MANDANTENINFORMATION Die Familienpflegezeit ist da: Seit dem 1. Januar 2015 gilt das neue FPfZG und PflegeZG. Das Wichtigste im Überblick Das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf wurde am 4. Dezember 2014 vom Bundestag verabschiedet. In der Gesetzesbegründung weist der Gesetzgeber darauf hin, dass in Deutschland momentan ca. 2,63 Millionen pflegebedürftige Menschen leben, von denen 1,85 Millionen ambulant versorgt werden. Ein Wunsch der meisten Pflegebedürftigen ist es dabei, so lange wie möglich in der vertrauten häuslichen Umgebung zu bleiben und von Angehörigen oder nahe stehenden Menschen gepflegt zu werden. Viele Angehörige und nahe stehende Menschen wollen diesen Wunsch auch erfüllen und sich aktiv an der Pflege der betroffenen Familienmitglieder beteiligen. Bereits heute schon werden rund zwei Drittel der ambulant versorgten Pflegebedürftigen ausschließlich durch Angehörige betreut. Um eine bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf zu ermöglichen, sind seit dem 1. Januar 2015 wesentliche Änderungen des bisher geltenden FPfZG und PflegeZG in Kraft getreten. Wir informieren: Im FPfZG gelten seit dem 1. Januar 2015 folgende wesentliche Neuerungen: Jeder Arbeitnehmer hat seit dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf eine teilweise Freistellung für einen Zeitraum von bis zu 24 Monaten (Höchstdauer) für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen, sofern er diesen in häuslicher Umgebung pflegt (Familienpflegezeit). Der Anspruch besteht jedoch nur gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel mehr als 25 Beschäftigten. Die Familienpflegezeit und die Pflegezeit nach dem PflegeZG schließen sich nicht aus, sondern können bis zu einer Gesamtdauer von 24 Monaten miteinander verbunden werden. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die Inanspruchnahme der Familienpflegezeit spätestens acht Wochen vor dem gewünschten Beginn schriftlich anzukündigen und mitzuteilen, für welchen Zeitraum und in welchem Umfang diese in Anspruch genommen werden soll. Sofern die Familienpflegezeit unmittelbar nach einer Freistellung gemäß den Regelungen des Pflegezeitgesetzes für denselben Angehörigen in Anspruch genommen werden soll, verlängert sich die Ankündigungsfrist auf 3 Monate gemäß § 2a Abs. 1 Satz 5 FPfZG. Gemäß § 2a Abs. 4 FPfZG haben die Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber die Pflegebedürftigkeit des nahen Angehörigen durch eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen. 1 MANDANTENINFORMATION Familienpflegezeit und Pflegezeitgesetz Soweit der Arbeitnehmer nach den gesetzlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Familienpflegezeit hat, ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine sog. Familienpflegezeitvereinbarung mit folgendem Mindestinhalt abzuschließen: Festlegung des Zeitraums der Familienpflegezeit Festlegung des Umfangs der verringerten Arbeitszeit während der Familienpflegezeit von mindestens 15 Stunden pro Woche Festlegung der Verteilung der verringerten Arbeitszeit Mit dem Beginn der Familienpflegezeit wird der Arbeitnehmer in dem vereinbarten Umfang teilweise von seiner Verpflichtung zur Arbeit freigestellt, zugleich entfällt in dem entsprechenden Umfang die Vergütungspflicht des Arbeitgebers. Zur Milderung der hieraus entstehenden finanziellen Nachteile hat der Gesetzgeber zugunsten der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Gewährung eines zinslosen Darlehens gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 FPfZG gegenüber dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (als Darlehensgeber) geschaffen. Der Anspruch auf das Darlehen besteht gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 FPfZG auch dann, wenn Arbeitgeber mit in der Regel 15 oder weniger Beschäftigten auf freiwilliger Basis Familienpflegezeit mit ihren Arbeitnehmern vereinbaren. Folgende wesentliche Änderungen sind im PflegeZG seit 1. Januar 2015 in Kraft getreten: Gemäß § 3 PflegeZG haben Beschäftigte, die in häuslicher Umgebung ihre pflegebedürftigen nahen Angehörigen pflegen wollen – wie schon bisher – die Möglichkeit einer Freistellung von der Arbeitsleistung für die Dauer von bis zu 6 Monaten. Die Freistellung kann vollständig oder in Form einer Arbeitszeitreduzierung erfolgen. Der Anspruch auf Freistellung besteht jedoch nicht bei Arbeitgebern mit 15 oder weniger Beschäftigten. Unabhängig von der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer sieht § 2 PflegeZG – wie bisher – einen Anspruch auf eine Freistellung von bis zu 10 Arbeitstagen vor, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen. Geändert hat sich nunmehr im Wesentlichen der Kreis der nahen Angehörigen. Dieser ist um Stiefeltern, Partner einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft sowie Schwägerinnen und Schwäger erweitert worden. Eine weitere wesentliche Neuerung ist die Einführung des sog. Pflegeunterstützungsgeldes, welches in den Fällen der Kurzzeitpflege gemäß § 2 PflegeZG die sich aus dem Wegfall der Vergütungspflicht für den Arbeitnehmer ergebenden finanziellen Nachteile abmildern soll. Das Pflegeunterstützungsgeld wird auf Antrag von der Pflegeversicherung des nahen Angehörigen gewährt. Rechtsgrundlage hierfür ist die Regelung gemäß § 44a Abs. 3 Satz 1 SGB XI. Die Höhe des Pflegeunterstützungsgeldes orientiert sich dabei gemäß § 44a Abs. 3 Satz 4 SGB XI an den für das Kinderkrankengeld geltenden Vorschriften. 2 MANDANTENINFORMATION Familienpflegezeit und Pflegezeitgesetz Sowohl nach dem PflegeZG als auch nach dem FPfZG darf der Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis von der Ankündigung, höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn, bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder der Freistellung nicht kündigen. In besonderen Fällen kann eine Kündigung von der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle ausnahmsweise für zulässig erklärt werden. Die Rechtslage lässt sich seit der Geltung des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf seit dem 1. Januar 2015 wie folgt überblickartig zusammenfassen: Kurzzeitige Arbeitsverhinderung Pflegezeit Familienpflegezeit Dauer Freistellung bis zur Dauer von 10 Arbeitstagen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eines nahen Angehörigen Freistellung bis zur Dauer von 6 Monaten zur Pflege eines nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung Freistellung bis zur Dauer von 24 Monaten zur Pflege eines nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung Umfang der Freistellung Vollständig oder teilweise Freistellung Vollständig oder teilweise Freistellung Mindestarbeitszeit im Umfang von 15 Stunden pro Woche Finanzielle Absicherung Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld Anspruch auf zinsloses Darlehen Anspruch auf zinsloses Darlehen Kündigungsschutz Kündigungsschutz im Zeitraum der kurzfristigen Arbeitsverhinderung Kündigungsschutz im Zeitraum der Pflegezeit Kündigungsschutz im Zeitraum der Familienpflegezeit Größe Gilt für Betriebe jeglicher Größe Gilt für Betriebe mit mehr als 15 Beschäftigten Gilt für Betriebe mit mehr als 25 Beschäftigten Für eine praxisgerechte Umsetzung der zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Neuerungen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung. Ansprechpartner Dr. Tatjana Ellerbrock Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Partnerin T +49 30 208 88-1400 [email protected] Sandra Preißler Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht Principal Associate T +49 30 208 88-1400 [email protected] Norman Damaske Rechtsanwalt T +49 30 208 88-1400 [email protected] Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass diese allgemeinen Informationen keine Rechtsberatung für den konkreten Anwendungsfall darstellen. Wir empfehlen ergänzend für Einzelfragen die Hinzuziehung des rechtlichen Beraters. www.rbs-partner.de Stand: März 2015 3
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