Übung im Handels- und Gesellschaftsrecht FS 2015 Fall 8 a und b

Übung im Handels- und Gesellschaftsrecht
FS 2015
Fall 8 a und b – Lösung
•
Fall 8a
A.
Ausgangsfall
I.
Anspruch K gegen R aus §§ 433 II BGB iVm. 173 I, 171 I HGB auf 50.000
•
1.
Existenz der KG und Gesellschaftsverbindlichkeit
2.
Keine Kommanditistenstellung des R bei Begründung der Verbindlichkeit (Vertragsschluss), aber:
3.
Haftung gem. § 173? – Anwendbar bei Anteilsabtretung? Nach dem Normzweck
des § 173 (wie § 130!) ist auch die Anteilsabtretung als „Eintritt“ zu werten, weil die
Haftung darauf beruht, dass der Eintretende als Gesellschafter Einfluss auf das Gesellschaftsvermögen gewinnt.
4.
Ausschluss durch Einlageleistung, § 171 I, Hs. 2 HGB – R erwirbt den Anteil mit allen Nebenrechten und kann sich daher – aufgrund der Umbuchung der Einlage –
darauf berufen, dass dieser „eingezahlt“ ist.
II.
Anspruch K gegen G aus §§ 433 II iVm. 171 I, 172 IV 1 auf 50.000
1.
KG und Gesellschaftsverbindlichkeit (s.o.)
2.
Kommanditistenstellung des G im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (G war noch
nicht ausgeschieden).
3.
Einlageleistung und Wiederaufleben der Haftung nach § 172 IV HGB, insbes. Einlagenrückgewähr – Aufgrund der Anteilsabtretung ist die Zahlung, die G erhalten
hat, eine Leistung des R zur Erfüllung des Kaufpreisanspruchs aus dem Anteilskauf
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zwischen G und R und damit keine Zahlung der Gesellschaft iSv. § 172 Abs. 4 S. 1;
anders wäre es nur, wenn der Kommanditist ausgeschieden wäre und eine Abfindung erhalten hätte.
4.
Rechtsscheinhaftung, § 15 I iVm. 171 VI 1 HGB? – Ein Schweigen des Registers läge
nur vor, wenn das Register hinsichtlich der Anteilsabtretung geschwiegen hätte.
Wird dagegen ein Nachfolgevermerk eingetragen, wird der Rechtsschein einer zusätzlichen Kommanditeinlage gerade vermieden; denn bei der Anteilsabtretung
kommt es gerade nicht zum Ausscheiden und damit zur Abfindungszahlung.
B.
Abwandlung
I.
Haftung des R bei Fehlen des Nachfolgevermerks aus §§ 433 II, 173, 171 I iVm. 15 I
-
Objektiv bleibt es bei der Lage, wie unter A. I. geschildert
-
Schweigen des Registers hinsichtlich der Anteilsabtretung begründet von vornherein nicht den Rechtsschein einer Haftung des Eintretenden nach § 171 I, denn dessen Zahlung an den ausscheidenden G erschiene dann als Einlageleistung an die KG
und zugleich als deren Leistung des Abfindungsanspruchs an G (BGHZ 81, 82, 89)
II.
Haftung des G bei Fehlen des Nachfolgevermerks, §§ 433 II, 173, 171 I iVm. 15 I HGB
1.
Objektiv ist die Lage wie bei A II geschildert
2.
Aber: Fehlen des Nachfolgevermerks erzeugt Rechtsschein der Einlagenrückgewähr
(Abfindungszahlung bei Ausscheiden), s.o., daher kommt eine Haftung nach der
Registerlage in Betracht.
3.
Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 sind an sich erfüllt, insbes. auch Eintragungspflicht des Nachfolgevermerks analog §§ 107 (Eintreten), 143 II (Ausscheiden) HGB.
4.
Aber: Schließt § 162 Abs. 2 die Haftung des Ausgeschiedenen aus? (so K. Schmidt
GesR, 4. Aufl., § 54 Abs. 4 S. 3, S. 1590 ff., 1592 oben). Die h.M. verneint dies zu
Recht, weil Person, Haftsumme und Rf-Vermerk unmittelbar aus dem Register
selbst hervorgehen (und Bekanntmachungsfehler deshalb irrelevant sind, vgl.
Baumbach/Hopt § 162 Rdn. 5).
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Fall 8b
A.
Ansprüche des V
I.
V gegen A aus § 433 II BGB iVm. § 171 I, Hs. 1 HGB
1.
Existenz einer KG und Gesellschaftsverbindlichkeit
2.
Kommanditistenstellung des A
a)
Maßgeblicher Zeitpunkt: Begründung der Verbindlichkeit, hier: Aug. 99
b)
Bedeutung der Anteilsübertragung: Verlust der Mitgliedschaft; keine Haftung
für Neuverbindlichkeiten.
II.
V gegen B aus §§ 433 II iVm. 171 I, Hs 1 HGB
1.
KG und Gesellschaftsverbindlichkeit
2.
Gesellschaftereigenschaft: B war im Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon Kommanditist.
3.
Haftungsbefreiende Einlageleistung: Erwerber kann sich auf Einzahlung der Haftsumme durch Rechtsvorgänger berufen, s.o.
4.
Rückzahlung: B erhält 30.000 als zinsloses Darlehen („erhält vorübergehend“), das
ist Rückzahlung gem. § 172 IV 1, wenn das Darlehen nicht marktgerecht verzinst
wird (s. K. Schmidt GesR, § 54 III 2 a, bb). Denn Rückzahlung ist jeder Kapitalfluss
an den Kommanditisten, der causa societatis (also aufgrund der Gesellschafterstellung, nicht aufgrund eines Drittgeschäfts) und nicht aus Gewinnen oder Darlehenskonto erfolgt. - Konsequenz: Wiederaufleben der Haftung in entsprechender Höhe.
III.
V gegen C aus §§ 433 II iVm. 176 II 2; I 1 HGB
1.
Eintritt in bestehende Gesellschaft
2.
Entstehung der Verbindlichkeit zwischen Eintritt und Eintragung (Eintritt 99 – Vertrag im August – Eintragung im Oktober)
3.
Entsprechende Anwendung des §§ 176 II iVm. 176 Abs. 1 S. 1
a)
Erfordernis der Zustimmung? – Keine Funktion bei Eintritt; Eintretender kann nicht
mehr verhindern, dass Gesellschaft ihre Geschäfte schon aufgenommen hat, was
ihm auch bewusst ist – daher Zustimmung nicht erforderlich.
b)
Kenntnis des Gläubigers von Kommanditistenstellung, insbes. GmbH&CoProblematik. § 176 II 2 ist auch auf GmbH&Co KG anwendbar, allerdings könnte
deren Firma gem. § 19 II den Rechtsschein vermeiden, dass überhaupt eine natürli-
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che Person unbeschränkt persönlich haftet, so dass Kenntnis von der Kommanditistenstellung aufgrund der Firma anzunehmen wäre. Anders BGH NJW 1980, 54: Es
könnte außer der GmbH noch ein weiterer Komplementär vorhanden sein (dann
muss zwar keine GmbH&Co Firma geführt werden gem. § 19 II, dürfte aber wohl;
hiergegen aber zutr. K. Schmidt GesR, S. 1619).
IV.
V gegen C aus §§ 433 II BGB iVm. § 171 I, Hs. 1 HGB
Beschränkung durch Einlageleistung iHv. 80.000; verbleibende Haftung iHv. 20.000
B.
Ansprüche der Sparkasse
I.
S gegen A aus § 488 BGB iVm. § 171 I, Hs. 1 HGB
1.
Gesellschaftsverbindlichkeit
2.
Kommanditistenstellung des A bei Vertragsschluss; Ausscheiden lässt schon begründete Haftung unberührt.
3.
Kein Haftungsausschluss nach § 171 I, Hs. 2 durch Einlageleistung-
Einlageleistung liegt vor (1989 vollständig geleistet)
-
Rückzahlung an A durch Auszahlung des Darlehens an B gem. § 172 IV 1? Ja, wenn Vorschrift auch Schutz gegen Schuldneraustausch bietet (weil der
Anspruch dann weniger wert sein könnte), so in der Tat BGHZ 47, 149, sofern
B zugleich eine Leistung an A erbringt (hier: Kaufpreiszahlung aufgrund Anteilskaufs). Dies ist aber abzulehnen (anderer Rechtsgrund): Nicht vom
Schutzzweck gedeckt; es liegt allein Rückzahlung an B vor (s.o.).
II.
III.
S gegen B aus § 488 BGB iVm. §§ 173 I; 171 I, Hs. 1
1.
Gesellschaftsverbindlichkeit
2.
Kommanditistenstellung des B, nicht bei Vertragsschluss, aber § 173
3.
Einlagenrückgewähr, § 172 IV durch Darlehensauszahlung, s.o.
S gegen C
1.
Anspruch aus §§ 488 BGB, 176 II, I HGB: Verbindlichkeit ist nicht zwischen Eintritt
und Eintragung begründet worden (sondern schon 1988).
2.
Anspruch aus §§ 488 BGB, 173, 171, Hs 1 HGB, insbes. Einlagenleistung: Haftung
iHv. 20.000 (s.o.)
Hinweis: Zur Haftung nach § 176 HGB s. z.B. K. Schmidt GesR, § 55, S. 1602 ff.