IT-Benchmarking in der Berufsgenossenschaftlichen - Medizin-EDV

ERFAHRUNGEN
Verfügbare Investitionsmittel gezielter einsetzen
IT-Benchmarking in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Franfurt am Main
Eine bauliche Veränderung und die
Ablösung des BOSS-KIS durch Siemens
medico//s waren Anlass für ein IT-Benchmarking. Damit wollte die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt die
Basis für Effizienzsteigerung und gleichzeitige Kostensenkung schaffen.
hängigkeiten zwischen den Einzelmaßnahmen bestehen. So sollen sich die
verfügbaren Investitionsmittel gezielter
einsetzen lassen und zu Kostenreduzierungen und einem Effizienzanstieg führen.
Der Bau eines neuen Gebäudeteils und
die damit verbundenen Herausforderungen an die IT waren für die Verantwortlichen ein geeigneter Anlass, die Effizienz
der vorhandenen Infrastruktur überprüfen zu lassen.
Die vorhandene IT-Infrastruktur wird
im Rahmen einer intensiven Standortbestimmung mit allen Hard- und Softwarekomponenten, vor allem aber mit ihren Prozessen und den darin eingebundenen Mitarbeitern erfasst und in eine für medizinische Einrichtungen erstellte Idealstruktur
eingetragen. Ziel ist eine objektive Einschätzung, wo das untersuchte Krankenhaus im Vergleich zu anderen medizinischen
Einrichtungen steht. Vor allen Dingen sollen nach einer solchen Untersuchung tatsächliche Einsparungspotenziale und zu optimierende Bereiche ersichtlich sein, ebenso wie jene Maßnahmen, die sich zu deren Umsetzung eignen, und inwieweit Ab-
Die Grundlagen des Verfahrens wurden von der Junctim GmbH in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut entwickelt. Zunächst erfolgt dabei die möglichst vollständige Erfassung der drei Kernkomponenten Hardware, Software und
Dienstleistungen, darauf aufbauend werden alle wesentlichen Prozesse erfasst.
„Als Analysebasis orientieren wir uns
an aktuellen Krankenhaus-IT-Benchmarks
sowie an Standards und Best-practices
im IT-Bereich wie beispielsweise ITIL und
CobiT. So kann die bestimmt werden“,
erläutert Michael Nagel, Senior Consultant der Junctim GmbH. „Anschließend
werden der Kostenindex, also die Gesamtkosten eines IT-Arbeitsplatzes, und
der Serviceindex betrachtet. Der Serviceindex beschreibt die Summe der den
Betrieb unterstützenden Merkmale, wie
beispielsweise Performance, Verfügbarkeit, Sicherheit, Anwenderunterstützung
62
Ausgabe 4/2008
Vergleich mit dem Gesamtmarkt
Thomas Mangelmann, Leiter Patientenmanagement bei
der BGU Frankfurt
und verantwortlich
für die IT: „Wir wollten eine neutrale Bewertung unserer
Prozesse und unserer IT-Landschaft.“
Michael Nagel, Senior Consultant der
Junctim GmbH: „Als
Analysebasis orientieren wir uns an aktuellen Krankenhaus-IT-Benchmarks
sowie an Standards
und Best-practices
im IT-Bereich wie
beispielsweise ITIL
und CobiT.“
usw. Ein statistisches Mittel – der Marktdurchschnitt – wird durch Berücksichtigung der Werte vergleichbarer Krankenhäuser gebildet und dient für die weitere Analyse als Benchmark.“
Hinzu kommt die Einbeziehung des
„Faktors Mensch“ in den Lösungsansatz
.„Wir erfassen nicht nur die reinen Fakten, wir führen mit allen Verantwortlichen
und möglichst vielen involvierten Mitarbeitern strukturierte Interviews, bei denen
auch Platz für persönliche Gespräche ist,“
erläutert Michael Nagel. Als Unterschied
zu anderen Analyseansätzen zählt die Prozessvisualisierung. Am Ende der Analyse
steht ein übersichtliches Schaubild in DIN
A 0-Größe, in dem in einem Krankenhausreferenzmodell alle Kernprozesse in
Form einer Prozesslandschaft abgebildet
sind. Nach dem Ampel-Prinzip können darin Handlungsbedarfe dargestellt werden:
Grün für Bereiche, die schon gut organisiert sind, gelb für Aspekte, die überprüft
werden sollten und rot für Probleme, bei
denen akuter Handlungsbedarf besteht.
BGU-Benchmarking für die IT
Die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt am Main (BGU) wurde als
Spezialklinik für die Behandlung von Berufsunfällen gegründet und hat sich zu einem Zentrum für Unfall- und orthopädische
Chirurgie entwickelt, in dem 650 Mitarbeiter den Patienten die bestmögliche Behandlung auch bei schwersten Verletzungen zukommen lassen.
Benchmarking ist in der BGU gängige Praxis, wurde bislang aber nur für das
Personalwesen und den Bereich der Medikamente realisiert. Für die IT-Infrastruktur war der Ansatz der Junctim GmbH, eines Tochterunternehmens der März Network Services AG, neu.
IT-Befund für die BGU
Thomas Mangelmann, Leiter Patientenmanagement bei der BGU Frankfurt und
seit vier Jahren verantwortlich für die IT,
über die Ausgangssituation: „Wir wollten
eine neutrale Bewertung unserer Prozesse
und unserer IT-Landschaft, die aufzeigt, wo
Verbesserungsmöglichkeiten bestehen und
wo wir Kostenreduzierungen vornehmen
können, ohne dass dies zu Lasten der Qualität geht. Der Bau eines neuen Gebäudetraktes mit den damit verbundenen Herausforderungen an die IT-Struktur erschien
uns als günstiger Zeitpunkt,
unsere IT einem intensiven
Check zu unterziehen.“ Im
ersten Schritt wurde eine
eingehende Bestandsaufnahme durchgeführt. Basis
der IT in der BGU bildet
demnach ein LAN mit 450
PCs, einer AS400 und 19
zum Teil dezentralen Servern, ein System, das über
die Jahre mit dem Bedarf
gewachsen ist. Bisher war
das Krankenhausinformationssystem (KIS) von BOSS im Einsatz. Hier
führte die BGU zusammen mit vier weiteren BGU-Kliniken das Siemens-KIS medico//s ein. Der Benchmark sollte zeigen, ob
alle Voraussetzungen für diese Einführung
gegeben waren. Im Zusammenhang mit
dem Neubau sollte er zudem Hinweise für
die Anbindung der neuen Abteilungen
liefern und helfen, die Rahmenparameter
für ein in diesem Trakt neu einzurichtendes Data Center zu liefern.
Nachdem die gesamte Struktur systematisch beschrieben ist und die IT-Abteilung klare Ziele gesetzt bekommen hat,
stehen für Verhandlungen mit der Leitung der BGU konkrete Planungsunterlagen zur Verfügung, die beispielsweise
die Budgetierung der Mittel deutlich erleichtern. Über die Kosten für Software
und Beratung bei diesem Benchmarking
wollte die BGU keine Aussage treffen.
Klare Definitionen schaffen
Planungssicherheit
Als erstes Projekt, das vom Benchmarking beeinflusst wurde, entsteht derzeit ein modernes Data Center. Bisher
wurden die Server bedarfsorientiert in
den einzelnen Abteilungen aufgesetzt
und gepflegt. Jetzt werden sie im Data
Center zusammengefasst und dort konsolidiert. Auch im Service wird sich
durch die Einführung von klar definierten Abkommen (SLAs, Service-Level-Agreements) und garantierten Antwortzeiten einiges ändern. Und letztlich geht man künftig auch bei der
Hardwarebeschaffung neue Wege. Eine
weitgehende Vereinheitlichung der eingesetzten Systeme soll die Betriebs- und
Wartungskosten deutlich senken.
63
Ausgabe 4/2008