BKKService Informationen für Arbeitgeber • Ausgabe 3|2015 Grenzen der Mitarbeiterkontrolle 9 Bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf 14 Erreichbarkeit im Urlaub 22 Ältere Arbeitnehmer – so wertvoll wie nie EDITORIAL Urlaubszeit ist Auszeit Durch die moderne Technik ist es für viele Unternehmen eine verlockende Aussicht, ihre Mitarbeiter jederzeit und an jedem Ort erreichen zu können. Aber aufgrund der enormen Zunahme von Burn-out und anderen psychischen Belastungserkrankungen wie auch vor dem Hintergrund, dass immer mehr Mitarbeiter einen familienfreundlichen Arbeitgeber suchen, der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht nur auf dem Papier garantiert, gehen viele Unternehmen inzwischen neue Wege. So stellen viele Firmen durch Betriebsvereinbarungen und klare Vorgaben an die Führungskräfte sicher, dass Mitarbeiter während ihrer Freizeit weder erreichbar sein müssen noch dienstliche Aufgaben zu erledigen haben. Auf diese Weise wird nicht nur eine letztlich auch im betrieblichen Interesse liegende bessere Erholung der Mitarbeiter garantiert, sondern auch eine höhere Zufriedenheit im Job und damit eine bessere Mitarbeiterbindung erreicht. Mehr zu diesem Thema lesen Sie ab Seite 14. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine erholsame Urlaubszeit! Mit freundlichen Grüßen Ihre BKK SCHWERPUNKT 4 Grenzen der Mitarbeiterkontrolle KURZ UND KNAPP ARBEITSRECHT PERSONALMANAGEMENT 3 14 Erreichbarkeit im Urlaub – Auszeit von der Arbeit 22 Ältere Arbeitnehmer – so wertvoll wie nie 16 Aktuelle Urteile 24 Effizient arbeiten reduziert Stress STEUERRECHT 26 Unterforderung kann krank machen 17 Anhebung steuerlicher Freibeträge und Förderung der Elektromobilität 28 Mit Teamarbeit zu mehr Erfolg Kurzmeldungen SCHWERPUNKT 4 Grenzen der Mitarbeiterkontrolle SOZIALVERSICHERUNG 9 Bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf 12 Meldeverfahren soll einfacher werden GESUNDHEIT IM BETRIEB 20 Zuschüsse zur betrieblichen Gesundheitsförderung 2 BKKService 3/2015 SCHLUSSPUNKT 30Kurzmeldungen 31 Vorschau, Impressum KURZ UND KNAPP Höhere Umzugskostenerstattungen seit März 2015 Wenn Sie einen neuen Mitarbeiter einstellen, können Sie ihn gegebenenfalls auch mit der Erstattung der Umzugskosten locken. Seit März 2015 gibt es dafür verbesserte Möglichkeiten. Bei einem Umzug aus beruflichen Gründen können Arbeitgeber die Umzugskosten ihrer Arbeitnehmer steuerfrei erstatten. Dazu gehören neben den Transportkosten, Reisekosten, doppelten Mietzahlungen, Maklergebühren für eine Mietwohnung auch sonstige Umzugsauslagen. Während die erst genannten Kosten in nachgewiesener Höhe angesetzt werden, können sonstige Umzugsauslagen mit einem Pauschbetrag berücksichtigt werden. Zum 1. März 2015 wurden auch die Umzugskostenpauschalen angehoben (BMF-Schreiben vom 6. Oktober 2014, IV C 5 – S 2353/08/10007, BStBl. I 2014, 1342). Der Pauschbetrag für sonstige Umzugsauslagen nach § 10 Absatz 1 BUKG beträgt seitdem für Verheiratete, Lebenspartner und Gleichgestellte 1.460 EUR und für Ledige 730 EUR. Der Pauschbetrag erhöht sich für jede in § 6 Absatz 3 Satz 2 und 3 BUKG bezeichnete weitere Person mit Ausnahme des Ehegatten oder Lebenspartners (zum Beispiel leibliche Kinder, Stief- und Pflegekinder) um 322 EUR. Silvester und Heiligabend sind keine Bankarbeitstage Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen sind, werden spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem das Arbeitsentgelt erzielt wird. Seit dem 1. Februar 2014 gilt innerhalb der Europäischen Union der einheitliche EUR-Zahlungsverkehrsraum SEPA. Für den SEPA-Zahlungsraum bestehen Feiertagsregelungen nach TARGET2 (Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer System). Danach sind sechs Feiertage festgelegt, an denen im SEPA-Raum nicht gebucht und verrechnet wird: Neujahr (1. Januar), Karfreitag, Ostermontag, Tag der Arbeit (1. Mai), 1. Weihnachtsfeiertag (25. Dezember), 2. Weihnachtsfeiertag (26. Dezember). Nationale Feiertage bleiben unberücksichtigt. Daneben sind der 24. Dezember und der 31. Dezember geschäftsfreie Tage der Deutschen Bundesbank. Das gilt auch für alle anderen Banken und Sparkassen. Als banküblicher Arbeitstag im Sinne der Fälligkeitsregelung für die Beiträge zur Sozialversicherung gilt nach den Vorstellungen des Gesetzgebers der Arbeitstag, an dem nach den tarifvertraglichen Regelungen des Kreditgewerbes normal gearbeitet wird. Der Bankarbeitstag bildet insofern den Komplementärbegriff zu den Bankfeiertagen, wobei Heiligabend und Silvester als geschäftsfreie Tage der Deutschen Bundesbank und damit als Bankfeiertage anzusehen sind. Daraus wird abgeleitet, dass Heiligabend und Silvester für die Bestimmung der Fälligkeit nach § 23 Absatz 1 SGB IV keine Berücksichtigung finden, weil sie keine Bankarbeitstage sind. Bitte berücksichtigen Sie diese Klarstellung bei Ihren Zahlungsdispositionen im Dezember eines Jahres. +++ Frauenquote beschlossen Am 6. März 2015 hat der Bundestag das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst beschlossen. Es soll den Anteil von Frauen in Führungspositionen signifikant erhöhen und ist eine wichtige Maßnahme für mehr Chancengleichheit in der Arbeitswelt. Demnach gilt für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, ab 2016 eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Diese werden verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten ManagementEbenen festzulegen. +++ Inklusionspreis 2015 – jetzt noch bewerben Bis zum 15. Juli 2015 können sich Unternehmen, die auf die Beschäftigung und Ausbildung von Menschen mit Behinderung setzen, für den Inklusionspreis 2015 bewerben. Der Preis wird zusammen mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, der Bundesagentur für Arbeit und der „Charta der Vielfalt” verliehen. Der Preis zeichnet zum vierten Mal erfolgreiche Konzepte zur Inklusion von Menschen mit Behinderung in den betrieblichen Alltag aus. Prämiert werden Unternehmen, die zwischen Januar 2014 und Juli 2015 Projekte und Aktionen zur Einstellung und Ausbildung von Menschen mit Behinderung, zur Weiter beschäftigung von leistungsgewandelten Mitarbeitern und/oder zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit durchgeführt haben. Weitere Informationen finden Sie unter: www.inklusionspreis.de +++ Personengruppenschlüssel für vorgeschriebenes Zwischenpraktikum Praktikanten, die während der Dauer eines Studiums als ordentlich Studierende einer Fachhochschule oder Hochschule ein vorgeschriebenes Zwischenpraktikum ableisten, sind in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung als Beschäftigte versicherungsfrei. Nur in der Unfallversicherung besteht für die Zeit des Praktikums Versicherungspflicht. Die Spitzenorganisationen haben in ihrer Besprechung am 18. März 2015 zum gemeinsamen Meldeverfahren festgelegt, dass diese Praktikanten ausschließlich mit dem Personengruppenschlüssel „190“ zu melden sind. BKKService 3/2015 3 SCHWERPUNKT Grenzen der Mitarbeiterkontrolle Bei der Kontrolle von Mitarbeitern ist nicht alles erlaubt, was möglich ist. W erden Kilometer korrekt abgerechnet, alle Raucherpausen in der Arbeitszeiterfassung vermerkt und war der Mitarbeiter im Urlaub wirklich krank? Arbeitgeber haben ein berechtigtes und nachvollziehbares Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter ehrlich sind. Und weil der technische Fortschritt nicht am Werkstor endet, war es auch noch nie so leicht wie heute, einzelne oder alle Mitarbeiter und deren Verhalten zu kontrollieren – aber nicht alles, was technisch möglich ist, ist auch erlaubt. Die Arbeitsgerichte haben schon mehrfach entschieden, dass die Grenze des Kontrollrechts spätestens bei einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers überschritten ist. Allgemeines Versteckte Kameras in Büros und Werkshallen, Mitarbeiterkontrolle durch Ortung von Smartphones und über GPS, Auslesen gespeicherter Daten in PCs oder Kassen systemen sind längst keine Fantasie aus einem Science-Fiction-Roman mehr. 4 BKKService 3/2015 Dennoch dürfen Betriebe nicht alle Möglichkeiten nutzen, die ihnen die moderne Technik bietet. Zu beachten ist vor allem das Persönlichkeitsrecht eines jeden Mitarbeiters, das durch Artikel 2 Grundgesetz (GG) besonders geschützt ist und auch im Arbeitsverhältnis gilt. Eine lückenlose technische Überwachung des Arbeitnehmers ist aus diesem Grunde nicht zulässig, denn Eingriffe in dessen Grundrechte sind nur in seltenen Ausnahmefällen und in äußerst engen Grenzen erlaubt. Dazu müssten die schutzwürdigen Interessen eines Arbeitgebers massiv beeinträchtigt und deutlich höher zu bewerten sein als die Persönlichkeitsrechte des Mitarbeiters, was zum Beispiel bei einem konkreten Verdacht einer schwerwiegenden Straftat der Fall sein kann. Es kommt jedoch immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an. Zudem gelten die Regelungen des Strafgesetzbuches und der Datenschutzbestimmungen. Überwachung durch Detektive Überwachung durch Videokameras Haben Sie den konkreten Verdacht, dass Mitarbeiter in erheblichem Umfang gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen? Dann kann der Einsatz von Detektiven durchaus eine zulässige Kontrollmöglichkeit sein. Klassische Einsatzfelder sind zum Beispiel die Aufklärung von Straftaten wie Diebstahl oder Betrug. Kontrollen mittels Detektiven sind nicht nur erlaubt, sondern werden im Allgemeinen als weniger einschneidend bewertet als zum Beispiel Taschenkontrollen, die auch zahlreiche unbeteiligte Mitarbeiter betreffen. Zudem muss die Überwachung nicht zwangsläufig die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen beeinträchtigen. Voraussetzung ist aber immer, dass nicht nur ein allgemeiner oder ein vom sprichwörtlichen Hörensagen gebildeter Verdacht besteht. Vielmehr müssen auch konkrete und belastbare Hinweise auf schwere Pflichtverletzungen vorliegen. Ohne nachvollziehbare Verdachtsmomente ist die Überwachung durch Detektive unzulässig. Vor allem Film- und Videoaufnahmen durch Überwachungspersonen muss kein Mitarbeiter dulden, wenn diese nur zur allgemeinen Erforschung ohne sichere Hinweise auf schwere Straftaten erfolgen. Grenzt die Überwachung an Stalking, ist sie unzulässig und reine Geldverschwendung, vom Imageschaden für den Betrieb einmal ganz abgesehen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigte deshalb, dass ein Arbeitgeber wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeld an eine Mitarbeiterin zahlen muss. Er ließ diese von Detektiven überwachen, weil er sie verdächtigte, eine Erkrankung vorgetäuscht zu haben. Konkrete Anhaltspunkte hatte er dafür aber nicht. Deshalb nahmen die höchsten deutschen Arbeitsrichter diesen Fall zum Anlass, die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Einsatz von Detektiven zu regeln (BAG, 19. Februar 2015 – 8 AZR 1007/13). Beim Einsatz von Video- oder Überwachungskameras ist zu unterscheiden, ob ein legitimer Zweck verfolgt wird oder ob die Mitarbeiter gezielt und heimlich überwacht werden sollen. Die Überwachung öffentlich zugänglicher Räume oder von Verkaufs- oder Ausstellungsflächen mit Kundenverkehr ist aus Sicherheitsgründen grundsätzlich zulässig. Auf diese Form der Überwachung muss deutlich und sichtbar hingewiesen werden. Zu Sicherungszwecken installierte Kameras dürfen aber nicht dazu genutzt werden, das Personal dauerhaft bei der Arbeit zu filmen. Auch eine dauerhafte Speicherung der aufgezeichneten Daten ist unzulässig. Eine verdeckte Überwachung von Arbeitnehmern ist dagegen grundsätzlich verboten. Nur ausnahmsweise kann der versteckte Kameraeinsatz gerechtfertigt sein, zum Beispiel wenn ein konkreter, nachprüfbarer Verdacht einer Straftat aufgeklärt werden soll. Allerdings darf es dann neben der Videoüberwachung kein anderes, gleich geeignetes Mittel zur Aufklärung geben und der Einsatz muss zeitlich begrenzt sein. Die Arbeitsgerichte entscheiden regelmäßig, dass ein lückenloser Kameraeinsatz am Arbeitsplatz gegen die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiter verstößt und eine dauerhafte Videoüberwachung ohne jeden konkreten Tatverdacht unverhältnismäßig ist. Zudem ist sehr fraglich, ob auf unzulässige Weise gewonnene Beweismittel gerichtsverwertbar sind, auch wenn im Arbeitsrecht andere Regeln gelten als im Strafrecht. Praxishinweis: Vor der Installation von Kameras empfiehlt sich der Abschluss einer Betriebsvereinbarung. Selbst wenn es dazu nicht kommt, ist dem Betriebsrat im Streitfall eindeutig zu dokumentieren und durch Vorführung von Bildern und Kameraeinstellungen deutlich zu machen, dass die Kameraüberwachung einzig und allein aus Sicherheitsgründen und nicht zur Mitarbeiterkontrolle erfolgt. Anderenfalls muss der Arbeitgeber mit einem einstweiligen Anordnungsverfahren rechnen. Existiert kein Betriebsrat, ist es sinnvoll, die Mitarbeiter schriftlich über die Kamerainstallation zu informieren oder sogar deren Zustimmung einzuholen. BKKService 3/2015 5 SCHWERPUNKT Selbst bei Verdacht auf eine Straftat gibt es Grenzen der Überwachung. Soweit möglich dürfen nur verdächtigte Personen und wahrscheinliche Tatorte überwacht werden, beispielsweise der Kassenbereich oder das Warenlager, nicht jedoch das gesamte Firmengelände. Die Intimsphäre der Mitarbeiter ist unantastbar und grundrechtlich geschützt. In Umkleide-, Wasch- und Toilettenräumen darf unter keinen Umständen eine K amera angebracht sein. Bei einer unzulässigen Überwachung sind nicht nur Bußgelder zu erwarten, vor allem können die betroffenen Mitarbeiter auch Schmerzensgeldansprüche geltend machen. Internet und E-Mails Die Überwachung von Internet und E-MailVerkehr ist technisch ohne größere Probleme möglich. Aber gerade hier gilt, dass nicht alles erlaubt ist, was technisch machbar ist. Wie weit Arbeitgeber gehen dürfen, hängt vor allem davon ab, ob und in welchem Rahmen dem Mitarbeiter die Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz gestattet ist. Ist der Internet- und der E-Mail-Account nur für dienstliche Zwecke erlaubt und ist die private Internetnutzung am Arbeitsplatz nicht gestattet, darf zumindest stichprobenartig kontrolliert werden, ob das Verbot 6 BKKService 3/2015 eingehalten wird oder ob gegen dienstliche Anordnungen verstoßen wird. Es wird dann auch gestattet sein, den Inhalt privater E-Mails zu erfassen. Eine generelle Überwachung der Mitarbeiter ist aber ebenso verboten wie permanente heimliche Leistungs- und Verhaltenskontrollen. Wenn sich der Arbeitgeber für den Fall des Missbrauchs der dienstlichen Kommunikationsmittel weitere Schritte vorbehalten will, wie zum Beispiel eine Abmahnung oder im Extremfall sogar eine Kündigung, ist vorher sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter über das Verbot und die Folgen einer Missachtung vollständig informiert wurden. Das kann durch einen Zusatz zum Arbeitsvertrag ebenso erreicht werden wie durch eine von allen Mitarbeitern zu unterzeichnende Bestätigung. Praxishinweis: Bei einem generellen Verbot privater Internet- und E-Mail-Nutzung bieten sich regelmäßige kurze Schulungen an, in denen auch die Folgen eines Verstoßes deutlich aufgezeigt werden. Vor allem neu eingestellte Mitarbeiter sollten ausdrücklich belehrt werden. Anders verhält es sich dagegen, wenn privates Surfen am Arbeitsplatz gestattet ist. Festplatte und Inhalt privater E-Mails sind dann für den Arbeitgeber eine Tabuzone. Rechtlich gesehen tritt der Betrieb in diesen Fällen wie ein Telekommunikationsanbieter auf, dessen Kunde der Arbeitnehmer ist. Private E-Mails sind dann wie private Post zu behandeln. Es gilt das Fernmeldegeheimnis sowie die geschützte Privatsphäre der Mitarbeiter. Inhalt und Informationen über Absender, Empfänger, Empfangs- und Versendedaten dürfen dann nicht eingesehen werden. Der Datenverkehr darf in diesen Fällen nur zur Datensicherung oder zu Abrechnungszwecken dokumentiert werden. Wird die private Nutzung dagegen ohne klärende Vorgaben nur geduldet, gelten die gleichen Grundsätze wie für dienstliche E -Mails. Arbeitgeber dürfen dann keinen Einblick in die private elektronische Post ihrer Mitarbeiter nehmen. Praxishinweis: Ist die Nutzung des Internetzugangs mit Einschränkungen auch zu privaten Zwecken erlaubt, kann der Arbeitgeber gleichwohl den Aufruf bestimmter Seiten mit beispielsweise strafbaren, pornografischen, gewaltverherrlichenden, rassistischen oder sonstigen rechtswidrigen Inhalten untersagen. Natürlich darf er dann die Einhaltung dieser Grenzen überprüfen. Aber auch die Nutzung von Verkaufsportalen oder sozialen Netzwerken darf der Arbeitgeber während der Arbeitszeit, erforderlichenfalls unter Mitwirkung des Betriebsrats, ausschließen und dieses Verbot kontrollieren. Auch auf die Einhaltung von eher allgemeinen Nutzungsvorgaben, wie zum Beispiel die Nutzung des betrieblichen Internetzugangs für private Zwecke „im normalen Maß“ oder „täglich für eine Stunde“, darf der Arbeitgeber ein Auge haben. In jedem Fall sollte ein klares und für alle Mitarbeiter geltendes Regelwerk aufgestellt werden. Auf diese Weise kann je- der Mitarbeiter nachvollziehen, was erlaubt und was nicht erlaubt ist, welche Kontrollmechanismen gelten und welche Sanktionen im Falle einer Missachtung zur Verfügung stehen. Telefone Für die Überwachung dienstlicher Telefonanlagen und Handys gelten im Prinzip die gleichen Spielregeln. Sind private Telefonate ausdrücklich oder stillschweigend gestattet, darf das Telefonverhalten der Mitarbeiter nicht überwacht werden. Besteht dagegen ein generelles Verbot für außerdienstliche Telefonate oder dürfen diese nur mit Einschränkungen geführt werden, können Kontrollen in gewissem Umfang stattfinden. Zeitpunkt und Dauer von Telefongesprächen dürfen unter bestimmten Umständen erfasst werden, nicht jedoch deren Inhalte. Telefonate abzuhören oder aufzuzeichnen ist nach § 201 StGB strafbar. Mobiltelefone und Navigationsgeräte in Dienstwagen mit GPS-Funktion machen es ohne Weiteres möglich, den aktuellen Aufenthaltsort eines Mitarbeiters zu bestimmen. Wenn es zur Datenerfassung dieser Geräte keine Betriebsvereinbarung gibt, müssen die Mitarbeiter in jedem Fall darüber informiert werden, wenn eine Aufzeichnung und Speicherung dieser Gerätedaten erfolgt. Taschenkontrollen Taschenkontrollen sind zu Präventivzwecken zulässig, auch wenn manche Arbeitsgerichte vereinzelt die Auffassung vertreten, dass ein konkreter Anlass vorliegen muss. Sie dürfen aber generell nicht gegen den Willen des Mitarbeiters durchgeführt werden. Noch viel mehr gilt dies für Leibesvisitationen. In beiden Fällen muss die Maßnahme verhältnismäßig sein und darf keinen diskriminierenden Charakter haben. Gestattet der Mitarbeiter den Einblick in seine Taschen nicht, muss der Arbeitgeber im Falle eines Diebstahlverdachts die Polizei hinzuziehen. Praxishinweis: Sinnvoll ist es, die Durchführung von Taschenkontrollen durch eine Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag zu regeln. BKKService 3/2015 7 SCHWERPUNKT Überwachung der Arbeitszeit Mitbestimmungspflichten Die Einhaltung der Arbeitszeit der Mitarbeiter wie auch deren Raucherpausen dürfen kontrolliert werden. Der Einsatz elektronischer Hilfsmittel wie Zeiterfassungssysteme, Stechuhren oder Magnetkarten ist dazu ebenso üblich wie unter zwingender Beteiligung des Betriebsrats erlaubt. Allerdings darf durch die genutzte Technik kein Persönlichkeits- oder Bewegungsprofil der Mitarbeiter erstellt werden. Die Grenze zur Persönlichkeitsverletzung wäre überschritten, wenn eine systematische Überwachung erfolgen und beispielsweise jeder Toilettengang oder jeder Kopiervorgang dokumentiert würde. Jede der genannten Maßnahmen zur Mitarbeiterüberwachung unterliegt zwingend und ohne Ausnahme der Mitbestimmung des Betriebsrats. Es sollten eindeutige Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden. Damit ist dann zweifelsfrei geregelt, welche Maßnahmen zulässig sind, wer diese durchführen darf, wer Zugriff auf Daten erhält und wie damit umzugehen ist. Ist in einer Betriebsvereinbarung eindeutig bestimmt, dass zum Beispiel die Datenaufzeichnung eines Zeiterfassungssystems allein zu Abrechnungszwecken, nicht jedoch zur Mitarbeiterkontrolle genutzt werden darf, dürfen die Ergebnisse der Datenspeicherung auch nicht zur Begründung einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung verwendet werden (LAG Köln, 4. November 2005 – 11 Sa 500/05). In Betrieben ohne Arbeitnehmer vertretung kann sich der Arbeitgeber Kontrollrechte durch Klauseln im Arbeitsvertrag oder durch schriftliche Einverständnis erklärungen der Mitarbeiter sichern. In jedem Fall wären die diese umfassend zu informieren. W Praxishinweis: Arbeitszeitkontrollen und die technischen Hilfsmittel dazu sind üblicherweise Gegenstand einer Betriebsvereinbarung. Existiert kein Betriebsrat, sind die Mitarbeiter entsprechend zu belehren. 8 BKKService 3/2015 Sozialversicherung Bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf Seit Jahresbeginn gibt es mehr Flexibilität für pflegende Arbeitnehmer. S eit 1. Januar 2015 gelten für pflegende Arbeitnehmer neue gesetzliche Regelungen. Die meisten pflegenden Angehörigen brauchen in der Phase, in der sie Familie, Pflege und Beruf vereinbaren müssen, vor allem mehr zeitliche Flexibilität. Das neue Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf berücksichtigt die Individualität jeder Pflegesituation. Nachfolgend geben wir einen aktuellen Überblick. Darin enthalten ist auch eine Härtefall regelung. Das BAFzA kann auf Antrag die Rückzahlung des Darlehens stunden, die Fälligkeit also hinausschieben, um eine besondere Härte für den Arbeitnehmer zu vermeiden. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit eines teilweisen Darlehenserlasses oder eines Erlöschens der Darlehensschuld. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu zehn Arbeitstagen Der neue Rechtsanspruch seit 1. Januar 2015 gilt auch für die außerhäusliche Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen. Die Pflegezeit setzt eine Pflegebedürftigkeit voraus. Eine schwere Krankheit alleine führt nicht zu einem Anspruch auf Freistellung. Braucht Ihr Arbeitnehmer Zeit für die Organisation einer akuten Pflegesituation, kann er bis zu zehn Arbeitstage ohne Ankündigungsfrist der Arbeit fernbleiben. Diese Option gilt unabhängig von der Größe des Unternehmens. Betreuung minderjähriger, pflegebedürftiger naher Angehöriger Bis zu drei Monate Sterbebegleitung Pflegeunterstützungsgeld Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld besteht für maximal zehn Arbeitstage je Pflegebedürftigem, die nicht zusammenhängend genommen werden müssen. Diese Leistung kann Ihr Arbeitnehmer bei der Pflegeversicherung des zu pflegenden Angehörigen beantragen. Pflegezeit und zinsloses Darlehen Nach wie vor haben Arbeitnehmer zusätzlich die Möglichkeit, bis zu sechs Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf auszusteigen, um einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung zu pflegen. Auf diese Freistellung besteht aber kein Rechtsanspruch gegenüber Arbeitgebern mit 15 oder weniger Arbeitnehmern. Neu ist seit dem 1. Januar 2015 die Möglichkeit, für diese Zeit ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) zu beantragen, um die Einkommensverluste in dieser Zeit abzufedern. Dieses Darlehen muss nach dem Ende der Pflegezeit ebenfalls in Raten wieder zurückgezahlt werden. Seit 1. Januar 2015 haben Angehörige einen Rechtsanspruch darauf, in der letzten Lebensphase eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen drei Monate lang verkürzt zu arbeiten oder auch ganz auszusetzen. Sie können so für ihre Angehörigen auf ihrem letzten Weg da sein, auch wenn sich der pflegebedürftige nahe Angehörige in einem Hospiz befindet. Das zinslose Darlehen des BAfzA kann für diese Zeit ebenso in Anspruch genommen werden. Rechtsanspruch auf bis zu 24 Monate Freistellung (Familienpflegezeit) Eine Familienpflegezeit ist eine Teilzeit tätigkeit für bis zu 24 Monate, während der ein pflegebedürftiger naher Angehöriger des Arbeitnehmers gepflegt wird. In dieser Zeit muss mindestens 15 und darf höchstens 30 Wochenstunden gearbeitet werden. Ähnlich wie bei der Altersteilzeit erhält der Arbeitnehmer während der Teilzeittätigkeit eine entsprechend reduzierte Vergütung, die jedoch in Form eines zinslosen Darlehens vom BAFzA aufgestockt werden kann. Der Arbeitnehmer muss hierfür einen Antrag stellen. BKKService 3/2015 9 Sozialversicherung Gegenüber dem Arbeitgeber hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Gewährung von Teilzeit, ein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit besteht jedoch nur in Unternehmen mit mehr als 25 Beschäftigten. Definition eines nahen Angehörigen Voraussetzung für die Familienpflegezeit ist die (voraussichtliche) Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen. Als nahe Angehörige gelten Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Lebenspartner, Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, Geschwister sowie Kinder und Enkelkinder und seit dem 1. Januar 2015 auch Stiefeltern, lebenspartnerschaftsähnliche Partner sowie Schwägerinnen und Schwager. Darüber hinaus kann eine Familienpflegezeit für die Betreuung eines minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen genutzt werden. Der Minderjährige wird in diesem Fall von Dritten „gepflegt”, während der angehörige Arbeitnehmer durch eine Teilzeittätigkeit die (zusätzliche) Betreuung sicherstellen kann. Aber auch ein Wechsel zwischen häuslicher Pflege und außerhäuslicher Betreuung ist innerhalb der Familienpflegezeit ohne weitere Voraussetzungen möglich. Beantragung der Familienpflegezeit Die Familienpflegezeit ist vom Arbeitnehmer spätestens acht Wochen vor dem gewünschten Beginn schriftlich anzukündigen. Die Ankündigung muss Informationen zu Zeitraum und Umfang der Freistellung sowie zur Verteilung der Arbeitszeit enthalten. Wird die Familienpflegezeit im Anschluss an eine Pflegezeit im Sinne von § 3 Absatz 1 oder Absatz 3 PflegeZG genommen, soll die Familienpflegezeit möglichst frühzeitig, spätestens drei Monate vor Beginn, erklärt werden. Vereinbarung über die Pflegezeit Sie und Ihr Arbeitnehmer haben über die Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Hierbei sollten Sie den Wünschen des Beschäftigten entsprechen, es sei denn, dringende betriebliche Gründe stehen dem entgegen. Eine automatische Durchführung des Teilzeitwunsches im Falle der fehlenden Einigung zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitnehmer ist allerdings nicht vorgesehen. Auch wenn Sie den Teilzeitwunsch nicht rechtzeitig ablehnen, führt dies nicht zur 10 BKKService 3/2015 zwangsweisen Durchsetzung des Teilzeitbegehrens des Arbeitnehmers. Ihr Arbeitnehmer muss seinen Teilzeitanspruch also gegebenenfalls gerichtlich im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzen, um die Familienpflegezeit rechtzeitig antreten zu können. Verlängerung der Familienpflegezeit Wurde die Familienpflegezeit nicht für die kompletten 24 Monate beantragt, kann sie mit Ihrer Zustimmung bis zu dieser Gesamtdauer verlängert werden. Sie müssen dem Wunsch Ihres Arbeitnehmers zustimmen, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann. Sozialversicherung Wird die Familienpflegezeit aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung heraus angetreten, bleibt der Versicherungsschutz in der Sozialversicherung erhalten. Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung aufgrund einer geringfügig entlohnten Beschäftigung kommt nicht in Betracht, da das monatliche Arbeitsentgelt während der Familienpflegezeit 450 EUR übersteigen muss. Kündigungsschutz: Ihr Arbeitnehmer genießt einen Kündigungsschutz ab dem Moment der Ankündigung der Familienpflegezeit, frühestens jedoch ab zwölf Wochen vor dem angekündigten Beginn, bis zu deren Beendigung. Nach Beendigung der Freistellung besteht kein Kündigungsschutz mehr. Eine Kündigung können Sie in dieser Schutzphase ausnahmsweise dann erklären, wenn die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landes behörde der Kündigung zuvor zugestimmt hat. Vor Beginn der Familienpflegezeit krankenversicherungsfreie Arbeitnehmer werden krankenversicherungspflichtig, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt wegen einer Reduzierung der Arbeitszeit aus Anlass der Familienpflegezeit die maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze (Versicherungspflichtgrenze) nicht mehr übersteigt. Sie können sich aber von der eintretenden Krankenversicherungspflicht befreien lassen. Die Befreiung gilt für die Dauer der Familienpflegezeit. Bei einer Befreiung von der Krankenversicherungspflicht besteht auch keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung. W Bei Fragen rund um das Thema bessere Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf wenden Sie sich gern an uns. BKKService 3/2015 11 Sozialversicherung Meldeverfahren soll einfacher werden Die Optimierungen im Meldeverfahren nehmen konkrete Formen an. D as Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Jahr 2011 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, um mögliche Optimierungen in den Meldeverfahren der sozialen Sicherung zu bewerten. Zur Umsetzung dieser Machbarkeitsstudie wurden im Rahmen des Projektes OMS (Optimiertes Meldeverfahren in der sozialen Sicherung) Vorschläge zur Verbesserung der Meldeverfahren bewertet . Nach Abschluss des Projektes sind von der Bundesregierung nunmehr einige Vorschläge aufgegriffen worden, die mit dem 5. SGB-IV-Änderungsgesetz gesetzlich geregelt werden. Daten zur technischen ommunikation K Alle Fachverfahren zwischen Ihnen als Arbeitgeber und den Trägern der Sozialversicherung laufen vollmaschinell. Dies betrifft nicht 12 BKKService 3/2015 nur das Meldeverfahren, auch die Inhalte der Beitragsnachweise oder der Erstattungsanträge nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) für zum Beispiel geleistete Entgeltfortzahlung sind ausschließlich per Datensatz aus dem Entgeltabrechnungsprogramm oder mit einer geprüften Ausfüllhilfe an die Krankenkassen beziehungsweise Umlagekassen zu übermitteln. Die technische Übertragung erfordert verfahrensspezifische Details, die auch im Rahmen der Entgeltabrechnung zu beachten sind. Diese Details wurden bislang in den Gemeinsamen Grundsätzen der einzelnen Fachverfahren abgebildet. Vorgesehen ist, diese ab dem 1. Juli 2015 ausschließlich in den „Gemeinsamen Grundsätzen Kommunikation“ zu beschreiben. Auch reduzieren sich die Datensatzbeschreibungen künftig auf den fachlichen Datensatz. | BKK Service –––––––––– Ende der Leseprobe –––––––––– Um das komplette Heft zu erhalten, wenden Sie sich bitte an Ihre BKK. Impressum: Herausgeber: BKK Dachverband e. V. 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