst besaß oder welche Geschäfte er machte. Schutz bot hier Punkt 6 der Satzung: Da hieß es, allen Mitarbeitern sei es »bei ihrem geleisteten Eyde und höchster Strafe verboten, Niemandem, was in Banco passiret und geschrieben wird, zu offenbaren«. Das deutsche Bankgeheimnis war geboren. Wie ernst das Schweigen über Geldfragen einst genommen wurde, zeigt eine Vorschrift Friedrichs des Großen, als dieser 1765 in Preußen die Königliche Giro- und Lehn-Banco gründete. Darin verbot der Alte Fritz allen Bürgern »bei Unserer Königlichen Ungnade«, den Finanzen anderer nachzuforschen; zugleich durften die Mitarbeiter nichts offenbaren. »Zu dem Ende sollen sie bey Antretung ihres Amtes besonders schwören, daß sie alle die Geschäfte, die sie als Bediente der Banco unter Händen haben werden, als das größte Geheimniß mit in ihre Grube nehmen werden.« Vertraulichkeit galt bis in den Tod. Ob jemand wild spekulierte oder der Geliebten Geld zukommen ließ: Der Bankier wurde zum Inbegriff des verschwiegenen Vertrauensmannes. Das nutzte dem Kunden, der Bank und auch dem Staat: Nur dort, wo Vertrauliches geheim blieb, ließen sich Händler, Unternehmer und Reiche nieder. So sehr Banken auch bis heute mit dem Bankgeheimnis werben – nie wurde es in Deutschland in einem Gesetz festgehalten, somit »nie so ganz gewürdigt«, wie Thorsten Höche, Chefsyndikus beim Bundesverband deutscher Banken, mit Bedauern anmerkt. Das Bankgeheimnis ist eine vertragliche Zusicherung der Banken gegenüber ihren Kunden. Der Staat muss es respektieren, doch wenn nötig, kann er im klar definierten Rahmen Einsicht verlangen. Deshalb dürfen Banker in Zivilverfahren die Auskunft verweigern, nicht aber in Strafverfahren. Das Problem: Im Schutz des Bankgeheimnisses lässt sich mauscheln. Verbrechen braucht Geld, Verbrechen schafft Geld – und wie soll der Staat diesem Geld auf die Spur kommen? So haben sich Regierun- gen weltweit immer neue Zugriffsrechte gesichert. Zunächst ging es gegen die Organisierte Kriminalität, nach 2001 gegen den Terrorismus und seine Finanziers. Zu guter Letzt gegen die Steuerhinterzieher. Selbst die Schweiz, wo das Bankgeheimnis gesetzlich verankert ist und zum nationalen Selbstverständnis gehört, schließt sich dem automatischen Informationsaustausch an, der ab 2017 eine internationale Zusammenarbeit der Finanzbehörden ermöglicht. Um der Strafe zu entgehen, zeigten sich 2014 fast 40 000 deutsche Steuerhinterzieher selbst an. Dies verhalf einem Verwandten des Bankgeheimnisses zu neuer Popularität: dem Steuergeheimnis. Es gilt offiziell für Behörden, im Alltag aber auch für Heiko Hoffmann von der KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft. Der Steuerberater hilft Mandanten seit zwanzig Jahren bei Selbstanzeigen. Oft erfährt er Dinge, von denen nicht einmal die Ehefrau weiß. Mandanten empfängt er in einem abgeschlossenen Bereich seines Büros, jedes Papier landet im Schredder, der Schreibtisch muss immer leer sein. Auf Hoffmann ist Verlass: »Bei meinen Fällen waren auch häufig sehr große Vermögen, sehr prominente Mandanten dabei, doch kein Fall ist jemals nach außen gedrungen.« Und das Bankgeheimnis – ist es mausetot, wie EU-Steuerkommissar Algirdas Šemeta behauptet? Solche Sätze, findet Syndikus Höche, offenbarten »ein konservatives Verständnis von Geheimnis«, das nur den Blick des Staates durchs Schlüsselloch berücksichtige. Dabei gehe es immer stärker um den Schutz der Bürger vor Dritten. »Wir bezahlen heute nicht mehr mit Geld, sondern mit unseren Daten«, sagt Höche. Und gerade Finanzdaten seien sehr relevant, »wenn Sie wissen wollen, was ein Mensch macht oder machen könnte«. Statt gegen den Staat verteidigen Banken die Daten ihrer Kunden heute vielmehr gegen Facebook, Google und Apple. Zugleich greifen gerade unzählige neue Firmen die Banken an, mit schicken Überweisungs-Apps und digitalen Geldanlagen. Noch sind sie klein, aber sie wachsen schnell. Was eine ganz neue Frage aufwirft: Stirbt das Bankgeheimnis, wenn die Banken sterben? ARNE STORN Der Autor ist studierter Volkswirtschaftler und Redakteur im Wirtschaftsressort der ZEIT Im Sprechzimmer In der Psychiatrie Was Arzt und Patient miteinander besprechen, steht unter besonderem Geheimnisschutz. Doch hermetisch abgeriegelt ist dieser Raum nicht Therapeuten von Straftätern müssen beständig abwägen: Was behalten sie für sich, was berichten sie Behörden und Gerichten? Ü ber manche Krankheiten spricht man ungern. Würde eine Diagnose wie Krebs, Alkoholabhängigkeit oder Depression öffentlich bekannt, der Patient wäre wohl stigmatisiert. Die Indiskretion könnte ihn sogar den Arbeitsplatz kosten. Ohne die ärztliche Schweigepflicht könnte niemand mehr beim Doktor unbefangen über Beschwerden und Probleme sprechen. Das ärztliche Schweigen ist aus diesem Grund in der Musterberufsordnung für Ärzte streng geregelt. In Paragraf 9 heißt es: »Ärztinnen und Ärzte haben über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Ärztin oder Arzt anvertraut oder bekannt geworden ist – auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus –, zu schweigen.« Doch schon der folgende Absatz relativiert: »Die Ärztinnen und Ärzte sind zur Offenbarung befugt, soweit sie von der Schweigepflicht entbunden worden sind oder soweit die Offenbarung zum Schutze eines höherwertigen Rechtsgutes erforderlich ist.« Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient wird also zweitrangig, wenn Dritte gefährdet sind. So müssen laut Infektionsschutzgesetz Fälle von ansteckenden Krankheiten wie Cholera namentlich gemeldet werden. Anders ließe sich die Ausbreitung der gefährlichen Keime nicht verfolgen und stoppen. Die Ansteckungsgefahr durch ANZEIGE HIV ist deutlich geringer, deshalb genügt eine anonyme Meldung an die Gesundheitsbehörden. 1999 aber entschied das Oberlandesgericht Frankfurt, dass ein Arzt die bis dahin ahnungslose Gattin eines Aids-Patienten informieren durfte, nach- dem der Patient erklärt hatte, auch weiterhin kein Kondom benutzen zu wollen. Wenn ein Patient im Sprechzimmer mitteilt, dass er andere Menschen körperlich zu schädigen beabsichtige – infizieren, verletzen oder gar töten –, muss der behandelnde Arzt nach Paragraf 34 des Strafgesetzbuches einen rechtfertigenden Notstand geltend machen, seine Schweigepflicht brechen und notfalls die Polizei informieren. Sollte sein Patient aber lediglich über Suizidgedanken sprechen – Alltag in der psychiatrischen Praxis –, bewegt sich der Arzt in einer Grauzone. Er muss entscheiden, was überwiegt: der grundgesetzlich gewährleistete Schutz des persönlichen Lebens- und Geheimnisbereichs oder die Gefahr für andere. Nicht jeder Anflug von Lebensmüdigkeit ist ein guter Grund für eine Zwangseinweisung zum Schutz der Mitmenschen. Im Gegenteil: Gewohnte Strukturen in der Arbeit können die Betroffenen stabilisieren. Und umgekehrt kann jemand am Morgen noch halbwegs munter sein Haus verlassen und dann mit einer Situation konfrontiert werden, die ihn dazu bringt, aus dem Fenster zu springen. Die Frage, inwieweit Patienten eine Gefahr darstellen, zwingt Ärzte also immer wieder, sorgfältig abzuwägen. Wie viel Restrisiko für die Gesellschaft zumutbar ist und wann übergeordnete Interessen die Schweigepflicht zunichtemachen, diskutieren Juristen und Ärzte immer wieder. Etwa bei Kindesmisshandlungen. Hier muss zum Wohl des Kindes abgewogen werden: Wann muss der Arzt die Behörden einschalten? »In solchen Fällen hängt es häufig von der Schwere der Verletzungen ab, wie entschieden wird«, sagt Markus Rothschild, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Köln. Wie aber ist es bei psychischen Erkrankungen, sollte man für Depressive und Schizophrene, für Borderliner und Angstgestörte nicht eine Meldepflicht einführen, ähnlich der des Infektionsschutzgesetzes? »Ohne Schweigepflicht ist die Psychotherapie tot«, meint der Psychiater Birger Dulz von der Hamburger Asklepios Klinik Nord. Und dann müsse sich die Gesellschaft fragen, wie sie mit all den psychisch Angeschlagenen umgehen wolle, die sich aus Furcht einer Therapie entzögen und die mit einer Behandlung ein normales Leben führen könnten. Allein die Häufigkeit von psychischen Störungen lässt die Einführung einer solchen Praxis, die einer Aufhebung der Schweigepflicht gleichkommt, absurd erscheinen. Rund ein Fünftel der Bevölkerung erleidet im Leben eine depressive Episode, 15 Prozent der Bevölkerung haben eine Persönlichkeitsstörung, davon zeigen 5 Prozent eine Borderline- und 6 Prozent eine narzisstische Störung. Eine Gefahr für andere stellen die wenigsten von ihnen dar. Es gibt jährlich rund 10 000 Suizide in Deutschland, aber nur in extrem seltenen Fällen bedrohen solche Menschen damit das Leben anderer – weit häufiger geht die Gefahr von »gesunden« Menschen aus. Gerade im Sprechzimmer gilt: Eine liberale Demokratie muss eine gewisse Restunsicherheit ertragen. Doch dieses Risiko, das in der Verantwortung des Arztes liegt, erscheint vielen nun zu groß. Menschen, die ein Meldegesetz forderten, sagt Dulz, litten oft selbst an einer »inneren Unstrukturiertheit«, die sie durch rigide äußere Strukturen festigen müssten. »Mit einem Piloten, der wegen psychischer Probleme – welcher Art auch immer – in psychotherapeutischer Behandlung ist«, sagt Dulz, »fliege ich ohne Probleme. Ist er nicht in Behandlung, steige ich lieber aus.« HARRO ALBRECHT Bevor er Medizinredakteur wurde, hat der Autor als Arzt praktiziert N ehmen wir an, ein Mann will seine Nachbarin vergewaltigen. Das stellt er sich schon lange vor, aber besonders, seit er wegen eines anderen Gewaltverbrechens eingesperrt ist. Die Richter haben ihn für schuldunfähig befunden und in einer forensisch-psychiatrischen Klinik untergebracht. Hier soll er gebessert werden. Die Therapeuten trainieren mit ihm nun soziales Verhalten. Der Mann ist nicht dumm. Er weiß, dass er die Ärzte von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden hat – das ist Alltag im Maßregelvollzug. So sichern sich die Therapeuten ab. Denn anders als ihre freien Kollegen haben sie nicht nur den Auftrag, Krankheit zu lindern, sondern auch eine ordnungspolitische Funktion: Sie schützen die Gesellschaft vor gefährlichen Straftätern. Unser Mann weiß also, er muss auf der Hut sein. Alles, was zwischen ihm und dem Therapeuten – in einem per Gesetz definierten vertraulichen Gespräch – besprochen wird, ist nicht wirklich vertraulich, es beeinflusst seine Kriminalprognose. Wenn er jetzt von seinen Zwangsvorstellungen berichtet, gar eine Straftat ankündigt, ist der Psychiater verpflichtet, dies den Richtern der Strafvollstreckungskammer mitzuteilen.Warum also sollte er darüber reden? Und wie soll umgekehrt einer therapiert werden, wenn er das, was ihn umtreibt, für sich behält? »Dass da irgendwelche geheimnisvollen Dinge offenbart werden, so etwas passiert ja in einer vernünftig betriebenen Behandlung nicht«, sagte der forensische Psychiater Rüdiger Müller-Isberner einmal vor dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags. Also kein Problem? Man mag einwenden, dass der Mann ohnehin nie von seinen Fantasien erzählen würde. In einer vollumfänglichen Vertraulichkeit wäre dies aber immerhin denkbar. In der Realität gibt es die aber nicht – jedenfalls nicht für Straftäter. Der Psychologe Markus Feil sieht die Praxis, in der die Aufhebung der Vertraulichkeit zur Bedingung für eine forensische Psychotherapie geworden sei, kritisch. Psychotherapeuten redeten eher mit der Polizei über die Patienten, Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden als zu schweigen. Das mag dem Opferschutz dienen, doch was ist mit dem Schutz des Patienten? »Für den forensischen Bereich scheint nicht (mehr) zu gelten, was Kernstück ärztlicher Berufsethik ist: Vertraulichkeit«, schreibt Feil in Recht und Psychiatrie. Dieser Konflikt sei in forensischen Psychotherapien zentral. Therapeuten müssten »immer auf den Aspekt der Gefährlichkeit hören und entscheiden, ob sie das Mitgeteilte noch in der Behandlung zu bearbeiten in der Lage sind oder ob sie sich offenbaren müssen«. Das Doppelmandat macht den Therapeuten in der Forensik zum Diener zweier Herren. Er muss jedes Mal aufs Neue entscheiden, wem er sich mehr verpflichtet fühlt. Das kann zur Zerreißprobe werden, auch wenn in der Praxis krasse Fälle eher selten sind. Meist tauchen Fragen auf wie: Sag ich dem Bewährungshelfer, dass der Patient alkoholisiert zur ambulanten Therapie erschien? So ist es für den Patienten immer eine Lotterie, ob er an einen unsicheren Therapeuten gerät, der jede Kleinigkeit an die Behörden durchfunkt, oder einen selbstbewussten, der bereit ist, die Intimsphäre zu wahren und nur wirklich Strafrelevantes weiterzugeben. Hans-Ludwig Kröber, forensischer Psychiater in Berlin, sieht hingegen »nur wenige Probleme mit der Schweigepflicht«. Da kein Patient freiwillig im Maßregelvollzug sei und es sich um »eine staatlich angeordnete Zwangstherapie« handle, müsse die Klinik darüber eben auch berichten. Das könne sogar ein Vorteil für den Patienten sein, denn so sei die Klinik besser zu kontrollieren, und das Gericht könne kompetenter entscheiden, »wann Schluss sein kann mit der Freiheitsentziehung«. Doch eines müsse allen Therapeuten klar sein: »Ärzte sind nicht Agenten der öffentlichen Sicherheit, sie sind allein dem Wohl ihres Patienten verpflichtet. Der Sicherheitswahn darf nicht so weit gehen, dass sie vor allem staatliche Wächter des Wohlverhaltens sind.« DANIEL MÜLLER Der Autor ist Gerichtsreporter und Redakteur im Investigativressort der ZEIT Zeit vom 9.4.2015, Seite 35.pdf 9 . A P R I L 2015 WISSEN 35 D I E Z E I T No 15 Schweigens Das Beichtgeheimnis soll den Sünder dazu ermutigen, sich zu seinen Taten zu bekennen. Was aber, wenn es missbraucht wird? Im Beichtstuhl Die Kirche hat schon im 13. Jahrhundert den Datenschutz eingeführt. Er war aber nicht nur Fürsorge-, sondern auch Machtinstrument or ein paar Wochen benahm Papst Franziskus sich wieder einmal ganz und gar unpäpstlich. Er ließ sich dabei beobachten, wie er zu Beginn des Gottesdienstes im Petersdom in einen Beichtstuhl schlüpfte. Der Vatikan schickte die Bilder per Twitter an die Weltgemeinde, und die fragte sich, was Franziskus seinem Beichtvater wohl anvertraut haben könnte. Doch die Botschaft war diese: Selbst der Stellvertreter Christi ist fehlbar und bittet um Vergebung seiner Sünden. Und die zweite Botschaft: Was hier gesagt wurde, wird niemals nach draußen gelangen. Die geistliche Schweigepflicht besteht bereits seit dem 13. Jahrhundert, als die Wahrung des Beichtgeheimnisses in das Kirchenrecht aufgenommen wurde. Sie ist sozusagen die älteste Datenschutzvorschrift in der Rechtsgeschichte und ursprünglich auch ein Meilenstein in der Geschichte der christlichen Seelsorge. Dennoch, zur Beichte zu gehen gilt in der Gegenwart selbst unter gläubigen Katholiken nicht als zeitgemäß. Zudem schrumpfen die Gemeinden und schwinden die Priesterzahlen. So wird der Beichtstuhl in vielen Kirchen schon zum diskreten Abstellraum für Staubsauger und Putzeimer. Darüber hinaus lebt die Kammer der Diskretion im kollektiven Gedächtnis vor allem als Möbel der angedrohten Todsünde weiter. So wenigstens sieht es der englische Kirchenhistoriker und Publizist John Cornwell. Das heilige Sakrament der Beichte sei zu einem »unheilvollen Machtinstrument« der Kirche geworden, meint Cornwell: »Der Beichtstuhl hat zahllose Geistliche dazu verführt, ihre Position als Retter vor der Todsünde auszunutzen und vor allem Kinder seelisch und sexuell zu missbrauchen.« Cornwell, der am Centre for Advanced Religious and Theological Studies der Universität Cambridge forscht, begründet seine These so: Gleichzeitig mit der Einführung der Schweigepflicht wurde es zur Todsünde, nicht regelmäßig zur Beichte zu gehen. Bei den Protestanten gibt es das Seelsorge- und Beichtgeheimnis ebenso – aber es ist freiwillig, nicht mit Zwang und Strafe verbunden und auch nicht zwingend an einen ordinierten Geistlichen gebunden. A Die Beichte abnehmen kann jeder Christ. Für Martin Luther war sie ein »Schatz«, der ein »fröhliches Gewissen macht«, ein Raum der seelischen Entlastung. Anders bei den Katholiken: Als die Kirche Anfang des vergangenen Jahrhunderts den Beichtgang zur wöchentlichen Pflicht erhob, die auch von Kindern ab dem siebten Lebensjahr einzuhalten war, wurde der Beichtstuhl zur »Folterkammer«, in der Kinder mit dem Höllenfeuer bedroht wurden, obgleich sie geistig und emotional noch gar nicht in der Lage waren, zu verstehen, wovon die Rede war. Der Beichtstuhl ist aber auch ein Schutzraum für die Täter: Als eindrückliches Beispiel nennt Cornwell den Fall eines australischen Priesters, der 2003 wegen Kindesmissbrauch vor Gericht stand und während der Verhandlung gestand, sich im Laufe von 25 Jahren an 1500 Jungen vergangen zu haben. Jeder der dreißig Priester, denen er seine Verbrechen gebeichtet hatte, riet ihm einzig, im Gebet Buße zu tun. Nun hat Franziskus sich vorgenommen, auch diese Sünden seiner Institution nicht länger unter den Teppich zu kehren. Der Papst will das heilige Sakrament selbst restaurieren. Die Beichte dürfe »weder Folter noch unangenehmes Verhör sein«, erklärte er kürzlich. Stattdessen müsse es sich »um eine befreiende und menschliche Begegnung handeln, die zur Barmherzigkeit erzieht«. Die Beichtväter rief der Papst dazu auf, die Beichte nicht als einseitiges Geschehen zu betrachten, sondern von der Reue zu lernen, die ihnen im Beichtstuhl begegne. »Wer die Beichte abnimmt, muss sich stets fragen, ob er selbst auch zu einer solchen Umkehr bereit ist, wie derjenige, der bei ihm um Vergebung seiner Sünden bittet.« Im Zeitalter von Twitter und Facebook befriedigen viele ihren ganz persönlichen Bekenntnisdrang mittels Smartphone. Das virtuelle peccavi wird eine öffentliche Angelegenheit. Genau wie in den Jahrhunderten vor der Einführung des Beichtgeheimnisses, als die Menschen noch vor versammelter Gemeinde ihre Sünden bekennen mussten. Bevor ihnen – wenn sie Glück hatten – vom Kollektiv vergeben wurde. JOHN F. JUNGCLAUSSEN Foto [M]: Carlos Osorio/The Toronto Star/corbis V Der Autor hat soeben John Cornwells Buch »Die Beichte – eine dunkle Geschichte« rezensiert Im Gerichtssaal In der Redaktion Der Strafverteidiger hat das Recht, auch für Täter, von deren Schuld er weiß, den Freispruch zu erwirken. Doch es gibt Fälle, in denen selbst ein Verteidiger sein Schweigen brechen darf Manchmal greifen Journalisten auf Informationen aus anonymen Quellen zurück. Aus gutem Grund müssen sie nicht preisgeben, von wem sie das Material haben uch der Verteidiger muss über das, was ihm im Rahmen eines Mandats anvertraut worden oder (beispielsweise durch die Lektüre von Akten) bekannt geworden ist, strengstes Stillschweigen bewahren. Solange ihn sein Mandant nicht ausdrücklich von der Verschwiegenheitspflicht entbunden hat, hat er ein Zeugnisverweigerungsrecht und darf deshalb – wenn er als Zeuge geladen ist – nicht durch das Verhängen von Ordnungsgeld oder durch Beugehaft zur Aussage vor dem Staatsanwalt oder dem Richter gezwungen werden. Aufzeichnungen über das, was er von seinem Mandanten gehört hat, sind wegen des Beschlagnahmeverbots vor dem Zugriff der Strafverfolgungsbehörden sicher. Seine Gespräche, seine Telekommunikation und seine gesamte Korrespondenz mit dem Mandanten dürfen nicht überwacht werden. Verletzt der Verteidiger seine Verschwiegenheitspflicht, wird er bestraft, wenn der Mandant einen Strafantrag stellt. Als Rechtsanwalt droht ihm deshalb außerdem eine berufsrechtliche Ahndung durch das Anwaltsgericht. Sogar nach einem ihm gegenüber abgelegten und für glaubhaft gehaltenen Geständnis des Mandanten bleibt der Verteidiger berechtigt, die Einstellung des Verfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts oder einen Freispruch zu erwirken. Seine Aufgabe bleibt es, für den Mandanten das beste erreichbare Ergebnis zu erzielen. Je schwerer der Vorwurf gegen den Mandanten wiegt, desto geringer ist die Bereitschaft der Öffentlichkeit, für das Schweigen des Verteidigers Verständnis aufzubringen und sich damit abzufinden, dass mitunter auch ein geständiger Mörder davonkommt. Der staatliche Strafanspruch kann zum Beispiel daran scheitern, dass ein mit einem Verwertungsverbot belastetes Mordgeständnis wegen des Widerspruchs der Verteidigung aus dem Beweisstoff ausgeschieden werden muss. So verhält es sich zum Beispiel, wenn die Polizei ein Geständnis durch Folterdrohung erpresst oder durch die Lüge erschlichen hat, der Vernommene werde bloß als Zeuge und nicht als Verdächtiger gehört. Solchermaßen gewonnene Geständnisse dürfen vom Gericht nicht verwertet werden, auch wenn sie wahr sind. In diesen Fällen haben die Vernehmungsbeamten – naheliegend durch Übereifer oder Ehrgeiz – den Freispruch also selbst herbeigeführt. Dergleichen zu kompensieren kann nicht die Aufgabe der Verteidiger sein. Den Konflikt, einem gefährlichen Mandanten zur Freiheit und damit auch zur Gelegenheit zu verhelfen, neue Taten zu begehen, muss der Verteidiger aushalten. Hat sich seine Befürchtung auch nach Jahrzehnten nicht erfüllt, gibt es niemanden, der mit ihm die Erleichterung teilt. Aber nicht immer wird der Verteidiger, der die Verschwiegenheitspflicht bricht, bestraft. Man stelle sich vor, der Verteidiger eines Entführers wüsste, wo sich das noch verschleppte Entführungsopfer befindet, und es gelingt ihm nicht, den Mandanten zum Aufgeben zu bewegen. Unter solchen Umständen dürfte er die Verschwiegenheitspflicht brechen. Verpflichtet wäre er dazu aber nicht. Im deutschen Strafprozess gilt die Freiheit der Beweiswürdigung. Der Richter darf – ohne die Aufhebung seines Urteils durch das Revisionsgericht fürchten zu müssen – glauben, was er will, solange es vertretbar ist, solange es auf einer von ihm in seinem Urteil nachvollziehbar dargestellten Tatsachengrundlage beruht, und so lange der Richter nicht selber an den festgestellten Tatsachen zweifelt – selbst wenn die Unschuld des Angeklagten wahrscheinlicher erscheint als seine Schuld. Einem solchen Verfahren sollte sich niemand ohne einen Rechtsbeistand aussetzen. Seiner Aufgabe kann der Verteidiger aber nur gerecht werden, wenn er den wahren Sachverhalt kennt. Wer sich den guten Glauben an die Unschuld aller seiner Mandanten bewahren will, gleicht dem Arzt, der kein Blut sehen kann, und sollte sich vom Verteidigen besser fernhalten: Ohne genaueste Kenntnis aller relevanten Tatsachen kann kein Verteidiger dem Beschuldigten raten, ob er gestehen, bestreiten oder schweigen sollte. Selbst für einen Unschuldigen kann das Schweigen nämlich manchmal der sicherste Weg zum Freispruch sein. Kennt der Verteidiger aber den wahren Sachverhalt nicht, so wird er auch mit vermeintlich schlauen Fragen an Belastungszeugen und Sachverständige mehr Schaden als Nutzen stiften. Wenn aber der Beschuldigte dem Verteidiger nichts anvertrauen kann, ohne absolut sicher zu sein, dass der das Gehörte für sich behält und nach dem Gesetz unter allen Umständen behalten darf, so wird er sich ihm auch nicht offenbaren. Damit seine Offenheit im Innenverhältnis nicht zur Falle für den Mandanten wird, bleibt der Verteidiger berechtigt, auch für den schuldigen Mandanten für den Freispruch zu kämpfen. Er darf dies nur nicht mit der Lüge tun, er selbst sei von der Unschuld seines Mandanten überzeugt. Auf diese Beteuerung zu verzichten sollte ihm umso leichter fallen, als es darauf gar nicht ankommt. Denn verurteilt werden darf ein Angeklagter ohnehin nur, wenn die den Schuldspruch tragenden Tatsachen auf einem dem Gesetz entsprechenden Wege Gegenstand der Hauptverhandlung geworden sind. Gäbe es die Verschwiegenheitspflicht nicht mehr, so könnte von wirksamer Verteidigung nicht länger die Rede sein. JOHANN SCHWENN Der Autor hatte als Rechtsanwalt und Strafverteidiger schon viele prominente Mandanten I n der TV-Serie The West Wing, die im Weißen Haus spielt, enthüllt der Reporter Greg Brock in der New York Times eine Sensation: Das Pentagon verfügt über ein militärisch nutzbares Spaceshuttle. Brocks Quelle sitzt mitten im Weißen Haus, ein hochrangiger Berater des Präsidenten. Als ein Gericht versucht, den Reporter zur Offenbarung des Informanten zu zwingen, weigert er sich. Dafür geht er ins Gefängnis. Greg Brock ist ein Held. Solche Helden gibt es auch in der Wirklichkeit. James Risen ist so einer. Der Reporter der New York Times hat 2006 geheime Informationen über eine fehlgeschlagene CIA-Operation gegen das iranische Nuklearprogramm veröffentlicht. Jahrelang versuchten Gerichte, ihn zum Verrat seiner Quelle zu bewegen. Dem Gefängnis entging Risen nur, weil der Generalstaatsanwalt frustriert aufgab. Wenn Journalisten sich zwingen ließen, Informanten preiszugeben, sagt Risen, »erweckte das den Eindruck, sie könnten zu Ermittlungswerkzeugen der Regierung gemacht werden. Das würde die Integrität und Unabhängigkeit von Journalisten kompromittieren.« Journalisten müssen schweigen können. Vor allem, wenn sie mit anonymen Informanten arbeiten. In Deutschland ist es leichter als anderswo, die Vertraulichkeit zu wahren. Paragraf 53 der Strafprozessordnung gesteht uns ein Zeugnisverweigerungsrecht zu; Ausnahmen sind Ermittlungen bei schweren Straftaten wie Landesverrat. Redaktionsräume genießen einen ernst zu nehmenden, wenn auch nicht vollkommenen Schutz vor Durchsuchungen. Investigativer Journalismus, das Recherchieren gegen Widerstände und mit dem Ziel, Missstände aufzudecken, ist ohne anonyme Quellen fast unmöglich. So arbeiten wir in einem permanenten Zwiespalt: Während wir für uns das Recht auf Schweigen in Anspruch nehmen, suchen wir nach jemandem, der Geheimnisse verrät. Dieser Geheimnisverrat kann sogar eine Straftat sein, und wir Journalisten machen sie uns zunutze. Warum? Weil es oft die einzige Möglichkeit ist, eine Wahr- Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden heit zu erfahren, die schwerer wiegt als die Straftat, die ihre Enthüllung ermöglicht. Er überlege jedes Mal genau, bevor er ein Geheimnis veröffentliche, erklärte James Risen. Sei dadurch die Sicherheit des Landes ernsthaft gefährdet, verzichte er darauf. Oft habe er allerdings den Eindruck, es gehe der Regierung weniger um nationale Interessen als darum, eigenes Versagen zu vertuschen. James Risen spricht aus Erfahrung. 2004 hat er enthüllt, dass die US-Regierung Terrorverdächtige mit Waterboarding folterte. Wir bei der ZEIT haben es mit kleineren Geheimnissen zu tun, trotzdem gilt Risens Gleichung auch für uns. Wir haben Missstände in der Fleischindustrie mithilfe anonymer Zuträger aufgedeckt. Wir haben Einblicke ins Innere des Verfassungsschutzes durch Insider erhalten. Haben geheime Al-Kaida-Dokumente analysiert, die uns von vertraulichen Quellen verbotenerweise gezeigt wurden. Wir Journalisten sehen uns gerne als Aufklärer im Dienste des Guten. Manchmal sind wir das auch. Häufig aber sind die Fronten weniger eindeutig, als uns lieb ist – auch das gehört zur Wahrheit. Es gibt Informanten, die nur genehme Teile einer Wahrheit verraten oder darauf bestehen, dass wir in den Artikeln ihre eigenen Missetaten weglassen. Und es gibt solche, bei denen wir nicht sicher sein können, ob sie uns vor ihren Karren spannen wollen. Wie würden Sie damit umgehen, wenn ein Informant, der anonym bleiben will, Ihnen Beweise für das Fehlverhalten einer Firma überlässt, mit der er konkurriert? Oder wenn ein Politiker Geheimnisverrat anbietet, um dem politischen Gegner zu schaden? Welche Deals und Kompromisse akzeptabel sind, entscheiden wir im Einzelfall. Eines aber ist klar: Wir tauschen keine Informationen, nicht mit Privatpersonen und schon gar nicht mit Sicherheitsbehörden. Wir nehmen nur, wir geben nicht: Das sollte jeder wissen, der mit uns spricht. YASSIN MUSHARBASH Der Autor ist Redakteur im Investigativressort der ZEIT FEUILLETON 9. A P R I L 201 5 D I E Z E I T No 1 5 Zeit vom 9.4.2015, Seite 43.pdf Ä Wahrheit D ie erste Begegnung fand im April 1938 in New York statt, im Hause von Paul und Hannah Tillich. Auch Siegfried Kracauer war anwesend. Es war kein gewöhnliches Treffen. Eher schon eine von Walter Benjamin aus Paris diplomatisch vermittelte erste Fühlungnahme hochempfindlicher intellektueller Großmächte. Diese hatten sich bis dahin misstrauisch beobachtet. Theodor Wiesengrund Adorno, der über seine Frau Gretel erst in den zwanziger Jahren die inspirierende Bekanntschaft mit Benjamin gemacht hatte, war nicht frei von Eifersucht auf dessen ältere und engere Freundschaft mit Gerhard Scholem, der großen Autorität in Sachen jüdischer Mystik. Scholem, der seinen Freund Benjamin in finanzieller Abhängigkeit von dem im New Yorker Exil noch vergleichsweise komfortabel überlebenden Institut für Sozialforschung wusste, wollte eigentlich von »diesen Leuten« nichts wissen. Insbesondere Horkheimer mochte er nicht. Seine erste Meldung an Benjamin über die Begegnung mit Adorno und seiner Frau ist nüchtern: »Mit Wiesengrunds war ich einige Male zusammen, sonst habe ich niemand von der Sekte intimer gesprochen.« Bei dieser Ausgangskonstellation ist das Ergebnis des ersten Kontaktes überraschend. Dem direkten Briefwechsel mit Adorno entnimmt man Scholems freundschaftliche Aufgeschlossenheit und ein Interesse an der Fortsetzung des intellektuell anregenden Gesprächs. Vonseiten Adornos gibt es am 4. Mai 1938 eine ausführliche und enthusiastische Schilderung für den auf Nachricht drängenden Benjamin. Mit großem Respekt vor dem gelehrten Inhaber der Schlüsselgewalt zu den hebräischen Quellen beschreibt Adorno die »schnoddrige Grazie« Scholems und erfasst mit geradezu projektivem Spürsinn das Thema, das die Melodie des nun beginnenden Briefwechsels bestimmen wird: »Es scheint mir von der tiefsinnigsten Ironie, daß eben die Konzeption der Mystik, die er (Scholem) urgiert, sich geschichtsphilosophisch als jene Einwanderung in die Profanität darstellt, die er an uns für verderblich hält.« Dass Adorno lange Passagen dieses Berichts über die erste Begegnung fast drei Jahrzehnte später, zum 70. Geburtstag von Scholem, in der Neuen Zürcher Zeitung wiederholt, ist dieses Mal nicht seinem Autorennarzissmus zuzuschreiben. Zu Recht erkennt er in seinem Bericht retrospektiv »den Grundriß der späteren Erfahrung«. Er kann nach fast drei Jahrzehnten auf den philosophischen Kern einer aufhaltsamen Annäherung von zwei Intellektuellen zurückblicken, die von Haus aus nicht füreinander bestimmt waren. Adorno hatte damals, in New York, die Frage abstrakt vorweggenommen, die sich als der rote Faden durch ihre Korrespondenz hindurchziehen wird. Wie den gemeinsamen Freund Benjamin interessiert die Briefpartner, aus jeweils verschiedener Perspektive, das Schicksal des Sakralen nach der Aufklärung – ob und wie es »in die Profanität einwandern« kann. Das Hellseherische einer solchen Antizipation, die in einem langsamen Prozess der Annäherung erst Schritt für Schritt eingeholt wird, möchte man eher einer körperlosen Intelligenz zuschreiben. Diese Qua- Zwei große Denker und ihre ungewöhnliche Freundschaft: Der soeben erschienene Briefwechsel von Theodor W. Adorno und Gershom Scholem ist eine Sternstunde deutsch-jüdischer Geistesgeschichte VON JÜRGEN HABERMAS lität ist für den Menschen Adorno charakteristisch. Kontakt mit den mystischen Unterströmungen der Entspannt war er nur im engsten Kreise und wirklich drei großen monotheistischen Religionen verloren frei nur an seinem Schreibtisch. Diese verletzbare Per- gegangen war, eine außeralltägliche, mystisch begabson behielt Zugang zur eigenen Kindheit und war te Person erkennen. Meine Frau und ich erinnern die gleichzeitig mehr als bloß erwachsen. Sie lebte über- erregte Faszination, die gewisse Andeutungen von Lisa wach und ängstlich, gleichsam mit schützend vorge- Fittko, der Begleiterin Benjamins beim letzten Marsch streckter Hand, sowohl diesseits wie jenseits einer über die Pyrenäen, noch in den siebziger Jahren bei Normalität, an der wir anderen unseren Halt haben. Scholem auslösten. Beharrlich glaubte er an die BotScholem war ein Teil dieser Normalität, auch wenn schaft des vermeintlich ausgearbeiteten Passagener – mit seinen großen abstehenden Ohren – aus ihr Werks, das nun in Benjamins Aktentasche in Portbou als Person und Gelehrter herausdoch noch aufzufinden sein würde. Es handelte sich um jeragte. Zur einzigartigen Kombines geschichtsphilosophische nation aus »Scharfsinn, abgrünWerk über Paris im 19. Jahrdig spekulativem Hang und hundert, an dem Benjamin Breite der gelehrten Kenntnis«, jahrelang gearbeitet hatte. die Adorno an ihm entdeckt, Benjamin ist es, der seine kamen spontane Neugier und beiden überlebenden Freunde eine ebenso quicke wie verin einem ergriffenen Auftrag schmitzte Ironie hinzu. Seine zusammenschmiedet. Schon Vorliebe fürs Heterodoxe breitebald ist zwischen ihnen, vor jete Scholem mit trockener Berlider greifbaren Chance, von ner Chuzpe aus. Ihm selbst lag »Gesammelten Schriften« die am »Unfeierlichen« seines HaJürgen Habermas, 85, kannte bitus – im Gegensatz zu der beide gut: den Philosophen Rede. Beide wollen das AndenPrätention, die sich schon in Theodor W. Adorno (1903– ken und das Werk eines Autors 1969) und den ReligionswisAdornos artikuliertem Sprachretten, der im Nachkriegssenschaftler Gershom Scholem deutschland vollständig verduktus auf das Natürlichste aus(1897–1982), der als Gerhard drückte. Scholem ist von den gessen war. Dieses Bündnis wird Scholem in Berlin geboren beiden die »weltliche« Natur. Er durch den gemeinsamen Abwurde und seit 1923 in Israel stand zu anderen Geistern, die behält auch in Konflikten den lebte. Habermas wurde 1956 Benjamins Gestirn ebenfalls Überblick und wird im Februar Adornos Assistent am Frankumkreisten, erleichtert. Dem 1968 Adorno, als dieser auf die furter Institut für Sozialforeinen ist beispielsweise Benjaunverdienten Vorwürfe, Benjaschung und sein bedeutendster mins Beziehung zu Brecht so mins Nachlass manipuliert zu Schüler. Seit Anfang der siebsuspekt wie dem anderen. Aus haben, hilflos reagiert, die ziger Jahren waren Habermas ihrer Sicht teilte Benjamin mit richtigen pragmatischen Ratund seine Frau zudem mit Brecht vorübergehend ein unschläge geben. Scholem befreundet. Der Briefwechsel ist ein weidialektisch-robustes Verständnis Jetzt erscheint die Korresponteres Dokument einer Sternvon Marxismus, den er »wie denz von Adorno, dem eine Pille« geschluckt habe. stunde deutsch-jüdischer Geiskritischen Theoretiker, und Adorno gesteht, »Benjamins tesgeschichte – nach dem HoScholem, dem Erforscher der Liebe zum Materialismus imlocaust. Die sorgfältigen Komjüdischen Mystik: »›Der liebe mer für unglücklich gehalten« mentare des Herausgebers Asaf Gott wohnt im Detail‹. BriefAngermann aus dem von Jan zu haben; in der gleichen Sache wechsel 1939–1969«; hrsg. v. Philipp Reemtsma geleiteten hatte Scholem selbst bereits Asaf Angermann; Suhrkamp, Adorno-Archiv rufen das verBenjamin »eine intensive Art Berlin 2015; 548 S., 39,95 €. zweigte Beziehungsnetz einer Selbstbetrug« vorgeworfen. Die 200 Briefe sind ein Nach dem freundschaftgroßen Generation deutsch-jüeinzigartiges Zeugnis in der lichen Auftakt jener ersten Bedischer Intellektueller in ErGeschichte des Denkens. gegnung in New York verlief innerung – mitsamt den KonImmer wieder kreisen sie um der Briefwechsel zunächst kurrenzen und Bosheiten jener den Freund Walter Benjamin, kleinen akademisch-literarischen schleppend. 1942 lässt Adorno der 1940 auf der Flucht vor Welt, in der Ernst Bloch und einen Brief, mit dem ihm Schoden Nazis Selbstmord beging. Georg Lukács, Martin Buber lem erwartungsvoll ein engliund Siegfried Kracauer, Helsches Exemplar seines großen Buches über die Hauptströmuth Plessner, Hannah Arendt und Herbert Marcuse Tür an Tür wohnten. Erst vier mungen der jüdischen Mystik geschickt hat, sogar Briefe sind gewechselt, als am 8. Oktober 1940 Ador- drei Jahre lang unbeantwortet. Erst nach mehrfachen no an Scholem melden muss: »Walter hat sich also Mahnungen entschuldigt er sich mit einer kurzen getötet, nachdem er schon gerettet war.« Bemerkung zum allerdings zentralen Kapitel über Beide Freunde sind an den esoterischen Geist den Mystiker Luria von Safed; er beteuert, das Buch Benjamins fixiert. Adorno sah in ihm den Inspirator, »immer wieder« gelesen zu haben. In der Weiterfühin dessen Worten die theologisch-materialistischen rung der Korrespondenz ist Scholem der HartnäKeime seiner eigenen negativen Dialektik angelegt ckigere. Aber nur ein Drittel der Briefe stammt aus waren. Scholem hingegen sah sich eher im Schatten den ersten beiden der insgesamt drei Jahrzehnte Benjamins. In ihm wollte er, nachdem jeder wirkliche währenden Korrespondenz, die 1969 mit Adornos Ein guter Freund 43 Mit Live-Streaming-Apps wird die Gegenwart jetzt noch wirklicher Kritischer Gesellschaftstheoretiker: Theodor W. Adorno Alles andere als ein Atheist: Gershom Scholem Attentatsplaner und Pazifist Zum Todestag des großen Dietrich Bonhoeffer: eine Hommage von Heinrich Bedford-Strohm S. 56 Da sind wir dabei Fotos [M]: ullstein (o. l.), akg-images, Isolde Ohlbaum/laif (u.); Abb.: Periscope Vom Funken der Heimat Schrottplatz Antonia Baums cooler, herzzerreißender Roman über die Jugend dreier Halbwaisen S. 47 unerwartetem Tod endet. Erst als Adorno Suhrkamp für eine Ausgabe Benjaminscher Schriften gewonnen hat, nimmt der Briefwechsel Fahrt auf. Denn bei der Vorbereitung der beiden bräunlichen, 1955 endlich erscheinenden Bände sind die Adornos auf Scholems Hilfe angewiesen. Als dann Adorno und Scholem mit der hartnäckigen Suche nach Benjamins Briefen ihre editorische Zusammenarbeit – auf den verwehten Spuren weltweit verstreuter Emigrantenschicksale – auch formell aufnehmen, gewinnt der briefliche Austausch Tempo und ein eigenes Gewicht. Adorno und Scholem verstanden sich als Testamentsvollstrecker; tatsächlich waren sie Lobbyisten. Die wieder aufgelegten Bücher, Benjamins Berliner Kindheit und seine Einbahnstraße, waren kein Erfolg. Erst mit der Publikation der Schriften fand der verschollene Autor Aufmerksamkeit. Aber dazu hatte der Verleger Suhrkamp mit einem alternativen Angebot von C. H. Beck erpresst werden müssen. Die Briefpartner beobachten ungeduldig Auflagenhöhe und Absatz und halten sich scharfzüngig über die Rezensionen auf dem Laufenden. Mit eigenen Interpretationen und Erinnerungen arbeiten sie an der Konstruktion eines öffentlichen Bildes von Walter Benjamin, das alsbald die Fantasie einer breiteren Leserschaft beflügelt. Nie ist das Werk eines Autors im Zuge seiner Rezeption so unmittelbar mit der umwitterten Lebensgeschichte und den politischen Umständen seines tragischen Todes verschmolzen. Am Ende spricht Adorno von Benjamins »Nimbus« – selbst erstaunt über den unerwarteten Erfolg. S cholem ist der härteste Kritiker der Legende von der »deutsch-jüdischen Symbiose«. Ein öffentlicher Auftritt in der Bundesrepublik ist für ihn bis 1956 undenkbar. Bei seinem ersten Vortrag bittet er seinen Frankfurter Gastgeber ausdrücklich darum, mit »Gershom Scholem« und nicht mit dem vertrauteren deutschen Vornamen angekündigt zu werden. Aber nach diesem Auftritt gibt er seine Zurückhaltung auf. Auch die gelegentlich berührte Spannung zwischen Israelis und den in der Diaspora lebenden Juden steht den immer häufigeren Besuchen Scholems nicht mehr im Wege. In der brieflichen Anrede weicht der förmliche »Herr« dem »lieben Adorno«, während in der freundschaftlich variierten Grußformel »Ihr alter Scholem« zur Regel wird. Der Ton wird intimer, am Ende herzlich. Das Rettungsmotiv »Benjamin« hat gewiss die Dynamik des Briefwechsels bestimmt. Aber dieser setzt sich aus eigenem Antrieb fort. Das von Anbeginn mitlaufende Thema verleiht auch unabhängig von Benjamin diesem Dokument der Zeitgeschichte philosophische Substanz. Adorno und Scholem sind an dem möglichen Wahrheitsgehalt interessiert, den die monotheistischen Überlieferungen unter Bedingungen der Moderne noch entfalten können. Sie suchen nicht nach mythischen oder vorsokratischen Ursprüngen. Der Mythos, den der Logos der großen Weltreligionen überwunden hatte, darf nicht »das letzte Wort behalten«. Nietzsche ist abwesend, und der SchwefelFortsetzung auf S. 44 Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden rgerlich, da passiert Weltgeschichte, und man kriegt es nicht mit. Kriege brechen aus, aber man war im Büro, Regierungen stürzen, während man den Abwasch macht. Die digitale Revolution hätte man auch fast verschlafen, aber das passiert einem nicht noch mal. Nie mehr late adopter! Die Angst, nicht auf dem Laufenden zu sein, ist so verbreitet, dass sie schon einen Eigennamen hat: Fomo, ein Akronym aus fear of missing out. Wahrscheinlich erklärt sie auch die Geschwindigkeit, mit der die Live-Streaming-App Periscope Verbreitung fand, seit Twitter sie auf den Markt brachte. Man kann damit Livebilder von allem ins Netz senden, was einem vor die Handykamera kommt, und sich ansehen, was andere Leute gerade filmen. Potenziell kann also jeder überall dabei sein. Fixe Bedeutungsträger waren sofort auf Sendung: Nicolas Sarkozy ließ Wahlkampfauftritte Ein Stück Welt, übertragen, Jan Böh- live gesehen durch mermann und ande- die App Periscope re Medien beteiligten das Publikum live an ihren Redaktionssitzungen. Transparenz, die Schule machen könnte: Tüchtig wirkt, wer unzimperlich jede neue Verbindung zum Wähler-Zuschauer-Kunden nutzt. Websites, auf denen man Livevideos posten konnte, gab es schon vor Periscope, aber erst die Verbindung der Sende-Funktion mit einem Social-Media-Account erschließt automatisch ein Publikum: An alle Follower ergeht zwitschernd die Nachricht, dass hier jetzt etwas zu sehen ist. Diese Idee hatte ein israelisches Start-up, dessen App Meerkat im März bejubelt wurde. Twitter hatte gerade Periscope aufgekauft, verbesserte rasch das hauseigene Produkt und stach Meerkat aus. Die Eskalation der Echtzeit-Manie der Sozialen Netzwerke durch Dauer-Liveschalten war ja längst erwartet worden. Dystopische Romane, etwa Dave Eggers’ Der Circle, beschrieben sie schon als Selbstverständlichkeit. Am Tag, als Periscope in die App-Stores kam, explodierte ein Haus in Manhattan. Eine Gasleitung war angezapft worden, zwei Männer starben, drei benachbarte Häuser fingen Feuer. Das wusste man in den ersten Momenten noch nicht, konnte aber schon aus verschiedenen Blickwinkeln den Rauch an der Second Avenue sehen. Passanten hielten mit Periscope drauf. Sofort prophezeiten Zuschauer, hier zeige sich die Zukunft der Berichterstattung: Gleich dabei, ohne die Verzagtheit der alten Medien. Dem folgten Befürchtungen, Menschen könnten bei der Livedokumentation aus Versehen Vernunft und Mitleid fahren lassen. Das ist nicht weit hergeholt. Der Mann zum Beispiel, der filmte, wie die Attentäter auf die Redaktion von Charlie Hebdo einen auf dem Boden liegenden Polizisten erschossen, bereute später, das Video auf Facebook geladen zu haben: Zu teilen, was er gesehen hatte, sei nach Jahren des Lebens mit Sozialen Medien ein blöder Reflex gewesen. Periscope implementiert die Logik dieses Reflexes: Sofort und ungefiltert herzeigen, was man vor sich hat. Gerade weil die Welt so voller Bilder ist, dass es schwerfällt, an eine kohärente Realität zu glauben, gibt es offenbar einen Impuls, die schiere Faktizität des Moments zu sichern. Als werde durch die Gleichzeitigkeit von Wirklichkeit, Abbildung und den Reaktionen des Publikums ein Ereignis intensiver oder noch realer. Live-Streaming-Apps beseitigen nun die technischen Hürden zwischen diesem Impuls und der Veröffentlichung und verstärken so das Gravitationsfeld des Augenblicks: »Alles ist interessanter, wenn es gerade jetzt passiert«, schrieb die Nachrichtenseite Techcrunch der neuen App ins Poesiealbum. Bis der nächste Ernstfall ethische Probleme macht, befindet sich die App aber im Experimentierstadium. In den ersten Tagen von Periscope parodierten viele Menschen Fernsehreporter, indem sie live die Inhalte ihrer Kühlschränke präsentierten. In der Frühphase von Internet-Features gibt es diese Zeit des sinnlosen Blödelns, in der man daran erinnert wird, was einmal der Traum des Netzes war: dass Leute auf der ganzen Welt einander in ihrer Gewöhnlichkeit sehen können und sich verstehen, statt sich bloßzustellen oder etwas zu vermarkten. Am lautesten applaudierten der Veröffentlichung der neuen Live-Streaming-Apps schon jetzt: die PR-Agenten. MARIE SCHMIDT Zeit vom 9.4.2015, Seite 56.pdf 9. A P R I L 2015 D I E Z E I T No 15 GLAUBEN & ZWEIFELN 56 Dietrich Bonhoeffer (1906–1945) ist der weltweit meistgelesene deutsche Theologe des 20. Jahrhunderts Wer fromm ist, muss politisch sein Dietrich Bonhoeffer unterstützte die Attentatspläne gegen Hitler. Dafür wurde der Theologe hingerichtet. Eine Würdigung des großen evangelischen Pazifisten zu seinem 70. Todestag VON HEINRICH BEDFORD-STROHM Illustration: Miriam Migliazzi & Mart Klein für DIE ZEIT; Foto: Felix Schmitt/Agentur Focus D ie Theologie war Dietrich Bonhoeffer nicht in die Wiege gelegt. Er wurde als sechstes von acht Kindern am 4. Februar 1906 in Breslau geboren und wuchs in einer großbürgerlichen Familie auf. Kirche und Religion tauchten im Alltag der Bonhoeffers zwar auf. Aber – wie Bonhoeffers Freund Eberhard Bethge schreibt –: Das christliche Wesen war in diesem evangelischen Haus »mehr hinter- und untergründig zu spüren«. Das Verhältnis der Familie zum Glauben war freundlich bis distanziert. »Zu schade für Dich«, befand der Vater, als sein Sohn vom Entschluss zum Theologiestudium berichtete. Karl Bonhoeffer, renommierter Professor für Psychiatrie und Neurologie, hatte dabei ein »stilles, unbewegtes Pastorendasein« vor Augen. Später korrigierte er sich seinem Sohn gegenüber mit den Worten, er habe sich »gröblich getäuscht«. Das war bitter wahr. Am 9. April 1945 wurde Dietrich Bonhoeffer wegen Hochverrats in Flossenbürg in der Oberpfalz hingerichtet. Vorausgegangen war die Rückkehr aus dem sicheren Exil in New York nach Deutschland, wo er das Ende der Nazidiktatur mit herbeiführen wollte. Die Briefe, die er aus der Gefängniszelle in Tegel an Eberhard Bethge geschrieben hat, sind bewegend, und sie stören in einem bis heute produktiven Sinn: Von der Kirche ist da die Rede, die nur Kirche sei, wenn sie für andere da sei. Vom »Blick von unten«, der mit dem christlichen Glauben untrennbar verbunden sei. Unsere gegenwärtige Kirche, die in der Gefahr steht, sich bürgerlich einzurichten, braucht solche Impulse. Radikalität und Realismus werden heute in der Regel als Widerspruch gesehen. Bei Bonhoeffer finden sie zusammen. Wie kam es dazu? Mit Mitte zwanzig – da ist Bonhoeffer nach Studium in Tübingen, Rom und Berlin bereits promoviert und habilitiert – vollzieht sich ein Wandel im Leben des jungen Akademikers. Eine »Abkehr vom Phraseologischen zum Wirklichen« sei damals erfolgt, schreibt er 1944 im Rückblick auf diese Zeit. Schon 1936 hatte er in einem Brief an eine Freundin notiert: »Dann kam etwas anderes, etwas, was mein Leben bis heute verändert und herumgeworfen hat. Ich kam zum ersten Mal zur Bibel. Ich hatte schon oft gepredigt, ich hatte schon viel von der Kirche gesehen – und war noch kein Christ geworden.« Bonhoeffer entdeckt die Bibel und seine persönliche Frömmigkeit neu, während er über den Umgang mit dem nationalsozialistischen Staat nachdenkt. Im Frühjahr 1933 äußert sich der junge Theologe in großer Klarheit über das Verhältnis von Kirche, Staat und Öffentlichkeit, er kritisiert den Antisemitismus in einer Weise, die Geschichte macht. Am 1. April werden jüdische Geschäfte boykottiert, am 7. April folgt das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeam- Dietrich Bonhoeffer Der Suchende Seinen Zugang zur Kirche findet er in der Welt. Als Student stößt Bonhoeffer in den 20er Jahren in Tübingen, New York, Rom auf das Thema Ökumene. Noch lehnen die Kirchen ein Miteinander der Konfessionen ab. Zugleich lernt Bonhoeffer christliche Pazifisten kennen. Das weckt seine Kritik an der Staatsnähe deutscher Kirchen. Der Entschlossene Sein Familie kritisiert 1933 die Machtergreifung Hitlers. Der junge Dozent erlebt in Berlin, wie Studenten seine Vorlesung verlassen, weil er den nationalen Aufbruch und die Rassepolitik ablehnt. 1934 spaltet sich die evangelische Kirche in der Haltung zu Hitler – er stellt sich gegen die »Deutschen Christen«, zur NS-kritischen »Bekennenden Kirche«. Der Widerständler Als ihm 1937 die Lehrerlaubnis entzogen wird, schließt er sich dem Widerstand an. 1940 nimmt ihn die militärische Abwehr des Admirals Canaris auf. Er hilft, ein Attentat auf Hitler zu planen. Für die Spionageabwehr reist er ins Ausland und lotet über seine Kirchenkontakte aus, ob die Alliierten einen Putsch gegen Hitler honorieren würden. Der Häftling 1943 wird er verhaftet wegen »Wehrkraftzersetzung«, 1944 wegen Hochverrats zum Tode verurteilt. In Haft entwickelt er seine Theologie, die später unter dem Titel »Widerstand und Ergebung« erscheint. Am 9. April 1945 wird er im KZ Flossenbürg erhängt. WOLFGANG THIELMANN tentums, das die Entfernung von Juden aus öffentlichen Ämtern vorsieht. Kurz danach hält Bonhoeffer einen Vortrag vor Pfarrern in Berlin, der später unter dem Titel Die Kirche vor der Judenfrage erscheint. In diesem Vortrag nennt er das Unrecht, das den Juden geschieht, bereits beim Namen. Im Herbst 1940 wird seine Kritik in die klare Aussage münden: »Eine Verstoßung der Juden aus dem Abendland muß die Verstoßung Christi nach sich ziehen; denn Jesus Christus war Jude.« Wer fromm ist, muss auch politisch sein. Schon 1933 beschreibt Bonhoeffer drei Formen, in denen die Kirche ihre Verantwortung gegenüber dem Staat ausüben muss: Sie stelle »erstens die an den Staat gerichtete Frage nach dem legitimen Charakter seines Handelns«. Das heiße »Verantwortlichmachung des Staates«. Zweitens verrichte sie »den Dienst an den Opfern des Staatshandelns. Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde angehören.« Die dritte Aufgabe der Kirche bestehe darin, »nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen.« W er fromm ist, muss auch politisch sein: So wie bei Bonhoeffer lassen sich die Aufgaben der Kirche gegenüber Staat und Öffentlichkeit auch heute zusammenfassen. Die erste von Bonhoeffer genannte Aufgabe verstehen wir heute als Kultur der Einmischung. Wenn die Kirchen mit Denkschriften in die demokratische Zivilgesellschaft hineinsprechen, dann geht es genau um das, was Bonhoeffer als »Verantwortlichmachung des Staates« bezeichnete. Die zweite Aufgabe, der diakonische Dienst an den Bedürftigen, bleibt ohnehin. Dass er heute geleistet wird, zeigt sich, wenn etwa Gemeinden mit großer öffentlicher Zustimmung für den Schutz von Flüchtlingen eintreten. Und die dritte Aufgabe? Was heißt dem Rad in die Speichen fallen? Für Bonhoeffer rückte dies zunehmend ins Zentrum seines Denkens und Handelns. Dass der Imperativ keineswegs nur in der Diktatur gilt, sondern auch in demokratischen Gesellschaften eine Option sein kann, zeigte schon in den frühen achtziger Jahren die Diskussion um gewaltfreien zivilen Ungehorsam gegen die Stationierung von Massenvernichtungswaffen. Und heute? Wollen wir als Christen ein militärisches Eingreifen im Kampf gegen den Terror des »Islamischen Staates«? Und wenn ja – ist das friedensethisch legitim? Die evangelische Kirche antwortet: Wer militärisch handelt, macht sich schuldig. Aber auch, wer nichts Wirksames gegen den Terror tut, lädt Schuld auf sich. Dietrich Bonhoeffer hat uns eingeschärft, solchen schwierigen ethischen Entscheidungssituationen nicht aus dem Weg zu gehen. Mit seiner Bereitschaft, an der Planung des Attentats auf Hitler mitzuwirken, zog er selbst die praktischen Konsequenzen aus seinen theologischen Maximen. Es wäre freilich eine fatale Fehlinterpretation, Bonhoeffer zum bellizistischen Kronzeugen unserer Tage zu machen. Ja, er unterstützte das Attentat auf Hitler. In seiner Bereitschaft zur Schuldübernahme, als die Tötung eines Menschen geplant wurde, blieb er trotzdem seinem Engagement für die Überwindung aller Gewalt treu. Dem Rad gewaltfrei in die Speichen zu fallen war für ihn Priorität. H ierauf zielte auch sein friedensethisches Engagement in der internationalen Ökumene. Berühmt geworden sind seine Worte bei der ökumenischen Friedenskonferenz von Fanö 1934: »Wie wird Friede? Wer ruft zum Frieden, dass die Welt es hört, zu hören gezwungen ist, dass alle Völker darüber froh werden müssen? Der einzelne Christ kann das nicht – er kann wohl, wo alle schweigen, die Stimme erheben und Zeugnis ablegen, aber die Mächtigen der Welt können wortlos über ihn hinwegschreiten. Die einzelne Kirche kann auch wohl zeugen und leiden – ach wenn sie es nur täte –, aber auch sie wird erdrückt von der Gewalt des Hasses. Nur das eine große ökumenische Konzil der Heiligen Kirche Christi aus aller Welt kann es so sagen, dass die Welt zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muss und dass die Völker froh werden, weil diese Kirche Christi ihren Söhnen im Namen Christi die Waffen aus der Hand nimmt und ihnen den Krieg verbietet und den Frieden Christi ausruft über die rasende Welt.« Heute erheben Christen gemeinsam mit Gläubigen anderer Religionen ihre Stimme für den Frieden. Ökumenisches Sprechen über Friedensethik wird zur Pflicht, wo Krieg sich ausbreitet. Finden die Kirchen aber auch in zunehmend säkularen Gesellschaften noch Gehör? Bonhoeffer jedenfalls wird gehört. So waren seine Schriften in Südafrika eine wichtige Kraftquelle im Widerstand gegen das rassistische Apartheidregime. Seine authentische Existenz im Glauben, das christliche Zeugnis gegen den Nationalsozialismus und schließlich die Hingabe seines Lebens inspirieren weltweit all jene, die sich gegen Gewalt und für die Menschenwürde einsetzen. Doch Bonhoeffer bleibt nicht nur politisch interessant. Wie viel Trost inmitten persönlicher Krisen spendet uns der berühmte Text von den guten Mächten, in denen wir wunderbar geborgen sind! Dietrich Bonhoeffer ist der weltweit wohl meistgelesene deutsche Theologe des 20. Jahrhunderts. Er passt in keine Schublade. Evangelikale sind von seinen Schriften ebenso begeistert wie Menschen, die sich der politischen Theologie verpflichtet fühlen. Und Akademiker beschäftigen sich genauso mit ihm wie Bibelkreise in den Kirchengemeinden. Bonhoeffers Denken eröffnet uns auch interreligiöse Perspektiven, wenn in Deutschland nun Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden islamische Theologie an öffentlichen Universitäten Platz findet und der Islam sich dort als eine nach Frieden rufende Religion profilieren kann. Alle Religionsgemeinschaften müssen heute auf der Basis eines klaren theologischen Profils in der Lage sein, neben der Sprache des Glaubens auch eine Sprache zu sprechen, die im säkularen Diskurs ihr Anliegen plausibel macht. In der Theologie Bonhoeffers ist dieser Akt der Vermittlung gewollt. Doch wir sollten ihn nicht funktional missverstehen. Der Grund für Bonhoeffers Würdigung des Säkularen ist nicht eine verbesserte Kommunikationsstrategie einer Religion gegenüber religiös unmusikalischen Menschen. Für Dietrich Bonhoeffer liegt die Ursache tiefer: »Es gibt kein Stück Welt, und sei es noch so verloren, noch so gottlos, das nicht in Jesus Christus von Gott angenommen, mit Gott versöhnt wäre.« Beeinflusst von der Theologie Karl Barths, prägt die Christologie Bonhoeffers Wirklichkeitsverständnis. Die Erkenntnis, dass Jesus Christus das eine Wort Gottes ist, an dem wir unser ganzes Leben auszurichten haben, und dass es keine Bereiche gibt, in denen wir anderen Herren zu eigen wären, ist für Bonhoeffer die entscheidende Wegmarke. Im persönlichen Leben gelten keine anderen Gesetze als im politischen. Bonhoeffer lehnt das Denken in zwei Räumen grundsätzlich ab: »Es gibt nicht zwei Wirklichkeiten, sondern nur eine Wirklichkeit, und das ist die in Christus offenbar gewordene Gotteswirklichkeit in der Weltwirklichkeit.« Deshalb kann christliche Existenz auch nie vom Aspekt der Öffentlichkeit absehen: »Auf der Flucht vor der öffentlichen Auseinandersetzung erreicht dieser und jener die Freistatt einer privaten Tugendhaftigkeit. Er stiehlt nicht, er mordet nicht, er bricht nicht die Ehe, er tut nach Kräften Gutes. Aber in seinem freiwilligen Verzicht auf Öffentlichkeit weiß er die erlaubten Grenzen, die ihn vor dem Konflikt bewahren, genau einzuhalten. So muss er seine Augen und Ohren verschließen vor dem Unrecht um ihn herum. Nur auf Kosten eines Selbstbetrugs kann er seine private Untadeligkeit vor der Befleckung durch verantwortliches Handeln in der Welt reinerhalten.« Bonhoeffer lehrt: Wir brauchen ein Fundament klarer ethischer Orientierungen. Sie müssen in authentischer, an Christus orientierter Frömmigkeit wurzeln. Sie müssen auf öffentliche Verantwortung zielen. Nur so können wir Christen den Herausforderungen der eigenen Zeit begegnen. Und zwar zuversichtlich. Mit den Worten Bonhoeffers kurz vor seiner Inhaftierung: »Mag sein, dass der jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gerne die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.« Heinrich Bedford-Strohm ist Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland Reformierte Presse vom 10.4.2015, Seite 1.pdf Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Reformierte Presse vom 10.4.2015, Seite 2a.pdf Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Reformierte Presse vom 10.4.2015, Seite 4.pdf Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Reformierte Presse vom 10.4.2015, Seite 7.pdf Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Reformierte Presse vom 10.4.2015, Seite 8.pdf Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Ref.ch online.pdf WISSEN & GESCHICHTE «Ilanzer Religionsstreit hatte Konsequenzen für Berns Reformation» ref.ch/Interview: Oliver Demont 2. April 2015 (Bild: zVg) Kirchenhistoriker und Pfarrer Jan-Andrea Bernhard: «Nach der Ilanzer Disputation stand der Bischof von Chur als Verlierer da – die Macht hatte sich vom Bischof zu den einzelnen Gemeinden verlagert.» Die Stadt Ilanz im Bündner Oberland darf sich neu – wie auch Genf, Basel oder Zürich – «Reformationsstadt in Europa» nennen. Im Gespräch erläutert der Kirchenhistoriker und Pfarrer von Castrisch GR, Jan-Andrea Bernhard, warum die kleine Stadt in der Surselva zu solch einer Ehre kam – und warum das auch Berns Reformierte interessieren muss. Herr Bernhard, Ilanz trägt neu das Label «Reformationsstadt in Europa». Wie kommt die doch recht unspektakuläre Stadt zu solchen Ehren? Was in der Stadt Ilanz vor rund 500 Jahren geschah, prägt bis heute den Kanton Graubünden. Aber auch für die gesamte Reformationsgeschichte der Schweiz hatten die Ereignisse von damals eine grosse Bedeutung. Was geschah damals? Es ist belegt, dass 1525 in rund vierzig Gemeinden Bündens Geistliche den neuen, reformierten Glauben predigten und gewisse Riten abschafften. Weiter sollen einige sich geweigert haben, dem Bischof von Chur gewisse Abgaben zu leisten. Aufgrund dieser Entwicklung beschloss dann der Bundstag des Freistaates der Drei Bünde – der abwechselnd in Chur, Davos und Ilanz tagte – dass, was der alte und neue Glauben betrifft, klare Regeln gelten sollen. Dazu fand dann im Januar 1526 die Ilanzer Disputation statt, also ein religiöses Streitgespräch. Es kam zum Streit. Wie lief das ab? Die Disputation startete bereits mit einem kleinen Skandal. So publizierte der Churer Reformator Johannes Comander in Absprache mit einigen Brüdern aus der Umgebung bereits im Vorfeld des Treffens 18 Thesen, welche für grosse Aufregung sorgten. Diese Thesen entsprachen weder der geltenden Kirchenlehre noch der von der Mehrheit der Geistlichen geübten Praxis. Warum sorgten diese bereits für solch eine Aufregung? Die Thesen wurden gedruckt. Ein Dokument, das verteilt und gelesen werden konnte, hatte in der damaligen Zeit eine gewaltige Sprengkraft. Das ist nicht wie heute, wo solche Papiere oder Interneteinträge in der Informationsflut kaum mehr Aufsehen erregen. Die ganze Aktion hatte zur Folge, dass die Vertreter des bischöflichen Hofes von Chur und Abt Theodul Schlegel mit allen Mitteln versuchten, dieses Thesenpapier zu verhindern. Ihre Argumente: Man könne keine Thesen verbreiten und disputieren, die er und seine Leute noch gar nicht hätten anschauen können. Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Ref.ch online3.pdf Mit welchem Resultat endete die Ilanzer Disputation? Es geschah etwas Eigenartiges: Weil man zu Beginn lange um formale Frage stritt, reichte die Zeit nicht, alle Thesen – darunter auch solche zur Frage der Messfeier oder des Zölibates – zu besprechen. Am Dienstagabend gingen die Parteien auseinander, ohne alles besprochen zu haben. Aber beide Parteien werteten die Disputation als ihren Sieg. Bereits ein halbes Jahr später wendete sich das Blatt allerdings zugunsten der Neugläubigen. Im Juni verfügte der Bundstag die sogenannten «Ilanzer Artikel». Darin wurden die Rechte der einzelnen Nachbarschaften, also Gemeinden wie Castrisch, Sevgein oder Duvin gestärkt. So konnten diese neu selber über die Einund Absetzung ihres Pfarrers entscheiden. Am Ende stand der Bischof von Chur als Verlierer da – die Macht hatte sich vom Bischof zur Gemeinde verlagert. Was ist denn heute noch spürbar von dieser Auseinandersetzung? Ohne die Ilanzer Disputation gäbe es in Graubünden wohl kaum die Situation, wie sie sich heute präsentiert: katholische und reformierte Dörfer nebeneinander, die mehrheitlich in einer friedlichen Ökumene zusammenleben. Und auch für die Berner Reformierten hat Ilanz seine Bedeutung, basierte doch die Thesen der Berner Disputation 1528 auf der Grundlage, die Comander für die Ilanzer Disputation geschaffen hat. «Letztlich spielt es keine so grosse Rolle für die Ökumene in Graubünden, welcher Bischof in Chur auf dem Stuhl sitzt.» Nehmen wir das Beispiel des reformierten Duvin. Ein kleines Dorf im Val Lumnezia mit damals rund 100 Einwohnern, allesamt katholisch. Wie wurden die reformiert? Ganz einfach und föderalistisch: Mittels einer Abstimmung im Dorf. Der sogenannte Toleranzartikel verfügte 1526, dass jeder Mann und jede Frau entscheiden kann, ob er oder sie der «päpstlichen» oder der «evangelischen», also der neugläubigen Religion angehören wollen. Die Mehrheit entschied also, Konflikte waren da sicherlich vorprogrammiert. In gewissen Gemeinden ging das friedlich vonstatten, an anderen Orten kam es zum Streit. Die an der Abstimmung Unterlegenen durften aber ihren Glauben behalten, auch wenn die Kirche und Gemeinde fortan als reformiert oder katholisch galten. Was taten Katholiken, die katholisch bleiben wollten, der Pfarrer nun aber plötzlich reformiert war? Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden Ref.ch online5.pdf Da gab es alles: Familien, die in andere Dörfer umsiedelten, aber auch Familien, die in einem katholischen Dorf reformiert blieben. Ich kenne mehrere reformierte Familien, die über Generationen hinweg bis heute sehr gut in katholischen Dörfern leben. Gut hatten es jene, welche über zwei Kirchen verfügten in einem Dorf: Diese wurden dann je nach Stärke den Konfessionen abgegeben. Freilich gab es auch Dörfer, wie Sagogn oder Poschiavo, in denen die Uneinigkeit heftige und lange Auseinandersetzungen zur Folge hatte. Haben Sie eine Erklärung, warum die Reformation im Bündnerland so gedeihen konnte, noch bevor es in Bern zur Reformation kam? Ein Erklärungsansatz ist dieser: Im Kanton Graubünden gab es keine Universität und keine höhere Schule, deshalb mussten die Studenten und Gelehrten für ihre Ausbildung oder den Diskurs an andere Orte reisen. So hat auch der Churer Reformator Comander in Basel studiert. Mit diesem Wissen und Inspiration kehrten die jungen Männer zurück in die Heimat. Das ist übrigens auch heute noch ein Stück weit so: Die meisten jungen Menschen verlassen für ihre Ausbildung oder das Studium Graubünden – und so mancher kehrt mit seinen Erfahrungen irgendwann wieder zurück. Mit Bischof Vitus Huonder sitzt in Chur ein Bischof, der nicht bekannt ist für ökumenische Euphorie. Wie erleben Sie als reformierter Pfarrer von Castrisch das konfessionelle Miteinander? Die Ökumene funktioniert sehr gut bei uns, keiner würde sie rückgängig machen wollen. Aber ich bin mir auch bewusst, dass das mit den Pfarrpersonen vor Ort zu tun hat. Und was der Bischof betrifft: Letztlich spielt es keine so grosse Rolle für die Ökumene, welcher Bischof in Chur auf dem Stuhl sitzt. Denn das, was vor 500 Jahren in Ilanz ins Rollen kam, kann kein Bischof rückgängig machen. Die Ökumene ist, zumindest bei uns, tief in den Menschen drin. Jan-Andrea Bernhard ist reformierter Pfarrer in Castrisch GR und Privatdozent für Kirchengeschichte an der Universität Zürich. Mit seinen historischen Expertisen war er massgeblich daran beteiligt, dass Ilanz das Label «Reformationsstadt in Europa» erhielt. Ilanz, der Reformations-Hotspot in den Bergen Vor über einem Jahr fusionierte die Stadt Ilanz mit den zwölf umliegenden Gemeinden zur 4800 Einwohnern umfassenden Gemeinde «Ilanz/Glion». Ilanz nennt sich selbst auch «die erste Stadt am Rhein» – geografisch, nicht historisch. Am 17. März 2015 erhielt Ilanz das Label «Reformationsstadt in Europa» . Bemüht hatte sich um dieses der Gemeindevorstand von Ilanz und die Reformierte Landeskirche Graubünden. Verliehen wird die Auszeichnung von der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) anlässlich des 2017 stattfindenden 500. Jubiläums der Reformation. Website der Gemeinde Ilanz/Glion Website «Reformationsstädte in Europa» Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden <Keine überschneidende Verknüpfung> Pressespiegel Evangelisch-reformierte Landeskirche Graubünden
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